111/KOMM XXVI. GP
Kommuniqué
des Untersuchungsausschusses über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) (3/US XXVI.GP)
Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M. in der 9. Sitzung vom 2. Oktober 2018
Der Untersuchungsausschuss über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 31. Sitzung am 13. März 2019 mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, N, J) gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VOUA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M. zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.
Wien, 2019 03 13
Werner Herbert Doris Bures
Schriftführer Vorsitzende

BVT-Untersuchungsausschuss

Stenographisches Protokoll
9. Sitzung/medienöffentlich
Dienstag, 2. Oktober 2018
Gesamtdauer der 9. Sitzung
10.06 Uhr – 19.16 Uhr
Lokal 7
Befragung der Auskunftsperson Oberstaatsanwältin Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.
Vorsitzende Zweite Präsidentin Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Strauss. Dann würde ich Sie ersuchen, gleich mit der Belehrung der Auskunftsperson und der Vertrauensperson fortzusetzen.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich habe Datenblätter vorliegen. – Stimmen die Daten, die da angegeben sind? (Die Auskunftsperson und die Vertrauensperson bestätigen die Richtigkeit der Daten.) – Danke schön.
Frau Oberstaatsanwältin, Sie werden als Auskunftsperson vor dem Untersuchungsausschuss betreffend die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung zu den Beweisthemen 1 und 3 – 1 ist Datenverwendung, und 3 ist Hausdurchsuchungen – einvernommen.
Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich auf diese schriftliche Belehrung hin und betone insbesondere, dass Sie verpflichtet sind, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 1 und 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.
Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.
Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit immer noch jederzeit zu beantragen.
Weiters weise ich Sie auf die Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Ich weise Sie auf die Ihnen bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hin. Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch nach Beendigung der Befragung.
Kopien, Notizen, Auszüge dürfen weder von der Auskunftsperson noch von der Vertrauensperson angefertigt werden. Alle im Untersuchungsausschuss vorgelegten Unterlagen dürfen von der Auskunftsperson und/oder der Vertrauensperson nach Beendigung der Befragung nicht an sich genommen werden, sondern haben auf dem Platz zu verbleiben.
Sie sind berechtigt, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, deren Gesamtdauer 20 Minuten nicht überschreiten soll.
Ich fahre gleich mit der Belehrung der Vertrauensperson fort. Gemäß § 46 Abs. 2 der Verfahrensordnung habe ich auch Sie über die strafrechtlichen Folgen einer vorsätzlich falschen Aussage zu belehren. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden.
Auch Fälschung eines Beweismittels oder der Gebrauch eines falschen oder verfälschten Beweismittels mit dem Vorsatz, es im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss zu gebrauchen, ist strafbar, und zwar auch für an der Tat Beteiligte.
Aufgabe der Vertrauensperson ist die Beratung der Auskunftsperson, Sie dürfen jedoch keine Erklärungen vor dem Untersuchungsausschuss abgeben oder anstelle der Auskunftsperson antworten. Bei Verletzung der Verfahrensordnung oder Eingriffen in die Grund- oder Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson können Sie sich unmittelbar an mich oder den Verfahrensanwalt wenden.
Auch für Sie gilt das Informationsordnungsgesetz. Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet.
Als Vertrauensperson kann ausgeschlossen werden, wer voraussichtlich als Auskunftsperson im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss zu laden ist, wer die Auskunftsperson bei Ablegung einer freien und vollständigen Aussage beeinflussen könnte oder wer Erklärungen vor dem Untersuchungsausschuss abgibt oder anstelle der Auskunftsperson antwortet.
Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Strauss.
Ich frage Sie jetzt, Frau Mag.a Schmudermayer, ob Sie von der Möglichkeit, eine einleitende Stellungnahme, die nicht länger als 20 Minuten dauern darf, Gebrauch machen wollen. (Die Auskunftsperson bejaht dies.) – Dann erteile ich Ihnen das Wort. – Bitte.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine heutige Aussage hier als Auskunftsperson vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss ist die erste Gelegenheit, bei der die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu dem Verfahren gegen Bedienstete des BVT Stellung nehmen darf.
Ich bin die Staatsanwältin, die dieses Verfahren führt, und ich bin heute hier, um Ihnen die notwendigen Informationen zu geben, die Sie brauchen, um Ihrer Aufgabe nachzukommen. Erlauben Sie mir, dazu aber ein bisschen auszuholen, damit sich für Sie ein klares Bild ergibt!
Für mich hat das Verfahren nämlich bereits im April 2017 begonnen und nicht erst mit dem Erscheinen von Generalsekretär Goldgruber in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, denn bereits im Frühjahr 2017, über den gesamten Sommer und auch im Herbst 2017 kursierten in ganz Österreich anonyme Anzeigen verschiedenster Art, die bei diversen Staatsanwaltschaften eingegangen sind, zu verschiedensten Verfahren geführt haben und unterschiedliche Vorwürfe gegen Mitarbeiter des BVT, des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, aber auch gegen andere Mitarbeiter des Innenministeriums beinhaltet haben, bis hinauf zum ehemaligen Kabinettschef Kloibmüller. Kloibmüller wird dort, in diesen Anzeigen, als Kopf eines politischen Netzwerks dargestellt, das angeblich im Innenministerium existieren soll.
Für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sind derartige Anzeigen nichts Ungewöhnliches. Wir bekommen oft anonyme Anzeigen. Was aber bei diesen Anzeigen anders war und auffällig war, war, dass sie ganz offensichtlich von Insidern geschrieben waren, weil sie extremes Detailwissen nicht nur über die Abläufe im BVT beinhaltet haben, sondern auch über das Innenministerium insgesamt, über andere Polizeibehörden und auch über das Kabinett. Die Staatsanwaltschaft ist gesetzlich verpflichtet, Anzeigen nachzugehen und sich die Frage zu stellen: Ist das, was in diesen Anzeigen behauptet wird, etwas, was unter Umständen strafrechtlich relevant ist?
Worum ging es in diesen Anzeigen? – Es ging um angebliche Veruntreuungen von Geldern des Stadterweiterungsfonds. Es ging um die Veruntreuung von Quellengeldern des BVT, um Vorwürfe von sexuellen Belästigungen durch den ehemaligen stellvertretenden Direktor des BVT, auch um den Vorwurf, der ehemalige Kabinettschef Kloibmüller hätte an den deutschen Agenten Werner Mauss eine Bestätigung ausgestellt, die dieser dann in seinem gegen ihn anhängigen Verfahren in Deutschland wegen Steuerhinterziehung verwendet hätte.
Es gab den Vorwurf, dass die Ermittlungen gegen Rechtsanwalt Dr. Lansky politisch motiviert gewesen sein sollen und auch dass zum Beispiel das Strafverfahren betreffend die Auffindung eines Rucksacks mit nationalsozialistisch relevanten Büchern auf dem Grundstück des Stifts Ardagger angeblich auch beeinflusst worden sein soll, was zur Einstellung des Strafverfahrens geführt hat.
Ich habe mir dann im Herbst 2017 diese anonymen Schreiben alle angesehen und noch einmal durchgesehen, mir einen Überblick verschafft und bin zu folgendem Ergebnis gekommen: Für nahezu alle von diesen Vorwürfen in diesen Anzeigen war die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht zuständig. Sie sind daher auch an die Staatsanwaltschaft Wien oder an andere Staatsanwaltschaften weitergeleitet worden.
Wir haben darinnen drei Korruptionsvorwürfe gefunden: Der eine Korruptionsvorwurf betrifft den Vorwurf, dass Martin Schlaff an den ehemaligen Kabinettschef Kloibmüller 500 000 Euro dafür bezahlt haben soll, dass Kloibmüller Einfluss auf das bei der Staatsanwaltschaft Wien geführte Strafverfahren Telekom nimmt, damit der Tatverdacht sozusagen umgelenkt werden soll und nicht auf Martin Schlaff fällt.
Außerdem geht es um den Themenkomplex Rubicon. Der Kabinettschef soll Einfluss auf die Verfahren genommen haben, in denen entschieden wird, an welche Softwaredienstleister die Verträge des BMI vergeben werden. Das soll er gemacht haben, weil ein verwandtschaftliches Verhältnis zum Geschäftsführer der Rubicon besteht, und auch dafür soll er Kick-back-Zahlungen bekommen haben.
Der dritte Vorwurf ist dann durch dieses bekannte Konvolut, das im September 2017 eingetroffen ist, entstanden, nämlich, dass der ehemalige Kabinettschef Kloibmüller dafür, dass er Werner Mauss zum einen diese Bestätigung ausgestellt hat und zum anderen zu Diensten für die Republik Österreich verholfen hat, wofür Werner Mauss Geld bekommen hat, ebenso Kick-back-Zahlungen bekommen hat.
Also diese drei Fakten fielen in die Zuständigkeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Deswegen haben wir ab Oktober 2017 schon ein Ermittlungsverfahren geführt.
Zwei Themenkomplexe waren auch schon bekannt, die später für die Durchsuchung relevant werden, und zwar ist der eine der Themenkomplex der nordkoreanischen Reisepässe. Da geht es um den Vorwurf, dass sich der Leiter des Nachrichtendienstreferates Dr. B. P. (BVT) von der Österreichischen Staatsdruckerei nordkoreanische Reisepässe verschafft haben und die dann gegen einen Vorteil an eben den südkoreanischen Nachrichtendienst weitergegeben haben soll.
Und dann gibt es einen großen Komplex mit vielen Facetten: Das ist der Komplex des Datenmissbrauchs im BVT. Da geht es um mehrere Dinge: zum einen darum, dass Altakten, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften schon lange gelöscht sein sollten, nicht gelöscht worden sind, dass sich Dr. B. P. (BVT) Kopien von Daten beschafft hat, die gelöscht werden sollten, damit er weiterhin über diese Kopien der Daten verfügen kann, obwohl er dies nach rechtlichen Grundlagen und nach dem Gesetz nicht dürfte.
Diese beiden Vorwürfe, die auch Grundlage für die Durchsuchung waren, konnten dann im Verlauf des Ermittlungsverfahrens auch konkretisiert werden. Es hat sich herausgestellt, dass die Angaben im Konvolut grosso modo bei einzelnen Dingen auch richtig sind. Wie gesagt, diese Vorwürfe kannte ich schon seit Sommer 2017.
Ich habe dann zunächst einmal das Ermittlungsverfahren allein geführt. Warum? – Für mich war vollkommen klar, dass es aufgrund dieses Konvoluts ein Riesenproblem ist, welche Polizeibehörde ich mit den Ermittlungen beauftrage. Normalerweise ist es nämlich so, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungsaufträge an die Polizei weitergibt, in erster Linie an das BAK – das steht so im Gesetz, § 20 Abs. 2 Strafprozeßordnung –, aber auch eben an das LKA oder an das BKA.
Ich hatte das Problem, dass aufgrund dieser Anzeigen eigentlich für alle, die theoretisch für Ermittlungen infrage kämen, zumindest der Anschein bestanden hat, dass es hier problematisch sein könnte. Wie soll ich die Geheimhaltung gewährleisten, wenn die, die für mich ermitteln, unter Umständen genau die sind, gegen die ich eigentlich ermitteln soll? Deswegen habe ich zunächst einmal die Ermittlungen selbst geführt, ich habe aber auf der anderen Seite gleichzeitig für Transparenz gesorgt. Ich habe von Anfang an meinen Gruppenleiter und die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in meine Ermittlungen eingebunden, und ab November 2017 war auch der Herr Generalsekretär Pilnacek über die Anhängigkeit dieses Ermittlungsverfahrens informiert.
Als dann am 19. Jänner 2018 der neue Generalsekretär des Innenministeriums, Herr Generalsekretär Goldgruber, zu uns in die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gekommen ist und diese Mappe mit den Anzeigen vorgelegt und gesagt hat, er möchte, dass die Vorwürfe da drinnen verfolgt werden, habe ich noch innerhalb der Besprechung diese Mappe durchgesehen und habe festgestellt, dass keine Sachverhalte drinnen sind, die mir nicht schon bekannt waren. Es war im Prinzip genau das Gleiche, was ich schon seit Sommer hatte.
Mein Gruppenleiter, der dabei war, und ich haben Generalsekretär Goldgruber die Auskunft erteilt, dass diese Sachverhalte StPO-konform verfolgt werden, allenfalls an die anderen Staatsanwaltschaften abgetreten werden beziehungsweise geprüft werden. Schon in diesem Gespräch war auch das Thema, dass wir das Problem haben, dass wir in Österreich eben das nicht haben, was man allgemein eine Justizpolizei nennt, das heißt, einen Polizeikörper, der insofern außerhalb der Berichtsstruktur steht, als es mir dann möglich ist – wir sind halt einmal eine Korruptionsverfolgungsbehörde –, auch kriminelle Handlungen von hochrangigen Beamten innerhalb des Justizministeriums eventuell zu verfolgen.
Neue Informationen habe ich erst durch die Zeugenvernehmungen im Februar erhalten. Zeugenvernehmungen sind für die Ermittlung des Sachverhalts eigentlich eine gute Sache, denn sie sind Beweismittel, und ich brauche natürlich Beweismittel, um einen Sachverhalt aufzuklären. Das ist meine Aufgabe, Staatsanwaltschaften klären Sachverhalte auf. Der Nachteil ist: In dem Moment, in dem ich Zeugen vernehme, weiß immer eine Person mehr von dem Strafverfahren. Ich bin davon ausgegangen, dass mich nur eine absolute Geheimhaltung zielführend ermitteln lässt, und mit jedem Zeugen, den ich vernehme, weiß eine Person mehr, dass ich ermittle. Mit jeder Person, die vom Kabinett des Innenministeriums informiert ist, weiß immer eine Person mehr, dass ich eben ermittle.
Die erste Zeugin, Frau Mag. R. P. (BVT), ist Analystin in der Abteilung von Dr. B. P. (BVT), der der Beschuldigte in diesem Verfahren ist, gewesen – damals nicht mehr – und hat zuerst einmal ganz allgemeine Angaben über die Situation in dieser Abteilung gemacht, hat aber auch das Faktum nordkoreanische Reisepässe präziser dargestellt. Sie hat gesagt, sie hat diese Reisepässe gesehen und es hat tatsächlich Dienstreisen nach Südkorea gegeben, an denen unter anderem der Beschuldigte F. S. (BVT) teilgenommen hat, was für sie fachlich nicht nachvollziehbar war, weil er zum Beispiel nicht einmal Englisch spricht, geschweige denn Südkoreanisch.
Sie hat in der Vernehmungssituation natürlich nervös gewirkt – das ist für mich nichts Besonderes, die meisten Leute, die in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft aussagen, sind nervös –, darüber hinaus war sie aber auch ein bisschen ängstlich. Das hat eben auch dazu geführt, dass ich mit ihr die Diskussion hatte, ob ich ihre Daten aus dem Akt heraushalten kann, ob ich sie nach § 162 StPO anonymisieren kann. Nichtsdestotrotz erschien sie für mich glaubwürdig. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass sie vorsätzlich die Unwahrheit sagen könnte. Wie gesagt, das Faktum der nordkoreanischen Reisepässe hat sich ja inzwischen durch die weiteren Ermittlungen auch ganz stark konkretisiert.
Es war mir aber dennoch nicht genug, und ich habe die Zeugin gefragt, ob es noch andere Personen gibt, die auch Wahrnehmungen haben. Ich wollte weitere Beweismittel. Und diese Zeugin hat mir die weiteren Zeugen genannt, den Herrn Mag. M. W. (BVT), den Herrn Mag. C. M. (BVT), den Herrn A. H. (BVT) und noch einige andere Personen. Ich habe dann entschieden, auch Herrn Mag. M. W. (BVT) zu vernehmen. Ihn habe ich am 22. Februar vernommen, und er hat präzisere Angaben, zu dem Faktum der nordkoreanischen Reisepässe zum Beispiel, gemacht. Er ist der Abteilungsleiter, der Vorgesetzte vom Beschuldigten Dr. B. P. (BVT).
Er hat aber auch sehr klar geschildert, dass es innerhalb des BVT Auseinandersetzungen zu den Datenlöschungen gibt. Es ist vollkommen klar, dass der Gesetzgeber Vorschriften vorgesehen hat, nach denen Daten zu löschen sind, und es gibt Mitarbeiter im BVT, die grundsätzlich der Meinung waren, Datenlöschungen behindern immer die Spionageabwehr und behindern immer den Nachrichtendienst, und haben sozusagen das Ansinnen der Abteilungsleitung, Daten löschen zu lassen, wie es im Gesetz vorgesehen ist, zu konterkarieren versucht.
Er hat aber auch Angaben darüber gemacht, dass er den Direktor des BVT, Herrn Dr. Gridling, darüber informiert hat, dass sich eben der Beschuldigte B. P. (BVT) rechtswidrig Kopien von Daten erstellt hat, die er nicht haben darf, dass er angeblich über eine Festplatte verfügt, auf der die Daten des Dr. Lansky enthalten sind, und die Reaktion von Herrn Direktor Gridling war einfach gar keine. Er hat einfach mit den Schultern gezuckt und gesagt: Na, was soll ich jetzt machen?
Und er hat auch angegeben, dass der Leiter der IT-Abteilung – das ist der Herr C. H. (BVT) – die Person ist, die in der IT-Abteilung zuständig für die Herstellung solcher Kopien wäre, wenn einer diese verlangen sollte.
Ich habe dann als dritten Zeugen Herrn A. H. (BVT) vernommen. Herr A. H. (BVT) ist auch ein BVT-Mitarbeiter, dessen Büro in der IT-Abteilung ist. Er ist nicht IT-Mitarbeiter des IT-Referats, aber er ist Mobilforensiker, er beschäftigt sich hauptsächlich mit der Auswertung von Mobiltelefonen. Er hat zum einen einige Dinge bestätigt, die der Herr Mag. M. W. (BVT) gesagt hat, aber er hat mir auch sehr klar dargestellt, welchen Personen welche Administratorenrechte zukommen. Das ist nämlich ein springender Punkt: Wenn ich davon ausgehe, dass illegal Kopien hergestellt werden, muss ich mir natürlich auch überlegen: Wie mache ich das? Wen brauche ich dazu, wer hat überhaupt die Kompetenz, das zu tun?
Er hat mir auch gesagt – und das ist jetzt auch für die Durchsuchung sehr relevant –, dass diese Systemadministratoren, die nicht nur selbst über die Rechte verfügen, sondern sie auch vergeben, sehr wohl einen Fernzugriff auf die Daten des BVT machen können, dass grundsätzlich die Server des BVT autark sind, das bedeutet, das BMI selbst kann nicht direkt auf die Server zugreifen – umgekehrt schon: also das BVT kann auf die Server des BMI zugreifen, nicht aber das BMI auf die Server des BVT –, und dass es den Administratoren möglich ist, jederzeit durch einen Remotezugang, also per Fernzugriff, genauso auf die Daten des BVT zuzugreifen, wie wenn sie im BVT vor dem Bildschirm sitzen würden.
Aus der Vernehmung dieser drei Zeugen haben sich für mich drei wesentliche Fakten herauskristallisiert, nämlich:
Erstens: Es geht zunächst einmal um den Vorwurf eines Datenmissbrauchs. Wie kann ich diesen Vorwurf beweisen? Ich muss ja auch entscheiden, welches Beweismittel das richtige ist. – Ich habe festgestellt, das kann ich nur, wenn ich diese angeblich vorhandenen – falls: rechtswidrigen – Kopien sicherstelle. Ich brauche eine Datensicherstellung.
Zweitens: Wir mussten sehr, sehr schnell sein. Wie ich bereits erwähnt habe: Jede Person mehr, die von meinen Ermittlungen weiß, ist ein Sicherheitsrisiko, ein Geheimhaltungsrisiko.
Drittens wusste ich, dass die Durchsuchung selbst ganz, ganz schnell ablaufen muss. Warum? – Wenn ich, technisch, davon ausgehe, dass die Gefahr eines Fernzugriffs besteht, ist das Um und Auf, um zu verhindern, dass Daten gelöscht werden, dass ich so schnell wie möglich in das BVT hineinkomme und die Personen, die an den Computern sitzen, von den Computern wegbringe.
Dennoch habe ich zu diesem Zeitpunkt die Durchsuchungen noch nicht angeordnet, obwohl mir klar war, dass es eine Dringlichkeit gibt, sondern ich wollte noch den vierten Zeugen hören, Herrn Mag. C. M. (BVT). Herr Mag. C. M. (BVT) ist der Stellvertreter von Herrn Mag. M. W. (BVT), und er hat, was die Datenspeicherungen, Anfertigungen von Kopien betrifft, viel präzisere Angaben gemacht als Herr Mag. M. W. (BVT); der war etwas oberflächlich, hat nicht zwischen Löschungen von Altakten, Löschungen von Daten – das sind unterschiedliche Dinge – differenziert. Das hat Mag. C. M. (BVT) präziser dargestellt, und er hat auch gleich gesagt, das mit den nordkoreanischen Reisepässen kann er auch bestätigen, er hat diese Wahrnehmungen auch gemacht. Und wie gesagt, auch dieser Tatverdacht hat sich ja im Laufe der Ermittlungen bestätigt.
Nach dieser vierten Aussage habe ich dann festgestellt, dass für mich der ausreichende Tatverdacht für die Durchführung einer Durchsuchung gegeben ist, und ich habe die Entscheidung getroffen, diese Durchsuchungen anzuordnen; gemeinsam mit meinem Gruppenleiter, der immer in diese Entscheidungsfindungen eingebunden war.
Am 27. Februar kam es dann zu der ersten Einsatzbesprechung, wo ich auch Herrn Oberst Preiszler kennengelernt habe – den habe ich an diesem Tag zum ersten Mal gesehen, den hat Herr Generalsekretär Goldgruber mitgebracht –, Herr Dr. Lett war auch da. Herr Oberst Preiszler wurde mir als derjenige vorgestellt, der für den Einsatz verantwortlich ist.
Wir haben damals nur die Außenanlagen des BVT sozusagen besprochen. Wir hatten einen Ausdruck, für mich hat es ausgesehen wie Google Maps, jedenfalls war es eine Vogelperspektive auf das BVT. Das BMI hat mir gegenüber dargestellt, wo die Eingänge sind, wo man hineingehen kann, im Großen und Ganzen wo die Abteilungen sind, aber nicht präzise, wo welches Büro ist.
Ich habe damals schon klargestellt: Für mich ist das Um und Auf bei der Durchsuchung, dass wir schnell sind. Es nützt mir nichts, wenn wir versuchen, mit Gewalt hineinzugehen, weil das unheimlich viel Zeit kostet. Ich bin ja davon ausgegangen, dass Fernlöschungen möglich sind, und das sind sie auch, und jedes Aufhalten mit dem Versuch, irgendetwas aufzubrechen, hätte die Zeit gekostet, die ich nicht habe, wenn ich verhindern möchte, dass jemand schnell auf eine Taste drückt. – Das habe ich klargestellt.
Der zweite Punkt, der für mich ganz wichtig war: Die Einsatzgruppe sollte niemals Zugriff auf die Daten bekommen. Jede Durchsuchung ist Teamwork. Ich war dort als die Leiterin der Amtshandlung, als Staatsanwältin, ich habe die Amtshandlung geleitet. Die IT-Sicherstellungen, die Sicherstellungen von Daten hat das IT-Team gemacht, und die Aufgabe der EGS war es nur, die Sicherheit herzustellen; wir nennen das: die Exekutivgewalt herstellen. Das heißt, die EGS sollte so schnell wie möglich in das Gebäude einsickern, sollte alle Büros sichern, und wenn ich dann drinnen bin und alles gesichert ist, ist die Sicherstellung der Daten ausschließlich Sache der IT und nicht der EGS.
Wir haben bereits nach der Aussage von Mag. M. W. (BVT) die Feststellung getroffen, dass ich wohl mit einer Sicherstellung werde vorgehen müssen, und wie es üblich ist, habe ich mir natürlich Sorgen – oder Gedanken – darüber gemacht: Wie mache ich das? Wie kann ich ganz grundsätzlich - -
Vorsitzende Doris Bures: Frau Mag.a Schmudermayer, Sie haben jetzt ungefähr noch eine halbe Minute, dann sind nämlich die 20 Minuten ausgeschöpft. (Auskunftsperson Schmudermayer – ihr Manuskript in die Höhe haltend –: Ich bin auch schon auf der letzten Seite, schauen Sie! Perfekt getimt!) Ich wollte Sie nur darauf aufmerksam machen, weil ich davon ausgehe, dass Sie uns im Zuge der Befragung ohnedies das eine oder andere noch ausführen können. (Auskunftsperson Schmudermayer: Ja, ich weiß, ich bin auch schon fertig!) – Bitte.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wir haben dann eben nach der Aussage von Herrn Mag. M. W. (BVT) festgestellt, dass wir eine Durchsuchung werden machen müssen, und haben uns dann überlegt: Wie tun wir das? Welche Vorbereitungen können wir treffen?, unabhängig davon, ob dann letztlich – weil wir das natürlich nicht wissen – eine Bewilligung des Landesgerichts für Strafsachen Wien vorliegt. Das ist damit vergleichbar: Wenn Sie ein Haus bauen, werden Sie nicht anfangen, die Arbeitskräfte zu beauftragen, die Handwerker zu beauftragen, bevor Sie nicht wissen, ob Sie überhaupt dort bauen dürfen, wo Sie wollen. Das heißt, das sind ganz grundsätzliche Vorbereitungen zur Frage gewesen: Wie mache ich das mit dem IT-Team? Wie mache ich das mit der gerichtlichen Bewilligung?
Zusammenfassend daher: Diese Hausdurchsuchung hat auch so funktioniert, wie wir uns das letztlich gedacht haben, die Angaben der vier Auskunftspersonen haben sich letztlich grosso modo als richtig erwiesen, die Durchsuchung ist auch nicht vorzeitig bekannt geworden – das war ein wesentlicher Faktor –, und die IT-Sachverständigen konnten nach Herstellung der Sicherheit im Gebäude ohne jegliche Störungen, auch ohne Gewaltanwendung die Daten sicherstellen.
Vielen Dank, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete.
Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Frau Mag.a Schmudermayer, für Ihre einleitende Stellungnahme.
Wir beginnen mit der Erstbefragung durch den Verfahrensrichter. – Bitte, Herr Dr. Strauss.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Vielen Dank. Sie haben mir schon viele Antworten auf Fragen gegeben, die ich Ihnen gestellt hätte.
Ich möchte doch noch auf ein Thema eingehen, nämlich auf die Frage: Welche Argumente sprachen für Sie gegen die Vorgangsweise der Amtshilfe, dagegen, dass Sie Ihre gewünschten Daten über Amtshilfe bekommen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Dazu gibt es mehrere Punkte: Zum einen wussten wir vom Zeugen A. H. (BVT), dass die Server des BVT vollkommen autark sind. Das heißt, es war mir klar: Wenn wir auf diese Daten zugreifen wollen, dann funktioniert das nicht über das BMI, sondern ich brauche auf jeden Fall die IT-Abteilung des BVT. Jetzt war es aber so, dass aufgrund der Angaben der Zeugen gegen Herrn Direktor Gridling auch ein Tatverdacht bestanden hat, nämlich dass ihm genau jener Datenmissbrauch, um den es uns ging, aufgrund der Angaben von Mag. M. W. (BVT) bewusst war, bekannt war, er aber nichts dagegen unternommen hat.
Hier kommen wir zu dem Punkt Selbstbelastungsverbot: Wenn ich über Herrn Direktor Gridling versucht hätte, die Daten zu bekommen, dann hätte er sich ja unter Umständen durch die Herausgabe der Daten selbst belasten können, und das muss nach der Strafprozeßordnung niemand. Genauso die Mithilfe der IT-Abteilung, das betrifft den Leiter der IT-Abteilung C. H. (BVT): Wenn er bei der Sicherstellung dieser Daten über Amtshilfe mithelfen muss, dann kann er sich dadurch unter Umständen selbst belasten, und das muss er nicht. Genau deswegen, das war der zweite Punkt, hat das für uns gegen die Amtshilfe gesprochen.
Für uns war außerdem klar: Wir konnten einerseits nicht davon ausgehen, dass sowohl Direktor Gridling als auch Herr C. H. (BVT) sich selbst belasten, und zum anderen: Sie müssen sich vorstellen, wir haben Daten gesucht, die es offiziell gar nicht geben darf. Das heißt, wir mussten davon ausgehen, dass diese Daten an Orten gespeichert sind, wo der Arbeitgeber, der Dienstgeber genau keinen Zugriff hat. Welcher Dieb versteckt den Ferrari, den er gerade gestohlen hat, in der Garage des Opfers? Wir mussten davon ausgehen, dass diese Daten entweder auf privaten Datenträgern sind oder an Orten abgespeichert sind, wo wir durch Amtshilfe gar nicht hinkommen würden.
Sie müssen nämlich bei der Amtshilfe zwei Dinge bedenken: Das eine ist, dass der Arbeitgeber zwar natürlich in das Büro eines Mitarbeiters hineingehen und sagen kann: Ich möchte die Daten sicherstellen, die da bei dir sind!, das darf er aber nicht bei privaten Datenträgern; die darf der Dienstgeber ohne Anordnung der Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft nicht durchsehen.
Das Zweite ist: Abgesehen davon ist der Rechtsschutz natürlich bei der Anordnung einer Sicherstellung wesentlich besser, als wenn der Dienstgeber ohne gerichtliche Kontrolle dort hineingeht, und wir wussten eben, dass der Zugriff auf diese Daten nur so möglich ist.
Das waren, jetzt ganz grosso modo, die Gründe, warum wir davon ausgegangen sind, dass Amtshilfe nicht tunlich ist, zumal wir ja kurz davor die Entscheidung des Oberlandesgerichts in der Causa Salzburg bekommen haben, wo nämlich genau dieses Thema ganz massiv von den betroffenen Personen eingewendet worden ist – wir hätten diese Durchsuchung nicht machen dürfen, weil Amtshilfe das gelindere Mittel gewesen wäre –, und das OLG ganz klar gesagt hat, dadurch, dass der Leiter dieser Behörde selbst Beschuldigter war, war die Durchsuchung das richtige Mittel der Wahl, die Amtshilfe war nicht tunlich. Auch diese Entscheidung war mir bekannt, und ich bin von dieser Rechtslage ausgegangen.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Danke schön.
Warum war es notwendig, einen Journalrichter für die gerichtliche Bewilligung zu bemühen? Konnte man das nicht in der normalen Dienstzeit mit dem zuständigen Richter abwickeln?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Es hat sich folgendermaßen abgespielt: Wir haben uns ja – das habe ich schon erwähnt – am Anfang schon einmal, bevor wir die Bewilligung hatten, überlegt: Wie kommen wir zu dieser Bewilligung, ohne dass der gesamte Apparat des Landesgerichts für Strafsachen Wien – sämtliche Geschäftsabteilungen, die Einlaufstelle und so weiter und so fort – in diesen Ablauf eingebunden ist? Aber selbstverständlich muss der Ablauf natürlich so erfolgen, dass das Recht auf den gesetzlichen Richter nicht verletzt ist. Das ist klar.
Also haben wir – ein Kollege von mir, Herr Mag. Purkart – Kontakt mit dem Präsidenten des Landesgerichts für Strafsachen Wien aufgenommen und ihn einmal rein theoretisch gefragt: Wie könnte man es abwickeln, damit genau dieses Problem nicht besteht, nämlich dass zu viele Leute zu früh von diesen Ermittlungen erfahren?
Er hat dann - - Ich muss dazusagen: Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir auch noch gar keinen zuständigen Richter, weil ja bis dahin noch keinerlei gerichtliche Bewilligungen erforderlich waren.
Wir haben das dann so gemacht, dass wir gesagt haben: Sobald ich die schriftlichen Anordnungen ausgestellt habe, komme ich mit diesen persönlich zum Präsidenten des Landesgerichts, er geht mit mir in die Einlaufstelle, und dort vergibt dann der Computer, ganz genau so, wie es immer vorgesehen ist, per Zufallsgenerator eine Geschäftszahl. Diese Geschäftszahl zeigt mir dann, welcher Haft- und Rechtsschutzrichter für das Verfahren zuständig ist, er geht dann mit mir mit diesen Anordnungen in der Hand genau zu diesem Haft- und Rechtsschutzrichter hin – welcher auch immer das dann gewesen wäre –, und der kann dann die schriftlichen Anordnungen und den Akt prüfen. – So war das gedacht – das war auch der Inhalt der Gespräche mit dem Präsidenten –, damit das seinen korrekten Ablauf hat, ohne dass zu viel Personal des Landesgerichts eingebunden ist.
Was dann nicht so gelaufen ist, ist, dass meine schriftlichen Anordnungen, die ich ja ausgefertigt habe, nicht mehr vor 15.30 Uhr fertig geworden sind. Auf der anderen Seite – ich habe es schon mehrfach erwähnt – war für mich die Dringlichkeit absolut gegeben. Ich habe damit gerechnet, dass jede Verzögerung dazu führt, dass das Verfahren verraten werden könnte. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden, diese Anordnungen im Journal bewilligen zu lassen.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Aus heutiger Sicht: Würden Sie immer noch sagen, dass die Anordnung der Hausdurchsuchungen das probate Mittel war?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Dazu kann ich nur sagen: Das Oberlandesgericht Wien hat entschieden, wie es entschieden hat, das ist jedem bekannt. Das ist selbstverständlich zur Kenntnis zu nehmen. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass das Oberlandesgericht Wien den Tatverdacht mit einer Ausnahme bejaht hat – also gesagt hat, der Tatverdacht, von dem ich ausgegangen bin, ist richtig, bis auf eine Ausnahme –, allerdings hat es eben gesagt, ich hätte statt der Durchsuchung den Weg der Amtshilfe wählen sollen. Ja, das nehme ich so zur Kenntnis.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wir wissen aus den letzten Befragungen, dass einer der betroffenen BVT-Mitarbeiter zum in der Anordnung der Hausdurchsuchung und Sicherstellung angeführten Tatzeitpunkt gar nicht mehr im BVT tätig war. Dieser Umstand sei Ihnen per Telefon mitgeteilt worden. Sie haben sich trotzdem für die Fortführung der Hausdurchsuchung entschieden.
War Ihnen das bekannt? Warum? – Es war N. B. (BVT).
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Mir waren die Zuteilungszeiten des Herrn N. B. (BVT) vor der Hausdurchsuchung nicht bekannt, aber es stimmt, ich bin angerufen worden, unter dem Hinweis, dass Herr N. B. (BVT) während der Durchführung der Hausdurchsuchung gesagt hat, er sei in den fraglichen Zeiträumen nicht beim BVT zugeteilt gewesen. Ich konnte das ad hoc weder verifizieren noch falsifizieren.
Ich bin aufgrund der Zeugenaussagen, die ich hatte, davon ausgegangen, dass es sehr wohl so ist, dass sich die Daten bei Herrn N. B. (BVT) befinden können, und es ist auch so, dass Herr N. B. (BVT) tatsächlich vier Wochen überschneidend sehr wohl im BVT zugeteilt war. Und Tatsache ist auch, dass wir bei Herrn N. B. (BVT) zu Hause auf seinen privaten Datenspeichern auch tatsächlich sehr viele dienstliche Daten gefunden haben, nämlich nicht nur Daten aus dem BVT, sondern auch Daten aus dem BKA – auf einem privaten Speichermedium, auf einer NAS, bei Herrn N. B. (BVT) zu Hause.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich bin jetzt am Ende meiner Erstbefragung. – Danke schön.
*****
Vorsitzende Doris Bures: Vielen Dank, Herr Dr. Strauss.
Dann gehen wir in die erste Fragerunde ein. Die Redezeitvereinbarungen sind Ihnen bekannt. Der Redeordnung nach ist der Erste Herr Abgeordneter Jenewein. – Bitte.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Frau Oberstaatsanwältin, herzlichen Dank für diese durchaus sehr umfassende Einleitung.
Ich möchte Ihnen, bevor wir in eine Befragung gehen, das Dokument 1079 vorlegen – nur zur Erklärung: das ist das staatsanwaltschaftliche Tagebuch – und Sie ersuchen, Seite 81 aufzuschlagen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Wir haben ja jetzt gerade darüber gesprochen, und Herr Verfahrensrichter Strauss hat das ja auch angesprochen. Ich möchte gerne noch einmal auf diesen Vermerk von Herrn Staatsanwalt Matthias Purkart eingehen, um die Genesis ein bisserl deutlicher herauszuarbeiten, weil sich darum ja auch sehr viele Mythen ranken; vor allem der Mythos der Nacht- und Nebelaktion schwirrt seit Monaten medial irgendwo im Äther herum.
In diesem Amtsvermerk wird beschrieben, dass am 22. Februar, also fünf Tage vor dieser Hausdurchsuchung – wenn man das Wochenende mit einrechnet, könnte man auch sagen: eine Arbeitswoche davor –, der Präsident des Landesgerichts für Strafsachen Wien, Herr Mag. Forsthuber, informiert wurde. – Wissen Sie, ob Herr Mag. Forsthuber in diesem Gespräch auch umfassend über den gesamten Komplex BVT informiert wurde?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich habe dieses Gespräch zwar nicht selber geführt, das war Kollege Purkart, ich kann aber mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass Herr Präsident Forsthuber sicher nur rudimentär über dieses ganze Verfahren informiert war, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: weil am 22. Februar sogar Herr Staatsanwalt Purkart selbst nur rudimentär über dieses Verfahren informiert war.
Man muss zu seiner Rolle Folgendes wissen: Herr Mag. Purkart ist bei uns in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft der Leiter der IT-Abteilung. Das heißt, wenn man eine umfassende Datensicherstellung plant – wir reden noch von einer theoretischen Planung, es geht rein um die Prüfung: habe ich überhaupt die Kapazitäten, wie schnell kann ich so etwas überhaupt machen?, ganz grundsätzlich –, dann wendet man sich an den Leiter der IT-Abteilung, und das ist Herr Mag. Purkart.
In dieser Eigenschaft habe ich ihn eingebunden. Da ging es mir aber nur um die theoretische Machbarkeit von Datensicherstellungen.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Alles klar.
Am 27. Februar, also einen Tag vor der Hausdurchsuchung, gab es dann laut diesem Vermerk noch einmal Kontakt, und zwar so, wie Sie ja eingangs schon beschrieben haben: Nachdem die Anordnungen nicht rechtzeitig fertig geworden sind, hat man sich dann eben verständigen müssen, das Ganze über den Journalrichter, den wir ja heute auch noch hier hören werden, abzuwickeln.
Nur ganz grundsätzlich, weil es mich interessiert und ich selbst nicht aus dem Justizapparat komme: Könnten Sie bitte klarstellen, wie so etwas abläuft? Inwieweit wird in der gängigen Praxis – nicht nur speziell auf diesen Fall bezogen, sondern überhaupt – ein Journalrichter, der ja für einen beschränkten Zeitraum Journaltätigkeit innehat, inhaltlich informiert? Was prüft ein Journalrichter? Ist ein Journalrichter auch dazu da, dass er diese Entscheidung, die ja schon als Eingabe vorliegt, inhaltlich prüft? Wie oft wird es zurückgeschmissen, also wie oft passiert es, dass er sagt: Nein, das kann ich nicht unterschreiben, denn da liegt mir eigentlich zu wenig Substrat vor!? Oder ist das ein Formalakt, den man braucht, um eben einen Einsatz, wenn Zeitdruck herrscht, schnellstmöglich abzuwickeln? – Können Sie uns da ein bisschen etwas aus der Praxis schildern, bitte?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich schildere einmal, wie ein Journalvorgang ganz allgemein abläuft. Ich bin jetzt seit 14 Jahren Staatsanwältin und habe jahrelang in der Staatsanwaltschaft Wien auch den „richtigen“ – unter Anführungszeichen – Journaldienst versehen. Das bedeutet, dass man von Freitag Früh bis Montag Früh durchgehend jederzeit für die Polizei erreichbar ist.
Im Normalfall funktioniert das so: Die Polizei ruft an – um 3 Uhr in der Früh oder um 8 Uhr am Abend – und schildert einen Sachverhalt. Sie als Staatsanwalt fragen jetzt bei der Polizei die notwendigen Informationen ab, die Sie brauchen, um entscheiden zu können, ob Sie eine Anordnung, die die Polizei als Ermittlungsmittel haben möchte, auch tatsächlich erlassen wollen, zum Beispiel eine Durchsuchung.
Wenn Sie diese Informationen alle haben, die Sie brauchen: Wer ist der Täter? Wie schaut der Sachverhalt aus? Was wird ihm vorgeworfen? Aufgrund welcher Umstände glaube ich, dass dieser Sachverhalt verwirklicht sein könnte? Natürlich: Wie schaut es mit gelinderen Mitteln aus? Muss ich wirklich eine Durchsuchung machen oder kann ich vielleicht anders vorgehen? Und: Wie dringend ist es?, - - Das ist nämlich ein Punkt: die Journaldringlichkeit. Es ist mir nicht nur einmal passiert, dass ich dann auch der Polizei gesagt habe: Ja, mag alles stimmen, mag alles sein, aber ich weiß nicht genau, warum ich jetzt um 3 Uhr Früh den Journalrichter anrufen sollte!
Wenn ich dann zu der Entscheidung komme, es ist Journaldringlichkeit für mich, als Staatsanwältin jetzt, gegeben, dann rufe ich den Journalrichter an, und dem trage ich im Prinzip das vor, was mir die Polizei gesagt hat, natürlich reduziert auf das, was für die Beurteilung der Frage wichtig ist, ob er mir eine Durchsuchung bewilligt oder nicht, also: Worauf beruht der Tatverdacht? Welche Beweismittel gibt es? Dann natürlich auch: Ist es verhältnismäßig? Und natürlich kann er auch jederzeit, wenn er das möchte, sagen: Meiner Meinung nach ist die Journaldringlichkeit nicht gegeben, seien Sie so nett, rufen Sie morgen den Kollegen an!, wenn er das so sieht. Oder er kann sagen: Ja, die mündliche Schilderung ist jetzt so, ich will mir aber Beweismittel anschauen, verschaffen Sie mir – zum Beispiel – Protokolle von Zeugenaussagen von der Polizei!
In den meisten Fällen ist es so, dass er aufgrund der mündlichen Schilderungen am Telefon die Bewilligung erteilt. Präzise gesagt: Es ist mir in meiner Laufbahn noch nie passiert, dass das nicht der Fall war, allerdings muss ich dazusagen, dass sozusagen die erste Hürde ja ich bin. Also wenn die Polizei anruft und etwas will, bei dem ich schon davon ausgehe, dass der Journalrichter das nicht genehmigt, dann rufe ich ihn nicht an. – So funktioniert es normalerweise.
Der große Unterschied zu meinem Verfahren ist jetzt: Das passiert alles mündlich. Es gibt noch gar keinen schriftlichen Akt, es gibt keine schriftlichen Anordnungen – und das war bei mir ganz konkret vollkommen anders. Ich hatte zu dem Zeitpunkt, als ich beim Journalrichter angerufen habe, die schriftlichen Anordnungen ja schon fertig, und es gab einen Akt, weil ich ja dachte – das war der ursprüngliche Plan –, dass wir diese schriftlichen Anordnungen im Regelbetrieb ganz normal im Straflandesgericht Wien einlaufen lassen. Das hat so nicht funktioniert, aber wenn der Journalrichter zu mir am Telefon gesagt hätte, er möchte die Anordnungen sehen, hätte er gesagt, er will den Akt haben, dann hätte ich mich ins Auto gesetzt und wäre hingefahren und hätte ihm alles gebracht. Das ist aber, wie gesagt, nicht die gängige Praxis.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Jetzt wissen wir aus diesem Vermerk von Herrn Staatsanwalt Purkart, dass der Journalrichter ja bereits am Nachmittag darüber informiert war, dass am Abend irgendetwas kommen wird. Wusste der da in etwa, in welche Richtung das geht, oder hat er da nachgefragt? – Ich werde ihn später dann auch noch dazu fragen, aber: Ist es denkmöglich – ich frage Sie jetzt bewusst, auch vor dem Hintergrund der medialen Berichterstattung –, dass jemand am Nachmittag darüber informiert wird: Hoppla, Vorsicht, am Abend kommt wahrscheinlich ein Antrag, der ist halt noch nicht fertig!, und dann völlig blank dasteht und sagt: Ich habe keine Ahnung, worum es geht, aber ich zeichne das einfach ab!? Ist das denkmöglich in unserem Justizwesen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich bin überzeugt davon, dass kein Richter blank - - und irgendetwas unterschreibt; das ist einfach in der richterlichen Verantwortung sicher nicht drinnen.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Gut, also ich fasse zusammen: Man kann davon ausgehen, dass es sich hier um einen korrekten Ablauf gehandelt hat, der praxisnah war. (Abg. Duzdar: Das hat sie nicht gesagt! Das wurde so nicht gesagt!)
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Was konkret der Herr Journalrichter gewusst hat, kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich ihn nicht informiert habe. Das müssten Sie ihn selbst fragen. Ich gehe nur aufgrund meiner langjährigen Praxis und meiner Erfahrungen mit Journaldiensten und vor allem mit Richtern – ich habe ja wahrscheinlich viele, viele Hundert Verhandlungen mit Richtern gemacht – davon aus, dass die sich natürlich erkundigen und sich ihre Meinung bilden, wenn sie dann die Informationen haben.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Gut, dann möchte ich diesen Komplex jetzt einmal fürs Erste abschließen und zu einem anderen Fragekomplex kommen, und zwar ganz kurz zur Genesis am Beginn dieses Jahres.
Können Sie uns schildern, wann erstmals der Generalsekretär im Innenministerium, Herr Peter Goldgruber, mit Ihnen Kontakt aufgenommen hat und wie sich dieser Kontakt abgespielt hat? War das jetzt einmal ein Vorabtelefonat oder ist er bei Ihnen im Büro gestanden? Können Sie uns schildern, wie diese Kontaktaufnahme abgelaufen ist, bitte?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Der allererste Kontakt mit Herrn Generalsekretär Goldgruber war – ich kann dazu auch vollinhaltlich auf meine Vermerke verweisen, die Sie ohnehin haben; viel mehr als das, was in meinem Tagebuch steht, und es steht eh schon sehr viel in meinem Tagebuch, kann ich Ihnen heute auch nicht sagen –: Herr Generalsekretär Goldgruber ist gekommen, nachdem mir von Herrn Rechtsanwalt Lansky angekündigt worden ist, dass er kommen möchte. Er kam dann eben auch am 19.1. Ich habe diesen Termin telefonisch mit ihm vereinbart, habe aber vorab schon meinen Gruppenleiter und auch die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Herr Generalsekretär kommen wird.
Inhaltlich wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht, was er von mir will. Wir haben uns gedacht, wir hören ihm einfach einmal zu – denn das machen wir so: wenn jemand kommt und uns etwas melden will, dann hören wir zu –, und dann schauen wir, was er uns erzählt.
Er kam dann auch und hat mir eben sozusagen gleich als Eingang dieses Gesprächs diesen Schnellhefter vorgelegt – den finden Sie auch im Ermittlungsakt, er ist Bestandteil des Ermittlungsakts – und hat mir gesagt, dass er den Auftrag bekommen hat, den Vorwürfen in diesem Konvolut nachzugehen. Dieses Konvolut beinhaltet eben massive amtsmissbräuchliche und auch zum Teil Korruptionsvorwürfe gegen Mitarbeiter des BMI, er geht dem nach und hat mich sozusagen gefragt, wie wir weiter tun, wie wir jetzt weitermachen.
Auf das hinauf haben mein Gruppenleiter und ich ihm gesagt - - Dazu muss man - - Ich habe es, glaube ich, erwähnt, ich weiß es nicht genau: Ich habe ja diesen Akt von Beginn an als Verschlusssache geführt, und wenn man einen Akt als Verschlusssache führt, hat das zwei ganz wichtige Konsequenzen: Die eine ist: Der Zugriff auf den Akt ist auch innerhalb der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft massiv beschränkt. Die zweite Konsequenz ist, dass nach außen überhaupt keine Informationen über den Akt gegeben werden.
Das heißt, als Generalsekretär Goldgruber bei mir war, haben wir ihm überhaupt nichts dazu gesagt, dass wir diesen Akt führen und was wir in diesem Akt machen. Er hat dann eben dieses Konvolut vorgelegt, ich habe es grob gesichtet und habe gesehen: Das ist das Gleiche, was wir haben. – Das war der eine große Punkt.
Der andere große Punkt war eben das Thema: Wer soll uns das ermitteln? Ich habe es ohnehin schon dargelegt: Wir haben einerseits das große Geheimhaltungsproblem – jede Person, die von den Ermittlungen weiß, ist ein Geheimhaltungsrisiko –, und dann haben wir natürlich das, was wir die Anscheinsproblematik nennen. Das war sozusagen der zweite große Themenkomplex, der mit ihm besprochen worden ist.
Im Prinzip sind das die zwei großen Themenkomplexe, ja.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): War das für Sie eine Überraschung, dass da jetzt jemand aus dem BMI, aus dem Kabinett, aufschlägt und Ihnen das präsentiert? Hat er gesagt: Ich bin jetzt als Generalsekretär da und ich möchte das jetzt zur Anzeige bringen!, oder: Ich möchte, dass Sie das prüfen lassen!? Hat das für Sie gewirkt, als wäre er jetzt als Anzeiger da, als derjenige, der sagt: Da habe ich jetzt etwas, da stehen Vorhaltungen drinnen, ihr seid die Staatsanwaltschaft, ermittelt bitte!?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, genau das war der Eindruck, den ich hatte. Er ist gekommen, hat dieses Konvolut auf den Tisch gelegt. Das war ja für mich schon angezeigt. Ich habe ja schon ermittelt, ich habe ja schon Rechtshilfeersuchen gemacht, ich habe schon durch Anordnungen versucht, den Konvolutschreiber auszuforschen. Ich war ja schon im Ermitteln. Er hat mir einfach dieselben Inhalte noch einmal gezeigt, und, wie gesagt, er hat gesagt, er will diesen Vorwürfen nachgehen. Das ist für mich ein klarer Fall: § 78 Strafprozeßordnung. Für mich war er ein Anzeiger.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Für Sie war er ein Anzeiger. Ist er im Prinzip auch dazu verpflichtet, so etwas anzuzeigen, wenn er davon Kenntnis bekommt?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Die BMI-internen Vorschriften kenne ich natürlich nicht, aber für mich ist es strukturell gedacht sehr leicht nachvollziehbar, dass der höchste Beamte – und der Generalsekretär ist der höchste Beamte im Ministerium, egal, in welchem –, der natürlich die Verantwortung trägt, solchen Dingen nachgeht, weil es ja letztlich ihn trifft. Also wenn er das nicht tut – aber wie gesagt, das ist jetzt meine Strukturvorstellung –, wenn er diesen Vorwürfen nicht nachgeht, obwohl sie ihm bekannt sind, kann umgekehrt für ihn dadurch ein massives Problem entstehen. Aber wie gesagt, was das BMI intern macht, weiß ich nicht.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Also Sie sagen, es wäre ein Problem gewesen, wenn er es nicht getan hätte.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wie gesagt, das ist meine (Abg. Jenewein: Ihre Wahrnehmung!) theoretische Vorstellung. Das ist meine theoretische Vorstellung; wie die BMI-internen Vorschriften dazu sind, weiß ich nicht.
Ich sehe es parallel zu den Wirtschaftsstrafverfahren, die wir haben. Sie müssen sich vorstellen, Sie sind Vorstand oder Sie sind Aufsichtsrat und Sie erfahren von Ihren Mitarbeitern in einem großen Unternehmen, dass es Missstände im Unternehmen gibt. – Ja, also ich meine, es ist, glaube ich, für jeden verständlich, dass man diesen Missständen nachgehen muss. Das war meine Denkstruktur; wie gesagt, wie es BMI-intern ist, weiß ich nicht.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie haben in Ihrem Amtsvermerk vom 19.1.2018 geschrieben, dass Herr Goldgruber bei diesem Gespräch gemeint hat, dass das BMI so korrupt ist wie überhaupt noch nie. – Haben Sie eigentlich hinterfragt, was er damit meint?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Er hat - - (Abg. Jenewein: Oder ... selbst gesagt?) Ich habe nicht viel hinterfragen müssen, er hat eh viel geredet, ja. Er hat aber inhaltlich eigentlich das wiedergegeben, was im Konvolut gestanden ist, und dadurch, dass ich mich zu dem Zeitpunkt schon seit acht Monaten, sieben Monaten mit den Sachverhalten auseinandergesetzt habe, war ja da jetzt nichts für mich Überraschendes dabei.
Wenn Sie mich ganz konkret auf diese Formulierung ansprechen, die ich in meinem Aktenvermerk gewählt habe: Ob das wortwörtlich so war, kann ich Ihnen nicht sagen; inhaltlich war es aber so, dass er das gesagt hat.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie haben am 6.12.2017 in Ihrem Tagebuch sinngemäß festgestellt, dass es einen gewissen Druck der Medien gibt, weil da bei den Ermittlungen nichts weitergeht. Sinngemäß schreiben Sie da: „[...] jedoch entsteht nunmehr der Eindruck, dass die Medien davon ausgehen, dass nichts betreffend dieser Vorwürfe unternommen wird, was nicht den Tatsachen entspricht.“
Das heißt, Sie sagen, Sie haben zu diesem Zeitpunkt, im letzten Jahr, 2017, bereits ermittelt. – Wie haben sich diese Ermittlungen bis zur neuen Regierung abgespielt? Hatten Sie den Eindruck, dass Sie da relativ viel Unterstützung bekommen? Hatten Sie den Eindruck, dass da bei Ermittlungstätigkeiten ein bisschen ein Unwillen da ist? Oder war es ganz einfach so, dass zu diesem Zeitpunkt keine Zeugen greifbar waren?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wie erwähnt habe ich ja zu diesem Zeitpunkt keine Maßnahmen gesetzt, die die Geheimhaltung gefährdet haben; das heißt, ich bin nie offiziell an das BMI herangetreten. Meine Erfahrung war aufgrund der Medienanfragen, dass diese Konvolut- -; denn es gab ja Medienanfragen. Es war ja so, dass diese anonymen Konvolute ja überall kursiert sind, nicht nur den Staatsanwaltschaften vorgelegen sind, den Ministerien vorgelegen sind, sondern auch den Medien, und die Medien haben natürlich bei uns angerufen. Aber wenn ich jetzt den Medien die Auskunft erteile: Ja, ich ermittle und ich mache da Anordnungen!, und so weiter und so fort, dann gefährde ich natürlich definitiv meinen Ermittlungszweck.
Wie gesagt war es ja auch eine Verschlusssache; bei Verschlusssachen werden keine Auskünfte an Medien erteilt. Die Kehrseite der Medaille ist natürlich, dass dann öffentlich der Eindruck entstanden ist, es wird überhaupt nichts gemacht – und das war ja nicht der Fall.
Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, eine kurze Frage noch in dieser Runde, dann verweise ich Sie auf die nächste.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Nur eine ganz kurze Nachfrage: Beim selben Eintrag am 6.12. schreiben Sie nämlich: „Noch drastischer: wenn über die Medien bekannt wird, was Gegenstand der Ermittlungen [...] ist, dann können die Ermittlungen auch wieder abgebrochen werden.“
„[...] auch wieder abgebrochen werden“: Gab es schon einmal die Angst, dass Ermittlungen abgebrochen werden können, und wer kann Ermittlungen abbrechen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: „Auch“ war nicht gemeint im Sinne von: Ich habe noch ein anderes Verfahren, wo ich abgebrochen habe!, nicht das, sondern das war sozusagen die korrekte Formulierung für: eh; also dann kann ich genauso gut gleich wieder zum Ermitteln aufhören, denn das Problem ist wirklich: Wie wollen Sie Korruption ermitteln, wenn alle die, die es betrifft, schon im Vorhinein von diesen Ermittlungen erfahren? Und wenn die Medien davon erfahren, dann erfahren es alle; das habe ich damit gemeint.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Danke. (Auskunftsperson Schmudermayer: Bitte sehr!)
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke, Frau Oberstaatsanwältin, dass Sie heute für unsere Fragen zur Verfügung stehen! Für mich ist es ein ziemlicher Zirkelschluss, wenn Sie sagen, Sie haben nicht ermittelt, um den Ermittlungszweck nicht zu gefährden. Das scheint Ihre Logik gewesen zu sein, bis zum Jänner, bis Generalsekretär Goldgruber bei Ihnen erschienen ist. Es hat sich durch die Befragung ja schon herausgestellt, dass für Sie kein Neuigkeitswert inhaltlicher Natur von ihm geliefert wurde, weil er Ihnen ein bekanntes Konvolut aushändigte.
War deswegen der Neuigkeitswert nur, dass der Generalsekretär des Innenministeriums mit der Autorität seines Amtes bei Ihnen erscheint?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich habe nicht gesagt, ich habe nicht ermittelt. Ich habe ermittelt, aber nicht unter Beiziehung des BMI. Wenn Sie mein Tagebuch lesen, dann sehen Sie, dass ich die ersten Anordnungen zur Ausforschung des anonymen Konvolutschreibers ja schon im Oktober 2017 erlassen habe. Das war lang, lang bevor Herr Generalsekretär Goldgruber zu mir gekommen ist, und ich wusste damals ja auch noch gar nicht, dass der Herr Generalsekretär irgendwann eines Tages bei mir ist. Und dieser meiner Anordnung im Oktober ist auch – das war nämlich auch sehr aufwendig – eine umfassende Prüfung vorangegangen: Wie viele Sachverhalte gibt es überhaupt? Welche sind schon eingestellt?
Sie wissen, es gibt das sogenannte Ne-bis-in-idem-Problem, das heißt, ich darf ja kein Strafverfahren führen, wenn jemand schon rechtskräftig - -, wenn das Verfahren schon eigestellt worden ist. Das musste ich alles überprüfen, musste checken, wo Strafverfahren sind – das war relativ aufwendig –, und habe dann eben die Ermittlungen im Oktober eingeleitet, nachdem ich den ganzen Sommer über Akten beigeschafft habe, kopiert habe und so weiter, um das festzustellen.
Also ich habe schon ermittelt, aber selbst. Gemeint habe ich damit: Ich habe keine Polizeibehörde mit den Ermittlungen beauftragt, aber ich habe selbst ermittelt. Das darf die Staatsanwaltschaft, das soll sie sogar – steht im Gesetz.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, mit dem Erscheinen von Generalsekretär Goldgruber war für Sie eine Person wieder Ansprechpartner im BMI, wo Sie Vertrauen hatten, mit ihr in Ermittlungen, Ermittlungsvorgänge zu treten?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich habe am 19. Jänner, als er das erste Mal da war, zur Kenntnis genommen, dass er Anzeige erstattet. Er hat aber, wie gesagt, nichts Neues gebracht, ich habe keine Ermittlungsansätze gesehen, ich habe keine zusätzlichen Ermittlungsansätze durch sein Erscheinen gesehen.
Ich selbst habe weiter ermittelt, Sie sehen es in meinem Tagebuch. Ich habe weiterhin Verfügungen getroffen, ich habe ein Rechtshilfeersuchen nach Deutschland geschickt. Das ist alles parallel gelaufen. Nur allein durch die Anwesenheit des Generalsekretärs Goldgruber am 19. Jänner hat sich für mich kein Ermittlungsansatz ergeben.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben aber sehr wohl gesagt, dass Sie mit ihm besprochen hätten: Was sollen wir jetzt ermitteln, wie kann man da jetzt etwas tun?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Bezogen darauf, welche Polizeibehörde man - - Das war im Zusammenhang damit, dass es darum ging: Welche Polizeibehörde kann ich mit Ermittlungen beauftragen? Das war eine ganz grundsätzliche Frage. Herr Generalsekretär Goldgruber hatte offensichtlich die Konvolute auch gelesen und hat gesehen, dass da drinnen eben nicht nur das BAK vorkommt, das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, sondern auch das Bundeskriminalamt, das LKA und so weiter. Da ging es um das grundsätzliche Problem: Wen beauftragt man?
Sie sehen es auch in meinen Aktenvermerken, er hat dann ja auch eine andere Polizeibehörde vorgeschlagen. Ich weiß jetzt gar nicht auswendig, wie die heißt. (Abg. Krisper: Die EGS!) – Nein (Abg. Krisper: Davor?), die war es nicht, zu dem Zeitpunkt, da steht etwas anderes. Warten Sie, ich schaue kurz nach! Es war aber nicht die EGS, sondern - - (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) Warten Sie einmal, ich schaue nach, was ich geschrieben habe, dass ich nichts Falsches sage! – RBE; das RBE, das Referat Besondere Ermittlungen, für Wien zuständig. Das hat er damals genannt. Ich kannte das auch nicht, er hat es als mögliche Ermittlungsbehörde genannt.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben gemeint, es kann zu Ihnen kommen, wer möchte, und wird angehört. Es war dennoch der Generalsekretär des Innenministers, und nachher, in der bekannten Dienstbesprechung vom 12.3., meinte Generalsekretär Pilnacek: „Eine direkte Kontaktaufnahme des GS“ – Generalsekretärs – „des BMI mit der Staatsanwältin ohne Einhaltung des Dienstwegs ist ein Skandal.“
War Ihnen in dem Moment nicht bewusst, dass hier übliche Wege verlassen werden?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Aus meiner Sicht heraus wurden keine üblichen Wege verlassen, denn aus meiner Sicht heraus war Herr Generalsekretär Goldgruber ein Anzeiger – § 78 Strafprozeßordnung –, und für Anzeigeerstattungen gibt es keine Dienstwege. Das heißt, aus meiner Sicht als Staatsanwältin – ich spreche hier als Staatsanwältin – kann jeder als Anzeiger zu mir kommen und eine Anzeige erstatten, wirklich jeder.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Natürlich, aber es geht um Ihr weiteres Verhältnis, und es findet sich im Aktenvermerk vom 19.1. Ihre Niederschrift: „Es wird übereingekommen, dass die Kommunikation [...] per Telefon (Festnetz) erfolgt, nicht per e-Mail, und allfällige Schriftstücke übergeben werden“; zwischen Ihnen und Goldgruber. „Der Kontakt [...] zwischen mir und Goldgruber“ soll in dieser Form bestehen.
Das heißt, hier wurde auch für Ihren weiteren Austausch ausgemacht, so wenig wie möglich zu verschriftlichen. – Ist das üblich?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nein, nicht, so wenig wie möglich zu verschriftlichen, sondern es ging um die Kommunikationswege. Ich habe eh gesagt: Für mich war die oberste Maxime die Geheimhaltung, und für mich war klar, ich muss zum Beispiel gegen das BVT ermitteln, wenn ich ermitteln muss; das ist der österreichische Nachrichtendienst. Ich gehe natürlich davon aus – wenn ich gegen den Nachrichtendienst ermittle, das ist ja nicht irgendwer –, dass ich besondere Vorsicht walten lassen muss, weit mehr Vorsicht, als ich normalerweise walten lassen muss.
Es war dann so, dass auch Herr Generalsekretär Goldgruber gesagt hat, er ist sich nicht sicher, inwiefern - - Also ich weiß nicht, ob er es wörtlich so gesagt hat, aber der Hintergrund dieses Aktenvermerks, wo es um die E-Mails und um die Telefonate von Mobiltelefonen geht, war der, dass wir uns nicht sicher waren, inwiefern nicht die BMI-Telefone beziehungsweise E-Mails aus dem BMI aus dem BVT heraus oder sonst wie kontrolliert werden können. Das ist der einzige Hintergrund dieses Vermerks.
Es ging da nicht um etwas anderes; und wie Sie sehen: Ich habe ja alles im Tagebuch tatsächlich verschriftet.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dieser Vermerk zeigt aber, dass Sie planten, in Kontakt zu bleiben. Also das eine ist, ob der Generalsekretär ein Anzeiger ist, das andere, mit ihm in Kontakt zu bleiben. – Wozu war dieser Kontakt in Aussicht gestellt? Was hat man weiter geplant?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wenn er Informationen hat, die für das Strafverfahren relevant sind, für mich als Staatsanwältin relevant sind, weitere Ermittlungsansätze bringen, dann kann er mir die übermitteln. Um das ist es gegangen. Es ist um den Informationsfluss, inhaltlich, zum Strafverfahren gegangen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Und zu diesem Informationsfluss kam es ja dann noch, weil Sie ja seit 20. Februar wissen, dass R. P. (BVT), M. W. (BVT) und A. H. (BVT) vorab von Generalsekretär Goldgruber und Lett mehrfach und über mehrere Wochen angehört wurden.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nein, das stimmt so nicht. (Abg. Krisper: Sondern?) – Tatsächlich war es so, dass ich – warten Sie einmal (die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen); ja, am 21. habe ich Frau Mag. R. P. (BVT) vernommen – genau am Tag davor eben den Anruf bekommen habe, dass jetzt eine Akademikerin bereit ist, auszusagen; steht auch so in meinem Aktenvermerk drinnen, und genau so, wie es da steht, war es auch. Ich habe einen Anruf bekommen, dass eine Akademikerin bereit ist, auszusagen. Das ist richtig, ja.
Diese Akademikerin habe ich dann auch vernommen, in Anwesenheit des Herrn Dr. Lett, und diese Akademikerin hat mir dann die weiteren Namen genannt, weil ich sie gefragt habe: Gibt es andere Zeugen, die bestätigen können, was Sie mir gerade erzählt haben, weitere Beweismittel für mich? Und sie hat sie dann genannt.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, von der Durchführung dieser Gespräche, dieser formlosen Gespräche mit den Zeugen und Generalsekretär Goldgruber und Lett wurden Sie nicht am 20.2. informiert?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich wusste bis zum Zeitpunkt der parlamentarischen Anfragebeantwortung durch Herrn Bundesminister Kickl nichts von den Vorgesprächen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Genau, denn da hat er eben geantwortet, Sie hätten das gewusst, seit 20.2. (Auskunftsperson Schmudermayer: Das weiß ich nicht!)
„Von der Durchführung“ der Gespräche „wurde die WKStA am 20. Februar [...] durch den zuständigen Fachreferenten des Generalsekretärs des BMI verständigt.“ – Diese Aussage wird zu allen drei Zeugen wiederholt, ist aber nicht den Tatsachen entsprechend?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Das mag sein, ich weiß nicht, wie der Informationsfluss im BMI ist. Wie gesagt, intern habe ich da überhaupt keine Einblicke.
Ich kann nur sagen, dass ich, wie Frau Mag. R. P. (BVT) zu mir gekommen ist, einmal von Frau Mag. R. P. (BVT) als Zeugin ausgegangen bin und mir nicht gesagt worden ist, falls das überhaupt so ist, dass mit dieser Zeugin drei, vier oder fünf Vorgespräche geführt worden sind; wenn das überhaupt der Fall ist, ich weiß es eben nicht; das ist eine BMI-interne Sache.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, die Verständigung am 20. Februar, von der in der Anfragebeantwortung die Rede ist, ist Ihnen nicht erinnerlich?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nein, ich bin verständigt worden, dass eine Zeugin bereit ist, auszusagen, aber es hat keiner zu mir gesagt: Wir haben mit denen – wenn es überhaupt so war – schon fünf Mal gesprochen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das bringt mich zur Frage, ob Sie Aktenvermerke, irgendetwas Schriftliches über diese Gespräche mit den Zeugen im Vorfeld vonseiten Lett, Generalsekretär Goldgruber erhalten haben.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nein, habe ich nicht; ich wusste ja auch nichts davon. Ich habe auch keine Aktenvermerke (Abg. Krisper: Auch nicht im Nachhinein!) über Vorgespräche.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann komme ich zu der Frage, wer in der Hand hatte, welcher Zeuge wann geladen wird, und wie Ihr Informationsstand dazu war. Sie sagten schon, dass die erste Zeugin, R. P. (BVT), von Generalsekretär Goldgruber entriert wurde.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Er hat angekündigt, dass eine Zeugin bereit ist, auszusagen, und die kam dann auch am Tag danach – richtig, ja.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ist es richtig, dass Sie Herrn Lett die Weisung erteilt haben, die Zeugin R. P. (BVT) zu verständigen und ihr mitzuteilen, dass sie sich am 21. Februar bei der Staatsanwaltschaft einfinden soll?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Grundsätzlich: Die Wortwahl ist nicht ganz richtig, weil ich natürlich Herrn Dr. Lett als Kabinettsmitarbeiter von Herrn Generalsekretär Goldgruber keine Weisungen erteilen kann; er ist ja nicht die für mich ermittelnde Behörde, sondern ein Mitarbeiter des Kabinetts. Richtig ist aber, dass der Kontakt zu Frau Mag. R. P. (BVT) und die Terminvereinbarung – die Uhrzeit und für den nächsten Tag – über Herrn Dr. Lett gelaufen ist. Das ist richtig, ja.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): In der Anfragebeantwortung wurde eben niedergeschrieben, dass der Fachreferent des Generalsekretärs „auf Weisung der WKStA“ tätig wurde.
Ich entnehme Ihrem Aktenvermerk vom 20.2., im Tagebuch Seite 31, dass Sie Herrn Lett nur gebeten haben, Frau R. P. (BVT) Ihre Durchwahl zu geben. Er hat aber laut Anfragebeantwortung gemeint, es gab eine Weisung von Ihnen, nicht nur die Durchwahl herzugeben, sondern auch zu sagen, sie möge am 21.2. zur WKStA kommen. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.) Das heißt, er hat in Wahrheit auch das Datum der Einvernahme fixiert.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Mit „er“ meinen Sie jetzt Herrn Dr. Lett oder - - (Abg. Krisper: Ja!) – Ja, er hat - -
Also zu dem Wort „Weisung“, das ist der erste Teil – tut mir leid, ich bin Juristin, jetzt muss ich Haare spalten (Abg. Krisper: Gerne!) –: Eine Weisung ist es nicht, weil ich nicht weisungsbefugt bin. Was Staatsanwälte machen können, ist, Anordnungen erlassen; das ist das Einzige, was wir können. Es ist ja nicht so wie bei Gericht, dass wir Beschlüsse fassen oder so irgendetwas, wir erlassen Anordnungen.
Das heißt, rein juristisch gedacht könnte man allenfalls formulieren, dass ich diese Zeugenladung angeordnet hätte, weil jede Zeugenladung auf eine gewisse Art und Weise eine Anordnung ist. Eine andere Kommunikationsform mit der Außenwelt gibt es für die Staatsanwaltschaft in dieser Form nicht.
Richtig ist natürlich schon, dass Herr Dr. Lett mit mir telefoniert hat und mit mir einen Termin vereinbart hat; das stimmt schon. Da klärt man ab: Können Sie, kann ich?, und so weiter. Den Termin haben wir vereinbart, das stimmt, ja. Und ich habe auch gesagt, sie soll kommen. Also wenn Sie meine Aussage: Sie soll kommen!, sozusagen als Anordnung im StPO-technischen Sinne betrachten, dann habe ich die Zeugenladung angeordnet.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich möchte einen Schritt zurück machen und Sie bitten, zu überlegen: Sie wissen jetzt, dass es diese Zeugengespräche im Vorfeld gab (Auskunftsperson Schmudermayer: Mhm!), und Sie wissen, dass, je nach Entscheidungsgewalt des Generalsekretärs und Dr. Letts, von ihrer Seite entschieden wurde, von welchen potenziellen Zeugen Ihnen erzählt wird. Das heißt, sie hatten völlig in ihrer Entscheidungsmacht, welche Zeugen sie Ihnen wann anbieten, insbesondere die erste. Im Aktenvermerk vom 20.2. steht: „Es ruft an der Generalsekretär [...] und gibt bekannt, dass nunmehr ‚eine Akademikerin‘ bereit wäre, auszusagen.“
Ist Ihnen das bewusst?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, Ihnen ist bewusst, dass vonseiten des Generalsekretärs entschieden wurde, welche Zeugin Ihnen als erste genannt wird – und die anderen nicht.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Das, was mir bewusst ist, ist, dass die Information, dass eine Zeugin bereit ist, auszusagen, natürlich an dem Tag deswegen gekommen ist, weil Herr Generalsekretär Goldgruber das so wollte. Das ist vollkommen klar.
Sie müssen nur das jetzt natürlich aus meiner Sicht heraus sehen: Ich bin Staatsanwältin, ich ermittle Sachverhalte und kläre sie auf. Wenn mir jetzt jemand sagt, er hat eine Zeugin und diese Zeugin kann sachverhaltsrelevante Angaben machen, dann muss ich die vernehmen. Da habe ich ja keine Option, es sei denn, ich müsste von Anfang an davon ausgehen, dass es – entschuldigen Sie! – völlig idiotisch wäre, diese Zeugin zu vernehmen.
Wenn mir eine Zeugin angeboten wird, und da sehe ich von Anfang an, die war da gar nicht dabei, die arbeitet nicht einmal dort, na dann werde ich schon sagen: Entschuldigen Sie, wozu soll ich die Zeugin vernehmen, die hat ja gar keine Wahrnehmungen?! Aber solange diese Situation nicht eintritt, vernehme ich selbstverständlich einen Zeugen, der mir angeboten wird; erstens, weil ich muss – steht im Gesetz –, und zweitens, weil ein Zeuge ein absolut probates Beweismittel ist, um den Sachverhalt aufzuklären.
Richtig ist, wie Sie sagen, dass der Zeitpunkt, zu dem mir die Zeugin genannt wurde, natürlich etwas ist, was der Herr Generalsekretär ausgesucht hat. Das ist vollkommen klar, ist aber per se nichts, was sozusagen an der Glaubwürdigkeit einer Zeugin rüttelt oder so.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die weiteren Zeugen ergeben sich aus den Verweisen der ersten Zeugin. (Auskunftsperson Schmudermayer: Ja! Mhm!), das heißt, Frau R. P. (BVT) hat wiederum auf Herrn M. W. (BVT) verwiesen (Auskunftsperson Schmudermayer: Mhm!), und Herr M. W. (BVT) wiederum hat Herrn A. H. (BVT) ins Spiel gebracht.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Sie hat sogar alle drei genannt, aber aufgrund der Vernehmungen hatte ich jeweils Anhaltspunkte dafür, dass die weiteren Zeugen Wahrnehmungen haben, die sachverhaltsrelevant sind, ja.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Und hier hat auch Dr. Lett wiederum vermittelt, wann die jeweiligen Zeugen kommen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Er hat - - Der Hintergrund ist auch hier wieder: Man muss das alles vor dem Hintergrund der Geheimhaltung sehen. Von den vier Personen, die bei mir ausgesagt haben, waren zwei zu diesem Zeitpunkt noch aktiv im BVT tätig und zwei waren im BVT, aber zu diesem Zeitpunkt nicht aktiv tätig; und diese Personen wollten absolut, dass ich ihnen keine offizielle Ladung zustelle. Ich hätte als Staatsanwältin natürlich auch schriftlich laden können – kann ich auch machen, ja. Ich kann aber sehr wohl auch von einer schriftlichen Ladung absehen, wenn ich davon ausgehe, dass der Zweck auch durch eine mündliche Ladung oder eine per E-Mail gewährleistet ist.
Die Zeugen wollten genauso wie ich absolute Geheimhaltung, und wenn ich eine schriftliche Ladung ins BMI zustelle, für Leute, die im BVT arbeiten, dann ist es aus mit der Geheimhaltung.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Demnach war Dr. Lett auch derjenige, den Sie als Vertrauensperson zugelassen haben?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich verstehe aus Ihrem damaligen Wissensstand heraus, da Sie von diesen vorbereitenden Zeugengesprächen nichts wussten, dass diese Vermittlung durch Dr. Lett, auch aufgrund dieser Geheimhaltungsargumentation, vielleicht irgendwie für Sie Sinn machte, aber ich verstehe nicht, warum Sie ihn als Vertrauensperson zugelassen haben, insbesondere da Sie bei der Einvernahme von Herrn Falb explizit nicht dieselbe Vertrauensperson, die Frau Abbrederis hatte, zugelassen haben.
Warum wurde da ein anderer Maßstab angelegt (Vorsitzende Bures gibt das Glockenzeichen) und haben Sie gemeint, alle drei Personen könnten dieselbe Vertrauensperson haben?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Das sind jetzt zwei verschiedene Dinge. Das Erste ist die Frage: Warum haben Sie Dr. Lett als Vertrauensperson zugelassen? Die zweite Frage ist, warum ich das im Fall der Zeugen der ÖVP nicht gemacht habe.
Das ist ganz leicht erklärt, und zwar ist es so, dass ich an die Zeugin Abbrederis vollkommen die identen Fragen hatte, die ich an den Zeugen Falb gestellt habe. Das sind vollkommen gleiche Fragen gewesen, das heißt, für mich war der Ermittlungszweck gefährdet, wenn ein und dieselbe Person, die in der ersten Vernehmung gerade von mir gehört hat, welche Fragen ich stelle, in der zweiten Vernehmung auch drinnen sitzt, wenn ich genau dieselben Fragen noch einmal stelle. Das war für mich der Grund, warum ich aus Ermittlungserwägungen dieselbe Vertrauensperson nicht zugelassen habe.
Ich habe das Herrn Falb vor der Vernehmung draußen am Gang auch gesagt; da war eben die Diskussion, dass der Herr Rechtsanwalt auch die zweite Vernehmung als Vertrauensperson besuchen wollte. Ich habe ihm erklärt, warum ich das nicht möchte, und habe Herrn Falb freigestellt, dass er sich entscheiden kann, dass er nicht aussagen will, wenn er nicht will, weil ich ihm diese Vertrauensperson nicht zulasse. Er hat gesagt, nein, er sagt aber trotzdem aus. Das habe ich in der Zeugenvernehmung von Herrn Falb auch protokollarisch festgehalten, dass ich das gemacht habe. – Das ist die eine Sache.
Die andere Sache ist, warum ich Herrn Dr. Lett als Vertrauensperson zugelassen habe. Auch da kann ich – ich weiß, es ist total langweilig; wir Juristen sind so – aber nur auf das Gesetz verweisen. In § 160 Strafprozeßordnung steht explizit drinnen, unter welchen Voraussetzungen ich eine Vertrauensperson von Vernehmungen ausschließen kann – und diese Voraussetzungen sind nicht vorgelegen.
Jedem Zeugen steht es zu, einer Vernehmung eine Vertrauensperson beizuziehen, und das habe ich zuzulassen, es sei denn, dass diese Vertrauensperson der Mitwirkung einer Straftat verdächtig ist – das war nicht der Fall –, dass diese Person selbst als Zeuge infrage kommt – auch das war nicht der Fall; ich habe dazu Herrn Dr. Lett auch belehrt, das sehen Sie in der Vernehmung, das steht ausdrücklich drinnen, dass ich ihn gefragt habe, ob er als Zeuge infrage kommt – oder dass sie sonst irgendwie an meinem Verfahren beteiligt ist – und auch das war Herr Dr. Lett nicht –; insofern ist für mich kein Grund vorgelegen, warum ich Herrn Dr. Lett als Vertrauensperson nicht hätte zulassen dürfen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Frau Mag. Schmudermayer, ich komme noch einmal auf Präsident Forsthuber zurück. Am 27. Februar 2018 wird er wieder um Hilfe gebeten, und zwar am Vormittag, ich glaube, um 10.30 Uhr.
Hat Staatsanwalt Purkart Präsident Forsthuber da klargemacht, dass die Anordnung zur Hausdurchsuchung kurz bevorsteht?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Was genau Herr Staatsanwalt Purkart wörtlich mit dem Herrn Präsidenten besprochen hat, weiß ich nicht, aber - -
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Aber es ist ja darum gegangen, eine Unter- - , also praktisch eine Genehmigung - -
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Das, was klar war, also die Entscheidung, dass ich die Anordnungen erlassen werde, ist am 27. gefallen – ja, das ist richtig.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Zum Zeitpunkt dieser Entscheidung: Welche Polizeieinheit ist Ihnen da für die Dursuchung zur Verfügung gestanden?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Zum Zeitpunkt der Entscheidung, dass ich diese Anordnungen erlassen werde: gar keine.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, wie wollen Sie denn ohne Polizei das durchsuchen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Gar keine im Sinne von: Ich wusste nicht, welche. Die Entscheidung - - Es ist nämlich so: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft braucht natürlich die Polizei, um ihre Anordnungen zu vollziehen – ist klar –, wenn es sich um eine Zwangsmaßnahme handelt, und jede Durchsuchung ist eine Zwangsmaßnahme, aber welche Polizeieinheit, welche Polizeibehörde, das entscheide nicht ich, sondern das entscheidet das Innenministerium. Welche genommen werden würde, welche konkrete Einheit, wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Schauen Sie, zwischen 17 Uhr und 18 Uhr ist bei der Polizei normalerweise Dienstschluss, da haben sie dann noch ein paar für die Nacht. – Woher hatten Sie die Gewissheit, dass Ihnen rechtzeitig am nächsten Tag in der Früh eine geeignete Polizeieinheit zur Verfügung steht?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Zu diesem Zeitpunkt war es - - Es ist immer arbeitsteilig. Ich leite die Amtshandlung, aber die Frage, ob jetzt operativ die Hausdurchsuchung auch tatsächlich umgesetzt werden kann - -, das muss ja das BMI gewährleisten, nicht ich. Das heißt, wenn ich jetzt sage, ich erlasse diese Anordnung, und ich informiere das BMI, und das BMI sagt dann zu mir: Na puh, das geht sich nicht aus!, oder: Das haben wir nicht!, oder was auch immer, dann kann man natürlich nicht - - Ich bin ja darauf angewiesen, dass das BMI mir sagt, wie schnell es eine Hausdurchsuchung umsetzen kann.
Die Dringlichkeit war vollkommen klar, es musste so schnell gehen wie möglich; aber die Frage: Kann das das BMI personell auch gewährleisten?, muss das BMI abklären. Wenn das BMI zu mir sagt, das geht nicht, dann geht es nicht.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Können Sie noch einmal schildern, warum Sie alle möglichen anderen Polizeieinheiten von dieser Amtshandlung ausgeschlossen haben? BAK - -
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich habe es eh mit einem Wort schon erwähnt. (Abg. Pilz: Na, ich möchte es ein bisschen genauer wissen!) – Ja, ja. Ich habe es mit einem Wort schon angeschnitten, und zwar: die Anscheinsproblematik.
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wenn ich als Staatsanwältin eine Anzeige auf den Tisch bekomme, vom Computer, und ich sehe, dass derjenige, der da angezeigt ist, ein Freund von mir ist – vielleicht einer, den ich schon seit Jahren nicht mehr gesehen habe, aber jedenfalls jemand, den ich kenne und besser kenne –, dann ist es meine Pflicht als Staatsanwalt, als Staatsanwältin, offenzulegen, dass ich diese Person kenne. Da geht es überhaupt nicht darum, dass die Frage ist: Bin ich wirklich befangen?, oder: Würde ich die Ermittlungen nicht objektiv führen?, sondern wichtig ist, dass ich zur Leitung gehe und sage: Es könnte der Anschein entstehen, dass ich da nicht objektiv ermittle, weil ich diese Person kenne! Das habe ich sofort dann offenzulegen, wenn ich weiß, dass die Person, die es betrifft, mit mir befreundet ist.
Da geht es um eine Anscheinsproblematik, es geht überhaupt nicht darum, dass mir vorgeworfen wird, dass ich befangen bin, dass ich amtsmissbräuchlich vorgehe, was auch immer, es geht um den Anschein; und genau diese Anscheinsproblematik hatten wir hier.
Ich gebe noch ein einfacheres Beispiel: Wenn die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft angezeigt würde, dann ist es selbstverständlich, dass nicht die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt. Dieses Verfahren würde natürlich an eine andere Staatsanwaltschaft abgegeben werden, und im Prinzip können Sie dieses Schema umlegen.
Wenn ich, ausgehend von dem, was ich in den anonymen Anzeigen hatte, in den Konvoluten hatte, davon ausgehen muss, dass innerhalb des Innenministeriums eine Anscheinsproblematik besteht, nicht zuletzt deswegen, weil es im BMI ja natürlich auch eine Berichtsstruktur gibt - - Das heißt, selbst wenn - -
Sie müssen sich vorstellen, ich gebe jetzt einem Beamten – von mir aus des BAK – einen Erhebungsauftrag; den trifft natürlich eine Berichtspflicht, der muss natürlich Informationen nach oben weitergeben. Jetzt stellen Sie sich vor, in welcher Zwickmühle der dann ist, wenn er ermitteln soll und berichten soll, aber genau die Dinge, die er berichten soll, könnten dann an die Vorgesetzten gehen, gegen die sich die Ermittlungen richten!
Das ist die Anscheinsproblematik. Das ist kein Vorwurf einer strafbaren Handlung, sondern einfach nur ein Strukturproblem, und genau das ist der Grund, warum ich keine einzige der Polizeibehörden in Betracht gezogen habe – auch nicht das BAK, das normalerweise, von Gesetzes wegen, als Erstes zu betrauen wäre.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Es hat Vorbehalte gegen das Landeskriminalamt Wien gegeben. – Warum haben Sie sämtliche anderen Landeskriminalämter ausgeschlossen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Für mich lag dadurch, dass die Struktur hinaufgeht – also laut diesen Konvoluten jetzt, meine ich –, bis hinauf ins Kabinett, betreffend das ganze Bundesministerium für Inneres an sich die Anscheinsproblematik einfach vor, denn das Berichtswesen läuft letztlich oben zusammen, das ist so. Das ist nichts Verwerfliches. Es ist überhaupt nicht verwerflich, dass jemand etwas berichtet und Informationen weitergibt. Das ist ja inhaltlich so vorgesehen; zumindest auf den offiziellen Kanälen ist das so vorgesehen. Es macht aber natürlich ein Problem, wenn ich diese Informationen nicht ganz oben haben will.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Also ist es darum gegangen, eine verlässliche Polizeieinheit zu kriegen. Qualifikation war offensichtlich nicht das Entscheidende, sonst hätten Sie ja keine auf Straßenkriminalität spezialisierte Einheit genommen, denn: BVT ist ja nicht ganz Straßenkriminalität. Verlässlichkeit war das Entscheidende.
Warum haben Sie erwartet, dass Ihnen gerade Generalsekretär Goldgruber eine verlässliche Einheit liefern kann?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wollen Sie von mir jetzt wissen, warum die EGS die Durchsuchung gemacht hat oder welche Behörde ich mit Ermittlungen beauftragt habe?
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Nein, wir reden jetzt über die Durchsuchung.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, das ist aber ein Unterschied, weil ich die EGS nicht mit Ermittlungen beauftragt habe. Die EGS - -
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich habe Sie auch nicht nach Ermittlungen gefragt.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Sie haben gesagt: eine Straßenkriminalitätsgruppe. (Abg. Pilz: Nein - -!) Da kann ich Ihnen erklären, warum. Also ich meine: Warum diese Einheit für mich nicht prima vista ungeeignet war, kann ich Ihnen erklären.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Nein, Frau Mag. Schmudermayer, ich wollte Sie etwas ganz anderes fragen. (Auskunftsperson Schmudermayer: Ja, bitte!)
War es zu Mittag am 27. Februar so, dass Sie darauf gewartet haben, welche in diesem Sinn verlässliche Einheit Ihnen von Generalsekretär Goldgruber namhaft gemacht wird?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wir haben am 27., die Uhrzeit weiß ich jetzt nicht mehr, eine Dienstbesprechung für den Nachmittag anberaumt. Ich glaube, die hat dann um 15 Uhr stattgefunden. Eigentlich präzise: Es war keine Dienstbesprechung, es war eine erste Einsatzbesprechung. Für mich war klar, dass bei dieser Einsatzbesprechung das polizeiliche Vorgehen besprochen wird. Ich bin davon ausgegangen, dass an dieser Besprechung natürlich eine Polizeieinheit teilnimmt.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, und warum konnten Sie davon ausgehen? War mit Generalsekretär Goldgruber vereinbart, dass er dann eine namhaft macht?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, also ich bin davon ausgegangen, er wird mir eine geeignete Einheit – ob ich es jetzt wörtlich mit ihm besprochen habe, kann ich Ihnen nicht sagen, aber ich bin davon ausgegangen, da es Sache des BMI ist –, eine geeignete Polizeieinheit zur Verfügung stellen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): War das vorher mit ihm vereinbart?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich meine, ich weiß nicht, ob wörtlich - - (Abg. Pilz: Sie kennen doch den Ausdruck - -!) Aber ja, er ist zuständig dafür, mir eine Polizeieinheit - -
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): War das mit ihm vereinbart?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, im Prinzip schon, wenn Sie Vereinbarung jetzt nicht streng juristisch meinen – ich überlege nämlich immer, ob Sie jetzt die juristische Bedeutung oder die allgemein bekannte meinen, weil eine Vereinbarung in juristischem Sinn - -
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): In dem Fall reicht sicher die allgemein bekannte Bedeutung.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, allgemein bedeutend: Es war klar, dass er mir eine Einheit zur Verfügung stellt, die für die Durchsuchung zuständig ist.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Und Sie nehmen die dann einfach?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Das BMI wählt die Polizei aus, nicht ich.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, ja, klar.
Kommen wir zum Bereich IT (Auskunftsperson Schmudermayer: Mhm!): Wie sind die IT-Durchsuchungen, also die Beteiligung von IT-Expertinnen und Experten, vorbereitet worden? Was war dabei die Rolle von PricewaterhouseCoopers?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Letztendlich gar keine, also - - (Abg. Pilz: Nein, zuerst, in der Vorbereitung!) Also in der Vorbereitung war es so, wie ich schon gesagt habe: Wir haben ab dem 22., nach der Vernehmung des Zeugen M. W. (BVT), als wir festgestellt haben, wir können die Sachverhalte, die jetzt im Raum stehen, nur durch die Sicherstellung von elektronischen Daten bewerkstelligen, ab diesem Zeitpunkt, überlegt: Okay, welche Möglichkeiten haben wir? Wir haben angefangen, verschiedene Varianten durchzudenken, und eine der Varianten, die aber eben letztlich nicht zum Zug gekommen ist, war, dass man ein Datenforensikunternehmen, das eben auf Datenforensik spezialisiert ist, mit den Sicherstellungen beauftragt – genau so, wie wir andere Sachverständige mit Datensicherungen beauftragen, und im konkreten Fall war das eben PWC.
PWC hat in der Niederlassung in Wien, glaube ich, fünf Bedienstete gehabt, die sie uns hätten zur Verfügung stellen können. Es ist aber dann evaluiert – da sage ich jetzt dazu, PWC wusste nicht, um welche Hausdurchsuchung es geht, wir haben diese Informationen nicht hergegeben; es ging nur ganz grundsätzlich einmal um die Planung, wie groß die Kapazitäten sein müssen – und gesagt worden: Mit den fünf werden wir nicht auskommen, wenn wir den Auftrag übernehmen, müssen wir noch weitere Mitarbeiter dazuholen.
Das war im Vorfeld. Das war eine der Varianten. Dann hatten wir eben die Variante mit der Steuerfahndung und dem Sachverständigen Wruhs. Diese Variante mit PWC ist ja nicht zum Zug gekommen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Nein, das entspricht nicht ganz den Akten. Den Akten entspricht, dass es bis 27. um 18 Uhr eine Zusage von PWC gab und dass die Experten und Expertinnen von PWC, die internen und die sieben externen, die Hausdurchsuchung begleiten sollten. – Ist das richtig?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Uhrzeiten kann ich Ihnen nicht sagen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das steht alles drinnen.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, dann wird es so sein, wenn es so ist.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Was ist dann um 18 Uhr passiert?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: PWC hat das dann letztlich nicht gemacht. Es war nämlich so - - (Abg. Pilz: Ach, um 18 Uhr - -!) Nein. (Abg. Pilz: Lassen Sie mich nur - -!) Ich habe gesagt, ich kann Ihnen Uhrzeiten nicht bestätigen. Wie viel Uhr es ist, weiß ich nicht.
Ich habe die Gespräche mit PWC ja auch nicht persönlich geführt, sondern Herr Mag. Purkart in seiner Eigenschaft als Leiter unserer IT. Deswegen kann ich Ihnen wiedergeben, was er gesagt hat: Er hat mir kommuniziert, es gab zunächst eine Zusage, und diese Zusage ist dann widerrufen worden.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Jetzt muss man sich folgende Situation vorstellen: Präsident Forsthuber sagt Staatsanwalt Purkart: Na, ich helfe Ihnen gern, dass wir das, die Bewilligung, möglichst unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchbringen.
Sie wissen vor der Einsatzbesprechung um 16.30 Uhr nicht, ob Sie überhaupt eine Polizeieinheit haben werden. Sie lassen sich von Generalsekretär Goldgruber überraschen. Um 18 Uhr wissen Sie, dass Sie eine Straßenkriminalitätspolizeieinheit zur Verfügung haben, die Sie persönlich nicht kennen, Oberst Preiszler haben Sie gerade kennengelernt. Da bekommen Sie beziehungsweise Staatsanwalt Purkart die Nachricht: Jessas na, unser IT-Team von PricewaterhouseCoopers hat gerade aus Haftungsfragen abgesagt; sie haben unternehmensintern Haftungsfragen geklärt und gesagt, das können sie doch nicht machen.
In der Finanz waren noch nicht einmal Teams aufgestellt – gar nichts; und vom Herrn Wruhs war noch keine Rede – nirgends, in keiner Planung.
So, jetzt stehen Sie da, am Abend vor der Hausdurchsuchung, und haben gerade vom Generalsekretär die EGS gekriegt. Die IT-Geschichte ist Ihnen gerade akut zusammengebrochen. Sie haben noch immer keine bewilligte Hausdurchsuchung. Sie haben weder Präsident Forsthuber noch Richter Nachtlberger den Akt vorgelegt.
Jetzt halte ich Ihnen – wieder aus dem Tagebuch, Seite 34 – eine Nachricht von Ihrem Kollegen Staatsanwalt Handler vor, der Ihnen am 23.2. Folgendes zur Kenntnis bringt: „Im Falle von Anordnungen müssen wir jedenfalls einen Informationsbericht vorbereiten, den wir mit Erlassung der Anordnungen per Boten an die OStA“ überführen. (Auskunftsperson Schmudermayer: Übermitteln!) – Übermitteln! Ich habe da ein Faksimile drüber, deswegen kann ich es schlecht lesen.
Dann kommt der entscheidende Punkt: „Sobald Anordnungen gerichtlich bewilligt wurden, müssen wir uns um die entsprechende Logistik kümmern. Das nimmt sicher Zeit in Anspruch. Wie wir das nämlich mit der Finanz machen, weiß ich noch nicht genau... Daher: Irgendwelche Schnellschüsse über Zuruf gibt es nicht!“ (Vorsitzende Bures gibt das Glockenzeichen.)
Staatsanwalt Handler sagt Ihnen also fünf Tage vor der Hausdurchsuchung: Zuerst einmal die Anordnung bewilligen lassen!
Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt die Frage formulieren, sonst gehen wir in die nächste Runde.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja.
Zuerst alle Vorbereitungshandlungen, zuerst die Anordnung bewilligen lassen, dann mit der Finanz reden, offensichtlich auch mit der Polizei, und dann ohne Schnellschüsse eine Hausdurchsuchung durchführen!
Warum haben Sie sich, obwohl um 18 Uhr ein totales Chaos geherrscht hat, trotzdem gesagt: Wir ziehen das durch mit Nachtlberger mitten in der Nacht und starten die Hausdurchsuchung? Warum?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Dieses E-Mail, das Sie gerade zitiert haben, zeigt sehr schön, dass wir die Variante mit der Steuerfahndung – Finanz meint hier die Steuerfahndung – auch bereits am 23. erwogen haben. Es war nicht so, dass wir nur PWC erwogen haben und erst, als das zusammengebrochen ist, angefangen haben, zu überlegen: Was machen wir stattdessen?, sondern die Variante mit der Steuerfahndung war, wie Sie in dem soeben zitierten E-Mail gesehen haben, auch schon am 23. im Gespräch.
Wir haben eben, wie man das bei der Planung eines komplexen Sachverhalts macht, zuerst einmal mehrere Varianten erwogen und uns dann für eine entschieden. Über die Kontakte zur Finanz weiß ich im Detail nichts, weil ich nicht diejenige war, die mit der Finanz gesprochen hat, aber jedenfalls war die Variante mit der Finanz bereits am 23. Februar im Gespräch, was Sie eben auch aus dem hier zitierten E-Mail ersehen.
Die Situation war nicht so, wie Sie es beschreiben, chaotisch, sondern wir haben mehrere Varianten gehabt, von denen wir dann eine ausgewählt haben. Die eine ist ausgefallen, aber wir hatten eine andere.
Dass ich erst einen Tag vor der Durchsuchung erfahre, wer die vollziehende Polizeieinheit ist, ist für mich insofern nicht relevant, weil, wie ich bereits gesagt habe, das Innenministerium die Polizei aussucht. Ich als Staatsanwältin bin es gewohnt, dass Anordnungen, die ich mache, eine Polizeibehörde vollzieht; also jetzt in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist es etwas anderes, weil es meistens, auch nicht immer, das BAK ist, aber wenn Sie Staatsanwalt sind, dann vollzieht Ihre Anordnung eine Polizeibehörde, eine Polizeieinheit, und wer das macht, wird im BMI entschieden. Ich kenne die Leute vorher nie. Es wird mir nicht im Vorhinein mitgeteilt, welche Polizeieinheit das macht. Meistens ist es die, die schon im Vorfeld für mich ermittelt hat. Im konkreten Fall gab es die aber nicht, weil eben keine Polizeibehörde für mich im Vorfeld ermittelt hat. Für mich war es daher nichts Ungewöhnliches, dass ich erst einen Tag vor der Hausdurchsuchung erfahre, wer konkret die Beamten sind, die für mich die Durchsuchung vollziehen.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Frau Oberstaatsanwältin, Danke, dass Sie uns heute als Auskunftsperson zur Verfügung stehen.
Sie sagen, das BMI sucht die Polizeieinheit aus, die die Hausdurchsuchung dann durchführt. – Kann man das personifizieren? Wer konkret hat Ihrer Meinung nach auszusuchen, welche Polizeieinheit das dann ist?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M: Im Normalfall ist es so, dass ich im Zuge der Ermittlungen meistens das örtlich zuständige LKA anschreibe, mit Ermittlungen beauftrage – in Standardfällen.
In der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, wenn es um Korruptionsvorwürfe geht, ist es immer das BAK. Es wird immer das BAK beauftragt, und die schicken dann die Aufträge allenfalls weiter – regional zuständig, wo auch immer. Für mich ist bei Korruptionsfällen normalerweise der Ansprechpartner das BAK an sich.
Im Allgemeinen schaue ich, wo der Tatort ist, und danach bestimme ich, welches LKA zuständig ist, und schicke einen Ermittlungsauftrag dort hin. Im konkreten Fall war es aber so, dass ich keine Ermittler hatte, deswegen kam es zu dieser Ausnahmesituation. Herr Generalsekretär Goldgruber ist der oberste Beamte des Innenministeriums, BMI-interne Strukturen kenne ich in diesem Detail nicht. Wenn ich sage, ich brauche eine Polizeieinheit für die Durchführung der Durchsuchung oder wofür auch immer, für die Ermittlungen, und ich kriege die Zusage des BMI, in dem Fall vertreten durch den Herrn Generalsekretär, dann ist das für mich als Staatsanwältin ausreichend. Wie da jetzt die internen Wege im BMI sind, ist für mich als Staatsanwältin nicht relevant. Ich brauche vom BMI einfach eine Polizeieinheit.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Also im konkreten Fall Generalsekretär Goldgruber?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Im konkreten Fall war das für mich Generalsekretär Goldgruber, ja.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Der für Sie aber formalrechtlich der Anzeiger war?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Zunächst einmal, in der Situation, als er mir das Konvolut übergeben hat, war er der Anzeiger, genau. Ich habe eh gesagt: Und dann haben wir ein Gespräch darüber geführt, welche Polizeieinheit wir da beauftragen.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ist Ihnen der Anzeiger, der bei Ihnen die Anzeige erstattet hat, vorher angezeigt worden?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wie meinen Sie? Strafrechtlich?
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Nein, im allgemeinen Wortsinn. Hat Sie vorher jemand kontaktiert, der gesagt hat: Jetzt wird dann bald Herr Generalsekretär Goldgruber zu Ihnen kommen (Auskunftsperson Schmudermayer: Ja!) und hat Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, denke ich schon, ja.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ja? Wer war das?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wer war denn das? – Da muss ich jetzt kurz einmal nachlesen. (Abg. Amon: Bitte! – Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)
Genau, das war am 16. Jänner, da hat mich Rechtsanwalt Lansky angerufen und hat mir angekündigt – so wie es in meinem Tagebuch drinnen steht –, dass mich Herr Generalsekretär Goldgruber treffen will, und es bestehe „großes Interesse an der Aufklärung der Sache“.
„Aufklärung der Sache“ ist genau das, was ich gesagt habe: Die Staatsanwaltschaft klärt Sachverhalte auf, und mir ist angekündigt worden, der Herr Generalsekretär kommt und es besteht Interesse an der Aufklärung der Sache.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ich halte Ihnen hierzu das Dokument Nummer 1079 vor (Auskunftsperson Schmudermayer: Mhm!) – Sie haben es vor sich liegen –, die Seiten 24 bis 31, das sind Auszüge aus dem Tagebuch. Da heißt es: „Lansky konkretisiert, es bestehe weniger Interesse an seiner Causa, sondern an ‚der anderen‘. Er betont mehrfach die ‚andere Sache‘.“ (Auskunftsperson Schmudermayer: Mhm!)
Können Sie sagen, wie das auf Sie gewirkt hat?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M. (erheitert): Ich weiß, was er gemeint hat. Es war so, ich habe eben ein Verfahren unter Verschluss geführt, von dem ich heute schon gesprochen habe. Jetzt ist es so, dass ja auch der Herr Rechtsanwalt Dr. Lansky Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erstattet hat. Er wusste, mit seinen Schriftsätzen hat er mir in den Beilagen sämtliche Konvolute wieder übermittelt, die ich eh schon gehabt habe. Ich habe, um meine Ermittlungen zu diesen Konvoluten geheim zu halten und auch nicht den Herrn Rechtsanwalt Dr. Lansky darüber zu informieren, das Strafverfahren, das aufgrund der Anzeige des Dr. Lansky geführt worden ist – das ist eine verfahrenstechnische Sache – einfach getrennt in zwei Akten geführt.
Wie gesagt, für mich war die Geheimhaltung das oberste Prinzip, und es ist nach der Strafprozeßordnung so: Wenn Herr Dr. Lansky Anzeige erstattet und sagt, er hat Opferstellung, dann hat er Akteneinsicht und hätte nach der Judikatur auch Einsicht in alle Fakten gehabt – das heißt, nicht nur in die, die ihn selbst betreffen, wo er konkret Opferstellung behauptet, sondern er hätte das Recht gehabt, den vollständigen Akt einzusehen. Mein Interesse war die Geheimhaltung, und ich habe selbstverständlich alle Sachen, die für den Herrn Rechtsanwalt Dr Lansky relevant sind, in seinem Verfahren geführt, und dort hat er Akteneinsicht gehabt, dort habe ich ihn vernommen und so weiter. Er hat aber an meinen Entnahmen aus diesem Akt gesehen, dass es noch einen anderen geben muss. Das ist meine Vermutung, wie er draufgekommen ist, dass es einen zweiten Akt gibt. Das hat sich sozusagen verfahrenstechnisch für ihn erschlossen, und das hat er gemeint.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Was hat er Ihnen bei diesem Telefonat im Zusammenhang mit Herrn Generalsekretär Goldgruber gesagt?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Im Prinzip das, was da steht. Mehr kann ich eigentlich - - Es war kein langes Gespräch, er hat einfach angerufen und hat gesagt, der möchte mich treffen. Ich habe gesagt, dann soll er das nicht über Herrn Lansky, sondern direkt machen. Daraufhin hat Lansky gemeint – so habe ich das verstanden, das ist jetzt die Empfängersphäre –: Ja, er kommt aber eigentlich nicht wegen meinem Akt, sondern wegen dem anderen.
So habe ich die Äußerung von Herrn Lansky verstanden, und es hat ja tatsächlich auch zwei Akten gegeben, das eine große Verfahren und das Lansky-Verfahren.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Können Sie sich erklären, woher Dr. Lansky gewusst hat, dass es einen zweiten Akt gibt?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Eben aus meinen Verfügungen in seinem Akt; er wusste ja, dass er mir mit Schriftsätzen die Konvolute vorgelegt hat – wieder einmal, die hatte ich zu diesem Zeitpunkt dann zum Großteil schon dreifach. Ich habe diese Konvolute aus seinen Beilagen herausgenommen, weil ich sie geschäftstechnisch getrennt behandelt habe, und das hat er natürlich gesehen in diesem Akt. Er hat ja Akteneinsicht in seinen eigenen.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Da war es dann mit der Geheimhaltung nicht so hoch her, nicht?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wieso? Er hat ja nur seinen eigenen Akt gesehen.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Aber er hat gewusst, dass es einen zweiten gibt.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, aber sonst nichts! Schauen Sie, woher Lansky es wusste, kann ich Ihnen nicht sagen. Meine Vermutung ist, dass er es daraus geschlossen hat, dass dann von seinen Schriftsätzen, die er eingebracht hat, die Konvolute, die nicht ihn persönlich, also nicht ihn in seiner Opferstellung und als Anzeiger, sondern Sachverhalte betroffen haben, die mit ihm nichts zu tun gehabt haben, aus seinem Akt heraußen waren.
Herr Lansky ist ja auch schon ein erfahrener Rechtsanwalt, der wird, gehe ich davon aus, daraus den Schluss gezogen haben.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Kennen Sie Herrn Dr. Lansky näher?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Überhaupt nicht, nein.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Kommt es oft vor - - Oder anders gefragt: Ist Dr. Lansky der Rechtsvertreter des Herrn Generalsekretärs Goldgruber?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nein – also nicht, dass ich wüsste, muss ich dazusagen.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Waren Sie nicht überrascht, dass ein Anwalt, der jemanden gar nicht vertritt, ankündigt: Der wird jetzt dann kommen und hat ein Interesse an der Aufklärung und ist selbst der Generalsekretär des Innenministeriums!? Ist das nicht eine eigenartige Kombination?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Das ist eine eigenartige Kombination, das stimmt, da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Deswegen habe ich es ja auch hinterfragt; nämlich nicht Herrn Lansky gegenüber, sondern dann im Gespräch mit Herrn Generalsekretär Goldgruber. Das steht eh in meinem Aktenvermerk drinnen. Ich habe ihn gefragt: Wie kommen Sie an das Konvolut?, und so weiter. Das steht dann eh in meinem Aktenvermerk vom 19.1. drinnen. Warten Sie einmal, wo habe ich das? (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) – Genau, da steht es eh (aus den Unterlagen vorlesend): „Auf meine Nachfrage, wie er mit Lansky in Kontakt gekommen sei, wo doch [...] kein politisches Naheverhältnis bestehe“ – und so weiter und so fort; da habe ich die Beziehung zwischen Herrn Goldgruber und Herrn Dr. Lansky dann hinterfragt und habe das protokolliert. Das steht da im Aktenvermerk drinnen.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wie haben Ihre Vorgesetzten darauf reagiert?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Auf den Anruf von Herrn Dr. Lansky? (Abg. Amon: Mhm!) Ich habe ihnen das berichtet und habe ihnen gesagt, dass Herr Goldgruber kommen möchte, und Herr Gruppenleiter Handler hat dann gesagt, er will an dem Termin mit Herrn Goldgruber teilnehmen. Das war die Reaktion.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ich halte Ihnen die Seiten 6 bis 14 aus dem Dokument Nummer 6846 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist der letzte Beschluss betreffend die Lansky-Daten vor den Hausdurchsuchungen im Februar 2018 (Auskunftsperson Schmudermayer: Entschuldigen Sie, die Seite habe ich nicht - - Seite?) – 6 bis 14! (Auskunftsperson Schmudermayer: Ah, 6 bis 14!) –, der dann im Mai 2018 nochmals vom OLG bestätigt wurde.
Seite 7 des entsprechenden Beschlusses kann entnommen werden, ich zitiere: „Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer kann im gegenständlichen Fall von gesetzwidrig ermittelten Daten und einer daraus resultierenden Pflicht zur unverzüglichen Löschung der Daten gemäß § 75 Abs. 1 StPO keine Rede sein.“
Ist Ihnen dieser Satz aus der Entscheidung des OLG in Erinnerung?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Zum Zeitpunkt, zu dem Herr Dr. Lansky zu mir gekommen ist, kannte ich diese Entscheidung noch nicht. Jetzt kenne ich sie natürlich, ja, also ich weiß jetzt, dass es diese Entscheidungen gibt.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Das heißt, zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung und der Anordnung zur Hausdurchsuchung war Ihnen die Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht bekannt?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nein, es - - Ich habe meine Anordnungen aufgrund der Zeugenaussage von Herrn Dr. Lansky und aufgrund - -
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Das war nicht meine Frage.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Warten Sie einmal; aber die hat sich ja bezogen auf die Landesgerichtsentscheidungen und - -
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Nein, die Frage war, ob Ihnen das Urteil, also der Beschluss des OLG Linz (Auskunftsperson Schmudermayer: Dieser Beschluss?), zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung bekannt war.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nein, dieser war mir nicht bekannt; aber da muss ich jetzt weitermachen: Richtig ist, dass in meiner Anordnung der Durchsuchung Oberlandesgericht drinnen steht. Es war aber so, dass diese Herausgabeverpflichtung/Löschungsverpflichtung letztlich nicht auf einem Beschluss des Oberlandesgerichts basiert, sondern auf einem Beschluss des Landesgerichts Linz. Der Punkt ist nämlich der - -
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Nein, Entschuldigung, ich möchte gerne, dass Sie meine Fragen beantworten. Also noch einmal - - (Auskunftsperson Schmudermayer: Habe ich schon!)
Ich stelle nochmals die Frage: War Ihnen zum Zeitpunkt der Anordnung der Hausdurchsuchung der Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 27. Dezember 2017 bekannt oder nicht?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Diese Frage habe ich bereits beantwortet, da habe ich bereits eine Antwort gegeben.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Es war Ihnen nicht bekannt?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Aber: Basis meiner Anordnungen war nicht – konnte auch gar nicht, weil ich sie in ihrer Vollständigkeit nicht hatte – diese Entscheidung des Oberlandesgerichts, sondern ich bin davon ausgegangen, dass eine Löschungsverpflichtung aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses besteht. Es war aber so, dass die Angaben der Zeugen zu meinem Missverständnis geführt haben, dass es einen Oberlandesgerichtsbeschluss gibt; in Wahrheit ist es ein Landesgerichtsbeschluss. Linz stimmt zwar, aber es ist das Landesgericht Linz und nicht das Oberlandesgericht Linz.
Und da geht es um einen Beschluss des Haft- und Rechtsschutzrichters, und da steht Folgendes drinnen: Da ging es um das Thema, dass es eben im BVT Daten des Herrn Lansky gibt, die weiterhin in Original-DVD- oder -CD-Kopie oder in sonstigen Kopien vorhanden sein könnten, und die Haft- und Rechtsschutzrichterin hat dem BVT aufgetragen, diese Daten herauszugeben. Das ist ein Herausgabeauftrag an das BVT.
Es geht sozusagen nicht extern darum, dass Herr Rechtsanwalt Lansky einen Anspruch darauf hat, dass Daten gelöscht werden, darum geht es nicht, sondern das BVT ist verpflichtet, aufgrund des Beschlusses des Landesgerichts Linz, diese Daten konkret herauszugeben; und das war ein Beschluss des Landesgerichts Linz und nicht des Oberlandesgerichts Linz. Wir haben ja dann, bei der Durchsuchung, diese Daten, konkret die, um die es da geht, auf einem Computer in der IT-Abteilung des BVT auch tatsächlich gefunden. Es hat also wirklich eine Kopie dieser Lansky-Daten gegeben, die es nicht geben sollte.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wer sagt das?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Der Beschluss des Landesgerichts Linz.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Also ich halte Ihnen noch einmal vor: Bei mir steht da Oberlandesgericht Linz.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Das ist ein anderer Beschluss, das ist nicht der.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Das ist der letzte (Auskunftsperson Schmudermayer: Ja!), vom 27.12.2017 (Auskunftsperson Schmudermayer: Ja, aber die Herausgabeverpflichtung - -!), und der sagt, dass die Daten weder widerrechtlich beschafft worden sind, noch dass der Besitz problematisch ist, sondern spricht nur von einem Verwertungsverbot.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Es geht nicht um die - - Also es war ja so, dass Rechtsanwalt Dr. Lansky wollte, dass die Daten entweder gelöscht werden oder jedenfalls an ihn herausgegeben werden. Das zieht sich eben durch das gesamte Lansky-Verfahren. Und da gibt es diesen Beschluss, dass es keine Verpflichtung des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft gibt, die Daten zu löschen oder Herrn Rechtsanwalt Lansky herauszugeben – aber - -
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): War Ihnen bekannt, dass das beim Oberlandesgericht in Linz anhängig ist?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, das war mir bekannt – aber um diesen Beschluss - -
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Jetzt stellt sich für mich die Frage, wie eine fallführende Staatsanwältin, wenn sie weiß, dass dieses Verfahren dort anhängig ist, eine Hausdurchsuchung anordnen kann, ohne diesen Beschluss zunächst zu kennen und sich nicht über alle Beschlüsse, die aktuell sind, zu informieren. (Auskunftsperson Schmudermayer: Ich habe - -!)
Können Sie uns das erklären?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Das ist nicht der Beschluss, auf dem meine Anordnung basiert hat. Es stimmt, in meiner Anordnung steht Oberlandesgericht drinnen – das war ein Missverständnis, es ist ein Landesgericht-Linz-Beschluss, es ist nicht dieser. Der, um den es jetzt geht, betrifft eine Herausgabe von Daten, die die Haft- und Rechtsschutzrichterin beschlossen hat, die gesagt hat: BVT, du darfst von diesem einen konkreten USB-Stick, um den es geht, keine Kopien mehr haben, gib alles mir, der Haft- und Rechtsschutzrichterin, heraus! – Das BVT hat dann den Original-USB-Stick und CDs und DVDs, auf denen Kopien waren, der Haft- und Rechtsschutzrichterin übergeben, aber eben offensichtlich nicht alle Kopien, denn eine davon haben wir ja dann tatsächlich in der IT-Abteilung des BVT gefunden.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ist Ihnen bekannt, ob es eine Anordnung zur Löschung der Daten vonseiten der Staatsanwaltschaft gibt?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Reden Sie jetzt von den Daten, die Gegenstand des OLG-Beschlusses sind? (Abg. Amon: Ja!) – Gibt es keine, weil es keine Löschungsverpflichtung gibt.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wie hätte dann jemand wissen sollen, dass er - - Ah, es gibt keine Löschungsverpflichtung?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Na hat ja das OLG gesagt.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Das habe ich Ihnen ja vorgehalten. Sie haben gesagt, das ist nicht Gegenstand Ihrer Untersuchung gewesen.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wir reden ja jetzt vom jetzigen Wissensstand: Es gibt keine Löschungsverpflichtung, Tatsache.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Entschuldigung, der 27. Dezember 2017 ist ja wohl vor den Hausdurchsuchungen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, aber ich habe ja gesagt, dieser Beschluss, von dem ich rede, betrifft nicht das, was Sie meinen, nämlich die Löschungsverpflichtung und die Herausgabeverpflichtung gegenüber Herrn Rechtsanwalt Lansky. Da hat das Oberlandesgericht ganz klar gesagt: Diese Daten sind nicht zu löschen – nämlich die, die Lansky gemeint hat – und müssen auch nicht herausgegeben werden; wie Sie richtig sagen. Es besteht nur ein Beweisverwertungsverbot. Das ist aber eine andere Rechtsthematik als die, von der ich spreche.
Die Haft- und Rechtsschutzrichterin hat dem BVT aufgetragen, einen bestimmten USB-Stick – da müsste ich jetzt ein bisschen ausholen, warum das nur den einen betrifft und die anderen nicht, es gibt insgesamt acht, aber einen betrifft es – ihr herauszugeben; ihr, nicht Herrn Lansky und nicht sonst irgendjemandem, sondern ihr herauszugeben. Und das hat das BVT auch gemacht.
Dann kam eben ein Rechtsmittel, wo gesagt worden ist: Moment einmal, wir haben Anhaltspunkte dafür, dass nach wie vor Kopien von diesen Daten im BVT vorhanden sind!, und die Richterin hat einen Beschluss erlassen, in dem drinnen gestanden ist: Das BVT ist verpflichtet, jede Kopie, wurscht, auf welchem Datenträger, ob das jetzt DVD, CD, was auch immer ist, an die Haft- und Rechtsschutzrichterin herauszugeben. Um dieses Innenverhältnis geht es da.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Können Sie uns konkret sagen, welcher Beschluss das ist?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Er ist Aktenbestand. Ich habe ihn jetzt nicht da, aber Sie können das im Akt nachlesen.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wir finden so einen Beschluss nämlich nicht.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Sie haben ja den Aktenstand, glaube ich, mit 20. April 2018, Ermittlungsverfahren, hier im Untersuchungsausschuss, oder? Ist das korrekt? – Er ist nachher zum Akt gekommen, ja. Er ist jetzt Aktenbestandteil. Ich weiß nicht, wann die Aktennachforderung kommt, aber Sie können es nachlesen. Ich habe das jetzt leider nicht im Kopf.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wie beurteilen Sie diesen Beschluss, den ich Ihnen vorhalte, vom 17. Dezember 2017, im Hinblick auf die Notwendigkeit der Datenlöschung im BVT?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Welche Datenlöschung meinen Sie jetzt? Die ganz konkrete, die sozusagen die Frage, ob - -
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Einer der wesentlichen Gründe für die Hausdurchsuchungen war ja, dass das BVT angeblich widerrechtlich Daten gehortet hätte (Auskunftsperson Schmudermayer: Mhm!), zu dem uns zwar Techniker sagen, das mit der Fernlöschung ist nicht möglich, aber gut, Sie sind davon ausgegangen, dass eine Fernlöschung möglich ist.
Jetzt gibt es aber einen OLG-Beschluss aus dem Dezember 2017, der sagt: Nein, die Daten sind weder widerrechtlich beschafft, noch wären sie zu löschen; sie dürfen nur nicht verwertet werden. – Das relativiert doch diesen Punkt Ihrer Anordnung der Hausdurchsuchung.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Diese Daten, die da eben nicht herausgegeben und nicht gelöscht werden müssen, das sind ja die Daten, die in diesem Ermittlungsakt der StA Linz drinnen sind. Diese Daten sind davon betroffen. Die Daten sind nach wie vor in diesem Akt vorhanden, das wissen wir auch alle, die sind ja auch nicht gelöscht worden, sie sind da drinnen, und auf genau diese Daten bezieht sich der OLG-Beschluss.
Ich hatte ja unter anderem die Angaben - - Da muss ich jetzt ein bisschen ausholen: Das Lansky-Faktum, sage ich jetzt einmal etwas salopp, umfasst ja auch andere Vorwürfe. Es umfasst ja auch den Vorwurf, dass Daten aus dem Lansky-Verfahren an den ÖVP-Klub weitergegeben worden sein sollen; deswegen habe ich ja auch die Zeugen Falb und Abbrederis vernommen. Es umfasst auch den Vorwurf, dass angeblich nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens weiterhin ermittelt worden ist.
Mir ist es darum gegangen, dass - - Es ist schon richtig: Die Daten, die in dem Ermittlungsakt der Staatsanwaltschaft Linz drinnen sind, dürfen dort sein, aber es geht eben um die Erhebung der Frage, ob das BVT nach wie vor Daten hat. Aus denen kann man nämlich unter anderem möglicherweise ersehen, ob alle anderen Vorwürfe auch zutreffen, die dann in weiterer Folge sozusagen zu ermitteln wären, weil die Sicherstellung von Lansky-Daten auch die Möglichkeit gebracht hätte, zu schauen: Wann sind sie das letzte Mal verwendet worden? Sie wissen, das kann man aus den Metadaten sehen. Wann sind Kopien angefertigt worden? Allenfalls hätten wir feststellen können: Wer hat tatsächlich Kopien von diesen Daten erhalten? Möglicherweise hätten wir auch feststellen können, an wen diese Kopien weitergegeben worden sind oder eben auch nicht, denn es kann sich herausstellen, dass gar nichts weitergegeben worden ist. Das wäre auch eine Möglichkeit.
Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): In der nächsten Runde dann, bitte.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Guten Tag, Frau Oberstaatsanwältin. Seit wie vielen Jahren sind Sie Staatsanwältin oder Oberstaatsanwältin?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Staatsanwältin seit 14 Jahren.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie oft war denn ein Mitglied eines politischen Büros bei Ihnen und hat eine Anzeige eingebracht, in diesen 14 Jahren?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nur Generalsekretär Goldgruber, meiner Erinnerung nach.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie oft haben Mitglieder von politischen Büros Ihres Wissens Zeugen angehört, bevor sie Ihnen vermittelt wurden?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Das weiß ich nicht.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist Ihnen das jemals untergekommen, dass Mitglieder eines Kabinetts Zeugen angehört haben, bevor sie Ihnen zugeführt wurden?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich habe dazu überhaupt keine Wahrnehmungen. Was auch immer in welchem Kabinett passiert ist, dazu kann ich gar nichts sagen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also das ist das erste Mal, dass Ihnen das bekannt wurde – in diesem Fall?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich habe durch die Medien erfahren, dass Herr Bundesminister Kickl in seiner parlamentarischen Anfragebeantwortung das gesagt hat – ja.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie die Anfragebeantwortung auch selber gelesen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich habe sie, ganz ehrlich gestanden, überflogen, aber ich hatte nicht die Zeit, sie im Detail zu lesen (Abg. Krainer: Okay!), aber ich weiß, dass er das da gesagt hat.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber Ihnen ist kein anderer Fall bekannt?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nein, aber wie gesagt, das sagt nichts aus.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie oft sind Mitglieder von politischen Büros, wenn Sie Zeugen einvernommen haben, als Vertrauenspersonen dabeigesessen, in den 14 Jahren?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Meines Wissens nur Herr Dr. Lett. Also ich denke jetzt gerade nach - -
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie oft sind Ihnen Zeugen von Mitgliedern von politischen Büros vermittelt worden?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Mir sind immer wieder Zeugen bekannt gegeben worden; ob die Person, die mir das bekannt gibt, gleichzeitig eine politische Funktion hat, weiß ich nicht, kann ich nicht sagen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war nicht meine Frage; meine Frage war: von politischen Kabinetten, von Kabinettsmitgliedern.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Also bewusst, dass ich gewusst hätte (Abg. Krainer: Ja!), das ist ein Mitglied irgendeines politischen Kabinetts: keine.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie oft ist ein Mitglied eines politischen Kabinetts bei einer Einsatzbesprechung für eine Hausdurchsuchung, die Sie geleitet haben, am Tisch gesessen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: In meiner Wahrnehmung außer Herrn Dr. Lett noch nie.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie oft hat ein Mitglied eines politischen Kabinetts ein Amt oder eine Behörde für Hausdurchsuchungen ausgekundschaftet, die Sie geleitet haben?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Weiß ich nicht; ich weiß auch nicht, ob im konkreten Fall, wenn Sie jetzt konkret diesen Fall ansprechen, Herr Dr. Lett derjenige war, der das ausgekundschaftet hat.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Angeblich Herr Goldgruber, hat Herr Preiszler gesagt.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Dazu habe ich keine Wahrnehmung, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich weiß nicht, wer diese Erhebungen getätigt hat.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dazu kommen wir noch später.
Haben Sie mitbekommen, dass Herr Generalsekretär Goldgruber dem Einsatzleiter der EGS, Herrn Oberst Preiszler, den Auftrag gegeben hat, keine elektronische Dokumentation zu führen und alle Schriftstücke nach dem Polizeieinsatz, nach der Hausdurchsuchung zu vernichten?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Dazu habe ich keine Wahrnehmung, weiß ich nicht.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie so etwas in Ihren 14 Jahren jemals erlebt, dass es derartige Anweisungen gegeben hätte?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nein, ist mir nicht bewusst, ist BMI-intern. Dazu habe ich auch regelmäßig keine Wahrnehmungen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist Ihnen aufgefallen, dass bei der ersten Auskunftsperson, Frau Dr. R. P. (BVT) – wo Sie ja selber gesagt haben, da hat der Generalsekretär entschieden, wer von den Zeugen zu Ihnen kommt und wann, zu welchem Zeitpunkt –, von den drei Personen, die sie nennt, zufälligerweise zwei auch von ihm persönlich beziehungsweise von Kabinettsmitarbeiter Lett angehört wurden? Ist Ihnen das in der Zwischenzeit aufgefallen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich weiß nicht, welche Personen konkret angehört worden sind. Ich habe, wie gesagt, diese parlamentarische Anfragebeantwortung im Detail nicht gelesen. Kann sein, dass es die vier Personen betrifft, die bei mir ausgesagt haben. Ich weiß es aber ganz ehrlich nicht. Zum damaligen Zeitpunkt, als ich die Zeugen angehört habe, habe ich es nicht gewusst, und ich habe für mich entschieden, welche Zeugen ich hören möchte, um den Sachverhalt aufzuklären.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mit Ausnahme von Dr. R. P. (BVT)?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Das war die Erste sozusagen, die ich mir angehört habe, nachdem mir gesagt worden ist, sie hat relevante Wahrnehmungen, genau.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und die weiteren Zeugenbefragungen oder die Auswahl von Personen, die Ihnen gegeben wurde, kam von Frau Dr. R. P. (BVT)?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Sie hat viele Zeugen - - Also sie hat ja nicht nur die aufgezählt. Sie hat ja mehrere aufgezählt, also darüber hinaus noch Zeugen aufgezählt, und bei denen - -
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wissen Sie, mit wie vielen der Personen, die sie sonst noch aufgezählt hat, Anhörungen durchgeführt wurden?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nein, ich weiß überhaupt nichts von Anhörungen, auch heute noch nicht, außer das, was ich eben rudimentär in der parlamentarischen Anfragebeantwortung gelesen habe.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut.
Eine Zwischenfrage, nur um da etwas vorzubereiten: Sie haben drei Gründe aufgezählt, wieso Sie jemanden als Vertrauensperson ausschließen können. Welcher dieser drei Gründe hat für den Rechtsbeistand von Herrn Mag. Falb zugetroffen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Er hat aufgrund der Anwesenheit bei meiner ersten Befragung gewusst - -
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das weiß ich schon, aber Sie haben drei Gründe gemäß § 160 StPO aufgezählt. Eins, zwei, drei – welcher dieser drei Fälle war das?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Herr Abgeordneter, Sie haben mir eine Frage gestellt. Ich würde die gerne beantworten, wenn es geht.
Er hat bei der ersten Vernehmung Wahrnehmungen gemacht. Ich wollte die völlig identen Fragen in der zweiten Vernehmung noch einmal stellen. (Abg. Krainer: Mhm!) Wenn jetzt dieselbe Person, die bei der ersten Vernehmung anwesend war und die Antworten der ersten Person schon alle gehört hat, dann mit der zweiten Person drinsitzt, besteht für mich als Staatsanwältin die Gefahr, dass die Angaben der zweiten Person beeinflusst werden, und das will ich nicht. Ich will, dass jede Person unbeeinflusst aussagt.
Wenn die Vertrauensperson bereits die Antworten der ersten kennt, dann besteht diese Gefahr, und ich kann als Staatsanwältin sagen, ich möchte natürlich möglichst unbeeinflusst – selbstverständlich! – und wahrheitsgemäße Antworten haben. Wenn ich die Gefährdung durch das Wissen der Vertrauensperson sehe – die Vertrauensperson hat ja dann schon relevantes Wissen –, dann kann ich sagen: Ich möchte diese Zeugen vernehmen und ich möchte nicht, dass Sie dabei sind, weil ich die Gefahr sehe, dass das beeinflussen könnte!
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Welcher dieser drei von Ihnen vorgelesenen Fälle ist das jetzt?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Er hat Wahrnehmungen zu meinem Verfahren; und deswegen habe ich das gemacht.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und Dr. Lett hatte keine Wahrnehmungen zu Ihrem Verfahren, nachdem er beim zweiten Mal dort gesessen ist, nachdem er, ohne dass Sie es wussten, fünf Mal mit Auskunftspersonen, mit Zeugen von Ihnen geredet hat, bevor Sie überhaupt mit denen geredet haben, nachdem er sich mit zwei davon zwei Mal getroffen hat, über mehrere Stunden, teilweise im Beisein des Generalsekretärs? Wieso trifft das auf den beim zweiten Mal nicht zu, wenn Sie fast idente Sachverhalte abfragen? Noch dazu wird er von Generalsekretär Goldgruber mit den Worten angekündigt – laut Ihrem eigenen Protokoll –: Eine Akademikerin ist bereit, auszusagen, sie wird von einer Vertrauensperson begleitet, die ihre Aussage in einen Kontext stellen kann. – War das nicht das, was Sie geschrieben haben?
Seit wann tun politische Mitarbeiter von politischen Kabinetten Aussagen von Zeugen in einen Konnex stellen und als Vertrauensperson agieren. Er wurde zwei Mal als Vertrauensperson zugelassen, hat drei Zeugen zu einem Termin eingeladen, beim dritten Mal ist er sogar noch mitgekommen, aber nicht mehr als Vertrauensperson reingegangen, aber er war ja auch da. Beim dritten Mal hat ja Herr Lett auch die dritte Auskunftsperson, den Herrn A. H. (BVT), quasi bis zur Tür begleitet.
Und da wollen Sie mir sagen, es ist alles normal? Sie haben mir gerade acht Fragen beantwortet – acht! –, wobei Sie jedes Mal gesagt haben, das ist Ihnen in 14 Jahren bei der Staatsanwaltschaft noch nie passiert. Und jetzt wollen Sie mir erklären, da ist alles ganz normal. – Da ist gar nichts normal.
Ich lege Ihnen jetzt vor - - Oder wollen Sie jetzt noch sagen, wieso Herr Lett doch nicht auszuschließen war? – Sie können es natürlich sagen, aber ich will jetzt nicht sagen, was ich mir denke.
Ich lege Ihnen jetzt einfach die Anfragebeantwortung des Innenministers Kickl an Frau Dr.in Krisper von Anfang Juli 2018 vor und ersuche Sie, jetzt endlich die Gelegenheit wahrzunehmen, einmal durchzulesen, wie welcher Zeuge von Ihnen und wann „angehört“ wurde – unter Anführungszeichen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Bis jetzt haben Sie mir noch keine Frage gestellt? (Abg. Krainer: Nein, jetzt haben Sie in Ruhe Zeit, um das durchzulesen!) – Gut, dann lese ich mir das einmal durch.
*****
Vorsitzende Doris Bures: Wir kommen zur nächsten Fragerunde, da wird Abgeordneter Krainer dann die Möglichkeit haben.
Erster in der zweiten Fragerunde ist Herr Abgeordneter Jenewein. – Bitte.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie haben zuerst im Zuge einer Befragung gesagt, dass es Ihr Wunsch war, dass Herr Dr. Lett wegen der problematischen Geheimhaltungssituation den Kontakt mit den anderen Zeugen herstellt. – Ist das richtig, habe ich das richtig verstanden?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, genau.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Können Sie vielleicht noch einmal ganz kurz schildern, warum für Sie diese Geheimhaltungssituation in dieser Phase so wichtig war? Ich sage Ihnen dann gleich, warum ich das jetzt noch einmal abfrage, obwohl Sie es schon einmal erklärt haben.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, zum einen verweise ich auf das, was ich gesagt habe, zum anderen war es eben für diese Personen, die eben zum Teil – zwei waren weiterhin aktiv im BVT tätig, das ist wichtig für diesen Punkt, und zwei waren früher einmal im BVT tätig – - -, so, dass diese Personen Angst vor Repressalien aus dem BVT gehabt haben, nicht Angst vor Herrn Dr. Lett oder sonst irgendjemandem, sondern Angst vor Repressalien aus dem BVT; insbesondere die erste Zeugin hat das geäußert. Das hat aber nur dann juristische Konsequenzen, wenn es so weit geht, dass ein Fall gemäß § 162 StPO vorliegt. Das heißt, wenn ich eine begründete Annahme dazu habe, dass dem Zeugen selbst Gefahr droht, kann ich dann seine Daten und so weiter aus dem Akt ausnehmen. Die Schilderungen von der Frau Mag. R. P. (BVT) waren so, dass ich zwar verstanden habe, dass sie selber Angst hat, dass es aber nicht die Dimension erreicht hat, dass ich sagen kann, die Voraussetzungen des § 162 StPO liegen vor; daher habe ich den letztlich nicht angewendet.
Für mich war aber wichtig: Die Ermittlungen wären bekannt geworden, zumindest – sage ich einmal so – wäre ein extremes Risiko des Bekanntwerdens der Ermittlungen vorgelegen, wenn ich diese Ladungen ganz offiziell über den Dienstgeber, denn ich muss ja offiziell über den Dienstgeber laden, auch schriftlich zugestellt hätte.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ein wesentlicher Punkt bei dieser Hausdurchsuchung war ja immer die Gefahr – Sie haben es ja eingangs erwähnt –, dass es zu einer theoretischen Fernlöschung kommen könnte. Jetzt haben wir hier im Untersuchungsausschuss zwei IT-Mitarbeiter des BVT gehabt. Der eine hat gesagt, er weiß gar nicht, wie dieser Mythos entstanden ist. Im Endeffekt wurde halt wenig unterschieden, worum es eigentlich geht: Geht es um den Zugriff auf den Server, geht es um den Zugriff aufs Edis, was kann man löschen, was kann man nicht löschen, was wird protokolliert, was wird nicht protokolliert?
Ich möchte jetzt gar niemanden mit Details langweilen, was mich viel mehr interessieren würde: Sie haben zuerst davon gesprochen, dass der Herr Staatsanwalt Mag. Matthias Purkart EDV-Spezialist in der WKStA ist. Sie werden ja sicher im Vorfeld auch über diese Problematik und über diesen Komplex gesprochen haben. – Zu welcher Schlussfolgerung kamen eigentlich der oder die EDV-Spezialisten in der WKStA? Sie haben ja öfter mit Datenforensik und mit solchen Dingen zu tun. Waren diese Zeugenaussagen, die Sie da bekommen haben, dass es eine theoretische Möglichkeit der Fernlöschung gibt, schlüssig für die EDV-Experten in der WKStA?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich habe der Vernehmung des Zeugen A. H. (BVT), der uns eben gesagt hat, dass diese Fernlöschungen möglich sind, aufgrund meines mangelnden Tiefenwissens in der IT – ich bin zwar Staatsanwältin, aber ich bin leider keine IT-Expertin – dann extra meinen IT-Experten zugezogen. Es gibt in der Abteilung, die wir haben, drei IT-Experten. Da ich technisch die Angaben des Zeugen A. H. (BVT) nicht einschätzen konnte, habe ich dieser Vernehmung dann unseren IT-Experten, also einen von den dreien, zugezogen, um die Angaben des Herrn A. H. (BVT) zu plausibilisieren. Ich selber kann es nicht, also habe ich den IT-Experten zugezogen. Das ist auch im Akt, dieser Aktenvermerk über das Gespräch zwischen dem Experten mit dem Expertenzeugen A. H. (BVT).
Für mich war nur wichtig: Ist das, was der Zeuge A. H. (BVT) sagt, technisch möglich? – Mein IT-Experte hat mir gesagt: Ja, das ist technisch möglich! Also habe ich in dem Punkt eben versucht, zu plausibilisieren, und ihn deswegen beigezogen.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Der zweite IT-Experte, war das der Kollege Knezevic?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Genau, das war der, der bei dieser Besprechung dabei war.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich möchte noch gerne Fragen zur Hausdurchsuchung an sich stellen, weil dieser Komplex heute noch gar nicht besprochen wurde. Wir haben ja schon mehrere Möglichkeiten gehabt, hier mit Polizeivertretern darüber zu reden, wie diese Hausdurchsuchung abgelaufen ist.
Können Sie von sich aus bitte schildern – ich nehme an, wenn Sie 14 Jahre bei der Staatsanwaltschaft sind, haben Sie schon einige Hausdurchsuchungen miterlebt –, was diese Hausdurchsuchung von anderen Hausdurchsuchungen, die Sie bereits erlebt, geleitet haben oder bei denen Sie einfach dabei waren, unterscheidet?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Es ist zweifelsohne so, dass nämlich dieses Strafverfahren insgesamt, nicht nur die Durchsuchung, sondern das ganze Verfahren, definitiv seine Besonderheiten hat. Es gibt aber auch einige Dinge, die genau so verlaufen sind, wie sie immer verlaufen. Es ist immer so, dass der Staatsanwalt die Durchsuchung anordnet. Die Polizei wird zugezogen, um die Exekutivgewalt herzustellen, wie wir das nennen, das heißt, den Einsatzort zu sichern. Und wenn es eine Hausdurchsuchung ist, wo es ganz besonders um die Sicherstellung von elektronischen Daten geht, hat man auch ein IT-Team dabei. Das ist auch Standard, und es ist genau so, wie es auch hier gelaufen ist. Das heißt, es ist Teamwork, es macht jeder das, wofür er fachlich befähigt ist.
Die EGS hat im konkreten Fall die Gebäudesicherheit – ich nenne es einfach einmal so –, hergestellt, und meine IT-Techniker haben die Daten gesichert. Dafür gibt es ein standardisiertes Vorgehen; das wird so gemacht, und das haben wir dort auch gemacht. Insofern ist dieses Verfahren ganz genau so wie viele andere Verfahren.
Was sich hier unterscheidet, war für mich zum einen, dass ich eben keine ermittelnde Polizeibehörde hatte – das heißt, ich musste auf jeden Fall vor Ort selbst anwesend sein, um der EGS, wenn sie Fragen hat, zur Verfügung zu stehen und Antworten zu geben –, und natürlich, dass es bei diesen konkreten Daten schon so war, dass mir klar war: Ich muss sicherstellen, dass die immer in meiner Verfügungsgewalt sind. Das war für mich ganz klar, allein schon aufgrund des bestehenden Tatverdachtes war das natürlich klar. Deswegen habe ich dafür gesorgt, dass nur meine IT-Techniker, also die Techniker der WKStA, im BVT die Datensicherungen durchgeführt haben und dass die Datenträger beziehungsweise die forensischen Kopien, die angefertigt worden sind, in meiner Anwesenheit auch nämlich nicht ins Innenministerium oder sonst wohin, sondern in die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft transportiert worden sind.
Das ist sicherlich ein besonderes Vorgehen, weil im Normalfall ist es oft so, dass die Polizei ein IT-Team mithat, das Datensicherstellungen macht; in der WKStA nicht so oft, in der WKStA sind es sehr häufig unsere eigenen Leute, aber die Daten mitnehmen tut dann meistens die Polizei. Und das wollte ich eben da genau nicht. Warum ich das nicht wollte, habe ich aber eh schon klargelegt. Das ist sicherlich zweifelsohne eine Besonderheit dieses Verfahrens, deswegen war ich auch persönlich vor Ort und deswegen sind auch weitere fünf Staatsanwälte gleichzeitig im Einsatz gewesen. Es war ja an jedem Einsatzort ein Staatsanwalt und zusätzlich auch noch einer in der WKStA für diesen Fall.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Hat Ihrer Ansicht nach die EGS alle Anforderungen erfüllt, um diesen Einsatz korrekt durchzuführen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Kurz, gerafft zusammengefasst kann ich sagen, das mit der Geheimhaltung hat funktioniert, weil die Durchsuchung vorher eben nicht bekannt war. Das Einsickern ins Gebäude, wie das im Polizeijargon genannt wird, hat auch funktioniert. Wir haben innerhalb von wenigen Minuten gewusst, wo die Büros sind, zu denen wir hinmüssen. Es ist jedes Büro gesichert worden – und das Ganze ohne jegliche Gewaltanwendung gegen Personen oder Sachen, genau so wie es in der Dienstbesprechung vorher gesagt worden ist. Insofern, kann ich sagen, hat die EGS diese Aufgabe so erfüllt, wie ich es von ihr erwartet habe.
Vorsitzende Doris Bures: Noch eine Frage in der Runde, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Letzte Frage: Ihnen wurden zuerst von Herrn Kollegen Krainer acht Vorhalte gemacht, ob Mitarbeiter aus politischen Büros schon jemals bei Ihnen vorgesprochen et cetera hätten. Zu allem, was Sie da gehört haben: Haben Sie den Eindruck, dass da irgendetwas Rechtswidriges dabei wäre?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wenn ich den Eindruck gehabt hätte, dass etwas rechtswidrig ist, hätte ich ja darauf reagiert. Hätte ich den kleinsten Anhaltspunkt dafür gehabt, dass hier falsche Zeugenaussagen vorliegen, dann hätte ich selbstverständlich entsprechend darauf reagiert. Wie ich aber bereits gesagt habe: Zum Zeitpunkt der Vernehmung der Zeugen gab es dafür keine Anhaltspunkte – erstens –, und zweitens haben sich die Angaben der Zeugen im Laufe des Ermittlungsverfahrens großteils bestätigt – ich kann Ihnen aufzählen, welche Beweisergebnisse wir haben –, also dass das auch großteils wahr ist, was uns diese Zeugen gesagt haben. Und drittens hat auch das Oberlandesgericht Wien bitte den Tatverdacht ja bis auf eine Ausnahme bestätigt, und dieser Tatverdacht beruht auf den Aussagen der Zeugen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben jetzt die Antwort auf meine Anfrage vor sich liegen. Durch die Antworten wurde bekannt, dass es eben diese informellen Zeugenanhörungen vor Ihren Einvernahmen gab. R. P. (BVT) wurde am 16.2. angehört, A. H. (BVT) am 31.1. und am 12.2. und M. W. (BVT) am 2.2. und am 9.2.
Meiner Meinung nach hat Innenminister Kickl bewusst die Unwahrheit gesagt, als er gemeint hatte, Sie wurden im Vorfeld Ihrer Einvernahmen von diesen Zeugenanhörungen informiert, weil dann klar gewesen wäre, dass man Ihnen nicht die Entscheidung überließ, wen Sie wann anhören wollen.
Fällt Ihnen irgendein Grund ein, warum man Ihnen nicht gesagt hat, wer die Zeugen seien, um Ihnen die Entscheidung zu überlassen, wen Sie als Ersten anhören wollen, was Sie tun wollen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich kann keine Angaben dazu machen, ob jemand anderer bewusst die Unwahrheit gesagt hat, ob der Herr Bundesminister da bewusst die Unwahrheit gesagt hat. Ich kann nur sagen, mir ist eine Zeugin genannt worden; das kann ich dazu sagen. Richtig ist, dass ich keine Information dazu hatte, dass vorher Anhörungen stattgefunden haben – auch richtig, ja. Staatsanwaltschaftlich betrachtet muss ich aber auch dazusagen: Selbst wenn das der Fall ist, solange keine falschen Beweisaussagen dabei herauskommen, ist das StPO-technisch betrachtet ja irrelevant. Für mich ist ja wichtig, dass die Zeugen die Wahrheit sagen. Und meine Ermittlungsergebnisse sind so, dass sich – natürlich mit Unschärfen, die hat man immer in Zeugenvernehmungen – Tatbestände bereits aus den weiteren Erhebungen so bestätigt haben, wie die Zeugen es berichtet haben.
Wir haben eine Excel-Datei gefunden, die sich der Beschuldigte Dr. B. P. (BVT) in einem Ordner, der Weihnachten genannt wird, abgespeichert hat, in der sich die persönlichen Daten von 5 000 Altakten des BVT befinden, die schon zu skartieren waren. Wir haben auch die Lansky-Daten gefunden. Wir haben auch zum Beispiel an den privaten Wohnorten von drei Personen, wo wir durchsucht haben, tatsächlich dienstliche Daten des BVT gefunden, die dort auf privaten Datenträgern abgespeichert waren.
Wir haben festgestellt, dass klassifizierte Dokumente tatsächlich in Privathaushalten herumliegen oder auch mit E-Mails verschickt werden. Es ist ja nicht so, dass diese ganzen Sachen, die die Zeugen da gesagt haben, nicht zugetroffen hätten.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Meine Frage war, ob Ihnen ein Grund einfällt, warum Ihnen nicht gesagt wurde, mit welchen Zeugen schon in den Anhörungen gesprochen wurde (Auskunftsperson Schmudermayer: In den Anhörungen?), und ob der Grund sein könnte, dass man Sie im Glauben lassen wollte, dass Sie Herrin des Verfahrens sind und entscheiden, wer wann angehört wird, statt eben Ihnen R. P. (BVT) als Erste vorzustellen.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich weiß nicht, warum man mir nicht gesagt hat, dass es diese Anhörungen gegeben hat?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich komme zurück zur Vertrauensperson Lett. (Auskunftsperson Schmudermayer: Mhm!) Der Vorteil der Anwesenheit des Herrn Dr. Lett bei den Einvernahmen war ja, dass auch Informationen ans Ministerium, wohin auch immer, durch seine Person und sein Wissen, durch sein Beisein gehen konnten. Kollege Krainer hat schon zitiert, dass Goldgruber meint, Lett würde als Vertrauensperson mitkommen, da er die Angaben von R. P. (BVT) in dem Fall in einen Kontext stellen könnte.
Ich komme zurück zu § 160, den Sie vorher zitiert haben: Inwiefern meinen Sie nicht, dass sich Herr Lett dadurch als Vertrauensperson disqualifiziert hat? Ein Grund für das Nichtakzeptieren einer Vertrauensperson wäre, dass er da die freie und vollständige Aussage beeinflussen könnte.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Betreffend jetzt das Zitat aus so einem Aktenvermerk – in einen Kontext stellen –: Ich habe da in meinem Aktenvermerk wiedergegeben, was am Telefon gesagt wurde. Das habe ich oft völlig sozusagen unkommentiert - -
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Was hat er damit gemeint?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Jetzt kommt es zu dieser Vernehmung, und Herr Dr. Lett sitzt dabei. Wenn ich einen Anhaltspunkt dafür habe, dass er die Zeugin dort in der Vernehmung beeinflusst – sage ich Ihnen, wie es ist –, dann schmeiße ich ihn raus. Das machen wir so. Und er ist - - Nur um Ihnen zum Beispiel die örtliche Situation auch nahezubringen: Ich sitze am Tisch, mir gegenüber sitzt die Zeugin, und die Vertrauensperson sitzt nicht neben der Zeugin wie zum Beispiel ein Rechtsanwalt, sondern ich lasse die Vertrauenspersonen immer hinten sitzen. Das heißt, der Zeuge hat zwar die Möglichkeit, dass die Vertrauensperson da ist, wenn er die will, weil er sich dann sicherer fühlt und was auch immer. Dadurch, dass die Vertrauensperson hinter ihm sitzt, kann ich aber ausschließen, dass die Vertrauensperson den Zeugen unmittelbar durch Gestik, Mimik, was auch immer beeinflusst.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Rückblickend, da Sie jetzt wissen, dass Dr. Lett diese Zeugen im Vorfeld mehrmals informell getroffen hat, sehen Sie das anders, Lett als Vertrauensperson? Hätten Sie jetzt mit diesem Wissen anders entschieden?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich muss die Glaubwürdigkeit der Zeugen zum Zeitpunkt der Zeugenvernehmung beurteilen. Das ist mein Job als Staatsanwältin.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie müssen auch beurteilen, wie sehr die Vertrauensperson zulässig ist. (Auskunftsperson Schmudermayer: Bitte?) – Sie müssen auch beurteilen, wie sehr die Vertrauensperson zulässig ist.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, und ich habe die Vertrauensperson, und das sehen Sie im Protokoll, auch belehrt. Ja, ich habe ihn auch belehrt darüber, welches seine Pflichten und welche - -
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es gibt den § 160. Und meine Frage war rückblickend (Auskunftsperson Schmudermayer: Genau, richtig!), ob Sie dessen Anwendung anders sehen, jetzt, da Sie wissen, dass Dr. Lett diese Vorgespräche geführt hat.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Solange die Zeugin in der Wahrheit ihrer Angaben nicht beeinflusst wird, ja, so lange - - Ich sehe dann ein Problem, wenn die Zeugenaussage, nämlich die bei mir in der Staatsanwaltschaft, wenn diese Zeugenvernehmung beeinflusst wird. Dann habe ich ein Problem, und auf das reagiere ich.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben systemisch kein Problem, wenn ein Kabinettsmitarbeiter, der die Zeugen vorab zu informellen, nicht protokollierten Gesprächen trifft, auch in der Einvernahme präsent sein möchte?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich weiß nicht, was in diesen informellen Gesprächen besprochen wurde. Ich kann dazu inhaltlich überhaupt nichts sagen. Ich kann es nicht einschätzen.
Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, es gibt dann noch die dritte Fragerunde.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben einen weiteren Zirkelschluss heute argumentiert, nämlich dass Sie von Ihren Referenzen auf die Zeugenaussagen in keiner Weise infrage gestellt haben, was sie gesagt haben, weil dazu auch keine Zeit war, und keine Zeit war aber wegen der Informationen aus den Zeugenaussagen.
Meine Frage ist: Haben Sie je angedacht, andere als die vom Innenministerium präparierten und vorgeführten Zeugen zu laden, zum Beispiel T. S. (BVT), die sich angesagt und dann abgesagt hat?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Der Grund, warum die Zeugin T. S. (BVT) abgesagt hat, war die Medienberichterstattung über dieses Verfahren. Das ist eines der Dinge, die halt in Staatsanwaltschaften immer wieder vorkommen. Wir haben Zeugen, die möglicherweise Wahrnehmungen haben, die relevant sind, das kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. T. S. (BVT) hat sich gemeldet, hat ja von sich aus bei mir angerufen und gesagt, sie möchte kommen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich noch nicht konkret das Beweisthema gewusst, das wollte ich eben mit ihr besprechen. Sie hat mir dann abgesagt. Sie hat gesagt, sie sieht, was da in der medialen Berichterstattung passiert, und sie will das für ihre Person nicht. Sie hat Angst und sie kommt nicht. Deswegen kann ich Ihnen nicht sagen, worüber die Kollegin, also Frau T. S. (BVT), ausgesagt hätte. – Weiß ich nicht.
Was die anderen Zeugen betrifft, die Frau Mag. R. P. (BVT) genannt hat, kommt es immer darauf an: Ist es ein Beweismittel, das diesen Beweis erbringen kann, und vor allem zu welchem Beweisthema? Und das Beweisthema war für mich relevant. Frau Mag. R. P. (BVT) hat gesagt: Ich war in der Abteilung von Dr. B. P. (BVT). Der Vorgesetzte des Herrn Dr. B. P. (BVT) ist Mag. M. W. (BVT) und der Stellvertreter ist Herr Mag. C. M. (BVT). Und die haben Wahrnehmungen zum Beispiel zum Faktum nordkoreanische Reisepässe, und deswegen waren das für mich valable Zeugen. Mir geht es ja darum, welcher Zeuge kann mir Beweise für einen bestimmten Sachverhalt verschaffen. Darum ging es.
Sie hat dann eben auch andere Zeugen genannt, wobei sie mir bei Herrn P. D. (BVT), glaube ich, mich jetzt auswendig zu erinnern, nicht dazugesagt hat, wozu konkret er eigentlich Wahrnehmungen haben soll. Deswegen habe ich zum Beispiel auf diesen Zeugen verzichtet, denn wenn ich nicht konkret weiß, wozu mir der Angaben machen soll, weiß ich nicht, wozu ich ihn laden soll.
Dann gab es auch noch – ich glaube, das war in der Vernehmung, jetzt bin ich mir nicht hundertprozentig sicher – weitere Zeugen. Die haben aber – ob ich es jetzt nicht mit der Vernehmung von Mag. M. W. (BVT) verwechsle – Wahrnehmungen zu angeblichen körperlichen und sexuellen Übergriffen gehabt, die nicht in die Zuständigkeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft fallen. Und deswegen habe ich die auch nicht geladen, weil das Beweisthema für mich auch nicht relevant ist.
Also es hat schon weitere Nennungen von Personen gegeben, aber ich habe es eben nach Beweisthema entschieden.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Eine kurze ergänzende Frage noch: Welche Zeugen - - (Abg. Amon und die Vertrauensperson der Auskunftsperson unterhalten sich.)
Vorsitzende Doris Bures (in Richtung Abg. Amon): Am Wort ist jetzt Herr Abgeordneter Dr. Pilz.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Welche Zeugen, die nicht unmittelbar oder mittelbar vom Kabinett des Innenministers zur Verfügung gestellt wurden, haben Sie in dieser Causa vor dem 28. Februar einvernommen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Vor dem 28.? (Abg. Pilz: Ja!) – Wenn Sie den - -
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Na die vier waren ja (Auskunftsperson Schmudermayer: Ja, ja!) unmittelbar oder mittelbar vom Kabinett zur Verfügung gestellt.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Die haben sich aus den jeweiligen vorangegangenen Zeugenvernehmungen für mich ergeben.
Ich habe gesagt: Die will ich hören.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich habe gefragt: Welche darüber hinaus? Welche Zeugen darüber hinaus?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Über diese vier Personen hinaus, die sich für mich unmittelbar aus den anderen ergeben haben, wenn Sie das getrennte Verfahren Lansky nicht rechnen: keine.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Welche Ermittlungsschritte, die nicht von Goldgruber begleitet wurden, haben Sie vor dem 28. Februar gesetzt?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich habe zum einen einmal versucht, den anonymen Konvolutschreiber auszuforschen. Zu diesem Zweck habe ich mehrere Anordnungen für Datensicherstellungen erlassen, die ich dann eben auch selber an die Betreiber geschickt habe beziehungsweise - - Also, ja, ich formuliere es einmal einfach so. Parallel dazu wollte ich überprüfen, ob es wahr ist, dass diese angebliche Bestätigung, die der Herr Kabinettschef Kloibmüller ausgestellt haben soll, tatsächlich in dem Verfahren in Deutschland, in dem Steuerhinterziehungsverfahren betreffend den Agenten Werner Mauss, auch tatsächlich vorgelegt worden ist. Deswegen habe ich ein Rechtshilfeersuchen gemacht und nach Deutschland geschickt.
Ich fasse es nur kurz zusammen: Die Antwort war, dass es das dort nicht gibt. Inzwischen haben wir dieses Schreiben und den dazugehörigen Akt gefunden.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Okay. Zeugen und Polizeieinheit sind von Goldgruber zur Verfügung gestellt worden, wie wir heute wissen.
Eine letzte Frage zu diesem Komplex: Welcher Richter hat inhaltlich Ihre Anordnung, Ihren Anordnungsentwurf zu den Hausdurchsuchungen anhand der Akten überprüft?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Verstehe ich Sie richtig, dass Sie nicht fragen, wer es bewilligt hat, sondern wer die schriftliche Anordnung gelesen hat? Meinen Sie das? Verstehe ich das richtig?
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Sie haben mich völlig richtig verstanden.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Okay. – Die schriftliche Anordnung hat vor der Bewilligung niemand gelesen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Hat es also einen Rechtsschutz gegeben?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Durch wen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Weil man eine Beschwerde gegen die Bewilligung der Anordnung machen kann.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ) (erheitert): Okay, gut.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Na ja, das ist im Rechtsstaat so vorgesehen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, ja, das ist im Rechtsstaat so vorgesehen, speziell seit Herbert Kickl Innenminister ist.
Jetzt kommen wir zum Beginn des Verfahrens im Herbst 2017: Am Beginn des Aktes steht eine Zusammenfassung, was bisher geschah. – Haben Sie diese Zusammenfassung verfasst? (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) Sie beginnt auf Seite 4 des Tagebuches.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Seite 4, Moment. (Die Auskunftsperson blättert gemeinsam mit der Vertrauensperson in den Unterlagen) Ja, das ist von mir, ist auch meine Unterschrift darunter.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Da ist dann ein Fazit; das stammt vom 7. November 2017. – Können Sie uns jetzt dieses ganz kurze Fazit vorlesen und dann auch erklären?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Das ist im Endeffekt jetzt die Zusammenfassung dessen, was ich erzählt habe, dass ich mir einmal alles angeschaut habe, was in ganz Österreich an Anzeigen sozusagen unterwegs ist. Ich habe mir angeschaut: Wie ist das rechtlich behandelt worden? – Es gibt da mehrere Möglichkeiten. Es kann nach § 35c StAG erledigt sein oder es kann eingestellt sein, es kann angeklagt sein.
Ich habe mir das angeschaut, um eben ein Ne-bis-in-idem-Problem zu verhindern. Und nach meiner Prüfung von all diesen Sachverhalten, die es ja gibt, habe ich festgehalten, dass letztlich nach vielen Umwegen alle Sachverhalte in dem Akt der Staatsanwaltschaft Wien 111/17 grundsätzlich einmal eingelangt sind und die Staatsanwaltschaft Wien generell zu allen § 35c StAG verfügt hat. Nur zur Erklärung: Das bedeutet, die Staatsanwaltschaft Wien hat nicht eingestellt, sondern überhaupt von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen.
Das hat einmal alle Fakten betroffen, bis auf dieses eine, wo ich schon vorher gesagt habe, das ich das getrennt geführt habe: dieses Verschlussfaktum Lansky.
Und dann habe ich meine damalige Rechtsbeurteilung hingeschrieben, nämlich dass man die anderen Fakten auch formlos wieder aufnehmen kann, wenn man eine Tatverdachtsverstärkung durch das Faktum Lansky herbeiführt. Das ist jetzt vielleicht als Jurist ein bissl spröde gesprochen. (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.) Das betrifft aber nicht das formell eingestellte Faktum, ich nenne das immer österreichische Radrundfahrt 2016, das ist das Stift Ardagger. Dazu hat die StA St. Pölten nämlich nicht nach § 35c erledigt, sondern nach § 190 Z 2 StPO.
Für uns Staatsanwälte bedeutet das - - Der Unterschied ist einfach der: Ein Verfahren, das nach 35c gar nicht erst eingeleitet wurde, kann ich formlos fortsetzen, für ein Verfahren, das nach 190 Z 2 eingestellt worden ist, brauche ich neue Beweise. Und diese Rechtsansicht – das ist sozusagen die Referierung meiner Rechtsansicht - - Aber die 35c-Erledigung der Staatsanwaltschaft Wien war für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht bindend, wenn dadurch Sachverhalte betroffen sind, die in die originäre Zuständigkeit der WKStA fallen, also die 20a-Handlungen. Die kommen dann später, das kommt dann später in meinem Tagebuch, welche das sind. Ich habe es heute auch - -
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich habe Sie etwas wesentlich Einfacheres gefragt.
Hätte dieses Verfahren ohne Faktum Lansky Ihrer Meinung nach, Ihrer Rechtsansicht nach geführt werden können?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wegen der Fakten, für die wir nach 20a zuständig sind, ja; habe ich ja dann auch gemacht.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Sie haben da geschrieben – das passt nicht zusammen (Auskunftsperson Schmudermayer: Es kommt dann!) –: „Um das Verfahren der StA Wien wieder fortzusetzen, müsste somit mit dem Sachverhalt Faktum ‚Lansky‘ und der dadurch veränderten Einschätzung im Hinblick auf den Gesamtzusammenhang argumentiert werden.“
Haben Sie also das Faktum Lansky gebraucht, um die ganzen Ermittlungen fortsetzen zu können? Das schreiben Sie da ja.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Die Fakten, die nach 20a in unsere Zuständigkeit fallen, nicht, ja. Sie müssen das im Zusammenhang mit dem weiteren Aktenvermerk von mir sehen - -
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Frau Staatsanwältin, nein - -
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Der gehört dazu. (Abg. Pilz: Nein!) – Doch!
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Nein, ich frage Sie nur dazu. Das ist vollkommen eindeutig, und wir sprechen ja zumindest ansatzweise dieselbe Sprache.
„Um das Verfahren der StA Wien wieder fortzusetzen, müsste somit mit dem Sachverhalt Faktum ‚Lansky‘ und der dadurch veränderten Einschätzung im Hinblick auf den Gesamtzusammenhang argumentiert werden.“
Sie schreiben also: Ohne Lansky geht gar nichts.
Wie sind Sie zu dieser Einschätzung gekommen? Haben Sie das, bevor Sie das geschrieben haben, mit der Leiterin Ihrer Behörde besprochen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Diese Einschätzung bezieht sich auf alle Fakten, die in die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Wien fallen, ja.
35c hat die Staatsanwaltschaft Wien damals generell über alles gemacht, ohne zu differenzieren. Diese Einschätzung bezog sich auf die Fakten der Staatsanwaltschaft Wien.
Ich habe aber nach 20a – ich habe es im Eingangsstatement gesagt – drei Fakten, die nicht in die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Wien fallen, und deswegen habe ich dann die Rechtsansicht vertreten – das kommt dann aber eh später auch, ich habe das im Tagebuch auch festgehalten –, dass wir hier einfach fortsetzen können, weil das unsere Zuständigkeit ist.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich habe Sie jetzt etwas vollkommen anderes gefragt.
Vorsitzende Doris Bures: Ich mache Sie auf Ihre Redezeit aufmerksam, Herr Abgeordneter. Sie haben jetzt noch für eine kurze Frage Zeit oder für die Präzisierung.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Haben Sie mit Ihrer Behördenleiterin besprochen, dass anhand des Faktum Lansky das Verfahren fortgesetzt werden kann und soll, und haben Sie Wahrnehmungen darüber, dass die Behördenleiterin diese Vorgangsweise mit Rechtsanwalt Lansky vereinbart hat?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich habe meine Rechtsansicht sowohl mit meinem Gruppenleiter als auch mit der Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft besprochen. Sie war ja immer in das Verfahren eingebunden. Ob die Leiterin irgendeinen Kontakt mit Rechtsanwalt Dr. Lansky hat, weiß ich nicht.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Nur ganz kurz auch zu der Unterlage, die Ihnen Kollege Pilz vorgelegt hat. Da schreiben Sie selber als Fazit:
„Alle in den Konvoluten angeführten Sachverhalte waren auch in dem Verfahren zu 60 St 111/17f enthalten, das zu allen Fakten nach § 35c StAG beendet wurde.“ – Weil kein Anfangsverdacht gegeben war, ist das korrekt?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Darf ich Sie noch einmal kurz um die Seite bitten, ich habe sie verblättert. Entschuldigung!
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Die Seite ist - - Wo haben wir das jetzt?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Eh 4 oder was?
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Das ist der Aktenvermerk vom 7.11. Eine Seitenzahl habe ich da nicht.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Eh das. Entschuldigung, ich habe nur die Seite verblättert.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ihr Fazit. (Auskunftsperson Schmudermayer: Ja, genau!) Alle in dem Konvolut angeführten Sachverhalte waren nach 35c zu beenden.
35c: Es gibt keinen Anfangsverdacht. – Ist das korrekt?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Genau, richtig.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Okay, danke.
Ich komme jetzt noch einmal zurück auf den Beschluss - -
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich verweise aber auf das, was ich gerade Herrn Abgeordnetem Pilz gesagt habe: dass sich das nicht auf die Fakten nach 20a StPO bezieht.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ich komme noch einmal zurück auf den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz vom 27.12.2017, den Sie zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchungen nicht kannten, haben Sie gesagt, und der für Sie auch nicht relevant war. – Ist das korrekt? (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich habe mich jedenfalls in meiner Anordnung nicht auf den bezogen, wenn Sie das meinen.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Dann frage ich: Haben Sie sich in Ihrer Anordnung auf den Beschluss des Landesgerichtes Linz bezogen?
Das ist der Akt mit der Nummer 3268 vom 25.9.2015.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Haben Sie ihn?
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ja, wir legen das vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Relevant, glaube ich, ist die vorletzte Seite (die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück), da heißt es einerseits: „Eine Vernichtungsanordnung kommt daher in diesem Fall nicht in Betracht“.
Dann ganz unten: „Wie schon zum vorigen Punkt ausgeführt, kommt eine Löschungsanordnung gegenständlich nicht in Betracht.“
Unter anderem heißt es dann auch: „Dem BVT ist im Zuge der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes jedoch aufzutragen, sämtliche allenfalls noch vorhandenen oder gespeicherten Kopien (egal, ob in Papierform, auf DVD, Stick oder Festplatten) dem Landesgericht Linz zu übermitteln.“ (Auskunftsperson Schmudermayer: Das ist - -!)
Ist dieser Beschluss die Grundlage für Ihre Anordnung?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Das ist dieser - - Es gibt im Lansky-Verfahren sehr viele, aber ich gehe jetzt einmal davon aus, dass es das ist, genau, ja. Es gibt sehr, sehr viele Beschlüsse.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Darf ich Sie fragen, woher Sie diesen Beschluss haben, da ja nicht alle Beschlüsse bei der Staatsanwaltschaft so bekannt sind.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, das weiß ich jetzt nicht. Ich weiß, ich bin bei meiner Anordnung damals – also am 27.2. – ja hauptsächlich von den Zeugenaussagen ausgegangen und von dem, was ich im Lansky-Akt hatte. Und da war das Vorbringen – lassen Sie mich nachdenken –, im Lansky-Akt war das Vorbringen drinnen, dass der BVT eben mehrere Punkte weiter ermittelt hat, nach Einstellung und so weiter und so fort, und diese Lansky-Daten nach wie vor hat.
Es stimmt schon, ich habe in meiner Entscheidung Oberlandesgericht Linz drinnen stehen. Ich glaube, das hat sich aber durch ein Missverständnis sozusagen durch die Angaben im Akt Lansky - -
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wie Sie vorhin gesagt haben (Auskunftsperson Schmudermayer: Ja!), Sie beziehen sich eigentlich auf die Entscheidung des Landesgerichts (Auskunftsperson Schmudermayer: Landesgericht, ja!) Also es wird wohl dann das sein.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich glaube, es ist der, ja. Wie gesagt, es sind irrsinnig - - Ich musste in der Zwischenzeit den ganzen Akt lesen, und das sind sehr viele, aber das dürfte der sein, ja.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Es heißt da: Es ist dem BVT aufzutragen. (Auskunftsperson Schmudermayer: Mhm!)
Wer hätte das BVT mit der Rückstellung der Daten beauftragen müssen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Die Staatsanwaltschaft Linz, also jetzt meiner Auffassung nach, ja.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Haben Sie geprüft, ob die Staatsanwaltschaft Linz eine derartige Anordnung gegenüber dem BVT verfügt hat?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Zwischenzeitlich natürlich schon, vor der Hausdurchsuchung nicht. Aus einem einfachen Grund: da jede Ermittlung, in der ich versuche, diese Informationen von dritter Seite herbeizuziehen – ich habe es eh schon gesagt, ja –, mein Geheimhaltungsproblem sozusagen in Gefahr brächte.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Also Sie haben niemandem vertraut, nicht dem BAK, nicht der Cobra, nicht der Staatsanwaltschaft Linz? Kann man das so sagen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich habe niemanden eingebunden und in meiner eigenen Behörde auch eine Verschlusssache verfügt.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Aber wie können Sie einen derart massiven Grundrechtseingriff wie eine Hausdurchsuchung anordnen, ohne vorher zu prüfen, ob das überhaupt zu Recht erforderlich ist?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich habe das, was mir möglich war, für einen Anfangstatverdacht in diesem Rahmen zu prüfen, ohne meine Ermittlungen zu gefährden, gemacht. Weitere Ermittlungen hätten für mich das Problem geborgen, das die Geheimhaltung gefährdet hätte, und das Oberlandesgericht hat den Tatverdacht ja auch bestätigt. Das Oberlandesgericht Wien hat den Tatverdacht bestätigt.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Haben Sie mittlerweile eine solche Anordnung der Staatsanwaltschaft Linz gefunden?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Es ist so, dass wir inzwischen festgestellt haben, dass diese Anordnung von der Staatsanwaltschaft Wien tatsächlich ergangen ist. Sie ist dem BVT auch zugestellt worden, das haben wir auch schon ermitteln können. Was jetzt Gegenstand der Ermittlungen ist, konkret nämlich – also das heißt, die objektive Tatseite konnten wir bereits feststellen –, ist die subjektive Tatseite, also auf gut Deutsch: Hat derjenige, auf dessen Computer wir diese Daten gefunden haben, auch gewusst, dass diese Daten herauszugeben gewesen wären? – Denn das müssen wir natürlich auch klären.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Eine Frage: Wir haben nur eine Anordnung, die bezieht sich auf die Daten des Herrn Dr. Lansky aus Luxemburg. Die können hier aber ja wohl nicht gemeint sein?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Die Daten aus Luxemburg – also die berühmt-berüchtigten Daten von dem Server in Luxemburg – sind ja nie durch eine Sicherstellung in Österreich angelangt, zumindest nicht am offiziellen Weg. Und dann gibt es jetzt eben diese sieben, also insgesamt eigentlich acht USB-Sticks, die anonym zugespielt wurden, wo Daten enthalten waren, die von diesem Server stammen.
Da gibt es die Entscheidungen zu den anderen sieben USB-Sticks, dass die eben nicht von diesen Löschungsverpflichtungen umfasst sind, sondern eben nur dieser eine, auf den sich dieser Beschluss bezieht. Genau, das ist eben der, auf den sich der Beschluss bezieht, dieser eine.
Die Kopie von diesem einen haben wir konkret auf dem Computer von einem Beschuldigten gefunden. Wir konnten inzwischen auch schon herausarbeiten, dass das BVT wusste, dass diese Daten herauszugeben sind. Das wissen wir nämlich ganz einfach deswegen, weil die Richterin ja auch sagt, es sind die Originale ja übergeben worden. Das BVT hat ja den Original-USB-Stick und Kopien dem Landesgericht Linz übergeben. Deswegen wissen wir, dass sie gewusst haben, sie müssen es zurückgeben.
Was wir jetzt noch überprüfen müssen: ob die konkrete Person, bei der diese Kopien gefunden worden sind, das auch wusste oder nicht. Das ist jetzt Gegenstand.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ich halte fest: Obwohl es keinen Beschluss eines Gerichts gab, dass die Daten zu löschen sind, und obwohl Sie nicht überprüft haben, ob es eine Anordnung zur Rückgabe dieser Daten gab, haben Sie dennoch eine Hausdurchsuchung veranlasst. – Danke.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich glaube, die Auskunftsperson wollte noch die Anfragebeantwortung in Ruhe studieren.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich muss sie noch lesen. (Abg. Krainer: Eben! – Die Auskunftsperson liest in ihren Unterlagen.)
Muss ich für Ihre Fragestellungen wissen, welcher Name zu welcher Nummer gehört? Denn da steht immer nur „Zeugenperson“ mit Nummern, und ich weiß jetzt nicht, welche Nummer welcher Zeuge ist. Ist das relevant für Ihre Fragenstellung? – Schon. Gut, Zeugenperson 1 ist dann nach der Nummerierung vom Herrn Innenminister wer? (Abg. Krainer: A. H. (BVT)!) A. H. (BVT)? – Gut, also 1 ist A. H. (BVT). 2 ist?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): M. W. (BVT).
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Danke. Und 3?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): R. P. (BVT). Das ergibt sich aufgrund der Einvernahmetermine, die ja auch dort stehen – gestürzte Reihenfolge.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wann die Anhörungen im BMI waren, weiß ich aber nicht. – Okay, mhm.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das kann ich Ihnen auch dann vorlegen, aber das gebe ich Ihnen dann fürs nächste Mal mit, denn wir sehen uns sicher wieder.
Vorsitzende Doris Bures: Aber die Anfrage an den Herrn Innenminister haben Sie jetzt gelesen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Habe ich jetzt gelesen, ja.
Vorsitzende Doris Bures: Dann bitte, Herr Abgeordneter Krainer.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Verstehen Sie jetzt die Aussage von Herrn Generalsekretär Goldgruber, dass die Vertrauensperson die Aussage in einen Kontext stellen kann? Verstehen Sie jetzt, was er eigentlich wirklich gemeint hat? – Das konnten Sie damals nicht verstehen. Meine Frage ist, ob Sie es jetzt verstehen.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja - -
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Verstehen Sie es jetzt anders als vor einem halben Jahr?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nein, nein, was der Herr Generalsekretär damit gemeint hat, das kann ich nicht sagen, ich kann in seinen Kopf nicht hineinschauen. (Abg. Krainer: Mhm!) Wenn ich das lese, kann ich vermuten, dass er gemeint haben kann, dass der Lett diese Inhalte gekannt hat und deswegen mitgegangen ist. Aber ich kann es nur vermuten, weil ich nicht weiß, was er gemeint hat. Ich kann ja nicht in seinen Kopf reinschauen.
Aber nach dem, was Sie mir vorgelegt haben, ist es schon so, dass der Herr Dr. Lett da offensichtlich Wahrnehmungen gehabt hat, ja.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und als Vertrauensperson eigentlich auszuschließen gewesen wäre, wenn Sie das alles gewusst hätten?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wie gesagt, ich schließe dann eine Vertrauensperson aus, wenn ich davon ausgehe, dass es dazu führen kann, dass die Angaben der Zeugen bei mir in der Staatsanwaltschaft beeinträchtigt werden, bis hin zu einer falschen Beweisaussage.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist natürlich jetzt eine Bestätigung. Das heißt: Ja, er wäre auszuschließen gewesen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wenn er die Zeugenaussage der Frau R. P. (BVT) bei mir in der Staatsanwaltschaft so beeinflusst, dass sie falsch aussagt: Ja.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut, über das unterhalte ich mich bei Ihnen, wenn ich Zeit dafür habe.
Gab es irgendeinen Kontakt zwischen dem Generalsekretär, dem Herrn Lett und Ihnen zwischen 19. Jänner und 20. Februar?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nein. Wenn ich ihn nicht im Tagebuch vermerkt habe, nicht, nein.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es ist nichts vermerkt.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wenn nichts vermerkt ist, dann gab es keinen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben gesagt, das erste Mal über eine HD nachgedacht haben Sie staatsanwaltschaftlich am 22.2. – Stimmt das?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nach der Vernehmung des Zeugen M. W. (BVT) habe ich, haben wir rein theoretisch einmal darüber nachgedacht: Was bräuchte es, was müsste man grundsätzlich machen?, weil wir ja aufgrund der Angaben von Herrn M. W. (BVT) davon ausgegangen sind, dass wir für den Beweis des Sachverhalts - -
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die Antwort ist der 22.2.?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja – insofern.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann haben Sie mit dem Generalsekretär oder mit Lett über diese Möglichkeit das erste Mal gesprochen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich habe noch die internen theoretischen Diskussionen in Erinnerung, aber - -
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also frühestens am 22.?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja. – Ja.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut.
Wissen Sie, wieso Herr Preiszler bereits am 21. Feber vom Herrn Generalsekretär gefragt wurde?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nein, kann ich nicht wissen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wissen Sie nicht. Gut. – Kommt Ihnen das komisch vor?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Was hat er ihn denn gefragt? Ich weiß es nicht.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Vorbereitung einer HD.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, das kann er ihn fragen, aber das ist BMI-intern, dazu habe ich überhaupt keine Wahrnehmungen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Erklären Sie mir: Wieso sind denn Sie eigentlich bei der S. G. (BVT) - - Wieso hat bei ihr im Büro eine HD stattgefunden? Das verstehe ich bis heute nicht.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wir hatten aufgrund der Zeugenaussagen die Information, dass die Frau S. G. (BVT) im direkten E-Mail-Kontakt konkret mit dem stellvertretenden Direktor des BVT, dem Herrn Mag. Zöhrer, steht. Wir haben ja auch einen Tatverdacht gegen den Herrn Mag. Zöhrer gehabt, konkret. Der kommt ja auch in der - - vor. Und zwar geht es darum, dass er insofern amtsmissbräuchlich vorgegangen sein soll, als er bewusst die Löschung der zu löschenden Akten unterlassen hat.
Dadurch, dass der Herr Mag. Zöhrer zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im BVT war und wir daher davon ausgegangen sind, dass wir seine E-Mail-Verkehre natürlich nicht sicherstellen können – denn er ist ja nicht mehr im BVT, wir finden seinen E-Mail-Account nicht –, habe ich mir gedacht: Wie finde ich den E-Mail-Account trotzdem? Und ich habe eben die Information gehabt, dass die Frau S. G. (BVT) im direkten Kontakt mit ihm steht, eben wegen der Durchgriffe und so weiter – das steht in den Protokollen drinnen –, und daher bin ich davon ausgegangen, dass sich diese E-Mails, um die es mir ging, nämlich dass diese Löschungen unterlassen werden, im E-Mail-Account von der Frau S. G. (BVT) gefunden werden können. – Die Frau S. G. (BVT) ist ja keine Beschuldigte, sondern eine Betroffene, gegen sie richtet sich ja kein Tatverdacht.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wieso gehen Sie dann zu ihr ins Büro hinein und lassen von der EGS CDs, alle möglichen CDs mitnehmen? Das erschließt sich mir nicht.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wir sind ins Büro hineingegangen, weil wir ja auch die Information hatten, dass die Frau S. G. (BVT) E-Mails nicht nur elektronisch hat, sondern auch in Papierform, und wir auch sonst davon ausgegangen sind, dass wir Datenträger finden können, die Informationen haben, aber, wie gesagt, betreffend den Herrn Mag. Zöhrer und nicht die Frau S. G. (BVT), als Tatverdacht.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wieso nehmen Sie CDs, wo Bundesverfassungsschutz Deutschland oben draufsteht, aus dem Büro von der Frau S. G. (BVT) mit? Ich verstehe es nicht.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich stelle es noch einmal ganz kurz dar: Wir haben eben die Arbeitsteilung gehabt, die IT macht die Datenträger, die EGS macht grundsätzlich einmal nur die Sicherung. Wir sind aber, als wir im BVT waren und das Büro von der Frau S. G. (BVT) vorgefunden haben – Sie wissen, wie es dort drinnen ausschaut, Sie haben die Fotos gesehen –, vor der Situation gestanden, dass es, wie wir Juristen so schön sagen, in einer schicklichen Zeit nicht möglich ist, alle diese Datenträger, die dort liegen, vor Ort durchzusehen. Wir haben zuerst einmal die datenforensischen Kopien von den Dingen gemacht, wo es gegangen ist. Mein IT-Techniker war dort und hat auch versucht, das Handy von der Frau S. G. (BVT) gleich vor Ort zu kopieren, damit wir es nicht mitnehmen müssen. Das ist dann aus technischen Gründen gescheitert.
Letztlich war es so, dass es nicht möglich war, diese Datenträger dort vor Ort durch meine IT-Techniker sichten zu lassen. Ich habe eh schon gesagt, für mich war wichtig, dass die EGS keine elektronischen Datenträger sichtet – eine Sichtung von Daten erfolgt nicht durch die EGS –, und das hat auch nicht stattgefunden. Und deswegen - -
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die äußere Sichtung schon, oder?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Die Schachtel haben sie sich natürlich anschauen können.
Und jetzt war es so, dass wir dort – ich mache jetzt Beispiele – Spindeln von selbstgebrannten CDs gefunden haben, wo teilweise Buchstaben draufgestanden sind, die keinen Sinn ergeben, teilweise waren sie gar nicht beschriftet, es war überhaupt nichts draufgeschrieben, und teilweise konnten wir nicht auf den ersten Blick feststellen - -
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Mag. Schmudermayer! Wir wissen alle, es gab eine einzige CD, die nicht beschriftet war. Ich habe ja das Wortprotokoll von Ihnen, wie Sie es wieder zurückgeben.
Meine Frage war ganz klar: Wieso werden Daten vom Bundesverfassungsschutz aus dem Büro der Frau S. G. (BVT) mitgenommen? Ich verstehe es nicht.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, und ich sage Ihnen noch einmal, warum: Weil wir sie vor Ort in der angemessenen Zeit nicht sichten konnten.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also Sie konnten von außen - - Soll ich Ihnen jetzt die Fotos der CDs vorlegen, wo Bundesverfassungsschutz oben steht? Wollen Sie das wirklich?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Das ist - - Ich kenne die Fotos, ich kenne ja meinen Akt.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Eben, deswegen brauche ich sie nicht vorzulegen. Wieso nehmen Sie das mit?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Herr Abgeordneter, lassen Sie mich doch einmal die Frage beantworten! Sie unterbrechen mich. Bitte! Ich war in diesem Büro zwei Mal kurz drinnen, mein IT-Techniker war dort längere Zeit drinnen, aber wir hatten, als wir in diesem Büro angekommen sind, das Problem, dass zunächst einmal eine vollkommen unübersichtliche Masse an Papier vorhanden war, wo wir das Problem hatten: Nehmen wir jetzt diese 60 000 Seiten mit und schauen wir uns das in der WKStA an? – Das ist unmöglich, das können wir nicht machen, das wollte ich auch gar nicht. Und das Gleiche war, in dem Zimmer der Frau S. G. (BVT) hat es meines Wissens ein paar Hundert Datenträger gegeben. Ein paar Hundert! Wir konnten nicht vor Ort durch die IT-Techniker – denn, wie gesagt, ich wollte nicht, dass das die EGS macht – sichten lassen, was konkret auf diesen Datenträgern drauf ist.
Deswegen haben wir sie mitgenommen, und Sie wissen auch, weil Sie ja den Akt kennen, dass wir schon zwei Wochen später mit der Frau S. G. (BVT) persönlich, in ihrer Anwesenheit, genau diese Datenträger gesichtet haben und festgestellt haben: Ist etwas oben, was wir brauchen, oder brauchen wir es nicht? Und die Frau S. G. (BVT) hat auch selber gesagt, dass sie zum Teil selber nicht gewusst hat, was auf diesen Datenträgern oben ist. Wenn ich bei einer Hausdurchsuchung nicht mit hundertprozentiger - -
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie verzerren jetzt die Aussage der Frau S. G. (BVT). (Auskunftsperson Schmudermayer: Nein, lassen Sie mich das jetzt ausreden!) Die kommt nächste Woche selbst. Sie verzerren es gerade.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Lassen Sie mich bitte ausreden! Wenn ich bei einer Hausdurchsuchung nicht mit hundertprozentiger Sicherheit feststellen kann, dass der Datenträger, um den es geht, Informationen enthält, die nicht relevant sind, dann muss ich ihn im Zweifel mitnehmen und sichten. Vor Ort kann ich 500 CDs nicht sichten lassen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann sind Sie denn das erste Mal gewarnt worden, dass, wenn Sie bei dieser Hausdurchsuchung Daten mitnehmen, die von anderen Partnerdiensten kommen, das eine Gefahr für die Reputation der Republik Österreich und eine Gefahr für die innere und nationale Sicherheit ist? Wann haben Sie das das erste Mal gehört?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wenn Sie damit das Problem der klassifizierten Dokumente meinen: Das ist bereits im Verlauf der Hausdurchsuchung diskutiert worden, und zwar zwischen einerseits mir und den Vertreterinnen der Rechtsabteilung, also der Frau Mag. M. K. (BVT) und der Frau Mag. I. K. (BVT), und andererseits ist später auch der Herr Direktor Gridling zu mir gekommen und hat gesagt, es gibt auch klassifizierte Dokumente im BVT. Das war auch der Grund, warum die die Versiegelung von mir wollten. Über die Frage der klassifizierten Dokumente ist bereits während der Hausdurchsuchung diskutiert worden.
Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Am 27. Feber wurden Sie nicht vom Generalsekretär oder vom Mitarbeiter Lett gewarnt, dass bei einer Hausdurchsuchung womöglich Daten nicht mitgenommen werden dürfen, weil sie eine Gefahr für die Reputation der Republik und für die innere und nationale Sicherheit sind? Keinerlei Hinweis?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: So etwas hat keiner zu mir gesagt. Nein. Aber ich muss auch dazusagen, wenn es um klassifizierte Dokumente geht – auch da muss ich halt wieder juristisch werden –: Für die Justiz gelten ja die Vorschriften des Informationssicherheitsgesetzes im Rahmen eines Strafverfahrens nicht. Aber der Punkt ist halt, wenn Sie mich fragen, ob mir vorher jemand gesagt hat, da gibt es klassifizierte Dokumente: Explizit das hat niemand vorher zu mir gesagt. Aber das ist zu erwarten, wahrscheinlich.
*****
Vorsitzende Doris Bures: Wir kommen jetzt zur dritten Fragerunde.
Herr Abgeordneter Jenewein. – Bitte.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Frau Staatsanwältin, drei kurze Fragen: Hat jemand konkret aus dem Kabinett – Generalsekretär, Minister, Mitarbeiter – Druck auf Sie ausgeübt, was die Ermittlungen betrifft?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ohne jetzt dem Herrn Lett selbstverständlich in irgendeiner Form nahetreten zu wollen, aber er ist kein Staatsanwalt und er ist kein Strafverteidiger. Er hatte zwar schon relativ konkrete Vorstellungen, was er gerne hätte, aber ich habe auch sehr konkrete Vorstellungen, was geht und was nicht. Ich brauche zuerst einmal, um irgendetwas weiterermitteln zu können, einen Anfangstatverdacht beziehungsweise für eine Durchsuchung einen Tatverdacht. Ich gehe der Reihe nach nach dem Gesetz vor. Was auch immer der Herr Dr. Lett gerne gehabt hätte, das mag schon sein, aber trotzdem prüft die Staatsanwaltschaft völlig unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für welche Zwangsmaßnahme auch immer vorliegen, und nur dann, wenn wir zu der Einschätzung gelangen, diese Voraussetzungen liegen vor, werden wir diese Anordnungen auch erlassen.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Können Sie ausschließen, dass Sie vom Generalsekretär instrumentalisiert wurden, um eine Hausdurchsuchung beim BVT abhalten zu lassen, um möglicherweise an Daten des Extremismusreferats zu kommen? (Abg. Duzdar: Das ist eine Suggestivfrage! – Abg. Krainer: Da kann die Antwort nur sein: Nein, kann ich nicht!)
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wenn Sie das als Suggestivfrage empfinden, antworten Sie nicht, wenn Sie antworten können, antworten Sie bitte! (Abg. Krainer: Es gibt eh nur eine Antwort: Nein, kann ich nicht ausschließen!)
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich weiß nicht, was der Herr Generalsekretär Goldgruber wollte oder nicht wollte. Ich kann nur das beurteilen, was ich an Tatverdacht festgestellt habe – das habe ich auch –, und der Tatverdacht ist auch bestätigt worden.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Gut, dann meine letzte Frage. Sie schreiben in Ihrem Tagebuch im Dezember, dass es einen medialen Druck gibt, dass da nicht ermittelt wird. In weiterer Folge nach der Hausdurchsuchung hat es auch einen medialen Druck gegeben, bis zum heutigen Tag, dass ermittelt wurde: Haben Sie in Ihrer 14-jährigen Tätigkeit schon einmal erlebt, dass gegenüber Zeugen der Staatsanwaltschaft und der Polizei derartiger medialer Druck ausgeübt wurde?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich persönlich noch nie. Ich weiß, dass es andere Verfahren gibt, die medienträchtig sind, wo sehr intensiv medial berichtet wird. Gott sei Dank habe ich nicht allzu viele von denen.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Danke schön. Keine weiteren Fragen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie meinten am Anfang Ihrer Ausführungen, dass nach der Einvernahme des zweiten präparierten Zeugen, des Herrn M. W. (BVT), für Sie klar war, dass die Sicherstellung nötig ist. Jetzt wissen wir, dass Generalsekretär Pilnacek sogar nach den Einvernahmen aller Zeugen in dieser bekannten Dienstbesprechung meinte, er finde das bisherige Substrat nicht, man hätte Gridling um Amtshilfe ersuchen können, die Dringlichkeit der Maßnahme ergebe sich für ihn nicht, der Tatverdacht sei vage, der richtige Weg wäre die Amtshilfe gewesen.
Aber auch Ihr Gruppenleiter Handler sagt in einer Besprechung vom 23.2., also nach der Einvernahme von M. W. (BVT), dass er noch keinen ausreichenden Tatverdacht sieht – das findet sich auf Seite 33 – und deswegen die angedachten Maßnahmen, HD, Telefonüberwachung und Festnahme, nicht angeordnet werden können.
Er sagt – ich zitiere –: „Dem von Dr. Lett aufgebauten Zeitdruck [...] wird jedenfalls nicht nachgegeben“.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ein bisschen langsamer, bitte – aber ich weiß, Sie haben Zeitnot.
Vorsitzende Doris Bures: Wir können ja kurz warten, bis Sie (in Richtung Auskunftsperson Schmudermayer) die Stelle gefunden haben, aus der Sie (in Richtung Abg. Krisper) gerade zitiert haben, dann geht das nicht auf die Redezeit. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Also Seite 33. – Ja.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich zitiere nochmals Gruppenleiter Handler: „Dem von Dr. Lett aufgebauten Zeitdruck [...] wird jedenfalls nicht nachgegeben“.
Sie haben gerade vorhin von den konkreten Vorstellungen gesprochen, was er gerne gehabt hätte, Herr Dr. Lett. – Könnten Sie das ausführen, und was hier mit Zeitdruck gemeint ist?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Es steht im Prinzip schon in der Klammer hinten dran, nämlich: Herr Dr. Lett hat zu mir gesagt, dass zeitnah Suspendierungen erfolgen müssen – aber das ist mir als Staatsanwältin egal, weil ich als Staatsanwältin für ein Disziplinarverfahren, ein Dienstaufsichtsverfahren nicht zuständig bin.
Also wenn das BMI intern aufgrund der Vorkommnisse prüfen muss, dass möglichst zeitnahe eine Suspendierung stattfindet, dann mag das sein – das ist die Wahrnehmung von Herrn Dr. Lett –, aber für mich im Strafverfahren ist das nicht relevant. Es steht ohnehin da, in der Klammer dahinter.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Zum Gespräch von Ihnen mit Generalsekretär Goldgruber am 19.1.2018 – Seite 26 im Tagebuch –: Da stellen Sie Überlegungen an, wer der mögliche Autor des Konvoluts ist, und Sie notieren in Bezug auf Goldgruber:
„(s entsteht bei mir der Eindruck, dass“ – er – „etwas verschweigt. Hat er selbst einen anderen Verdacht? Weiß er, wer es war? Er selbst?).“
Wie sind Sie darauf gekommen und warum haben Sie das im Tagebuch festgehalten?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Das war ein persönlicher Eindruck aus dem Gespräch heraus.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Können Sie das genauer erläutern?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Na er hat sehr viel gesprochen und über das Konvolut gesprochen, und ich glaube – ich meine, ich kann aber nur vermuten; ich sage ja, es war nur ein Eindruck –, er hat sich selber darüber Gedanken gemacht, wer hinter dem Konvolut stehen könnte oder welche Zusammenhänge es geben könnte. Er hat sich das selber überlegt, und ich glaube – das ist meine Vermutung –, er hat mir seine Gedankengänge, die er hatte, nicht alle mitgeteilt, also zumindest hatte ich den Eindruck.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Warum haben Sie in Ihr eigenes Tagebuch Ihren persönlichen Verdacht hineingeschrieben, er selbst könnte der Autor des Konvoluts sein? Warum?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nein, das ist kein Verdacht! Ich hatte nur den Eindruck, dass er mir gegenüber gewisse Gedankengänge, die er hat, nicht offenlegt, und ich habe dann für mich selber überlegt, welche Varianten, welche Denkmöglichkeiten es gibt, warum er Gedankengänge mir gegenüber nicht - - Er muss ja nicht alles offenlegen!
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Haben Sie es also zu dem Zeitpunkt für möglich gehalten, dass Goldgruber selbst der Autor des Konvoluts ist?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ausschließen kann man es nicht.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ob Sie es für möglich gehalten haben.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Theoretisch möglich schon; Anhaltspunkte hatte ich noch keine.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, aber Sie haben es jedenfalls ins Tagebuch hineingeschrieben, das ist ja deutlich genug.
Jetzt kurz zum Journalrichter Nachtlberger. Schildern Sie uns bitte möglichst detailliert Ihr Gespräch mit Journalrichter Nachtlberger. Das war doch ein Telefongespräch?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, genau, das war ein Telefongespräch. Ich habe ihn angerufen, muss aber dazusagen, nachdem ich - - Ja, sehr viele Erinnerungen habe ich nicht mehr, aber was ich Ihnen sagen kann, ist, dass ich zu diesem Zeitpunkt die schriftlichen Anordnungen bereits verfasst habe, weil ich eigentlich gedacht habe, ich lasse sie quasi regulär beim Straflandesgericht einlaufen, und habe ihm den Sachverhalt zusammengefasst vorgetragen, der in diesen Anordnungen steht. Ich kann mich - -
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Wie lange war das Telefonat ungefähr?
Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie können dann noch eine kurze Nachfrage stellen, denn wir haben in der dritten Runde nur 1 Minute. – Bitte, Frau Schmudermayer.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich weiß – das ist das, woran ich mich noch erinnern kann –, dass ich ihm gesagt habe, dass einzelne der Anordnungen Beschuldigte betreffen und einzelne der Anordnungen Betroffene. Diese Information ist wichtig, weil sie dann nämlich nach StPO unterschiedlich zu beurteilen sind.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Dies ist meine einzige Nachfrage: Haben Sie zum Zeitpunkt des Telefonats, am Beginn des Telefonats bereits gewusst, dass Richter Nachtlberger Ihre Anordnung genehmigen wird?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Nein! Ich muss ja warten, bis er etwas sagt, ob er es genehmigt oder nicht. (Abg. Pilz: Na, vielleicht ...!)
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Frau Oberstaatsanwältin, im Rahmen der Erstbefragung durch den Herrn Verfahrensrichter haben Sie angegeben, dass das Oberlandesgericht Wien aufgrund der Involvierung von Mag. Gridling die Amtshilfe für nicht zweckmäßig erachtet hat. – Halten Sie diese Aussage aufrecht?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Na ich habe über die Entscheidung Salzburg betreffend gesprochen, dass dort der Behördenleiter Beschuldigter war und dass dort die Oberlandesgerichtsentscheidung war: aufgrund der Beschuldigtenstellung des Behördenleiters war eine Amtshilfe nicht tunlich. – Das war die Entscheidung Salzburg betreffend.
Das OLG jetzt, in meiner Entscheidung - - in den Entscheidungen hier, in diesem Verfahren, hat ja gesagt, ich hätte doch mit Amtshilfe vorgehen sollen, und hat das eben damit begründet, dass man noch höher hinauf hätte gehen sollen, also dass es zwar richtig ist, dass Gridling ein Beschuldigter ist und dass es ein Selbstbelastungsverbot gibt und so weiter; das betrifft auch den Leiter der IT-Abteilung, auch da gibt es - - Das alles ist richtig, aber ich hätte sozusagen in der Hierarchie noch höher hinaufgehen müssen und mir Amtshilfe dann durch das BMI quasi leisten lassen müssen. Theoretisch, soweit ich das verstanden habe, wäre die Nächste darüber die Frau Generaldirektorin für die öffentliche Sicherheit, Frau Kardeis, glaube ich, gewesen. Sie wäre dann sozusagen die nächste Instanz gewesen.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Dann halte ich Ihnen diese Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Ich darf Sie bitten, auf der Seite 20 unten nachzulesen. Dort heißt es folgendermaßen:
„In casu wäre das Amtshilfeersuchen um Herausgabe der inkriminierten Gegenstände primär an den Direktor des BVT, Mag. Gridling, zu richten gewesen.“
Und es heißt dann weiter auf Seite 22:
„... kein schlüssiger Hinweis in Bezug auf Mag. Gridling und wurde eine solche Befürchtung von der WKStA in ihrer Stellungnahme auch nicht plausibel dargelegt.“
Das nur der Ordnung halber. – Und gegenübergestellt zu Ihrer Aussage insgesamt, muss man sagen, ist es eigentlich sehr bedenklich, wenn man sieht, auf welcher Grundlage und mit welcher Vorbereitung derart massive Grundrechtseingriffe in der Republik möglich sind.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Betreffend das Gespräch beim Journalrichter: Haben Sie da gesagt, dass es sich hierbei um das BVT handelt, dass dort eine HD stattfinden soll?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Dem Journalrichter? – Ja.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. – Sie sagen, Sie wollten aufgrund der Zeugenaussagen die Mailbox von Frau S. G. (BVT) und Sie wollten ausgedruckte E-Mails.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ja, sofern die vorhanden sind. – Ja, genau.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wieso nehmen Sie CDs mit?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Auch das sind Datenträger, auf denen die elektronischen Daten aus den E-Mails gespeichert sein können.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Entschuldigung, aber Sie sagen vorher, Sie wollen ihre Mailbox und ausgedruckte E-Mails. (Auskunftsperson Schmudermayer: Ja!) Das steht auch in der - - Wieso sollen sie dann Datenträger - -?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: In meiner Anordnung habe ich das - - Ich kann ja auf den Text in meiner Anordnung verweisen - - (Abg. Krainer: Das ist ein Copy-and-paste-Text in der Anordnung!) Der hat aber absolut einen Sinn! Also Copy-and-paste beinhaltet ja, dass das nichtssagend ist, aber es ist genau allessagend: Es geht darum, alle elektronischen Daten sicherzustellen, die diesen Tatvorwurf gegen Herrn Mag. Zöhrer belegen. Und ich habe begründet, warum ich davon ausgehe, dass ich diese elektronischen Daten bei Frau S. G. (BVT) finden kann. Das steht in dieser Anordnung drinnen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und Sie sind davon ausgegangen, dass sich auf einer CD, worauf gedruckt ist: Bundesverfassungsschutz Deutschland, etwas Fallrelevantes finden lässt?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Wir haben die Daten in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gesichtet, also die Datenträger gesichtet, und wenn wir festgestellt haben, da ist nichts Relevantes drauf, haben wir sie sofort zurückgegeben. Ich habe gesagt, wir konnten aufgrund - -
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Dr. Schmudermayer, es gibt zwei Arten von Sichten: Das eine ist die äußere Sichtung, und das andere ist dann das Auslesen der Daten. Das sind ja zwei verschiedene Sachen, oder?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Es gibt eine Grobsichtung und eine Feinsichtung, ja.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Bei der Grobsichtung sehe ich aufgedruckt: Bundesverfassungsschutz Deutschland, Fotos Ulrichberg zum Beispiel. Haben Sie ernsthaft - - Wer hat ernsthaft geglaubt, dass man auf dieser CD irgendetwas Fallrelevantes findet?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Die EGS hatte den Auftrag, keinen von diesen Datenträgern in irgendeiner Form anzugreifen; das war mir ganz wichtig. Ich hatte nicht die Möglichkeit vor Ort, sofort alle diese CDs auszusortieren.
Was die EGS gemacht hat, ist dann, diese CDs in eine Kiste zu tun – die wussten ja, dass sie die CDs nicht in die Hand nehmen und sichten dürfen. Sie haben sie in eine Kiste getan, und wir haben durch unsere IT-Experten die Sichtungen durchgeführt. Aufgrund der Fülle konnten wir das nicht – wie gesagt, im Büro von Frau S. G. (BVT) waren ein paar Hundert CDs – vor Ort machen.
*****
Vorsitzende Doris Bures: Nun ist die Redezeit aller Fraktionen auch in der dritten Runde ausgeschöpft, aber der Verfahrensrichter hat die Möglichkeit, jetzt noch abschließend Fragen zu stellen, und er macht auch davon Gebrauch. – Bitte.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ganz kurz nur: Warum war gegen die EGS kein Anschein einer Befangenheit anzunehmen; wenn man die EGS verwendet?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Die EGS ist als Einheit in diesen – in sämtlichen! –, in sämtlichen Konvoluten und so weiter nicht angesprochen worden.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Hätte man bei dem Gespräch Mag. Goldgruber an Mag. Pilnacek verweisen müssen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Bei dem Gespräch am 19. Jänner? (Verfahrensrichter Strauss: Ja!) – Meiner Ansicht nach nicht, weil eben Goldgruber für mich ein Anzeiger war, und Anzeiger, die gehen – das steht auch so im Gesetz – zur Staatsanwaltschaft, und die Staatsanwaltschaft bin ich.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Okay.
War nach Ihrer Wahrnehmung die Hausdurchsuchung chaotisch?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Die vorgefundenen Zustände im BVT waren in manchen Büros sehr chaotisch und haben dadurch einen sehr hohen Aufwand verursacht, die Hausdurchsuchung selbst war nicht chaotisch.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: War der Transport der Datenträger vom BVT zur WKStA lege artis? Wir haben gehört, da waren Plastiksackerln und so etwas in Verwendung.
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Der Transport war lege artis, und die Sackerln, die eben verwendet worden sind, sind die Sackerln, die standardmäßig vom Innenministerium für Sicherstellungen der Polizei zur Verfügung gestellt werden. Ich habe eines davon da (die Auskunftsperson hält ein Plastiksäckchen in die Höhe), die schauen so aus. Das sind diese Sackerln, die werden vom BMI so an die Polizei ausgegeben, und die sind verwendet worden. (Abg. Krainer: Sind das die Toppits-Sackerln?) – Das ist ein spannendes Thema, woher dieses Ding kommt, aber wie Sie sehen, steht da nicht Toppits drauf. Mich hätte wirklich interessiert, was der Zeuge gesagt hat auf Ihren Vorhalt, woher er diese Information mit den Toppits-Sackerln hat. (Abg. Krainer: Sie verfolgen den Ausschuss - -?)
Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Krainer!
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Das ist eine spannende Sache.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich bin am Wort und stelle die letzte Frage: Haben Sie sich während der ganzen Vorgänge bis zur Hausdurchsuchung unter Druck gesetzt gefühlt – irgendwann, durch irgendwen?
Mag. Ursula Schmudermayer, LL.M.: Ich persönlich, ob ich ein Druckgefühl empfunden habe als persönliche Wahrnehmung? – Nein. Ich lasse mich nicht so leicht unter Druck setzen. (Verfahrensrichter Strauss: Danke schön!)
Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Strauss.
Vielen Dank, Frau Mag. Schmudermayer, LL.M., dass Sie dem Ausschuss als Auskunftsperson zur Verfügung gestanden sind. Auch Ihnen vielen Dank, Herr Dr. Novak.