2517/J XXVI. GP

Eingelangt am 21.12.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Dr. Hannes Jarolim, Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz
betreffend
Schwarz-blaue Verzögerungstaktik als Sicherheitsrisiko für die Justizwache

Das im Frühjahr 2018 von der schwarz-blauen Bundesregierung verabschiedete Doppelbudget für die Jahre 2018/19 war ein kaltherziger Schlag ins Gesicht für die Justiz und die dortigen Justizwachebeamten, offenbarte es doch unmissverständlich den Status innerhalb der Bundesregierung. Bundeskanzler Sebastian Kurz trägt als oberstes Organ maßgeblich die Hauptverantwortung für die erschütternden Zustände innerhalb der Justiz und die inakzeptablen Arbeitsbedingungen für die Justizwachebeamten.

Der derzeitige Status quo für die Justiz und deren Beamten könnten erschreckender kaum sein. Von den insgesamt 3322 regulären Planstellen sind lediglich 3121 besetzt. Aufgrund von Verschleppungen und Inaktivität fehlen insgesamt 201 Planstellen. Im Ziegelstadl Justizanstalt Innsbruck sind beispielsweise von 162 Planstellen nur 154 besetzt, 5 weitere Beamte sind im Dauerkrankenstand. Die Folgen: über 250 Dienststunden und lediglich 2 freie Tage pro Monat. Auch innerhalb der Justizanstalt Josefstadt ist die Situation für die Dienst versehenden Beamten untragbar. Die Belagsauslastung beträgt unglaubliche 121%.

Was wir momentan zu sehen und hören bekommen, sind bestenfalls nett gemeinte Absichtserklärungen der zuständigen Minister Moser und Strache. In dem Forensischen Zentrum Asten (FZA) sollen beispielsweise 70 neue Beamte für 300 Insassen vorgesehen sein. Man höre und staune, dass in Asten im Jahr 2017 allein 130x Alarm ausgelöst wurde. Eine Situation, die für die Justizwachebeamten eine unvorstellbare emotionale Belastung ist. Erschreckend ist hinzukommend, dass in keiner Abteilung in Asten dauerhaft Justizwachebeamten anwesend sind, aufgrund von Personalengpässen.

Immerhin befinden sich derzeit Österreichweit 186 Personen in der Grundausbildung. Im Jahr 2019 sollen weitere 132 Justizwacheschüler zusätzlich antrainiert und ausgebildet werden.

Es wird interessant zu beobachten sein, wie die losen Absichtserklärungen umgesetzt werden, wenn offenbar wenig bis kein Budget für die personelle Aufrüstung vorhanden sei. Gleichzeitig gab es in der jüngsten Vergangenheit medial die Ankündigung die Justizwache mit in ausreichender Anzahl adäquate Schutzwesten und Drohnenabwehrpistolen auszustatten und aufzurüsten. Im Zuge einer angekündigten Novelle sollte auch die erschwerende Situation für die Einsatzgruppen berücksichtigt werden, sind sie es doch, die bei Schlägereien, Suizid- oder Mordversuchen mit 11kg schweren Westen, Pfefferspray sowie einem Rettungs-Mehrzweckstock in die Zellen, Innenhöfe und anstaltsinternen Betrieben ausrücken müssen aber auch bei Gefahr im Verzug. Derzeit gibt es für diese körperlich sehr gefährlichen Tätigkeiten keinerlei zusätzliche finanzielle Entschädigungen. Eine Situation, die dringend geändert gehört!

Neben den finanziellen, infrastrukturellen und personellen Engpässen sind auch die überfüllten Justizeinrichtungen ein gravierendes Problem. Aktuell haben 54% der Insassen eine andere Staatsbürgerschaft als die österreichische. Es ist nicht überraschend, dass die bestehenden sprachlichen Barrieren zu Konflikten führen. Die Bundesregierung hat in der Sitzung des Menschenrechtsausschusses am 4. Dezember 2018 einen Entschließungsantrag zum Konzept „Haft in der Heimat" eingebracht, welcher im Ausschuss und im darauffolgenden Plenum angenommen wurde. Es ist sehr enttäuschend, dass es sich hierbei um eine billige Populismusaktion zur Befriedigung der eigenen Wählerschaft handelt. Ein Gesetzesantrag wäre aufgrund der für ÖVP/FPÖ vorhandenen parlamentarischen Mehrheit jederzeit möglich gewesen. Zugleich wäre die Zustimmung von Justizminister Moser sicher gewesen. Sein Ministerium prognostiziert eine Einsparung von bis zu 25 Mio. €. Diese hohe Summe könnte bei konsequenter Umsetzung der bisherigen leeren Versprechungen der Bundesregierung für die heimische Justizwache verwendet werden.

Das konstante Predigen der offensichtlich dauerhaften Personalnot innerhalb der Justizwache könnte durch die Zurverfügungstellung der oben genannten Summe teilweise gelöst werden. So wäre auch gewährleistet, dass fachlich ausgebildete Beamte in den Justizanstalten anstatt von externen Personal ihren Dienst versehen. Die im Jahr 2009 aus dem Boden gestampfte Justizbetreuungsagentur wurde aufgrund fehlender Planstellen von ÖVP Justizministerin Beatrix Karl ins Leben gerufen und sollte neues Personal dem Strafvollzug zur Verfügung stellen. Hierfür waren lediglich 60 Personen für die Justizanstalt Asten angedacht. In der Realität wurden daraus jedoch 550-600 Personen, welche dauerhaft angestellt sind. Es stellt sich die berechtigte Frage, weswegen seit 2009 Gelder für die zugekauften Angestellten der Justizbetreuungsagentur vorhanden sind, während bei den notwendigen Planstellen der eigenen Justizwachebeamten gnadenlos gespart wird. Besonders hinterfragenswert ist der Umstand, dass die Angestellten der Justizbetreuungsagentur besonders bei der Betreuung von „geistig abnormen Rechtsbrechern" eingesetzt werden sollten. Der Grund für die Einrichtung der Justizbetreuungsagentur lag in der Ausgabenreduzierung. Tatsache jedoch ist, dass der Verwaltungsaufwand von 0,5 Mio. € im Jahr 2009 auf 3 Mio.€ im Jahr 2013 anstieg, was eine Kostenexplosion von unglaublichen 460% bedeutet! Der nunmehrige Justizminister Josef Moser hat in seiner damaligen Funktion als Präsident des Rechnungshofes die Justizbetreuungsagentur massiv kritisiert und gleichzeitig festgestellt, dass aufgrund der unterschiedlichen Entlohnungsbasis der Angestellten der Justizbetreuungsagentur im Vergleich zu den im Strafvollzug eingesetzten Bundesbediensteten keinerlei Ersparnisse für das Justizministerium erstanden sind. Die Justizbetreuungsagentur wurde 2009 deswegen gegründet, weil für Beamte und Vertragsbedienstete keine Planstellen vorgesehen waren. Es stellt sich daher die berechtigte und auf der Hand liegende Frage, wieso die Justizbetreuungsagentur weiterhin besteht, wenn sie doch keinerlei Einsparungen bringt und gleichzeitig beteuert wird, dass für Justizwachebeamte kein Budget vorhanden sei.

Dass die Justizbetreuungsagentur auch zu einschneidenden Negativerlebnissen für die Justizwachebeamten und sogar für einen Anstaltsleiter führen kann, beweist ein Fall in der Justizanstalt Krems-Stein. Auf Basis des Verdachts des Handyschmuggels wurden die eigenen Justizwachebeamten bis hin zum Anstaltsleiter gefilzt und kontrolliert. Es stellte sich heraus, dass ein Zivil-Mitarbeiter der Justizbetreuungsagentur über einen gewissen Zeitraum hinweg verbotenerweise Alkohol ins Gefängnis „geschmuggelt" hat.

Es ist daher höchst an der Zeit, dass ausreichende Budgetposten geschaffen werden, um die Justizwache personell, finanziell und infrastrukturell auszustatten, sodass diese ihre Arbeit artgerecht im Sinne der Gesamtgesellschaft ausüben können und gleichzeitig der schleichenden Privatisierung durch die Justizbetreuungsagentur entgegen zu wirken. Bundeskanzler Sebastian Kurz gefährdet mit seinem restriktiven und nicht nachvollziehbaren Sparkurs die Gesundheit der Justizwachebeamten. Dieses parteipolitisch motivierte Schauspiel muss sofort beendet werden!

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage

1.       Die Justizwachebeamten des Forensischen Zentrums Astens forderten aufgrund der angespannten Situation für die dortigen Bediensteten jüngst eine eigene Einsatzgruppe. Ist die Einsetzung einer solchen Einsatzgruppe für die Justizanstalt Asten vorgesehen?

a.       Wenn ja, wann?

b.       Wenn nein, warum nicht?

2.       Die Justizwachegewerkschaft Oberösterreich forderte zudem bereits, dass ab 1.1.2019 in allen Stationen der Justizanstalt Asten Wachbeamte anwesend sind. Gibt es diesbezüglich Überlegungen bzw. geplante Maßnahmen zur Umsetzung?

a.       Wenn ja, wie schauen diese konkret aus?

b.       Wenn nein, warum nicht?

3.       Der fehlenden Planstellen möchte das BMVRDJ mit einer groß angelegten Werbekampagne an Schulen entgegenwirken. Kann das Ministerium hier schon Erfolge nachweisen?

a.       Wenn ja, wie hoch ist der Anstieg der Bewerbungen?

b.       Wenn nein, sind Verbesserungsmaßnahmen angedacht?

i.      Wenn ja, welche?

ii.      Wenn nein, warum nicht?

4.       Das Justizministerium errechnete bei konsequenter Umsetzung der Strategie „Haft in der Heimat" ein Einsparungspotenzial von bis zu 25 Mio. €. Gibt es diesbezüglich Ideen zur Zweckwidmung dieser Summe für die personelle und infrastrukturelle Aufrüstung der Justizwachebeamten?

a.       Wenn ja, wie sehen diese konkret aus?

b.       Wenn nein, warum nicht?

5.       Die Einsatzgruppen in den Justizanstalten sind in regelmäßigen Abständen mit außerordentlichen Gefahrensituationen konfrontiert. Dennoch existieren bislang keinerlei finanzielle Entschädigungen für diese gefährlichen Tätigkeiten. Bestehen derzeit schon Pläne für eine Verbesserung des Dienstverhältnisses der Einsatzgruppen?

a.       Wenn ja, wie sehen diese Verbesserungen konkret aus?

b.       Wenn nein, warum nicht?

6.       Die Justizanstalt Josefstadt ist seit langem chronisch überbelegt mit einem derzeitigen Insassenstand von 1198 Personen (Belag von 121%). Es wurden bereits Pläne zu einer Reduzierung des Insassenstand bis Ende 2018 auf unter 1100 artikuliert. Ist diese Planung bis Jahresende einzuhalten?

a.    Wenn ja, wohin sollen die Insassen verlegt werden? Bitte um genaue Aufschlüsselung!

b.     Wenn nein, warum kann der Plan nicht eingehalten werden? Wie soll der Plan dann 2019 umgesetzt werden? Bitte um detaillierte Angabe der Umsetzung!

7.       Ist auf Basis der damaligen Aussage angedacht die derzeit von der Justizbetreuungsagentur geleisteten Tätigkeiten zur Gänze an die eigens ausgebildeten Justizwachebeamten, welche Beamte des Ministeriums und keine externen Angestellten sind, zu übertragen?

a.       Wenn ja, wann würde eine solche Übertragung erfolgen?

b.       Wenn nein, warum nicht?

8.      Wie bereits aufgeschlüsselt stieg der Verwaltungsaufwand für die Justizbetreuungsagentur auf über 3 Millionen Euro an. Dies wurde von Ihnen als Präsident des Rechnungshofes massiv kritisiert. Wie steht das Justizministerium zur Justizbetreuungsagentur, welche laut dem damaligen Rechnungshofpräsidenten und nunmehrigen Justizminister keinerlei Ersparnisse für das Ministerium ergaben?

9.       Wie viele Personen befinden sich derzeit in der Grundausbildung?

a.       Wie viele Personen befanden sich 2014, 2015, 2016 und 2017 in der Grundausbildung?

b.       Wo hier ist im Gegensatz zu den Vorjahren eine Vermehrung an Auszubildenden zu erkennen?