112/KOMM XXVI. GP
Kommuniqué
des Untersuchungsausschusses über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) (3/US XXVI.GP)
Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Ulrich Nachtlberger in der 9. Sitzung vom 2. Oktober 2018
Der Untersuchungsausschuss über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 31. Sitzung am 13. März 2019 mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, N, J) gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VOUA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Ulrich Nachtlberger nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.
Wien, 2019 03 13
Werner Herbert Doris Bures
Schriftführer Vorsitzende
BVT-Untersuchungsausschuss

Stenographisches Protokoll
9. Sitzung/medienöffentlich
Dienstag, 2. Oktober 2018
Gesamtdauer der 9. Sitzung
10.06 Uhr – 19.16 Uhr
Lokal 7
Befragung der Auskunftsperson Richter Mag. Ulrich Nachtlberger
Vorsitzende Zweite Präsidentin Doris Bures: Herr Mag. Nachtlberger, es gibt die Möglichkeit, eine einleitende Stellungnahme abzugeben. Möchten Sie davon Gebrauch machen?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein, ich verzichte.
Vorsitzende Doris Bures: Das ist nicht der Fall. Dann ersuche ich den Verfahrensrichter, mit der Erstbefragung zu beginnen. – Bitte, Herr Dr. Strauss.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Sehr gerne. Danke schön.
Herr Kollege Nachtlberger, inwiefern waren Sie persönlich in die Hausdurchsuchung im BVT am 28.2.2018 involviert?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Lediglich aufgrund der Bewilligung der Anordnung; persönlich nicht.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wann haben Sie das erste Mal erfahren, dass eine Hausdurchsuchung im BVT im Raum steht, ansteht oder angeordnet wurde?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Dass eine Hausdurchsuchung im BVT im Raum steht, habe ich durch den Anruf der Frau Oberstaatsanwältin Schmudermayer erfahren, am 27. Februrar um 22.30 Uhr ungefähr.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Welche von Ihnen empfangenen Telefonate rund um die Hausdurchsuchung gab es? Eines haben Sie schon erwähnt. Gab es weitere?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Rund um die Hausdurchsuchung gab es dieses eine Telefonat, bei dem telefonisch die Anträge gestellt wurden und dann von mir bewilligt wurden, nachdem der Sachverhalt hier referiert wurde.
Es gab in weiterer Folge am nächsten Tag noch einmal ein Telefonat. Während der Hausdurchsuchung hat mich die Frau Oberstaatsanwältin Schmudermayer angerufen, denn da war eine Rechtsvertreterin vom BVT, die wollte mit mir persönlich sprechen und wollte wissen, ob es tatsächlich stimmt, dass ich das bewilligt habe. Das habe ich dieser Rechtsvertreterin gegenüber bestätigt, habe dann noch die Frau Oberstaatsanwältin darauf hingewiesen, dass sie mir binnen 24 Stunden die Anordnungen zur Unterfertigung vorzulegen hat.
Ich habe sie dann, nachdem ich am nächsten Tag, das war am 28., um – ich weiß es nicht – 17 Uhr oder so vom Büro nach Hause gegangen bin, noch einmal angerufen und gesagt: Ich gehe jetzt nach Hause, weise dich noch einmal darauf hin, dass du binnen 24 Stunden denen die Ausfertigung geben musst. Sie hat mich dann um 18 Uhr oder so angerufen. Ich habe gesagt, ich bin jetzt zu Hause, und dann ist sie zu mir nach Hause gekommen, und ich habe das dort unterschrieben.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Am 28.?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Am nächsten Tag war das, ja. Das waren die Telefonate.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wurden Sie vom Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, Mag. Friedrich Forsthuber, vorab über eine mögliche Hausdurchsuchung im BVT informiert?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Es gab am 27. um circa 13 Uhr – schätze ich, nageln Sie mich nicht fest – einen Anruf vom Herrn Präsidenten. Da hat er mich zu sich gebeten und hat mir dann Folgendes mitgeteilt: Er habe am heutigen Tag, also auch am 27., die Information erhalten, dass gegen hohe Beamte im Innenministerium ermittelt wird und dass beabsichtigt wird, hier Anordnungen, also Anträge zur Erlassung von irgendwelchen Zwangsmaßnahmen zu stellen. Das heißt, es war damals nicht die Rede vom BVT, es wurde namentlich auch niemand genannt und es war auch nicht bekannt, welche Form von Anträgen gestellt werden. Da sie im Laufe des Tages eben noch nicht gestellt worden sind, hat er gesagt, könnte es sein, dass das im Journal kommt.
Inhalt dieses Gespräches war dann eigentlich nur, wie das im Falle der Bewilligung am nächsten Tag administrativ gehandhabt wird, dass hier höchste Geheimhaltung dieser Unterlagen gewährleistet wird. Es gibt an sich die Verschlusssachenverordnung, also war das Gespräch jetzt nicht wirklich notwendig, denn in der Verschlusssachenverordnung steht eh drinnen, wie hier vorgegangen werden muss.
Wir sind dann übereingekommen, dass ich, falls ich das bewillige, die Anordnungen in ein verschlossenes Kuvert gebe und eben nicht wie sonst in der Einlaufstelle einlaufen lasse, sondern direkt in die Haft- und Rechtsschutzrichterkanzlei bringe und dass das dort als Verschlusssache eingetragen wird.
Also bei diesem Gespräch ging es nicht um irgendwelche Dinge betreffend die richterliche Tätigkeit, sondern rein um justizverwaltungsmäßige administrative Abläufe.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Darum habe ich Sie auch gefragt.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Und, wie gesagt, noch einmal, vom BVT war zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Rede, auch nicht von Gridling oder sonst irgendjemandem. Die Information, die ich vom Herrn Präsidenten erhalten habe: Es geht um hohe Beamte im Innenministerium.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich darf wiederholend fragen: Sie wurden deshalb vom Herrn Präsidenten ins Gespräch gezogen, weil Sie der zuständige Journalrichter - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: - - zuständige Journalrichter an diesem Tag war.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ja, also es war sozusagen Prophylaxe?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Es war Prophylaxe, damit das eben, weil es eben schon bekannt war, dass es eine sehr delikate Angelegenheit ist und dass hier höchste Geheimhaltung vorgesehen ist, nicht am nächsten Tag durch mehrere Hände geht, über die Einlaufstelle, sondern dass das hier als Verschlusssache behandelt wird.
Das Problem war einfach, es gab ja noch keinen Verschlussakt bei Gericht, ja. Es verweist die Verschlusssachenvorordnung zwar auch im Journaldienst auf diese übliche Vorgangsweise, aber wir haben das einfach noch einmal so besprochen.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Hat ein Mitarbeiter aus dem Innenministerium Sie jemals im Zusammenhang mit der Hausdurchsuchung angerufen?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wurde in Bezug auf die Bewilligung der Anordnungen zur Hausdurchsuchung im BVT, von welcher Stelle auch immer, versucht, unsachlichen Druck auf Sie auszuüben?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Danke schön, ich bin am Ende mit meiner Befragung.
*****
Vorsitzende Doris Bures: Vielen Dank, Herr Dr. Strauss.
Damit kommen wir zu der ersten Fragerunde, und die eröffnet Frau Abgeordnete Dr.in Krisper. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege Dokument 1067 vor, Seite 53. Das ist ein „Vermerk über Hinzuziehung des Landesgerichts für Strafsachen Wien (vom 13. März 2018)“ von Mag. Purkart. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Kennen Sie das Dokument?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Wie bitte?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Kennen Sie das Dokument?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ich kenne das Dokument nicht.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann lasse ich Ihnen Zeit zum Lesen. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wie Sie sehen, gab es zwei Telefonate vonseiten des Mag. Purkart, und zwar das erste auf Ersuchen von Oberstaatsanwältin Schmudermayer, „wonach es einen äußerst heiklen Akt im Zusammenhang mit dem BVT und der Involvierung hoher Funktionsträger des BMI gäbe“. Es kam dann zum Telefonat am 22. Februar zwischen Purkart und Mag. Forsthuber, dem Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen.
Das zweite Telefonat, das Sie dann betrifft, war am 27. Februar, als klar wurde, dass die Anordnung eben erst im Journaldienst zu genehmigen sein wird. Hier am Ende findet sich das, was Sie betrifft: Im Telefonat teilte Forsthuber mit, dass Richter Mag. Nachtlberger der zuständige Journalrichter sein werde und gab die Telefonnummer her. Eine „halbe Stunde später rief der Präsident nochmals“ Purkart „an und teilte mit, dass Mag. Nachtlberger von ihm über die erwartbare Anordnung und deren Sensibilität in Kenntnis gesetzt wurde und die Oberstaatsanwältin ihn telefonisch kontaktieren möge, um die weitere Vorgangsweise zu akkordieren. Dies wurde der Oberstaatsanwältin ebenfalls mitgeteilt. In die weiteren Schritte für die Bewilligung der Anordnung war ich nicht mehr weiter eingebunden.“
Dürfte ich Sie bitten, noch genauer auszuführen, wie das Gespräch verlaufen ist, wie insbesondere auf die Sensibilität der Causa hingewiesen wurde?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das Gespräch ist so verlaufen, dass mir der Herr Präsident gesagt hat, er habe die Information – ich habe es an sich eh schon gesagt – von der WKStA erhalten – er hat mir nicht gesagt, von wem, also ich kenne den Herrn Purkart nicht –, dass gegen hohe Beamte des Innenministeriums Ermittlungen laufen und dass Anordnungen gestellt werden. Und da – also, es war an dem Tag ungefähr 13 Uhr – offenbar nicht mehr klar war, ob die sozusagen noch im regulären Dienstbetrieb bei Gericht eingebracht werden oder allenfalls später im Journaldienst, hat er mich beigezogen, hat mir das gesagt. Es ging darum, dass hier höchste Geheimhaltung gewahrt wird, und es ging in weiterer Folge darum, wie man dann am nächsten Tag mit den Bewilligungen umgeht, das heißt, dass die in einem verschlossenen Kuvert direkt an die Haft- und Rechtsschutzrichterkanzlei übergeben werden und dort dann als Verschlussakt eingetragen werden.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ist es üblich, vorab vom Präsidenten des Straflandesgerichtes über eine Anordnung in Kenntnis gesetzt zu werden, die im Raum steht?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Staatsanwältin Schmudermayer hat argumentiert, dass es in dieser Causa wichtig war, dass sehr wenige Menschen über das Verfahren Bescheid wissen.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das war die Information, die auch mir übermittelt wurde, ja.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Finden Sie nicht, dass dieser Weg über Purkart, Forsthuber an Sie mehr Personen eingebunden hat, als wenn direkt mit Ihnen von Staatsanwältin Schmudermayer Kontakt aufgenommen worden wäre?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das habe ich nicht zu kommentiere. Ich weiß nicht, warum Herr Purkart den Herrn Präsidenten informiert. Das müssen Sie ihn fragen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wann nahm Staatsanwältin Schmudermayer Kontakt mit Ihnen auf?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Um 22.30 Uhr, durch diesen Journalanruf.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wie lange dauerte das Gespräch?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das brauche ich nicht zu beantworten. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson. – Abg. Krainer: Und wieso nicht? Das ist ja jetzt kein Staatsgeheimnis, oder?!) Da geht es um den Journalvorgang, das ist eine rein richterliche Tätigkeit.
Vorsitzende Doris Bures: Wenn Sie sich beraten, sollten Sie das Mikrofon abschalten. (Abg. Leichtfried: Was zu beantworten ist, entscheidet die Präsidentin!)
Mag. Ulrich Nachtlberger: Vielleicht einmal vorweg: Das war der Journalvorgang, das war das, was mir die Frau Staatsanwältin gesagt hat, was auch dann meine Entscheidungsgrundlage war.
Vielleicht, um das Ganze ein bisschen zu entmystifizieren: Ich habe hier nichts zu verheimlichen oder sonst irgendetwas, es geht auch nicht darum, dass ich mich hier irgendwie aus irgendetwas rauswinden will oder sonst irgendwas, sondern es geht hier darum, dass es um verfassungsmäßig abgesicherte Rechte geht. Es geht nämlich darum, dass hier die Gewaltentrennung geschützt wird. Das ist jetzt nicht mein Spaß, dass ich Ihnen das nicht sage, sondern Sie dürfen mich das einfach nicht fragen. Das ist nicht Gegenstand der Untersuchung, und daher werde ich Ihnen darauf keine Antwort geben. Ja, ganz einfach.
Vorsitzende Doris Bures: Herr Mag. Nachtlberger, wir haben hier eine ausführliche Rechtsbelehrung, welche Fragen an Sie gerichtet werden können, durchgeführt.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das mag der Herr Verfahrensrichter entscheiden, ob ich die Frage beantworten muss.
Vorsitzende Doris Bures: Die Entscheidung treffe ich nach Rücksprache und rechtlicher Beratung mit dem Verfahrensrichter. Deshalb haben wir diese Funktionen im Untersuchungsausschuss, und deshalb würde ich jetzt Herrn Dr. Strauss um seine rechtliche Einschätzung bitten und dann in der Befragung fortfahren. – Bitte, Herr Dr. Strauss.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich bin der Meinung, dass die Dauer eines Gesprächs, in dem es dann um richterliche Entscheidungen geht, noch nicht so geartet ist, dass sie nicht noch beantwortet werden darf. Ich würde also diese Frage zulassen.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Schwer zu sagen, schwer abzuschätzen, ich würde sagen, zwischen 10 und 15 Minuten.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Was hat Ihnen Staatsanwältin Schmudermayer gesagt?
Verfahrensanwalt Dr. Arthur Mikesi: Das sind die Entscheidungsgrundlagen, nach denen Sie dann fragen, nicht?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, aber es geht ja nicht darum, die rechtliche Würdigung zu kritisieren oder zu befragen, sondern den Informationsstand, die reine Kommunikation, den Inhalt einer Kommunikation zwischen Staatsanwältin und Richter, nicht um dessen Entscheidungsgrundlage, Entscheidungsargumentation, rechtliche Tätigkeit, sondern alleine diesen Kommunikationsweg.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Na ja, wenn sie ihm den Sachverhalt und ihren Antrag erzählt, dann ist der nächste Schritt, dass er entscheidet, dann sind die Entscheidungsgrundlagen da.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dazu frage ich ja nicht. Ich frage nicht, ob er Gefahr im Verzug gesehen hat oder warum.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Sie fragen: Was hat sie Ihnen erzählt?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Die Entscheidungsgrundlagen.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Das sind die Entscheidungsgrundlagen im Journal, Entschuldigung.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Sie hat mir die Entscheidungsgrundlagen erzählt.
Vorsitzende Doris Bures: Ich unterbreche kurz die Sitzung und bitte die Fraktionsvorsitzenden und sowie Dr. Strauss und Dr. Mikesi zu mir.
Die Sitzung ist kurz unterbrochen.
*****
(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 14.37 Uhr unterbrochen und um 14.44 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)
*****
14.44
Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Ich bedanke mich bei den Fraktionsvorsitzenden für die kurze Beratung. Wir haben noch einmal darauf hingewiesen, dass in der Rechtsbelehrung der Auskunftsperson Mag. Nachtlberger der Verfahrensrichter darauf hingewiesen hat, dass sehr wohl dazu befragt werden kann, welche Wahrnehmungen Sie zum Verhalten anderer, etwa von Organen der Vollziehung haben. Zum Beispiel darf eben – das wurde dezidiert ausgeführt – gefragt werden, wie sich die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Verwaltungsbeamte und Verwaltungsbeamtinnen oder Exekutivbeamte und Exekutivbeamtinnen nach Wahrnehmung des Richters verhalten haben.
Insofern teile ich die Einschätzung des Verfahrensrichters, dass unserer Meinung nach die Frage der Frau Abgeordneten Dr.in Krisper zulässig ist. Ich würde Sie bitten, die Frage noch einmal zu formulieren, und dann Sie, Herr Mag. Nachtlberger, um die Beantwortung ersuchen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Mag. Nachtlberger, welche Informationen ließ Ihnen Staatsanwältin Schmudermayer bei Ihrem Telefonat am 27. am Abend zukommen?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Wenn ich jetzt bei der Beantwortung dieser Frage, die ich ja wahrheitsgemäß beantworten müsste, irgendetwas vergesse, dann halten Sie mir zu Recht vor, dass ich aufgrund defizitärer Informationen eine Entscheidung getroffen habe. Und damit sind wir genau dort, wessen ich beschuldigt werde, nämlich des Verbrechens des Amtsmissbrauchs; bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg ist ein Verfahren gegen mich anhängig und ich belaste mich hier nicht selbst. Ich beantworte die Frage einfach nicht.
Vorsitzende Doris Bures: Damit würde ich nun Dr. Strauss um seine Einschätzung ersuchen. Das heißt, die Aussageverweigerungsbegründung ist Selbstbelastung im Zuge eines laufenden Verfahrens.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Das wäre nach meiner Meinung ein tauglicher Grund, die Aussage zu verweigern.
Vorsitzende Doris Bures: Dann ist es möglich, sich der Beantwortung dieser Frage zu entschlagen.
Wir versuchen trotzdem in der Befragung weiterzugehen. Ich weiß, das ist jetzt eine schwierige Aufgabe, Frau Abgeordnete.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Es war vorauszusehen, dass das schwierig wird.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Um Fragen zu stellen, mit denen Sie sich nicht selbst belasten - - (Auskunftsperson Nachtlberger: Wie bitte?) – Um eine Frage zu stellen, mit der Sie sich nicht selbst belasten: Wurden Ihnen Zeugenaussagen durch die Staatsanwältin referiert?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nicht wortwörtlich, aber der Inhalt von Zeugenaussagen, ja. Aber jetzt sind wir wieder dort. (Abg. Krisper: Das ist schwierig!) – Ja, nein, ich glaube das führt zu nichts.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich gebe einmal weiter und sinniere. – Danke.
Vorsitzende Doris Bures: Ich würde dann die Sitzung mit der Bitte, sich noch einmal zu beraten, unterbrechen. Um es noch einmal zu sagen: Allein die Tatsache, dass ein Verfahren läuft, ist noch kein Aussageverweigerungsgrund. Das ist mir jetzt wesentlich festzuhalten, denn wir hatten das bei unzähligen Auskunftspersonen ja auch schon. Es gibt in der Verfahrensordnung ganz klar geregelte Aussageverweigerungsgründe, auf die man sich als Auskunftsperson stützen kann und deren Abwägung – ob sie zutreffen oder nicht – dann in Absprache mit der rechtlichen Beratung und Expertise des Verfahrensrichters zu erfolgen hat. Es gibt die Möglichkeit, wenn man zu dieser Auffassung kommt, dass dieser Ausschuss auch darauf beharren kann, dass Fragen beantwortet werden. Ich möchte nur darauf hinweisen.
Ich würde, weil sich offensichtlich die Befragung weiterhin schwierig gestaltet, darum ersuchen, dass die Vertrauensperson und die Auskunftsperson noch einmal kurz vertraulich auf die rechtliche Ausgangssituation und die Verfahrensordnung hingewiesen werden. Dann fahren wir in der Befragung fort.
Ich unterbreche kurz die Sitzung.
*****
(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 14.49 Uhr unterbrochen und um 14.53 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)
*****
14.53
Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Ich bedanke mich für die Klärung, wie wir in der Befragung fortfahren können, und erteile Herrn Dr. Strauss das Wort.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wir haben jetzt eine Lösung gefunden, dahin, dass Kollege Nachtlberger versuchen wird, Ihnen den Ablauf des Gespräches abstrakt, ohne Bezug auf den Inhalt näherzubringen. Vielleicht hilft das, damit wir diese heikle Balance behalten. – Bitte schön.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Grundsätzlich ist es so, dass im Journaldienst - - Nach Ende der verbindlichen Aufenthaltsfrist bei Gericht – am Landesgericht für Strafsachen muss man bis 17 Uhr anwesend sein –, also nachher, bis am nächsten Tag um 8 Uhr in der Früh, hat man Rufbereitschaft. Das ist ein völlig normaler Vorgang, dass ein Staatsanwalt anruft – und so war es auch in diesem Fall – und einen Sachverhalt, eine Verdachtslage referiert und dann sagt, welche Anträge er hier stellt und um Bewilligung dieser Zwangsmaßnahmen ersucht. Gut.
So war es auch in diesem Fall. Und ich kann Ihnen versichern, das war ein durchaus langes Gespräch, weil mir natürlich völlig klar war, dass es sich hier um eine delikate Angelegenheit handelt. Wir haben das sehr ausführlich besprochen, sie hat mir den Sachverhalt sehr ausführlich telefonisch referiert und ich habe dann sogar einige Fragen einmal erörtert. Wir haben zum Beispiel auch genauer das erörtert, ob es nicht eine Möglichkeit gibt, dass man diese Daten anders beschaffen kann. Wir sind im Gespräch dann eben, weil Dr. Gridling selbst Beschuldigter war, zu dem Schluss gekommen, dass das nicht möglich ist. – Das Oberlandesgericht Wien hat das in seiner Beschwerdeentscheidung anders gesehen, das nehme ich zur Kenntnis. – Und ich habe das dann so bewilligt.
Ich denke einmal, ich habe jetzt mehr gesagt, als ich eigentlich sagen muss. Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht, ich habe nach bestem Wissen und Gewissen diese Entscheidung getroffen. Es hat auch niemand auf mich Druck ausgeübt in irgendeiner Art und Weise. Okay? Ist das halbwegs das, was Sie hören wollten?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich versuche es dennoch weiter mit Fragen. Haben Sie Staatsanwältin Schmudermayer vor diesem Fall schon gekannt?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja, weil sie war früher Staatsanwältin bei der StA Wien, aber rein dienstlich.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie früher schon Anordnungen von ihr genehmigt?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein, soweit ich weiß - - Ich glaube nicht, dass sie, als sie bei der StA Wien war, Journaldienst gemacht hat. Wenn, dann muss es lange her sein.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, das war Ihr erstes Telefonat im Rahmen Ihrer gemeinsamen Tätigkeit, wo sie bei der WKStA ist und Sie - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Seitdem sie bei der WKStA ist, habe ich bis auf diesen Vorfall mit ihr nichts zu tun gehabt.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Mir ist erinnerlich, dass Sie vorher geantwortet haben, das Gespräch hätte 10 bis 15 Minuten gedauert.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Schätze ich.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Und jetzt haben Sie gemeint, es war sehr lang.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das stelle ich hiermit fest. – Danke sehr.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Haben Sie einmal 15 Minuten nichts gemacht und auf die Uhr geschaut, wie lange das dauert? (Abg. Krainer: Jede Nacht, stundenlang!)
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Also bei uns im Haus kenne ich niemanden, dem 15 Minuten lange vorkommen, aber das sind verschiedene Welten.
Darf ich Sie eines fragen: Sie hatten Dienst als Journalrichter am Abend des 27. Februar 2018, das ist ja evident. (Auskunftsperson Nachtlberger: Ja!) Hatten Sie auch Dienst als Journalrichter am 26. Februar 2018?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein, Journaldienst hat man - -
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Und hatten Sie am 28.?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Nur am 27.?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Der Journaldienst geht vom 27., 8 Uhr, bis 28., 8 Uhr, 24 Stunden.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Und ab wann ist bekannt, an welchem Tag welcher Richter oder welche Richterin Journaldienst hat?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das wird vom Personalsenat beschlossen, ich würde einmal sagen eineinhalb Monate vorher, ungefähr.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Und da ist es im Haus dann klarerweise bekannt?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Alle wissen das, also auch die WKStA bekommt die Journaldienstliste.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Klar, also auch in der WKStA war bekannt - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja, alle staatsanwaltlichen Behörden, ja natürlich.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Wenn ein Journalrichter einen Anfangsverdacht prüft, also prüft, ob es einen ausreichenden Tatverdacht für eine derartige Maßnahme gibt, wie macht man das? Ich habe das noch nie gemacht, ich frage Sie einfach, damit ich mir das vorstellen kann.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Aufgrund des Referats des Staatsanwaltes.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das heißt, der Staatsanwalt trägt Ihnen etwas vor.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Trägt mir den Sachverhalt vor, ja.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Und ist es da üblich, dass man auch fragt: Welche Beweismittel gibt es denn?
Mag. Ulrich Nachtlberger: In der Regel begründet der Staatsanwalt das auch mit den vorhandenen Beweismitteln, die er hat, ja.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ist es im Regelfall rein mündlich oder kommt es im Regelfall auch zu - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Bei der Rufbereitschaft ist es nur telefonisch.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Bei der Rufbereitschaft nur telefonisch. Und im normalen Dienst, also untertags, während der Amtszeiten, wie wird das da gemacht?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Im Journaldienst auch telefonisch, aber das ist untertags relativ selten, weil da gibt es ja in aller Regel einen zuständigen Richter.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Und wenn es zu einem zuständigen Richter kommt, wie schaut das dann aus?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Dann wird dem der Akt übermittelt.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Dann wird dem der Akt übermittelt, das heißt, die entscheidende - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Und behandelt.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das heißt, einer der wichtigen Unterschiede, wenn es zum „normalen“ – unter Anführungszeichen – Richter, also Haftrichter, oder zum Journalrichter kommt, ist: Beim einen wird ein Akt vorgelegt und beim anderen nicht (Auskunftsperson Nachtlberger: Oder Aktenbestandteile!) – oder Aktenbestandteile –, und beim anderen nicht?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Was könnte jetzt der Vorteil für eine Staatsanwältin sein, die möglicherweise nicht übermäßig viel belastendes Material hat, wenn sie zum Journalrichter statt zum Haftrichter geht? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) Ich frage nur nach seiner Erfahrung, aber es ist nicht notwendig - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das kann ich nicht sagen. Ich bin kein Staatsanwalt, ich kann in den ja nicht hineinschauen. (Abg. Pilz: Ja, ja natürlich!)
Was ich sagen kann, ist, dass ein Staatsanwalt ein Organ der Gerichtsbarkeit ist und ein Staatsanwalt zur Objektivität verpflichtet ist und dass es auch für einen Richter stets Arbeitshypothese sein muss, dass ein Staatsanwalt ihm die Wahrheit sagt, ihn nicht anlügt und bei dem, was er ihm erzählt, auch nichts auslässt.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Davon gehen wir ja aus.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Davon müssen wir ausgehen, denn sonst können wir zusperren.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Genau so schaut es aus, und das wollen wir ja alle nicht.
Jetzt noch einmal: Wann genau hat Präsident Forsthuber Sie angerufen? Das war ja nicht am Abend, sondern - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Am 27., ich würde sagen, es war nach Mittag, denn ich habe an dem Tag bis Mittag verhandelt. Ich schätze, es war um 13 Uhr. (Abg. Pilz: 13 Uhr?) – Ungefähr.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das heißt aber, er hat Sie in Ihrer Eigenschaft als Journalrichter angerufen?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja, als Journalrichter und gesagt, ich möge zu ihm kommen, und dann hat er mir das erzählt. Das Gespräch hat – weiß ich nicht – nicht sehr lang gedauert, denn es ging einfach nur um diese Geheimhaltungsmaßnahmen, die wir da zu treffen haben oder die ich zu treffen habe.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Wissen Sie, mir ist das heute - - Ich sage es Ihnen ganz offen: Bei der Befragung der Staatsanwältin Schmudermayer hat es einen Punkt gegeben, den ich einfach nicht verstehe, und zwar hat sie gesagt: Absolute Geheimhaltung, Geheimhaltung, Geheimhaltung. Deswegen hat man es dem nicht sagen können und der Einheit und der Behörde und dem und dem und dem nicht sagen können. Sie hat zumindest auch versucht, einiges an der gerichtlichen Vorgangsweise zu begründen. Wir hatten dann nicht mehr genug Zeit, nachzufragen, nämlich warum im letzten Moment und so weiter und derartig spät.
Sehen Sie irgendeinen Grund, warum die Staatsanwältin Schmudermayer, die das genauso gut am nächsten Vormittag einem Haftrichter hätte vorlegen können und dann eine unterschriebene HD-Anordnung bekommen hätte, da mögliche Verräter unter den Haftrichtern gewittert hat und nur dem Präsidenten und Ihnen vertraut hat?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Haben Sie sie das gefragt?
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Nein, wir hatten dann zu wenig Zeit.
Mag. Ulrich Nachtlberger (zum Teil an die Vertrauensperson gerichtet): Ja, aber das muss er sie fragen. Das ist spekulativ. Ich weiß nicht, was in der Frau Oberstaatsanwältin Schmudermayer vorgeht. (Zwischenbemerkung der Vertrauensperson. – Abg. Pilz: Nein, Sie - -) Ich weiß es nicht. Ich kann es nicht beantworten, weil ich es nicht weiß und beteilige mich nicht an irgendwelchen Spekulationen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Da haben Sie ja vollkommen recht. Ich versuche nur, ein Bild nachzuzeichnen und auf eine Situation draufzukommen. Das betrifft Sie nur indirekt. Staatsanwalt Handler hält schriftlich fest, dass der Antrag am 27. oder am nächsten Tag gestellt werden soll. Ich versuche nur, draufzukommen, warum diese Eile besteht. Gibt es da einen sachlichen Grund, gibt es einen personellen Grund, warum wird das alles so überstürzt? Da fallen gerade die IT-Techniker reihenweise aus. Sie weiß nicht einmal, welche Polizeieinsätze - - Okay, darüber können Sie nichts wissen, weil Sie dazu keine Wahrnehmungen haben.
Jetzt noch einmal: Wie wird von einem Haftrichter geprüft? Der bekommt jetzt Aktenbestandteile und hat natürlich die Möglichkeit, anhand der Aktenbestandteile eigentlich ziemlich genau zu überprüfen, wie schaut es denn mit dem Substrat aus. Ist das richtig?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Diese Möglichkeit hatten Sie ja nicht.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Die hatte ich schon, weil sie mir den Akt referiert hat. Ich gehe davon aus, dass sie dabei nichts ausgelassen hat. Es ist so – vielleicht zur Information –: An sich reicht für die Bewilligung einer Hausdurchsuchung eine einfache Verdachtslage. Da gibt es die Rechtsprechung, dass sogar ein anonymer Hinweis genügt. Das Oberlandesgericht hat ja auch bis auf einen Fall die Verdachtslage bestätigt. Also ich weiß jetzt nicht genau, was da das Ziel dieser Befragung ist.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, draufzukommen mit Ihrer Hilfe, obwohl Sie da vollkommen recht haben: Sie werden uns da wesentlich weniger helfen können als die Staatsanwältin oder die Kollegen oder Kolleginnen der Staatsanwältin, draufzukommen, warum das gerade mitten in der Nacht sein musste, wo nichts dagegen gesprochen hat, das am nächsten Tag ganz normal zu machen.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja, oder am Vortag. Das weiß ich alles nicht, das müssen Sie die ermittelnden Organe der Staatsanwaltschaft fragen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja. Jetzt ist nur die letzte Frage: Frau Mag.a Schmudermayer hat Sie ja zu Hause angerufen, oder?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ich war zu Hause damals, ja sicherlich, um 22 Uhr da ist man als solider Mensch zu Hause, ja.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Natürlich stellt sich da die Frage, ob die Anordnung unterschrieben wird.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja, das ist immer so, dass die erst am nächsten Tag unterschrieben wird. Ich weiß gar nicht, ob sie zu dem Zeitpunkt die schriftliche Anordnung bereits verfertigt gehabt hat.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Es ist also möglich, dass sie zu dem Zeitpunkt noch gar keine fertige schriftliche - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das ist durchaus möglich, ja.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das werden wir sie natürlich auch noch fragen müssen. – Okay, ich habe keine weiteren Fragen.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Vielleicht um zu erklären, wie das normalerweise ist: Der übliche Vorgang ist, dass dann am nächsten Tag in der Früh der Staatsanwalt zum Journalrichter des Vortages geht und ihm die Anordnungen zur Unterfertigung gibt. Da war die Besonderheit an dem Tag, dass es erst am nächsten Tag am Abend geschehen ist, weil sie einfach offenbar den ganzen Tag über beim BVT, bei diesen Hausdurchsuchungen beteiligt war und nicht die Zeit gefunden hat, mir diese Anordnungen zu bringen. Ich habe sie mehrmals darauf hingewiesen, dass sie das machen soll, weil es eben die 24-Stunden-Frist gibt. Das war auch eine der Besonderheiten.
Vorsitzende Doris Bures: Nächster Fragesteller: Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Mag. Nachtlberger! Vorweg: Danke, dass Sie uns als Auskunftsperson zur Verfügung stehen. (Auskunftsperson Nachtlberger: Sehr gerne!) Ich darf ganz anders anfangen. Mich würde interessieren: Seit wann sind Sie als Richter tätig?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Seit 2003.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Und seit wann sind Sie am Landesgericht für Strafsachen Wien beschäftigt?
Mag. Ulrich Nachtlberger: 2003.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Ebenfalls 2003.
Habe ich das in Ihren Ausführungen vorher richtig verstanden: Der Personalsenat teilt den Journaldienst ein.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Sie haben die Journaldienstliste, ja, die Liste der Journaldienste.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Für welchen Zeitraum wird der Journaldienst vorweg festgelegt?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Für einen Monat.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Jeweils ein Monat? Dann habe ich das also falsch verstanden, denn Sie haben von circa eineinhalb Monaten, so habe wenigstens ich es verstanden gehabt - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Die Beschlussfassung ist immer schon vorher, aber die Journalrichterliste wird immer jeweils für einen Monat beschlossen.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Damit alle Kollegen das im Vorhinein wissen. Und habe ich das auch richtig verstanden: Die Staatsanwaltschaft wird informiert, welcher/e Journalrichter oder -richterin Dienst hat.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Die Staatsanwaltschaft und auch die WKStA – ich weiß nicht, ob es die Polizeibehörden auch bekommen, das kann ich jetzt nicht sagen – bekommen diese Journalrichterliste übermittelt.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Wie oft und in welchen Zeitabständen hat dann ein Kollege oder haben Sie selbst oder Kolleginnen und Kollegen Journaldienst? Wie oft trifft einen das?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Wochentagjournal einmal im Monat und Wochenendjournal alle drei, vier Monate einmal, würde ich sagen.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Habe ich das auch richtig verstanden: Sie müssen, wenn Sie Journaldienst haben, bis 17 Uhr im Büro sein und nachher sozusagen (Auskunftsperson Nachtlberger: Am Wochentag!) bis nächsten Tag um 8 Uhr in der Früh immer am Diensthandy erreichbar sein?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Genau.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Unter welchen Voraussetzungen gibt es Abweichungen von der Einteilung zum Journaldienst, und passiert das des Öfteren? (Auskunftsperson Nachtlberger: Wie meinen Sie das?) – Na ja, dass jemand seinen Journaldienst nicht wahrnehmen kann. Unter welchen Voraussetzungen gibt es Abweichungen? Wenn das einen Monat vorweg eingeteilt wird, dann wird das nicht immer alles genau so halten.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Es kann ja sein, dass ein Kollege erkrankt. Es kann auch sein, dass ein Journaldienst getauscht wird, weil irgendein Kollege draufkommt: Ich habe an dem Tag irgendetwas Dringendes vor und kann das nicht machen. Dann muss er sich einen anderen suchen, mit dem er den Journaldienst tauscht. Dazu bedarf es aber immer eines Beschlusses des Personalsenats. Also jede Änderung der bereits beschlossenen Journalrichterliste bedarf eines Beschlusses des Personalsenats des Landesgerichts.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Wenn Sie Journaldienst haben, ist es üblich, dass die Bewilligungen so wie in diesem Fall vorab mündlich erteilt werden?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das ist gang und gäbe, ja.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Und habe ich Sie vorher richtig verstanden: Sie haben am 27., so circa um halb elf am Abend, das Telefonat mit der Frau Oberstaatsanwältin gehabt (Auskunftsperson Nachtlberger: Ja!) und sozusagen die mündliche Bewilligung erteilt, aber damit Sie es unterschreiben haben können, haben Sie eigentlich am nächsten Tag, am 28., am Abend, dem selbst nachgehen müssen, damit Sie das sozusagen vorgelegt bekommen haben. Habe ich das richtig verstanden?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ich habe sie mehrmals angerufen und darauf hingewiesen, dass sie mir das jetzt bringen möge, denn an dem Tag, am Mittwoch, war ein Rapid-Spiel, und da habe ich Karten gehabt.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Da habe ich durchaus Verständnis, wenn man Fußballfan ist.
Das heißt, die Unterschrift ist dann irgendwann zwischen 18 und 19 Uhr erfolgt.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Es wird 18 Uhr gewesen sein, und ich bin dann unmittelbar darauf ins Stadion gefahren.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Wie erfolgt die Verfahrenszuteilung für die Richter beim Landesgericht für Strafsachen in Wien grundsätzlich und welcher Aufgabenbereich ist vorwiegend Ihr Aufgabenbereich?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ich meine, ich sage es Ihnen gern. Das hat mit dem nichts zu tun, aber gern: Auch ein Beschluss des Personalsenats wiederum, die Geschäftsverteilung wird im Personalsenat beschlossen, und ich bin zuständig für Hauptverhandlungssachen, teilweise allgemeine Sachen, Spezialmaterien: Suchtmittelsachen, Menschenhandel, Schlepperei. Ich habe auch eine Schwurgerichtsabteilung und 50 Prozent Berufungssachen für Berufungen gegen Entscheidungen der Bezirksgerichte in Wien.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Wie oft werden von Ihnen Hausdurchsuchungen bewilligt?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Im normalen Dienstbetrieb gar nicht, weil das in einer Hauptverhandlungsabteilung nicht vorkommt, im Journaldienst regelmäßig.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Können Sie uns da eine Zahl nennen, für einen Monat zum Beispiel?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein, das kann ich nicht sagen, aber es vergeht kein Journaldienst, in dem nicht zumindest zwei- oder dreimal Hausdurchsuchungen bewilligt werden, auch Festnahmeanordnungen und Telefonüberwachungen. Das sind eigentlich die häufigsten Fälle.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Wenn Sie wegen der Bewilligung eine Hausdurchsuchung betreffend kontaktiert werden, wie kann ich mir das als Laie vorstellen? Welche Informationen müssen Sie dazu erhalten, damit Sie das bewilligen können?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Einen Sachverhalt, der eine entsprechende Verdachtslage begründet, und dann prüft man. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung findet auch noch statt. Das hängt halt in der Regel immer von der Schwere des Delikts ab. Das sind sehr oft einfache Entscheidungen. Wenn man erfährt, dass aufgrund einer Telefonüberwachung der Verdacht besteht, dass jemand in seiner Wohnung zwei Kilogramm Heroin hat, dann wird man nicht lange zögern, dort eine Hausdurchsuchung zu machen, zum Beispiel.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Passiert es des Öfteren, dass es zu einigen Veränderungen der Informationen zwischen mündlichem Okay zur Hausdurchsuchung oder wie auch immer und dann zum schriftlich Unterfertigten kommt? Ist das durchaus üblich oder passiert das manchmal?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Üblich ist es mit Sicherheit nicht! Es mag gelegentlich vorkommen. Das sind aber dann eher Fehler, die bei der schriftlichen Ausfertigung passieren, also nicht bewusste Unwahrheiten, sondern irgendwelche – weiß ich nicht. Was sehr häufig vorkommt, ist, dass bei Telefonüberwachungen aufgrund eines Tippfehlers die Telefonnummer nicht stimmt oder dass bei der Adresse irgendetwas, ein Zahlensprung bei der Postleitzahl auftritt, solche Dinge. Dass es jetzt aber inhaltlich, von der Verdachtslage her wesentliche Abweichungen gibt, das kann ich so nicht sagen, nein, das kann ich nicht bestätigen.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Ich glaube, Ihnen liegt das Dokument 1079 bereits vor. Auf die Seite 81 wird Bezug genommen. Das müsste mit 1067 ident sein. – Es wird ausgeteilt, gehen wir auf Nummer sicher, wir haben ja Zeit. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ich habe es jetzt schon zweimal. Danke. Reicht eh.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Es war durchaus schon Thema, dass Präsident Forsthuber Sie persönlich informiert hat. Für mich stellt sich schon die Frage: Ist es üblich, dass Sie vom Präsidenten vorab derartige Informationen bekommen?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein, das ist unüblich. (Abg. Prinz: Das ist also nicht üblich?) Das habe ich in der Form noch nie erlebt. Es war auch nicht notwendig, weil es ja die Verschlusssachenverordnung an sich gibt, und da steht ja genau drinnen, wie man in solchen Fällen vorzugehen hat, aber gut.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Ist es Ihrer Wahrnehmung nach üblich, dass der Präsident des Landesgerichts von der Staatsanwaltschaft persönlich gebeten wird, eine Anordnung persönlich zu übernehmen und die Einbringung zu beaufsichtigen?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das weiß ich nicht. (Abg. Prinz: Haben Sie dazu keine Wahrnehmungen?) – Ich habe dazu keine Wahrnehmungen.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Wie kann man sich das als Laie vorstellen – ich bin da Laie und juristisch nicht bewandert –, wie kann der Präsident die Einbringung in die Einlaufstelle machen, wie läuft das? Gibt es da eine Dokumentation darüber?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein, das ist an sich ein Akt der Justizverwaltung. Da wäre ich sogar weisungsgebunden, wenn er mir da formell eine Weisung erteilt hätte. Das war ein informelles Gespräch, in dem es einfach nur darum gegangen ist: Da müssen wir aufpassen, das ist heikel, das ist sehr geheim, wie machen wir das und das geben wir dann einfach in ein Kuvert und verschließen das und ein Siegel drauf, und ich bringe das persönlich in die Kanzlei. Das war das Gespräch.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Könnte der Präsident Einfluss auf die Zuteilung nehmen? (Auskunftsperson Nachtlberger: Auf welche Zuteilung?) – Na ja, welcher Richter oder welche Richterin das zur Bearbeitung erhält. Könnte er darauf Einfluss nehmen?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein. (Abg. Prinz: Kann er nicht?) – Nein, das geht gar nicht. Theoretisch, aber das ist unzulässig, nein, so etwas passiert auch nicht.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sie haben uns schon berichtet, wann der Präsident mit Ihnen telefoniert hat. Was mich auch noch interessieren würde: Gibt es bei der Entscheidungsfindung, bei der Bewilligung Unterschiede, ob das innerhalb vom Journaldienst oder außerhalb vom Journaldienst stattfindet? Gibt es da Unterschiede oder läuft das völlig gleich ab? Wenn Sie normalen Dienst oder Journaldienst haben, sind die Abläufe unterschiedlich, wenn etwas an Sie herangetragen wird, oder kann man sich das als Laie ident vorstellen?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Die Abläufe sind unterschiedlich, wie bereits geschildert, dass das hier aufgrund eines Telefonats erteilt wird, aber die rechtlichen Grundlagen sind natürlich identisch, das sind dieselben. Ich brauche eine Verdachtslage und muss dann noch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchführen. Die Voraussetzungen für eine Durchsuchung, die die StPO hier vorsieht, sind äußerst niedrigschwellig.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Habe ich das vorher richtig verstanden, dass das Telefonat mit der Oberstaatsanwältin Schmudermayer Ihrer Wahrnehmung nach am 27., am Abend so circa 10 bis 15 Minuten war?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Die Frage habe ich schon beantwortet: Ja.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Über die Dauer, was lang ist oder nicht, dazu will ich mich jetzt nicht äußern. Das kann man einfach unterschiedlich sehen, das ist ja durchaus legitim.
Werden von Ihnen oder Ihren Kollegen, wenn derartige Bewilligungen mündlich im Rahmen des Journaldiensts gemacht werden, da dann auch entsprechende Aktenvermerke angelegt oder gibt es da keine Schriftstücke?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Der Aktenvermerk ist im Akt. (Abg. Prinz: Wird angelegt?) – Ja.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Wo haben Sie sich während des Journaldienstes aufgehalten?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das habe ich schon beantwortet.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Habe ich das richtig verstanden, dass Sie an diesem Abend zu Hause waren?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja, das habe ich schon beantwortet.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Okay. – Ich darf Ihnen ein Dokument vorlegen mit der Nummer 6920. Es ist das Stenographische Protokoll der Befragung von Frau Mag. M. K. (BVT). (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Sie ist die Leiterin der Rechtsabteilung im BVT. Auf Seite 19 des Dokuments führt die Auskunftsperson unter anderem aus, dass sie die Staatsanwaltschaft gebeten hat, ihr eine Anordnung der Hausdurchsuchung auszufolgen. Schriftlich war das nicht möglich, also nur mündlich. Sie haben ja selbst schon gesagt, dass es von Ihnen mit ihr ein Telefonat gegeben hat. Haben Sie noch Wahrnehmungen zum Inhalt dieses Telefonats?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das war ganz kurz, denn ich hatte an dem Tag, wie gesagt, Verhandlungen, und das war während einer Verhandlungspause. Es ging nur darum, sie hat mich gefragt, sie steht jetzt gerade da und es finden gerade diese Hausdurchsuchungen statt und die Frau Oberstaatsanwältin Schmudermayer sei bei ihr und habe ihr gesagt, dass das vom Journalrichter bewilligt worden sei und ob das so stimmt und ob das auch richtig ist, dass es noch keine unterfertigte Ausfertigung gibt. Ich glaube, das hat sie mich auch noch gefragt. Das habe ich bestätigt: Ja, das ist so.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Und ist es durchaus üblich, dass ein telefonischer Kontakt erfolgt, wenn mündlich eine Hausdurchsuchung bewilligt wird, dass dann während der Hausdurchsuchung - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein, das ist unüblich.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Ist eher nicht üblich.
Im Stenographischen Protokoll steht auch, es stehe eine mögliche Datenlöschung im Raum. – Ist Ihnen gegenüber irgendwann jemals von einer möglichen Datenlöschung gesprochen worden? Haben Sie dazu Wahrnehmungen?
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Da haben wir wieder die Frage der Entscheidungsgrundlage.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Aus Ihrer persönlichen Wahrnehmungen heraus: Ab wann ist eine Hausdurchsuchung eine verhältnismäßige Maßnahme, sodass sie zu setzen ist?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Na ja, das hängt natürlich einerseits von der Schwere des Tatvorwurfs ab. Da würde man sagen, dass man beim einfachen Diebstahl wahrscheinlich eine höhere Schwelle ansetzen wird als beispielsweise beim Verbrechen des Amtsmissbrauchs, wo man immerhin vor einem Schöffengericht steht, noch dazu, wenn es sich um hohe Amtsträger handelt. – Das ist einmal das eine.
Und dann muss man natürlich auch noch prüfen, ob die Maßnahme zweckmäßig ist und allenfalls andere Möglichkeiten bestehen, an diese Gegenstände – oder was man da halt auch sucht – heranzukommen. Das sind sozusagen die zwei Prüfschritte.
Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, in dieser Runde noch eine Frage, dann verweise ich Sie auf die nächste.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Das passt gut. Ich wollte nämlich dazu noch fragen, ob sich aus Ihrer Sicht, aus Ihrer Wahrnehmung heraus eine gewisse Dringlichkeit ergeben hat, die Hausdurchsuchung anzuordnen, weil die Auskunftsperson Mag. M. K. (BVT) den Eindruck vermittelt hat, Sie haben ihr nicht wirklich sagen können, warum es notwendig ist. Sie haben die Dringlichkeit nicht erörtern können.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das habe ich der gegenüber auch nicht zu begründen, denn ich glaube, das ist wieder - - (Verfahrensrichter Strauss nickt zustimmend.)
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Herr Mag. Nachtlberger, danke sehr, dass Sie sich die Zeit genommen haben, uns heute hier als Auskunftsperson zur Verfügung zu stehen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, so wussten Sie bis zum 27. Februar, 22.30 Uhr, nichts von einer derartigen Hausdurchsuchung?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Wenn ich Sie richtig verstanden habe, war das auch nicht Gegenstand des Gesprächs mit dem Präsidenten des Straflandesgerichtes?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das ist richtig. So haben Sie es richtig verstanden, ja.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ich möchte nun nochmals verdeutlichen, dass es uns hier keineswegs darum geht, die Beschlüsse der Gerichtsbarkeit zu überprüfen, sondern einfach darum, Prozesse und Abläufe besser zu verstehen. Sie waren an diesem besagten Abend nach dem Zufallsprinzip der Journalrichter und sind so zum Handkuss gekommen. Mich würde interessieren, wie wir uns das vorstellen dürfen: Prüfen Sie da inhaltlich, oder ist das mehr oder weniger ein Formalakt, wenn Sie eine derartige Anordnung erteilen?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das ist natürlich eine inhaltliche Prüfung.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Also die Frage der Dringlichkeit haben Sie damals auch geprüft?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Auf der Grundlage der Angaben, die mir die Frau Staatsanwältin zukommen hat lassen, ja.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Wie ist es normalerweise üblich? Ich meine, wenn die Oberstaatsanwältin anruft, ist es wahrscheinlich oftmals so, dass man dann einfach die Anordnung auf der Grundlage des Sachverhalts erteilt. – Oder gibt es dann Diskussionen, Besprechungen, wird da nachgefragt? Wie dürfen wir uns das vorstellen?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ganz verschieden. Natürlich wird auch nachgefragt, ja. Ich habe auch schon Anträge abgewiesen. In aller Regel – wobei ich sage - - – ist das in der Praxis so. Es ist so: Mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft haben wir im Journaldienst eher weniger zu tun, meistens mit der Staatsanwaltschaft Wien. Da ist das doch so, dass man die Staatsanwälte auch persönlich kennt. Wenn der dann einen Antrag stellt, und man sagt: Ich trete dem jetzt nicht näher, dann zieht er den einfach zurück und stellt ihn gar nicht, denn dann erspare ich mir eine Beschlussausfertigung.
Das ist irgendwie ein Akt der Kollegialität. Man bespricht das und sagt dann: Du, nein, das ist einfach zu wenig, das machen wir nicht. Dann stellt er den Antrag gar nicht. So ist es häufig, aber ich habe auch schon formal Anträge abgewiesen.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Da Sie gesagt haben, Herr Mag. Nachtlberger, dass man das ja eigentlich in der Regel prüft: Kriegt man da Aktenteile oder schriftliche Unterlagen, oder prüft man das einfach auf der Grundlage des mündlich Gesagten?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das habe ich an sich schon beantwortet: im Zuge der Rufbereitschaft nur aufgrund des mündlich Gesagten.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Also das heißt, man kriegt sonst eigentlich nie etwas Schriftliches oder fordert nichts Schriftliches an?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das wäre auch gar nicht möglich.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Gut. Dann hätte ich noch weitere Fragen an Sie: Ist im Gespräch mit der Frau Staatsanwältin erwähnt worden, dass es um eine Fernlöschung geht? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensrichter.)
Mag. Ulrich Nachtlberger: Wieder: Entscheidungsgrundlage.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Das ist wieder ein Entscheidungsgrundlagenproblem. (Abg. Krainer: Zur Geschäftsbehandlung!)
Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Krainer: Zur Geschäftsbehandlung.
*****
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Es geht nicht um eine Entscheidungsgrundlage, es geht auch nicht um das Gespräch – wir wollen ja nicht wissen, ob Sie danach gefragt haben oder irgendetwas –, sondern um die Kommunikation der Staatsanwaltschaft an den Journalrichter.
Das, was wir wissen wollen, ist, ob der Journalrichter von der Staatsanwältin informiert wurde, dass der Verdacht einer Fernlöschung im Raum steht. Das ist eine Frage der Kommunikation des Exekutivorgans Staatsanwaltschaft und nicht eine Frage, ob das jetzt auch eine wichtige Information war, ob sie Teil der Entscheidungsgrundlage war, ob sie ausschlaggebend war. Es geht ausschließlich um die Kommunikation.
Vorsitzende Doris Bures: Gibt es zur Geschäftsordnung noch eine Wortmeldung? – Bitte, Herr Abgeordneter Amon.
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich habe dazu eine Frage. Ich habe den ersten Entschlagungsgrund durchaus verstanden, dass man sich durch die Ausführung nicht selbst belastet, wenn man sagt, der Vorwurf ist, dass in der Entscheidung möglicherweise etwas übersehen, ausgelassen – was immer – wurde.
Das aber ist ja sozusagen nur eine Facette, bei der es für uns nur um die Frage geht – insofern halte ich die Frage schon für wichtig –, ob der eine Punkt ein Thema war. Das kann ja nicht belastend sein. (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensrichter.) Weder dann, wenn es so war, aber auch wenn es nicht so war. Es ist ja nur die Frage, ob es kommuniziert wurde.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Die Auskunftsperson beantwortet das gerne.
*****
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ich beantworte es gerne, wobei ich es meines Erachtens trotzdem für unzulässig halte: Ja.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Danke sehr. Ist Ihnen gegenüber erwähnt worden, dass Gefahr im Verzug besteht?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Es ist wieder dasselbe, wir nähern uns jetzt dem - - (Zwischenbemerkung der Vertrauensperson.)
Vorsitzende Doris Bures (sich an die Vertrauensperson wendend): Wenn Sie bitte das Mikrofon abschalten! (Auskunftsperson Nachtlberger: Es fragt hier jeder einen Mosaikstein!)
Mag. Ulrich Nachtlberger: Es geht ja nicht darum, dass ich mich hier weigere, irgendetwas zu sagen. Ich würde Ihnen gerne alles erzählen. Ich habe nichts zu verbergen, ja. Nur: Das ist einfach heikel, finde ich, was Sie hier fragen. (Abg. Duzdar: Aber, Herr Mag. Nachtlberger!) Ich kann Ihnen aber etwas dazu sagen, was Sie vielleicht nicht wissen: Wenn Gefahr im Verzug besteht, brauchen wir überhaupt keinen Richter und keinen Staatsanwalt, dann kann das nämlich die Kriminalpolizei aus Eigenem machen.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ich weiß nicht, inwieweit Sie da informiert sind, aber es hat sich in der Frage eben niemand an das BAK gewandt. (Auskunftsperson Nachtlberger: Wie bitte?) Es ist in dem Fall jetzt nicht - - (Abg. Krainer: Die Kriminalpolizei war in der Frage nie involviert!) – Die Kriminalpolizei war in der Sache ja gar nicht involviert, ja. – Aber gut.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Na, ja, die Kriminalpolizei funktionell im Sinne der Strafprozeßordnung, ja. (Abg. Leichtfried: Es war überhaupt keiner von der Kriminalpolizei involviert!)
Vorsitzende Doris Bures: In der Fraktion der Sozialdemokraten ist jetzt Frau Abgeordnete Mag.a Duzdar am Wort. (Heiterkeit.)
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ich hätte eine Frage an Sie bezüglich: Wie oft haben Sie Hausdurchsuchungen angeordnet, bei denen es um die Überprüfung oder Hausdurchsuchung einer staatlichen Behörde gegangen ist?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ist mir nicht erinnerlich. Ich sehe aber keine Besonderheit dabei.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Eine staatliche Behörde zu durchsuchen?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja. Das ist ja nicht unzulässig.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ja, meine Frage war, ob Sie das schon jemals angeordnet haben.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das habe ich gesagt: Es ist mir nicht erinnerlich.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Hat Ihnen gegenüber die Staatsanwältin in diesem Gespräch erwähnt, ob Zeugen – Sie haben ja selbst auch davon gesprochen, dass Ihnen gegenüber Auskunftspersonen oder Zeugen namhaft gemacht worden sind; das haben Sie heute selbst gesagt – auch vonseiten des politischen Kabinetts des Innenministers vermittelt wurden? Wussten Sie das oder ist Ihnen das so gesagt worden?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Entscheidungsgrundlage, schon wieder. Ich meine, das ist alles - -
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ich möchte jetzt nur einmal auf etwas hinweisen. Wir wollen Ihre Entscheidung nicht überprüfen, sondern es geht nur darum, hier die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft zu überprüfen. Das ist sehr wohl das Recht dieses parlamentarischen Untersuchungsausschusses.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Aber wenn Sie scheibchenweise eine Facette nach der anderen abfragen, dann kommen wir wieder zum Ergebnis, dass Sie in die richterliche Unabhängigkeit eingreifen. Das ist das Problem. Ihre Intention, natürlich, verstehe ich, aber das ist halt das Mosaik. Steinchen für Steinchen zusammenzutragen. Es bleibt dann immer das Mosaik. (Abg. Krainer: ... das Steinchen hätten wir schon gerne! – Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensrichter, dem Verfahrensanwalt und ihrer Vertrauensperson.)
Mag. Ulrich Nachtlberger: Es ist nicht meine Entscheidung. Es gibt die Verfassung, und an die sind wir alle gebunden. Das ist ein Grundprinzip der Bundesverfassung. Ja, da bräuchte es eine Volksabstimmung, um das zu ändern. (Zwischenbemerkung von Verfahrensrichter Strauss. )
Vorsitzende Doris Bures: Bevor wir jetzt in eine nächste Geschäftsordnungsdebatte eingehen, da ich nicht den Eindruck habe, dass man damit jetzt weiterkommt - - (Auskunftsperson Nachtlberger: ... Grundprinzip brauchen Sie eine Volksabstimmung und, und und!) – Herr Mag. Nachtlberger, ich werde die Sitzung unterbrechen.
Ich unterbreche die Sitzung und bitte die Fraktionsführer, den Verfahrensrichter und den Verfahrensanwalt, zu mir zu kommen.
*****
(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 15.30 Uhr unterbrochen und um 15.40 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)
*****
15.40
Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.
Bevor ich in der Befragung fortfahre, ersuche ich Herrn Dr. Strauss, noch einmal kurz zu erläutern, was wir vereinbart haben, auch in Einhaltung aller Regeln und Belehrungen, die Sie ja vorgenommen haben. Würden Sie jetzt kurz noch einmal sagen, wie wir in der Befragung fortfahren können? – Und dann ersuche ich die Abgeordneten, ihre Fragen zu formulieren.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Möglichst genaue Vorhalte von Aussagen und Vorgehensweisen wird die Auskunftspersonen beantworten, wenn es konkret um Wahrnehmungen geht. Versuchen wir es einmal so!
Vorsitzende Doris Bures: Bitte, Frau Abgeordnete Mag.a Duzdar.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen dahin gehend, dass Ihnen die Staatsanwältin gesagt hat, dass die vier Auskunftspersonen oder vier Zeugen vom Innenministerium vermittelt wurden? Haben Sie diesbezüglich Wahrnehmungen?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Vermittelt? – Soweit mir das in Erinnerung ist, hat sie mir gesagt, dass es sich um interne Anzeigen handelt, von Leuten aus dem Innenministerium.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ja. Dann zeige ich jetzt - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Was irgendwie naheliegend ist, weil sonst – ein anderer wird das nicht wissen, nicht?
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Herzlichen Dank.
Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Jenewein. (Abg. Jenewein: Ja - - – Abg. Leichtfried: Haben wir noch Zeit?) – Ja. (Abg. Leichtfried: Ich hätte nur eine Frage!) Ich habe zwar an sich jetzt schon Herrn Abgeordneten Jenewein - - (Abg. Leichtfried: Ach so!) Nein, nein, wenn das in Ordnung ist? (Abg. Jenewein: Bitte!)
Es gibt noch Zeit der SPÖ-Fraktion. – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Leichtfried.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Danke. – Herr Magister, ich wollte mich eigentlich nicht melden, aber es ist mir schon etwas eingefallen, was mich interessieren würde.
Sie haben gesagt, für Sie sind Hausdurchsuchungen auch bei staatlichen Stellen nichts Besonderes. Jetzt ist das BVT eine staatliche Stelle, wo Menschen beschäftigt sind, die Waffen tragen und sozusagen auch das staatliche Gewaltmonopol ausüben können. Die Einheit, die das gemacht hat, fällt in dieselbe Kategorie.
Würden Sie wirklich sagen, das ist jetzt nichts Besonderes? Oder wenn Sie über das so nachdenken: Vielleicht ist Ihr Eindruck dann ein anderer?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Na, dass es nichts Besonderes ist, habe ich nicht gesagt. Aber meines Erachtens ist es so: Warum soll es nicht möglich sein, dass man so etwas macht? (Abg. Leichtfried: Ja!) Ich habe gesagt, ich habe das erste Mal in meinem Leben so etwas gemacht. Mir war auch klar, dass es eine delikate Angelegenheit ist. Das habe ich auch schon am Anfang gesagt. Aber es ist nicht unmöglich. Ja?
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Danke für diese Klarstellung.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Bitte.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Ich habe es dann nur anders verstanden. Das war nur der ‑ - (Auskunftsperson Nachtlberger: Ja, ja!) – Danke.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Herr Mag. Nachtlberger, Sie haben vorhin ausgeführt, dass es immer wieder Umstände gegeben hat in Ihrer seit 2003 durchgehenden Tätigkeit, dass auch Anordnungen nicht bewilligt wurden. Was wäre zum Beispiel ein Grund, eine Anordnung nicht zu bewilligen? Wenn für Sie dieses Tatsachensubstrat nicht ausreicht, haben Sie zuerst, glaube ich, in der Beantwortung dieser Frage gesagt. Wie überprüft man das, wenn man den Akt nicht vor sich hat?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Auf Grundlage dessen, was der Staatsanwalt einem erzählt.
Also konkretes Beispiel: Ich hatte letztes Wochenende Journaldienst. Da wollte ein Staatsanwalt eine Festnahmeanordnung von mir bewilligt haben. Da habe ich dann gesagt: Es gibt keinen Haftgrund, und daher bewillige ich das nicht.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Kommt das oft vor? Oder kann man nicht sagen, ob das oft vorkommt?
Der Hintergrund der Frage - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Oft kommt das nicht vor. (Abg. Jenewein: Ja!) Ich habe das ohnedies vorhin schon erörtert: In aller Regel ist es so, dass der Staatsanwalt dann einfach den Antrag nicht stellt, im Gespräch.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Alles klar. Mir geht es eben nur darum, um auch nachzuvollziehen, wie hier gearbeitet wird. Also heißt das, es ist eher die Ausnahme, dass man das nicht genehmigt?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Also mehrheitlich wird das bewilligt, ja.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Wird genehmigt – alles klar! Gut, damit ist das eigentlich besprochen.
Dann haben Sie davon gesprochen: Es gibt ja diese Verschlusssachenverordnung, und dieser Fall, dieser nämliche Fall, fiel darunter, weil es eben eine delikate Angelegenheit war. Darf ich Sie fragen: Wie oft kommt so etwas vor, dass man etwas wirklich unter Verschluss macht? – Das ist eher die Ausnahme, davon gehe ich aus.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Na ja, das kann ich insofern schlecht beurteilen, weil ich da sozusagen eine eingeschränkte Sicht habe, nur aus der Sicht des Journalrichters. Ich bin kein Haftrichter. Daher weiß ich nicht, wie viele Verschlussakten es normalerweise gibt. Sehr oft wird das auch erst später ein Verschlussakt. Dass das in diesem Stadium schon ein Verschlussakt ist, ist eher selten.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Hätte es für Sie – weil Sie jetzt gesagt haben, als Journalrichter – eigentlich einen Unterschied gemacht, wenn jetzt diese Anordnung von Frau Schmudermayer – Hausnummer: – um 15 Uhr fertig geworden wäre?
Ich nehme an, Sie wäre dann zu Ihnen ins Büro gekommen. Aber hätte es irgendeinen Unterschied gemacht, ob sie es um 15 Uhr vorbeibringt oder ob sie Sie am Telefon um 22 Uhr und irgendetwas erreicht?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein. Das ist ein Journalvorgang. Dann hätte ich mir halt die schriftliche Anordnung durchgelesen. Aber das habe ich ja nachher auch gemacht. Und überprüft, ob sich das deckt mit dem, was sie mir am Telefon erzählt hat.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie haben zuerst in Ihrer abstrakten Darstellung dieses Telefongesprächs davon gesprochen, dass halt verschiedenste Dinge besprochen wurden. Unter anderem auch die Thematik der Amtshilfe, wenn ich das richtig verstanden habe, dass das - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Na, das Wort „Amtshilfe“ haben wir nicht erwähnt. (Abg. Jenewein: Aber über die Möglichkeiten ...!) Da gibt es auch andere Möglichkeiten, wie man das macht. (Abg. Jenewein: Ja!) Ja, ja.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): War es da auch ein Thema, dass es aufgrund des Selbstbelastungsverbots, wenn ein oberstes Organ mitinvolviert ist, gar keine Amtshilfe oder keine andere Möglichkeit geben könnte? Haben Sie dazu Wahrnehmungen?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Na ja, so genau - - Das Problem haben wir einfach darin gesehen, dass man die Amtshilfe da an eine Behördeneinheit stellt, deren Chef selbst, deren Leiter selbst hier als Beschuldigter geführt wird. Da ist es meines Erachtens - - Das muss mir jemand erklären, wie man da eine Amtshilfe leistet. Bis heute verstehe ich es nicht.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Unabhängig davon habe ich jetzt noch eine rein technische, rechtliche Verständnisfrage. Wenn ein Journalrichter am Telefon eine Genehmigung gibt – vielleicht haben Sie es vorhin gesagt, aber mir ist es leider nicht mehr geläufig –: Wie lang hat die Frau Staatsanwältin dann Zeit, bis sie diese schriftliche Bewilligung einholt? Über wie viele Stunden geht das?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Sie muss innerhalb von 24 Stunden, nachdem sie diese Zwangsmaßnahme durchführt, der betroffenen Person eine schriftliche Ausfertigung geben.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Das heißt in dem Fall, theoretisch bis 22 Uhr?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Die Staatsanwaltschaft muss das überhaupt nicht durchführen. Es ist Sache der Staatsanwaltschaft, ob sie diese Zwangsmaßnahme dann tatsächlich durchführt. Es kommt immer wieder vor, dass man etwas bewilligt, ja, und sich dann im Zuge weiterer Erhebungen durch die Polizei ergibt: Das brauchen wir gar nicht. Dann macht man es halt gar nicht.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Aber bei Ihnen war einfach der Zeitdruck da wegen dem Fußballmatch zu dem Zeitpunkt? Darum haben Sie sie mehrmals kontaktiert, also sie soll das unterfertigen lassen (Auskunftsperson Nachtlberger: Es war ...!) am 28., und Frau Schmudermayer war, glaube ich, bis 18 Uhr und irgendetwas im BVT unterwegs?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ja. Aber das ist sich dann noch zeitlich alles ausgegangen?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja, normalerweise bekommt man das am nächsten Tag in der Früh.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Gut, dann haben Sie zuerst ganz kurz erwähnt - - (Die Auskunftsperson bespricht sich kurz mit ihrer Vertrauensperson.)
Mag. Ulrich Nachtlberger: Jetzt muss ich einmal schauen, ob ich vorhin nicht etwas Falsches gesagt habe. Wäre unverzeihlich. (Die Auskunftsperson liest in ihren Unterlagen.) – 24 Stunden! Ja, passt.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Alles geklärt? (Auskunftsperson Nachtlberger: Danke!)
Sie haben zuerst in einer Stellungnahme erwähnt, dass es bei Gefahr im Verzug auch möglich ist, eine Hausdurchsuchung ohne Genehmigung durch einen Richter durchführen zu lassen. Ich nehme an, Sie beziehen sich da auf § 120 (Auskunftsperson Nachtlberger: Steht in der StPO, ja!) der StPO. Wissen Sie, kommt so etwas hie und da vor? Oder öfters? Oder macht man das eigentlich nicht?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Es kommt selten vor, weil sich in aller Regel die Kriminalpolizei auch absichern will. Und wenn sie irgendwelche Zweifel haben, rufen sie eher einen Staatsanwalt an.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Dann habe ich noch eine Frage. Sie haben zuerst gesagt, es ist eher ungewöhnlich gewesen, dass Sie vom Präsidenten einen persönlichen Anruf im Vorfeld bekommen haben, dass es eigentlich nicht üblich ist, dass so etwas vorkommt - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja, es ist auch ein unüblicher Fall! (Abg. Jenewein: Ja!) Es ist in keiner Weise bedenklich gewesen, das Gespräch, im Inhalt. Aber es ist - - (Abg. Jenewein: Aber Sie haben ...?) Es hat das noch nie gegeben.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie haben es noch nie erlebt?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja, genau.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Hat Sie das dann in irgendeiner Form bewegt? Haben Sie sich dann besondere Gedanken dazu gemacht? Dass Sie gedacht haben: Das ist mir noch nie passiert, warum ruft mich der an? Oder war das einfach dem Umstand geschuldet, dass es eben eine delikate Geschichte sein wird?
Mag. Ulrich Nachtlberger: So ist es. Genau.
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Alles klar. Ich habe in diesem Durchgang keine weiteren Fragen.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ich bin an sich heikle Entscheidungen gewohnt. Ja, es ist jetzt nicht so - -
*****
Vorsitzende Doris Bures: Damit kommen wir zur zweiten Fragerunde. – Frau Abgeordnete Dr.in Krisper. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben gemeint, das muss Ihnen einmal jemand erklären, wie man mit der Amtshilfe hätte vorgehen können, vorher. Ist Ihnen der Beschluss des OLG bekannt? Und dass darin das Oberlandesgericht argumentiert hat: Dass im Rahmen der Amtshilfe Daten auf mobilen Datenträgern nicht zutage getreten wären, erweist sich als rein spekulativ, und deswegen wäre die Amtshilfe möglich gewesen?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ich kenne die Entscheidung, ja, kommentiere sie aber nicht.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, habe ich auch nicht gefragt.
Ich nehme an, dass die Idee des Journalrichters ist, dass man eben keine schriftliche Hausdurchsuchungsanordnung auch in Händen hat als Staatsanwalt und mündlich dadurch, ohne Basis dieser schriftlichen HD-Anordnung, eine Genehmigung beantragen kann.
In diesem Fall wissen wir, dass ja die HD-Anordnung schon fertig war. Ich frage mich daher, warum Sie nicht einfach die HD-Anordnung geemailt bekommen haben, damit Sie wirklich wissen, was Sie hier genehmigen.
Kommt das vor, dass - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Wie? Per E-Mail?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Oder per Kurier.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Warum ich es nicht per E-Mail bekommen habe, ich glaube, das war die Frage.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ob es auch per E-Mail hätte kommen können.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Wo soll das hingehen per E-Mail?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Oder per Kurier. Hat Ihnen die Staatsanwältin gesagt – fangen wir so an –, dass die Hausdurchsuchungsanordnung schon fertig ist?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das muss sie aber gewesen sein um 22.30 Uhr, weil schließlich dann schon die Nacht anfing und in der Früh die HD begonnen wurde, wo die Staatsanwältin chronisch eingesetzt war.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Da muss ja die schriftliche Ausfertigung noch nicht fertig sein. Gar nicht.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wenn sie das war: Ist es üblich, wenn die HD-Anordnung schriftlich schon fertig ist, dass man sie dem Journalrichter zukommen lässt, physisch, damit dieser wirklich liest, was er genehmigt?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ich verstehe die Frage eigentlich nicht, in der Form.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann anders: Haben Sie schon einmal einen Fall erlebt, wo die HD-Anordnung schriftlich fertig war?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Wenn die HD-Anordnung schriftlich fertig ist, und es ist innerhalb der Dienstzeiten bis 17 Uhr, dann bekomme ich sie natürlich vom Staatsanwalt persönlich zur Unterfertigung und kann sie auch lesen.
Ob der Staatsanwalt die HD-Anordnung irgendwann mitten in der Nacht schon geschrieben hat oder nicht, das weiß ich nicht. (Abg. Krisper: Mhm!)
Aber es gibt ja keine Möglichkeit – außer, dass der Staatsanwalt um 1 Uhr in der Früh zu mir fährt und mir diese HD-Anordnung übermittelt, das ist aber nicht vorgesehen –, keine Möglichkeit, dass ich das schriftlich überprüfe, sondern das geschieht dann am nächsten Tag in der Früh.
Eine Übermittlung per E-Mail ist nicht möglich, weil eine Durchsuchungsanordnung vom BVT an meine private E-Mail-Adresse – das werden Sie verstehen – aus Sicherheitsgründen nicht geht. Es gibt keinen Journal-Laptop, das ist gar nicht vorgesehen. Und selbst das Journal-Diensthandy ist für Datenübertragung gesperrt.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber fänden Sie es nicht sinnvoll, wenn sowieso ein langes Gespräch aufgrund so einer Causa nötig ist, dass man per Kurier Ihnen physisch die HD-Anordnung zukommen lässt, um dann am Telefon zu wissen, worüber man sich unterhält?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ich habe das schon gewusst. Also meine intellektuelle Spannkraft reicht so weit, dass ich in einem Telefonat einen Tatverdacht erkennen kann.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Vielen Dank.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Bitte schön.
Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. (Abg. Pilz – mit Verneinungsgeste –: Danke!)
Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Jawohl, bitte gern. – Herr Mag. Nachtlberger, als Laien würde es mich interessieren, wenn Sie mir schildern können, wie die Informationsflüsse in der Justiz laufen. Zwischen den verschiedenen Ebenen, zum Beispiel Landesgericht, Staatsanwaltschaft und so: Gibt es hier regelmäßige Kontakte? Können Sie mir in einigen Sätzen schildern, wie das üblich ist?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Also regelmäßige Kontakte - - Wie meinen Sie, informeller Natur? Oder?
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Austausch, einfach Informationsaustausch und so.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja, außer- - Privat, natürlich, gibt es Richter, die mit Staatsanwälten befreundet sind. Ich habe in meinem engeren Freundeskreis keinen Staatsanwalt.
Es gibt also keine institutionalisierten Treffen, Meinungsaustausch oder sonst – ja, auf Seminaren zum Beispiel, da trifft man sich schon, und da diskutiert man auch Fälle. Also auf Fortbildungsveranstaltungen, da gibt es das schon.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Ist es üblich, dass - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Es ist aber nicht verpflichtend für Richter und Staatsanwälte, an Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen. Das ist halt immer so eine Sache, ja.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Ist es üblich, wenn zum Beispiel ein Oberlandesgericht eine Entscheidung trifft, durchaus in einem öffentlichen Fall, also in Fällen, die auch durchaus in den Medien sozusagen behandelt werden, dass dann dies auch an die anderen Landesgerichte weitergeleitet wird? Gibt es da eine Verständigung, wir haben so oder so entschieden?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Grundsätzlich gibt es das Rechtsinformationssystem. Dort werden Entscheidungen veröffentlicht.
Was es bei uns im Landesgericht für Strafsachen schon gibt, ist, weil ja Rechtsmittelentscheidungen immer übers Präsidium übermittelt werden – das macht bei uns Frau Vizepräsidentin Dr. Brachtel –, dass sie schaut, wenn es irgendwelche interessanten Entscheidungen gibt: Dann werden die anonymisiert und in den Verteiler bei uns im Haus gestellt, dass die Kollegen wissen, da gibt es irgendetwas Neues, es gibt eine neue OGH-Entscheidung oder sonst irgendetwas. Das bekommen wir regelmäßig.
In dem Fall gab es das nicht, weil die Frau Vizepräsidentin, soweit ich das weiß, entschieden hat: Es handelt sich um eine Verschlusssache, und daher wird das nicht in den Verteiler geschickt, auch nicht anonymisiert.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Ich habe jetzt nicht die Hausdurchsuchung gemeint, sondern allgemein.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja, habe ich eh gesagt, durchaus ...
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Und dieses Rechtsmittelinformationssystem: Welchen Zeithorizont kann man sich da als Laie vorstellen? Also wenn meinetwegen, sagen wir, am 30. März eine Entscheidung getroffen wird: Wann wird das weitergeleitet oder ist es für die Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bereichen zugänglich? (Auskunftsperson Nachtlberger: Das weiß ...!) Sind das eher zwei Wochen? Vier Wochen? – Als Laie, dass man sich das vorstellen kann.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein, mehrere Monate.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Das heißt, unter „mehreren Monaten“, was verstehen Sie da?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Zwei Monate ungefähr.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Bitte?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Zwei Monate. Das ist nicht tagesaktuell ...
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Die Frage kann ich Ihnen beantworten: Ungefähr zwei Monate dauert es.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ja. Also tagesaktuell ist das nicht.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Auf offiziellem Weg. Auf inoffiziellen Wegen wird es wahrscheinlich etwas schneller gehen. (Ruf: Mikrofon!) – Ich schalte nicht aus. Hat jemand anderer ausgeschaltet.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das Rechtsinformationssystem ist im Internet. Das kann sich jeder anschauen. Das ist öffentlich.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Grundsätzlich könnte man davon ausgehen, dass Mitglieder einer Staatsanwaltschaft oder Oberstaatsanwälte und so weiter relativ schnell in Erfahrung bringen können, wann entsprechende Entscheidungen in Oberlandesgerichten gefällt werden, weil das ja durchaus sozusagen auch zum Teil medial transportiert wird.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Na ja, wenn es einen Fall betrifft, an dem der Staatsanwalt arbeitet, kann er sich das an sich übers justizinterne System natürlich sofort anschauen: den Fall aufmachen und eine OLG-Entscheidung lesen. Aber da kann er sie ja nicht suchen, er muss genau wissen, welche Aktenzahl der Fall hat. (Abg. Prinz: Aber grundsätzlich ...!) Kann er, darf er aber nur machen, wenn es im dienstlichen Interesse ist.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Okay. Im dienstlichen Interesse stünde es eigentlich relativ rasch zur Verfügung.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Muss man begründen. Die Abfrage im VJ-System muss man begründen. (Abg. Prinz: Ja!) Mit einer Geschäftszahl.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Damit ist für mich dieser Themenbereich erledigt. Noch eine kurze Frage - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Allerdings: In einen Verschlussakt kann man nicht hineinschauen im justizinternen System.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Okay, ja.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Also mir wäre es auch nicht möglich gewesen. Selbst wenn ich von zu Hause einen Zugang ins VJ hätte, hätte ich in diesem konkreten Fall in den Akt nicht hineinschauen können, ja[1], elektronisch.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Okay, danke. Mich würde noch Ihre persönliche Wahrnehmung in folgendem Punkt interessieren. Ich habe in der vorigen Runde das Telefonat mit Frau Mag. M. K. (BVT), der Rechtsschutzbeauftragten, angesprochen, das ja am 28.2. mit Ihnen war. (Auskunftsperson Nachtlberger: Mhm!) Wie ist Ihre Wahrnehmung dazu?
Sie hat uns in der Befragung gesagt, dass sie den Eindruck hatte, dass Sie sozusagen nicht allumfassend informiert waren. Wie ist dazu Ihre Wahrnehmung? Können Sie uns da Ihren Eindruck schildern?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Wie meine Wahrnehmung ist zu ihrer Wahrnehmung? – Das weiß ich nicht. Ich weiß nicht, woraus sie das schließt. (Abg. Prinz: Okay!) Ich kann es nicht nachvollziehen.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Kurze Frage: Kennen Sie den Rechtsanwalt Dr. Lansky?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Vom Hörensagen.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Das ist nicht Thema.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Aber das ist, glaube ich, nicht Thema. Nie in meinem Leben persönlich getroffen oder gesehen.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Okay, danke. Grundsätzlich keine weiteren Fragen.
Da Sie vorher den 28. Februar angesprochen haben, den Zeitdruck am Abend: Da war das Cup-Viertelfinalspiel Rapid Wien–SV Ried, und weitere Fragen erspare ich mir. Sie haben derzeit als Rapid-Fan – nicht ernstgemeint – Sorgen genug. (Heiterkeit der Auskunftsperson. – Zwischenruf des Abg. Jenewein.) – Leider, 2 : 1, ja, aber mit viel Glück. (Heiterkeit bei einigen Abgeordneten.)
Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Ich versuche es jetzt auch in der zweiten Runde, Herr Mag. Nachtlberger. Es gäbe zwar noch eine Reihe von Fragen, aber die Hoffnung auf Antworten ist erschöpfend.
Ich komme zu dem Moment, als die Staatsanwältin bei Ihnen zu Hause war, und für diese Unterschrift für die Genehmigung der Hausdurchsuchung vor Ihnen gestanden ist.
In welcher Form wurde Ihnen diese vorgelegt? Wie haben Sie sie in weiterer Folge aufbewahrt, bis Sie sie in den Einlauf gebracht haben?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Sie hat mir diese Anordnungen bei mir am Wohnzimmertisch hingelegt. Ich habe mir das noch einmal durchgelesen, ob sich das mit dem deckt, was sie mir am Telefon erzählt hat, und dann habe ich es unterfertigt und ihr gegeben. Wie sie das dann verwahrt hat, was sie in weiterer Folge gemacht hat, weiß ich nicht.
Was ich sagen kann von meiner Wahrnehmung: Sie war etwas abgekämpft, ja, da sie offenbar den ganzen Tag bei diesen Durchsuchungen dabei war.
Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Können Sie den Zeitpunkt Ihrer Unterschrift noch eingrenzen? Wann war das ungefähr?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Das muss kurz vor 18 Uhr gewesen sein, ja. Also das ist unüblich, normalerweise bekommt man es am nächsten Tag in der Früh oder am Vormittag.
Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Sie haben ausgeführt, dass Sie am 27.2. das erste Mal darüber informiert wurden, dass sich eine Hausdurchsuchung beim BVT ankündigt.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Nein, das ist ein falscher Vorhalt. Sie rekurrieren auf das Gespräch mit dem Herrn Präsidenten, da war vom BVT überhaupt nicht die Rede.
Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Okay. (Auskunftsperson Nachtlberger: Ja!) Also die Information, dass es sich um das BVT handelt, ist dann am 27.2. später gekommen oder gar nicht gekommen.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Diese Frage habe ich an sich schon beantwortet. Die ist dann in dem Gespräch um 22.30 Uhr gekommen.
Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Nur, damit ich es noch einmal konkretisiere und noch einmal vervollständige:
Habe ich es richtig verstanden, dass das in Ihrer 15-jährigen Richtertätigkeit ein einzigartiger Vorgang war, dass Sie Herr Präsident Forsthuber vorab über so eine Hausdurchsuchung informiert hat, darüber, dass sich eine Hausdurchsuchung anbahnt?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Soweit mir das erinnerlich ist, ja. Aber, wie gesagt, ist an sich nicht weiter dramatisch gewesen, weil das einfach eine Justizverwaltungssache ist. Darf er ja.
Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Dann habe ich noch eine kleine Vervollständigung: Der Herr Verfahrensrichter hat in seiner Erstbefragung gefragt, ob es eine telefonische Kontaktaufnahme von Mitarbeitern des Bundesministeriums für Inneres gegeben hat.
Jetzt frage ich noch der Vollständigkeit halber: Sie haben gesagt: Nein, es hat keine telefonische Kontaktaufnahme gegeben.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Weder vorher noch nachher.
Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Auch vorher nicht und nachher nicht und auch keinen Kontakt in einer anderen Form.
Mag. Ulrich Nachtlberger: Natürlich nicht, nein.
Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Gut, und - -
Mag. Ulrich Nachtlberger: Ich kenne auch niemanden dieser Involvierten. Keine einzige dieser Personen, die da involviert sind, kenne ich persönlich, sie sind mir nur aus den Medien bekannt.
Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Noch eine grundsätzliche Frage zum BVT: Wie dann bekannt war, dass es sich um das BVT handelt, gab es von Ihrer Seite oder gibt es von Ihrer Seite ein grundsätzliches Bewusstsein über die Sensibilität der Daten, die im BVT vorhanden sind? Ich nehme gerade Bezug auf die Daten betreffend ausländische Geheimdienste und das Risiko, dass man dadurch auch miteingeht.
Das Bewusstsein hinsichtlich dieser Daten hat es gegeben?
Mag. Ulrich Nachtlberger: Selbstverständlich, war ja nicht[2] - - Diese Daten waren ja nicht Gegenstand der Sicherstellung.
Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Jenewein, haben Sie noch Fragen?
Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Danke, ich verzichte, auch für die nächste Runde.
*****
Vorsitzende Doris Bures: Dann frage ich jetzt in der Fraktionsreihenfolge die dritte Fragerunde ab.
Frau Abgeordnete? (Abg. Krisper schüttelt verneinend den Kopf.) Herr Abgeordneter Pilz? (Abg. Pilz schüttelt verneinend den Kopf.) Herr Abgeordneter Prinz? (Abg. Prinz: Nein!) Sozialdemokraten? (Abg. Duzdar: Wir verzichten!) – Gut, dann frage ich Herrn Dr. Strauss, ob es abschließend noch Fragen gibt. (Verfahrensrichter Strauss: Nein!)
Wenn das nicht der Fall ist, dann bedanke ich mich bei Ihnen, Herr Mag. Nachtlberger (Auskunftsperson Nachtlberger: Danke schön!), dass Sie dem Ausschuss als Auskunftsperson zur Verfügung gestanden sind. Ich bedanke mich auch bei Ihnen, Herr Mag. Salzborn, als Vertrauensperson. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Nachmittag.
[1] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: „ich rege bei meiner Antwort auf die Frage des Abgeordneten Prinz „...in diesem konkreten Fall in den Akt nicht hineinschauen können,,,“ an, dass das nachfolgende "ja" gestrichen wird, da andernfalls möglicherweise die Aussage falsch verstanden wird.“
[2] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: „[…] es sollte nach dem Wort "Selbstverständlich" ein Punkt kommen und die Worte ...war ja nicht.. gestrichen werden, da auch dadurch der Sinn meiner Antwort deutlicher wird.“