3455/J XXVI. GP

Eingelangt am 02.05.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Ermittlungen des BVT gegen Mandatar_innen



In den vergangenen Wochen wurde in zahlreichen Medienberichten über Verflechtungen zwischen der "Identitären Bewegung Österreich" (IBÖ) und Funktionsträger_innen der FPÖ berichtet. So berichteten etwa die Salzburger Nachrichten am 11.4.2019 von der Existenz einer Liste des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), aus welcher sich die finanzielle Unterstützung der IBÖ durch eine aktive FPÖ-Stadträtin aus Amstetten sowie einen aktiven FPÖ-Gemeinderat aus Graz ergibt.

Unklar bleibt, ob weitere Mitglieder politischer Parteien (insbesondere der FPÖ) bzw. Funktionsträger in den allgemeinen Vertretungskörpern nach Kenntnisstand des BVT regelmäßige Unterstützer_innen (oder sogar Mitglieder) der IBÖ sind oder waren bzw. ob es nach den Erkenntnissen des BVT sonstige Verflechtungen mit der IBÖ gibt oder gab.

Laut Verfassungsschutzbericht 2017 handelt es sich bei der IBÖ um "eine der wesentlichen Trägerinnen des modernisierten Rechtsextremismus". Das BVT hält in diesem Zusammenhang mit Verweis auf die diesbezüglichen Feststellungen des deutschen Bundesamts für Verfassungsschutz fest: "Die Aktivisten der ‚Neuen Rechten‘ beabsichtigen die Beseitigung oder zumindest die Beeinträchtigung des demokratischen Verfassungsstaates und versuchen, zunächst einen bestimmenden kulturellen Einfluss zu erlangen, um letztlich den demokratischen Verfassungsstaat zu delegitimieren und das politische System grundlegend zu verändern."

Am 25.4.2019 entschied ein deutsches Verwaltungsgericht, dass der Bundesvorsitzende der "Identitären Bewegung" in Deutschland, Nils Altmieks, seinen Waffenschein nicht zurück erhält. Dies mit der Begründung, dass er als langjähriger Bundesvorsitzender maßgeblich eine Organisation beeinflusse, die Bestrebungen verfolge, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien. Die Kammer bejahe damit die Einschätzung des bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz, der die "Identitäre Bewegung" in Deutschland seit 2016 als rechtsextremistische Organisation beobachtet. 

Vor diesem Hintergrund ist eine Verflechtung der Identitären mit demokratisch gewählten Parteien ähnlich wie im Bereich des Islamismus besonders kritisch zu beobachten (siehe auch einen Bericht im Magazin "addendum" vom 4.2.2019), um eine Unterwanderung des Verfassungsstaates durch Infiltrierung demokratischer Institutionen, mit dem einzigen Zwecke diese auf Dauer abzuschaffen oder zu schwächen, zu verhindern.             

Es stellt sich daher die Frage, ob das BVT auch dann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gegen Personen (weiter)ermittelt, wenn diese ein politisches Amt (Mandat) bekleiden, oder ob einem solchen eine de facto immunisierende Wirkung zukommt. 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wird aktuell gegen Personen, welche ein Mandat/eine politische Funktion in einer Gebietskörperschaft inne haben, durch das BVT ermittelt? 

a.    Wenn ja: gegen wie viele Personen, welche ein Mandat/eine politische Funktion in einer Gebietskörperschaft inne haben, wird seitens des BVT ermittelt?

b.    Auf welcher Rechtsgrundlage basieren diese Ermittlungen jeweils?

c.    Welche konkreten Funktionen bekleiden diese Personen jeweils? (gemeint: allgemeine Funktionsbezeichnung wie z.B. "Gemeinderat"; geografische Zusätze können hier aus personenschutzrechtlichen Gründen aus Sicht der Anfragesteller unterbleiben)

d.    Aus welchen Gründen wird gegen diese Personen jeweils ermittelt?

e.    Welchen politischen Parteien bzw. Wahlparteien sind diese Personen jeweils zugehörig?

2.    Wurde in der Vergangenheit gegen Personen, welche zum Zeitpunkt der Ermittlungen ein Mandat/eine politische Funktion in einer Gebietskörperschaft inne hatten, durch das BVT ermittelt?

a.    Wenn ja: gegen wie viele Personen, welche ein Mandat/eine politische Funktion in einer Gebietskörperschaft inne hatten, wurde seitens des BVT ermittelt?

b.    Auf welcher Rechtsgrundlage basierten diese Ermittlungen jeweils?

c.    Welche konkreten Funktionen bekleideten diese Personen jeweils? (gemeint: allgemeine Funktionsbezeichnung wie z.B. "Gemeinderat"; geografische Zusätze können hier aus personenschutzrechtlichen Gründen aus Sicht der Anfragesteller unterbleiben)

d.    Aus welchen Gründen wurde gegen diese Personen jeweils ermittelt?

e.    Welchen politischen Parteien bzw. Wahlparteien waren diese Personen im Zeitpunkt der Ermittlungen jeweils zugehörig?

3.    Wie viele Personen, welche nach den Erkenntnissen des BVT Mitglieder/Unterstützer_innen der Identitären sind oder waren, waren zu irgendeinem Zeitpunk auch Mitglied der FPÖ oder einer ihrer Vorfeldorganisationen?

a.    Wie viele dieser Personen sind nach dem Wissenstand des BVT nach wie vor Mitglied der FPÖ oder einer ihrer Vorfeldorganisationen?

                                  i.    Bei wie vielen dieser Personen gibt es Indizien, dass es keine Unterstützung/Mitgliedschaft bei der IBÖ mehr gibt?

b.    Wie viele dieser Personen waren zu irgendeinem Zeitpunkt zeitgleich Unterstützer_in/Mitglied bei den Identitären und der FPÖ oder einer ihrer Vorfeldorganisationen?

4.    Verfügt das BVT über Erkenntnisse zu Naheverhältnissen welcher Art auch immer zwischen der IBÖ und aktuellen Nationalratsabgeordneten?

a.    Wenn ja: um welche Art Naheverhältnis handelt es sich jeweils?

b.    Welchem Parlamentsklub gehören die betroffenen Mandatare jeweils an?

5.    Gibt es einen Grundsatz (normiert oder inoffizieller Usus), wonach Ermittlungshandlungen gegen Personen seitens des BVT nicht mehr fortgeführt werden, sobald diese ein Mandat / eine politische Funktion bekleiden (wenn ja: bitte um detaillierte Erläuterung dieses Grundsatzes/Usus samt Rechtsgrundlagen)?

6.    Wurde je gegen politische Parteien, welche zu einer Wahl zu einem allgemeinen Vertretungskörper antraten, im Rahmen der erweiterten Gefahrenerforschung durch das BVT ermittelt?

a.    Wenn ja: wann und gegen welche Parteien?

b.    Aus welchen Gründen erfolgten diese Ermittlungen und welche Ermittlungsmaßnahmen nach dem PStSG (oder Vorgängernormen) kamen dabei zum Einsatz?