3661/J XXVI. GP

Eingelangt am 06.06.2019
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Anfrage

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

betreffend Versorgung psychisch erkrankter Menschen

Begründung

In Österreich fehlen niederschwellige Angebote für die Versorgung psychisch Kranker durch die Sozialversicherungen. Das kritisiert der Rechnungshof in seinem im März 2019 veröffentlichten Bericht. Er hat daher in seinem Bericht 35 Handlungsempfehlungen ausgesprochen, um die Situation psychisch Kranker in Österreich zu verbessern.

2015 kam die OECD bereits zu einem ähnlichen Ergebnis - allerdings hatte dies damals offenbar  keine Konsequenzen. Bislang gibt es keine bundesweite Angebotsplanung, obwohl die Bedeutung psychischer Erkrankungen wächst. Wenn diese nicht - oder zu spät - behandelt werden, zieht dies hohe Folgekosten nach sich. Denn es wirkt sich auf die Invaliditätspensionen und das Rehabilitations­geld infolge psychischer Erkrankungen aus. Von 2014 bis 2016 sind dessen BezieherInnen um 74 Prozent angestiegen, so die Zahlen des Rechnungshofes.


Die Kosten für Invaliditätspension und Rehabilitationsgeld infolge psychischer Erkrankungen sind zwischen 2007 und 2016 stark gestiegen - um 62 Prozent, also 368,26 Millionen Euro. Die Folgen schlagen sich auch in den Krankenstandstagen von Erwerbstätigen nieder. Diese sind im selben Zeitraum um 94 Prozent gestiegen, deren Kosten um 1,8 Millionen Euro.

(Quelle: derstandard.at/2000098798041/Vernichtende-Rechnungshofkritik-an-Versorgung- psychisch-Kranker)

Außerdem beklagen die Prüfer des Rechnungshofes fehlende Daten über Verbreitung, Ursachen und Folgen psychischer Erkrankungen. Diese seien aber entscheidend für eine wirksame Versorgung und für das Erstellen eines Versorgungsplans. Aber auch über die Behandlung der Erkrankten gibt es kaum Informationen: Wie viele Psychopharmaka eingenommen werden, wie viele Menschen psychosoziale Dienste beanspruchen und wie die Behandlung wirkt, sollte erfasst werden. Zwar gaben die Krankenversicherungsträger 2016 österreichweit 215,69 Millionen Euro für Psychopharmaka aus, was sieben Prozent der gesamten Heilmittelausgaben darstellt. Nicht enthalten darin sind jene Präparate, die weniger als die Rezeptgebühr kosten. Apotheken unterliegen auch keiner Meldepflicht. Die Empfehlung der Prüfer lautet daher, eine zentrale Meldestelle einzurichten, die verfügbare Daten zusammenfasst und Empfehlungen ableitet.

Auch bei der Psychotherapie weist der Rechnungshof auf Mängel hin. Es gebe auch nach 27 Jahren noch keinen Gesamtvertrag, trotz mehrerer Verhandlungsrunden. Einzelne Krankenversicherungs­träger haben seit 2001 Verträge mit Versorgungsvereinen geschlossen, mit denen Vereinbarungen über bestimmte Stundenkontingente getroffen werden.

Die Empfehlung der Prüfer: eine gesetzliche Neuregelung der Psychotherapieversorgung, am besten mittels Gesamtvertrag. Denn derzeit gibt es für die gleiche Leistung unterschiedliche Selbstbehalte und Anspruchsvoraussetzungen - abhängig davon, ob die Therapie bei einem Arzt oder einem Therapeuten besucht wird. Das sei für die Betroffenen schwer durchschaubar. Hier sollten einheitliche Standards geschaffen werden.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgende

Anfrage:

1)   Wie viele Personen befanden sich im Zeitraum von 2015 bis 2018 in kassenfinanzierter Psychotherapie (bitte nach Jahren, nach Alter, nach Bundesländern und nach den Gründen auflisten)?

2)   Wie viele Personen befinden sich im Zeitraum von 2015 bis 2018 in Psychotherapie mit Kostenzuschuss (bitte nach Jahren, nach Alter, nach Bundesländern und nach den Gründen auflisten)?

3)   Wie viele Behandlungseinheiten werden derzeit kassenfinanziert (bitte nach Bundesländern auflisten)?

4)   Für wie viele Behandlungseinheiten gibt es derzeit einen Kostenzuschuss?

5)   Wie viele freiberufliche PsychotherapeutInnen in Österreich können derzeit kassenfinanzierte Psychotherapie anbieten?

6)  Wie viele freiberufliche PsychotherapeutInnen in Österreich bieten derzeit Psychotherapie mit Kostenzuschuss an?

7)   Wie hoch sind die Tarife für die Vertragspsychotherapie pro Einheit - getrennt nach Krankenversicherungsträger und Bundesland?

8)   Bitte um eine aktuelle Auflistung der Vertragseinrichtungen, in denen Psychotherapie als Sachleistung angeboten wird, getrennt nach Bundesland:

a.   Name der Vertragseinrichtung

b.  Anzahl der PsychotherapeutInnen, die in dieser Einrichtung arbeiten

c.   Wie viele Einheiten Einzelpsychotherapie werden angeboten?

d.  Wie viele Einheiten Gruppenpsychotherapie werden angeboten?

e.  Wie viele Einheiten Familienpsychotherapie werden angeboten?

f.   Durchschnittliche Psychotherapiestunden pro PsychotherapeutIn und Jahr

g.  Anzahl behandelter PatientInnen pro Jahr

h.  Anzahl der Einheiten pro PatientIn

9)   Welche Versorgungsvereine existieren derzeit, je Bundesland?

a.   Name des Versorgungsvereines

b.  Anzahl der PsychotherapeutInnen, die in diesem Versorgungsverein arbeiten

c.  Wie viele Einheiten Einzelpsychotherapie werden angeboten?

d.  Wie viele Einheiten Gruppenpsychotherapie werden angeboten?

e.  Wie viele Einheiten Familienpsychotherapie werden angeboten?

f.   Durchschnittliche Psychotherapiestunden pro PsychotherapeutIn und Jahr

g.   Anzahl behandelter PatientInnen pro Jahr

h.  Anzahl der Einheiten pro PatientIn

10)  Ausgaben der Krankenkassen für Psychotherapie gesamt und getrennt nach:

a.   Psychotherapie als Sachleistung in Versorgungsvereinen bzw. Institutionen

b.  Psychotherapie als Sachleistung in kasseneigenen Einrichtungen

c.   Psychotherapeutische Sachleistung bei VertragsärztInnen

d.  Ausgaben für Kostenzuschuss bei freiberuflichen PsychotherapeutInnen

e.  Psychotherapeutische Leistungen bei WahlärztInnen

f.  Ausgaben für Einzelpsychotherapie (50 Minuten/90 Minuten)

g.  Ausgaben für Gruppenpsychotherapie

h.  Ausgaben für psychotherapeutische Leistungen/Medizin (20 Minuten u. ä.)

11)   Wie hoch sind die Ausgaben der Krankenkassen für Psychotherapie als Sachleistung, je Bundesland, je Träger?

12)   Wie hoch sind die Ausgaben der Krankenkassen für Zuschuss-Psychotherapie, je Bundesland, je Träger?

13)   Wie lange sind die durchschnittlichen Wartezeiten auf eine kassenfinanzierte Psychotherapie je Bundesland?

14)   Wie viele Krankenstandstage verzeichnen die Krankenkassen im Zeitraum von 2015 bis 2018 aufgrund psychischer Erkrankungen (bitte nach Krankenkassen auflisten)?

15)   Wie viele Ansuchen auf Psychotherapie bzw. die Finanzierung dieser Leistung wurden in den Jahren 2015 bis 2018 abgelehnt?

16)   Mit welchen Begründungen wurden Ansuchen auf Psychotherapie abgelehnt (bitte die fünf häufigsten Gründe aufführen)?