3230/J XXVI. GP

Eingelangt am 29.03.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen,
an die
Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend gefährliche Chemikalien in Babywindeln

Die meisten Babys in Österreich werden in Einwegwindeln gewickelt. Eltern gehen zu Recht davon
aus, dass diese nicht nur praktisch sind, sondern gesundheitlich völlig unbedenklich. Ein aktueller
Bericht der französischen Umweltschutzbehörde Anses[1] widerspricht dieser Annahme.

Die Behörde stützt sich auf Analysen aus den Jahren 2016 und 2018, bei denen zahlreiche Windeln
getestet wurden, die in Frankreich auf dem Markt sind. Dem Bericht zufolge entdeckte Anses
zahlreiche gefährliche Chemikalien in den Windeln. Die Sorge: Die Stoffe könnten etwa durch Urin
aus der Windel gelöst werden, dann mit der Haut des Babys in Kontakt kommen und Schaden
anrichten.

Einige der als problematisch betrachteten Substanzen fügen die Hersteller absichtlich zu: Duftstoffe
wie etwa das sogenannte Lilial. Die nach Maiglöckchen riechende Substanz kann unter anderem
Allergien auslösen, die Haut reizen und möglicherweise die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.

Andere stammen wohl aus den benützten Rohstoffen, wie in den Windeln nachgewiesene
Pflanzenschutzmittel, darunter auch Glyphosat. Weitere werden wohl im Herstellungsprozess
eingesetzt und sollten idealerweise nicht mehr im Endprodukt vorhanden sein.

Zumindest bei einigen Stoffen seien die nachgewiesenen Mengen so hoch, dass ein Gesundheitsrisiko
nicht auszuschließen sei, teilt die Behörde mit.

Das gilt laut Anses für:

         zwei Duftstoffe (Lilial und Lyral),

         einige polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz PAK,

         sowie die Summe der nachgewiesenen Dioxine und dioxinähnlichen PCB.

Bei anderen Substanzen, etwa bei Formaldehyd, weiteren Duftstoffen, Glyphosat und anderen
Pestiziden, überschritten die Mengen dagegen nicht die Grenzwerte.

Anses kommt zum Fazit: Wenn sich gefährliche Chemikalien in Windeln nachweisen lassen, reichen
die aktuellen Regelungen zur Herstellung nicht aus. Sie fordert neue, strengere Regularien.

         Duftstoffe sollten die Hersteller künftig gänzlich meiden - insbesondere jene, die Allergien
auslösen können.

         Die Produzenten sollten zudem Schritte in der Herstellung ändern, also beispielsweise
bestimmte Chemikalien zum Bleichen durch andere ersetzen.

         Rohstoffe sollten besser kontrolliert werden, um Verunreinigungen auszuschließen.

         Für einige der nachgewiesenen Substanzen, etwa die dioxinähnlichen PCB, schlagen sie als
Grenzwert in Windeln die technisch mögliche Nachweisgrenze vor. Was anders formuliert
bedeutet: Sie sollten eigentlich gar nicht in Windeln
vorkommen.

         Beim Entwickeln von Grenzwerten geben sie zudem zu bedenken, dass Babys einige der
Substanzen auch über die Nahrung aufnehmen - und Grenzwerte für Windeln deshalb
entsprechend niedriger angesetzt werden müssen.

Der vorliegende Report kann allerdings einige Fragen nicht beantworten. In welchem Ausmaß in der
Windel vorhandene Schadstoffe tatsächlich mit der Haut in Kontakt kommen und dann Probleme
bereiten, ist noch nicht ausreichend erforscht und damit aktuell nicht eindeutig zu klären. Hier seien
Studien nötig, schreibt die französische Behörde.[2]

Bei der Europäischen Kommission war man über diese Entwicklung überrascht. Man untersuche die
Angelegenheit, sagte eine Sprecherin. Generell sei es möglich, bei der EU-Chemikalienagentur Echa
Substanzen verbieten oder begrenzen zu lassen.

In Österreich ist die Ages, die Bundesagentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, mit ihrem
französischen Pendant Anses in dieser Sache in Kontakt, sagte ein Sprecher der Ages zur "Presse".
Das Gesundheitsministerium plane für dieses Jahr eine diesbezügliche Schwerpunktaktion für
Hygieneartikel. Es werde also verstärkte behördliche Kontrollen geben - unter anderem auch für
Babywindeln.[3]

In der „Kronen Zeitung" vom 26.3.2019 wird angekündigt, dass Ministerin Hartinger-Klein nun
handeln wird: „Wie es aus dem Gesundheitsministerium heißt, läuft die Untersuchung und wird von
der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) durchgeführt."
[4]

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1)      Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit des Ministeriums beziehungsweise der Ages mit den
französischen Behörden beziehungsweise der Anses im Bereich des Berichts über Giftstoffe
in Babywindeln und gibt es schon Ergebnisse?

2)      Wie sehen die angekündigten verstärkten behördlichen Kontrollen aus und finden diese
schon statt?

3)      Welche Schritte werden seitens des Ministeriums beziehungsweise der Ages unternommen,
um die Sicherheit der VerbraucherInnen bezüglich gefährlicher Chemikalien in Babywindeln
zu gewährleisten?

4)       Was wurde seitens des Ministeriums beziehungsweise der Ages bisher unternommen, um
die Grenzwerte zu kontrollieren und die Sicherheit der VerbraucherInnen bezüglich
gefährlicher Chemikalien in Babywindeln zu gewährleisten?

5)      Welche Schritte werden auf europäischer Ebene unternommen, um die Sicherheit der
VerbraucherInnen zu gewährleisten?

6)      Gibt es weitere Studien, die dem Ministerium beziehungsweise der Ages vorliegen, die eine
potentielle Gefährdung durch gefährliche Chemikalien in Babywindeln vermuten lassen?

7)      Sind derzeit Windeln auf dem österreichischen Markt, die gefährliche Chemikalien
enthalten?

8)      Sind derzeit Windeln auf dem österreichischen Markt, die den Duftstoff Lilial enthalten und
bei denen gegebenenfalls Grenzwerte überschritten werden?

9)       Gibt es Kontrollen auf mögliche Grenzwertüberschreitungen bei Lilial?

10)   Falls Ja: In welchem Zeitabstand und in welchen Regionen werden Kontrollen auf den
Duftstoff Lilial durchgeführt?

11)   Falls Nein: Warum werden Kontrollen auf Grenzwertüberschreitungen bei Lilial nicht
durchgeführt?

12)   Sind derzeit Windeln auf dem österreichischen Markt, die den Duftstoff Lyral enthalten, bei
denen gegebenenfalls Grenzwerte überschritten werden?

13)   Gibt es Kontrollen von möglichen Grenzwertüberschreitungen beim Duftstoff Lyral?

14)   Falls Ja: In welchem Zeitabstand und in welchen Regionen werden Kontrollen auf den
Duftstoff Lyral durchgeführt?

15)   Falls Nein: Warum werden Kontrollen auf Lyral nicht durchgeführt?

16)   Sind derzeit Windeln auf dem österreichischen Markt, die Rückstände von Glyphosat
enthalten?

17)   Gibt es derzeit Kontrollen auf Glyphosat-Rückstände in Windeln?

18)   Falls Ja: In welchem Zeitabstand und in welchen Regionen werden Kontrollen auf Glyphosat- Rückstände durchgeführt?

19)   Falls Nein: Warum werden entsprechende Kontrollen nicht durchgeführt?

20)   Sind derzeit Windeln auf dem österreichischen Markt, die polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe enthalten, bei denen gegebenenfalls Grenzwerte überschritten werden?

21)   Gibt es Kontrollen auf Grenzwertüberschreitungen bei polyzyklischen aromatischen
Kohlenwasserstoffen?

22)   Falls Ja: In welchem Zeitabstand und in welchen Regionen werden Kontrollen auf
polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe durchgeführt?

23)   Falls Nein: Warum werden entsprechende Kontrollen nicht durchgeführt?

24)   Sind derzeit Windeln auf dem österreichischen Markt, die Dioxine und dioxinähnlichen PCB
enthalten, bei denen gegebenenfalls Grenzwerte überschritten werden?

25)   Gibt es Kontrollen auf Grenzwertüberschreitungen bei Dioxinen und dioxinähnlichen PCB?

26)   Falls Ja: In welchem Zeitabstand und in welchen Regionen werden Kontrollen auf Grenzwertüberschreitungen bei Dioxinen und dioxinähnlichen PCB durchgeführt?

27)   Falls Nein: Warum werden entsprechende Kontrollen nicht durchgeführt?

28)   Sind derzeit Windeln auf dem österreichischen Markt, die Formaldehyd enthalten, bei denen gegebenenfalls Grenzwerte überschritten werden?

29)   Gibt es Kontrollen auf Grenzwertüberschreitungen bei Formaldehyd?

30)   Falls Ja: In welchem Zeitabstand und in welchen Regionen werden Kontrollen auf Grenzwertüberschreitungen bei Formaldehyd durchgeführt?

31)   Falls Nein: Warum werden entsprechende Kontrollen nicht durchgeführt?

32)   Sind derzeit Windeln auf dem österreichischen Markt, die andere Pestizide enthalten, bei
denen gegebenenfalls Grenzwerte überschritten werden?

33)   Gibt es Kontrollen auf Grenzwertüberschreitungen bei Pestiziden?

34)   Falls Ja: In welchem Zeitabstand und in welchen Regionen werden Kontrollen auf Grenzwertüberschreitungen bei Pestiziden durchgeführt?

35)   Falls Nein: Warum werden entsprechende Kontrollen nicht durchgeführt?

36)   Gibt es Pläne seitens des Ministeriums, ein Verbot von Duftstoffen in Windeln einzuführen?

37)   In der Studie von Anses wird vorgeschlagen, für einige der nachgewiesenen Substanzen,
etwa die dioxinähnlichen PCB, den Grenzwert in Windeln auf die technisch mögliche
Nachweisgrenze zu senken. Gibt es dahingehend Überlegungen seitens des Ministeriums,
dies umzusetzen?

38)   Wie werden die in der „Kronen Zeitung" angekündigten Untersuchungen aussehen und wann
werden diese starten?

39)   Wann ist mit einem Ergebnis der angekündigten Untersuchungen durch die AGES zu
rechnen?

40)   Liegen dem Ministerium konkrete Verdachtsfälle vor, die Sie zur Untersuchung veranlassen?



[1]              https://www.anses.fr/en/system/files/CONSO2017SA0019Ra.pdf.

[2]   http://www.spiegel.de/gesundheit/schwangerschaft/frankreich-behoerde-warnt-vor-schadstoffen-in-
babywindeln-a-1249478.html.

[3]   https://diepresse.com/home/ausland/eu/5567495/Giftbombe-Babywindel.

[4] https://www.krone.at/1890077 .