3506/J XXVI. GP

Eingelangt am 09.05.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Fluggastdatenzentralstelle

Seit März 2019 verarbeitet die österreichische Fluggastdatenzentralstelle (Passenger Information Unit, kurz PIU) gemäß der Richtlinie (EU) 2016/681 über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) zur Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität die sogenannten PNR-Daten. Nach der Richtlinie müssen Luftfahrtunternehmen vor jedem internationalen Flug "Passenger Name Records" (PNR) an die jeweils zuständige Fluggastdatenzentralstelle (PIU) automatisch übermitteln. Derzeit befindet sich die österreichische PIU noch im Probebetrieb, sodass bis dato ausschließlich Daten der Austrian Airlines verarbeitet werden. Laut Medienberichten sollen im Endausbau der PIU insgesamt 86 Fluglinien an die Zentralstelle angebunden und mindestens 54 Millionen Datensätze pro Jahr verarbeitet werden. Kritiker_innen äußern, dass es sich dabei um eine Vorratsdatenspeicherung bzw. darüber hinausgehend um eine Vorratsdatenanalyse von Fluggastdaten handelt, bei denen Passsagiere einem Generalverdacht ausgesetzt werden. Ihre Daten werden zudem jahrelang (fünf Jahre Speicherfrist, Pseudonymisierung nach sechs Monaten) gespeichert. Insbesondere aufgrund des immensen Umfanges verarbeiteter personenbezogener Daten sind genaue, auch statistische, Erhebungen zu diesen unerlässlich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie viele Mitarbeiter_innen sind derzeit in der PIU beschäftigt?

2.    Welche Personalkosten entstehen aktuell?

3.    Nach welchem Zeitplan ist welche personelle Aufstockung geplant?

4.    Wie hoch werden die Personalkosten im Endausbau der PIU sein?

5.    Die EU-Mitgliedsstaaten sind gemäß Artikel 20 der PNR-Richtlinie 2016/681 des Europäischen Parlamentes und des Rates verpflichtet, der Europäischen Kommission jährlich Statistiken zur Verfügung zu stellen. Inwiefern erfasst das BMI statistisch die gemäß der Richtlinie verarbeiteten Fluggastdaten und Passagiere bzw. welche Anstrengungen werden hierzu unternommen?

6.    Wie viele Daten bzw. Datensätze haben Fluggesellschaften seit Betrieb der PIU an diese übermittelt?

a.    Inwiefern lassen sich diese Daten aufschlüsseln, sodass Rückschlüsse auf die Zahl der verarbeiteten Passagiere oder Flüge gezogen werden können?

b.    Wie viele Datensätze wurden bereits depersonalisiert?

c.    Wie viele Personen haben in der Fluggastdatenzentralstelle Zugang zu den dort gespeicherten Passagierdaten?

d.    Werden Zugriffe auf diese Daten dokumentiert?

7.    Wie viele Datensätze bzw. Passagiere soll die Fluggastdatenzentralstelle im Endausbau pro Jahr verarbeiten können?

8.    Wie viele der bis dato von Fluggesellschaften übermittelten Datensätze betreffen Flüge aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union nach Österreich oder aus Österreich in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union?

9.    Wie viele der bis dato von Fluggesellschaften übermittelten Datensätze betreffen Flüge aus einem Staat, der nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union ist (Drittstaat), nach Österreich oder aus Österreich in einen Drittstaat?

10. Um welche Datenbanken handelt es sich bei den in § 4 PNR-Gesetz genannten "Fahndungsevidenzen und sonstigen sicherheitspolizeilichen Datenverarbeitungen, die der Vorbeugung oder Verfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen gemäß § 1 Abs. 1 dienen" konkret?

11. Wie viele Treffermeldungen schienen bei den bis dato übermittelten Datensätzen bei Abgleich der übermittelten Datensätze mit Daten aus Fahndungsevidenzen und sonstigen sicherheitspolizeilichen Datenverarbeitungen, die der Vorbeugung oder Verfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen dienen (§ 4 Abs. 1 PNR-Gesetz) pro Tag bzw. pro Woche auf?

12. Wie viele Treffermeldungen werden im Endausbau bei Abgleich der übermittelten Datensätze mit Daten aus Fahndungsevidenzen und sonstigen sicherheitspolizeilichen Datenverarbeitungen, die der Vorbeugung oder Verfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen dienen (§ 4 Abs.  PNR-Gesetz) pro Tag bzw. pro Woche voraussichtlich aufscheinen?

13. Wie viele und welche Straftaten wurden seit Bestehen der österreichischen Fluggastdatenzentralstelle bzw. seit der Umsetzung des EU-PNR-Systems in Österreich mit dessen Hilfe aufgeklärt?

14. Erfolgt der Abgleich der übermittelten Datensätze mit Daten aus Fahndungsevidenzen und sonstigen sicherheitspolizeilichen Datenverarbeitungen, die der Vorbeugung oder Verfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen dienen (§ 4 Abs. 1 PNR-Gesetz) manuell oder mittels Software?

15. Artikel 6 der PNR-Richtlinie erlaubt den Abgleich der übermittelten Datensätze nach bestimmen Kriterien und die Verwendung der übermittelten Datensätze zur Erstellung von Kriterien. In Österreich wurde dies in §§ 4 f PNR-Gesetz umgesetzt. Gemäß § 5 PNR-Gesetz bestehen Kriterien aus verdachtsbegründenden und verdachtsentlastenden Prüfungsmerkmalen und müssen zielgerichtet, verhältnismäßig und bestimmt sein. Darüber hinaus müssen sie zur Identifikation von für Sicherheitsbehörden relevante Personen geeignet sein. In Deutschland findet ein Abgleich der übermittelten Datensätze nach Kriterien bereits statt. Sie werden von der Fluggastdatenzentralstelle unter Einbeziehung des Datenschutzbeauftragten der Fluggastdatenzentralstelle erstellt und in Absprache mit den Sicherheitsbehörden und dem Datenschutzbeauftragten der Fluggastdatenzentralstelle regelmäßig überprüft. Findet ein Abgleich der Datensätze nach Kriterien in Österreich ebenfalls statt oder ist ein solcher Abgleich nach Kriterien für Österreich in Planung?

      a. Wenn ja, um welche Kriterien handelt es sich dabei?

16. Wie viele der Treffermeldungen bei Abgleich der bis dato übermittelten Datensätzen konnten tatsächlich verifiziert werden?

17. Wie viele der Treffermeldungen bei Abgleich der übermittelten Datensätze werden im Endausbau voraussichtlich pro Monat durchschnittlich verifiziert werden können?

18. In wie vielen Fällen wurden bis dato bei verifizierten Treffern Folgemaßnahmen, etwa eine Kontrolle, Durchsuchung oder Verhaftung, angeordnet und worum handelte es sich dabei im Wesentlichen?

19. In wie vielen Fällen werden im Endausbau der PIU bei verifizierten Treffern schätzungsweise Folgemaßnahmen durchschnittlich pro Monat angeordnet werden?

20. Der Leiter der Fluggastdatenzentralstelle, Siegfried Grill, betonte laut APA-Aussendung vom 8. März 2019, dass etwa drei Prozent der Treffer bei Abgleich mit der Fahndungsdatenbank valide Treffer seien und etwa ein Prozent "Early Warnings" auslöse. Wobei handelt es sich bei diesen "Early Warnings" konkret?

a.    In wie vielen Fällen werden im Endausbau der PIU schätzungsweise durchschnittlich pro Monat "Early Warnings" ausgelöst werden? 

21. Welche Fluglinien sollen bis zu welchem Zeitpunkt an das Fluggastdaten-Informationssystem in der PIU angeschlossen werden?

22. Wo werden die an die PIU übermittelten Datensätze gespeichert?

23. Wie viele Auskunftsersuchen von Fluggästen sind bis dato bei der PIU eingelangt? (Bitte um Auflistung pro Monat.)

24. Inwiefern hat die PIU bereits mit Europol kooperiert oder Daten dorthin übermittelt?