2558/J XXVI. GP

Eingelangt am 08.01.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Kai Jan Krainer,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend: Strache-SMS dokumentiert ÖVP-/FPÖ-Postenschacher in der Nationalbank

Sehr geehrter Herr Finanzminister!

Im schwarzblauen Regierungsprogramm „Zusammen. Für unser Österreich" für 2017-2022[1] sind ÖVP und FPÖ auf Seite 140 übereingekommen, die Finanzmarktaufsicht zu reformieren. Die interessierte Öffentlichkeit verfolgt seither die mediale Berichterstattung, um erste Anzeichen von Arbeit der Bundesregierung zu diesem Vorhaben zu erkennen.

Bemerkenswert ist, dass die konkreteste Ausgestaltung durch ein SMS, welches dem Herrn Vizekanzlers Heinz-Christian Strache zugeschrieben wird, offenbar wurde, welches am 15.11.2018 auf https://www.krone.at/1809038 unter dem Titel ,,Strache schickt Macht-Plan an falschen Empfänger" online gestellt wurde[2].

Die OeNB ist eine sensible Institution, die große Verantwortung für die finanzwirtschaftliche und wirtschaftspolitische Stabilität Österreichs hat. Das zitierte und Herrn „H. C. Strache“ zugeschriebene SMS offenbart einen völlig abgehobenen Postenschacher der FPÖ in der Österreichischen Nationalbank. Es geht der FPÖ nicht um eine rational nachvollziehbare politische Entscheidung zur Reform der Finanzmarktaufsicht, die die Funktionsweise der Aufsicht und das Zusammenspiel zwischen OeNB und FMA weiterentwickelt, sondern ausschließlich um Posten für blaue Gefolgsleute. Und das SMS offenbart auch parteipolitischen Postenschacher auf Seiten der ÖVP, die aus Sicht des SMS-Schreibers die FPÖ über den Tisch ziehen will.

Dem Text des SMS nach befürchtet Vizekanzler Strache, dass "unsere Macht dort" (Anm.: OeNB) geschwächt werden sollte und „wir sind in der Defensive", „wie sollen wir einen 4.Direktor argumentieren, wenn dieser keine Arbeit mehr hat?"

Anschließend wurde am 21.11.2018 ein Ministerratsvortrag vorgelegt, der den Inhalt des SMS zu bestätigen scheint, die Anzahl der Positionen im Direktorium wird nicht verändert.[3]


 

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende

Anfrage:

1.      Waren Sie Adressat des SMS von FPÖ Vizekanzler Strache bzw. wie haben Sie davon erfahren?

2.       Werden organisatorische Entscheidungen bezüglich österreichischer Institutionen, deren Vorlagen im Finanzministerium erarbeitet werden, nach dem Kriterium getroffen, wie viele Personen aus den Reihen der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ in den Führungsstrukturen (Gouverneure, Vorstände, Geschäftsführer, Direktoren) versorgt werden können?

3.       Bezüglich des SMS-Satzes, dass ein 4. Direktor” nicht argumentiert werden könne, weil dieser nichts zu arbeiten hätte: Werden im Rahmen organisatorischer Entscheidungen bezüglich österreichischer Institutionen, deren Vorlagen im Finanzministerium erarbeitet werden, Arbeitsfelder für die Führungsstrukturen (Gouverneure, Vorstände, Geschäftsführer, Direktoren) erfunden, damit Personen aus den Reihen der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ versorgt werden können?

4.       Zu Frage 3) ist das Ihr Verständnis einer effizienten Verwaltungsorganisation?

5.      Wer ist der "4. Direktor", der durch die Verlagerung der Bankenaufsicht zur FMA "keine Arbeit mehr hat"? Ist es, nach dem aktuellen Organigramm[4] der OeNB, Vize­Gouverneur Mag. Andreas Ittner oder eine noch von der FPÖ zu nennende Person?

6.       Bezüglich des SMS-Satzes, dass die Macht der FPÖ geschwächt würde: Werden die im Finanzministerium erarbeiteten Vorlagen nicht nach Sachlichkeitsgründen erstellt, sondern vor dem Hintergrund von parteipolitischen Überlegungen, eine Partei (die ÖVP) zu stärken und eine andere Partei (den Regierungspartner FPÖ) zu schwächen? Welche Sektion und Abteilung des BMF hat die im SMS genannte „Vorlage" erstellt? Unabhängig von der inhaltlichen Frage der Reform der Finanzmarktaufsicht, aus welchem Grund werden im Finanzministerium offenbar Vorlagen (Gesetzesvorschläge) erarbeitet, die einzig und allein die parteipolitische Macht der beiden Regierungsparteien in sensiblen und wichtigen Österreichischen Institutionen aufteilen bzw. verhindern sollen?

7.       Ist es zutreffend, dass Sie per 14.11.2018 eine Vorlage aus dem Finanzministerium in Vorbereitung hatten, die Reorganisation (Verschiebung) der Bankenaufsicht von der OeNB zur FMA zum Inhalt hatte?

8.       Handelt es sich bei dieser Vorlage um einen Ministerratsvortrag? Ist dem Ministerratsvortrag eine Regierungsvorlage für einen Gesetzestext angeschlossen? Wann fand die öffentliche Begutachtung dieses Gesetzestextes statt?

9.       Hat der Herr Staatsekretär im Finanzministerium dieser Vorlage Ihrem Kenntnisstand nach vor oder am 14.11.2018 bereits zugestimmt?


10.   Hat der Herr Staatssekretär im Finanzministerium Ihrem Kenntnisstand seine vor dem

15.11.2018     getätigte Zusage, nach diesem Zeitpunkt widerrufen?

11.   Wie werden Sie als Finanzminister verhindern, dass parteipolitischer Postenschacher von FPÖ und ÖVP Ihre Arbeit als Minister beeinträchtigt?

12.   Wie werden Sie als Finanzminister verhindern, dass parteipolitischer Postenschacher von FPÖ und ÖVP die Reorganisation der Finanzmarktaufsicht in Österreich beeinflusst?

13.   Ist es zutreffend, dass nach dem Stellenbesetzungsgesetz idgF die Bestellung von Mitgliedern des Leitungsorgans (Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer) von Unternehmungen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, ausschreibungspflichtig ist und die Nationalbank der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegt, daher Direktoriumspositionen der Nationalbank ausschreibungspflichtig sind?

14.   Welche textlichen Änderungen wurden im Ministerratsvortrag zur Reform der Finanzmarktaufsicht, der am 21.11.2018 beschlossen wurde, zwischen dem 11.11.2018, dem SMS des Herrn Vizekanzlers und dem 21.11.2018 vorgenommen? Welche Änderungen im Text des Ministerratsvortrages wurden in Reaktion auf das medial veröffentlichte SMS des Herrn Vizekanzlers vorgenommen?


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[1]   https://www.bundeskanzleramt.gv.at/documents/131008/569203/Regierungsprogramm_2017-2022.pdf

[2] s. auch Kopie im Anhang

[3]  https://www.bundeskanzleramt.gv.at/at.gv.bka.liferay-app/documents/131008/1094927/36_31_mrv.pdf

[4] https://www.oenb.at/dam/jcr:933e77ad-864f-4f24-9e72-9f98812eea54/OrgPlan_1_Okt_18.pdf