3346/J XXVI. GP

Eingelangt am 23.04.2019
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend BVT-Hausdurchsuchung und Verbindungen zwischen "Identitären" und FPÖ

 

Die Washington Post berichtete am 6. April 2019 im englischen Original wie folgt:

 

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Die Hausdurchsuchung im Extremismusreferat wurde vom Gericht für rechtswidrig erklärt. Das Oberlandesgericht Wien hielt in diesem Zusammenhang fest: "Jedoch mangelt es (...) der gerichtlich bewilligten Durchsuchungsanordnung an der gebotenen Konkretisierung der gesuchten Objekte und entbehrt der angefochtene Beschluss darüber hinaus der Nennung konkreter Anhaltspunkte, denen zu Folge davon auszugehen war, dass sich im Büro der S. G. beweisrelevante Gegenstände befinden, die auszuwerten bzw sicherzustellen sind und sind solche Hinweise auch nach der Aktenlage bis zur Entscheidung des Journalrichters nicht vorgelegen."

Diese rechtswidrige Hausdurchsuchung kam aufgrund der Aussagen jener BelastungszeugInnen zustande, die vor deren zeugenschaftlichen Einvernahmen von hochrangigen Mitarbeitern des BM.I "angehört" wurden. Auffällig ist, dass diese ZeugInnen in ihren Einvernahmen zum Teil offenbar aus Eigenem, zum Teil explizit danach befragt stets die Rolle der Leiterin des Extremismusreferats ansprechen. Beachtenswert ist dies insofern, als dass die Leiterin des EX-Referats nur rudimentär in Zusammenhang mit den zu untersuchenden, im "Konvolut" genannten, Vorwürfen gebracht werden kann.

Diese Hausdurchsuchung führte wiederum zu einer massiven Einschränkung der Handlungsfähigkeit des BVT im Allgemeinen und des Extremismusreferats im Besonderen, und zwar genau in jener Zeit, in welcher dessen Ressourcen und Kompetenzen auf Grund der Hausdurchsuchungen im Umfeld der IBÖ bzw. auf Grund des daran anknüpfenden Prozesses besonders gefordert waren. 

Wenn, wie von der Washington Post berichtet, im Rahmen der Hausdurchsuchung im BVT auch hochklassifizierte Daten beschlagnahmt wurden, die die Verbindungen zwischen Identitären und der FPÖ belegen, wird der BVT-Skandal um ein beträchtliches Stück brisanter. Denn die mittlerweile gerichtlich für rechtswidrig erkannte Hausdurchsuchung war das Ergebnis von Druck auf die Justiz durch das Umfeld des Innenministers jener Partei, die eng mit Rechtsextremen wie den Identitären verwoben ist. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Seit wann führt das BVT Ermittlungen gegen die IBÖ bzw. deren Mitglieder oder Sympathisanten? (Um eine möglichst detaillierte Auflistung wird gebeten. Sollte aus Sicht des Bundesministers für Inneres hinsichtlich einzelner Aspekte das Amtsgeheimnis einer umfassenden Beantwortung entgegenstehen, so wird um Beantwortung in einer Form, die einerseits mit dem Amtsgeheimnis in Einklang zu bringen ist und andererseits einen möglichst hohen Informationsgehalt aufweist, gebeten.)

2.    In wie weit war das BVT in die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Graz gegen Martin Sellner u.a./die IBÖ eingebunden? (Um eine möglichst detaillierte Auflistung wird gebeten. Sollte aus Sicht des Bundesministers für Inneres hinsichtlich einzelner Aspekte das Amtsgeheimnis einer umfassenden Beantwortung entgegenstehen, so wird um Beantwortung in einer Form, die einerseits mit dem Amtsgeheimnis in Einklang zu bringen ist und andererseits einen möglichst hohen Informationsgehalt aufweist, gebeten.)

3.    Welches Datenvolumen bzw. wie viele Seiten umfassen ungefähr die gesamten Ermittlungsakten (elektronisch oder physisch) des BVT gegen die IBÖ bzw. deren Mitglieder oder Sympathisanten mit Stand Feber 2018?

4.    In wie weit war Direktor Peter Gridling jeweils über diese Ermittlungen informiert?

5.    Welches Referat im BVT führte diese Ermittlungen durch?

6.    Welche Person war für die Ermittlungen zuständig? (Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes wird gebeten, lediglich die Initialen anzuführen)

7.    Ab wann wussten Sie als Minister, dass Ermittlungen gegen die IBÖ bzw. deren Mitglieder oder Sympathisanten geführt werden?

8.    Ab wann wusste der Generalsekretär, dass Ermittlungen gegen die IBÖ bzw. deren Mitglieder oder Sympathisanten geführt werden?

9.    Ab wann wusste der Kabinettchef, dass Ermittlungen gegen die IBÖ bzw. deren Mitglieder oder Sympathisanten geführt werden?

10. Ab wann wusste Dr. Lett, dass Ermittlungen gegen die IBÖ bzw. deren Mitglieder oder Sympathisanten geführt werden?

11. Versuchten Sie jemals in Erfahrung zu bringen, ob im Umfeld der IBÖ verdeckte Ermittler_innen zum Einsatz kommen? 

a.    Wenn ja, wann?

b.    Bei wem versuchten Sie dies in Erfahrung zu bringen?

12. Versuchte Ihr Generalsekretär jemals in Erfahrung zu bringen, ob im Umfeld der IBÖ verdeckte Ermittler_innen zum Einsatz kommen? 

a.    Wenn ja, wann?

b.    Bei wem versuchte er dies in Erfahrung zu bringen?

13. Versuchte Ihr Kabinettschef jemals in Erfahrung zu bringen, ob im Umfeld der IBÖ verdeckte Ermittler_innen zum Einsatz kommen? 

a.    Wenn ja, wann?

b.    Bei wem versuchte er dies in Erfahrung zu bringen?

14. Versuchte Dr. Lett jemals in Erfahrung zu bringen, ob im Umfeld der IBÖ verdeckte Ermittler_innen zum Einsatz kommen? 

a.    Wenn ja, wann?

b.    Bei wem versuchte er dies in Erfahrung zu bringen?

15. Wann wurde das BVT davon in Kenntnis gesetzt, dass es zu einer Hausdurchsuchung bei Mitgliedern oder Sympathisanten der IBÖ kommen wird?

16. Wann wurden Sie als Minister davon in Kenntnis gesetzt, dass es zu einer Hausdurchsuchung bei Mitgliedern oder Sympathisanten der IBÖ kommen wird/gekommen war?

17. Wann wurde der Generalsekretär davon in Kenntnis gesetzt, dass es zu einer Hausdurchsuchung bei Mitgliedern oder Sympathisanten der IBÖ kommen wird/gekommen war?

18. Wann wurde der Kabinettschef davon in Kenntnis gesetzt, dass es zu einer Hausdurchsuchung bei Mitgliedern oder Sympathisanten der IBÖ kommen wird/gekommen war?

19. Wann wurde Dr. Lett davon in Kenntnis gesetzt, dass es zu einer Hausdurchsuchung bei Mitgliedern oder Sympathisanten der IBÖ kommen wird/gekommen war?

20. Wurden im Rahmen der Hausdurchsuchung im Extremismusmusreferat am 28.2.2018 auch Dokumente mit Bezug zur IBÖ bzw. deren Mitglieder oder Sympathisanten beschlagnahmt?

a.    Wenn ja, handelte es sich dabei um Dokumente, aus denen sich direkt oder indirekt eine Verbindung zwischen der IBÖ bzw. deren Mitglieder und FPÖ-Mandataren bzw. FPÖ-Mitgliedern, Funktionären oder Personen, die sich in einer Vorfeldorganisation der FPÖ (RFJ, RFS, freiheitliche Bauern, etc.) betätigen ergibt? 

21. Wurden im Rahmen der Hausdurchsuchung auch Dokumente mit Bezug zur IBÖ bzw. deren Mitgliedern oder Sympathisanten durch die EGS-Beamt_innen gesichtet?

a.    Wenn ja, handelte es sich dabei um Dokumente, aus denen sich direkt oder indirekt eine Verbindung zwischen der IBÖ bzw. deren Mitglieder oder Sympathisanten und der FPÖ-Mandataren bzw. FPÖ-Mitgliedern, Funktionären oder Personen, die sich in einer Vorfeldorganisation der FPÖ (RFJ, RFS, freiheitliche Bauern, etc.) betätigen ergibt?

b.    Wenn ja, handelte es sich dabei um physische oder elektronische Akten?

                                  i.    Wurden diese beschlagnahmt?

                                ii.    Wurden diese fotografiert?

1.    Wenn ja, an wen wurden diese Dokumente/Fotografien übergeben?

2.    Wenn nein, an wen wurde deren Inhalt durch wen kommuniziert? 

22. Ist zum Zeitpunkt der Anfrage bekannt gewesen, ob unter den einschreitenden EGS-Beamt_innen auch Personen waren, bei denen das BVT aufgrund seiner Ermittlungen bzw. der ihm zur Verfügung stehenden Informationen ausgeht, dass sie eine "Verbindung" zur IBÖ haben?

a.    Wenn ja, wie viele?

b.    Wenn ja, um welche Form von "Verbindung" handelt es sich dabei bei den jeweiligen Betroffenen?

23. Ist zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung bekannt, ob unter den einschreitenden EGS-Beamt_innen auch Personen waren, bei denen das BVT aufgrund seiner Ermittlungen bzw. der ihm zur Verfügung stehenden Informationen ausgeht, dass sie eine "Verbindung" zur IBÖ haben?

a.    Wenn ja, wie viele?

b.    Wenn ja, um welche Form von "Verbindung" handelt es sich dabei bei den jeweiligen Betroffenen?

24. Wann erhielt der Generalsekretär eine Auflistung der im Rahmen der Hausdurchsuchungen am 28.2.2018 beschlagnahmten Dokumente? Ersuche um Auflistung nach Ort der Hausdurchsuchung.

a.    Zu welchem Zweck ließ sich der Generalsekretär jeweils diese Liste zukommen?

25. Verfügt das BVT über Erkenntnisse dahingehend, dass es "Verbindungen" zwischen der IBÖ bzw. deren Mitglieder oder Sympathisanten und FPÖ-Mandataren bzw. FPÖ-Mitgliedern gibt?

a.    Wenn ja: welche? (Um eine möglichst detaillierte Auflistung wird gebeten. Sollte aus Sicht des Bundesministers für Inneres hinsichtlich einzelner Aspekte das Amtsgeheimnis einer umfassenden Beantwortung entgegenstehen, so wird um Beantwortung in einer Form, die einerseits mit dem Amtsgeheimnis in Einklang zu bringen ist und andererseits einen möglichst hohen Informationsgehalt aufweist, gebeten.)

26. Wurde seitens des Ministers nachgefragt, welche Dokumente oder Erkenntnisse im BVT über die IBÖ bzw. deren Mitglieder vorhanden sind?

a.    Wenn ja, wann und zu welchem Zweck?

b.    Wenn ja, bezog sich die Anfrage explizit auf Dokumente aus denen sich direkt oder indirekt Verbindungen zwischen der IBÖ bzw. deren Mitglieder und der FPÖ bzw. deren Mitgliedern ergeben?

27. Wurde seitens des des Generalsekretärs nachgefragt, welche Dokumente oder Erkenntnisse im BVT über die IBÖ bzw. deren Mitglieder vorhanden sind?

a.    Wenn ja, wann und zu welchem Zweck?

b.    Wenn ja, bezog sich die Anfrage explizit auf Dokumente aus denen sich direkt oder indirekt Verbindungen zwischen der IBÖ bzw. deren Mitglieder und der FPÖ bzw. deren Mitgliedern ergeben?

28. Wurde seitens des Kabinetts nachgefragt, welche Dokumente oder Erkenntnisse im BVT über die IBÖ bzw. deren Mitglieder vorhanden sind?

a.    Wenn ja, wann, von wem und zu welchem Zweck?

b.    Wenn ja, bezog sich die Anfrage explizit auf Dokumente aus denen sich direkt oder indirekt Verbindungen zwischen der IBÖ bzw. deren Mitglieder und der FPÖ bzw. deren Mitgliedern ergeben?

29. Wurde seitens anderer leitender Mitarbeiter nachgefragt, welche Dokumente oder Erkenntnisse im BVT über die IBÖ bzw. deren Mitglieder vorhanden sind?

a.    Wenn ja, wann, von wem und zu welchem Zweck?

b.    Wenn ja, bezog sich die Anfrage explizit auf Dokumente aus denen sich direkt oder indirekt Verbindungen zwischen der IBÖ bzw. deren Mitglieder und der FPÖ bzw. deren Mitgliedern ergeben?

30. Welche Regeln gelten für die Vereinbarkeit einer Tätigkeit im BM.I mit einer Mitgliedschaft bei den "Identitären", insbesondere für Exekutivbeamte?

a.    Sind in naher Zukunft und im Lichte der Ereignisse der letzten Wochen Anpassungen dieser Regelungen geplant?

31. Wurde das BVT jemals nach der Hausdurchsuchung von einem internationalem Treffen mit Bezug auf das Phänomen der "Identitären" ausgeladen? (Um eine möglichst detaillierte Auflistung wird gebeten. Sollte aus Sicht des Bundesministers für Inneres hinsichtlich einzelner Aspekte das Amtsgeheimnis einer umfassenden Beantwortung entgegenstehen, so wird um Beantwortung in einer Form, die einerseits mit dem Amtsgeheimnis in Einklang zu bringen ist und andererseits einen möglichst hohen Informationsgehalt aufweist, gebeten.)

a.    Wenn ja, wie oft war dies der Fall?

b.    Um welche(s) Treffen handelte es sich, und was war(en) die Begründung(en) für die Ausladung?

c.    Kommt es nach wie vor zu diesbezüglichen Ausladungen?