3168/J XXVI. GP

Eingelangt am 27.03.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen

betreffend „Restrukturierung der Volksbankengruppe zu Lasten Ihrer Kunden und Kundinnen?"

Begründung

Die Österreichischen Volksbanken haben sich nach der Zerschlagung des alten Spitzeninstituts ÖVAG unter der Führung der Volksbank Wien neu aufgestellt. Die Anzahl der Gruppenmitglieder ist in drei Jahren von 58 auf neun geschrumpft und toxische Vermögenwerte wurden in die „Bad Bank" immigon portfolioabbau ag umgeschichtet. Mit der Europäischen Zentralbank wurde ein sehr enger Kapi­talplan für das überlebende Geschäft vereinbart und die Volksbankengruppe ist bis Ende 2023 ver­pflichtet, die offenen 230 Millionen Euro an staatlichen Beihilfen an die Republik Österreich zurück­zuzahlen, wobei der größte Teil Ende 2021 fällig ist. Um diese Mittel über einbehaltene Gewinne zu beschaffen, muss - laut Medienberichten - das Kosten-Ertrags-Verhältnis der Bank von 80 % auf 60 % sinken.[1]

Insgesamt wurde die ÖVAG mit 1,35 Milliarden Euro vom österreichischen Staat unterstützt. Auch zwei Jahre nach der staatlichen Rettung vor der Pleite sah die wirtschaftliche Lage der Volksbanken noch düster aus - so schloss die Bank beispielsweise im 1. Quartal 2014 mit einem Nettoverlust von 57 Millionen Euro ab und es war unklar wie die Volksbank die sich damals abzeichnende Kapitallücke füllen wird.[2] Der im Jahr 2014 durchgeführte europäische Bankenstresstest für den österreichischen Volksbanken-Verbund ergab eine Kapitallücke von rund 865 Mio. Euro. Durch den Bilanzverlust der ÖVAG im Jahr 2014 in Höhe von 888 Millionen Euro lag die Eigenkapitalquote bei minus 2 %.[3]

Auch im Jahr 2015 konnte die Volksbankgruppe nicht mit ihrem Ergebnis zufrieden sein. Im Ge­schäftsbericht 2015 der Volksbank OÖ AG heißt es beispielsweise: „Die mäßige wirtschaftliche Situa­tion wirkte sich negativ auf das Geschäftsjahr 2015 aus. (...) Die größten negativen Auswirkungen auf das Ergebnis ergaben sich dabei aus Aufwendungen für Fusionen, Sozialplan, Restrukturierungsver­einbarung, Wertpapiere der immigon portfolioabbau ag und der damit verbundenen Finanzierungsgarantie.“[4]

Bis Mitte 2018 war der Plan, die vereinbarte Rückzahlung des größten Teils der zugeschossenen 300 Millionen Euro auf 2019 vorzuziehen und die Rückzahlung 2020/2021 abzuschließen. Von diesem Plan kam die Volksbank wieder ab und versucht nunmehr im laufenden Jahr die Kapitalquote von 12,43 % auf 13 % zu erhöhen.[5]

Wie uns aus Medienberichten[6] und persönlichen Kontakten zu betroffenen Unternehmen bekannt wurde, hat insbesondere die Volksbank Oberösterreich in den Jahren ab 2014 immer wieder unlaute­re Geschäftspraktiken angewendet, um ihren Gewinn zu erhöhen. Dies erfolgt einerseits über zu viel verrechnete Zinsen - eine Praxis, die mit Urteil des HG Wien unlängst für unzulässig erklärt wurde -, einseitige Zinserhöhungen (die dann zu horrenden Zinseszinsen führen) und falsche Kreditabrech­nungen. Andererseits werden gut besicherte Kredite zur Unzeit fällig gestellt und Kunden so mit Zwangsversteigerungen bedroht. Für Konsumentenschützerinnen gilt es schon lange als offenes Ge­heimnis, dass Banken im Zusammenhang mit Kredittilgungen bewusst an der Grenze der Legalität agieren und teilweise diese Grenze auch überschreiten.[7]

Weiters ist uns bekannt, dass im Auftrag der Volksbank Oberösterreich Ware als Konkursmasse an­geboten wurde, ohne dass Konkurs über das Unternehmen eröffnet war, Pfandbesteller ohne an­waltliche Vertretung und mit hohem Druck zu Schuldanerkenntnissen genötigt und Gehaltsexekutionen ohne geeigneten Titel geführt wurden. Außerdem hat die Volksbank Oberösterreich zumindest bei einem Unternehmen Kontoauszüge mit der Begründung eines laufenden Gerichtsverfahren zwi­schen der Bank und dem Kunden zurückgehalten und - soweit ersichtlich - ohne Wissen des Kunden und ohne Rechtgrundlage die ihr entstandenen Anwaltskosten direkt vom Konto des Kunden abgebucht.

Durch diese Praktiken werden UnternehmerInnen vor existentielle finanzielle Probleme bis hin zur Konkurseröffnung und Zwangsversteigerung gestellt, ohne dass hierfür eine wirtschaftliche Rechtfer­tigung seitens des Unternehmens vorliegt. Vielmehr liegt in den uns vorliegenden Fällen die Vermu­tung nahe, dass die Banken bereits bei Kreditgewährung den Plan verfolgten, die als Sicherheit die­nenden Liegenschaften zu verwerten, um so ihren Gewinn zu erhöhen und sich selbst aus der oben geschilderten prekären finanziellen Situation zu retten.

Sofern die jeweiligen Unternehmen überhaupt noch die finanziellen und/oder persönlichen Ressour­cen haben, rechtlich gegen die Banken vorzugehen, müssen sie dann - früher oder später - durch jahrelang dauernde Gerichtsverfahren ihren Kampf aufgeben und werden schließlich gezwungen, ihr Unternehmen schließen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.             Wie hoch sind die bisherigen Kosten der Umstrukturierung der Volksbankengruppe für die Steuerzahlerlnnen?

2.              Wie hoch ist die Summe der Beträge, welche der Volksbankenverbund bis zum 31.12.2018 der Republik Österreich zurückbezahlt hat?

3.              Welche Kernkapitalquote wurde von der EZB für den Volksbankenverbund vorgegeben und wurde diese bereits erreicht?

4.              Ist Ihnen als Aufsichtsbehörde bekannt, welche unlauteren Geschäftspraktiken die Volksbankengruppe zu Lasten ihrer Kunden und Kundinnen anwendet?

a) Wenn ja, welche Geschäftspraktiken sind dem BMF als Aufsichtsbehörde bekannt und wel­che Maßnahmen wurden gesetzt, um diese Praktiken zu unterbinden?

5.              Welche Maßnahmen haben Sie als Aufsichtsbehörde gesetzt um sicherzustellen, dass Kreditin­stitute bei Kredittilgungen alle gesetzlichen Bestimmungen einhalten?

6.              Ist ein Kreditinstitut oder ein von ihm beauftragter Dritter berechtigt, Ware eines Kunden als Konkursmasse anzubieten, obwohl noch kein Konkursverfahren eröffnet wurde?

a)      Wenn ja, auf Basis welcher Rechtsgrundlage darf das Kreditinstitut dies tun?

b)     Wenn ja, ist geplant die in Frage 6.a) angesprochene Rechtsgrundlage zu ändern?

7.              Ist ein Kreditinstitut berechtigt, aufgrund eines laufenden Gerichtsverfahrens Kontoauszüge ihrer Kunden - trotz mehrmaliger Beantragung derselben - nicht zur Verfügung zu stellen?

a)      Wenn ja, auf Basis welcher Rechtsgrundlage darf das Kreditinstitut dies tun?

b)     Wenn ja, ist geplant die in Frage 7.a) angesprochene Rechtsgrundlage zu ändern?

8.              Ist ein Kreditinstitut berechtigt, die eigenen Vertretungskosten (Rechtsanwaltskosten) wäh­rend eines laufenden Gerichtsverfahrens (also noch vor Urteilverkündung und Kostenentscheidung) ohne Einverständnis und Information an den Kunden direkt vom Konto des Kunden ein­ziehen?

a)      Wenn ja, auf Basis welcher Rechtsgrundlage darf das Kreditinstitut dies tun?

b)      Wenn ja, ist geplant die in Frage 8.a) angesprochene Rechtsgrundlage zu ändern?

9.              Ist ein Kreditinstitut berechtigt, die Zinsen für laufende Kredite einseitig und ohne Information an die Kunden abzuändern?

a)      Wenn ja, auf Basis welcher Rechtsgrundlage darf das Kreditinstitut dies tun?

b)     Wenn ja, ist geplant die in Frage 9.a) angesprochene Rechtsgrundlage zu ändern?


 



[1] https://diepresse.com/home/wirtschaft/boerse/5468959/EU-zwingt-Volksbanken-zur-Geldflut (26.3.2019).

[2] https://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/3804992/Banken-schulden-Staat-noch-immer-144- Milliarden-Euro (26.3.2019).

[3] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_05269/imfname_420065.pdf (26.3.2019).

[4] Geschäftsbericht Volksbank Oberösterreich AG, Seite 8

[5] https://www.fondsprofessionell.at/news/unternehmen/headline/volksbanken-lassen-sich-bei-rueckzahlung-
der-staatsgelder-mehr-zeit-145381/ (26.3.2019).

[6] https://www.nachrichten.at/nachrichten/wirtschaft/Urteil-Auch-Unternehmen-m-ssen-zu-viel-verrechnete- Zinsen-zur-ckbekommen;art15.2936310 (26.3.2019); http://kreditfux.at/wp-
content/uploads/2015/01/Kroneartikel-7.Jänner-2015.pdf (26.3.2019); http://www.kommunal- beratung.at/files/2014/07/KroneZeitung-Falsche-Kreditabrechnung.pdf (26.3.2019).

[7] ORF 2: Report vom 10.6.2014 unter: https://www.youtube.com/watch7time_continue=3&v=tf-vDD3J750 (26.3.2019).