955/J XXVI. GP

Eingelangt am 30.05.2018
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Anfrage



der Abgeordneten Claudia Gamon, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres

betreffend Wissensstand und Maßnahmen des BMEIA bezüglich des möglicherweise vom serbischen Außenministerium in Auftrag gegebenen Interviews mit Vizekanzler Strache

 

Anfang des Jahres sorgte Vizekanzler Strache mit einem Interview für Aufregung, das er der im Vorfeld seines Serbien-Besuches der Belgrader Tageszeitung Politika gegeben hatte. Darin sagte er wörtlich: "Der Kosovo ist zweifelsohne ein Bestandteil Serbiens" und widersprach damit der außenpolitischen Linie Österreichs in dieser Frage. Österreich erkannte den Kosovo am 27. Februar 2008, nur zehn Tage nach der kosovarischen Unabhängigkeitserklärung, an und unterhält seitdem enge diplomatische Beziehungen zum jüngsten Staat des Westbalkan. Der Vizekanzler verwies laut Medienberichterstattung (Kurier, 11.2.2018) darauf, dass er und seine Partei die Anerkennung des Kosovos durch die Republik Österreich seit Jahren scharf kritisiert habe.

Wenig später tauchte eine E-Mail-Verlauf auf, der laut Medienberichterstattung (Standard, 9.3.2018) darauf hindeutet, dass das serbische Außenministerium das Interview mit Strache selbst eingefädelt und vielleicht sogar selbst durchgeführt hat. Dem Originalinterview mit Politika, das dem Standard vorliegt, lag eine E-Mail-Konversation bei, in der es hieß: "Ich schicke Dir das Originalinterview auf Deutsch mit Strache, das wir von Nada Krstic vom Außenministerium bekommen haben", so berichtet der Standard. Krstic ist die Pressechefin des serbischen Außenministeriums. Auf die Frage, ob das Interview gar vom serbischen Außenministerium selbst gemacht wurde und nicht von Politika, erklärte Chefredakteur Žarko Rakić: "Es ist möglich. Ich bin nicht sicher." Politika selbst steht der serbischen Regierung nahe.

Die Bundesregierung ist ein Kollektivorgan und während dem Vizekanzler genau wie jedem anderen seine Privatmeinung zusteht, so ist die Rolle in einem Regierungsamt eine andere als in der Opposition. Eine Äußerung wie diese gibt nationalistischen Strömungen auf dem Westbalkan Recht und gefährdet Stabilität und Frieden in der Region. Zusätzlich wäre es höchst alarmierend, wenn die Regierung eines anderen Landes ein österreichisches Regierungsmitglied für ihre politische Agenda instrumentalisiert hätte. Im einem Fall wie diesem wäre davon auszugehen, dass das BMEIA sich informiert, wie genau der Hergang der Dinge war und woher der Auftrag für dieses Interview tatsächlich gekommen ist und wie es zustande kam. Schließlich ist es nicht akzeptabel, dass Österreich zum Spielball der serbischen Innenpolitik wird, schon gar nicht in einer so sicherheitsrelevanten und diplomatisch brisanten Frage wie bei der Anerkennung der kosovarischen Unabhängigkeit.

Aufgrund dieses Falles und anderer Äußerungen beriefen NEOS im Frühling 2018 den Rat für Integration und Außenpolitik ein, um das Gespräch mit dem BMEIA zu suchen und die Bundesministerin zu fragen, wie sie mit der ihr zur Verfügung stehenden Information hinsichtlich dieses Interviews umgegangen ist. Auch im Außenpolitischen Ausschuss des Nationalrats am 9.5.2018 brachten NEOS die Frage wieder auf. In beiden Fällen erhielten NEOS keine Antwort darauf, wie man mit dem bestehenden Sachverhalt umgegangen war. Die Bundesministerin verwies lediglich darauf, dass sie bei ihren Reisen auf den Westbalkan im Frühling 2018 nicht darauf angesprochen worden war und der Vorfall somit "kein Problem" für sie bedeute. Danach hatte aber überhaupt niemand gefragt.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Ist Ihnen bekannt, ob das serbische Außenministerium in irgendeiner Form mit dem Zustandekommen des besagten Interviews zu tun hatte?
a) Wenn ja, was ist Ihr Informationsstand diesbezüglich?
b) Wenn ja, seit wann?
c) Wenn nein, haben Sie Anstrengungen unternommen, um sich diesbezüglich einen Überblick zu verschaffen?
d) Wenn ja, wann und welche Auskunft haben Sie wann und von wem erhalten?
e) Wenn nein, warum nicht?
d) Gab es Kontakt zwischen dem BMEIA und dem serbischen Außenministerium, um das Zustandekommen des Interviews zu klären?
e) Wenn ja, wann und welche Auskunft haben Sie wann von wem erhalten?
f) Wenn nein, warum nicht?

2.    Haben Sie im Fall der Aussage des Vizekanzlers zur kosovarischen Unabhängigkeit diesbezüglich ein Gespräch mit ihm gesucht?
a) Wenn ja, fand ein Termin statt und wann?
b) Wenn nein, warum nicht?

3.    Warum haben Sie die Fragen der Opposition bezüglich dieses Interviews und seines Zustandekommens weder im Rat für Integration und Außenpolitik noch im Außenpolitischen Ausschuss beantwortet?

4.    Inwiefern bewerten Sie es als problematisch, wenn das Außenministerium eines anderen Staates ein Interview mit einem österreichischen Regierungsmitglied mit einer solch brisanten Aussage in Auftrag gibt?

5.    Wie werden Sie künftig mit Versuchen der Instrumentalisierung Österreichs durch andere Staaten umgehen?