29/JPR XXVI. GP

Eingelangt am 10.04.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr.in Alma Zadic,
an den Präsidenten des Nationalrates

betreffend Parlaments-Veranstaltung BAUMEISTER DER REPUBLIK - FRANZ DINGHOFER

Begründung

Am 18. Februar 2019 fand auf Einladung der dritten Nationalratspräsidentin Annelies Kitzmüller
gemeinsam mit Vizekanzler Strache und dem ORF-Generaldirektor Wrabetz im Palais Epstein eine Gedenkveranstaltung an Franz Dinghofer statt.

Im Einladungstext dazu heißt es:

„Er war der „Verkünder” der Republik: Am 12. November 1918 rief Franz Dinghofer unter dem Jubel
der versammelten Masse vor dem Parlament die Republik Deutschösterreich aus. Der ehemalige Richter, der nach seiner politischen Karriere 1928 als Präsident des Obersten Gerichtshofs wieder in
den früheren Beruf zurückkehrte, war aber vor allem eines: Mitbegründer und bedeutende Führungspersönlichkeit des dritten großen politischen Lagers der Ersten Republik."

Seine Bedeutung für die Republik wurde also gewürdigt, allerdings fehlt jegliche kritische Auseinandersetzung mit seinem historisch belegbaren Antisemitismus und mit dem Übergang des
dritten Lagers in den Nationalsozialismus, wie er sich im Schließen einer Kampfgemeinschaft mit der
NSDAP von 1933 ausdrückt-und nicht zuletzt mit der mittlerweile bekannten Mitgliedschaft von
Dinghofer in der NSDAP.

Dass im Parlament auf Einladung der dritten Nationalratspräsidentin ein Mitglied der NSDAP und bekennender Antisemit kritiklos geehrt wurde, ist beschämend und bricht mit dem antifaschistischen Konsens der zweiten Republik.

Gemäß Art 30 B-VG ist der Präsident oberstes Verwaltungsorgan bei der Vollziehung der Verwaltungsangelegenheiten im Bereich der Organe der Gesetzgebung des Bundes und übt diese
Befugnisse allein aus. Er wacht gemäß § 13 GOG-NR über die Würde des Nationalrates und gemäß
§ 14 GOG-NR übt er das Hausrecht in den Parlamentsgebäuden aus. An dieser gesetzlichen Aufgabenzuteilung können bloß interne Richtlinien nichts ändern, weder hinsichtlich der
Verantwortung nach außen, noch hinsichtlich der Verpflichtung zur Beantwortung darauf bezogener Anfragen von Abgeordneten.[1] Das Fragerecht gemäß § 89 GOG-NR steht allein gegenüber dem
Präsidenten zu, nicht auch gegenüber der zweiten oder dritten Präsidentin. Schon deshalb können Verwaltungsagenden nicht dergestalt an diese übertragen werden, dass die Verantwortung des
Präsidenten völlig aufgehoben wird, da sonst eine Lücke im Fragerecht entstünde. Auch hinsichtlich
der Parlaments-Veranstaltungen der dritten Präsidentin sind Fragen daher an den Präsidenten zu richten.

 

 

Die unterfertigende Abgeordnete stellt daher folgende

Anfrage

1.       Ist Ihnen bekannt, dass der in einer Parlamentsveranstaltung geehrte Politiker Franz Dinghofer Zeit seines Lebens ein bekennender Antisemit war?

2.       Falls Ja: Wie rechtfertigen Sie eine in Form und Inhalt unkritische Würdigung seines politischen Wirkens in den Räumen des Parlaments?

3.       Ist Ihnen bekannt, dass Franz Dinghofer NSDAP-Mitglied war?

4.       Falls Ja: Wie rechtfertigen Sie auch in diesem Fall eine in Form und Inhalt unkritische Würdigung seines politischen Wirkens in den Räumen des Parlaments?

5.       Falls Frage 1 und 3 mit Nein beantwortet werden: Sind Sie bereit, die historischen Fakten zur Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls eine Tagung zu dem Thema zu organisieren?

6.       Wurde die ORFIII-Dokumentation zu Franz Dinghofer von Seiten des Nationalratspräsidiums bestellt?

7.       Wurde die Produktion der Dokumentation mit Mitteln des Parlaments finanziert?

8.       Wie können Sie sicherstellen, dass derartige Ehrungen fragwürdiger historischer
Persönlichkeiten in Zukunft nicht mehr in den Räumen des Parlaments stattfinden?



[1] Zur verweigerten Auskunft unter Bezugnahme auf interne Richtlinien: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/ABPR/ABPR_00019/imfname_727827.pdf.