4203/J XXVI. GP

Eingelangt am 16.10.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger‚ MES, Kolleginnen und Kollegen

an den Vizekanzler und Bundesminister für Verfassung‚ Reformen‚ Deregulierung und Justiz

betreffend Arbeitsgruppe zur Schließung von Bezirksgerichten in der Steiermark und anderen Bundesländern

 

Am Donnerstag den 10. Oktober 2019 wurde ein „internes Arbeitspapier“ des BMVRDJ aus der Zeit von ÖVP-Minister Josef Moser bekannt, das die Schließung diverser Bezirksgerichts-Standorte in ganz Österreich vorsieht.

https://www.kleinezeitung.at/steiermark/murtal/5704044/Laut-internen-Unterlagen_Schliessung-von-drei-steirischen

Konkret heißt es, dass Bezirksgerichte in allen Bundesländern - außer in Wien - zusammengelegt werden sollten. Im Burgenland würden etwa Standorte in Mattersburg und Oberpullendorf wegfallen, das sind immerhin zwei von bisher sechs. Für Niederösterreich wird in dem Papier vorgeschlagen, vier von 26 Standorten zu schließen und zwar Bruck an der Leitha, in Scheibbs, Lilienfeld und Gmünd.

In der Steiermark wären drei von 15 Bezirksgerichten von der Zusammenlegung betroffen: Mürzzuschlag, Murau und Schladming. Für Kärnten werden Feldkirchen, Hermagor, Ferlach, Bleiburg und Eisenkappel vorgeschlagen. In Oberösterreich wäre nur Eferding betroffen - eines von insgesamt 18 Bezirksgerichten. In Salzburg würden drei Bezirksgerichte von derzeit acht - Neumarkt, Oberndorf und Thalgau - zum neuen Standort "Seekirchen/Wallersee" fusionieren.

Stark betroffen wäre auch Tirol. Das Papier sieht die Schließung der Bezirksgerichte in Telfs, Landeck, Silz, Zell am Ziller und Rattenberg vor. In Vorarlberg würde laut dem Arbeitspapier nur ein Standort von allerdings derzeit bloß vier schließen, nämlich Bezau. (https://www.diepresse.com/5704253/bezirksgerichte-vor-schliessung-plane-in-justiz-papier-schlagen-wellen)

Bei allen Überlegungen bzgl. Effizienzsteigerung und Einsparungspotential in Verwaltung und Justiz darf die Sicherstellung eines niederschwelligen Zugangs zum Recht nicht aus den Augen verloren werden. In der Steiermark sorgt die Nachricht, dass Bezirksgerichte geschlossen oder zusammengelegt werden könnten für Furore und Unsicherheit bei vielen Menschen. Wenngleich bereits öffentlich gemacht wurde, dass eine Schließung für die aktuelle Bundesregierung nicht in Frage kommt, hat die FPÖ Unterschriftenaktionen gestartet und nützt die bestehenden Ängste, um sich für die Landtagswahlen in Stellung zu bringen. Im Sinne transparenter Entscheidungsfindung und evidenzbasierter Politik gibt es berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit, mehr über die Auslastung und den Zustand der diskutierten Standorte zu erfahren. 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Von wann stammt dieses Arbeitspapier?

2.    Wer gab es in Auftrag?

3.    Welche Personen und Stellen des Ministeriums wirkten an der Erstellung des Papiers mit?

4.    Wie lange wurde an dem Papier gearbeitet?

5.    Wie wurde das Papier methodisch erstellt? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

6.    Wann wurde das Papier fertiggestellt?

7.    Wurden die betroffenen Standorte in die Erstellung einbezogen?

a.    Wenn nein, weshalb nicht?

b.    Wenn ja, inwiefern?

8.    Wurde das Papier dem damaligen BM Moser vorgelegt?

a.    Wenn ja wann?

9.    Welche Standorte von Bezirksgerichten sind Gegenstand in diesem Papier?

10. Bei welchen Standorten wird laut dem Papier eine Schließung, Fusionierung oä vorgeschlagen? (Um detaillierte Erläuterung nach den einzelnen im Papier behandelten Standorten wird ersucht.)

11. Welche Überlegungen wurden in Bezug auf die einzelnen Standorte jeweils angestellt und mit welcher Begründung aufgrund welcher Daten? (Um detaillierte Erläuterung nach den einzelnen im Papier behandelten Standorten wird ersucht.)

12. Zu dem einzelnen vom Papier behandelten Standorten:

a.    Wie viele Richterplanstellen (VZÄ) weisen die einzelnen Standorte derzeit auf?

b.    Wie viele Bezirksanwälteplanstellen (VZÄ) weisen die einzelnen Standorte derzeit auf?

c.    Wie viele Rechtspflegerplanstellen (VZÄ) weisen die einzelnen Standorte derzeit auf?

d.    Wie viele Kanzleikräfteplanstellen (VZÄ) weisen die einzelnen Standorte derzeit auf?

e.    Wie viele sonstiges Personalplanstellen (VZÄ) weisen die einzelnen Standorte derzeit auf?

f.      An wie vielen Tagen pro Woche findet an den einzelnen Standorten Parteienverkehr statt?

13. Wurde an den betroffenen Standorten seit dem Jahr 2015 Personal oder andere Ressourcen eingespart/nicht nachbesetzt?

a.    Wenn ja, wo, wie in welchem Ausmaß (Um Auflistung nach Jahr, VZÄ und aufgegliedert nach oben genannten Stellen wird ersucht.)

14. Es wird um eine Aufstellung des Geschäftsanfalls gegliedert nach Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 sowie 2019 für die betroffenen Standorte ersucht, insgesamt sowie gegliedert nach:

a.    Allgemeine Zivilsachen

b.    Familienrechtssachen

c.    Erwachsenenschutzssachen

d.    Pflegschaftssachen

e.    Bestandssachen

f.      Exekutionssachen

g.    Insolvenzsachen

h.    Grundbuchsachen

i.      Strafsachen (gegliedert nach Erwachsenenstrafsachen und Jugendstrafsachen)

j.      Heimaufenthaltsachen

k.    Rechtshilfesachen

l.      Verlassenschaftssachen

m.   Justizverwaltungssachen

15. Wie viele Verhandlungen fanden in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 sowie 2019 an den betroffenen Standorten statt?

16. In welchem Ausmaß wurden die Amtstage an den behandelten Standorten zwischen 2015 und 2019 in Anspruch genommen? (pro Jahr)

a.    Wie viele Parteien nahmen zwischen 2015 und 2018 an den behandelten Standorten den Amtstag in Anspruch? (pro Jahr)

17. Wie stellen Sie sicher, dass niederschwelliger Zugang zum Recht für die Bewohner_innen der betroffenen Bezirke gewährleistet wird?

a.    Wie viel Wegstrecke (in km) ist aus Sicht des BMVRDJ zumutbar? 

b.    Wie viel Wegzeit (in min) ist aus Sicht des BMVRDJ zumutbar?