376/J XXVI. GP

Eingelangt am 01.03.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried,

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien

betreffend Position der Bundesregierung zum „Artikel 7 - Verfahren“ gegen Polen

Die Rechtsstaatlichkeit gehört zu den gemeinsamen Werten, auf die sich die Europäische Union gründet. Sie ist in Artikel 2 EUV verankert. In Polen hingegen drohen durch die umfangreichen Reformen im Justizsystem die Zerstörung der Rechtstaatlichkeit und die schleichende Umwandlung in ein autokratisches System.

In den Jahren 2016 und 2017 hat die polnische Regierung die Justiz weitestgehend der politischen Kontrolle der Regierung unterstellt. Mit der direkten Beeinflussung der vormals unabhängigen Gerichte könnten nun sogar politische Gegnerinnen rechtlich verfolgt werden. Dieses Vorgehen hat in der Europäischen Union und darüber hinaus für eine Welle der Empörung gesorgt. Die Europäische Kommission hat bereits zu Beginn des Jahres 2016 einen dreistufen Frühwarnmechanismus eingeleitet.

Die Europäische Union darf nicht anteillos dabei zusehen, wie in einem Mitgliedstaat Demokratie und Rechtsstaatlichkeit mit Füßen getreten werden. Aus Gründen einer eindeutigen Gefahr von schwerwiegenden Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit hat die Europäische Kommission am 20.12.2017 ein Verfahren nach Art. 7(1) EUV aktiviert. Bis Ende März muss die polnische Regierung alle Bedenken der Europäischen Kommission aus dem Weg geräumt haben.

Die EU-Kommission erwartet laut Aussagen des EK-Vizepräsidenten Timmermans in Kürze einen Vorschlag aus Polen zur Lösung des laufenden Rechtsstaatsverfahrens. Davon abhängig könnte der Dialog mit Warschau entweder verlängert, oder der EU-Ministerrat schon sehr bald mit dem Verfahren befasst werden.

Nach den Aussagen des deutschen Europastaatsministers Michael Roth, unterstützen Deutschland und Frankreich das Rechtstaatlichkeitsverfahren gegen Polen. Ungarn hat ein Veto gegen das Verfahren angekündigt.

Rechtsstaatlichkeit ist ein Grundpfeiler für eine funktionierende Demokratie, für die europäische Integration und eine funktionierende Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten. Österreich müsste das Vorgehen der Europäischen Kommission in diesem Fall klar unterstützen. Bisher war es jedoch auch auf Nachfrage nicht möglich eine Äußerung des Bundesministers Blümels oder eine klare Positionierung der Österreichischen Bundesregierung zu erhalten (Vgl. https://kurier.at/politik/inland/spoe-vermisst-reqierunqs-konzept-fuer-eu-budqet-wirrwarr/312.292.626).


Daher richten die unterzeichnenden Abgeordneten an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien folgende

Anfrage

1.     Wie ist der aktuelle Verfahrensstand?

2.      In wie vielen Sitzungen der zuständigen Ratsarbeitsgruppe gab es bisher Diskussionen über die Rechtsstaatlichkeit in Polen und wie verliefen diese?

3.      Welche Positionen vertreten die anderen Mitgliedstaaten?

4.      Teilen Sie die Einschätzung der Kommission, dass die Rechtsstaatlichkeit in Polen gefährdet ist?

5.      Welche Maßnahmen hat die polnische Regierung gesetzt, um den Bedenken der Kommission Rechnung zu tragen?

6.      Gibt es eine akkordierte österreichische Position zur Anwendung des Artikel 7 - Verfahrens gegen Polen?

a.      Wenn ja, wie lautet diese?

b.      Wenn nein, weshalb nicht?

c.      Wann ist mit dieser zu rechnen?

7.      Welche Mitgliedstaaten haben sich abseits von Ungarn noch kritisch geäußert?

8.      Welche Mitgliedstaaten außer Deutschland und Frankreich befürworten die Einleitung des Grundrechteverfahrens?

9.      Wird sich das Verfahren bzw. der Dialog mit Polen bis in die österreichische Ratspräsidentschaft ziehen?

a.      Falls ja, wie werden Sie als Vorsitzland mit dieser Frage umgehen?

b.      Werden Sie das Thema Rechtsstaatlichkeit generell forcieren?

c.      Welche Maßnahmen werden sie setzen, um die polnische Regierung zu einem Umdenken zu bewegen?

10.  Ungarn hat bereits ein Veto angekündigt. Haben Sie in dieser Causa schon Gespräche mit der ungarischen Regierung geführt?

b.  Falls ja, was ergaben diese?

c.  Falls nein, haben Sie vor in naher Zukunft auf die ungarische Regierung

einzuwirken?

11. Wird Österreich dem Vorschlag der Kommission zustimmen?