3650/J XXVI. GP

Eingelangt am 03.06.2019
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Aufarbeitung des mutmaßlichen polizeilichen Misshandlungsvorfalles am Freitag den 1.06.2019 im Zuge der Klima-Demonstration

 

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Zahlreiche Medien darunter der Kurier berichtete am 2. Juni 2019 von der besagten Amtshandlung die auf dem im Internet kursierenden Video aufgezeichnet wurde:

 

„Das Video eines Polizeibeamten, der auf einen am Boden liegenden Klima-Aktivisten in Wien einschlägt, hat heftige politische Reaktionen zur Folge. Innenminister Ratz forderte von Wiens Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl umgehend eine Untersuchung und vollste Transparenz. Alle beteiligten Polizisten wurden vom Referat für besondere Ermittlungen der Polizei bereits ausgeforscht und ein erster Bericht der Staatsanwaltschaft Wien übermittelt, bestätigt Polizeisprecher Patrick Maierhofer.


Der Vorfall hatte sich Freitagnachmittag im Zuge der Klima-Demonstration ereignet, als eine Gruppe von rund 100 Aktivisten den Wiener Ring bei der Aspernbrückengasse blockierte. Weil sich Teilnehmer weigerten die Blockade aufzulösen, mussten sie von Polizeibeamten weggetragen werden. „Einer der Aktivisten hat sich mit Fußtritten dagegen zur Wehr gesetzt“, schildert Maierhofer. Daraufhin wurde er festgenommen und von mehreren Beamten am Boden fixiert, wo es dann zu den dokumentierten Szenen kam.

Das Video zeigt den Mann, wie er zunächst von drei, danach von fünf Polizisten in Bauchlage am Boden fixiert wird. Ein Beamter versetzte ihm von hinten offensichtlich mehrere Serien heftiger Faustschläge.

Die Szenen haben auch polizeiintern für heftige Reaktionen gesorgt. Hochrangige Beamte distanzieren sich von der auf dem Video zu sehenden Vorgangsweise. Laut einem Polizei-Einsatztrainer, der auf Grund des laufenden Verfahrens anonym bleiben möchte, widerspricht das Handeln des Beamten jeglicher Lehrbuch-Taktik. „Der Mann war bereits am Boden fixiert. Es ging keine Gefahr von ihm aus. Wenn man ihm also Handfesseln anlegen wollte, gibt es gängige Techniken, die das möglich machen“, so der Ausbilder.

Wuchtige Schläge in die Körperregion zählen sicher nicht zur gängigen Praxis der Polizei. Es gäbe nur ein Szenario, das solche Prügel rechtfertigt. Und zwar, wenn der Mann eine Waffe in Händen halten würde und er sich diese nicht abnehmen lässt“, sagt der Einsatztrainer. Laut Polizei-Sprecher Maierhofer hatte der Aktivist aber keine Waffen bei sich.

In den kommenden Tagen sollen die Zeugen des Vorfalls, das Opfer selbst sowie die beteiligten Polizisten vom Referat für besondere Ermittlungen einvernommen werden. Aus rechtlicher Sicht wird spannend sein, wie der Beamte den Einsatz in seinem Amtsvermerk über die Festnahmedokumentierte. Die Polizei verfügt nämlich mit der sogenannten Zwangsgewalt über die rechtlichen Möglichkeiten, auch physische Gewalt gegen Personen und Sachen anzuwenden. Sollte diese Zwangsmittel im Protokoll auch dokumentiert sein, muss geprüft werden, ob diese gerechtfertigt waren, oder eine Überschreitung vorliegt. Die Entscheidung darüber fällt die Staatsanwaltschaft.

Der ausgeforschte Beamte ist nach Informationen von Sonntag jedenfalls nicht suspendiert. Er habe in den kommenden Tagen ohnedies keinen Dienst, heißt es.“

https://kurier.at/chronik/wien/mutmassliche-polizeigewalt-gegen-klima-aktivisten-beamte-ausgeforscht/400511929

 

Gemäß § 29 SPG hat jegliche Zwangshandlung der Polizei dem strengen Verhätnismäßigkeitsgebot zu folgen:

„(1) Erweist sich ein Eingriff in Rechte von Menschen als erforderlich (§ 28a Abs. 3), so darf er dennoch nur geschehen, soweit er die Verhältnismäßigkeit zum Anlass und zum angestrebten Erfolg wahrt.

(2) Insbesondere haben die Sicherheitsbehörden und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes

1.von mehreren zielführenden Befugnissen jene auszuwählen, die voraussichtlich die Betroffenen am wenigsten beeinträchtigt;

2.darauf Bedacht zu nehmen, ob sich die Maßnahme gegen einen Unbeteiligten oder gegen denjenigen richtet, von dem die Gefahr ausgeht oder dem sie zuzurechnen ist;

3.darauf Bedacht zu nehmen, daß der angestrebte Erfolg in einem vertretbaren Verhältnis zu den voraussichtlich bewirkten Schäden und Gefährdungen steht;

4.auch während der Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt auf die Schonung der Rechte und schutzwürdigen Interessen der Betroffenen Bedacht zu nehmen;

5.die Ausübung der Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden, sobald der angestrebte Erfolg erreicht wurde oder sich zeigt, daß er auf diesem Wege nicht erreicht werden kann.“

 

Am Montag den 3. Juni 2019 meldete der ORF Folgendes:

„Jener Beamter, der auf einem Video bei einer Amtshandlung mit mutmaßlicher Polizeigewalt zu sehen ist, ist in den Innendienst versetzt worden. Das gab die Wiener Polizei heute bekannt. Die Ermittlungen laufen unterdessen weiter.

„Die Wiener Polizei ist an einer vollständigen, lückenlosen Aufklärung des Vorfalls interessiert“, sagte Polizeipräsident Gerhard Pürstl in einem Statement. „Bis zu diesem Zeitpunkt wird der betroffene Beamte ausschließlich im polizeilichen Innendienst tätig sein“, kündigte Pürstl an. Die Einvernahmen der Zeugen des Vorfalls, des Opfers sowie der beteiligten Polizisten durch das Referat für besondere Ermittlungen waren am Montagvormittag noch ausständig.

Der Polizist selbst hat „die Schläge als Zwangsmittel“ bereits nach dem Vorfall dokumentiert, sagte Polizeisprecher Patrick Maierhofer. Polizeieigene Videos gibt es im Übrigen keine, zwar war ein Beweissicherungsteam unterwegs, aber bei dieser Festnahme nicht dabei. Die Entscheidung, ob ein Fehlverhalten vorliegt oder nicht, trifft die Staatsanwaltschaft. Sie bekam bereits einen ersten Anlassbericht. Opfer war laut Initiatoren Passant

Bei dem Opfer handelt es sich um einen Passanten, der ursprünglich gar nicht an der Sitzblockade beteiligt gewesen ist, sondern vorbeikam und sich mit den Aktivisten solidarisierte, sagte Sina Reisch, Pressesprecherin der Aktivisten von „Ende Geländewagen“. Laut ihren Angaben wurden mehrere Personen von Polizisten verletzt - mehr dazu in Video zeigt mutmaßliche Polizeigewalt.

Der betroffene Mann sei gegen 3.00 Uhr aus dem Polizeianhaltezentrum freigelassen worden. „Er war sehr aufgelöst und hatte noch Schmerzen im Nierenbereich“, sagte Reisch am Montag. Der Mann begab sich dann noch selbstständig ins Krankenhaus. Er wurde wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und versuchter schwerer Körperverletzung angezeigt, sagte Polizeisprecher Maierhofer.

Wie eine Studie im Vorjahr ergab, landen Misshandlungsvorwürfe gegen die Exekutive kaum bei Gericht. Die Untersuchung des Austrian Center for Law Enforcement Sciences (ALES) unter der Leitung der Wiener Strafrechtsprofessorin Susanne Reindl-Krauskopf wurde im November veröffentlicht. Dabei kam heraus, dass Misshandlungsvorwürfe gegen Exekutivbeamte nach gängiger Praxis von den Staatsanwaltschaften eingestellt, die Fälle fast ausnahmslos nicht gerichtsanhängig werden.

1.518 Fälle in Wien und Salzburg mit 814 Beschwerdeführern und 1.428 beschuldigten Beamten wurden auf Basis von zwischen 2012 und 2015 angefallenen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten untersucht.

Das Ergebnis: In Wien, wo seitens der Studienautoren nach umfangreicher Aktenanalyse, Leitfadeninterviews mit Experten und Workshops 1.285 Fälle aufgearbeitet wurden, wurden gerade einmal sieben Fälle gerichtsanhängig. Zu einer Verurteilung kam es nicht. Die sieben Verhandlungen endeten allesamt mit erstinstanzlichen Freisprüchen. Im Gegenzug wurde in zehn Prozent der Fälle gegen die Beschwerdeführer ein Verfahren wegen Verleumdung eingeleitet.“

https://wien.orf.at/news/stories/2985169/

 

Schon seit mehreren Jahren üben internationale und nationale Organisationen sowie Expert_innen aus dem Menschenrechtsbereich Kritik am derzeitigen System der Untersuchung von Vorwürfen polizeilicher Misshandlung. Daran schließt sich auch eine Kritik an der generellen Folgenlosigkeit bei Beschwerden über polizeiliches Verhalten an. In manchen der wenigen medial kolportierten Fälle wurde bekannt, dass bei Fehlverhalten der Polizei disziplinarrechtliche Folgen ausblieben- selbst bei Verurteilungen. Informationen über das bisherige Vorgehen und die diesbezügliche Position des BMI dazu liegen nicht vor.

So der Bericht des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe des Europarates (CPT) zu seinem Besuch in Österreich vom 22.9. bis 1.10.2014 (Para 20): 

 “[O]n the basis of the information gathered by the delegation during the visit and the relevant case-law of the European Court of Human Rights, the CPT has some doubts as to whether investigations carried out by investigators of the BAK – and even more so those carried out by criminal police officers of the regional police headquarters – against other police officers can be seen to be fully independent and impartial.”

Auch die abschließende Beobachtungen des UNO-Menschenrechtskomitees im fünften periodischen Bericht zu Österreich (angenommen in seiner 115. Sitzung, 19.10.-6.11.2015) (Para 21-22): 

 “The Committee is concerned at the low number of criminal convictions for the perpetrators of ill-treatment of detainees in police custody compared with the relatively high number of allegations. The Committee also remains concerned about the leniency of the sentences imposed in cases of ill-treatment of detainees by law enforcement officials […]. The State party should undertake an independent investigation into the reasons underlying the discrepancy between the low number of criminal convictions for ill-treatment in police custody and the relatively high number of allegations. It should also ensure prompt, thorough and impartial investigations and documentation, in accordance with the Istanbul Protocol, into all allegations of torture and ill-treatment. Perpetrators prosecuted and convicted should be subjected to sanctions commensurate with the gravity of their acts, and victims provided with effective remedies. The State party should also collect and make public information on the number and nature of reported incidents of torture and ill-treatment of detainees, disaggregated by age, gender and ethnic origin of victims, as well as on the convictions and types of sentences/sanctions imposed on perpetrators of such acts.”

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wann wurde/n welche Stelle(n) bei der Polizei bekannt, dass es am Freitag den 1.06.2019 zu einem Vorgehen eines oder mehrerer PolizeibeamtInnen gekommen ist, das potentiell als Misshandlung bzw. Körperverletzung der betroffenen Person beurteilt werden könnte?

2.    Wann gingen welcher/n Stelle(n) des BMI konkrete Misshandlungsvorwürfe zum bezeichneten Vorfall zu?

3.    Welche Schritte unternahm Ihr Ressort zur Aufarbeitung dieses Vorfalls? (Um Angabe einer chronologischen Aufgliederung aller wesentlichen Verfahrensschritte bei der Aufklärung wird ersucht.)

4.    Wann wurden die betroffenen Beamt_Innen einvernommen?

5.    Wann wurde die betroffene Person als Beschwerdeführer/vermeintliches Opfer einvernommen?

6.    Wann wurde die betroffene Person als wegen Widerstands gegen die Staatsanwaltschaft Verdächtiger einvernommen?

7.    Wurden andere Beteiligte der Demonstration als ZeugInnen einvernommen?

a.    Wenn ja, wie viele?

b.    Wenn ja, wann?

c.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Welche Beweise wurden jeweils wann durch welche ermittelnde Behörde gesichert?

9.    Wann, in welcher Form und von wem wurde die StA informiert?

a.    Was war der Inhalt dieses/r Berichts/Berichte?

10. Welche disziplinarrechtlichen Schritte wurden wann und gegen welchen der involvierten Beamt_innen gesetzt?

11. Wurde die Suspendierung des/der betroffenen BeamtInnen beschlossen? 

a.    Wenn ja, wann erfolgte sie und aus welchem präzisen Grund?

b.    Wenn nein, weshalb wurde von einer Suspendierung Abstand genommen?

c.    Wenn nein, inwiefern wurde das Ansehen des Amtes nicht als gefährdet eingeschätzt?

d.    Wenn nein, inwiefern wurde kein anderer Grund für eine Suspendierung als gegeben erachtet?

12. Befindet sich der gewaltausübende Beamte derzeit im Polizeidienst?

a.    Wenn ja, ist er im Außendienst oder im Innendienst tätig?

b.    Wenn er nur mehr im Innendienst tätig sind - für welche Tätigkeiten wird er genau eingesetzt?

13. Befinden sich alle anderen involvierten Beamt_Innen derzeit im Polizeidienst?

a.    Wenn ja, sind diese im Außendienst oder im Innendienst tätig?

b.    Wenn die involvierten Beamten_innen nur mehr im Innendienst tätig sind - für welche Tätigkeiten werden diese genau eingesetzt?

14. Wie viele Misshandlungsvorwürfe, Beschwerden o.ä. lagen bzw. liegen insgesamt (d.h. aus allen möglichen anderen Verfahren) je gegen den/die involvierten BeamtInnen (ausführender Beamter und umherstehende BeamtInnen im Video) vor?

15. Wie viele solcher Vorwürfe lagen zum Zeitpunkt der Entscheidung, nicht zu suspendieren, insgesamt je gegen diese involvierten BeamtInnen vor?

16. Wie war der genaue Hergang der gefilmten Amtshandlung? (Um detaillierte Angaben wird ersucht.)

17. Was geschah im Vorfeld der Fixierung der betroffenen Person am Boden? (Um detaillierte Angaben über das weitere zeitliche Vorfeld der Tat wird ersucht.)

18. Was führte zur Fixierung der betroffenen Person am Boden? (Um detaillierte Angaben über den unmittelbare Tathergang wird ersucht.)

19. Weshalb war die Fixierung und im Anschluss die Schläge gegen betroffene Person, im Allgemeinen die erhebliche Gewalteinwirkung auf diesen, (Um eine detaillierte Erörterung insbesondere im Lichte des § 29 SPG wird ersucht.)

a.    legitim? (Angabe der präzisen polizeilichen Befugnis auf die sich die Fixierung und die Gewalteinwirkung stützt.)

b.    geeignet?

c.    erforderlich?

d.    angemessen? (Verhältnismäßig im engeren Sinne)

20. Wurde eine alternative gelindere Vorgehensweise von den durchführenden Beamten erwogen? (Um eine detaillierte Erörterung insbesondere im Lichte des § 29 SPG wird ersucht.)

a.    Wenn ja, welche Alternativen standen in der konkreten Situation zur Verfügung?

21. Wenn Handlungsalternativen zur Verfügung standen, weshalb wurden diese nicht ergriffen?

a.    Wenn nein, weshalb wurde keine alternative gelindere Vorgehensweise von den durchführenden Beamten erwogen?

22. Lag in der Situation, Gefahr in Verzug vor, die eine derartige Gewalteinwirkung erforderlich und angemessen machten?

23. Welche Handlungsanleitung wird Polizist_innen in deren Ausbildung für die Festnahme einer Person unter Gewalteinwirkung gegeben?

a.    Sind dabei heftige Schläge gegen die Wirbelsäule und oder den Rücken Gegenstand der Ausbildung? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

24. Wurde die Amtshandlung auch von einer Polizei Bodycam mitgefilmt?

a.    Wenn ja, wurde das Bildmaterial bereits gesichert?

b.    Wenn nein, weshalb war bei dem Einsatz keine Bodycam im Einsatz?

25. Wie wurde im Anschluss an die Fixierung mit der betroffenen Person weiter verfahren? (Um eine detaillierte Erörterung wird ersucht.)

26. Wie lange wurde betroffene Person, wann und unter welchen Umständen angehalten?

27. Für die Jahre 2017, 2018 und 2019 wird um folgende Daten gegliedert nach Bundesländern ersucht:

a.    Anzahl der Strafanzeigen gegen Polizeibeamten_innen wegen Misshandlungsvorwürfen. (aufgeschlüsselt nach Delikten und Versuch- und Vollendungsstadium.)

b.    Anzahl der Maßnahmenbeschwerden wegen Misshandlungsvorwürfen gegenüber Polizist_innen.

c.    Anzahl der Richtlinienbeschwerden wegen Misshandlungsvorwürfen gegenüber Polizist_innen.

d.    Wie viele Aufsichtsbeschwerden gemäß § 89 SPG gingen in den Jahren an die zuständigen Dienstbehörden zur Ermittlung des Sachverhalts und der Prüfung der Frage von Rechtsverstößen?

28. Ein Standard des CPT lautet: „Disziplinarverfahren bieten eine zusätzliche Art der Wiedergutmachung bei Misshandlungen und können parallel zu Strafverfahren stattfinden. Die disziplinarische Verantwortung der betroffenen Amtspersonen sollte systematisch geprüft werden, unabhängig von der Feststellung, ob das fragliche Fehlverhalten eine Straftat darstellt“ (Para 37). Inwiefern hat das BMI im derzeitigen Disziplinarsystem durch welche Verfahrensstandards darauf geachtet, diesen Standard des CPT, der die menschenrechtlichen Verpflichtungen Österreichs konkretisiert, als Verfahrensstandard umzusetzen (unter Angabe der vorgesehenen zeitlichen Nähe des Verfahrensschrittes zum Zeitpunkt der vermeintlichen Misshandlung)? 

a.    Wenn das BMI obigen Standard nicht beachtet hat: warum nicht? 

29. Ein Standard des CPT (das Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe) lautet: „Ermittlungen möglicher disziplinarischer Verfehlungen von Amtspersonen können durch eine separate interne Untersuchungsabteilung innerhalb der Organisationsstrukturen der betroffenen Dienststellen vorgenommen werden. Allerdings unterstützt das CPT nachdrücklich die Schaffung völlig unabhängiger Untersuchungsorgane. Ein solches Organ sollte die Befugnis haben, die Einleitung von Disziplinarverfahren anzuordnen“ (Para 38). Inwiefern hat das BMI im derzeitigen Disziplinarsystem durch welche Verfahrensstandards darauf geachtet, diesen Standard des CPT, der die menschenrechtlichen Verpflichtungen Österreichs konkretisiert, als Verfahrensstandard umzusetzen (unter Angabe der vorgesehenen zeitlichen Nähe des Verfahrensschrittes zum Zeitpunkt der vermeintlichen Misshandlung)? 

a.    Wenn das BMI obigen Standard nicht beachtet hat: warum nicht? 

30. Sieht das BMI einen Widerspruch zwischen dem Mandat einer Disziplinarkommission als unabhängiges Untersuchungsorgan und dem Anteil aktiver Polizeibeamt_innen in der derzeitigen Disziplinarkommission des BMI? 

a.    Wenn nein: warum nicht? 

b.    Wenn ja: was gedenkt das BMI zu ändern? 

31. Sieht das BMI einen Widerspruch zwischen dem Mandat einer Disziplinarkommission als unabhängiges Untersuchungsorgan und der Tatsache, dass die Hälfte der Mitglieder der derzeitigen Disziplinarkommission des BMI aus dem Zentralausschuss des Ministeriums bestellt wird? 

a.    Wenn nein: warum nicht? 

b.    Wenn ja: was gedenkt das BMI zu ändern? 

32. Sieht das BMI einen Widerspruch zwischen dem Mandat einer Disziplinarkommission als unabhängiges Untersuchungsorgan und der Tatsache, dass in der derzeitigen Disziplinarkommission des BMI auch noch ein Mitglied des dreiköpfigen Senates aus dem zuständigen Zentralausschuss bestellt wird? 

a.    Wenn nein: warum nicht? 

b.    Wenn ja: was gedenkt as BMJ zu ändern? 


33. Sieht das BMI einen Widerspruch zwischen dem Mandat einer Disziplinarkommission als unabhängiges Untersuchungsorgan und der Tatsache, dass für die Entlassung von BeamtInnen in der derzeitigen Disziplinarkommission des BMI ein einstimmiger Beschluss erforderlich ist? 

a.    Wenn nein: warum nicht? 

b.    Wenn ja: was gedenkt das BMI zu ändern? 

34. In wie vielen von allen Fällen von Vorwürfen polizeilicher Misshandlung in den letzten drei Jahren wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet? (Um Auflistung nach Jahren und Landespolizeidirektionen wird ersucht.)

35. In wie vielen von diesen disziplinarrechtlichen Fällen wurden welche Disziplinarmaßnahmen verhängt? (Um Auflistung nach Jahren, Landespolizeidirektionen und Maßnahme wird ersucht.)

36. Wie wurde auf die Beobachtungen und Empfehlungen von Menschenrechtsinstitutionen zum gegenwärtigen österreichischen Beschwerdeverfahren bei mutmaßlicher Misshandlung durch ExekutivbeamtInnen  - u.a. des CPT, des UNO-Antifolter- und Menschenrechtskomitees, aus dem UPR-Prozess - sowie auch von nationalen Stellen wie dem Menschenrechtsbeirat und der Volksanwaltschaft als auch von zivilgesellschaftlichen Organisationen reagiert? Insbesondere welche organisatorischen, verfahrenstechnischen und sonstigen Schritte bzw Schritte auf Ebene des Ministerrats und in Hinblick auf eventuelle Gesetzesinitiativen der Regierungwurden gesetzt oder sollen gesetzt werden?

37. Ist geplant oder derzeit im Gange eine Analyse, die die Identifikation der konkreten menschenrechtlichen systemischen Defizite des Beschwerdeverfahrens auf Basis der Judikatur des EGMR, der CPT-Standards und der Vorgaben des UNO-Antifolter- und Menschenrechtskomitees beinhaltet?