4156/J XXVI. GP

Eingelangt am 11.09.2019
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Vizekanzler und Bundesminister für Verfassung‚ Reformen‚ Deregulierung und Justiz

betreffend Ermittlungen in der Causa Ibiza und Zusammenarbeit mit der SOKO

 

In einem Artikel des "Kurier" vom 23. August 2019 (https://kurier.at/politik/inland/vp-naehe-bei-soko-ibiza-jabloner-liess-korruptionsjaeger-abblitzen/400584899) wurde von einem Schriftverkehr zwischen WKStA und der "SOKO Ibiza"-Leitung berichtet, ausgehend von einem anonymen Schreiben an die ermittelnde Staatsanwaltschaft, wonach die Mitglieder der SOKO zu einem großen Teil befangen seien. Grund dafür sei ihre Mitgliedschaft bei der ÖVP bzw. ihrer Nähe zu den "schwarzen Netzwerken" im Bundesministerium für Inneres. 

Seitens der WKStA sei dabei nach Befangenheitsgründen der SOKO-Mitglieder gefragt worden, unter anderem auch, ob eine Nähe zu politischen Parteien bestehe. Laut "Kurier" habe die SOKO-Leitung die inhaltliche Beantwortung der Fragen abgelehnt.

Laut Bericht des "Kurier" sei mittlerweile auch ein weiteres Schreiben der WKStA an das BM.I/die SOKO in diesem Zusammenhang gerichtet worden.

§ 20. (1) StPO: Die Staatsanwaltschaft leitet das Ermittlungsverfahren (...)

§ 98. (1) StPO: Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft haben das Ermittlungsverfahren nach Maßgabe dieses Gesetzes soweit wie möglich im Einvernehmen zu führen. Kann ein solches nicht erzielt werden, so hat die Staatsanwaltschaft die erforderlichen Anordnungen zu erteilen, die von der Kriminalpolizei zu befolgen sind.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Trifft zu, dass seitens der WKStA im BM.I nachgefragt wurde, ob hinsichtlich der SOKO-Mitglieder Gründe vorliegen, "die geeignet sind, die volle Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen“?

a.    von welcher Stelle kam diese Anfrage?

b.    wann wurde diese Anfrage gestellt?

c.    an welche Stelle ging diese Anfrage?

d.    von wem wurde diese Anfrage wann beantwortet?

e.    was war Inhalt der Beantwortung?

2.    Wurde im genannten Schreiben auch explizit nach der Mitgliedschaft bei Parteien oder parteinahen Organisationen gefragt?

a.    Trifft zu, dass eine inhaltliche Antwort auf diese Frage ausblieb?

                                  i.    wenn ja: mit welcher Begründung?

                                ii.    wenn nein: welche Antwort wurde erteilt?

3.    Wer prüfte nach Auskunft aus dem Innenministerium in einem allfälligen Antwortschreiben die Befangenheit der SOKO-Mitglieder?

a.    handelte es sich dabei um den Leiter der SOKO? 

b.    handelt es sich dabei um eine jener zwei Personen, die laut ZIB 2 Interview des Innenministers vom 27.8.2019 ein ÖVP-Gemeinderatmandat inne hatten?

4.    Wer prüfte nach Auskunft des Innenministeriums in einem allfälligen Antwortschreiben die Befangenheit des SOKO-Leiters?

a.    gibt es Anhaltspunkte dafür, dass diese Person, die die Befangenheit des SOKO-Leiters überprüfte, selbst ein parteipolitisches Naheverhältnis zu ÖVP hat?

5.    Ist der ermittelnden Staatsanwaltschaft bekannt, welche Personen Teil der SOKO sind?

a.    wenn nein: wie wird dann die Kommunikation zwischen WKStA und SOKO sichergestellt?

b.    wenn nein: ist es üblich, dass den Staatsanwaltschaften nicht mitgeteilt wird, welche Beamte in Strafsachen ermitteln?

                                  i.    wenn nein: warum wurde hier eine unübliche Vorgehensweise gewählt?

6.    Waren den fallführenden Staatsanwälten in der Causa "BVT" die Namen der Ermittler bekannt?

a.    wenn ja: warum wurde hier eine andere Vorgehensweise gewählt als im hier gegenständlichen Fall?

7.    Waren den fallführenden Staatsanwälten in der medial vieldiskutierten Causa "Tierschützerprozess" die Namen der Ermittler bekannt?

a.    wenn ja: warum wurde hier eine andere Vorgehensweise gewählt als im hier gegenständlichen Fall?

8.    Trifft zu, dass es ein weiteres Schreiben der WKStA in diesem Zusammenhang gab?

a.    wenn ja: was war der wesentliche Inhalt des Schreibens?

b.    wurde dieses Schreiben bereits beantwortet?

                                  i.    wenn ja: was war der wesentliche Inhalt des Antwortschreibens?

9.    Wie und mit welchen Maßnahmen stellt und stellte die WKStA in der Causa Ibiza sicher, dass sie tatsächlich "Herrin des Verfahrens" iSd des § 20 bzw § 98 StPO ist? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

10. Gab bzw gibt es Grund zur Annahme, dass die WKStA ihrer Leitungsfunktion im Ermittlungsverfahren aufgrund fehlender Kooperation seitens der Kriminalpolizei nicht vollumfänglich nachkommen kann bzw konnte? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

a.    Wenn ja, inwiefern wurde die WKStA in ihrer Leitungsfunktion beeinträchtigt? 

11. Kam es in der Causa Ibiza schon zu Entscheidungsdifferenzen zwischen der WKStA und der Soko? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

a.    Wenn ja, wann und welch genau?

12. Gab es im gegenständlichen Ermittlungsverfahren Weisungen der OStA?

a.    wenn ja: in welchem Zusammenhang?

b.    gab es auch Weisungen in Zusammenhang mit der Stellungnahme der WKStA, medial am 2. September 2019 bekannt geworden, wonach diese keinen Zusammenhang zwischen der "Shredder-Affäre" und dem Ibiza-Video sehe?

13.  Gab es im gegenständlichen Ermittlungsverfahren Weisungen des Bundesministers für Justiz oder sonstiger befugter Organe?

a.    wenn ja: in welchem Zusammenhang?

b.    gab es auch Weisungen in Zusammenhang mit der Stellungnahme der WKStA, medial am 2. September 2019 bekannt geworden, wonach diese keinen Zusammenhang zwischen der "Shredder-Affäre" und dem Ibiza-Video sehe?

14. Gab es in diesem Verfahren Dienstbesprechungen, in denen der WKStA Handlungen untersagt wurden?

a.    wenn ja: wer nahm an den Dienstbesprechungen teil?

b.    wenn ja: um welche Handlungen handelte es sich?

15. Gab es in diesem Verfahren Dienstbesprechungen, in Folge deren als Ergebnis das ursprüngliche Ansinnen der WKStA abgeändert wurde?

a.    wenn ja: wer nahm an den Dienstbesprechungen teil?

b.    wenn ja: was war das ursprüngliche Ansinnen der WKStA und was die abgeänderte Vorgehensweise?