3513/J XXVI. GP

Eingelangt am 10.05.2019
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Vizekanzler und Bundesminister für Öffentlichen Dienst und Sport betreffend Folgen des EuGH Urteils bzgl. Vordienstzeitenanrechnung

Zum wiederholten Mal hat der Europäische Gerichtshof eine Diskriminierung bezüg­lich Vordienstzeitenanrechnung im Öffentlichen Dienstrecht festgestellt. Die zuletzt beschlossene Regelung wurde als EU-rechtswidrig eingestuft, Betroffene sollen auch Anspruch "auf eine Ausgleichszahlung in Höhe der Differenz zwischen dem Gehalt, das sie hätten beziehen müssen, wenn sie nicht diskriminiert worden wären, und dem tatsächlich von ihnen bezogenen Gehalt" haben, so der EuGH (Pressemitteilung Nr. 57/19, 8.5.2019 - vgl. Urteile C-24/17 & C-396/17).

Die möglichen Kosten für den Fall, dass die Regelung erneut gekippt wird, legte Vi­zekanzler Heinz-Christian Strache, Bundesminister für Öffentlichen Dienst, im ver­gangenen Sommer mit mindestens 500-650 Millionen Euro fest: "Ich stelle nur grundsätzlich fest: Es kann alles der Fall sein. Wir sind durchaus guter Dinge, wir könnten dieses Verfahren vor dem EuGH auch gewinnen; auch das ist möglich. Ich zeige aber auch das Worst-Case-Szenario auf: Es kann passieren, wenn der EuGH diesbezüglich ein Urteil spricht, dass wir am Ende zusätzliche Kosten von mindes­tens 500 bis 650 Millionen Euro haben werden; die könnten dann eben auch höher sein. Ich gehe aber davon aus, dass wir da gemeinsam mit dem EuGH und auch mit den Vertretern der Beamtenschaft eine streckende Lösung finden werden - aber mit Kostenreparatur." (S.28, Stenographisches Protokoll, 36. Sitzung des Nationalrates, 5.7.2018 - Beantwortung der mündlichen Anfrage (49/M, XXVI. GP))

Dieses "Worst-Case-Szenario" ist nun eingetreten. Jene, die aufgrund ihres Alters diskriminiert werden, haben Anspruch auf Ausgleichszahlungen "in Höhe der Diffe­renz zwischen dem Gehalt, das der betreffende Vertragsbedienstete hätte beziehen müssen, wenn er nicht diskriminiert worden wäre, und dem tatsächlich von ihm be­zogenen Gehalt gewährt wird" (C-24/17). Es ist anzunehmen, dass viele Betroffene sich schon im Ruhestand befinden und ein entsprechend hohes Alter haben. Nach­dem ein erstes Urteil, in dem eine Diskriminierung aufgrund des Alters festgestellt wurde (C-88/08), bereits 2009 - also vor zehn Jahren - gefällt wurde, stellt sich unter anderem die Frage, wie lange die Betroffenen noch auf entsprechende Ausgleichs­zahlungen warten sollen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wie viele Personen haben Anspruch auf entsprechende Ausgleichszahlungen (gem. Urteil C-24/17)?

a.    Wie viele davon sind bereits im Ruhestand? (Bitte um Angabe nach Ge­schlecht, und Jahr der Versetzung in den Ruhestand)

b.    Wie viele davon befinden sich in aufrechten Dienstverhältnissen? (Bitte ge­trennt nach Geschlecht und Jahr des Dienstantritts)

2.    In Bezug auf die Anzahl der betroffenen Personen haben Sie im Mai 2018 (497/AB) folgendes angegeben: “Im Bereich des Bundes sind potentiell alle Dienstverhältnisse betroffen, die vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. 82/2010 begründet wurden, bei denen sich die angerechneten Vordienstzeiten auf die Besoldung auswirken und bei denen die Bediensteten nicht bereits den Höchstbezug erreicht haben.":

a.    Haben Sie sich mittlerweile einen Überblick darüber verschafft, wie viele Dienstverhältnisse betroffen sind?

b.    Wenn ja, von wie vielen Betroffenen ist auszugehen?

c.    Wenn nein, warum nicht?

d.    Welche Schritte setzen Sie als Minister für Öffentlichen Dienst, um potenti­ell Betroffene bestmöglich zu erreichen und zu unterstützen, auch wenn Sie bei Ländern, Gemeinden, ausgegliederten Rechtsträger und sonstigen Einrichtungen wie Hauptverband oder ORF beschäftigt sind?

3.    Außerdem schrieben Sie: "Es ist davon auszugehen, dass ein Großteil der Län­der, Gemeinden, ausgegliederten Rechtsträger und sonstigen Einrichtungen wie Hauptverband oder ORF vergleichbare Regelungen hat oder hatte" (497/AB).

a.    Welche Schritte haben Sie bisher ergriffen, um derartige - vermutlich ebenso rechtswidrige - Regelungen zu identifizieren und ggf. zu verbes­sern?

b.    Sind bereits betroffene Länder, Gemeinden, oder andere Einrichtungen mit der Bitte um Unterstützung an Sie herangetreten?

i. Wenn ja, in welcher Form leisten Sie diese?

4.    In Anfragebeantwortung 497/AB heißt es: "Budgetäre Auswirkungen sind erst nach dem Vorlegen des Urteils des EuGH und der dadurch bedingten Rechtsla­ge berechenbar." Da das Urteil nun vorliegt:

a.    Wie hoch werden die Kosten für entsprechende Ausgleichszahlungen ins­gesamt sein?

b.    Wie hoch werden die Kosten für entsprechende Ausgleichszahlungen pro Person im Durchschnitt geschätzt?

c.    In welchem Budgetposten wurden die entsprechenden finanziellen Mittel eingeplant?

d.    Inwiefern werden die Kosten aufgrund der diskriminierenden Regelung in den aktuell laufenden Budgetverhandlungen vom BMÖDS berücksichtigt?

5.    Falls noch keine Berechnungen vorliegen: bis wann ist mit dem Abschluss sol­cher zu rechnen?

6.    Bis wann werden die Anspruchsberechtigten entsprechende Ausgleichszahlun­gen erhalten?


7.    Wie gewährleisten Sie als Minister für Öffentlichen Dienst, dass allen Vertragsbe­diensteten und Beamten, die aufgrund der 2010 beschlossenen Regelung diskri­miniert wurden, künftig keine Nachteile mehr haben?

8.    Bis wann ist mit einer gesetzlichen Neuregelung zu rechnen?

9.    Orientieren Sie sich dabei an der deutschen Regelung, die EU-rechtskonform ist?

a. Wenn nein, warum nicht?

10. Sie haben einer Pressemeldung vom 8.5.2019 zufolge eine umgehende Analyse des Urteils "unter Einbindung des Verfassungsdienstes im Justizministerium und der Finanzprokuratur im Finanzministerium beauftragt". Bis wann ist mit einem Abschluss dieser Analyse zu rechnen?

11. Welche weiteren konkreten Schritte sollen genau "evaluiert" werden?