3611/J XXVI. GP

Eingelangt am 21.05.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Kai Jan Krainer,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend: Verjährung der Steuerrückforderung in Cum/Ex-Fällen

Sehr geehrter Herr Finanzminister!

In der Sitzung vom 14.3.2019 informierten Sie den Finanzausschuss über den aus Ihrer Sicht inzwischen festgestellten Schaden aus unzulässigen KESt-Rückerstattungen (Cum/Ex­Geschäfte). Unter anderem erwähnten Sie, dass das BMF im März 2017 das zuständige Finanzamt mit der Aufrollung der Fälle beauftragt hätte, auf Grund der Verjährung wären Schäden ab dem Jahr 2011 bis zum ersten Halbjahr 2013 entstanden (in Summe 108 Mio. €), für die Jahre davor gaben Sie als Schätzung einen Wert von 15 Mio. € pro Jahr für die Jahre 2006-2010 an (somit zusätzlich 75 Mio. €), für diese Jahre vor 2011 wäre die fünfjährige Verjährung eingetreten mangels Unterlagen könnte auch keine Überprüfung mehr stattfinden.[1]

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende

Anfrage:

1.       Nach § 132 BAO sind Bücher, Aufzeichnung, Belege zumindest sieben Jahre aufzubewahren, darüber hinaus auch soweit, als sie für die Abgabenerhebung betreffende anhängige Verfahren von Bedeutung sind.

Warum war für die Finanzverwaltung im Jahr 2017 nicht davon auszugehen, dass zumindest Unterlagen innerhalb dieser siebenjährigen Aufbewahrungsfrist noch vorhanden waren?

2.       Wäre auf Grund der Aufbewahrungsfrist für die Finanzverwaltung davon auszugehen gewesen, dass noch Unterlagen der Jahre 2009 und 2010 zur Überprüfung herangezogen werden konnten?

3.       Mit dem Betrugsbekämpfungsgesetz 2010 wurde die Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben von sieben auf zehn Jahre verlängert, nach den Inkrafttretensbestimmungen gilt diese Frist für Abgaben, für die der Abgabenanspruch nach dem Jahr 2002 entstanden ist (§ 207 Abs. 2 und § 323 Abs. 27 BAO). Die allgemeine Verjährung für die Festsetzung von Abgaben beträgt fünf Jahre, ebenso wie jene bereits festgesetzte Abgabe einzuheben.

a.       Können Sie bitte anhand einer allgemeinen typisierten Darstellung der Fälle unrechtmäßiger KESt-Rückerstattungen (Cum/Ex) darstellen welche Rechtsgrundlagen für die Berechnung der Verjährungsfristen maßgeblich sind? Müssen dabei unterschiedliche Rechtslagen bzw. Auslegungen des BMF für bestimmte Zeiträume beachtet werden?

b.      Welche Rechtsgrundlage und Verjährungsfristen gelten für jene Fälle unrechtmäßiger KESt-Rückerstattungen von 2011 bis 2019?

c.       Welche Rechtsgrundlage und Verjährungsfristen gelten für jene Fälle unrechtmäßiger KESt-Rückerstattung für Zeiträume vor 2011?

d.      Kommt es für Zeiträume vor 2011 nach der Beurteilung des wahren wirtschaftlichen Gehalts (§ 21 BAO) nicht zum Vorgang einer Abgabenhinterziehung? Welche Verjährungsbestimmung kommt zur Anwendung und wie lange ist der Verjährungszeitraum?

e.       In wie vielen Fällen geht das BMF von einer Abgabenhinterziehung oder einem Abgabenbetrug aus und bis zu welchem Jahr reichen diese Fälle zurück?

f.        Werden von der Finanzverwaltung auch die Bestimmungen nach dem Strafgesetzbuch zu Betrug und schweren Betrug im Zusammenhang mit diesen ungerechtfertigten KESt-Rückerstattungen geprüft, wenn ja, in wie vielen Fällen?

g.      Hat sich die rechtliche Voraussetzung für den Anspruch auf eine KESt- Rückerstattung geändert? Wenn ja, können Sie bitte darstellen zu welchen Änderungen (gesetzlichen Änderungen oder Rechtsmeinung des Finanzministeriums) es in den Zeiträumen seit 2000 bis 2019 gekommen ist, und ob bei diesen die Unterscheidung zwischen „Anspruch auf Dividende" bzw. "Aktien im Depot” als Voraussetzung für die KESt-Rückerstattungen für die Beurteilung der Verjährungsfristen, insbesondere der fünfjährigen Frist, bzw. für die Beurteilung der Sachverhalte als Abgabenhinterziehung (zehnjährige Verjährungsfrist) maßgeblich war?

h.       Wenn Sie für die Jahre 2006-2010 von Schätzungen über einen eingetretenen „Schaden" sprechen, nach welcher rechtlicher Beurteilung des BMF oder der Finanzprokuratur sind diese Fälle dann nach fünf Jahren verjährt und unterliegen keiner längeren Verjährungsfrist?

4.       In der Anfragebeantwortung 2539/AB (GP 26) gaben Sie zur Frage 1. d) an, dass im Jahr 2013 40,6 Mio. € und im Jahr 2014 16,4 Mio. € an Rückzahlungen auf Grund der Auswertungen bzw. nach rechtlicher Würdigung auf Grund von Vorhalteverfahren ab- bzw. zurückgewiesen wurden.

War in diesen Fällen mit der Ab-/Zurückweisung das Veranlagungsverfahren ohne weitere Verfahrensschritte abgeschlossen, oder wurden weitere, insbesondere finanzstrafrechtliche Schritte, eingeleitet - wenn ja, welche? (Bitte um allgemeine Darstellung welche finanzrechtlichen Konsequenzen der Versuch eine unrechtmäßige KESt-Rückerstattung zu erhalten nach sich zieht und ob diese Maßnahmen seitens der Finanzverwaltung auch eingeleitet wurden.)

5.       Können Sie bitte die schriftliche Unterlage, welche Ihnen bei Ihren Ausführungen in der allgemeinen Aussprache im Finanzausschuss vorgelegen ist, der Beantwortung dieser Anfrage beischließen?



[1] Bitte um Korrektur dieser Zahlen, soweit mangels Protokoll unrichtig wieder gegeben.