4165/J XXVI. GP

Eingelangt am 17.09.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend „Rechtmäßige Unterstützung der Gemeinde Erl für die Tiroler Festspiele Erl?"

Begründung

Die Tiroler Festspiele Erl wurden 1996 als Verein von ihrem langjährigen künstlerischen Leiter und Intendanten Gustav Kuhn und Andreas Schett gegründet.

Im Jahr 2017 wurde der Betrieb der Festspiele in eine Gemeinnützige Privatstiftung eingebracht. Stifter sind das Land Tirol, der Bund, der Verein „Tiroler Festspiele Erl", die Haselsteiner Familien­Privatstiftung und die STRABAG SE, wobei die Finanzierung für die Jahre 2017, 2018 und 2019 wie folgt vereinbart wurde:

"Mit der Errichtung der ,Tiroler Festspiele Erl Gemeinnützige Privatstiftung' ist auch eine Anhebung des finanziellen Engagements der Gesellschafter bzw. Stifter verbunden. Das Land Tirol und die Haselsteiner-Familien-Privatstiftung heben ihren jährlichen Beitrag für die Festspiele Erl auf jeweils € 1.150.000,- an, der Bund und die STRABAG SE erhöhen  ihren jährlichen Beitrag auf jeweils € 1 Mio. [1]

Die Tiroler Festspiele Erl machen bereits seit längerem negative Schlagzeilen. Neben den schweren Vorwürfen gegen ihren künstlerischen Leiter Gustav Kuhn wegen sexueller Belästigung, hagelte es auch Kritik wegen Verletzung arbeitsrechtlicher Vorschriften sowie im Abgabenbereich.

Wie eine Anfragebeantwortung aus dem Jahr 2018 von Ex-Ministerin Hartinger-Klein bestätigte, wurde wegen des Verdachts illegaler Beschäftigung von Ausländern die Finanzpolizei eingeschaltet. Bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein sollen ca. 100 Strafverfahren gegen die Festspiele Erl anhängig sein und die angedrohte Strafe der Finanzpolizei soll sich auf 1 Mio. Euro belaufen. Mittlerweile hat das AMS Tirol den Festspielen die Beschäftigung von Nicht-EU-Bürgerlnnen untersagt.[2]

Im Abgabenbereich berichtete der Blogger Markus Wilhelm auf www.dietiwag.org unter dem Titel "Erl hat einen Bürgermeister mit Erklärungsbedarf" darüber, dass die Gemeinde Erl den Tiroler Festspielen Erl schriftlich Unterstützung im Dienstleistungs- und Steuerbereich zugesagt hat.

 

Im Jahresabschluss 2013 steht dazu: „Die Gemeinde Erl mit Bürgermeister Georg Aicher- Hechenberger sicherte die Unterstützung im Dienstleistungs- und Steuerbereich zu."

Tatsächlich hat die Gemeinde Erl mit Bürgermeister Aicher-Hechenberger laut zitierten Jahresabschlüssen im Jahr 2014/15 und im Jahr 2015/16 von der Tiroler Festspiele Erl Gesellschaft insgesamt 0 € (in Worten Null Euro) Kommunalsteuer erhalten. In den Jahren 2016/17 dagegen knapp 67.000 Euro.

 

Eine diesbezügliche Anfrage der Liste Fritz Tirol an den zuständigen Tiroler Landesrat blieb unbeantwortet, da es sich bei der Kommunalsteuererhebung nicht um eine Angelegenheit der Landesverwaltung, sondern um eine Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung handelt.

Daher stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgende

Anfrage:

1.      Wie viel an Kommunalsteuer hat die Tiroler Festspiele Erl Gesellschaft in den Jahren 2008 bis 2018 jeweils an die Gemeinde Erl bezahlt?

2.       Hat die Gemeinde Erl in den Jahren 2008 bis 2018 alle Gebühren und Steuern, die die Tiroler Festspiele Erl Gesellschaft zu zahlen hatte, auch tatsächlich in vollem Umfang eingehoben?

a.         Wenn ja, wie sind dann die ausgewiesenen null Euro an Kommunalsteuer in den verschiedenen Jahresabschlüssen zu erklären?

b.        Wenn nein, weshalb nicht?

3.       In welchen Jahren hat die Gemeinde Erl nicht alle Gebühren von der Tiroler Festspiele Erl Gesellschaft eingehoben bzw. in welchen Jahren hat die Tiroler Festspiele Erl Gesellschaft nicht alle Steuern in vollem Umfang erklärt?

4.       In welcher Höhe hat die Gemeinde Erl Gebühren und Steuern für die Tiroler Festspiele Erl Gesellschaft erlassen und auf welcher rechtlichen Basis?

5.       War das Bundesministerium für Finanzen über das Nichteinheben von Gebühren und Steuern zugunsten der Tiroler Festspiele Erl informiert?

a.       Wenn ja, von wem wurde das Bundesministerium für Finanzen wann informiert?

b.      Wenn nein, weshalb nicht?

6.       Wurde der Erlass von Gebühren und Steuern zugunsten der Tiroler Festspiele Erl mit dem Bund besprochen bzw. vereinbart?

a.       Wenn ja, wann wurden diesbezügliche Gespräche geführt, wer war an diesen   Gesprächen beteiligt und was war das Ergebnis dieser Gespräche?

b.      Wenn nein, ist es üblich, dass Gemeinden ohne Rücksprache Gebühren und Steuern erlassen, die in mittelbarer Bundesverwaltung eingehoben werden?

 

7.       Aufgrund der Betriebsprüfung und der GLPA Prüfung musste die Tiroler Festspiele Erl Gesellschaft Nachzahlungen für nicht bezahlte bzw. zu wenig bezahlte Abgaben leisten. Hat die Gemeinde Erl von der Tiroler Festspiele Erl Gesellschaft ebenfalls Nachzahlungen, beispielweise bei der Kommunalsteuer, verlangt?

a.         Wenn ja, in welchen Jahren?

b.         Wenn ja, in welcher Höhe?

c.          Wenn ja, hat die Gemeinde nur Nachzahlungen an den Bund weitergeleitet?

d.         Wenn ja, wurden diese Nachzahlungen an den Bund weitergeleitet?

e.         Wenn nein, weshalb nicht?

 

8.       Die Bezirkshauptmannschaft überprüft regelmäßig die Gemeinden, ob diese die Gemeindeabgaben sowie die einzuhebenden Steuern, etwa Kommunalsteuer, korrekt einheben. Hat es in den Jahren 2008 bis 2018 derartige Prüfungen der Gemeinde Erl durch die Bezirkshauptmannschaft gegeben?

a.         Wenn ja, wann?

b.         Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

c.          Wenn ja, musste die Gemeinde Erl von der BH aufgefordert werden, bei der Tiroler Festspiele Erl Gesellschaft Nachforderungen zu stellen?

d.         Wenn nein, weshalb nicht?

 

9.       Die Gemeinde Erl mit Bürgermeister Aicher-Hechenberger hat laut Jahresabschlüssen im Jahr 2014/15 und im Jahr 2015/16 von der Tiroler Festspiele Erl Gesellschaft insgesamt 0 € (in Worten Null Euro) Kommunalsteuer erhalten. Wie konnte es dazu kommen und wer hat diesen Fehler zu verantworten?

10.   Welche Konsequenzen hat die Nichteinhebung der Kommunalsteuer?

11.   Welche konkreten Schritte hat der Bund bezüglich der Nichteinhebung der Kommunalsteuer gesetzt?

12.   Der Bund ist als Stifter an den Tiroler Festspielen Erl Gemeinnützige Privatstiftung beteiligt. Gibt es - angesichts der anhaltenden Probleme bei den Tiroler Festspielen Erl - Bestrebungen, die Festspiele Erl einer Prüfpflicht durch den Bundes-Rechnungshof zu unterwerfen?

a.      Wenn ja, unter welchen Bedingungen wäre eine Prüfung durch den Bundes­Rechnungshof zulässig?

b.      Wenn ja, welche konkreten Pläne bestehen diesbezüglich?

c.       Wenn nein, weshalb nicht?


 

 



[1] Regierungsantrag Tiroler Festspiele Erl Gemeinnützige Privatstiftung vom 30.8.2017.

[2] Vgl. 995/AB vom 9.8.2018, Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Sint an LH Günther Platter vom 27.9.2018 (348/18), https://kurier.at/kultur/illegale-beschaeftigung-von-auslaendern-bei-festspielen-erl/400086611.