4080/J XXVI. GP

Eingelangt am 30.07.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Europa‚ Integration und Äußeres

betreffend China-Strategie des Außenministeriums

 

Im Regierungsprogramm der schwarz-blauen Regierung unter dem ehemaligen Bundeskanzler Kurz findet sich die Absicht, neue geopolitische Gegebenheiten mit Fokus auf China bei der Erarbeitung einer außenpolitischen Strategie Österreichs besonders zu berücksichtigen. Andere Staaten, etwa die Niederlande, entwickelten unter Einbeziehung einer Vielzahl an Stakeholdern bereits konkrete China-Strategien für den Umgang mit diesem sich ständig verändernden und durchaus herausfordernden Partner. 

Österreichs Beziehungen zu China waren in der Vergangenheit gut, was wohl auch daran liegt, dass Österreich ein kleines Land ist, von dem für niemanden eine Bedrohung ausgeht, weder sicherheits- noch wirtschaftspolitisch. Doch China ist ein sehr selbstbewusster Staat mit einer langen Geschichte, der legitimerweise seine eigenen Interessen hartnäckig und mit den ihm zur Verfügung stehenden Druckmitteln verfolgt. Auch ein kleiner Staat wie Österreich muss realistisch mit den Implikationen dieser Tatsache umgehen und entsprechende Strategien entwickeln, um seine eigenen Interessen zu verteidigen bzw. an der Verteidigung der europäischen Werte, Wirtschaft und der europäischen Art zu leben mitzuwirken. 

Die Entwicklung der chinesischen "Neuen Seidenstraße"-Strategie bzw. der One Belt One Road Initiative ist Ankündigung einer Entwicklung, die Europa in den nächsten Jahren und Jahrzehnten beeinflussen und mitunter formen wird. Chinesisch Unternehmen – und damit der chinesische Staat – erlangen Aufträge für europäische In- frastrukturprojekte und so Zugang zu für uns Europäer_innen lebenswichtigen Einrichtungen. Zwar bietet die Initiative und der geplante Verkehrsnetzausbau in ihrem Rahmen durchaus auch Chancen für Europa und somit auch Österreich, doch ist ein achtsamer und folgenabschätzungsbasierter Umgang mit diesem Thema ratsam. 

Wirtschaftliche Interessen sind wichtig, aber dürfen nicht unsere einzige Ambition beim Umgang mit diesem mächtigen Partner sein. Chinas One Belt One Road Initiative ist eine wirtschaftsdiplomatische Maßnahme, die allerdings nicht nur die Wirtschaft betrifft, sondern auch unsere Souveränität, langfristige strategische Entwicklungsziele und unsere Handlungsfähigkeit. 

China ist sehr engagiert in der Internationalen Gemeinschaft, etwa im Rahmen von UN-Friedensmissionen. Gleichzeitig versuchen die Chinesen unweigerlich, dem internationalen Regelsystem für den Welthandel – der WTO – einen chinesischen Stempel aufzudrücken, was wohl mit einer Aushöhlung von Standards einhergehen würde, hinter denen Europa geschlossen steht und weiterhin stehen sollte. 

Gleichzeitig verzeichnet Europa seit einiger Zeit eine große Zahl an Cyberattacken auf Firmen und Organisationen innerhalb der Europäischen Union. Gegenüber diesen Angriffe auf unsere Sicherheit, auf Firmengeheimnisse und unsere Versorgung darf Europa niemals Schwäche zeigen, denn sie sind zwischen Partnerstaaten absolut inakzeptabel. Ein Dialog mit China über den Cyberbereich, Cyberwarfare und Cybercrime konkreter, ist unerlässlich und auch Österreich sollte im Rahmen der EU seine konstruktive Rolle dabei spielen. 

Im Klimabereich strebt die österreichische Bundesregierung erfahrungsgemäß weit höhere Ziele an als China. China ist der größte Verursacher von CO2-Emissionen. Jede Kooperation mit dem chinesischen Partner muss rein aus überlebenstaktischen Gründen das Thema Kampf gegen den Klimawandel miteinbeziehen und pushen. Österreich ist gefordert, sich gegenüber China im Rahmen der Europäische Union bei jeder Gelegenheit zu diesem Thema zu äußern und nach gemeinsamen Vorgehensweisen zu suchen. 

Nicht zuletzt müssen uns Menschenrechte und Freiheit der chinesischen Bürger_in- nen zumindest ebenso am Herzen liegen wie unsere wirtschaftlichen Interessen.      Genau wie im Umgang mit anderen Staaten, die Menschenrechte verletzen, gilt es,    die europäischen Beziehungen zu China mit aller Kraft dazu zu nutzen, um eine Verbesserung in diesem Bereich zu erwirken. 

All diese Themen sind große Herausforderungen für die Europäische Union und auf bilateralem Level auch für Österreich. Es braucht also einen strategischen Ansatz, der unter Einbindung aller relevanten Player – nicht nur aus der Wirtschaft, sondern aus allen genannten Bereichen – einbindet und transparent diskutiert wird. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Existiert im BMEIA eine klare China-Strategie Österreichs, die die Interessen Österreichs bezüglich internationaler Zusammenarbeit, Handel etc. mit China abbildet?
a) Wenn ja, bitte um Übermittlung an das Parlament.
b) Wenn ja, wann wurde diese erstellt und wer hat daran mitgewirkt?
c) Wenn ja, wurden andere Ministerien eingebunden? Wenn ja, welche und mit welchem Ergebnis?
d) Wenn nein, sehen Sie dafür eine Notwendigkeit?

2.    Gibt es eine österreichische Position zur One Belt One Road Initiative?
a) Wenn ja, wie lautet diese und seit wann liegt sie vor?
b) Wenn ja, wann gelangte das BMEIA zu dieser Position?

3.    Gibt es bereits eine Risikoanalyse betreffend der One Belt One Road Initiative für Österreich, die beleuchtet, inwiefern chinesische Investitionen in und um Österreich im Zuge dieser Initiative sich eventuell nachteilig auf österreichische Unternehmen bzw. auch die Sicherheit (Stichwort Investments in kritische Infrastruktur) Österreichs haben könnte?
a) Wenn ja, welche Risikofaktoren wurden identifiziert und wie wird das Ministerium darauf reagieren?

4.    Beobachtet das Außenministerium die Auswirkungen der One Belt One Road In-itiative auf dem Westbalkan?
a) Wenn ja, wie bewerten Sie diese bisher?
b) Österreich engagiert sich sehr im Heranführungsprozess der Westbalkanstaaten an die EU. Konnten Sie negative Auswirkungen der OBOR Abkommen in der Region auf den Beitrittsprozess feststellen?
c) Wenn ja, wie wird darauf reagiert?
d) Gibt es Ihrer Analyse nach Auswirkungen davon auf die österreichischen Investments auf dem Westbalkan? Wenn ja, welche?

5.    Fanden Gespräche bezüglich eines österreichischen Abkommens mit China im Rahmen der OBOR Initiative statt? 
a) Wenn ja, wann, mit wem und mit welchem Ergebnis?
b) Wenn nein, sind solche Gespräche grundsätzlich im Außenministerium geplant?