2515/J XXVI. GP

Eingelangt am 21.12.2018
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus

betreffend Strategie im Tourismus in der Region

 

 

Jährlich wird mit einer großen Jubelmeldung ein neuerlicher Rekord bei Gästenächtigungen gefeiert. Natürlich freuen auch wir uns über gute Nächtigungszahlen.

Selten wird bei diesen Jubelmeldungen jedoch erwähnt, dass sich hinter diesem Mehr an Nächtigungen ein Megatrend verbirgt, nämlich jener hin zu Kurztrips und zum Städtetourismus. Fallende Preise durch höhere Transparenz am Markt und eine größere Nachfrage an touristischen Leistungen im allgemeinen haben dazu beigetragen. Der innereuropäische Tourismus boomt wie nie zuvor und der Trend zu 3 bis 4-tägigen Kurztrips sorgt in Tourismushochburgen wie Wien und Salzburg natürlich für außergewöhnlich gute Nächtigungszahlen.

Doch diese Zahlen dienen ausschließlich dazu, die großen Probleme - speziell in der Region - die seit Jahren immer offensichtlicher werden, zu kaschieren. Als Beispiel könnte man dazu anführen, dass der jährliche Realumsatz im Tourismus seit 2000 um nur 0,3 % pro Jahr gestiegen ist. Gesamtwirtschaftlich liegt man hingegen bei 1,5 %. Dies wird natürlich langfristig zu einem Kostendruck führen.[1]

Unterm Strich muss man feststellen, dass der Wirtschaftsmotor Tourismus - der vorallem im regionalen Bereich für Arbeitsplätze und Wertschöpfung sorgte - bereits seit Jahren am Stottern ist. Hoteliers und Touristiker haben unter anderem mit dem eklatanten Fachkräftemangel, mit nicht zeitgemäßer Abschreibungsdauer und mit steigenden laufenden Kosten zu kämpfen.

In viele Anträgen wurde von NEOS immer wieder darauf hingewiesen, dass man das Rad nicht neu erfinden müsse sondern nur am Stand der Zeit bleiben solle. Konkrete Vorschläge liegen seit Jahren auf dem Tisch und reichen von realistischen Abschreibungsdauern über die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten in der Vermarktung bis hin zu einer Lohnnebenkostensenkung die ihren Namen auch verdient.

Eine Studie von Prodinger - "Stresstest für Hotel"[2] – zeigt deutlich, dass der Reformstillstand der letzten Jahre nun seine negativen Wirkungen enflatet. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass viele heimische Betriebe im Falle eines Zinsanstiegs oder einer möglichen Erhöhung der Vertriebskosten von Buchungsplattformen ins Straucheln geraten könnten. Wichtige touristische Kennzahlen wie der GOPPAR (Gross Operating Profti Per Available Room) zeigen, dass vor allem im untern Quartil immer mehr touristische Betriebe laufend negative Zahlen schreiben.

Angesichts der hohen Fremdkapitalquote (im Median bei 4 und 5 Stern-Hotellerie 85 %[3]) könnte dies natürlich auch schwerwiegende Auswirkungen auf die Bankenlandschaft im regionalen Raum haben. Eine Investitionsklemme im Tourismus mit massiven Auswirkung auf die Wirtschaft im regionalen Bereich könnte daraus entstehen und auch Non-Perfoming Loans im Tourismussektor könnten die Folge sein.

 

 

[1] https://tourismusberatung.prodinger.at/2017/09/06/ideenpapier-fuer-die-hotellerie-die-beutelschneiderei-gehoert-abgeschafft/

[2] https://tourismusberatung.prodinger.at/2018/06/15/stresstest-fuer-hotel/

[3] ÖHT

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Gibt es von Seiten des BMNT eine Strategie wie man den regionalen Tourismus stärken kann?

2.    Das Bettenwachstum 4/5-Sterne und die realen Umsätze im Gesamtreiseverkehr driften immer weiter auseinander. Die monatlichen VPI-Untersuchungen untermauern diesen Umstand mit Zahlen und zeigen deutlich, dass die Preisanpassungen mit der Kostenentwicklung in der Hotellerie nicht mithalten können. Dieser Umstand langfristig zu massiven Problemen in der Hotellerie führen. Gibt es von Seiten des BMNT bzw. von Seiten des Expertenbeirats zu diesem Thema eine Einschätzung?

a.    Wenn ja, wie will man auf diese Risiken reagieren?

b.    Wenn nein, welche Einschätzung hat man im BMNT zu diesem Umstand?

3.    Angesichts der hohen Fremdkaptialquote im Tourismus hat dieser Umstand natürlich auch Auswirkungen auf die Bonitätseinstufung von Tourismusbetrieben. Sieht das BMNT in diesem Zusammenhang Risiken?

a.    Wenn ja, wie will man auf diese Risiken reagieren?

b.    Wenn nein, welche Einschätzung hat man im BMNT zu diesem Umstand?

4.    Die Tourismusberatung Prodinger hat zu diesem Thema einen Stresstest mit einem Beispielbetrieb durchgeführt. In den Szenarien wurde ein Zinsschock von 2 % bzw. ein OTA-Buchungsanteil von 24 % unterstellt. Beide Annahmen sind aus unserer Sicht nicht unrealistisch Angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase und der Digitalisierung. Der Stresstest ergab, dass beide Fälle zu einer Negativspirale in vielen Betrieben führen könnten.

a.    Wie bewertet das BMNT die gefahren eines Zinsanstiegs für den Tourismus?

b.    Wie bewertet das BMNT die gefahren eines Anstiegst an OTA-Buchungsanteilen?

5.    Ein weiteres Risiko für Tourismusbetriebe ist, dass GOP (Gross Operating Profit) sinkt und im unteren Quartil sogar negativ ist. Das Bedeutet, dass bei immer mehr Hotels das Ergebnis nach Abzug des gesamten Wareneinsatzes, der gesamten Personalkosten und der gesamten operativen Aufwendungen sinkt und bei gut 25 % aller Hotels sogar negativ ist. Über kurz oder lang ist daher davon auszugehen, dass es sogar in einer Phase der Hochkonjunktur zu Bonitätsproblemen bei mehr als einem viertel aller Betriebe kommen könnte. Die in Frage 4. formulierten Umstände könnten den Prozess beschleunigen. Sieht das BMNT in diesem Zusammenhang Gefahren für touristische Betriebe in Österreich?

a.    Wenn ja, wie will man auf diese Risiken reagieren?

b.    Wenn nein, welche Einschätzung hat man im BMNT zu diesem Umstand? 

6.    Angesichts des im Raum stehenden Rückzugs zweier Banken aus der ÖHT soll eine Zusammenlegung der ÖHT mit der OeKN im Raum stehen?

a.    Wenn ja, welche Auswirkungen hätte diese Reform aus Sicht des BMNT auf die ÖHT als Impulsgeber und Know-how-Träger für den österreichischen Tourismus?

b.    Wenn nein, wie will man auf den im Raum stehenden Rückzug zweier Banken aus der ÖHT reagieren?

7.    "Die herkömmliche Tourismusstatistik und die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) vermögen die Vielfalt an volkswirtschaftlichen Verflechtungen des Tourismus nur unzureichend darzustellen; zudem fehlen monetäre Größen fast zur Gänze." Dies haben Peter Laimer (Statistik Austria) und Egon Smeral (WIFO) schon im Jahr 2004 vorgestellt. Seit mehr als einem Jahrzehnt wird über ein Tourismus-Satellitenkonto für Österreich diskutiert. Wie steht es um die Einführung eines Tourismus-Satellitenkonto für Österreich?

a.    Wer nimmt aktuell beim Tourismus-Satellitenkonto teil?

b.    Warum nehmen nicht alle Bundesländer am Tourismus-Satellitenkonto teil?

c.    Gibt es von Seiten des BMNT Pläne bzgl. des Tourismus-Satellitenkontos?

d.    Werden von Seiten des BMNT alternative Modelle angedacht/sind bereits in der Ausarbeitung?

8.    Das aktuelle System in der Außervermarktung Österreichs ist in vielen Punkten von Doppelgleisigkeiten und Redundanzen geprägt. Neben der Österreich Werbung werben aktuell 9 Landestourismusorganisationen. Daneben sind auch noch Betriebe, Gemeinden, Destinationen, AMA Genussregionen, „Kulinarisches Erbe“, „Beste Österreichische Gastfreundschaft“ und „Kulinarische Initiative Österreich“ in der Vermarktung aktiv. Logische Folge sind Kompetenzüberschneidungen die dadurch verstärkt werden, dass es bis auf freiwillige Vereinbarungen keine Aufgabenteilungen gibt. Im Moment gibt es nicht einmal eine klare und transparente Allianz der 10 – wer/wann/wo werbemäßig aktiv wird und dies, obwohl das Ziel aller Werbemaßnahmen das gleiche ist: Die Generierung einer maximalen Wertschöpfung für Österreichs Regionalwirtschaft und Tourismus. Sieht das BMNT in diesem Zusammenhang Effizienzpotentiale?

a.    Wenn ja, welche und wie wird es gelingen diese zu heben?

b.    Wenn nein, welche Bestrebungen gibt es, die Wertschöpfung für Österreichs Regionalwirtschaft und Tourismus effizienter und transparenter und voranzutreiben?