2383/J XXVI. GP

Eingelangt am 04.12.2018
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Angela Lueger, Eva-Maria Holzleitner, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Unterbringung von minderjährigen AsylwerberInnen in Drasenhofen

 

Medienberichten zu Folge besteht in Drasenhofen, Niederösterreich, ein Asylquartier in dem jugendliche Flüchtlinge untergebracht werden bzw. wurden. Diese Unterbringungseinrichtung erregte enorme öffentliche Aufmerksamkeit, weil die Unterbringung der jugendlichen Flüchtlinge unter besonders verschärften Verhältnissen erfolgte. So bezeichnete die Asylkoordination Österreich die Unterbringung als "de facto Internierung". Weiters meinten sie in einer Aussendung, dass Niederösterreich mit der Internierung von Flüchtlingskindern gegen internationales Recht verstieße.[1] Auch der ehemaliger Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung Christian Konrad zeigte sich von der Situation der Jugendlichen in Drasenhofen betroffen. Am Rande einer Pressekonferenz verwies der frühere Raiffeisen-General gegenüber dem ORF-Radio auf Aussagen des dortigen Bürgermeisters Reinhard Künzl (ÖVP), wonach die Unterkunft eine "Schande" sei.[2] Laut ‚Kurier‘ überprüfte die niederösterreichische Kinder- und Jugendanwaltschaft und kam zu folgendem Urteil: "Aus jugendrechtlicher Sicht ist es im derzeitigen Zustand nicht geeignet." Und: "Der Stacheldraht ist jedenfalls mit Jugendrechten nicht vereinbar und unverzüglich zu entfernen." Die Jugendlichen seien aus Drasenhofen "bis zur Herstellung eines geeigneten Zustands zu verlegen".[3]

 

Die unterzeichnenden Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Inneres folgende

Anfrage

 

1.      Wann wurde die Unterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Drasenhofen eingerichtet?

2.      Wer ist der Gebäudeeigentümer der Unterkunft?

3.      Wurde der Gebäudeeigentümer über die Art und Ausgestaltung der Unterkunft informiert?

a.      Wenn ja – wann erfolgte die Zustimmung?

4.      War die örtliche Gemeinde über die Art und Ausgestaltung der Unterkunft informiert und gab es Zustimmung des Bürgermeisters und der Gemeindegremien?

a.      Wenn ja – wann erfolgte von wem die Zustimmung?

b.      Wenn nein – warum nicht?

5.      Handelt es sich bei dem Quartier um ein „Regelquartier“ für die Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen?

6.      Handelt es sich um ein Pilotprojekt?

a.      Wenn ja, von wem wurde das Konzept für dieses Pilotprojekt erstellt?

b.      War das Bundesministerium für Inneres in die Entwicklung dieses Pilotprojektes eingebunden?

c.       Haben Sie Kenntnis darüber, ob das Amt der NÖ Landesregierung in die Entwicklung des Pilotprojektes eingebunden war?

d.      War die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach in die Projektentwicklung miteingebunden?

e.      War die örtliche Gemeinde in die Projektentwicklung miteingebunden?

f.        Welche Inhalte umfasste das Konzept für dieses Pilotprojekt?

7.      Wer war oder ist Betreiber dieser Unterkunft?

8.      Wie viele Betreuer wurden zur Betreuung der untergebrachten Personen abgestellt?

9.      Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge waren bzw. sind zur Zeit in der Unterkunft untergebracht?

10.  Wie viele Asylwerberinnen und Asylwerber über 18 waren bzw. sind in der Unterkunft untergebracht?

11.  Wie viele begleitete minderjährige Flüchtlinge waren bzw. sind in der Unterkunft untergebracht?

12.  Wer hat die Obsorge für die untergebrachten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge?

13.  Medienberichten zu Folge waren in dieser Unterkunft AsylwerberInnen unter18 Jahren untergebracht. Gab es ein pädagogisches Konzept für die untergebrachten Jugendlichen?

a.      Wenn ja, von wem wurde es erstellt und wann?

b.      Wenn ja, wurden ExpertInnen in die Erstellung des Konzeptes eingebunden?

                                                              i.      Wenn ja, welche?

14.  Wurden die untergebrachten minderjährigen Flüchtlinge beschult?

a.      Wann ja – von wem und in welcher Form?

15.  Von wem wurde die Entscheidung getroffen, welche AsylwerberInnen in diesem Quartier untergebracht wurden bzw. werden?

16.  Nach welchen Auswahlkriterien wurden die Personen ausgewählt, die in diesem Quartier untergebracht wurden?

17.  Wann fand die letzte Überprüfung des Quartiers und der Unterbringungsweise der untergebrachten AsylwerberInnen statt?

a.      Von wem wurde diese durchgeführt?

b.      Was war das Ergebnis der Überprüfung?

18.  Wurde die Unterbringung der minderjährigen AsylwerberInnen durch die Kinder- und Jugendanwaltschaft geprüft?

a.      Wenn ja – wie lautet das Ergebnis der Prüfung?

b.      Wenn nein – warum nicht?

19.   Ist es richtig, dass das Quartier mit einem Zaun mit Stacheldraht umgeben war?

20.  Wurde dieses Quartier von privaten Sicherheitsdiensten bewacht?

a.      Wenn ja – von welchem?

b.      Wenn ja – wie erfolgte die Auswahl des Sicherheitsdienstleisters?

c.       Wenn ja – wie waren die MitarbeiterInnen ausgerüstet?

d.      Wenn ja – waren diese bewaffnet?

e.      Wenn ja – wurden Hunde eingesetzt?

21.  Wurden für die Bewachung Beamtinnen und Beamte der Exekutive eingesetzt?

22.  Gab es für die AsylwerberInnen, die im Quartier in Drasenhofen untergebrachten waren, psychologische Betreuung?

a.      Wenn ja – in welchem Ausmaß für Erwachsene?

b.      Wenn ja – in welchem Ausmaß für Jugendliche?

c.       Wenn ja – von wem wurden diese durchgeführt?

23.  Medienberichten zufolge wurden die untergebrachten Personen in andere Quartiere verlegt. Wann erfolgte diese Verlegung und wieviele Personen wurden verlegt?

a.      Wieviele Personen sind derzeit im Quartier in Drasenhofen untergebracht?

b.      Wieviele Personen sind davon minderjährig?

24.   Diverse Medien berichteten, dass die Sicherheitsmaßnahmen, die laut Landesrat Gottfried Waldhäusl ergriffen wurden, um die untergebrachten Personen von Angriffen von außen, also durch Niederösterreicher und Niederösterreicherinnen zu schützen.

a.      Wie viele „Angriffe“ gegen das Quartier von außen gab es?

b.      Wie viele strafrechtlich relevante Vorfälle gegen Asylunterkünfte von unbegleiteten Minderjährigen in Niederösterreich gab es jeweils in den Jahren 2016, 2017 und 2018?

c.       Welche Tätergruppen sind diese zuzuordnen?

d.      Welche strafrechtlichen Tatbestände wurden in diesem Zusammenhang zur Anzeige gebracht?

25.   Landesrat Waldhäusl gab in einer Pressekonferenz folgendes bekannt: „Es sind Menschen dabei, die meiner Meinung nach in das Gefängnis gehört hätten, aber der Staatsanwalt auf freien Fuß angezeigt hat, und wir daher hier ordnend sichernd eingreifen.“[4]
Welche Maßnahmen nach welchen rechtlichen Grundlagen stehen den Ländern zur Herstellung von Ordnung und Sicherheit zur „Sicherung“ von Personen zur Verfügung, die durch die Staatsanwaltschaft auf freiem Fuß angezeigt wurden?

26.  Wieviele Fälle einer Umsetzung von derartigen „Sicherungsmaßnahmen“ durch die Länder gegenüber Personen, die von der Staatsanwaltschaft auf freiem Fuß angezeigt wurden, gab es jeweils in den Jahren 2015, 2016, 2017 und 2018, je nach Maßnahme und je nach Bundesland?

27.  Medienberichten zufolge durften die in der Asylunterkunft Drasenhofen untergebrachten Personen die Unterkunft nur einmal täglich in sehr geringem zeitlichem Ausmaß unter Begleitung eines Sicherheitsbeamten verlassen.

a.      Von wem wurde diese Anordnung erlassen?

b.      Nach welchen gesetzlichen Bestimmungen wurde diese erlassen?

c.       Ist mit einer derartigen Beschränkung der Bewegungsfreiheit die Voraussetzung für die Anzeige eines Tatbestandes der „Freiheitsentziehung“ gemäß § 99 StGB erfüllt?

                                                                          i.      wenn ja – wurde Anzeige erstattet und von wem?

                                                                        ii.      gegen wen wurde Anzeige erstattet?

 



[1] Vgl. https://www.asyl.at/de/information/presseaussendungen/kritikanstraflagerindrasenhofen/, Stand 2.12.2018.

[2] Vgl. https://derstandard.at/2000092783407/Waldhaeusl-Jeder-kann-sich-zwei-drei-Fluechtlinge-mit-nach-Hause, Stand 2.12.2018.

[3] Kurier", 01.12.2018, S. 6

[4] ORF 2, Zeit im Bild 1, 30.11.2018, 19.30 Uhr.