737/J XXVI. GP

Eingelangt am 20.04.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Sabine Schatz, Thomas Drozda

und GenossInnen

an Bundesminister für Inneres

betreffend die Aufstellung eines Rednerpults bei einer rechtsextremen Kundgebung am Ballhausplatz in Wien am 14.04 auf dem Denkmal der NS-Deserteure

Begründung:

Am 24. Oktober 2014 wurde auf dem Wiener Ballhausplatz mit einem Staatsakt das Denkmal für Deserteure und andere Verfolgte der NS-Militärgerichtsbarkeit eröffnet. Das Denkmal besteht aus einem „X''-förmigen Sockel aus Beton, in das ein Gedicht des schottischen Künstlers lan Hamilton Finlay (1925 - 2006). Sockel und Inschrift inszenieren die Situation des einzelnen Menschen gegenüber gesellschaftlichen Ordnungs- und Machtverhältnissen[1].

70 Jahre nach Kriegsende erweist die Republik mit dem Denkmal nun denjenigen Respekt, die im Nationalsozialismus eigene Entscheidungen getroffen haben und sich der Fremdbestimmung widersetzen. Hunderttausende Soldaten und ZivilistInnen standen während des Zweiten Weltkriegs vor nationalsozialistischen Militärgerichten, unter ihnen auch Kriegsgefangene WiderstandskämpferInnen. Die meisten Todesurteile ergingen gegen Deserteure, die als »Wehrkraftzersetzer« das Prinzip von Befehl und Gehorsam fundamental in Frage stellten.

Die von der Wehrmachtjustiz verurteilten Menschen hatten über viele Jahre hinweg weder in Österreich noch in Deutschland die Chance, als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt zu werden. Insbesondere Deserteure galten als »Verräter« und »Feiglinge«. Erst am 21. Oktober 2009 beschloss der österreichische Nationalrat mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen das Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz für die Opfer der NS Militärjustiz. Fünf Jahre später wurde das Denkmal von der Stadt Wien umgesetzt.

Schon einmal fand eine rassistische Demonstration/Kundgebung statt, bei der das Redner(innen?)pult auf dem Denkmal platziert war[2]. Am 14. April 2017 kam es erneut zu einem solchen Vorfall[3]:

 

Nach dem Vorfall im Jahr 2015 wurde medial kolportiert, die Polizei würde in Zukunft eine solche Vereinnahmung nach Gesprächen mit der Stadt Wien unterbinden:

„Die Stadt Wien nahm die Anti-Asyldemo im November zum Anlass, Kontakt mit der Polizei aufzunehmen. Es wurde vereinbart, dass bei künftigen Demonstrationen das Deserteursdenkmal mit Tretgittern geschützt werden muss. Dadurch soll auch verhindert werden, dass ein Rednerpult oder Ähnliches auf das Denkmal gestellt wird. Außerhalb von Demonstrationen soll das Denkmal aber weiterhin frei zugänglich sein, ganz im Sinne des Künstlers."[4]

Die unterfertigten Abgeordneten richten an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz folgende

Anfrage:

1.          Gibt es, wie medial kolportiert, eine Vereinbarung zwischen der Stadt Wien und der Polizei um die Aufstellung von Rednerpulten bei politischen Kundgebungen und Ähnlichem zu verhindern?

a.  Wenn ja, welchen Inhalt hat sie?

b.  Wenn ja, warum wurde die Vereinbarung am 14. April 2018 nicht eingehalten?

c.  Wenn nein, warum nicht?

2.          Gibt es seitens der Polizei Bestrebungen, das Aufstellen von Rednerpulten auf dem Denkmal der NS-Deserteure zukünftig zu untersagen?

a.  Falls ja, welche Maßnahmen werden Sie konkret setzen, um sicher zu stellen, dass das Denkmal nicht mehr zur Bühne wird? (Bitte um detaillierte Auflistung inkl. Zeithorizont)

b.  Falls nein, warum nicht?

3.          War seitens des Anmelders (der Anmelderin) der Demonstration/Kundgebung vom 14. April 2017 bekanntgegeben worden, dass ein Rednerpult auf dem Denkmal platziert worden ist?

a. Wenn ja, warum wurde dies nicht untersagt?

b.  Wenn nein, warum wurde das Rednerpult vor Ort seitens der Exekutive nicht entfernt?

4.          Wurde die rechtsextreme Demonstration/Kundgebung vom Verfassungsschutz beobachtet?

a. Wenn ja, zu welchen Erkenntnissen ist er gekommen?

b.  Wenn nein, warum nicht?

5.          Haben an der Demonstration/Kundgebung vom 14. April 2018 am Wiener Ballhausplatz dem Verfassungsschutz bekannte Rechtsextreme teilgenommen?



[1] http://deserteursdenkmal.at/wordpress/wp-

content/uploads/2014/02/Deutsch_Denkmal_WIEN_web.pdf, abgerufen am 20. April 2018

[2] http://wien.orf.at/news/stories/2743560/. abgerufen am 20. April 2018

[3] https://twitter.com/MichaelBonvalot/status/985234038666481676. abgerufen am 20. April 2018

[4] http://wien.orf.at/news/stories/2757213/. abgerufen am 20. April 2018