4171/J XXVI. GP

Eingelangt am 18.09.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Sabine Schatz, GenossInnen
an den Bundesminister für Landesverteidigung
betreffend rechte Zustände im Heeresgeschichtlichen Museum

Medien und die Rechercheplattform „Stoppt die Rechten” berichteten kürzlich über rechtsextreme bis revisionistische Literatur, die im Shop des Heeresgeschichtlichen Museums (HGM) ebenso zum Kaufangeboten werden wie Modelle von Wehrmachtspanzern. So werden etwa Bücher verkauft, die von dem zentralen Verlag der Neuen Rechten vertrieben werden.[1] Recherchen von "Stoppt die Rechten" zeigten darüber hinaus, auf Verkaufsständen Dritter neben möglicherweise illegalen Nazi­Devotionalien auch Wehrmachts-Merchandise verkauft wurde, etwa ein T-Shirt mit der Aufschrift "Legenden sterben nicht - Deutsche Wehrmacht"[2]. Der KURIER berichtet, dass jener Mitarbeiter des Museums, der für die Provenienzforschung zuständig ist, unter Verwendung eines Pseudonyms nationalsozialistische Bilder unkommentiert auf Wikipedia hochgeladen haben soll[3].

Die Berichte der vergangenen Wochen thematisieren aber auch die mangelnde Wissenschaftlichkeit des Museums bzw. die mangelnde museumspädagogische und kursorische Aufarbeitung der Exponate. Dies wurde bereits mehrfach aus fachlicher und politischer Perspektive kritisiert'[4]. Trends der aktuellen Militärgeschichtsforschung, wie etwa der Fokus auf die Themenbereich Disziplin, Körpergeschichte, Geschlecht scheinen am HGM völlig vorübergegangen zu sein. In der Wochenzeitung FALTER schreibt etwa:
„Im Vergleich etwa zum Imperial War Museum in London hängt die Präsentation [des HGM, Anm.] zu sehr am Materiellen, an den "Beutestücken" der Sammlung. [...] Am ehesten entspricht das HGM dem antiquierten Konzept eines "Nationalmuseums". Patriotisch-nostalgischer Geschichtsstolz durchzieht diese Institution, die heute noch regelmäßig "k.u.k. Kanonendonner" abfeuert."[5]

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende Anfrage:

 

NS-Devotionalien und rechtsextreme Literatur

1)      Wann ist der zuständige Minister über die kolportieren Vorgänge im Heeresgeschichtlichen Museum informiert worden?

2)      War in Ihrem Ressort bereits vorher bekannt, dass im HGM entsprechende Literatur und diverse Wehrmachts-Devotionalien vertrieben wurden?

a)       Wenn ja, wem und wann?

3)       Wie setzt sich die medial kolportierte Untersuchungskommission zusammen?

4)      Wie erfolgte die Zusammensetzung der medial kolportierten Untersuchungskommission?

i)         Was ist der Erkenntnisstand der Untersuchungen bzw. wann ist mit einem Abschluss der Untersuchungskommission zu rechnen?

ii)       Wie lautet der konkrete Arbeitsauftrag an die Untersuchungskommission?

iii)      Ist geplant, anerkannte und unabhängige MilitärhistorikerInnen einzubeziehen? Wenn ja, wen konkret?

Betreffend die Veranstaltung „Auf Rädern und Ketten"

5)       Wer ist die Zielgruppe der jährlichen Veranstaltung „Auf Rädern und Ketten“?

6)       Wie hoch sind die Kosten für die jährliche Veranstaltung „Auf Rädern und Ketten“? (Bitte um Aufschlüsselung der einzelnen Budgetposten) Wird der Inhalt der Veranstaltungen jährlich um neue Erkenntnisse der aktuellen Militärforschung ergänzt?

a)   Wenn nein, warum nicht?

7)       Ist ihrem Ressort bekannt, dass bei der jährlichen Veranstaltung „Auf Rädern und Ketten“ verherrlichende Fotografien von uniformierten NS-Männern zum Kaufangeboten wurden?

a)       Wenn ja, was wurde unternommen, um dies zu unterbinden?

b)      Wenn nein, warum nicht?

8)       Ist ihrem Ressort bekannt, dass auf einem Verkaufsstand bei der jährlichen Veranstaltung „Auf Rädern und Ketten” einschlägige Literatur zum Kauf angeboten wurde?

a)       Wenn ja, was wurde unternommen, um dies zu unterbinden?

b)       Wenn nein, warum nicht?

9)      Wie werden die Verkaufsstände vergeben?

a)       Wer trägt die Letztverantwortung für die Vergabe?

b)       Nach welchen Kriterien erfolgt die Vergabe?

c)       Prüft eine geschulte Mitarbeiterin/ein geschulter Mitarbeiter des HGM die zum Kauf angebotenen Produkte zumindest überblicksmäßig7

10)    Sind in Ihrem Ressort Verstöße gegen das Symbol- und Abzeichengesetz im Rahmen der Veranstaltung „Auf Rädern und Ketten” bekannt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Verstoß, Jahr, Geschlecht)

11)    Sind in Ihrem Ressort Verstöße gegen das Verbotsgesetz im Rahmen der Veranstaltung „Auf Rädern und Ketten” bekannt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr, Geschlecht)

Wissenschaftliche Aktualität des HGM

12)    Nach welchen museumspädagogischen Grundsätzen/Leitlinien wird die Dauerausstellung des HGM präsentiert?

13)    Nach welchen museumswissenschaftlichen Grundsätzen/Leitlinien wird die Dauerausstellung des HGM präsentiert?

14)    Ist geplant, wie Dauerausstellung an aktuelle museumspädagogische, militärhistorische und museumswissenschaftliche Standards anzugleichen?

a)       Wenn ja, wann? Welche Änderungen sind geplant?

b)       Wenn nein, warum nicht?

15)    Seit wann ist in Ihrem Ressort die fachliche Kritik an der Aufarbeitung der Exponate des Museums bekannt?

16)    Warum fehlen bei vielen Ausstellungsstücken Kontextualisierung und Aufarbeitung?

a)       Was wurde bisher unternommen, um eine wissenschaftliche Geschichtsvermittlung zu garantieren?

b)      Welche Abteilung ist dafür zuständig?

c)       Wurde(n) die zuständigen MitarbeiterInnen des HGM über Missstände bei der Kontextualisierung und Aufarbeitung informiert?

i)         Wenn ja, welche Schlüsse wurden daraus gezogen?

ii)       Wenn nein, warum nicht?

17)    Wer betreut in Ihrem Ressort alle Fragen betreffend der Kuratierung von Ausstellungen und temporären Ausstellungen?

a)   Nach welchen Kriterien werden diese Personen ausgewählt?

18)    Wer im österreichischen Bundesheer für Fragen der Musealisierung zuständig?

19)    Wer ist im Ministerium für Fragen der Musealisierung und der Kontrolle des HGM zuständig?

20)   In welchen Abständen wird das HGM vom Ministerium kontrolliert?

21)   Warum wird, insbesondere im Raum 7 des Museums, darauf verzichtet Kriegs- und Propagandamaterial zu kontextualisieren?

a)       Folgt diesem einen aktuellen, museumspädagogischen oder museumswissenschaftlichen Grundsatz? Wenn ja, welchem? Wenn nein, warum nicht?

b)       Was wurde bisher von ihrem Ressort unternommen auf diesen Missstand hinzuweisen?

22)   Wer ist in Ihrem Zuständigkeitsbereich zuständig für die Erstellung der „Informationsblätter[6]„, die im Museum aufliegen?

a)       Warum wurde bei diesen Informationsblättern darauf verzichtet nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu informieren?

b)       Warum wird der Austrofaschismus verkürzt dargestellt?

c)       Warum findet der Holocaust keine Erwähnung?

d)       Warum gibt es einen Fokus auf den Widerstand gegen die NS-Zeit, wo doch der Inhalt der Ausstellung einen gänzlich anderen Fokus hat?

23)    Welche Abteilung in ihrem Ressort zeichnet für die Publikation(en) des HGM aus dem Jahr 2015 und 2016 verantwortlich?

24)   Haben an der Sonderausstellung „Poland First to Fight" unabhängige, fachlich in breiten wissenschaftlichen Kreisen anerkannte HistorikerInnen mitgearbeitet?

25)    In der Ruhmeshalle des HGM sollen im Zuge der Sonderausstellung „Poland First to Fight" Schautafeln aufgestellt werden, die an das "Heldentum unserer Vorfahren" und die "Tragödie der Polen" erinnern sollen. Ist das korrekt?

a)       Gab es im Vorfeld Kritik seitens unabhängiger, fachlich in breiten wissenschaftlichen Kreisen anerkannter HistorikerInnen an der Konzeption der Sonderausstellung „Poland First to Fight"?

MitarbeiterInnen des HGM

26)   Ist ihrem Ressort bekannt, dass der HGM-Angestellte Franz B[7]. auf dem offiziellen YouTube-Kanal des Museums Panzer und Waffen unwissenschaftlich und unkritisch präsentiert?

27)    Ist ihrem Ressort bekannt, dass Franz B. Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft Olympia ist?

28)   Nach welchen Kriterien wird im HGM wissenschaftliches Personal ausgewählt?

29)   Werden zukünftig Maßnahmen gesetzt um Personal auszuwählen, das mit dem,State of the Art' der aktuellen Militärgeschichtsforschung vertraut ist?

30)    Gibt es Richtlinien nach welchen Kriterien Personal des HGM auf YouTube und Wikipedia publizieren sollen?

a)       Wenn nein, warum nicht?

31)    Ist in ihrem Ressort bekannt, dass auf einem der Verkaufsstände bei der jährlichen Veranstaltung „Auf Rädern und Ketten” T-Shirts mit dem Aufdruck „Legenden sterben nicht - Deutsche Wehrmacht” angeboten wurden?

a)       Wenn ja, was wurde unternommen, um dies zu unterbinden?

b)      Wenn nein, warum nicht?

32)    Was sind die langfristigen Zielsetzungen des Heeresgeschichtlichen Museums?

33)    Gibt es seitens ihres Ressorts Bestrebungen das HGM in die Bundesmuseen einzugliedern?

a)       Wenn ja, wie sehen die genauen Pläne aus?

b)      Wenn nein, warum nicht?

Kooperationen des HGM mit „wehrpolitisch relevanten" Vereinen

34)    Welche Kooperationen bestehen zwischen dem HGM und anderen heeresgeschichtlichen/wehrpolitisch relevanten Vereinen Kooperationen?

a)       Seit wann bestehen diese Kooperationen jeweils?

b)       Woraus bestehen die Kooperationen jeweils konkret?

c)       Mit welchen Kosten für das HGM sind diese Kooperationen jeweils verbunden?

d)       Welche Form der Qualitätssicherung/-prüfung findet von Seiten des HGM in Bezug auf die Kooperationspartner vor der Zusammenarbeit statt?

e)       Welche Form der Qualitätssicherung/-prüfung findet von Seiten des HGM in Bezug auf die Kooperationspartner laufend statt?

f)        Besteht zwischen Ihrem Ressort und dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung ein Austausch betreffend die Kooperationen mit wehrpolitisch relevanten Vereinen?

i)         Wenn ja, in Bezug auf welche Vereine?

ii)       Wenn nein, warum nicht?

g)       Besteht zwischen Ihrem Ressort und dem Abwehramt ein Austausch betreffend die Kooperationen mit wehrpolitisch relevanten Vereinen?

i)        Wenn ja, in Bezug auf welche Vereine?

ii)       Wenn nein, warum nicht?

35)    Welche wissenschaftlichen Kriterien bestehen betreffend die Kooperation mit sog. „wehrpolitisch relevanten” Vereinen?

36)    Ist eine republikanische Grundhaltung Voraussetzung für eine Kooperation zwischen einem „wehrpolitisch relevanten Verein" und dem HGM?

a) Wenn nein, warum nicht?

37)    Ist die kritisch-wissenschaftliche Aufarbeitung der österreichischen Wehrgeschichte Voraussetzung für die Kooperation mit sog. „wehrpolitisch relevanten Vereinen"?

Kooperationen mit wissenschaftlich anerkannten Institutionen

38)    Bestehen zwischen dem HGM und führenden, in breiten wissenschaftlichen Kreisen anerkannte Historikerlnnen/Wissenschafterlnnen Kontakte oder Kooperationen?

a) Wenn ja, mit wem konkret?

39)    Bestehen zwischen dem HGM und führenden, in breiten wissenschaftlichen Kreisen anerkannten Institutionen Kontakte oder Kooperationen?

a) Wenn ja, mit welchen Institutionen konkret?

Anstehende Projekte

40)   Welche zukünftigen Projekte sind zwischen dem HGM und führenden, in breiten wissenschaftlichen Kreisen anerkannten Historikerlnnen/Wissenschafterlnnen in den kommenden Monaten und Jahren geplant? (Bitte um Bekanntgabe der konkreten Namen, der Kosten der Kooperation, Projekttitel, Projektende und detaillierte Beschreibung des Projekts)

41)    Welche zukünftigen Projekte sind zwischen dem HGM und führenden, in breiten wissenschaftlichen Kreisen anerkannten wissenschaftlichen Institutionen in den kommenden Monaten und Jahren geplant? (Bitte um Bekanntgabe der konkreten Namen, der Kosten der Kooperation, Projekttitel, Projektende und detaillierte Beschreibung des Projekts)

42)   Welche Planungen gibt es im HGM hinsichtlich der 75. Jährung der Befreiung vom Nationalsozialismus bzw. dem Ende des 2. Weltkrieges?

43)    Welche Planungen gibt es in ihrem Ressort hinsichtlich der 75. Jährung der Befreiung vom Nationalsozialismus bzw. dem Ende des 2. Weltkrieges darüber hinaus?

44)   Werden sich kommende Sonderausstellungen an aktuellen museumspädagogischen, militärhistorischen und museumswissenschaftlichen Standards orientieren?

Social Media-Strategie

45)   Wer trägt die Letztverantwortung für die diversen Social Media-Auftritte des HGMs?

46)   Nach welchen Leitlinien wird die Öffentlichkeitsarbeit des HGMs betrieben?

47)    Nach welchen Leitlinien wird die Social Media-Arbeit des HGMs betrieben?

48)   Welche Formen der Qualitätssicherung gibt es im Bereich der Social Media-Auftritte?

49)   Gibt es Richtlinien, nach welchen Kriterien das Personal des HGM Inhalte auf YouTube und Wikipedia publiziert?

a)       Wenn nein, warum nicht?

BesucherInnen

50)   Wie viele Eintrittskarten in das HGM wurden in den Jahren 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 verkauft? (aufgeschlüsselt nach Art des Tickets)

a)       Wie viele davon wurden an SchülerInnen verkauft?

51)    Wie viele Schulklassen haben das HGM in den Jahren 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 besucht?

52)   Wie viele Rekrutinnen und Rekruten haben das HGM in den Jahren 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 besucht?

53)    Wird den Rekrutinnen und Rekruten ein Besuch im HGM empfohlen?


 



[1] https://www.stopptdierechten.at/2019/09/05/rechtsextremes-im-letzten-grossen-staatsmuseum-teil-3-rechtsextreme-literatur-und-wehrmachtspanzer-im-museumsshop/, abgerufen am 12. September 2019

[2] https://www.derstandard.at/story/200010826947/wehrmachts-merchandise-im-heeresgeschichtlichen-museum, abgerufen am 12. September 2019

[3]   "Kurier" vom 06.09.2019, S. 5

[4] „Falter“ Nr. 35/2019, S. 30-31 vom 28.08.2019, https://www.derstandard.at/story/2000108269847/wehrmachts-merchandise-im-heeresgeschichtlichen-museum und http://haraldwalser.at/haus-der-republik-im-rot-schwarzen-dauerstreit/ abgerufen am 12. September 2019

[5]   Falter" Nr. 35 / 2019, S, 30

[6] https://www.hgm.at/fileadmin/user_upload/Saalzettel/Deutsch/Saalzettel_Republik_und_Diktatur_deutsch.pdf, abgerufen am 12.
September 2019

[7] https://www.stopptdierechten.at/2019/09/06/rechtsextremes-im-letzten-grossen-staatsmuseum-teil-4-eine-panzerschau-mit-ns-
reliquien/,
abgerufen am 12. September 2019