2384/J XXVI. GP

Eingelangt am 04.12.2018
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Anfrage

 

Der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Dr. Hannes Jarolim, Eva-Maria Holzleitner

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

betreffend Unterbringung von minderjährigen AsylwerberInnen in Drasenhofen

 

In Drasenhofen, Niederösterreich, befindet sich ein inzwischen sattsam bekanntes Asylquartier, in dem jugendliche Flüchtlinge untergebracht werden bzw. wurden. Diese Unterbringungseinrichtung erregt dadurch enorme öffentliche Aufmerksamkeit, dass die Unterbringung der jugendlichen Flüchtlinge aufgrund der Überlegungen eines – gelinde gesagt – massiv überforderten Landesrats unter völlig unverhältnismäßigen Verhältnissen erfolgte. So bezeichnete etwa die Asylkoordination Österreich die Unterbringung als "de facto Internierung". In einer Aussendung legte sie noch dahingehend nach, dass Niederösterreich mit der Internierung von Flüchtlingskindern gegen internationales Recht verstieße.[1]

Der ehemaliger Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Herr Dr. Christian Konrad, zeigte sich von der Situation der Jugendlichen in Drasenhofen zutiefst betroffen und schockiert. Am Rande einer Pressekonferenz verwies der frühere Raiffeisen-General auf Aussagen des Bürgermeisters von Drasenhofen, Herrn Reinhard Künzl (ÖVP), wonach die Unterkunft schlicht eine "Schande" sei.[2]

Laut ‚Kurier‘ überprüfte die niederösterreichische Kinder- und Jugendanwaltschaft die der Gedankenwelt des derzeit noch für Asylrecht zuständigen Landesrats Waldhäusl entstammende „Einrichtung“ und kam zu dem Urteil: "Aus jugendrechtlicher Sicht ist es im derzeitigen Zustand nicht geeignet." Und: "Der Stacheldraht ist jedenfalls mit Jugendrechten nicht vereinbar und unverzüglich zu entfernen." Die Jugendlichen seien aus Drasenhofen "bis zur Herstellung eines geeigneten Zustands zu verlegen".[3]

Die unterzeichnenden Abgeordneten richten daher an den den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz folgende

 

Anfrage

 

1.      Diverse Medien berichteten, dass die Sicherheitsmaßnahmen, über Veranlassung des Landesrats Gottfried Waldhäusl deshalb ergriffen worden seien, um die untergebrachten Personen von Angriffen von außen, also durch Niederösterreicher und Niederösterreicherinnen zu schützen.

a.      Wie viele „Angriffe“ von NiederösterreicherInnen gegen das Quartier und die dort festgehaltenen Personen erfolgten bis dato?

b.      Wie viele strafrechtlich relevante Vorfälle gegen Asylunterkünfte von unbegleiteten Minderjährigen in Niederösterreich gab es jeweils in den Jahren 2016, 2017 und 2018?

c.       Welchen Tätergruppen sind diese zuzuordnen?

d.      Welche strafrechtlichen Tatbestände wurden in diesem Zusammenhang zur Anzeige gebracht?

e.      In wie vielen Fällen kam es zu Verurteilungen?

f.        In wie vielen Fällen wurde das Verfahren eingestellt?

2.      Landesrat Waldhäusl behauptete in einer Pressekonferenz: „Es sind Menschen dabei, die meiner Meinung nach in das Gefängnis gehört hätten, aber der Staatsanwalt auf freien Fuß angezeigt hat, und wir daher hier ordnend sichernd eingreifen.“[4]
Welche Maßnahmen nach welchen rechtlichen Grundlagen stehen den Ländern zur Herstellung von Ordnung und Sicherheit zur „Sicherung“ von Personen zur Verfügung, die durch die Staatsanwaltschaft auf freiem Fuß angezeigt wurden?

3.      Wieviele Fälle einer Umsetzung von derartigen „Sicherungsmaßnahmen“ durch die Länder gegenüber Personen, die von der Staatsanwaltschaft auf freiem Fuß angezeigt wurden, gab es jeweils in den Jahren 2015, 2016, 2017 und 2018, je nach Maßnahme und je nach Bundesland?

4.      Medienberichten zufolge durften die in der Asylunterkunft Drasenhofen untergebrachten Personen die Unterkunft nur einmal täglich in sehr geringem zeitlichem Ausmaß unter Begleitung eines Sicherheitsbeamten verlassen.

Ist mit einer derartigen Beschränkung der Bewegungsfreiheit die Voraussetzung für die Erfüllung eines Tatbestandes der „Freiheitsentziehung“ gemäß § 99 StGB erfüllt?

Wenn ja,

a.      wurden in diesem konkreten Zusammenhang Ermittlungsverfahren eingeleitet?

b.      wurden im konkreten Zusammenhang Strafverfahren eingeleitet?

c.       gegen wen wurde ein Strafverfahren in diesem konkreten Zusammenhang eingeleitet?

5.      Wurde im Zusammenhang mit der Unterbringung der minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge in Drasenhofen strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet?

a.      Wenn ja:

                                                           i.        Von wem wurde Anzeige erstattet?

                                                         ii.        Wer ist in diesem Ermittlungsverfahren fallführend?

                                                       iii.        Aufgrund welcher Straftatbestände wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet?

                                                        iv.        Gegen wen werden Ermittlungsverfahren geführt?

                                                          v.        Gegen wen wurde oder wird nach welchen Tatbeständen ein Strafverfahren eingeleitet?

b.         Wenn nein: Warum nicht?

6.      Erachten Sie angesichts der in der Fachwelt schon mehrfach Erstaunen bis Entsetzen auslösenden Maßnahmen des Landesrats Waldhäusl schon im Sinne eines effizienten Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor grotesken Maßnahmen die Ablegung einer Überprüfung mit derartigen Verantwortlichkeiten ausgestatteten Amtsträger durch Kinderschutzbehörden als angemessen oder vielleicht sogar unverzichtbar?

a.      Wenn nein, warum nicht und wer sollte Ihres Erachtens für aufgrund derartiger „Aktivitäten“ eines Landesrats ausgelöster Amtshaftungsansprüche aufkommen:

                                                              i.      Der mäßig Qualifizierte selbst oder

                                                            ii.      die diesen trotz Kenntnis seiner „Begabungen eigener Art “ entsendende politische Organisation, im gegenständlichen Fall die Landesorganisation der „Freiheitlichen“ Partei Österreichs?



[1] Vgl. https://www.asyl.at/de/information/presseaussendungen/kritikanstraflagerindrasenhofen/, Stand 2.12.2018.

[2] Vgl. https://derstandard.at/2000092783407/Waldhaeusl-Jeder-kann-sich-zwei-drei-Fluechtlinge-mit-nach-Hause, Stand 2.12.2018.

[3] Kurier", 01.12.2018, S. 6

[4] ORF 2, Zeit im Bild 1, 30.11.2018, 19.30 Uhr