2822/J XXVI. GP

Eingelangt am 13.02.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Mag. Gerald Loacker, Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Behördenversagen bei Mordfall in Dornbirn?

 

Medienberichten und Angaben der Polizei zufolge hat am 6. Februar 2019 ein 34-jähriger Türke den Leiter des Sozialamts der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn mit mehreren Messerstichen tödliche Verletzungen zugefügt. Der Beamte wurde so schwer verletzt, dass er noch an Ort und Stelle verstarb. Der mutmaßliche Täter ist türkischer Staatsbürger, wurde aber in Dornbirn, Vorarlberg, geboren und ist auch dort aufgewachsen. Nachdem er zahlreiche kriminelle Taten begangen hatte, wurde im Jahre 2009 ein österreich- und EU-weites Aufenthaltsverbot gegen ihn erlassen. Im Jahre 2010 musste der Mann das Bundesgebiet verlassen. Anfang des Jahres 2019 ist der Tatverdächtige per LKW mit einem Schlepper illegal nach Österreich eingereist. Er stellte am 7. Jänner 2019 in Thalham einen Asylantrag und reiste privat nach Vorarlberg weiter.

Der Sachverhalt wirft viele Fragen zum Vorgehen der Behörden in diesem Fall auf. Warum kann ein rechtmäßig und zu Recht außer Landes geschaffter und gefährlicher Straftäter wieder einreisen, einen Asylantrag stellen und sich dann frei in Österreich bewegen? Warum wurde der mutmaßliche Täter nicht umgehend in Schubhaft genommen? Warum wurde das Asylverfahren angesichts des Aufenthaltsverbots und der Gefährlichkeit des Mannes nicht rascher durchgeführt?

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Wann und wo hat der Tatverdächtige um Asyl angesucht?

2.    Zu welchem Zeitpunkt wussten jeweils die Fremdenpolizei, die Sicherheitsbehörden bzw. das BFA, dass gegen den Tatverdächtigen ein Aufenthaltsverbot erlassen worden ist?

a.    Welche Maßnahmen wurden daraufhin von den jeweiligen Behörden zu welchem Zeitpunkt gesetzt?

3.    Zu welchem Zeitpunkt wussten jeweils die Fremdenpolizei, die Sicherheitsbehörden bzw. das BFA, dass der Tatverdächtige in der Vergangenheit das Bundesgebiet bereits aufgrund eines Aufenthaltsverbots verlassen musste?

a.    Welche Maßnahmen wurden daraufhin von den jeweiligen Behörden zu welchem Zeitpunkt gesetzt?

4.    Aus welchen Gründen wurde der Tatverdächtige nicht sofort in Schubhaft genommen, sobald bekannt wurde, dass gegen ihn aufgrund von zahlreichen strafrechtlichen Verurteilungen ein Aufenthaltsverbot erlassen worden ist?

5.    Nach der geltenden Rechtslage ist es möglich bei einer gewissen Gefährdungslage durch den Asylwerber bzw. die Asylwerberin, das Asylverfahren in der Schubhaft durchzuführen. Aus welchen Gründen wurde von dieser Möglichkeit im gegenständlichen Fall nicht Gebrauch gemacht?

6.    Die Schubhaft kann gemäß § 76 Abs 2 Z 1 FPG angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist. Fluchtgefahr liegt gemäß § 76 Abs 3 FPG vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird, etwa, wenn der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist (§ 76 Abs 3 Z 2 FPG). Warum wurde im gegenständlichen Fall keine Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 Z 1 iVm § 76 Abs 3 FPG verhängt?

7.    Ist bzw. war das Aufenthaltsverbot gegen den Tatverdächtigen unbefristet?

a.    Wenn nein, auf wie viele Jahre ist bzw. war dieses befristet?

8.    In seiner Aussendung vom 8. Februar 2019 gab das BMI an, dass es im gegenständlichen Fall „bei einer genaueren Prüfung voraussichtlich auch kein aufrechtes Aufenthaltsverbot mehr gegeben [hätte]“. Warum wurde keine genaue Prüfung des Aufenthaltsverbots des Tatverdächtigen durchgeführt?

9.    Wenn das (unbefristete) Aufenthaltsverbot im Jänner 2019 tatsächlich nicht mehr aufrecht gewesen wäre, hätte dann aus Sicht des BMI gegen den Tatverdächtigen ein neues befristetes Aufenthaltsverbot erlassen werden können?

a.    Wenn nein, warum nicht?

10. Wurde mittlerweile geprüft, ob das Aufenthaltsverbot bei der Einreise im Jänner 2019 noch aufrecht war?

a.    Wenn ja, was ist das Ergebnis dieser Prüfung?

b.    Wenn nein, warum nicht?

11. Wurde aufgrund des gegen den Tatverdächtigen erlassenen Aufenthaltsverbots, seiner kriminellen Vergangenheit und seiner Gefährlichkeit das Asylverfahren beschleunigt?

a.    Wenn ja, wie wurde dabei konkret vorgegangen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

12. Plant das BMI Asylverfahren von ausgewiesenen Straftäter_innen bzw. Personen, gegen die ein Aufenthaltsverbot besteht oder bestanden hat, in Zukunft rascher durchzuführen, wenn diese eine Gefahr für die Sicherheit darstellen?

a.    Wenn ja, was sind die konkreten Pläne, wann sollen diese umgesetzt werden und welche Maßnahmen werden dazu gesetzt?

b.    Wenn nein, warum nicht?

 

13. Wurde im gegenständlichen Fall das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) oder das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) von den zuständigen Behörden kontaktiert bzw. eingebunden?

a.    Wenn ja, durch welche Behörde und wann?

b.    Wenn ja, in welcher Form wurde das LVT oder das BVT eingebunden?

c.    Wenn nein, warum nicht?