2284/J XXVI. GP

Eingelangt am 15.11.2018
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Doris Margreiter und Jörg Leichtfried, Genossinnen und Genossen

 

an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

 

betreffend TTIP 2.0

 

Nach dem angeblichen Verhandlungsstopp für TTIP, der „Transatlantic Trade and Investment Partnership“ zwischen der EU und den USA im Jahr 2016 und den eingeführten Strafzöllen auf europäische Stahl-und Aluminiumimporte im Mai 2018, soll nun weiterverhandelt bzw. ein neues Handelsabkommen angestrebt werden. Es ist erstaunlich, dass gerade jetzt, wo die Diskussion um TTIP und damit auch die enormen Proteste der Zivilbevölkerung abgeflaut sind, nun TTIP 2.0 wie aus dem Nichts aufersteht. Der Verdacht liegt nahe, dass bereits seit Monaten insgeheim an TTIP weiterverhandelt wurde.

 

Laut aktueller Berichterstattung bereiten sich die EU bereits konkret auf Verhandlungen über die endgültige Beilegung des Handelsstreits mit der USA im Frühjahr 2019 vor. Der US-Kongress wurde bereits über den geplanten Abschluss eines Abkommens mit der EU offiziell notifiziert.

 

Die Wirtschaftsministerin hat kürzlich am Rande von EU-Beratungen in Brüssel erklärt, die offiziellen Verhandlungen mit den USA sollten Anfang 2019 beginnen können. Dies sei gemeinsames Ziel der EU-Kommission und aller Mitgliedstaaten.


Das österreichische Parlament und die Öffentlichkeit werden auch dieses Mal wieder im Dunkeln gelassen, was genau verhandelt wird und was die Auswirkungen des Abkommens sein werden. Außer bekannten Beruhigungsformeln, dass von TTIP nichts zu befürchten sei, sind keine substantiellen Informationen zu erhalten.

 

Darüber hinaus sind die Rahmenbedingungen erneuter Verhandlungen von großem Interesse. Hat die EU nach zahlreichen europaweiten Protesten es endlich verstanden, NGOs, nationale Parlamente und die Zivilbevölkerung miteinzubeziehen sowie umwelt- und sozial- sowie menschenrechtliche Bedingungen zu stellen? Oder wird dies erneut ein Handelsabkommen ohne Bestreben nach sozial-gerechtem, nachhaltigem und transparentem Handel im Interesse der KonzernvertreterInnen sein?

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

Anfrage

 

1.     Welche Kenntnisse haben Sie über Gespräche bezüglich eines neuen Handelsabkommens der EU mit den USA?

2.     Warum haben Sie die Öffentlichkeit bislang nicht über die neuen Verhandlungen umfassend informiert?

3.     Ist ein neues Abkommen auch aus österreichischer Sicht notwendig?

4.     Welche wirtschaftlichen Effekte wird das Abkommen voraussichtlich haben?

5.     Wird auf Grundlage des bestehenden Mandats weiterverhandelt oder wird ein neues Mandat für Verhandlungen beschlossen?

6.     Liegen ggf. bereits Entwürfe für ein neues Mandat vor?

7.     Warum wurden diese noch nicht veröffentlicht?

8.     Wann soll das neue Mandat ggf. beschlossen werden?

9.     Inwieweit deckt sich ein allfälliges neues Mandat mit dem bestehenden Mandat bzw. was wird am bestehenden Mandat abgeändert?

10.  Welche Regelungsgebiete sind von den Verhandlungen erfasst?

11.  Sind landwirtschaftliche Produkte erfasst?

12.  Ist ein Kapitel über regulatorische Zusammenarbeit geplant?

13.  Sollen Dienstleistungen erfasst sein?

a.     Wenn ja: sollen diese nach dem Positiv-, Negativ- oder gemischten Ansatz liberalisiert werden?

14.  Sollen Finanzdienstleistungen erfasst sein?

15.  Soll Datenverkehr und Datenschutz erfasst sein?

16.  Soll eine „establishment clause“ integriert sein?

17.  Soll eine „umbrella clause“ integriert sein?

18.  Sollen Transportdienstleistungen erfasst sein?

19.  Sollen Gesundheitsvorschriften (SPS-Maßnahmen) erfasst sein?

20.  Soll es Vorschriften geben, die die Regelungshoheit der Mitgliedstaaten beschränken (domestic regulation)?

21.  Soll ArbeitnehmerInnenfreizügigkeit erfasst sein?

22.  Soll ArbeitnehmerInnenschutz oder Erwachsenenbildung erfasst sein?

23.  Sollen Investitionen erfasst sein?

24.  Soll es ein Kapitel über nachhaltige Entwicklung geben und was soll darin geregelt werden?

25.  Im Schreiben des US-Handelsbeauftragten an den Kongress ist von soliden Durchsetzungsmechanismen die Rede: was ist darunter zu verstehen? Sind damit auch Konzernklagerechte gemeint?

26.  Wird Junckers Zusage an Trump, die Importe an Flüssiggas zu erhöhen, Teil der Verhandlungen sein?

a.     Sind nach dem Vorbild Deutschlands ebenso staatliche Förderungen für Projekte zum Import von Flüssiggas geplant?

27.  Gegenüber der Tiroler Tageszeitung erwähnten Sie im Zuge des EU-MinisterInnentreffens in Innsbruck auch die Digitalsteuer, die bei jedem Ihrer Treffen in Washington zur Sprache gekommen sein soll.[1] Welches Anliegen hatte die amerikanische Seite in Hinblick auf die Digitalsteuer?

28.  Werden die Verhandlungen voraussichtlich zu einem EU-only-Abkommen oder zu einem gemischten Abkommen führen?

29.  Warum lässt sich die EU von Donald Trump erpressen?



[1] „ EU-Minister diskutieren Handelsstreit mit USA in Innsbruck“: https://www.tt.com/politik/europapolitik/14880215/eu-minister-diskutieren-handelsstreit-mit-usa-in-innsbruck (9.11.2018)