3414/J XXVI. GP

Eingelangt am 25.04.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Stephanie Cox, Kolleginnen und Kollegen
an den
Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Deutschförderklassen und MIKA-D Testungen“

BEGRÜNDUNG

Die Absicht, die Deutschförderung für SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache zu verbessern, ist zu begrüßen. Viele Lehrkräfte und DirektorInnen haben sich hier bereits vieler Maßnahmen bedient, um nach bestem Wissen und Gewissen, die Deutschkenntnisse der SchülerInnen zu verbessern. Mit den Sprachstartgruppen gab es auch bereits die Möglichkeit, bis zu elf Wochenstunden und für maximal zwei Jahre einen Deutschförderkurs (außerhalb) der Regelklasse zu besuchen. Dieses System wurde von den Lehrkräften sehr geschätzt, aber nie einer Evaluation unterzogen, denn diese wurde eingestellt.

ExpertInnen der Linguistik bestätigen hier: „Der Erwerb der Umgebungs- und Mehrheitssprache als Zweitsprache verläuft unter völlig anderen Bedingungen als das Erlernen von in der Schule unterrichteten Fremdsprachen wie etwa Französisch oder Englisch.“ Die Wissenschaft sowie internationale Studien sprechen sich daher deutlich für den „integrativen Unterricht in der Bildungssprache“ aus, wobei auch die additive Sprachförderung als positiv erachtet wird. Genau diese gab es mit den Sprachstartgruppen, wo die SchülerInnen großteils integrativ in der Regelklasse unterrichtet wurden. Diese Möglichkeit wurde nun - entgegen den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Sprachforschung - mit dem segregierenden Modell der Deutschförderklassen abgeschafft.[1]


Des Weiteren konnten außerordentliche SchülerInnen, die bisher die Regelklasse sowie zusätzliche Deutschkurse besucht haben, aufsteigen - ohne Jahrgangsverlust. Mit der neuen Regelung der Deutschförderklassen wurde dieser Automatismus aufgehoben, weshalb ein Jahrgangsverlust von bis zu zwei Schuljahren zu befürchten ist.

Das wird jedenfalls zwangsweise dazu führen, dass weniger SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache aufsteigen können als bisher und viele von ihnen Jahrgangsverluste von bis zu zwei Jahren in Kauf nehmen müssen.

Zum einen werden Mittel für die Deutschförderung gestrichen und zum anderen müssen SchülerInnen mit geringen Deutschkenntnissen zwei Jahre länger im Schulsystem bleiben. Das hat auch seinen Preis und geht auf Kosten unseres Schulsystems. Denn gleichzeitig fehlen Ressourcen - ganz besonders bei der Deutschförderung bzw. an jenen Schulen, die vor großen Herausforderungen stehen, etwa was die sprachliche Vielfalt und den sozialen Background der SchülerInnen angeht.

Als Integrationsmaßnahme sind die Deutschförderklassen ebenso wenig dienlich. Vielmehr besteht die Gefahr, dass die SchülerInnen der Deutschförderklassen soziale Auswirkungen durch das „Herausnehmen“ aus der Regelklasse zu befürchten haben. In selbige Kerbe schlägt auch die Kategorisierung der MIKA-D Testungen, welche die Deutschkenntnisse der SchülerInnen bzw. SchulanfängerInnen in „ausreichend“, „mangelhaft“ oder „ungenügend“ unterteilt. Zudem ist hier auch wissenschaftlich belegt, dass die Kenntnisse der Zweitsprache nicht als Kriterium für die Schulreife heran zu ziehen sind.[2] Kinder können sehr wohl schulreif sein, auch wenn ihre Kenntnisse in der Zweitsprache noch nicht so weit fortgeschritten sind.

Die MIKA-D Testungen, die zur Sprachstandserhebung der SchülerInnen herangezogen werden, bedürfen generell einer Qualitätssicherung. Auch diese ist bislang offen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.    Werden im Primar- und Sekundarbereich dieselben Tests verwendet?

a)   Wie ist der Test aufgebaut und aus welchen Teilen setzt sich der Test zusammen?

b)   Wie lange dauern diese jeweils und insgesamt?


2.    Wie und von wem wurde im Schuljahr 2019/20 die Zuteilung zu den Deutschförderklassen bzw. die Rückführung in die Regelklasse entschieden?

a)    Nach welchen Kriterien wurde entschieden?

b)    Wurden Lehrkräfte eingebunden? Wenn ja, welche?

3.    Welche (Zusatz-) Ausbildung haben Lehrkräfte, die in Deutschförderklassen unterrichten? Bitte um Angabe nach Bundesländern und Schultypen.

a)    Wie viele der Lehrkräfte in den Deutschförderklassen haben eine DaF/DaZ Ausbildung?

4.    Ist eine Evaluierung der Deutschförderklassen geplant?

a)    Wenn ja, wer führt diese durch und wann wird diese durchgeführt?

b)    Wird Feedback von Schulen bzw. Lehrkräften dazu eingeholt?

c)    Werden auch die MIKA-D Testungen evaluiert bzw. überarbeitet?

d)    Werden die Integration der SchülerInnen und die sozialen Auswirkungen für sie evaluiert, die mit der Deutschklasse im Zuge des Herausnehmens aus der Regelklasse entstehen?

5.    Gibt es die Möglichkeit für SchülerInnen, den MIKA-D Test zu wiederholen, wenn das Ergebnis der punktuellen Testung anders ausfällt als erwartet? Können z.B. Eltern oder Lehrkräfte eine Wiederholung einfordern?

6.    Wie hoch wird der Prozentsatz an SchülerInnen eingeschätzt, die einen Jahrgangsverlust von einem oder zwei Jahren aufgrund der Förderklasse erleiden?

7.    Die am 27.03.2019 im Nationalrat beschlossene Sammelnovelle mit Adaptierungen des Schulunterrichtsgesetzes betreffend die Deutschförderklassen verweist in der Begründung darauf, „dass ein Aufstieg aus der Deutschförderklasse in die nächsthöhere Schulstufe auch für außerordentliche Schülerinnen und Schüler, die gemäß Testergebnis einen Deutschförderkurs besuchen werden, unter gewissen Voraussetzungen möglich ist.“

a)    Betrifft die Möglichkeit zum Aufstieg nur SchülerInnen, denen mit dem MIKA-D Test ein „mangelhaft“ bescheinigt wird oder auch andere SchülerInnen? Wenn ja, welche?

b)    Wer entscheidet, auf Basis welcher (weiteren) Kriterien, ob ein/e SchülerIn aufsteigen darf? Was sind die angesprochenen „gewissen Voraussetzungen“?

8.    Wie viel Prozent der außerordentlichen SchülerInnen weisen im Schuljahr 2018/19, bzw. 2017/18 sowie 2016/17 einen Jahrgangsverlust von einem oder zwei Jahren auf? Bitte um Auflistungen nach Schuljahren, Prozent und Angabe des Jahrgangsverlustes.

9.    Sind weiterhin bis zu 25 SchülerInnen pro Deutschförderklasse geplant?

a)    Wenn nicht, wann kann mit einer Senkung der Klassenschülerhöchstzahl gerechnet werden. Und wie hoch wird diese sein?



[1] http://www.verbal.at/fileadmin/user_upload/20180412_SN_Entwurf29ME.pdf, 02.04.2019.

[2] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/SNME/SNME_00671/fnameorig_689170.html, 02.04.2019.