86/J XXVI. GP

Eingelangt am 20.12.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend der Betreuung und Verfahren von UMF (Unbegleitete Minderjähriger Flüchtlinge)

 

Der tragische Tod eines 11-jährigen Buben in Baden im November dieses Jahres hat erneut Probleme in der Versorgung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF) aufgezeigt. Laut einer Anfragebeantwortung des Innenministeriums (10205/AB) haben im Vorjahr mehr als 4000 UMF einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Als besonders schutzbedürftige Gruppe benötigen UMF zusätzliche Aufmerksamkeit der Behörden. Wie vom UNHCR ausgeführt, müssen Akteur_innen des Asylsystems verstärktes Bewusstsein für die speziellen Bedürfnisse dieser Kinder und Jugendlichen schaffen. Geflüchtete Kinder und Jugendliche müssen daher im Asylverfahren kindgerecht behandelt werden. UMF benötigen außerdem eine kindgerechte Unterbringung und Betreuung. Die Übertragung der Obsorge des 11-Jährigen Buben an seinen völlig überforderten 23-jährigen Bruder, stellt daher die aktuelle gesetzliche Lage, nach der keine automatische Übertragung der Obsorge an die Kinder und Jugendhilfe besteht, in Frage.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

1.    Welche Maßnahmen hat das BMI im letzten Jahr getroffen um die Betreuung von UMF zu verbessern?

2.    Die EU-Aufnahmerichtline (2013/33) sieht für UMF besondere Grundversorgungsleistungen vor, insbesondere psychologische und sozialpädagogische Betreuung. Inwieweit wurde diesen besonderen Anforderungen im Fall Baden Rechnung getragen?

a.    Gem §6 NÖ-Grundversorgungsgesetz sind UMF zur psychischen Festigung und zur Schaffung einer Vertrauensbasis durch Maßnahmen zur Stabilisierung zu unterstützen. Im Bedarfsfall kann darüber hinaus sozialpädagogische und psychologische Unterstützung gewährt werden. Inwieweit fand eine solche Unterstützung statt?

b.    Inwieweit wurden dabei auch die Richtlinien des UNHCR über die allgemeine Grundsätze und Verfahren zur Behandlung asylsuchender unbegleiteter Minderjähriger, insbesondere die ständige psychosoziale Aufsicht, berücksichtigt?

3.    Langwierige Verfahren können eine zusätzliche psychologische Belastung für UMFs darstellen. Wird UMF in irgendeiner Weise ein Vorzug in den Asylverfahren eingeräumt um die Dauer der Verfahren gering zu halten?

4.    Wie lange beträgt die durchschnittliche Verfahrensdauer von UMF?

5.    Wurde bei dem betroffenen Buben eine Altersfeststellung durchgeführt?

6.    Wie weit fortgeschritten war das Verfahren des 11-Jährigen Buben im Fall Baden zur Zeit seines Suizids?

a.    Wann ist der Bub nach Österreich gekommen?

b.    Wann wurde der Asylantrag gestellt?

c.    Wann wurde er zum Verfahren zugelassen?

d.    Wie viele Einvernahmen gab es? Wann fanden diese statt? Über welche nachgewiesenen Qualifikationen speziell für den Umgang mit asylsiuchenden Kindern verfügten die Einvernehmenden?

e.    Wer war für die Rechtsvertretung des Buben im Asylverfahren zuständig?

7.    Gab es während des Verfahrens bzw. der Einvernahmen Anzeichen die auf den kritischen psychologischen Zustand des Buben hingedeutet haben?

8.    Inwieweit bestehen Kinderschutzkonzepte für Flüchtlingsunterkünfte, die potentielle Gefährdungen des Kindeswohls frühzeitig erkennen lassen und klare Zuständigkeiten und Verfahren für Prävention und Schutz von Kindern vorsehen?

9.    Inwieweit besteht ein Informationsaustausch zwischen den für die Grundversorgung bzw. das Asylverfahren zuständigen Behörden einerseits und den Bezirkshauptmannschaften bzw. der Kinder und Jugendhilfe anderseits? Gab es einen solchen Austausch im Fall Baden?

10. Die Volksanwaltschaft kritisiert in ihrem jüngsten Sonderbericht "Kinder und ihre Rechte in öffentlichen Einrichtungen" die lange Verfahrensdauer bei der Übertragung der Obsorge über UMF. Ist dem BMI diese Problematik bekannt und bestehen Bestrebungen bzw. ein Austausch mit dem BMFJ hier eine Änderung der Rechtslage (hinsichtlich einer automatischen Übertragung der Obsorge auf die Kinder und Jugendhilfe) zu erwirken?

11. Wie viele unbegleitete minderjährige Asylwerber_innen leben momentan (Stichtag: 1. Dezember 2017)  in Österreich?

a.    Bitte um Aufgliederung nach Bundesland und Herkunftstaat.

12. Wie viele unbegleitete minderjährige Asylberechtigte leben momentan (Stichtag: 1. Dezember 2017) in Österreich?

a.    Bitte um Aufgliederung nach Bundesland und Herkunftstaat

13. Wie viele unbegleitete minderjährige subsidiär Schutzberechtigte leben momentan (Stichtag: 1. Dezember 2017) in Österreich?

a.    Bitte um Aufgliederung nach Bundesland und Herkunftstaat

14. Wie viele unbegleitete minderjährige geduldete Personen leben momentan (Stichtag: 1. Dezember 2017) in Österreich?

a.    Bitte um Aufgliederung nach Bundesland und Herkunftstaat.

15. Wie viele Asylanträge von unbegleiteten Minderjährigen wurden im Jahr 2017 (Stichtag: 1. Dezember 2017) in Österreich gestellt?

a.    Wie viele davon resultierten in der Gewährung von Asyl?

b.    Wie viele davon resultierten in der Gewährung von subsidiärem Schutz?

c.    Wie viele davon wurden abgewiesen?

16. Wie viele UMF wurden in Pflegefamilien aufgenommen?

17. Wie viele Plätze für stark traumatisierte oder aus anderen Gründen betreuungsintensive UMF gibt es?