4029/J XXVI. GP

Eingelangt am 23.07.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Jörg Leichtfried

Genossinnen und Genossen

an die Bundeskanzlerin

betreffend „Operation Reißwolf“ durch Altkanzler Sebastian Kurz

Am 19. Juli 2019 berichtete der „Kurier“ erstmals von den sehr unüblichen Vorgängen im Kanzleramt, die in zeitlich enger Abfolge mit der Veröffentlichung des Ibiza Videos sowie der Abwahl der Regierung Kurz standen und seither medial unter dem Begriff „Operation Reißwolf“ subsumiert werden. Es sind Geschichten, die man sonst nur in Kriminalromanen liest. Ein persönlicher Mitarbeiter des damaligen Bundeskanzler Kurz hat offenbar (in
wessen Auftrag ist unklar) den Entschluss gefasst oder wurde angewiesen aus einem Drucker, der im Eigentum der Republik Österreich steht, eigenhändig eine Festplatte zu entfernen, diese aus dem BKA rauszuschmuggeln um sie dann unter Angabe eines
falschen Namens bei einer externen Firma vernichten zu lassen. Der betreffende
Mitarbeiter, in späterer Folge nach der Abwahl von Kurz direkt für die ÖVP tätig, wurde von in zivil operierenden Polizeibeamten aus der ÖVP Parteizentrale abgeholt, danach wurde seine Wohnung durchsucht. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt im Zuge des Ibiza-Skandals. Der Verdacht lautet auf Unterschlagung von Beweismittel. Wer meint dieser Vorgang ist an Skurrilität nicht zu überbieten wird nach 3 Tagen eisernen Schweigens durch den Ex-Bundeskanzler eines Besseren belehrt. Dieser nämlich versucht in einem letzten verzweifelten Akt der Message-Control den Krimi in eine Komödie umzudeuten und behautet allen Ernstes das sei ein „üblicher Vorgang“. Eine Beleidigung des - von ihm viel zitierten - Hausverstands der Menschen in Österreich. Dieser - von den Medien beschriebene - Vorgang ist Vieles, aber sicher nicht üblich. Der Falter hat zudem danach aufgedeckt, dass es sich nicht bloß um eine Festplatte handelte. Der Geschäftsführer der Firma Reisswolf gibt im Interview zu Protokoll so etwas „noch nicht erlebt zu haben“.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an die Bundeskanzlerin folgende Anfrage:

1)      Hat Ihr Amtsvorgänger Sebastian Kurz bei der Amtsübergabe Akten an Sie übergeben?

2)     Wenn dies nicht der Fall ist, hat Ihr Amtsvorgänger Sebastian Kurz, wie bei Regierungsübergaben üblich, Akten an das Staatsarchiv übergeben? Wenn ja, in welcher Form wurden sie übergeben (Datenträger, Papier) und worauf bezogen sich die Daten?

3)      Sollte dies nicht geschehen sein, warum wurden dem Staatsarchiv keinerlei Akten übergeben?

4)     Gibt es nach Ihrer Erkenntnis relevante Akten, die weder Ihnen noch dem Staatsarchiv übergeben wurden?

5)     Gibt es betreffend Inhalte dieser Akten aktuell Nachfragen von Staatsanwaltschaft, Polizei oder Rechnungshof?

6)     Von wieviel Datenträgern, die von Sebastian Kurz oder seinem Kabinett verwendet wurden, wurden Informationen gelöscht?

o      Wie viele davon wurden im Haus, also durch Mitarbeiter des BKA, gelöscht bzw. vernichtet?

o      Wie viele davon wurden extern gelöscht bzw. vernichtet?

o      Wie viele wurden vom betreffenden Mitarbeiter zur Firma Reisswolf gebracht?     o     Wie hoch war die Gesamtkapazität der vernichteten Festplatten?

7)     Von wieviel Datenträgern, die von Gernot Blümel oder seinem Kabinett verwendet wurden, wurden Informationen gelöscht?

o       Wie viele davon wurden im Haus, also durch Mitarbeiter des BKA, gelöscht bzw. vernichtet?

o       Wie viele davon wurden extern gelöscht bzw. vernichtet?

o      Wie viele wurden vom betreffenden Mitarbeiter zur Firma Reisswolf gebracht? o      Wie hoch war die Gesamtkapazität der vernichteten Festplatten?

8)     Welche Festplatten von welchen Druckern (Benutzer, Seriennummer) wurden konkret entfernt?

9)     Welche Benutzer haben auf den betroffenen Geräten gedruckt? Bitte um detaillierte Aufstellung.

10)  An welchen Standorten (Büroräumen) waren die betroffenen Geräte aufgestellt?

11) Wieviel Gigabyte Datenvolumen wurden an Sie bzw. an das Staatsarchiv - wie üblich - weitergegeben, wie viel Gigabyte Datenvolumen (bzw. Festplattenkapazitäten) wurden gelöscht bzw. vernichtet?

12) Können Sie ausschließen, dass It. Gesetz zu archivierende Daten bei den Vorgängen nicht mitvernichtet wurden?

13) Gibt es ein Backup von den zerstörten Daten? Wenn ja, wurden diese an die Staatsanwaltschaft übermittelt?

14) Betreffend externer Löschung bzw. Vernichtung der medial kolportierten Druckerfestplatte: Wer hat den Auftrag zur externen Löschung/Vernichtung gegeben?

15) Wurde betreffend der Druckerfestplatte eine Rechnung von der Firma Reisswolf an das Bundeskanzleramt gestellt?

16) In welcher Abteilung und aufgrund welchen Dienstverhältnisses war der Mitarbeiter, der die Druckerplatte zu Reisswolf brachte, beschäftigt?

17) Von wem wurde die Druckerfestplatte aus dem Drucker entfernt?

18) Wer gab den Auftrag zur Entfernung dieser Druckerfestplatte? Wurde dies von Experten der zuständigen Abteilung veranlasst?

19)  Wer wurde von der Entfernung der Druckerfestplatte bzw. die Intention diese extern zu vernichten informiert?

·         War der Kabinettschef von Sebastian Kurz über diesen Vorgang informiert?

·         Welche Kabinettsmitarbeiter bzw. führende Beamte aus dem BKA waren über diesen Vorgang informiert?

20) Auf welcher gesetzlichen Grundlage stützte sich der Vorgang, dass eine Druckerfestplatte durch einen Mitarbeiter des Kabinetts des Bundeskanzlers entfernt, aus dem BKA geschafft und danach bei einer externen Firma vernichtet wird?

21)  Haben die involvierten Mitarbeiter die Verpflichtungserklärung zur „Nutzung der Informations- und Kommunikationstechniksysteme“ des BKA unterzeichnet?

22) Sieht diese IT-Richtlinie eine externe Vernichtung von Datenträgern, die im Eigentum des BKA stehen vor?

23)  Welche Mitarbeiter des Kabinetts von Sebastian Kurz, des Kabinetts von Minister Gernot Blümel, der Stabstellen bzw. der Regierungssprecher haben diese Erklärung aus Frage 14 unterzeichnet und welche nicht?

24)  Wurden mit Stichtag 19. Juli (erstmaliges Erscheinen der „Operation Reißwolf' im Kurier) sämtliche Diensthandys der Kabinette von Kurz und Blümel sowie der Minister bzw. des Kanzlers selbst an das BKA zurückgegeben?

25)  Wenn nein, warum erfolgte keine ordnungsgemäße Rückgabe an das BKA?

26)  Wurden Diensthandys von Sebastian Kurz, Gernot Blümel bzw. deren Kabinettsmitarbeiter aus dem BKA rausgekauft? Wenn ja, bitte um Bekanntgabe wer sein Diensthandy mit dem Stichtag 19. Juli nicht zurückgegeben bzw. rausgekauft
hat.