3986/J XXVI. GP

Eingelangt am 18.07.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Kosten durch Überschreitung der Treibhausgasziele

BEGRÜNDUNG

Im Zuge der EU-Effort-Sharing-Entscheidung und der EU-Climate-Action-Verordnung 2018/842[1] hat sich Österreich dazu verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen in den Nicht-ETS-Sektoren bis 2030 gegenüber 1990 um 36% zu reduzieren. Es zeigt sich jedoch, dass in Österreich in den Jahren 2010 bis 2018 im Vergleich zu den Jahren 1990 bis 1999 im Mittel die Treibhausgasemissionen sogar gestiegen sind - anders als in beinahe allen anderen EU-Ländern.[2]

In der Anfragebeantwortung 2993/AB hat die ehemalige Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger erstmalig eingestanden, dass Österreich ohne zusätzliche Maßnahmen nach Schätzungen ihres Ministeriums „Kosten in Höhe von 1,3 bis zu 6,6 Milliarden Euro für die gesamte Periode bis 2030 für den Ankauf von Zertifikaten anfallen könnten“.[3] Damit werden die Versäumnisse im Klimaschutz nicht nur zur ökologischen Katastrophe, sondern sind auch für zukünftige Budgetplanungen von immenser Relevanz.

Der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger hat sich bei Anfragebeantwortungen zu Klimafragen stets äußerst zurückhaltend gezeigt und verwies bei Ökologisierungsmaßnahmen nur auf die geplante Steuerreform sowie die Integrierte Klima- und Energiestrategie.[4] Beide haben sich längst als unzureichend erwiesen. Eine Studie für Deutschland zeigt zudem auf, dass nicht nur Kosten für den Ankauf von Zertifikaten drohen, sondern darüber hinaus im Extremfall sogar „die Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die Europäische Kommission [...], mit möglichen weitergehenden Sanktionszahlungen.“[5]

Es sollte daher im Interesse des BMF liegen, etwaige Kosten in seinen Budgetplanungen zu berücksichtigen, unterschiedliche Szenarien zu entwerfen bzw. bestehende zu analysieren (etwa die vom BMNT angesprochenen Szenarien „mit bestehenden Maßnahmen“ sowie „mit zusätzlichen Maßnahmen“) und darauf aufbauend Strategien zu entwickeln, diese Kosten zu minimieren. Diese Szenarien und ihre Konsequenzen müssen in einem ersten Schritt transparent gegenüber der Öffentlichkeit und dem Parlament kommuniziert werden, damit in einem weiteren Schritt - unter aktiver Mitwirkung des BMF - ein konkreter Maßnahmenkatalog vorgelegt wird, der deutlich macht, welche Schritte nötig sind, um das Emissionsziel zu erreichen. Es muss zudem aufgezeigt werden, welche Emissionseinsparungen jede einzelne Maßnahme ganz konkret bringt und wie sich diese - nicht nur kurz-, sondern auch langfristig - auf den Budgetpfad auswirkt.

Dies ist insbesondere relevant, weil selbst die ansonsten unzureichende Integrierte Klima- und Energiestrategie die „budgetäre Nachhaltigkeit“ sowie die „Minimierung der Kosten des Nichthandelns“ als Ziel nennt. Es sollte also davon ausgegangen werden, dass das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus dieses Ziel nicht im Alleingang, sondern in Absprache mit dem Finanzministerium ausgegeben hat.

Alle drei Jahre veröffentlicht das BMF seine langfristige Budgetprognose. Diese steht nun für 2019 wieder an. Es wäre zu erwarten, dass eine derartige Prognose sowohl Szenarien als auch Strategien für unterschiedliche Emissionspfade bereithält. Bereits in der langfristigen Budgetprognose vom April 2016[6] hielt das BMF selbst fest:

„Die budgetären Implikationen der THG-Reduktionsziele hängen von der gewählten Strategie ab. Das Finanzministerium führt derzeit zahlreiche Analysen durch. Diese zeigen, dass die Entwicklung und die Umsetzung von Strategien und Konzepten zunehmend wichtiger werden. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund von budgetären Belastungen ab 2020 im vierstelligen Millionenbereich (bis 2030) erforderlich.“

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.    Welche Szenarien zur Entwicklung der Treibhausgase und den daraus resultierenden Kosten (Zertifikatskäufe, Strafzahlungen, etc.) bzw. sonstigen budgetären Auswirkungen liegen dem BMF vor?

a.    Befindet sich darunter auch ein Szenario, in dem eine CO2-Steuer eingeführt wird?

2.    Bitte nennen Sie für jedes Szenario (inklusive jenem des Nichthandelns – also „mit bestehenden Maßnahmen“), das dem BMF vorliegt, folgende Angaben:

a.    Die jährliche Entwicklung der Treibhausgase bis 2030.

b.    Die jährliche Entwicklung und die Zusammenstellung der Kosten (etwa durch Ankauf von Zertifikaten) sowie sonstiger budgetärer Auswirkungen bis 2030.

c.     Die enthaltenen Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgase und wann diese in Kraft treten.

d.    Die Reduktion der Emissionen durch jede einzelne Maßnahme, aufgeschlüsselt auf die Folgejahre.

e.    Die budgetären Auswirkungen jeder einzelnen Maßnahme, sprich eine Gegenüberstellung der Umsetzungskosten und der dadurch erreichten Einsparungen – sowohl in einer kurzfristigen, als auch einer langfristigen Betrachtungsweise, welche die Folgejahre einschließt.

3.    Basieren diese Szenarien auf eigenen Berechnungen oder entstammen sie dem BMNT?

4.    Zu welchem Ergebnis kamen die Analysen, die in der langfristigen Budgetprognose vom April 2016 erwähnt werden?

a.    Welche Szenarien und Strategien resultierten daraus?

5.    Inwiefern fließen diese Szenarien in die langfristige Budgetplanung ein?

6.    Werden diese Szenarien in der langfristigen Budgetprognose 2019 berücksichtigt?

a.    Wenn ja, welche Szenarien und in welcher Weise?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

7.    Welche Strategien leitet das BMF aus diesen Szenarien ab?

8.    Welches Szenario wird vom BMF präferiert?

9.    Werden bei der Wirkungsfolgenabschätzung zu neuen Gesetzesvorlagen, die zusätzliche Emissionen verursachen, auch die daraus entstehenden Kosten (Zertifikatskäufe, Strafzahlungen, etc.) ermittelt?

a.    Wenn ja, bei welchen Gesetzesbeschlüssen wurden derartige Kosten ermittelt und in welcher Höhe?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

c.     Wenn nein, wird dies zukünftig geschehen und wenn ja, ab wann?

10.  Welche Strategien und geplanten Maßnahmen existieren von Seiten des BMF - ganz allgemein und unabhängig von diversen Szenarien -, die Kosten, die aus Emissionszielüberschreitungen resultieren, möglichst gering zu halten?

11.  Wirkt das BMF auch bereits jetzt schon aktiv darauf ein, die Kostenentwicklung hinsichtlich der Emissionen so gering wie möglich zu halten?

a.   Wenn ja, in welcher Weise?

b.   Wenn nein, weshalb nicht?


 



[1]  https://eur-lex.europa.eu/eli/reg/2018/842/oj.

[2]  Siehe etwa Kirchengast-Schleicher, WEGC, 2019: https://wegcwww.uni- graz.at/publ/downloads/KSG-und-Klimaziele-AT_3KeyFolien-WEGC_NKK-1.7.2019.pdf.

[3] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/AB/AB_02993/imfname_750330.pdf.

[4] Siehe beispielsweise 1765/AB:

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/AB/AB_01765/imfname_723481.pdf.

[5] https://www.agora-energiewende.de/veroeffentlichungen/die-kosten-von-unterlassenem-klimaschutz-
fuer-den-bundeshaushalt/.

[6] https://www.bmf.gv.at/budget/das-budget/bundesfinanzrahmen-und-
strategiebericht.html#heading_Langfristige_Budgetprognose_2.