113/KOMM XXVI. GP

Am 2.8.2024 erfolgte eine vertraulichkeits-/datenschutzkonforme Adaptierung.

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) (3/US XXVI.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Wolfgang Handler, LL.M. in der 9. Sitzung vom 2. Oktober 2018

Der Untersuchungsausschuss über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 31. Sitzung am 13. März 2019 mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, N, J) gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Wolfgang Handler, LL.M. nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2019 03 13

 

 

                                Werner Herbert                                                                    Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                           Vorsitzende

 

 

 


 


 


 

 

 

 

BVT-Untersuchungsausschuss

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

9. Sitzung/medienöffentlich

Dienstag, 2. Oktober 2018

Gesamtdauer der 9. Sitzung

10.06 Uhr – 19.16 Uhr

Lokal 7


Befragung der Auskunftsperson Oberstaatsanwalt Mag. Wolfgang Handler, LL.M.

Vorsitzende Zweite Präsidentin Doris Bures: Herr Dr. Strauss, ich ersuche Sie jetzt, die Rechtsbelehrung der Auskunftsperson – von der Möglichkeit der Beiziehung einer Vertrauensperson wurde ja nicht Gebrauch gemacht – vorzunehmen. – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Herr Mag. Wolfgang Handler! Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss betreffend die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung – BVT-Untersuchungsausschuss – als Auskunftsperson zum Beweisthema 1, Datenverwendung, und 3, Hausdurchsuchungen, des Untersuchungsgegenstandes angehört.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich auf diese schriftliche Belehrung hin und betone insbesondere, dass Sie verpflichtet sind, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 1 und 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.

Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit immer noch jederzeit zu beantragen.

Weiters weise ich Sie auf die Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Ich weise Sie auf die Ihnen bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hin. Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch nach Beendigung der Befragung.

Kopien, Notizen, Auszüge dürfen weder von der Auskunftsperson noch von einer allfälligen Vertrauensperson – in diesem Fall wurde keine Vertrauensperson beigezogen – angefertigt werden. Alle im Untersuchungsausschuss vorgelegten Unterlagen dürfen von der Auskunftsperson nach Beendigung der Befragung nicht an sich genommen werden, sondern haben auf dem Platz zu verbleiben.

Sie werden dann Gelegenheit bekommen, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, deren Gesamtdauer 20 Minuten nicht überschreiten soll.

Vorher frage ich Sie aber noch, ob die vorgelegten Daten im Personalblatt der Wahrheit entsprechen. (Die Auskunftsperson bestätigt die Richtigkeit der Daten.) – Danke schön.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Mag. Handler, Sie haben die Möglichkeit, eine einleitende Stellungnahme abzugeben. Möchten Sie davon Gebrauch machen? (Die Auskunftsperson bejaht dies.)

Dann erteile ich Ihnen das Wort. – Bitte.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Geschätzte Abgeordnete! Geschätzte Mitglieder des BVT-Untersuchungsausschusses! Ich möchte die Gelegenheit für ein Eingangsstatement gerne nutzen, um ein paar allgemeine Ausführungen, die zum Verständnis der zu untersuchenden Vorgänge beitragen können, zu tätigen. Insgesamt sind es drei Punkte – es wird also nicht allzu lange dauern, keine Angst.

Erster Punkt, zu meiner Funktion innerhalb der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft – ich glaube, es ist ganz wichtig, das zu wissen –: Ich bin innerhalb der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Leiter jener aus mehreren Oberstaatsanwälten bestehenden Gruppe, der unter anderem auch die heute Vormittag befragte Sachbearbeiterin dieses Verfahrens angehört, nämlich Frau Oberstaatsanwältin Ursula Schmudermayer.

Auf den konkreten Untersuchungsgegenstand bezogen stehe ich auch dem für die aktuelle Durchführung des Ermittlungsverfahrens gebildeten staatsanwaltschaftlichen Team vor und war beziehungsweise bin unter anderem für die unmittelbare Fachaufsicht zuständig. Also ich als Gruppenleiter habe die Fachaufsicht über meine Gruppe, das heißt über Frau Mag. Schmudermayer und auch über die anderen Staatsanwälte, die in dieser Causa tätig sind.

Ich war von Beginn an in das Ermittlungsverfahren eingebunden und über sämtliche Ermittlungsschritte informiert. Operativ war ich aber, und das ist im Zusammenhang mit der Eigenschaft des Gruppenleiters zu sehen, nur in einem geringen Ausmaß tätig, weshalb ich nur dort Aussagen zum Ablauf von Ermittlungshandlungen treffen kann, wo ich eigene Wahrnehmungen hatte.

Ich verrate Ihnen auch gleich, wo das war: Konkret war ich bei zwei Terminen mit Vertretern des Bundesministeriums für Inneres, nämlich am 19. Jänner 2018 und am 27. Februar 2018, sowie bei der Vernehmung einer Zeugin am 21. Februar 2018 und eines Zeugen am 23. Februar 2018 – hier nur teilweise – anwesend. Außerdem habe ich in dieser Sache am 28. Februar 2018, das ist der Tag der hier zu untersuchenden Durchsuchung, einen Beschuldigten in den Räumlichkeiten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einvernommen.

Punkt zwei: Ich möchte Ihnen auch ganz grundsätzlich zur Tätigkeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ein paar Punkte mitgeben. Die ureigenste Aufgabe und somit die Kernkompetenz der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist die Aufklärung von Kriminalfällen. So auch hier: Es gab und es gibt konkrete Anhaltspunkte für die Begehung strafbarer Handlungen, die verpflichtend in einem Ermittlungsverfahren von Amts wegen aufzuklären sind. Mit anderen Worten: Ermittlungen sind, sobald ein konkreter Verdacht einer Straftat vorliegt, aufgrund des im § 2 der Strafprozeßordnung festgeschriebenen Legalitätsprinzips alternativlos.

Aufgrund der Bejahung des Vorliegens eines Anfangsverdachts war von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft die Entscheidung zu treffen, welche Beweismittel zur vollständigen Klärung der einzelnen Verdachtsmomente erforderlich sein werden. Auch diese Verpflichtung leitet sich direkt aus der Strafprozeßordnung ab, nämlich aus § 3. Die Wahrheit ist objektiv festzustellen. Auch hier sieht das Gesetz keine Alternative vor.

Die Annahme einer konkreten Verdachtslage war richtig. Die Definition der für die Aufklärung dieser Verdachtslage erforderlichen Beweismittel erfolgte korrekt. Warum traue ich mir, das so zu sagen? – Weil das vom Oberlandesgericht Wien in seinen Entscheidungen vom 22. August 2018 so bestätigt wurde.

Richtig ist aber auch, dass die Frage, wie die benötigten Beweismittel, die zuvor definiert wurden, beizuschaffen sind, insbesondere die Frage der Erforderlichkeit einer Durchsuchung, vom Oberlandesgericht Wien rechtlich anders beurteilt wurde, als dies die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, auch ich, und auch der Journalrichter getan haben. Das ist das Ergebnis eines rechtsstaatlichen Prozesses, und dieses Ergebnis ist zu akzeptieren, wird akzeptiert und wird auch bei künftigen derartigen Vorgängen natürlich Handlungsrichtlinie sein. Das heißt aber nicht, dass die Entscheidung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft unüberlegt, unnötig oder rechtlich unbegründet getroffen wurde.

Erlauben Sie mir, auch wenn ich mich da jetzt möglicherweise ein bisschen herauslehne, mit dem nötigen Respekt anzumerken, dass es mir als Staatsanwalt, und ich kann hier nur für mich sprechen, schon wehtut, wenn eine nach der Strafprozeßordnung gerichtlich bewilligte Durchsuchung als rechtswidrige Razzia oder sogar als Überfall bezeichnet wird.

Drittens zum Berichtswesen, das ja auch immer Thema war: Da muss man zwei Dinge unterscheiden: einerseits die behördeninterne Unterrichtung der Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft von wichtigen Strafsachen gemäß § 3 der Durchführungsverordnung zum Staatsanwaltschaftsgesetz und andererseits die externe Berichterstattung an die Oberstaatsanwaltschaft Wien und in weiterer Folge an das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz. – Ich ersuche Sie darum, dass ich dieses Ministerium künftig vielleicht als Bundesministerium für Justiz bezeichnen darf; es kennt sich jeder aus, was gemeint ist. – Diese Verständigung, diese Berichterstattung ist im § 8 des Staatsanwaltschaftsgesetzes geregelt. Die behördeninterne Informationsweitergabe sieht so aus, dass innerhalb einer jeden Staatsanwaltschaft die Leiterin oder der Leiter unverzüglich über den Anfall wichtiger, schwieriger oder ausgewöhnlicher Strafsachen zu unterrichten ist, und das ausnahmslos und ohne Rücksichtnahme auf ein Geheimhaltungsinteresse. Das ist im hier gegenständlichen Verfahren auch so geschehen, und zwar seit erstmaliger Befassung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft im April 2017.

Die Berichterstattung an die übergeordneten Behörden, eine Aufgabe, die immer den Leiter oder die Leiterin trifft, stellt sich ein bisschen diffiziler dar. Da muss man auch ein bisschen ausholen: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wurde im Jahr 2009, damals noch als Korruptionsstaatsanwaltschaft, gegründet, und zwar aufgrund internationaler Vorgaben und gerade deshalb, um in den sensibelsten Bereichen der staatlichen Verwaltung die Korruption wirksam zu bekämpfen.

Ich habe in die erläuternden Bemerkungen zur damaligen Regierungsvorlage geschaut und nachgelesen, dass es dort unter anderem heißt – ich darf zitieren –, dass „die erforderlichen Maßnahmen“ getroffen werden müssen, damit diese Stelle „im Rahmen der Grundprinzipien der Rechtsordnung [...] die erforderliche Unabhängigkeit“ genießt, „um ihre Aufgaben wirksam und frei von jedem unzulässigen Druck wahrnehmen zu können“.

Was in diesem Zusammenhang ganz wichtig ist: Schon damals, im Jahr 2009, bei der Gründung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft – damals als Korruptionsstaatsanwaltschaft – hat der Gesetzgeber die Berichtspflichten dieser Behörde massiv eingeschränkt, um von vornherein den Anschein jeglicher Einflussnahme hintanzuhalten. Diese Beschränkung gilt aus gutem Grund auch noch heute, und in den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage steht auch hier wieder in ganz deutlicher Sprache: Mit der Einschränkung der Berichtspflichten „soll dem besonderen Geheimhaltungsbedürfnis in sensiblen Fällen entsprochen werden, das gefährdet wäre, wenn auch über einzelne Ermittlungsmaßnahmen zu berichten wäre“.

Dass Ermittlungen in sensiblen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, wie insbesondere in einem Nachrichtendienst, ein besonderes Geheimhaltungsbedürfnis mit sich bringen, versteht sich – zumindest für mich, meinem Verständnis nach – von selbst.

Es ist auch meine Überzeugung, dass eine wirksame Korruptionsbekämpfung nur unter den zuvor geschilderten Prämissen möglich und überhaupt denkbar ist, denn es sind nicht die Ermittlungen, die das Vertrauen in eine Institution zerstören, sondern die Taten, wegen derer ermittelt wird.

Ich danke vielmals für Ihre Aufmerksamkeit und sehe Ihren Fragen erwartungsvoll entgegen.

Vorsitzende Doris Bures: Vielen Dank, Herr Mag. Handler, für Ihre einleitende Stellungnahme.

Ich erteile nun dem Verfahrensrichter zur Erstbefragung das Wort. – Bitte, Herr Dr. Strauss.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Herr Mag. Handler, seit wann sind Sie bereits bei der WKStA?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Seit August 2013.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ihre Stellung haben Sie schon beschrieben. Wie sind Sie mit der, sage ich jetzt, Causa BVT zum ersten Mal in Berührung gekommen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das habe ich grundsätzlich auch schon beschrieben: Es ist ein üblicher Vorgang, dass man als Gruppenleiter von seinen Gruppenmitgliedern – also den Oberstaatsanwälten, die meiner Gruppe zugehören, in dem Fall war das Frau Mag. Schmudermayer – vom Anfall dieser Strafsache informiert wird. Innerhalb einer Staatsanwaltschaft – auch das habe ich versucht, zu schildern – ist es dann so, dass man diese Strafsache bewertet, beurteilt, ob es eine besonders sensible, eine öffentlichkeitswirksame Causa ist, und, wenn diese Bewertung positiv ausfällt, auch die Leiterin der Staatsanwaltschaft verständigt, unterrichtet. Auch das ist in diesem Fall geschehen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wann war dieses erste Bekanntwerden, oder anders gefragt: Wann ist der Akt angefallen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich muss zugeben, dass ich auch nachgeschaut habe. (Verfahrensrichter Strauss: Das dürfen Sie ja!) Das dürfte im April 2017 gewesen sein.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wie groß ist das Team, das mit den Ermittlungen in der Causa BVT betraut war oder ist?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es sind derzeit insgesamt, inklusive meiner Person, fünf Oberstaatsanwälte und dienstzugeteilte polizeiliche Ermittler tätig.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Können Sie uns die Mitglieder dieses Teams von der Staatsanwaltschaft nennen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Die kann ich Ihnen nennen. Das sind einerseits die Oberstaatsanwältin Mag. Ursula Schmudermayer, andererseits die Oberstaatsanwältin Mag. Alexandra Ramusch, Oberstaatsanwalt Dr. Marcus Schmitt und Staatsanwalt – mittlerweile auch, seit gestern oder vorgestern Oberstaatsanwalt - Mag. Matthias Purkart[1].

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Waren Sie vor der Hausdurchsuchung vom 28.2.2018 bereits bei einer anderen Hausdurchsuchung des BVT dabei?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Welche war das?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das war eine Hausdurchsuchung in einem Verfahren, das ich nicht in meiner Eigenschaft als Gruppenleiter betreue, sondern das ich als Fallführer betreue, gegen einen einzelnen Beamten des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Diese Hausdurchsuchung hat im Jahr 2016 stattgefunden.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Aus welchem Grund wurde sie durchgeführt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Auch da ging es um die Sicherstellung von Beweismitteln. Der Tatverdacht bestand, oder besteht nach wie vor – das Verfahren ist nach wie vor anhängig –, in der Weitergabe von Informationen an eine deutsche Nachrichtenhändlerin beziehungsweise Beraterin. Hier wurde die Hausdurchsuchung vom Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung angeregt, entsprechend beantragt, gerichtlich bewilligt, durchgeführt und auch gegenüber den Oberbehörden berichtet, dass in diesem Fall die Anwendung des § 76 StPO, nämlich der Amtshilfe, nach meiner Rechtsansicht nicht zur Anwendung zu kommen hat.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Warum?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Weil wir – ich sage jetzt „wir“, weil ich diese Sache mit den Ermittlern gemeinsam bearbeitet habe – davon ausgegangen sind, dass da insbesondere auch Informationen auf privaten Datenträgern, also auf Datenträgern, die den Beschuldigten privat zuzurechnen sind, sicherzustellen sind, was aus meiner Sicht dazu führt, dass diese im Wege der Amtshilfe nicht greifbar sein werden.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Von welchen Einheiten oder Behörden wurde die WKStA damals bei dieser Hausdurchsuchung unterstützt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das war das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, kurz BAK.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Welches Ausmaß hatte die damalige Hausdurchsuchung?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es wurde ein Büro eines Mitarbeiters des BVT durchsucht. Wobei: Es wurde tatsächlich durchsucht, es gab da keine Amtshilfe oder Sonstiges, also es wurde nicht von den Mitarbeitern des BVT vorgegangen, sondern es wurde tatsächlich allen anderen Personen der Zutritt zum Zimmer verwehrt, und die Beamten des BAK haben in meiner Anwesenheit nach den benötigten Beweismitteln gesucht.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ist die damalige Hausdurchsuchung in Umfang und Planung mit jener am 28.2.2018 vergleichbar?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein, sie ist nicht vergleichbar.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wo sind die Unterschiede?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Die Unterschiede sind, dass 2016 von vornherein eine Ermittlungstätigkeit einer polizeilichen Behörde vorhanden war, nämlich des BAK – des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung. Es gab 2016 auch dieses sogenannte Konvolut aus mehreren anonymen Anzeigen noch nicht, das hier in irgendeiner Art und Weise eine Anscheinsbefangenheit vermuten hätte lassen.

Es wurde diese Hausdurchsuchung vom BAK vorbereitet, gemeinsam mit mir. Es gab natürlich auch eine Einsatzbesprechung. Es wurde der Leiter des BAK – entschuldigen Sie die Abkürzung, aber mit BAK meine ich immer dieses Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (Verfahrensrichter Strauss: Ja, ja! Wissen wir, ja!) – von dieser Durchsuchung informiert, und ich habe damals auch anlässlich dieser Durchsuchung dem Direktor des BVT die Gründe für die Durchsuchung mündlich dargelegt – das war während des Vollzugs dieser Maßnahme.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wir wissen aus einer E-Mail, die Sie sicher kennen, vom 23.2.2018 – ich verzichte aufgrund der Kürze der Zeit darauf, sie Ihnen vorzulegen –, dass es eine Aufforderung von Ihnen an Mag.a Schmudermayer gab, „irgendwelche Schnellschüsse über Zuruf“ gebe es nicht.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Genau.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Von welcher Seite, welchen Personen, haben Sie Zurufe befürchtet?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kann mich ganz gut daran erinnern: Es ging darum, dass mehrere Zeugen ausgesagt haben und am 23. Februar von Kollegin Schmudermayer der dritte Zeuge vernommen wurde – ich war dabei auch zum Teil anwesend –, das war ein IT-Experte des BVT, und dieser IT-Experte hat seine Befürchtung geäußert, dass es zu Beweismittelverlusten kommen könnte.

Diese zu befürchtenden Beweismittelverluste waren natürlich Thema, und die haben aus meiner Sicht auch so bestanden; zumindest gab es keine Zweifel daran, dass das von diesem Experten richtig dargestellt wurde.

Es war aber aus meiner Sicht der Tatverdacht noch nicht konkret genug, um eine Maßnahme zu setzen. Daher mein E-Mail: Nur aufgrund eines drohenden Beweismittelverlusts ohne korrespondierenden konkreten Tatverdacht kann es keine Zwangsmaßnahmen geben!

Daher wurde am 26.2. noch ein weiterer Zeuge vernommen. Ab diesem Zeitpunkt, und da war ich in engem Kontakt mit der fallführenden Oberstaatsanwältin, war für uns der Tatverdacht ausreichend konkret. Die Befürchtung des Beweismittelverlusts war natürlich fünf Tage später noch größer vorhanden, und da haben wir uns entschieden, diese Durchsuchung dann durchzuführen.

Das heißt, mein E-Mail am 23.2.: Irgendwelche Schnellschüsse gibt es nicht!, hatte mit dem zu befürchtenden Beweismittelverlust zu tun, den der Zeuge geschildert hat, und war ein Hinweis darauf, dass man weitere Ermittlungsschritte setzen muss, um den Tatverdacht entsprechend zu konkretisieren.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Aber politische Einflussnahme, um die es ja hier im Ausschuss geht, so einen Schnellschuss oder Zuruf haben Sie nicht befürchtet?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Habe ich nicht wahrgenommen und habe ich auch nicht befürchtet und es hätte auch überhaupt – wie soll man sagen? – keine Konsequenzen gehabt, wenn es da irgendwelche Zurufe gegeben hat.

Wir haben in diesem Fall einzig und allein entschieden, ohne Einbindung der Polizei, was geschehen wird, wann der Tatverdacht konkret genug wird, welche Ermittlungshandlung gesetzt werden wird.

Ich habe auch mit Herrn Dr. Lett, der hier öfters im Gespräch war, keine Gespräche geführt. Er war dann letztlich am 27. Februar bei dieser Einsatzbesprechung anwesend. An das kann ich mich erinnern.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Eine andere Person, mit der Sie aber sehr wohl Besprechungen geführt haben, ist Mag. Peter Goldgruber. (Auskunftsperson Handler: Mhm!) Welche Gespräche haben Sie mit ihm worüber geführt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Goldgruber ist am – ich schaue noch einmal nach (die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen) – 19. Februar, Entschuldigung, am 19. Jänner erstmalig nach vorheriger telefonischer Ankündigung bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vorstellig geworden und hat uns das uns bereits bekannte, ich nenne es jetzt, Konvolut übergeben. Das ist eine Zusammenstellung mehrerer Dokumente, die anonym eingebracht wurden.

Wir konnten natürlich damals vor Ort nicht feststellen, ob es genau das idente Dokument ist, das uns schon vorliegt. Es hat aber eine Zusammenfassung über die darin vorkommenden Vorwürfe gegeben, die entweder Herr Goldgruber selbst oder einer seiner Mitarbeiter gemacht hat. Das war quasi das Deckblatt. Daher war es für mich auch ganz klar, dass er hier seinen Anzeigewillen kundtut.

Die Besprechung damals war ganz allgemein. Wir haben nämlich erstens - - Wir haben aus zwei Gründen nicht preisgegeben, dass wir hier bereits gewisse Ermittlungen führen: einerseits, weil es eine Verschlusssache war, und andererseits, weil wir natürlich nicht wussten, was jetzt der genaue Inhalt dieses Konvoluts ist und ob es mit dem ident ist, was uns bereits vorliegt.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Und persönlich waren Sie anwesend, haben Sie gesagt, bei dieser Hausdurchsuchung am 28.2.?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein, ich war bei dieser Durchsuchung nicht anwesend. Ich habe zeitgleich einen Beschuldigten in den Räumlichkeiten der WKStA vernommen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Aha! So waren Sie involviert, aber nicht - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein, ich war nicht vor Ort.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Nicht vor Ort, wie man jetzt modern sagt.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe mir im Anschluss berichten lassen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Danke vielmals. Das ist meine Erstbefragung gewesen.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Vielen Dank, Herr Dr. Strauss für die Erstbefragung. Der Redeordnung folgend, Frau Abgeordnete Dr. Zadić, sind Sie die erste Fragestellerin. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Herzlichen Dank, dass Sie heute als Auskunftsperson zur Verfügung stehen. Vielleicht kann ich da gleich anknüpfen, nämlich bei Ihrer ersten Besprechung mit Herrn Generalsekretär Goldgruber.

Staatsanwältin Schmudermayer schreibt nämlich in ihrem Tagebuch – ich nehme an, das liegt Ihnen vor? (Auskunftsperson Handler: Ja, habe ich da!) –, dass sie das Gefühl hatte, der Herr Goldgruber verschweigt etwas. Was war Ihr Eindruck von dieser Besprechung? (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kann natürlich über die Gefühle der Staatsanwältin Schmudermayer nichts aussagen. Mein Eindruck war, dass wir diese Besprechung, dieses Gespräch ganz allgemein gehalten haben. Ich habe jetzt persönlich nicht den Eindruck gehabt, dass er irgendetwas verschweigt.

Aber natürlich haben wir uns da auch überhaupt nicht irgendwie herausgelehnt und ihm mitgeteilt, dass wir bereits in dieser Sache tätig werden, weil wir, wie gesagt, über den Inhalt des vorgelegten über 40 Seiten umfassenden Konvoluts damals ja nicht Bescheid gewusst haben und daher auch zuerst, und das ist immer der erste Schritt, die Anzeige prüfen mussten und erst dann in weiterer Folge entsprechende Schritte setzen konnten.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Und sonst hatten Sie welchen Eindruck von Goldgruber? Eher einen sachlichen? Was war Ihre persönliche Wahrnehmung als langjähriger Staatsanwalt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Meine persönliche Wahrnehmung war, dass Herr Goldgruber über gewisse Vorgänge im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Anzeige erstatten wollte. Mein Eindruck war, dass er nach einem gesetzlichen Auftrag vorgeht, nach § 78 StPO, nämlich Anzeige zu erstatten.

Ansonsten hatte ich keine Eindrücke, weil wir inhaltlich über die Sache überhaupt nicht gesprochen haben und weil mir inhaltlich, muss ich ganz ehrlich sagen, auch die Meinung des Herrn Goldgruber egal gewesen wäre.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Okay. Sie waren ja dann auch bei den ersten Zeugeneinvernahmen involviert. (Auskunftsperson Handler: Mhm!) Wann haben Sie zum ersten Mal den Eindruck gehabt, dass eine Hausdurchsuchung sinnvoll wäre?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na ja, bereits der zweite Zeuge – ich glaube, der war einen Tag nach der ersten - -, am 22. Februar – hat den Verdacht eines Datenmissbrauchs geäußert. Da war ich zwar nicht persönlich anwesend, habe mir aber von meiner Mitarbeiterin von dieser Zeugenvernehmung berichten lassen.

Datenmissbrauch ist dann immer so eine Sache, die natürlich relativ schwer nachzuweisen ist, wenn man nicht entsprechende Hinweise auf diesen Datenmissbrauch hat.

Ich kann Ihnen das vielleicht einfacher erklären: Wenn ich einen Mord habe, dann brauche ich eine Leiche, dann brauche ich eine Tatwaffe und dann brauche ich ein Motiv. Und bei einem Datenmissbrauch brauche ich halt entsprechende Datenträger, auf denen entsprechende Daten gespeichert sind. Das wäre in dem Fall die Leiche. Ich brauche Zugriffsprotokolle, Kommunikation, damit ich weiß: Wie hat man sich diese Daten besorgt? Auf welche Art und Weise hat es hier eine Initiative gegeben? Von wem? – Das ist möglicherweise, wenn man es so umlegt, die Tatwaffe. Auch die Motivforschung ist dann in weiterer Folge eine ganz wichtige Sache.

Das heißt, wir wussten am 22.2., dass es, sollte sich der Tatverdacht entsprechend verdichten, eine entsprechende Ermittlungsmaßnahme, eine Zwangsmaßnahme geben muss.

Voraussetzung, und das habe ich versucht, ganz am Anfang zu schildern, war aber natürlich ein ausreichend konkreter Tatverdacht, der für uns zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben war, sondern erst nach der abschließenden Einvernahme des Zeugen am 26. Februar 2018.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Und wann haben Sie zum ersten Mal mit der Staatsanwältin Schmudermayer diesbezüglich gesprochen, dass eine Hausdurchsuchung notwendig wäre?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das weiß ich nicht. Aber ich bin mit meinen Gruppenmitgliedern laufend in Kontakt. Ich denke, dass wir jede Zeugenaussage nachträglich besprochen haben und dass es gut möglich sein kann, dass wir am 22.2. schon diese Möglichkeit in Erwägung gezogen haben, als Maßnahme, falls sich der Tatverdacht tatsächlich entsprechend verdichtet. Aber ich kann das nicht mehr hundertprozentig sagen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Das deckt sich ja auch mit dem Tagebuch der Frau Staatsanwältin, nämlich am 23.3. (Auskunftsperson Handler: 2.!), 23.2., Entschuldigung, 23. Februar, am Tag nach der Einvernahme des zweiten Zeugen, sind Sie zusammen bei einer Besprechung mit der Staatsanwältin. Um 8.20 Uhr haben Sie sich getroffen und haben darüber gesprochen, dass vielleicht eine Hausdurchsuchung, sollte ein ausreichender Tatverdacht gegeben sein, in Betracht gezogen werden könnte. (Auskunftsperson Handler: Genau, es ist - -!)

Jetzt war dieses Treffen am 23.2. um 8.20 Uhr. Am selben Tag haben Sie es dann zwei Stunden später für notwendig befunden, auch ein E-Mail nachzuschießen, in dem noch einmal festgehalten wird, dass es zu keinen Schnellschüssen kommen darf und dass - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na ja, wenn man sich dieses E-Mail genau anschaut – ich habe das jetzt vor mir liegen, das werden Sie auch vor sich haben, das ist im Tagebuch –, da schreibe ich zuerst: „Ok. Ich werde kommen und zumindest teilweise teilnehmen. Wenn mir das IT-Thema zu spezifisch wird, gehe ich wieder.“

Das heißt, das war vor der Vernehmung des IT-Experten des BVT als Zeugen, und ich habe gesagt: Da muss man abwarten, was der sagt, und dann muss man natürlich noch einmal den Tatverdacht prüfen. Vorher gibt es überhaupt keine Schnellschüsse und gar nix[2].

Letztlich sind dann bis zur Hausdurchsuchung fünf Tage vergangen. Das ist eigentlich für die Sicherstellung von Beweismitteln, die man mit einem Knopfdruck möglicherweise löschen kann, sogar eine relativ lange Zeit, aber das war halt dem damals noch nicht ausreichend konkreten Tatverdacht geschuldet.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Und es war Ihnen wichtig, dann noch einmal per E-Mail festzuhalten, dass ein ausreichender Tatverdacht notwendig ist – oder haben Sie sich einfach nur wiederholt? –, im Vergleich zu dem, was zwei Stunden vorher beim Meeting war?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich glaube - - Ich weiß jetzt nicht, ob der AV vom 23.2. - - Der wird wahrscheinlich zeitlich vorher gewesen sein, ja, vor diesem E-Mail.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Genau, um 8.20 Uhr war die Besprechung.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja. Wie gesagt, ich habe hier meine Meinung kundgetan – und dazu bin ich als Gruppenleiter, der die Fachaufsicht hat, da –, dass erst dann zu handeln ist, wenn der Tatverdacht ausreichend konkret vorhanden ist.

Warum ich das hier betont habe, kann ich heute nicht mehr sagen, aber ich habe es ihr sicher mündlich auch so mitgeteilt.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Mhm. Wie lange ist denn die Staatsanwältin Schmudermayer bei der WKStA?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Die Staatsanwältin Schmudermayer ist bei der WKStA, ich nehme an, seit 2016, aber ich weiß es jetzt nicht genau. Haben Sie sie das gefragt?

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Gefragt wurde, wie lange sie insgesamt Staatsanwältin ist, aber nicht, wie lange sie bei der WKStA ist.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich glaube, seit 2016, aber ich bitte, mir das nicht als Falschaussage auszulegen, falls ich nicht genau weiß, ab wann das war. Da müsste man sie direkt fragen beziehungsweise in den entsprechenden Unterlagen nachschauen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): War es Ihnen wichtig, bei ihr besonders Ihre Anleitungsfunktion auszuüben, oder machen Sie das generell bei jedem Staatsanwalt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich mache das generell. Ich wie soll man sagen?  bringe mich als Gruppenleiter, wenn das so auch entsprechend gewünscht ist beziehungsweise wenn ich erkenne, dass ein Verfahren möglicherweise sensibel ist, ein, biete das meinen Gruppenmitgliedern an.

Es ist nicht eine Forderung von mir, überall dabei zu sein, sondern ich biete an, dabei zu sein, weil ich gerade in dieser Sache die Angelegenheit so beurteilt habe, dass sie äußerst sensibel sein könnte. Das wurde von Kollegin Schmudermayer so angenommen.

Ich halte sehr viel vom staatsanwaltschaftlichen Vieraugenprinzip. Mir ist das Vieraugenprinzip unmittelbar noch viel lieber als im Nachhinein bei einer Besprechung von Sachen, die passiert sind.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Ich komme noch einmal darauf zurück, weil Sie eben vor Schnellschüssen warnen: Vielleicht nur allgemein Ihr Eindruck: Hat die Staatsanwältin den Ruf, vielleicht manchmal vorschnell zu handeln?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kann dazu nichts sagen. Sie führt ihre Verfahren alle tadellos. Ich von meiner Wahrnehmung her, als ihr Gruppenleiter, habe so etwas noch nicht wahrgenommen, und zu ihrer früheren Tätigkeit kann ich keine Auskunft geben.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Wann hat sich denn der Tatverdacht tatsächlich erhärtet? Sie sagen ja, Vieraugenprinzip ist Ihnen wichtig. Wann war für Sie der Tatverdacht klar?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also wir haben - - Also es kam am - - Sie haben es eh schon gesagt, es wurde, ich weiß nicht, wann, Mitte, Ende Februar, von Herrn Generalsekretär Goldgruber angekündigt, dass er eine Zeugin hätte, die aussagen könnte.

Das war diese erste Zeugin, die ausgesagt hat. Diese Zeugin hat dann unter anderem drei weitere Namen genannt, drei weitere Namen von Zeugen, die wir dann in der Folge vernommen haben. Nach jeder Vernehmung hat es eine Besprechung gegeben, und nach der Vernehmung des vierten Zeugen war für uns der Tatverdacht in Richtung dieses Datenmissbrauchs, dieses Missbrauchs der Amtsgewalt im Zusammenhang mit dem Kopieren beziehungsweise Nichtlöschen von sensiblen Daten, gegeben, sodass wir tätig werden mussten.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Ist Ihnen bewusst, dass der Generalsekretär des Innenministers den Auftrag hatte, im BVT aufzuräumen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Da beziehen Sie sich auf diesen Vermerk, der im Tagebuch ist. Wenn das so dort steht, dann wurde uns das wahrscheinlich so gesagt, wobei wir das - - Also ich habe das auf dieses Konvolut bezogen, das vorgelegt wurde, und auf die dort geschilderten Straftaten.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Vielleicht nur kurz zurück zur Seite 33 des Tagebuchs.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Sagen Sie mir das Datum?

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Ja, das ist auch vom 23.2., Seite 33. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Vorsitzende Doris Bures: Sie sollten das Dokument verwenden, das wir zur Verteilung gebracht haben. (Zwischenbemerkung von Verfahrensanwalt Mikesi.)

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe das gleiche mit. Ach so, da ist die Seite. (Die Auskunftsperson blättert in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Aktenvermerk vom 23.2. Da wird auch vorgeschlagen, dass der Präsident des Landesgerichtes für Strafsachen kontaktiert werden soll.

Ist das eine übliche Vorgehensweise, dass vorab der Präsident des Landesgerichtes für Strafsachen kontaktiert wird?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Eine übliche Vorgehensweise ist es nicht, aber es ist auch kein üblicher Fall, der hier behandelt wurde. Es gab ein erhöhtes Geheimhaltungsinteresse, das habe ich schon geschildert, aufgrund einer erhöhten Sensibilität.

Daher wurde vonseiten der WKStA auch nicht berichtet, und daher hat man Wege gesucht, möglichst wenig Leute in die Ermittlungstätigkeit einzubeziehen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Den Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen, Herrn Rat Forsthuber, kennen Sie persönlich?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kenne ihn nicht persönlich - - Ich kenne ihn schon persönlich, aber nicht so, dass ich sagen würde, es gibt eine Bekanntschaft. Aber einer aus dem Team, Staatsanwalt Mag. Purkart, hat einen persönlichen Zugang gehabt, so wie mir das erzählt wurde, und hat mit ihm Rücksprache gehalten, aber das ist mit meinem Wissen und meinem Gutheißen geschehen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Wer hat denn vorgeschlagen, den Präsidenten zu kontaktieren? Waren das Sie?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Den Präsidenten?

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Den Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe das, glaube ich, nicht vorgeschlagen. Das kam wenn, dann von der fallführenden Staatsanwältin, aber ich hatte gegen diese Vorgehensweise auch nichts einzuwenden.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Wie viele Informationen wurden dem Präsidenten da über den Fall geschildert? Was wissen Sie darüber?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich nicht dabei war. Es gibt einen Vermerk von Mag. Purkart, wo er dieses Gespräch schildert.

Hier wurde, so wie es mir dargestellt wurde, ganz allgemein über ein sensibles Verfahren im Bereich des BMI gesprochen und auch über die Notwendigkeit, möglichst wenige Leute vonseiten des Landesgerichtes einzubeziehen, weil es eine Verschlusssache ist und weil es aus unserer Sicht eine erhöhte Geheimhaltung erfordert hat.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Sind Sie davon ausgegangen, dass die Anordnung zur Hausdurchsuchung genehmigt wird?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Davon gehe ich immer aus, weil ich als Staatsanwalt, wir als Staatsanwaltschaft eine rechtliche Prüfung vornehmen, und wir würden keinen Antrag bei Gericht stellen, von dem wir nicht ausgehen, dass er genehmigt würde.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Also es kommt ganz selten vor, dass der - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Kommt auch vor, ja, aber es ist nicht so, dass man Anordnungen aus der Hüfte ans Gericht schießt, weil das ja auch auf Dauer gesehen eine Problematik wäre, die an der rechtlichen Kompetenz einer Staatsanwaltschaft zweifeln ließe. Daher wird das rechtlich immer ganz genau überlegt, und daher geht man immer davon aus, dass der Richter das auch so bewilligen wird.

Natürlich gibt es, wenn Sie darauf ansprechen, einen Rechtszug, der ist hier auch in Anspruch genommen worden, und eine Instanz hat das anders gesehen und anders entschieden. Auch das kommt vor, und das ist letztlich der große Vorteil an einem Rechtsstaat.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Sie waren bei der Vernehmung der Zeugin R. P. (BVT) anwesend. (Auskunftsperson Handler: Ja!) Ist Ihnen etwas Besonderes bei dieser Vernehmung aufgefallen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Mir ist nichts Besonderes aufgefallen, nein. Die Zeugin wurde vernommen, sie hat mir nicht den Eindruck vermittelt, dass sie falsche Sachen erzählt, wobei dieser Eindruck auch täuschen kann.

Oft stellt sich im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens heraus, dass ein Zeuge möglicherweise gelogen hat. Man hat eine gewisse Berufserfahrung, man versucht, das einzuschätzen, aber man kann sich nicht hinsetzen und sagen: Dieser Zeuge lügt, dieser Zeuge lügt nicht. Insofern war das für mich eine Zeugenaussage, bei der es eigentlich keine Zweifel am Wahrheitsgehalt gegeben hat.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Die Staatsanwältin Schmudermayer hat geschrieben, dass die Zeugin ängstlich war und am Ende auch den Satz gesagt hat, sie wüsste nicht, warum sie da ist.

Erstens: Haben Sie diesen Satz wahrgenommen? Und zweitens: Hatten Sie auch den Eindruck, dass die Zeugin ängstlich war?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich weiß nicht, ob ich den Satz: Ich weiß nicht, warum ich da bin!, wahrgenommen habe. Wenn das so gefallen ist, dann muss man umso mehr davon ausgehen, dass die Zeugin nicht manipuliert war – aus meiner Sicht.

Zweitens: Die Ängstlichkeit, das wurde auch hinterfragt, bezog sich auf die Bekanntgabe der persönlichen Daten. Sie wollte irgendwie nach § 162 StPO – aber nageln Sie mich nicht fest, wenn ich das jetzt nicht ganz genau getroffen habe – quasi anonym aussagen, wobei die rechtliche Prüfung unsererseits dann ergeben hat, dass es diese Möglichkeit nicht gibt.

Wovor sie sich gefürchtet hat, kann ich Ihnen aber nicht mehr ganz genau sagen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Die Zeugin R. P. (BVT) hat auch gesagt: Dr. Lett hat mir einfach gesagt, dass ich heute hierherkommen soll. (Auskunftsperson Handler: Mhm!) Sehen Sie das nicht als problematisch?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das sehe ich nicht als problematisch, weil wir sie ja dann zu konkreten Wahrnehmungen zu möglichen strafbaren Handlungen gefragt haben.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Sehen Sie es auch nicht als problematisch, dass Dr. Lett bei allen vier Zeugen als Vertrauensperson hinzugezogen wurde?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Soweit mir bekannt ist, war er bei zwei Zeugen als Vertrauensperson anwesend, nämlich bei der Zeugin R. P. (BVT) und bei dem danach vernommenen Zeugen M. W. (BVT); bei den anderen beiden Zeugen nicht.

Ich habe das nicht als problematisch gesehen, wobei: Etwas als problematisch zu sehen oder nicht, ist letztlich nicht wirklich die Aufgabe eines Staatsanwaltes, sondern es ist im § 160 StPO ganz genau geregelt, wann Vertrauenspersonen auszuschließen sind. In dem Fall wäre nur dann ein solcher Grund gegeben, wenn zu befürchten gewesen wäre, dass die Zeugin trotz oder gerade wegen der Anwesenheit des Dr. Lett nur unvollständig oder nicht mit freiem Willen – oder so ähnlich – aussagt.

Diese Hinweise haben wir nicht. Ich weiß nicht, wir haben die Zeugin, glaube ich, danach gefragt – das weiß ich jetzt aber nicht. Wir haben jedenfalls Herrn Dr. Lett befragt, in welcher Art und Weise er hier möglicherweise involviert sein könnte, aber da hat sich nichts ergeben. Ich kann mich nur erinnern, dass er bei der ersten Zeugenaussage dann sogar teilweise den Vernehmungsraum verlassen hat, weil er irgendeine persönliche Betroffenheit bei einer Fragestellung hatte.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Aber Dr. Lett war zumindest auch dafür verantwortlich, dass alle vier Zeugen herbeigeführt werden.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich hatte mit Herrn Dr. Lett keinen direkten Kontakt, aber soweit ich weiß, war er die Ansprechperson von Frau Mag. Schmudermayer, wobei sich – und das habe ich auch schon gesagt – die Zeugen aus der Vernehmung der ersten Zeugin ergeben haben.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Wenn Sie den Eindruck gehabt hätten, dass Dr. Lett die Zeugen jetzt zwar nicht direkt bei der Vernehmung, aber vielleicht im Vorhinein gebrieft oder mit ihnen über den Fall gesprochen hat, hätten Sie ihn dann ausgeschlossen – also jetzt rein hypothetisch, aus der heutigen Sicht?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es ist schwierig, auf solche hypothetischen Fragen zu antworten, ich kann es nur konkret. Also ich hatte diesen Eindruck nicht, vor allem auch, weil die Zeugin gesagt hat: Ich weiß eigentlich nicht, warum ich da bin oder was ich aussagen soll. Das spricht aus meiner Berufserfahrung eher gegen eine Manipulation. Da würde jemand wahrscheinlich kommen und heraussprudeln und irgendetwas von sich geben. Daher hatte ich den Eindruck nicht.

Hätte ich den Eindruck gehabt, dann wäre entsprechend nachzufragen gewesen, nämlich bei der Zeugin, auch bei der Vertrauensperson, und letztlich eine Entscheidung nach § 160[3] zu treffen gewesen. Wenn ich wirklich der Meinung gewesen wäre, die Zeugin fürchtet sich vor Herrn Dr. Lett, dann wäre er natürlich von der Vernehmung ausgeschlossen worden.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Jetzt halt nur ex post betrachtet: Es hat sich herausgestellt, dass alle vier Zeugen bereits im Vorhinein mit Dr. Lett gesprochen haben, und zwar teilweise bis zu fünf Stunden. Manche haben sich mehrfach mit ihm getroffen und haben auch über die konkrete Sache gesprochen. Wenn Sie das damals gewusst hätten, hätten Sie Dr. Lett zugelassen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das ist so schwer zu beantworten, denn da müsste ich auch wissen, worüber gesprochen wurde, ob es das Thema dieser Zeugenaussage war oder nicht. Ich will nicht über irgendwelche hypothetischen Vorgehensweisen aussagen, ich bitte mir das hier zu erlauben. Aber ich gebe Ihnen recht, ja, wenn man davon gewusst hätte – wovon ich aber nichts wusste und bis heute eigentlich aktenkundig nichts weiß –, dass es da Gespräche gegeben hätte, die in eine bestimmte Richtung gegangen wären, hätte man sich das natürlich genauer anschauen müssen.

Vorsitzende Doris Bures: In dieser Runde noch eine Frage, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Eine allerletzte Frage: Wenn Sie gewusst hätten, dass Dr. Lett da ist, um die Aussagen der Zeugen in einen gewissen Kontext zu stellen, hätten Sie ihn dann ausgeschlossen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wenn ich gewusst hätte, dass er da ist, „um die Aussagen der Zeugen in einen Kontext zu stellen“: In welchen Kontext meinen Sie?

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Insbesondere Generalsekretär Goldgruber sagt, Dr. Lett wird die Zeugen begleiten, um die Aussagen der Zeugen in einen Kontext zu stellen, um ihre Angaben in einen Kontext zu stellen. (Auskunftsperson Handler: Mhm, mhm!) Wäre das für Sie Grund genug, diese Vertrauensperson auszuschließen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wenn das erfolgt wäre und das irgendeinen Einfluss auf die Aussage der Zeugin gehabt hätte – so, jetzt bin ich auch sehr hypothetisch –, dann hätten wir das natürlich geprüft. Aber meiner Erinnerung nach war das nicht so, nämlich ganz im Gegenteil, Herr Dr. Lett ist bei einer Schilderung der Zeugin zum Extremismusreferat des BVT aufgestanden und hat den Vernehmungsraum verlassen, soweit ich mich erinnern kann, weil er das mit seiner früheren Tätigkeit in irgendeinem Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung begründet hat.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Jedenfalls im Aktenvermerk steht das ganz klar.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Oberstaatsanwalt, danke, dass Sie uns heute zur Verfügung stehen!

Zunächst eine Frage: Sie haben gemeint, Generalsekretär Goldgruber ist mit diesem Konvolut in die Staatsanwaltschaft gekommen, und auf den ersten Blick war nicht feststellbar, ob es sich um das Konvolut handelt, das der Staatsanwaltschaft ohnehin schon vorlag. War es dasselbe Konvolut?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es war letztlich eines dieser Konvolute, nämlich – und Sie kennen das vielleicht auch schon – dieses mit den Kleinbuchstaben geschriebene, plus eine Zusammenfassung der darin enthaltenen möglichen Straftaten.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ich halte Ihnen das Dokument mit der Nummer 1079 vor, das ist das Tagebuch der WKStA, den Aktenvermerk vom 7.11.2017 von Frau Oberstaatsanwältin Schmudermayer. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da fasst sie den bisherigen Verfahrenslauf zusammen. Da können Sie auf Seite 5 ihr Fazit lesen: „Alle in den Konvoluten angeführten Sachverhalte waren auch in dem Verfahren zu 60 [...]“ – also mit der Nummer – „enthalten, das zu allen Fakten nach § 35c StAG beendet wurde.“ Also da geht es darum, dass kein Anfangsverdacht bestand, nicht? „Ausnahme: Das nunmehr [...] anhängige Verfahren“ zum „Faktum ‚Lansky‘“.

Das heißt also, das Konvolut war ja letztlich dann nicht ausschlaggebend für die Weiterführung von Ermittlungen, sondern das waren die Zeugen.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na ja, da muss man differenzieren. Einerseits war es unsere Rechtsansicht, dieses Konvolut enthält eine Reihe von Sachverhalten, die nicht in die Eigenzuständigkeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft fallen, bis auf drei Sachverhalte, wo es letztlich um Bestechungszahlungen gegangen ist, um sogenannte Kick-back-Zahlungen an Mitarbeiter des Bundesministeriums für Inneres. Das ist das Faktum Einflussnahme auf die Ermittlungen gegen Martin Schlaff gewesen, das ist das Faktum Vergabe an die Firma Rubicon gewesen, und das ist das Faktum Werner Mauss gewesen.

Da waren wir der rechtlichen Ansicht – und ich bin der Meinung, dass das richtig ist –, dass die Staatsanwaltschaft Wien gar nicht in der Lage war, über Sachverhalte, die nicht in ihre Zuständigkeit fallen, eine Entscheidung zu treffen. Daher haben wir bei diesen drei Sachverhalten unsere Eigenzuständigkeit bejaht.

Was die darüber hinausgehenden, richtigerweise von Ihnen angesprochenen Verdachtsfälle betrifft, nämlich insbesondere dieses Vergehen des Datenmissbrauchs – da war dann letztlich die Aussage der Zeugen entscheidend, die zu weiteren Ermittlungen geführt hat. Da kam es dazu, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nach diesen Zeugenaussagen die Zuständigkeit nach § 20b StPO an sich gezogen hat.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Jetzt gab es dann die Zeugen, und aufgrund der Zeugenaussagen kommt es dann zu dieser Hausdurchsuchung, die, wie wir heute wissen, ja überwiegend nicht in Ordnung war. Jetzt haben wir heute einen Disput gehabt – einen Disput, eine Diskussion könnte man fast sagen –, nämlich auf Basis welchen Beschlusses – Landesgericht Linz, Oberlandesgericht Linz, einmal aus dem Jahr 2015, einmal aus dem Jahr 2017 – man der Meinung war, dass widerrechtlich Daten im BVT aufbewahrt werden.

Welcher Beschluss war Ihrer Meinung nach die Grundlage für die angeordnete Hausdurchsuchung?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie gesagt, ich bin jetzt nicht der direkte Fallführer, aber mein rechtliches Verständnis ist folgendes: Es gab im Jahr 2015 einen Beschluss der Einzelrichterin des Landesgerichtes Linz, der sich auch direkt an das BVT gerichtet hat, wo dem BVT aufgetragen wurde, sämtliche USB-Sticks, Kopien davon, Ausdrucke und so weiter dem Landesgericht Linz auszuhändigen, zurückzustellen. Nach meiner bescheidenen rechtlichen Meinung heißt das, dass derartige USB-Sticks, Kopien davon, Ausdrucke im BVT nicht mehr vorhanden sein dürfen. Das war einmal ein Beschluss, der für uns ausschlaggebend war.

Daraufhin ist es zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Einstellung des Verfahrens gegen Herrn Dr. Gabriel Lansky durch die Staatsanwaltschaft Linz gekommen, und Herr Dr. Lansky hat bei der Staatsanwaltschaft Linz die Löschung sämtlicher Daten beantragt, die aus seinem Einflussbereich dort noch vorhanden sind. Das wurde abgelehnt, und soweit es mir bekannt ist, gab es dann einen Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz, dass diese Löschung nicht vorzunehmen ist. Das bedeutet aber aus meiner Sicht nicht, dass diese Daten beim BVT vorhanden sein dürfen, sondern die mussten aufgrund des Beschlusses aus dem Jahr 2015 vollständig und – ich sage jetzt einmal – rückstandslos übergeben werden.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): In dem Beschluss heißt es aber: „Dem BVT ist im Zuge der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes jedoch aufzutragen, sämtliche allenfalls noch vorhandenen oder gespeicherten Kopien [...] zu übermitteln.“ Das ist das, was Sie jetzt gesagt haben.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Auf das habe ich angesprochen, ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ja, das haben Sie angesprochen. Jetzt die Frage: Wer hätte das dem BVT auftragen müssen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich bin immer davon ausgegangen, dass es entweder das Gericht selber oder die Staatsanwaltschaft Linz gemacht hat.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Haben Sie, bevor Sie die Hausdurchsuchungen gemacht haben, überprüft, ob eine derartige Aufforderung an das BVT ergangen ist?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich persönlich habe es nicht überprüft, weil ich nicht der Fallführer bin, aber ich gehe davon aus, dass das überprüft wurde und entsprechend festgestellt wurde.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Von wem hätte das überprüft werden müssen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Normalerweise von der fallführenden Oberstaatsanwältin, aber ich gehe davon aus - -

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Danke, Sie haben meine Frage eh beantwortet, aber darf ich nachfragen: Was ist, wenn sie das nicht überprüft hätte?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Dann gehe ich trotzdem davon aus, dass das beim BVT entsprechend eingelangt ist, weil es ja ein direkter Auftrag an das BVT ist. Da kann sich die Staatsanwaltschaft gar nicht verwehren, das entsprechend weiterzutragen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Und wenn das beim BVT nicht eingegangen ist und die fallführende Staatsanwältin das nicht überprüft hat?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Dann wird man sich das anschauen müssen, ja. Aber ich gehe nach wie vor davon aus, dass das dort eingelangt ist, weil es eben ein Beschluss ist, der sich - -

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Aber es ist Ihnen bis heute nicht bekannt, ob das dort eingelangt ist?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich gehe davon aus, dass das dort eingelangt ist. Ich kann es Ihnen jetzt nicht zu 100 Prozent beantworten, aber ich bin immer davon ausgegangen, weil sich dieser Beschluss direkt an das BVT gerichtet hat.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Aber Sie würden es als Problematik betrachten, wenn das nicht zugestellt worden wäre und wenn die fallführende Staatsanwältin das auch nicht überprüft hätte?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich würde es nicht unbedingt als Problematik betrachten, weil die Durchsuchung, die Sie angesprochen haben, nicht nur wegen dieses Faktums durchgeführt wurde, sondern auch wegen anderer Datenvergehen. Aber natürlich wird man das im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens, so wie man alles im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens objektiv überprüft, in alle Richtungen prüfen müssen, und man wird natürlich prüfen müssen, ob auch einzelne BVT-Mitarbeiter, bei denen möglicherweise diese Daten festgestellt wurden - - Es kann ja auch sein, dass das BVT entsprechend verständigt wurde, aber diese Verständigung intern nicht weitergegeben wurde. Dann wird man sich die subjektive Tatseite bei den einzelnen BVT-Mitarbeitern anschauen müssen, die hier entsprechend nicht agiert haben.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Mehr kann man da im Moment, glaube ich, nicht erfragen.

Ich komme daher zu einem anderen Dokument, mit der Nummer 788, Seite 6. Ich lege es Ihnen vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da geht es im Wesentlichen darum, dass A. H. (BVT) mitteilt, dass drei Personen, F. K. (BVT), P. B. (BVT) und N. B. (BVT), über einen Serverzugang verfügen und daher feststellen können, wer wann am Server hängt und welche Arbeiten durchgeführt werden können. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Auf Seite 6 nennt er diese Personen, die über einen Serverzugang verfügen. Bei zwei dieser drei genannten Personen hat jetzt eine Hausdurchsuchung stattgefunden. Warum nicht bei der dritten auch?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie gesagt, ich bin nicht der Fallführer, ich habe auch nicht überprüft, inwiefern diese Aussagen des Herrn A. H. (BVT) auf den Herrn P. B. (BVT) auch zutreffen. Das hat letztlich die Staatsanwältin Schmudermayer entschieden  und der habe ich da voll vertraut –, die auch Rücksprache mit den entsprechenden Experten unsererseits gehalten hat.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Aber Sie haben es nicht hinterfragt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe es nicht hinterfragt und ich habe es auch nicht geprüft.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Dann komme ich zum Dokument mit der Nummer 1071, Seiten 1 bis 24. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) In diesem Informationsbericht wurden zahlreiche Änderungen handschriftlich vorgenommen. Auf Seite 1 wurde etwa das Wort „können“ durch das Wort „müssen“ ersetzt, sodass sich „Sicherstellungen angeordnet werden müssen“ ergibt. Können Sie uns sagen, wer die ursprüngliche Version geschrieben hat?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Darf ich einmal? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Das ist meine Handschrift. Grundsätzlich werden Berichte immer von der fallführenden Staatsanwältin vorbereitet, werden dann vom Gruppenleiter revidiert und letztlich von der leitenden Staatsanwältin, sofern sie das gutheißt, was da geschrieben wurde, entsprechend freigegeben.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Also Sie haben das ausgebessert?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das ist meine Handschrift, ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Und was ist der Grund dafür, dass Sie das ausgebessert haben?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Darf ich den Satz noch einmal lesen? (Die Auskunftsperson liest neuerlich in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Das heißt „angeordnet werden mussten“, das ist das, was ich zu Beginn schon gesagt habe. Wenn eine ausreichende Verdachtslage besteht und die Beweismittel entsprechend definiert wurden, dann besteht keine Alternative dazu, Ermittlungen durchzuführen, und dann ist eine Beweismittelsicherung vorzunehmen. Das ist das Legalitätsprinzip, und aus meiner Sicht hat es daher aufgrund des ausreichend konkreten Tatverdachtes und der Definition unsererseits, welche Beweismittel sicherzustellen sind, keine Handlungsalternative gegeben.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Darf ich Sie bitten, auf die Seite 17 zu springen? Da ist in der ursprünglichen Version, die anschließend durchgestrichen wurde, die Rede davon, dass sich auch die Zeugen „informativ außerhalb des Protokolls“ bezüglich der Heranziehung des BAK bedenklich äußerten. Was ist mit „informativ außerhalb des Protokolls“ gemeint?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Darf ich wissen, wo ich das finde?

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Seite 17, zweiter Absatz, in der Mitte ungefähr. (Die Auskunftsperson liest neuerlich in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Da kann ich nur dazu sagen, dass ich diesen Satz durchgestrichen habe, ich nehme an nach Rückfrage bei der Berichtsverfasserin, Frau Mag. Schmudermayer. Wahrscheinlich – ich kann das nicht mehr hundertprozentig sagen – habe ich nachgefragt, was es da für Äußerungen außerhalb des Protokolls gegeben hatte, und scheinbar hat sie mir diese nicht sagen können. Ich weiß es nicht, ich habe es jedenfalls dann durchgestrichen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Aber sollte nicht alles protokolliert werden, was ein Zeuge aussagt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das sollte schon protokolliert werden.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Das ist da aber offenbar nicht der Fall gewesen.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich nicht sagen, ja. Wie gesagt, ich war bei eineinhalb Zeugenvernehmungen dabei.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Haben Sie Wahrnehmungen, welche Zeugen ausgesagt haben, dass das BAK hierfür nicht geeignet wäre?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Dazu habe ich keine Wahrnehmungen gemacht.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Also in Ihrer Gegenwart hat das niemand gesagt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Frau R. P. (BVT) wurde dazu nicht gefragt, und bei Herrn A. H. (BVT), bei dem ich dabei war, glaube ich auch nicht, dass sich das aus dieser Aussage ergeben hat. Es hat sich für uns aber nicht aufgrund der Zeugenaussage ergeben, also nicht primär aufgrund der Zeugenaussage, sondern aufgrund eines aufgrund des vorliegenden Konvoluts bestehenden Anscheins der Befangenheit. Ich möchte wirklich betonen, dass ich grundsätzlich in die Arbeit des BAK vollstes Vertrauen habe. Wir haben mit dem BAK seit 2011 – ich habe mir das angeschaut –, ich glaube, um die 300 Hausdurchsuchungen durchgeführt. Wir haben mit dem BAK auch mehrere Durchsuchungen in öffentlichen Ämtern durchgeführt. In dem Fall war aber die Problematik gegeben, dass das dem Tatverdacht zugrundeliegende Konvolut auch Verdachtsmomente gegen den Leiter und den operativen Leiter dieser Einheit geäußert hat, und daher war es für uns quasi unmöglich, das BAK beizuziehen. Man muss sich vorstellen, hätte die Durchsuchung und das weitere Ermittlungsverfahren dann tatsächlich - - oder würde das Ermittlungsverfahren dann tatsächlich diese Vorwürfe bestätigen, dann wären möglicherweise aufgrund einer bestehenden Befangenheit, die von Anfang an nicht wahrgenommen wurde, alle Ermittlungen nicht zu gebrauchen. Dann sitzen wir vielleicht aus diesem Grund auch hier.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Das heißt, für Sie nachvollziehbar hat man alle polizeilichen Institutionen ausgeschlossen, die in dem Konvolut vorgekommen sind.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Genau, das war für mich nachvollziehbar, ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ist in dem Konvolut auch eine Staatsanwaltschaft vorgekommen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Kann ich mich nicht erinnern, nein.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Können Sie sich erklären, warum Frau Oberstaatsanwältin Schmudermayer der Meinung ist, dass man auch mit der Staatsanwaltschaft Linz nicht in Kommunikation treten durfte, aus Sorge, dass (Auskunftsperson Handler: Also soweit ich informiert bin, war - -!) das auch problematisch ist?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Kollegin Schmudermayer hat von der Staatsanwaltschaft Linz diesen Akt angefordert, der uns relativ lange Zeit nicht übermittelt wurde. Wie die Kontaktaufnahme stattgefunden hat, weiß ich aber nicht mehr.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Da ja offensichtlich diese Zeugen dann letztlich für alle Zwangsmaßnahmen, die gesetzt worden sind, so wahnsinnig entscheidend waren – ich habe das heute schon gesagt, auf eigentlich für mich schwer nachvollziehbarer Grundlage: Das waren ja eigentlich alles Belastungszeugen, oder?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nicht von vornherein. Die Zeugen sind gekommen, wurden entsprechend befragt und haben letztlich Belastungen geäußert, ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ist Ihnen bekannt, ob die fallführende Staatsanwältin auch irgendwelche Zeugen befragt hat, die allenfalls entlastend waren?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Mir ist die Befragung dieser vier Zeugen bekannt, aber im Laufe des Verfahrens sind mittlerweile, glaube ich, 60 Zeugen einvernommen worden, die letztlich - -

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Aber nach, nicht vor der Hausdurchsuchung.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nachträglich; das hatte auch den Grund, dass man nicht [4]- - möglichst wenige Ermittlungsschritte vor der HD – Hausdurchsuchung – setzen wollte, um nicht den Ermittlungserfolg zu gefährden. Tatsächlich muss ich auch sagen, die Ermittlungen bestätigen zu einem Großteil das, was die Zeugen gesagt haben, und natürlich, und das ist Aufgabe einer Staatsanwaltschaft, wird in einem Ermittlungsverfahren in alle Richtungen ermittelt – ich habe vorher § 3 StPO zitiert –, und letzten Endes wird aufgrund dieser umfänglichen Ermittlungen zu entscheiden sein, wie weiter vorgegangen wird.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Danke. Ich habe in der ersten Runde keine weiteren Fragen.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Mag. Handler, ich darf vielleicht gleich bei dem, was Kollege Amon gesagt hat, fortfahren, weil mich das auch interessiert. Es wird jetzt immer so dargestellt, als sei das etwas Normales, was da passiert ist, aber in Wahrheit war das eine Maßnahme – ich nenne es jetzt einmal Maßnahme, ich nenne es nicht Razzia, wenn Sie der Begriff stört –, die sehr, sehr viel Schaden verursacht hat. Das haben schon die vorigen Zeugen gesagt. Sie haben das wahrscheinlich mitverfolgt, es hat jetzt in Deutschland die Zerschlagung einer rechtsextremen Terrorzelle gegeben, ich weiß nicht, ob das BVT jetzt nach dieser ganzen Aktion noch Informationen von den deutschen Nachrichtendiensten dazu bekommt. Wir haben Ratspräsidentschaft, es ist Terrorgefahr, das heißt, das ist ja nicht nur so eine Hausdurchsuchung bei einem Dealer oder sonst etwas, das ist schon mehr.

Jetzt kann ich mir nicht erklären, dass man, wenn man vier Zeugen befragt, diese Zeugen alle von einer Person sozusagen herangeschafft werden – das haben Sie jetzt nicht gewusst, aber es hat sich im Nachhinein herausgestellt, dass Herr Goldgruber diese Zeugen bewusst zeitlich platziert hat, so wie es ihm scheinbar in den Plan gepasst hat –, aufgrund solcher Informationen nicht einmal irgendwie daran denkt, zu hinterfragen und andere Menschen zu befragen, ob daran vielleicht doch irgendetwas nicht stimmen könnte. Haben Sie diesen Gedanken nie gehegt? – Das würde mich interessieren.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie gesagt, noch einmal: Ich bin der Gruppenleiter, nicht der Fallführer, der entscheidet, welche Ermittlungsschritte gesetzt werden. Ich war bei der ersten Zeugin dabei, und ich habe das so empfunden, dass diese Zeugin die Namen weiterer Zeugen genannt hat, die dann im Anschluss befragt worden sind. Das heißt, ich habe das immer so wahrgenommen, dass nicht Herr Goldgruber oder Herr Lett Zeugen nach ihrem Gutdünken beigeschafft haben, sondern, dass über Veranlassung der Fallführerin, der fallführenden Oberstaatsanwältin jene Zeugen befragt werden, die laut Auskunft der ersten Zeugin zur Aufklärung des Tatverdachts, des Sachverhalts – um korrekt zu bleiben –, des dem Tatverdacht zugrundeliegenden Sachverhalts beitragen können. Diese Zeugen sind vernommen worden und diese Zeugenaussagen, bei denen es am Wahrheitsgehalt keine Zweifel gab, haben letztlich dann zur Bejahung des Tatverdachts geführt.

Dass diese Bejahung des Tatverdachts richtig war – und ich muss schon darauf verweisen –, das stellt auch das Oberlandesgericht Wien fest, auch – und da gebe ich Ihnen recht –, wenn natürlich die Durchsuchung als nicht verhältnismäßig dargestellt wird. Aber am Tatverdacht wird grundsätzlich nicht gezweifelt.

Den zweiten Teil Ihrer Frage kann ich nicht beantworten, weil ich nicht weiß, ob es tatsächlich Auswirkungen gibt, was die Auswirkungen sind und was Auslöser dieser Auswirkungen ist, denn – ich habe es vorher geschildert – es ist nicht die erste Durchsuchung im BVT, es gab – ich habe mit einem Juristen des BVT gesprochen – in den Jahren 2016 und 2017 zwei weitere Durchsuchungen.

Ich stelle mir halt schon die Frage: Ist es die Ermittlungshandlung, die einen möglichen Vertrauensverlust zu einem Nachrichtendienst nach sich zieht, oder ist es möglicherweise der Vorwurf von Straftaten, der das tut? Ich weiß es nicht. Also ich als Staatsanwalt gehe natürlich davon aus, dass die Tat zu verfolgen ist und dass die Ermittlung der Tat immer notwendig ist, um entsprechend einen gesetzmäßigen Zustand herzustellen.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Ich bin jetzt nicht Spezialist für Strafverfahren, das sage ich offen, habe aber immer so im Hinterkopf die Verpflichtung der Staatsanwaltschaft, nicht nur belastende Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch entlastende Tatsachen zu werten. Und in dieser ganzen Diskussion, die wir bis jetzt gehabt haben, wäre mir nicht im Kleinsten irgendwie aufgefallen, dass sich die ermittelnde Oberstaatsanwältin auch irgendwie um entlastende Tatsachen bemüht hätte. Wie haben Sie das beobachtet?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann man so nicht sagen, denn es ist immer das Ermittlungsverfahren als Ganzes zu sehen. Und Teil dieses Ermittlungsverfahrens sind gewisse Ermittlungshandlungen, die kriminaltaktisch zu einem bestimmten Zeitpunkt zu setzen sind oder gesetzt werden. Wenn ich eine Hausdurchsuchung setze, heißt das ja nicht gleichzeitig, dass diejenigen, gegen die sich diese Durchsuchung richtet, schuldig sind, sondern es knüpfen daran weitere Ermittlungshandlungen an. Und ganz am Schluss, wenn man alle Ermittlungen beendet hat, wird ein Schlussstrich gezogen, dann werden alle belastenden und entlastenden Beweismittel gegenübergestellt, und es wird überprüft, ob eine Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung besteht. Das wird auch in diesem Fall erfolgen.

Wenn ich aber einen ausreichend konkreten Verdacht habe, aufgrund von natürlich belastenden Zeugenaussagen, die eine Ermittlungshandlung notwendig machen, um einem Beweismittelverlust vorzubeugen, dann muss ich diese Ermittlungshandlung setzen.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Können Sie ausschließen, dass Sie in dieser Frage gewissen Manipulationen ausgesetzt waren?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M. (erheitert): Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ausschließen kann man überhaupt nichts. Und rein philosophisch beantwortet: Wenn man einem Staatsanwalt einen Tatverdacht präsentiert, dann wird er immer tätig werden müssen, wenn der ausreichend konkret ist, außer er erkennt sofort, dass Zeugen falsch aussagen, aufgrund seiner beruflichen Erfahrung, aufgrund anderer Ermittlungsergebnisse; ist alles möglich. In diesem Fall – und wir reden auch immer von einer Ex-ante-Betrachtung, ex post kann ich das erst nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens sagen –: Ex ante betrachtet hat es keine Hinweise auf irgendeine Manipulation, auf eine Konstruktion eines Tatverdachtes gegeben. Wir haben das so bewertet, wie wir das immer machen und wie wir bis jetzt auch immer erfolgreich Verfahren geführt haben, und sind eben zu dem Schluss gekommen, dass das stimmig ist und dass daher die Ermittlungsmaßnahme gesetzt werden muss. Wie sich das am Ende des Tages darstellt, nachdem sämtliche Ermittlungsmaßnahmen gesetzt wurden, kann ich jetzt noch nicht beurteilen.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Die Philosophie ist ja ein Steckenpferd des jetzigen Innenministers. (Auskunftsperson Handler: Bitte?) Die Philosophie ist ja ein Steckenpferd des jetzigen Innenministers (Auskunftsperson Handler: Ja!), ein unerfülltes, aber doch.

Ich frage das auch aus einem gewissen Grund, denn es sind da Dinge schon sehr, sehr massiv: Der Generalsekretär interveniert persönlich bei der Staatsanwaltschaft. Ihr eigener Generalsekretär hält das dann in einem schon vorliegenden Vermerk für einen Skandal. Die Zeugen werden sozusagen alle im Beisein oder mit Mitwirkung eines Kabinettsmitarbeiters befragt. Es gibt plötzlich scheinbar keine relevanten Polizeieinheiten mehr, die aufgrund dieses Anscheinsverdachtes in der Lage sind, diese ganzen Dinge ordnungsgemäß abzuwickeln. Die Vorbereitung dieser Durchsuchung, war, wenn man Herrn Wieselthaler glauben mag, absolut dilettantisch, viel zu kurzfristig angesetzt, keine Vorbereitung und so weiter, und so fort.

Und jetzt halte ich Ihnen einen Artikel des heutigen „Kurier“ vor, den Sie sich bitte anschauen möchten. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)Mir drängt sich der Verdacht auf – ich sage das ganz bewusst –, dass das Innenministerium, der Innenminister, der Generalsekretär sehr, sehr bewusst mit Informationen umgegangen sind, das Ganze dann sehr, sehr bewusst weiter betrieben haben, um diese Untersuchung durch Sie durchführen zu lassen, mit mehreren Nebeneffekten, nämlich einerseits, aufzuräumen – was Goldgruber selbst gesagt hat –, und andererseits aber auch, in unglaublich sensible Bereichen einzudringen und Informationen zu bekommen, zu denen sie vielleicht so – und das scheint aus dem Aktenvermerk des Herrn Gridling so hervorzugehen – nicht gekommen sind. Wie schätzen Sie das ein?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das ist jetzt eine sehr lange Frage gewesen; ich habe das jetzt mitgeschrieben.

Also erstens: Eine Intervention des Herrn Generalsekretärs Goldgruber habe ich persönlich nicht wahrgenommen, sondern eine Anzeigeerstattung.

Zweitens: Dass keine Polizeieinheiten für Ermittlungen im Bundesministerium für Inneres zur Verfügung stehen, ist ein Faktum. Das ist eine schwierige Situation, der wir uns gegenübersahen, denn wen soll man tatsächlich letztlich hier heranziehen, wenn alle untereinander in einem Berichtsverhältnis stehen?

Drittens: Die Vorbereitung war aus meiner Sicht nicht dilettantisch. Mich wundert, dass das Herr Direktor Wieselthaler so bezeichnen kann, wo er doch gar nicht dabei war.

Viertens: Der „Kurier“-Artikel ist mir gänzlich neu. Dazu ist nur eines zu sagen: dass die herangezogene Polizeieinheit, und da muss man wirklich ganz genau unterscheiden, den Auftrag hatte, Beweise zu sichern, jedoch nicht zu sichten. Die Sichtung ist ein daran anknüpfender Vorgang, der allein von der Staatsanwaltschaft vorgenommen wird. Es ging um Beweismittelsicherung und es ging überhaupt nicht – so meine Informationen und jedenfalls die Herangehensweise der Staatsanwaltschaft – um die Gewinnung von Erkenntnissen zu irgendwelchen verdeckten Ermittlern in rechtsradikalen Kreisen. Das sehe ich auch heute zum ersten Mal, muss ich Ihnen sagen.

Was haben Sie noch gesagt? Irgendetwas mit dem - - (Abg. Leichtfried: Der Artikel ist von heute!) Ich habe das noch nicht gelesen. Ich habe nicht gewusst, dass ich im Untersuchungsausschuss zum Zeitunglesen auch noch komme.

Sie haben dann noch irgendetwas mit dem Eindringen gesagt. Das habe ich jetzt irgendwie vergessen. War das auch ein Teil der Fragestellung?

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Wir haben vorher über Verhältnismäßigkeit gesprochen. (Auskunftsperson Handler: Okay!) Wir kennen die Entscheidung des Oberlandesgerichts. Nachher ist man immer gescheiter, ja, das gebe ich zu.

Wir haben heute herausgefunden  die Frau Oberstaatsanwältin hat es gesagt –, dass die Idee, eine Hausdurchsuchung zu machen, das erste Mal so um den 21., 22. (Auskunftsperson Handler: 22. würde ich sagen!), am 22. ventiliert wurde.

Wie können Sie sich erklären, dass Herr Goldgruber am 19. mit dem Leiter der Einsatzgruppe gegen Straßenkriminalität das erste Mal darüber redet, dass so etwas anliegt und er sich Gedanken machen möge, was er da tun muss?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich mir nicht erklären, weil Herr Goldgruber in diese Entscheidungsfindung überhaupt nicht einbezogen war.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Ja, ich kann es mir auch nicht erklären, darum frage ich Sie. Denn irgendwie ist das doch eigenartig, oder?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie gesagt, ich kann es mir nicht erklären, weil wir, bevor wir nicht den konkreten Verdacht haben, dass es hier zu einem Datenmissbrauch gekommen sein könnte, natürlich auch nicht eine Notwendigkeit gesehen haben, Sicherstellungen im Wege einer Durchsuchung vorzunehmen.

Warum Herr Goldgruber das am 19. Februar – wenn das richtig ist, was Sie sagen – antizipiert, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich war nicht im Kontakt mit ihm.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Nachtlberger, der Journalrichter, hat auf eine Frage eines Kollegen, ob ihm bewusst war, dass es dort im BVT unglaublich sensible Daten von fremden Nachrichtendiensten und so weiter gibt, gesagt, ja, aber diese Daten waren ja nicht Gegenstand der Sicherung. Die sind aber mitgenommen worden! Wie ist das zu erklären?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na ja, da muss man schon eines sagen: Mitgenommen wurden Datenträger, auf denen sich nie klassifizierte Dokumente befinden hätten dürfen. Da gibt es interne Vorschriften des BVT, die liegen uns mittlerweile im Akt vor. Alles, was wir sichergestellt haben, dürfte keine klassifizierten Dokumente enthalten. Wenn das tatsächlich so der Fall war, dann sind wir mittlerweile im direkten Kontakt mit dem BVT und dann wird das entsprechend abgehandelt. Jedenfalls sind sie bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sicher verwahrt und werden, sofern sie keine Bedeutung für das Verfahren haben, sofort wieder ausgefolgt und gelöscht.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Wie konnte es bei guter Vorbereitung sein, wie Sie sagen, dass eine CD mit der Aufschrift Bundesnachrichtendienst, und was da noch drinnen ist, mitgenommen wurde?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Konkret kann ich Ihnen das nicht sagen, weil ich diese Wahrnehmung nicht hatte, dass die mitgenommen wurde, weil ich ja bei der Hausdurchsuchung nicht anwesend war.

Unsere Erfahrung ist halt, dass man rein von der Beschriftung eines Datenträgers nicht unbedingt davon ausgehen muss, dass es auch mit dem Inhalt des Datenträgers korrespondiert, insbesondere, wenn irgendein Verschleierungsinteresse besteht. Aber den konkreten Fall kann ich natürlich nicht beantworten.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Herr Mag. Handler, Sie haben in Ihrer einleitenden Bemerkung davon gesprochen, dass Sie selbst schon einmal eine Hausdurchsuchung im BVT geleitet haben, und haben jetzt zuvor bei der Beantwortung von Fragen gesagt, dass es 2016 und 2017 Hausdurchsuchungen im BVT gab, und eben heuer, im Jahr 2018. Sind Ihnen weitere Hausdurchsuchungen im BVT bekannt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Sind mir keine weiteren bekannt, nein.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Das heißt, wir sprechen derzeit von drei Hausdurchsuchungen, die Ihnen jetzt bekannt sind?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Die mir bekannt sind, weil ich hier selbst als verfahrensleitender Staatsanwalt anwesend war.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Bei allen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein, nein.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Also nicht heuer, sondern bei den anderen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein. Zwei dieser Durchsuchungen sind von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vorgenommen worden und eine, soweit mir bekannt, von der Staatsanwaltschaft Wien. Da habe ich natürlich keine Wahrnehmungen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich darf Ihnen eine Seite des Stenographischen Protokolls der Befragung von Herrn Mag. Wieselthaler vom 18. September 2018 vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Ich lege Ihnen die Seite 6 vor und ersuche Sie, die dritte Wortmeldung von unten von Herrn Mag. Wieselthaler zu lesen. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Ich darf es vielleicht auch vorlesen, damit wir alle wissen, worum es da geht. Herr Mag. Wieselthaler sagt hier: „Na ja, ich habe es in der einleitenden Stellungnahme gesagt, im staatlichen Bereich führen wir keine Hausdurchsuchungen durch. Wir berufen uns auf die Amtshilfe, weil die Verfassung die Amtshilfe als Pflicht regelt. Aus der erwächst eine disziplinäre oder dienstrechtliche Verpflichtung, Amtshilfe zu leisten.“

So, und jetzt sagen Sie mir, es hat schon Hausdurchsuchungen gegeben. Vom 28. Februar wissen wir alle, weil wir ja deswegen auch unter anderem hier sitzen. Wie erklären Sie sich, dass Herr Mag. Wieselthaler sagt, das gibt es im staatlichen Bereich überhaupt nicht, und Sie sagen, Sie waren selbst schon bei zweien dabei, und von dreien wissen wir jetzt insgesamt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich war bei einer dabei.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Bei einer waren Sie dabei. Aber wir wissen jetzt von dreien.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also ich tue mir ein bissel schwer. Möglicherweise hat er hier gemeint, dass aus Anlass der Hausdurchsuchung die zu Durchsuchenden, also die Inhaber der zu durchsuchenden Räumlichkeiten, aufgefordert wurden, das Gesuchte freiwillig herauszugeben oder Ähnliches.

Aber ich kann nur noch einmal betonen: Das, was ich - - also dort, wo ich dabei war, das war auf Grundlage einer schriftlichen Durchsuchungsanordnung, die gerichtlich bewilligt war. Ich nehme an, dass er hier möglicherweise etwas anderes gemeint hat.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Und die, bei der Sie dabei waren, hat das BAK geleitet. Habe ich das richtig in Erinnerung?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Die habe ich geleitet, aber - -

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Die haben Sie geleitet, aber da war das BAK dabei.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Aber ermittelnde Polizeibehörde war das BAK, ja.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Das ist überhaupt Thema. Diese Amtshilfe war ja dann im Endeffekt auch Thema beim Spruch, der dann die Hausdurchsuchung vom 28.2. für nicht rechtskonform erklärt hat.

Wie stellt sich Amtshilfe eigentlich in der Praxis dar, bei einer Behörde, von der ich vermute, dass zum Beispiel illegale Daten vorrätig sind, wie es ja in diesem Fall auch war? Wie kann man sich das in der Praxis vorstellen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Grundsätzlich funktioniert Amtshilfe so, dass man sich schriftlich an die entsprechende Behörde wendet und um Übergabe, Ausfolgung der entsprechenden benötigten Gegenstände ersucht. In dem Fall, und daher haben wir die Amtshilfe als nicht angemessen erachtet, hätten wir uns aus unserer Sicht an Direktor Gridling wenden müssen, gegen den wir aber einen entsprechenden Tatverdacht hatten.

Das Oberlandesgericht Wien hat aber festgestellt, dass es auch die Möglichkeit gegeben hätte, sich an die übergeordnete Stelle des Herrn Direktor Gridling, an die Generaldirektorin für die öffentliche Sicherheit, zu wenden, die das dann veranlasst hätte. Nur, da muss ich dazusagen, auch das haben wir in Erwägung gezogen, aber aufgrund der Aussage, ich glaube, des Zeugen A. H. (BVT) war für uns klar, dass das BMI nicht direkt auf Daten des BVT zugreifen kann, und daher haben wir letztlich – wie das Oberlandesgericht festgestellt hat: falsch – die Notwendigkeit der Durchsuchung angezogen, wobei die Befangenheit, die mögliche Selbstbelastungsgefahr, würde ich sagen, des Herrn Direktor Gridling nicht der einzige Grund war, sondern – ich glaube, ich habe es in meiner Aussage schon erwähnt – auch die Möglichkeit, dass gerade bei Vorwürfen wie den vorliegenden damit zu rechnen ist, dass private Datenträger sicherzustellen sind, die aus meiner rechtlichen Sicht nicht von einer Amtshilfeverpflichtung umfasst sein können.

Und letztlich, muss man ja auch sagen, hat einer der höchsten Beamten des Bundesministeriums für Inneres Anzeige erstattet, wo möglicherweise auch zu erwarten gewesen wäre, dass der sich sofort bereit erklärt, alle diese Daten von sich aus beizuschaffen. Also sind wir auch davon ausgegangen – vielleicht war das ein falscher Schluss, ich weiß es nicht –, dass der das auch nicht kann.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich möchte da gleich darauf einsteigen, weil Sie gesagt haben: Als Anzeiger ist einer der höchsten Beamten der Republik aufgetreten. Haben Sie bei dem Gespräch mit Herrn Generalsekretär Goldgruber, bei dem Sie dabei waren, das Vorbringen von Herrn Goldgruber dort als Anzeige wahrgenommen? Also ist der Schluss zulässig, dass man sagt, er ist da als Anzeiger aufgetreten?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich sage das immer wieder: Es ist schwierig. Als Staatsanwalt ist man nicht irgendeine Person, sondern man ist Staatsanwalt, und wenn jetzt jemand kommt und strafrechtlich relevante Sachverhalte schildert, dann kann er das halt nicht als Privater gegenüber einem Privaten machen, sondern dann macht er das gegenüber mir oder Frau Mag. Schmudermayer als Amtsperson, und dann ist das aus meiner Sicht als Anzeige zu werten – und in dem Fall auch besonders, weil es ja nicht nur dieses Konvolut war, sondern auch eine Zusammenfassung der darin enthaltenen Vorwürfe, sodass ich und, ich nehme an, auch Frau Mag. Schmudermayer eindeutig daraus entnommen haben, dass hier ein Anzeigewille vorliegt.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Da haben wir heute am Vormittag von Frau Mag. Schmudermayer gehört: Diese Vorwürfe waren ja der WKStA bekannt; sie haben ja da schon länger ermittelt, das war ja jetzt nicht wirklich etwas Neues, was da gekommen ist. Angenommen, Sie hätten das zu dem Zeitpunkt noch nicht gewusst und Herr Mag. Goldgruber hätte Ihnen da jetzt etwas völlig Neues präsentiert, und Sie prüfen das und kommen drauf: Na ja, da könnte etwas dahinter sein!, wie schaut das jetzt eigentlich rechtlich aus? Hat er als Beamter in diesem Fall eigentlich eine Anzeigepflicht? Muss er das zur Anzeige bringen oder würde es einfach genügen, wenn ich das in einen Umschlag packe und sage: Ich schicke euch das rüber, schaut euch das einmal an!

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie er seiner Anzeigepflicht nachkommt, ob er uns das schickt oder persönlich überbringt oder sonst wie, das ist uns eigentlich egal. Dass diese Anzeigepflicht nach § 78 StPO besteht, ist eine gesetzlich geregelte Tatsache. Wie gesagt, wir haben zum damaligen Zeitpunkt aber auch noch gar nicht feststellen können, ob das, was er uns übergeben hat, tatsächlich mit dem übereinstimmt, was wir hatten. Dazu war wohl die Zeit zu kurz; das haben wir erst nachträglich festgestellt. Nichtsdestotrotz wurde es von uns als Anzeige gewertet.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Und würde es einen Unterschied machen – ich meine, jetzt sagen Sie, das war einer der höchsten Beamten –, wenn das jemand bringt, der kein Beamter ist? Oder ist das der WKStA in dem Fall egal? Ich meine, ich weiß schon, Sie sehen das jetzt rein aus juristischer Sicht. (Auskunftsperson Handler: Ja!) Ich möchte darauf hinaus, ob das irgendeinen Eindruck auf einen Richter, auf einen Staatsanwalt, auf die WKStA macht, ob da jetzt der Generalsekretär Goldgruber aus dem BMI kommt oder ob das Maxi Müller ist, der zufällig irgendeine Wahrnehmung hat und sagt, das muss ich jetzt einem Staatsanwalt erzählen. Das interessiert mich einfach. Sehen Sie da einen Wahrnehmungsunterschied?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na ja, das ist relativ leicht zu beantworten, weil wir ja dieses Konvolut ursprünglich anonym übermittelt bekommen haben und auch aufgrund des anonym übermittelten Konvoluts eine Handlungsverpflichtung, eine Aufklärungsverpflichtung gesehen haben. Dass uns das gleiche Konvolut dann von Herrn Generalsekretär Goldgruber überbracht wurde, war für uns nicht unbedingt etwas Außergewöhnliches, weil er uns das entsprechend geschildert hat – nämlich dass er von Rechtsanwalt Dr. Lansky darauf aufmerksam gemacht wurde, dieses Konvolut in die Hände bekommen hat und offensichtlich seiner Anzeigeverpflichtung nachgekommen ist. Also insofern hat das für uns eigentlich keinen Unterschied gemacht.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Mag. Goldgruber hat, das wird auch dann im Aktenvermerk vom 19.1.2018 so festgehalten, im Zuge dieses Gespräches gesagt: Das BMI ist so korrupt wie noch nie. Haben Sie das hinterfragt, was er damit meint?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wir haben nichts hinterfragt, weil wir allgemein gesprochen haben. Ich – Frau Mag. Schmudermayer, weiß ich nicht – habe das eben auf die Inhalte dieses Konvoluts bezogen. Eine Zeugenaussage des Herrn Goldgruber war das nicht und daher auch für uns nicht von Bedeutung, sondern von Bedeutung war der Inhalt des Konvoluts, das Wissen, das wir schon hatten, und letztlich die Aussagen der Zeugen, die bei uns ausgesagt haben.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Frau Mag. Schmudermayer hat es heute schon bestätigt, Sie haben es heute auch schon gesagt: Die erste Zeugin, Frau R. P. (BVT), hat den Eindruck gemacht, dass sie unter Druck gestanden ist, dass sie irgendwie in einer Angstsituation war. War das für Sie etwas Außergewöhnliches oder kommt das öfters vor, dass Leute, die bei Ihnen aussagen, in einer Angstsituation sind? Oder: Hat das für Sie den Eindruck erweckt, dass die Aussage vielleicht in irgendeiner Form unter Druck zustande gekommen ist, oder war das dem Umstand dieser außergewöhnlichen Situation geschuldet? Man sagt ja auch nicht jeden Tag vor der Staatsanwaltschaft aus.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe schon vorher versucht, das zu beantworten. Ich hatte jetzt ehrlich gesagt nicht den Eindruck, dass sie sonderlich verängstigt war. Sie hat aber darauf bestanden, dass man ihre persönlichen Daten irgendwie geheim halten möge. Warum das so war, an das kann ich mich jetzt letztlich nicht erinnern. Sie hat möglicherweise Angst vor Repressalien von den Leuten, die sie in ihrer Zeugenaussage nennt, gehabt. Das ist ja grundsätzlich auch nichts Außergewöhnliches. Letztlich spielt es aber auch keine große Rolle, ob jemand Angst hat oder nicht, die entscheidende Frage für uns ist nämlich die: Sagt jemand richtig oder falsch aus? Wenn ich keine Hinweise auf eine Falschaussage habe, dann ist der Gemütszustand eines Zeugen relativ unbeachtlich, weil natürlich auch jeder in so einer Situation anders reagiert.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Es ist heute schon angesprochen worden: Sie kam ja mit einer Vertrauensperson, mit Herrn Dr. Lett, zu diesem Gespräch. Sie waren anwesend. Können Sie uns die Situation dieser Befragung schildern? Gar nicht so sehr den Inhalt, denn das haben wir alle gelesen, sondern: Wo saß Dr. Lett? Hatten Sie den Eindruck, dass Herr Dr. Lett im Zuge der Befragung Einfluss auf die Zeugin genommen hat? Wäre das überhaupt möglich gewesen? Wie kann man sich diese Befragungssituation vorstellen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also die Befragung, wie ich mich erinnern kann, war so, dass Frau R. P. (BVT) direkt vor uns gesessen ist und Herr Dr. Lett in einem gewissen Abstand rechts daneben. Eine Einflussnahme haben wir nicht wahrgenommen. Wäre das der Fall gewesen, hätten wir Herrn Dr. Lett relativ rasch aus dem Vernehmungszimmer entfernt.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Als Sie sich im Zuge des Verfahrens Richtung Hausdurchsuchung bewegt haben, war da eigentlich irgendwann einmal die Frage auf der Agenda, dass es sich um klassifizierte Informationen handeln könnte, die da im Zuge der Hausdurchsuchung beschlagnahmt werden können? Und hat man sich da im Vorfeld überlegt, wie man dann, wenn man dort Daten beschlagnahmt, mit dem Ganzen umgeht, beziehungsweise hat es eine Rolle gespielt, dass es klassifizierte Informationen sind, die da zur Beschlagnahmung kommen können?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also soweit mir bekannt ist, haben wir sehr wohl mit sensiblen Daten gerechnet, die sichergestellt werden können – grundsätzlich nicht mit klassifizierten Daten, weil sich die, wie ich schon gesagt habe, auf diesen Datenträgern, die wir aus den Büros mitgenommen haben, eigentlich nicht hätten befinden dürfen, es wurden aber von vornherein aufgrund dieser Sicherstellung von Daten in einem Nachrichtendienst entsprechende Vorkehrungen getroffen, um die Sicherheit dieser Daten zu gewährleisten. Und es ist, muss ich auch sagen, bis jetzt auch nicht auf irgendeine Art und Weise moniert worden, dass Daten verloren gegangen wären, dass die Sicherheit nicht gegeben gewesen wäre, dass irgendetwas nicht entsprechend rückausgefolgt worden wäre, dass Daten von unserer Seite vernichtet worden wären. All das ist von Seiten des BVT noch nicht gekommen. Daher gehe ich davon aus, dass unsere Vorgehensweise gut vorbereitet und richtig durchgeführt war.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Dazu habe ich eine technische Frage an Sie.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage, bitte.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Eine ganz kurze Nachfrage: Gibt es eigentlich so etwas wie Leitlinien oder Richtlinien, wie man mit einer solchen Datensicherung umgeht? Ist das irgendwo festgeschrieben?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Unsere IT-Experten haben Leitlinien für ein forensisch korrektes Vorgehen bei der Datensicherung, und ich kann Ihnen nur sagen, sie gehen immer gleich vor; auch im BVT ist gleich vorgegangen worden. Das heißt, man schaut, dass man Personen von den Geräten wegbekommt, denn Sie müssen sich vorstellen, wenn heutzutage jemand mit einer entsprechenden Verschlüsselung seinen Laptop zuklappt und es tritt dieser Verschlüsselungsvorgang ein, dann kann ich auf diese Daten nie wieder zugreifen.

Es ist auch ganz üblich, bei Mobilgeräten den Flugmodus zu aktivieren, damit eben niemand von außen zugreifen kann. Nach diesen Vorgaben ist auch vorgegangen worden, wobei ich sagen muss: Es war im BVT ein Experte von unserer Behörde anwesend, aber noch weitere Experten von der Steuerfahndung, und die sind grundsätzlich, und davon sind wir ausgegangen, in solchen Datensicherungsvorgängen auch entsprechend geschult, weil die das auch häufig machen und entsprechende Ermittlungsverfahren führen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Mag. Handler! Ich komme zurück zu den Zeugen, weil die schließlich mit ihren Aussagen die Basis für die Hausdurchsuchungsanordnungen geliefert haben.

Wann erfuhren Sie, dass sich die Zeugen, bevor sie zur WKStA geschickt wurden, ein bis zwei Mal zu informellen Vorgesprächen mit Dr. Lett getroffen haben?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich glaube, ich habe das letztlich den Medien entnommen, oder aus einer Anfragebeantwortung. Ich weiß es nicht mehr genau.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es wurde uns nämlich vonseiten des Innenministers in der Beantwortung der Dringlichen Anfrage in der Sondersitzung im September geantwortet, dass Sie, die WKStA, am 20. Februar davon erfahren hätten, das heißt, vor den Einvernahmen bei der Staatsanwaltschaft.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also ich habe dazu keine Wahrnehmungen. Ich habe davon nicht erfahren, sondern uns wurde am 20. oder 21. Februar gesagt, dass eine Zeugin bereit wäre, auszusagen, und daraufhin wurde mit dieser Zeugin ein entsprechender Termin vereinbart. Dass es da aber im Vorfeld irgendwelche Besprechungen gegeben hätte, das hat man zumindest mir nicht gesagt. Ich habe darüber keine Wahrnehmungen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ändert das Ihre Einschätzung bezüglich der Tatsache, dass Sie die Vertrauensperson Lett zugelassen haben?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: So eine ähnliche Frage wurde bereits gestellt. Es ist halt alles recht hypothetisch, weil ich natürlich nicht genau weiß, worüber im Vorfeld gesprochen wurde, ob das ein Gespräch war, das auf die Manipulation des Zeugen abgezielt hat, ob man dem Zeugen unter Androhung irgendwelcher Repressalien sozusagen die Unwahrheit aufs Auge gedrückt hat oder Ähnliches. Daher kann ich das schwer beantworten.

Wenn es tatsächlich Manipulationen des Zeugen oder Hinweise auf solche Manipulationen gegeben hätte, die den Zeugen daran gehindert hätten, frei und vollständig auszusagen, wie es im § 160[5] geregelt gewesen wäre – ich spreche jetzt auch im Konjunktiv –, dann wäre die Vertrauensperson auszuschließen gewesen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wären die Aussagen, die Sie bis dahin gehört hatten, zum Beispiel von Generalsekretär Goldgruber, dass er den Auftrag hätte, im BMI aufzuräumen, nicht schon Indiz genug gewesen, dass man aufgrund der Kenntnis von solchen Vorgesprächen § 160 - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also das war für uns kein konkreter Hinweis darauf, dass irgendeine Zeugenbeeinflussung stattgefunden hätte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Zur Auswahl der Zeugen, § 3 StPO, Objektivitätsgrundsatz (Auskunftsperson Handler: Ja!):

Sie haben auf Basis der Zeugenaussagen, der Aussagen der Zeugen, die von Dr. Lett zu Ihnen gebracht wurden, entschieden, die Hausdurchsuchung vorzunehmen. Teil dieser Anschuldigungen der Zeugen war ja auch, Herrn Gridling zu belasten und dadurch die Amtshilfe zu verunmöglichen. Hätten Sie diesen Aussagen nicht geglaubt, wäre die Amtshilfe möglich gewesen? Sehe ich das richtig?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe schon versucht, das irgendwie darzulegen. Es hat mehrere Gründe gegeben, warum wir uns gegen die Amtshilfe entschieden haben. Ein Grund davon war der Beschuldigtenstatus des Herrn Direktor Gridling, aber es war nicht der einzige Grund. Wie gesagt, das war eine rechtliche Beurteilung, die wir getroffen haben und die im Zuge der Überprüfung durch das Oberlandesgericht Wien als falsch beurteilt wurde.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Frau Staatsanwältin Schmudermayer hat für mich in einem Zirkelschluss argumentiert, nämlich: Man konnte die Aussagen der Zeugen nicht durch weitere Einvernahmen verifizieren, weil aufgrund der Zeugenaussagen Gefahr in Verzug bestanden hat. Das heißt, dadurch dass man ihnen völlig, ohne Falsifizierungs- beziehungsweise Verifizierungsbemühungen, geglaubt hat, war Gefahr in Verzug, und deswegen konnte man nicht mehr falsifizieren und verifizieren. Sehen Sie da auch einen Zirkelschluss?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich sehe da keinen Zirkelschluss. Der von Ihnen angesprochene Objektivitätsgrundsatz des § 3 StPO bezieht sich natürlich auf das gesamte Ermittlungsverfahren, wobei innerhalb des Ermittlungsverfahrens zu entscheiden ist, welche Ermittlungsmaßnahmen wann kriminaltaktisch sinnvoll zu setzen sind. Das heißt, wenn ich einen Verdacht auf Datenmissbrauch habe und den konkreten Hinweis, dass es möglicherweise zu Löschungen kommen könnte, dann muss ich diese Beweismittel sichern.

Letztlich, ganz am Schluss des Ermittlungsverfahrens, muss ich sämtliche Beweismittel erhoben haben, muss sie einander gegenüberstellen und dann unter Anwendung des Objektivitätsgrundsatzes eine entsprechende Schlussfolgerung ziehen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben jetzt gerade selbst mit der Fernlöschung argumentiert. Wurden A. H.s (BVT) Angaben zur Fernlöschung kritisch hinterfragt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, die wurden hinterfragt. Wir haben entsprechende IT-Experten in der WKStA, die das bestätigt haben. Und meine persönliche Meinung, obwohl ich kein Spezialist bin: Mich würde es schon sehr wundern, wenn ein Nachrichtendienst keine Fernlöschungsmöglichkeiten hätte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es gibt eine Notiz, ich kann sie vorlegen, aber es ist jetzt inhaltlich nicht so relevant, in der Herr A. H. (BVT) in einem Dokument erklärt, wie die IT-Landschaft im BVT aufgestellt ist.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Mhm, eine Erkundigung, die da von unserem IT-Experten eingeholt wurde.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Genau! Warum wurde er abseits einer Zeugeneinvernahme dazu befragt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das ist auch ein grundsätzlich üblicher Vorgang, aber darüber kann man natürlich diskutieren. Da ging es nicht um die Sache selbst, sondern um die Grundlage für weitere Maßnahmen, und unser IT-Experte hat sich im Wege einer Erkundigung seine Informationen geholt. Natürlich hätte man Herrn A. H. (BVT) dazu auch als Zeugen vernehmen können, wir sind aber nicht davon ausgegangen, dass da irgendetwas daran falsch ist.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum nicht?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Weil er ja auch zu anderen Themen als Zeuge vernommen wurde und uns dabei einen sehr wahrheitsgetreuen Eindruck vermittelt hat.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum haben Sie nicht falsifiziert oder verifiziert, was er sagt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Schauen Sie, diesen Vermerk, den der IT-Experte von sich aus getätigt hat, habe ich dann im Nachhinein zu Gesicht bekommen. Das ist aber auch ein üblicher Vorgang, im Vorhinein abzuklären, was für Möglichkeiten des Beweismittelverlusts bestehen, und wenn es sich um derartige IT-Themen, Datenthemen handelt, dann ist unser IT-Experte der richtige Ansprechpartner dafür.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Staatsanwältin Schmudermayer meinte aber, A. H. (BVT) sei nicht IT-Experte, sondern primär für Telefonangelegenheiten zuständig. (Auskunftsperson Handler: Entschuldigung, jetzt habe ich Sie akustisch nicht verstanden!) Staatsanwältin Schmudermayer meinte, A. H. (BVT) sei nicht primär für IT-, sondern für Telefonangelegenheiten zuständig.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Aha. Also ich habe das so wahrgenommen, als wäre er ein IT-Experte im BVT.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich darf Ihnen aus dem Tagebuch Seite 33 vorhalten. Das ist eine Besprechung zwischen Ihnen und Staatsanwältin Schmudermayer, auf die schon referenziert wurde, aber noch nicht genug auf den einen Satz.  Da ist eben nach der Einvernahme von Herrn M. W. (BVT) von Ihrer Seite die Beurteilung vorgenommen worden, dass die angedachten Maßnahmen – Hausdurchsuchung, Telefonüberwachung und Festnahme – nicht ohne ausreichenden Tatverdacht angeordnet werden und dass dieser eben nach der Einvernahme M. W. (BVT) noch nicht gegeben ist. Dann folgt der Satz: „Dem von Dr. Lett aufgebaute Zeitdruck [...] wird jedenfalls nicht nachgegeben“. – Können Sie zu dem Zeitdruck etwas sagen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kann das nicht mehr hundertprozentig nachvollziehen, weil ich nicht weiß, was in diesem Vermerk jetzt von mir stammt und was Frau Kollegin Schmudermayer in dieser Besprechung eingebracht hat. Jedenfalls war es aus meiner Sicht so, dass möglicherweise – ich kann mich nicht mehr erinnern – über Hausdurchsuchungen, Telefonüberwachungen und Festnahmen gesprochen wurde, wobei aber von unserer Seite die Telefonüberwachung und die Festnahme quasi von vornherein ausgeschlossen wurden, weil dafür im Gegensatz zu einer Durchsuchung ein dringender Tatverdacht benötigt wurde, der aus unserer Sicht, abgesehen von Verhältnismäßigkeitsüberlegungen, nicht gegeben war.

Von wem jetzt diese Sachen – Telefonüberwachung und Festnahme – eingebracht wurden, weiß ich nicht mehr. Hat das Frau Mag. Schmudermayer von Herrn Dr. Lett mit auf den Weg bekommen oder hat sie das selbst eingebracht? – Ich weiß es nicht. Jedenfalls war meine Aussage ganz klar, man braucht, egal für welche Maßnahme, die man setzen wird, einen ausreichenden Tatverdacht, der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht gegeben war.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, Sie halten es für möglich, dass Staatsanwältin Schmudermayer von Dr. Lett mögliche Maßnahmen – Hausdurchsuchung, Telefonüberwachung und Festnahme – mit auf den Weg bekommen hat. – Das haben Sie gesagt.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kann das nicht ausschließen, um mit den vorigen Worten zu sprechen. Dass hier so etwas geäußert worden sein könnte, ist durchaus möglich, ja, aber letztlich war es rein die Bewertung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Jeder kann irgendetwas fordern, aber welche Ermittlungsmaßnahmen gesetzt werden, ist letztlich rein unsere Entscheidung gewesen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt: Sie halten es für möglich, dass ein Kabinettsmitarbeiter Vorschläge, was die StA für Maßnahmen setzt, in der Besprechung getätigt hat?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es ist durchaus möglich, dass jemand so etwas äußert, aber wie gesagt, ich kann auch hier nur im Konjunktiv reden, weil ich nicht weiß, was tatsächlich gesagt wurde.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ist es ein unüblicher Zustand, dass ein Kabinettsmitarbeiter erstens bei einer Besprechung dabei ist und zweitens solche Vorschläge tätigt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na, bei dieser Besprechung war Herr Lett nicht dabei, um 8.20 Uhr.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nein, aber in einer Besprechung, wo er die Staatsanwältin - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Dass sich jemand mit Staatsanwälten bespricht - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ein Kabinettsmitarbeiter?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich selber habe mich noch mit keinem Kabinettsmitarbeiter besprochen, ich habe auch mit Herrn Dr. Lett nicht gesprochen. Ein üblicher Vorgang ist es wahrscheinlich nicht, aber es ist auch kein üblicher Sachverhalt, der hier Gegenstand des Strafverfahrens ist.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Im vorletzten Absatz wird noch geschrieben: „Dem von Dr. Lett aufgebaute Zeitdruck (falls kein baldiges Einschreiten erfolgt, sollen nächste Woche Suspendierungen erfolgen) wird jedenfalls nicht nachgegeben“. (Auskunftsperson Handler: Mhm.) – Da die Entscheidung über die Suspendierungen nicht in der Kompetenz der Staatsanwaltschaft liegt, nehme ich an, dass der Zeitdruck hinsichtlich des baldigen Einschreitens bestanden hat.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Eine Suspendierung ist eine dienstrechtliche Maßnahme, mit der wir grundsätzlich nichts zu tun haben. Dass möglicherweise Suspendierungen Auswirkungen auf das Bekanntwerden eines Tatverdachts haben, will ich gar nicht von der Hand weisen, aber ich persönlich habe, wie gesagt, von Dr. Lett diese Möglichkeit von Suspendierungen in der kommenden Woche nicht persönlich wahrgenommen.

Möglicherweise hat mir das Frau Mag. Schmudermayer so mitgeteilt, aber man muss auch den zweiten Halbsatz lesen: „wenngleich unabhängig davon im Hinblick auf die Beweisvernichtung [...] ein rasches Vorgehen sinnvoll erscheint.“

Das heißt, uns war es wichtig, einen ausreichenden Tatverdacht zu haben und dann entsprechende Maßnahmen zu setzen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das bringt mich zu Ihrem E-Mail vom 23.2., auf das schon referenziert wurde, nämlich mit dem letzten Satz: „Irgendwelche Schnellschüsse über Zuruf gibt es nicht.“ (Auskunftsperson Handler: Mhm!) Sie meinten, der Zurufer war IT-Experte A. H. (BVT)?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich weiß nicht mehr genau, auf was ich mich hier bezogen habe. Ich glaube, dass es der IT-Experte A. H. (BVT) war, aber wie gesagt, im Zusammenhalt mit dem zuvor von Ihnen zitierten AV können es auch Sachen sein, die möglicherweise Herr Dr. Lett gegenüber Mag. Schmudermayer geäußert hat  aber das weiß ich nicht mehr.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, das ist sehr gut möglich, weil Herr A. H. (BVT) erst um 12 Uhr einvernommen wurde und das E-Mail von 10.52 Uhr ist. Also war es vielleicht doch jemand anderer.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Okay, gut. Dann hat mir möglicherweise Frau Kollegin Schmudermayer etwas mitgeteilt, was offensichtlich im Raum gestanden ist, und ich habe darauf hingewiesen, dass wir für jegliche Maßnahmen einen ausreichenden Tatverdacht brauchen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie halten es für möglich, dass es Dr. Lett war, der da zurufend war?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es hat einen Kontakt zwischen Schmudermayer und Lett gegeben, ja, aber den genauen Inhalt des Austausches kenne ich nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann komme ich zur Wahl des Herrn Preiszler und der EGS als einschreitende Einheit.

Es war eine Dienstbesprechung vom 12. März. Der Staatsanwältin scheint wichtig festzustellen: „Die politische Herkunft von PREISZLER war nicht bekannt.“

Wann haben Sie erfahren, dass die Einheit von Herrn Preiszler eingesetzt werden soll?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Am 27.2. im Zuge dieser Einsatzbesprechung, die ja auch entsprechend festgehalten wurde.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): War Ihnen die politische Herkunft von Preiszler bekannt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass ich als Staatsanwalt je eine Amtshandlung mit der EGS durchgeführt hätte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich möchte noch zum Objektivitätsgrundsatz und zur Frage, welche Zeugen einvernommen wurden, kommen.

Es hat sich auch eine T. S. (BVT) bei Staatsanwältin Schmudermayer gemeldet (Auskunftsperson Handler: Das weiß ich nicht!) und sich zuerst bereit erklärt, auszusagen, und dann, wiederum angerufen, hat sie angegeben, dass sie den Vernehmungstermin nicht wahrnehmen will.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Können Sie mir sagen, worauf Sie sich da beziehen?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das ist im Tagebuch, Seite 72. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Inwiefern ist es mit den StPO-Grundsätzen vereinbar, eine Zeugin, nur weil sie nicht will, dann doch nicht einzuvernehmen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Können Sie mir bitte genau sagen, wo das ist? (Ruf: 72!) – 72! Ich bin auf 71, Entschuldigung. (Abg. Krisper: Ja, ganz oben!)

Ich kann Ihnen das nicht beantworten, weil ich von diesem Telefonat keine Kenntnis habe.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nein, aber inwiefern ist es mit den Grundsätzen der StPO vereinbar?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na ja, grundsätzlich hat ein Zeuge, der Wahrnehmungen zu dieser Sache gemacht hat, auszusagen. Wir tun uns nur schwer, wenn wir nicht wissen, ob dieser Zeuge Wahrnehmungen zum konkreten Tatverdacht hat. Dann können wir den auch nicht unter Androhung von Zwangsmitteln entsprechend laden.

Also offensichtlich hat hier eine Frau T. S. (BVT) angerufen und gesagt, sie will etwas sagen, wobei: Ich kann hier nicht herauslesen, zu welchem Thema. Wenn sie dann sagt, sie will doch nichts sagen, dann können wir sie von uns aus schwer laden, weil wir bei jeder Ladung ein entsprechendes Thema anführen müssen. Wenn wir das nicht wissen, dann ist die Zeugin, wie gesagt, für uns nicht allzu viel wert.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke sehr.

*****

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Es war ja damals schon klar, dass es politisch eine wirklich sehr heikle Sache ist, und es war auch klar, dass gewisse Ermittlungsbehörden nicht zur Verfügung gestellt werden können, wie zum Beispiel eben das BAK, weil es da eine mögliche Befangenheit oder eine mögliche Vereitelung des Ermittlungserfolges geben könnte.

Jetzt ist es eine politisch heikle Sache, und wir haben einen Anzeiger aus dem BMI. Dr. Lett, der ebenfalls vom BMI ist, stellt vier Zeugen zur Verfügung, die auch einvernommen werden, und Goldgruber, Generalsekretär im BMI, stellt sogar die einschreitende Einheit zur Verfügung.

Warum wurde diese einschreitende Einheit, die EGS, nicht zumindest gegoogelt oder irgendwie geprüft, um zu schauen, ob es mögliche politische Verbindungen gibt, die vielleicht nicht gerade vorteilhaft wären? Es ist ja eine politisch brisante Angelegenheit.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also ich möchte nochmals sagen, es sind keine vier Zeugen zur Verfügung gestellt worden, sondern es ist eine Zeugin genannt worden, die weitere Namen von Zeugen genannt hat, die dann im Anschluss vernommen worden sind. Das möchte ich einmal insofern hier betonen.

Zweitens: Die Agenda, die die EGS oder Herr Preiszler hatten, war sehr eingeschränkt, nämlich nur dahin gehend, die Exekutivgewalt sicherzustellen und die Sicherung von Beweismitteln manipulativ zu begleiten.

Das heißt, es gab überhaupt keinen Grund – weil keine Ermittlungstätigkeit dieser Polizeieinheit irgendwann im Raum gestanden ist –, dieser Polizeieinheit irgendein Misstrauen entgegenzubringen. Wir wollten eine Gruppe haben, die rasch unter den Prämissen der Geheimhaltung und möglichst zielgerichtet vorgehen kann, und, wie gesagt, die Sichtung der Beweismittel war nicht Aufgabe der EGS.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Jetzt vielleicht kurz wieder zurück zu diesem dringenden Tatverdacht. Bevor der letzte Zeuge einvernommen wurde, Herr C. M. (BVT), war ja noch nicht klar, dass es einen dringenden Tatverdacht gibt.

Jetzt ist die Frage: Was wurde Ihnen von der Aussage des Herrn C. M. (BVT) berichtet – Sie haben ihn ja nicht selbst vernommen, Sie waren da nicht anwesend –, das so entscheidend war, dass es den Tatverdacht begründet hat?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also erstens einmal ist für eine Durchsuchung kein dringender Tatverdacht notwendig, sondern ein konkreter – also ein konkreter Tatverdacht. Ich war bei der Vernehmung des Herrn C. M. (BVT) nicht anwesend, habe aber im Anschluss gemeinsam mit Kollegin Schmudermayer den Tatverdacht beurteilt. Der ging in Richtung des in der Anordnung formulierten Tatverdachtes. Der wurde von uns entsprechend formuliert, entsprechend subsumiert und letztlich auch vom Oberlandesgericht Wien für zutreffend erachtet. Daher habe ich – auch im Nachhinein jetzt – keine Probleme mit der Annahme dieses Tatverdachts gehabt.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Können Sie mir nur sagen, was das konkret war?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich Ihnen jetzt konkret nicht mehr sagen. Dazu müsste ich mir die Aussage von Herrn C. M. (BVT) wieder durchlesen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Die Staatsanwältin hat heute in der Früh gesagt, dass es für sie entscheidend war, schnell einzuschreiten und auch schnell eine Hausdurchsuchung durchzuführen. Jetzt hat sie diese Schnelligkeit damit begründet, dass Herr A. H. (BVT) ausgesagt hat, dass die Möglichkeit einer Fernlöschung besteht. Die Möglichkeit der Fernlöschung war kein Thema in der Aussage von C. M. (BVT), das heißt, bereits nach der dritten Zeugenaussage war klar, oder für Sie zumindest damals klar, man müsse schnell einschreiten. Warum hat man dann trotzdem auf die Aussage von C. M. (BVT) gewartet?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe das schon zu erklären versucht. Wir haben zwar am 23.2. die Gefahr eines Beweismittelverlusts gehabt, aber noch keinen ausreichend konkreten Tatverdacht. Der wurde von uns erst nach der Vernehmung C. M.s (BVT) bejaht, und ich brauche beides – den konkreten Tatverdacht und die Notwendigkeit der Sicherstellung von Beweismitteln, nämlich kumulativ –, um hier entsprechend agieren zu können.

Ich kann nicht alleine deswegen eine Durchsuchung vornehmen, weil ich einen Beweismittelverlust befürchte, und ich kann auch nicht aufgrund eines konkreten Tatverdachts eine Durchsuchung vornehmen, die nicht notwendig ist, um Beweismittel zu sichern. Erst ab dem 26.2. war beides für uns gegeben.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Nach Durchsicht der Zeugenaussage von C. M. (BVT) erschließt es sich mir einfach nicht, was da an konkreten Verdachtsmomenten zusätzlich da war, um den Tatverdacht ausreichend konkret werden zu lassen – aber ja, ich kriege wahrscheinlich keine Antwort darauf.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das war auch keine Frage, glaube ich, oder? (Allgemeine Heiterkeit.)

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Nein, das war eine Feststellung. – Danke.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Oberstaatsanwalt, Sie haben, glaube ich, schon mehrfach gesagt, dass Amtshilfe nicht in Frage kam, weil Gridling sozusagen Beschuldigter war. Ich meine, ich will uns beiden die Zitierung ersparen, aber das Oberlandesgericht Wien sieht das ja völlig anders. Es sagt, das wäre natürlich selbstverständlich möglich gewesen, und sagt auch, dass die WKStA nicht plausibel darlegen konnte, warum man es nicht gemacht hat. Ich will das nur der Ordnung halber fürs Protokoll festhalten.

Sagen Sie, wann wurde die Einbeziehung von zusätzlichen IT-Experten in der WKStA thematisiert? Denn Sie haben ja gesagt, Sie haben selber IT-Experten im Haus. Wann wurde das thematisiert?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich möchte nur ganz grundsätzlich zu Ihrem Einleitungssatz sagen: Es stimmt, dass die WKStA die Amtshilfe als nicht anwendbar angesehen hat. Die Beschwerde richtet sich aber gegen den Bewilligungsbeschluss des entsprechenden Richters, der dieser Rechtsmeinung gefolgt ist.

Das heißt, es war grundsätzlich trotzdem eine gerichtlich bewilligte Anordnung, die hier vollzogen wurde, wo im Nachhinein festgestellt wurde, dass sie nicht hätte bewilligt werden dürfen. Erstmalig – und ich hoffe, dass ich mich da richtig erinnere – war die Möglichkeit einer Durchsuchung und die Beiziehung weiterer IT-Fachkräfte meines Erachtens nach der Einvernahme des Zeugen M. W. (BVT) am Tapet, weil wir das Problem hatten, dass wir in der WKStA grundsätzlich insgesamt drei IT-Experten zur Verfügung haben, wobei zwei zu diesem Zeitpunkt nicht greifbar waren – einer war, glaube ich, in Karenz und der andere auch, oder im Urlaub, ich weiß es nicht. Es war jedenfalls ein eigener IT-Experte anwesend, und es sind damals mehrere Möglichkeiten durchdiskutiert worden, soweit ich mich erinnern kann.

Ich weiß jetzt nicht fix, ob das am 22.2. war oder danach. Es sind mehrere Möglichkeiten diskutiert worden, wen man für diese Beweissicherungsmaßnahmen als IT-Unterstützung heranziehen könnte.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ein EGS-Beamter, der auch an einer Besprechung in der WKStA teilnahm, berichtet, dass eine Staatsanwältin die Beiziehung deutscher IT-Forensiker geplant habe. Ist Ihnen bekannt, welche IT-Experten aus Deutschland da hätten beigezogen werden sollen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es war kurz davon die Rede, dass man die Forensik-Abteilung von PWC – die hat uns, glaube ich, einmal diese Dienste angeboten, der Justiz an sich – heranzieht. Da wurde gesagt, die können acht Leute stellen, wobei fünf aus Österreich kommen, ich glaube, zwei aus Deutschland und einer aus sonstwo.

Das wurde kurz angedacht, aber ist letztlich auch nicht zustande gekommen, und selbst wenn: Sie sprechen wahrscheinlich an, dass man möglicherweise deutsche IT-Forensiker im sensiblen Bereich des Nachrichtendienstes hätte tätig werden lassen. Also das schließe ich aus meiner Sicht aus. Es waren tatsächlich fünf Österreicher. Wir hatten ja Hausdurchsuchungen auch an anderen Stellen, die hätte man dann entsprechend eingesetzt. Aber natürlich tue ich mir jetzt auch leicht, jetzt rede ich ex post. Letztlich ist es zu dieser Bestellung von PWC nicht gekommen, sondern wir haben die Steuerfahndung und einen privaten IT-Sachverständigen herangezogen, der in den vergangenen Jahren in der Justiz sehr häufig tätig war.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Aber Sie wissen, dass PWC gefragt wurde.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wurden gefragt, ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Und haben das abgelehnt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Die haben das letztlich abgelehnt, ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Welche IT-Forensiker wurden jetzt mit der Sicherstellung beauftragt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Die Sicherstellung im BVT haben unser IT-Experte und die Steuerfahndung vorgenommen.

An den anderen Durchsuchungsörtlichkeiten, soweit mir bekannt ist, waren das auch – wobei, da bin ich mir jetzt nicht ganz sicher – teilweise die Steuerfahndung und teilweise dieses Sachverständigenbüro Wruhs, das beigezogen wurde.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Mmh. Da wurden dann zwei Mitarbeiter auch eingesetzt. Wissen Sie, ob Herr Wruhs beziehungsweise seine zwei Mitarbeiter sicherheitsüberprüft worden sind?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Bitte?

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ob die - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: - - sicherheitsüberprüft worden sind? – Dazu weiß ich nichts, nein.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Hielten Sie das für notwendig, dass sie das werden?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Dadurch, dass Herr Wruhs allgemein ein beeideter gerichtlicher Sachverständiger ist, dem Sachverständigengesetz und seinem Amtseid verpflichtet ist, seinem Sachverständigeneid verpflichtet ist, dadurch, dass er nicht im BVT zu Durchsuchungshandlungen herangezogen wurde, habe ich das nicht für notwendig erachtet.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Gab es Besprechungen mit allen Forensikern?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Dazu habe ich keine Wahrnehmung, ich habe mit den Forensikern nicht gesprochen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wann und in welcher Form ist der Auftrag an die erteilt worden? Gibt es da Verträge?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ein Sachverständiger wird grundsätzlich mit einer entsprechenden Anordnung bestellt. Also das muss man unterscheiden: Die Steuerfahndung wurde im Zuge der Amtshilfe beigezogen, ein Sachverständiger wird entsprechend bestellt. Der Bestellvorgang ist auf staatsanwaltschaftlicher Ebene eine Anordnung, auf gerichtlicher Ebene ein Beschluss, und soweit ich weiß, hat ein Teammitglied des BVT-Ermittlungsteams diese Bestellung vorgenommen – aber ich war in diesen Vorgang nicht involviert.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wissen Sie oder haben Sie Wahrnehmungen dazu, wie die Zuweisung der Einsatzorte erfolgt ist und wer diese Entscheidung getroffen hat?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Mit dieser Vorgehensweise war ich auch nicht - - da war ich nicht involviert.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wurde der Umgang mit klassifizierten Dokumenten und hochsensiblen Falldaten thematisiert?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich war bei den Besprechungen, die dem Einsatz vorangegangen sind, nicht dabei, mit Ausnahme jener Dienstbesprechung, die aber noch ohne die beigezogenen Forensiker in der WKStA am 27.2. stattgefunden hat. Daher habe ich dazu keine Wahrnehmungen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ich halte Ihnen das Dokument mit der Nummer 1561 vor. Auf Seite 2 steht da Folgendes: „Der ursprüngliche Plan der OSTA war es, den gesamten EDV- Bereich des BVT abzubauen und sicherzustellen. Aufgrund der herrschenden Dimension der Serverlandschaft wurde dies verworfen. Es wurde daraufhin von der OSTA angeordnet, dass auf den Servern des BVT während der Sicherungstätigkeit keine Arbeiten durchgeführt werden sollten.“

Wurde der Serverabbau in einer Einsatzbesprechung thematisiert?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also, wie gesagt, ich habe dazu keine Wahrnehmungen. Ich habe mich aber nachher im Rahmen meiner Dienst- und Fachaufsicht erkundigt, ob es irgendwelche solchen Pläne gegeben hätte, und da wurde mir mitgeteilt, dass es so einen Plan nie gegeben hat. Es wurden insgesamt 90 Gigabyte Serverdaten sichergestellt. Die passen auf einen besseren USB-Stick.

Der Abbau einer Serverlandschaft würde – das habe ich mir im Nachhinein schildern lassen – eine Logistik erfordern, die in keiner Weise in irgendeinem Verhältnis gestanden wäre. Da bräuchte man, soweit mir im Nachhinein – und ich betone: im Nachhinein! – mitgeteilt wurde, luftgefederte Lkws und ähnliche Sachen, um zu verhindern, dass es zu irgendwelchen Datenbeschädigungen kommen kann.

Ich schließe aus, dass jemals ein Abbau der Serverlandschaft in irgendeiner Art und Weise geplant war; bestes Beispiel dafür ist eben, dass wir vom Server genau 90 Gigabyte an Daten sichergestellt haben.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Aber es war der Plan der OStA, nicht?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na ja, der Pla- - Das heißt wahrscheinlich, der Oberstaatsanwältin, glaube ich (Abg. Amon: Möglicherweise!), denn die OStA war in diesen Vorgang überhaupt nicht eingebunden.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Die Frage habe ich früher gestellt – gut, der Oberstaatsanwältin.

Aber zeugt das nicht von einer unglaublichen Uninformiertheit, wenn man sich einbildet, man könne die gesamte Serverlandschaft des Verfassungsschutzes abbauen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Eben, und deswegen haben wir das auch nie in irgendeinem Plan gehabt.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wie kommt es dann in das Dokument?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das ist ein Vermerk von einem offensichtlich Mitarbeiter des BVT. Der hat das, ich weiß nicht, aus welchem Grund, so wahrgenommen. Ich habe mich bei Frau Mag. Schmudermayer erkundigt, und sie hat mir versichert, sie war auch nie im Serverraum des BVT. Sie war auch nicht in der Telefonzentrale – auch davon ist hier die Rede. Im Serverraum war unser IT-Experte mit einem entsprechenden Speichermedium und hat 90 Gigabyte an Daten sichergestellt, und da ging es um die E-Mail-Postfächer und um Zugriffsprotokolle auf das interne Aktenverwaltungssystem.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Jetzt heißt es ja, dass es durch diese angeordneten Maßnahmen durchaus zu Beeinträchtigungen in der Arbeit des BVT und der LVTs gekommen ist. Wurde das vorher erörtert?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Man muss das vielleicht auch ein bisschen entmystifizieren. Es sind genau sechs Büros durchsucht worden – von 300, glaube ich, die es im BVT gibt. Dass es hier zu Problemen bei der Verrichtung der zugedachten Arbeiten gekommen ist, habe ich nicht wahrgenommen. Mein Wissen dazu stammt auch aus entsprechenden Medienberichten. Gegenüber uns persönlich, also mir persönlich – ich kann nicht sagen: uns – hat das auch niemand, der dem BVT zuzuzählen ist, entsprechend geäußert.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ich kann jetzt nicht weiterfragen – nächste Runde.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Mag. Handler, Sie haben schon mehrfach die Zeugenaussage des Herrn M. W. (BVT) erwähnt. Ich möchte das Dokument der Zeugenaussage vorlegen, und zwar handelt es sich um das Dokument mit der Nummer 1250. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Es geht mir um eine besondere Passage auf Seite 234 unten. Ich darf daraus zitieren:

„Glaublich im Jahr 2015 sprach mich Zöhrer an, dass wir uns mit den Burschenschaften auseinandersetzen müssten. Er fragte, ob ich mich dabei auskenne und ich antwortete, dass ich mich nicht auskenne.“

Weiter unten dann: „Darauf sagte Zöhrer, er müsste sich mit S. G. (BVT) persönlich unterhalten. Das hat er möglicherweise einerseits gemacht, weil er bei ihr mehr Fachkunde vermutete, andererseits, weil er wohl davon ausging, dass sie diese Ermittlungen durchführen würde.“

Auf der nächsten Seite, der nächste Absatz: „Ich kann nur vermuten aufgrund meiner Erfahrung, dass Material, das aufgrund dieser Ermittlungen zu Tage gefördert worden wäre, bei den koalitionären Verhandlungen verwendet hätte werden können. Ob S. G. (BVT) schließlich ermittelt hat oder nicht, weiß ich nicht. Ich habe nie einen Bericht erhalten. Umso erstaunter war ich, als jetzt kurz vor der Wahl die Causa Landbauer aufgepoppt ist“.

Sie haben mehrfach erwähnt, dass die Zeugenaussage des Herrn M. W. (BVT) für Sie letztlich auch ausschlaggebend war, sozusagen über eine Hausdurchsuchung nachzudenken. Ist das auch auf Grundlage dieser Aussage passiert?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie gesagt, ich war bei der Einvernahme des Herrn Zeugen M. W. (BVT) nicht anwesend, die wurde allein von der Oberstaatsanwältin Schmudermayer geführt. Wenn Sie mir jetzt diesen Absatz vorhalten, betrifft er nicht den Tatverdacht, der letztlich Gegenstand der Durchsuchungsanordnungen war, daher gehe ich davon aus, dass dieser Hinweis auf mögliche - -, ich weiß gar nicht, was das für ein Hinweis sein soll - -

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Auf die Ermittlungen gegen Burschenschaften.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Auf Ermittlungen gegen Burschenschafter; das war für uns nicht relevant für unser Vorgehen (Abg. Schatz: Mhm!) also soweit ich das beurteilen kann, weil ich da eben nicht dabei war.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Ja, aber Vertrauensperson bei dieser Zeugenaussage war Herr Dr. Lett; das heißt auch, das politische Kabinett von Innenminister Kickl wusste über diese Zeugenaussage Bescheid.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wenn Herr Dr. Lett dort dabei war, dann muss man wohl davon ausgehen, ja.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Ich komme jetzt zur Einsatzbesprechung vom 27.2.: Da waren Sie dabei, auch Herr Goldgruber und Herr Lett, der eine als Anzeiger und der andere als Vertrauensperson, beide fungieren aber auch als Mitarbeiter des politischen Kabinetts. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) Ihnen wurde dort Preiszler das erste Mal vorgestellt.

Haben Sie in dieser Einsatzbesprechung auch festgehalten, dass das Büro der Extremismusabteilung durchsucht werden soll, dass auch die Leiterin der Extremismusabteilung durchsucht werden soll und welche Daten dort sichergestellt werden sollen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie gesagt, bei der Einsatzbesprechung - - Es hat mehrere Einsatzbesprechungen gegeben. Es hat diese grundsätzliche Besprechung am 27.2. gegeben, wo man festgelegt hat, welche Büros durchsucht werden sollen. Da ist auch das Büro S. G. (BVT) entsprechend einbezogen worden, weil man davon ausgegangen ist, dass da entsprechende Kommunikation mit dem damaligen Vizedirektor Zöhrer sichergestellt werden kann, im Hinblick auf die unbefugte Weitergabe oder Nichtlöschung von Daten, denn es gab ja Hinweise darauf, dass Zöhrer – und auch dieser entsprechende Tatverdacht wurde formuliert – Einfluss auf diese Vorgänge genommen hat.

Ich habe keine Wahrnehmungen zu irgendwelchen Extremismusdateien oder Extremismusdatensätzen gemacht. Und bei der Einsatzbesprechung am Tag darauf in der Früh war ich nicht anwesend, wo die Kollegin Schmudermayer ganz genau festgelegt hat, was sicherzustellen ist und was nicht sicherzustellen ist. Soweit sie mir das gesagt hat, und letztlich ist es auch so geblieben - - Bei den Datensätzen weiß ich das nicht, bei den physischen Unterlagen ist letztlich genau ein Mail sichergestellt worden, wo es um einen Kontakt zwischen Zöhrer und S. G. (BVT) ging, aber der hatte keinen Anknüpfungspunkt zu irgendwelchen Rechtsextremismusdateien, wobei die Zeugin S. G. (BVT) auch in einer Einvernahme gesagt hat, dass es diese ominöse Rechtsextremismusdatei gar nicht gibt.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Eine letzte Frage: Im polizeilichen Sicherstellungsprotokoll vom 28. Februar steht, dass aus dem Büro von Frau S. G. (BVT) einschlägiges Material wissentlich mitgenommen wurde, zum Beispiel eben mit der Beschriftung: aktuelle Fälle, Beweismittel, oder die CDs Fall K., Beweismittel; da handelt es sich um Neonazi-Fälle, aktuelle Fälle.

Sehen Sie die Mitnahme dieser Unterlagen durch die Durchsuchungsanordnung gedeckt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie gesagt: Grundsätzlich habe ich schon gesagt, man kann aufgrund einer Beschriftung auf einem Datenträger nicht unbedingt hundertprozentig einen Rückschluss auf den Inhalt ziehen, aber ich war bei dieser Durchsuchung nicht anwesend, ich habe diese entsprechenden Anweisungen nicht erteilt. Es wurde nach einer entsprechenden Sichtung, die aber nur die WKStA durchgeführt hat, sonst niemand - - Es hat weder die EGS, noch haben Preiszler, Goldgruber, Lett jemals irgendwelche Beweismittel gesichtet, und alles, was nicht im Zuge einer sogenannten Feinsichtung[6] relevant war, all das, was nicht relevant war, wurde wieder rückausgefolgt.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Danke schön.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich möchte gleich zum selben Themenkomplex weiterfragen. Ich weiß nicht, ob Sie es schon beantwortet haben, ich frage Sie einfach noch einmal, vielleicht ist es mir entgangen:

Sind Ihnen alle Daten aus dem Büro S. G. (BVT) übergeben worden? Oder: Können Sie ausschließen, dass irgendwo während der Verbringung in Ihr Büro oder in die WKStA irgendwie beschlagnahmte Datenträger abhandengekommen sind?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie gesagt, ich selbst war bei der Durchsuchung nicht anwesend. Ich ziehe jetzt einfach den Rückschluss daraus, dass nie moniert wurde, dass irgendetwas nicht mehr vorhanden ist; daraus ziehe ich den Schluss, dass auch nichts während des Transports in die WKStA verloren gegangen sein kann.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich frage nur deshalb, weil wir bei den vergangenen Zeugenbefragungen immer wieder das Thema gehabt haben: Warum wurde nicht versiegelt? Hätte man das nicht besser versiegeln sollen?

Das war auch in der ersten Fragerunde meine Stoßrichtung, inwieweit es dazu Richtlinien gibt, wie so eine Nachschau stattfindet. Hätte man das versiegeln müssen oder eben nicht, gibt es da Richtlinien? Sie haben zuerst gesagt, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, es gibt bei der Datenforensik sehr wohl Richtlinien, an die hat man sich gehalten. Wie schaut das aber bei analogen Medien wie Papier et cetera aus?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Da muss man ein bisschen aufpassen. Der Begriff Versiegelung, der immer in Strafverfahren da so herumgeistert, bezieht sich auf § 112 Strafprozeßordnung, nämlich das Widerspruchsverfahren.

Das gibt es bei Berufsgeheimnisträgern, die eine gerichtliche Entscheidung darüber verlangen können, ob sichergestellte Unterlagen, Dokumente, Dateien dem Berufsgeheimnis unterliegen. Das betrifft Anwälte, Ärzte und so weiter. Beim Amtsgeheimnis gibt es diese Regelung nicht, das heißt, es ist eine sogenannte „Versiegelung“ – unter Anführungszeichen –, ein Widerspruchsverfahren, nicht vorgesehen; das wurde von der Rechtsabteilung des BVT zwar so verlangt, aber dadurch, dass es keine rechtliche Grundlage dafür gibt, nicht durchgeführt.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Darf ich das noch einmal wiederholen: Es hätte gar keine rechtliche Grundlage für eine Versiegelung dieser Unterlagen – Papierln, Dokumente, Festplatten et cetera – in diesem speziellen Fall gegeben?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es kommt in der Strafprozeßordnung nur einmal das Wort Versiegelung vor, wenn es darum geht, einen Raum für längere Zeit zu versiegeln, um mehrere Tage hindurch Beweismittel sicherzustellen. Ein Widerspruchsverfahren, das dazu führt, dass ein Gericht feststellt, welche Beweismittel verwendet werden dürfen und welche nicht, gibt es in diesem konkreten Fall nicht. Das ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Danke, das war schon sehr interessant. Ich möchte dann noch ganz kurz einmal auf eine Situation, die ja auch immer so ein bisschen durch die Medien geistert, eingehen, und zwar auf diese ominöse Drucksituation.

Haben Sie oder hat die leitende Staatsanwältin oder jemand Ihrer Kollegen, die halt mit dem Fall befasst waren, jemals intern davon gesprochen, dass Druck ausgeübt wurde? Wenn ja, welcher Druck war das? War der aus dem BMI, war das ein medialer Druck, war das vielleicht ein Zeitdruck? Kann man das irgendwie quantifizieren oder qualifizieren, welche Form von Druck hier wahrgenommen wurde? Und ganz konkret: Wurde auf Sie Druck ausgeübt, oder wissen Sie, ob auf Frau Schmudermayer Druck aus dem Kabinett des Innenministeriums ausgeübt wurde?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Zu einer Druckausübung seitens des Kabinetts habe ich keine Wahrnehmungen. Auf mich persönlich wurde kein Druck ausgeübt. Wenn es um die Sicherstellung von Beweismitteln geht,  in Angelegenheiten, die einer besonderen Geheimhaltung aufgrund einer besonderen Sensibilität bedürfen, dann ist es natürlich immer eine gewisse zeitliche Komponente, die man einzuhalten hat, um zu verhindern, dass Beweismittel verloren gehen. Je mehr Zeugen ich befrage, je mehr Personen Kenntnis von einem Sachverhalt erlangen, umso eher kann es dazu führen, dass Beweismittel letztlich nicht mehr zur Verfügung stehen, die zur Verfügung stehen sollten. Wenn man das als Druck sieht, dann war grundsätzlich natürlich schon, nämlich aus dem Ermittlungsverfahren heraus, eine Drucksituation gegeben, aber ich persönlich habe keine Drucksituation vonseiten des BMI verspürt.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Die Frau Präsidentin schaut mich schon ganz kritisch an. Kurze Nachfrage nur - -

Vorsitzende Doris Bures: Nein, gar nicht, Sie haben noch 1 Minute in dieser Runde.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sehr gut! Darf ich fragen: Wie lange sind Sie schon Staatsanwalt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Seit 1. Dezember 2003.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Also schon eine Zeit lang; das heißt, man kann davon sprechen, dass Sie schon einiges an beruflicher Erfahrung als Staatsanwalt haben.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, ich bin seit circa 15 Jahren Staatsanwalt und war zuvor auch – zwar nur eine kurze Zeit– als Richter tätig und auch als Untersuchungsrichter, daher kenne ich grundsätzlich auch derartige Journalvorgänge. Ich weiß, jetzt beantworte ich mehr, als Sie eigentlich gefragt haben (Abg. Jenewein: Sie können, ich habe nur mehr 1 Minute!), aber es ist mir auch ein Anliegen, das zu sagen.

Ich habe selbst die Erfahrung, dass man im Journal auch nicht anders vorgeht als sonst, sondern sich einen Sachverhalt ganz genau schildern lässt und dann eine rechtliche Beurteilung trifft, die natürlich fundiert sein muss. Und wenn man der Meinung ist, dass die Journaldringlichkeit nicht gegeben ist, dann teilt man das demjenigen mit. Daher habe ich auch an diesem Vorgang aus meiner persönlichen Erfahrung als Richter damals – das ist zwar schon lange her, aber an diesen Vorgängen hat sich letztlich nichts geändert – keine besondere Problematik erkannt.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Das wollte ich Sie gar nicht fragen.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, ich weiß.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Aber ich bin trotzdem dankbar, dass Sie es beantwortet haben.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M. (erheitert): Eigentlich wollte ich nichts beantworten, was nicht gefragt wird, aber - -

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Meine Frage sollte eigentlich in jene Richtung gehen, da Sie schon einige Jahre Staatsanwalt sind: Wie würde ein Staatsanwalt - - Oder: Wie würden Sie als Staatsanwalt – Sie können das ja nur für sich selbst beantworten – damit umgehen, wenn Sie spüren, mitbekommen, wahrnehmen, dass da jemand Druck ausübt und gerne eine Ermittlung in eine gewisse Richtung haben würde? Was wäre Ihre Reaktion?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das ist natürlich jetzt auch wieder sehr hypothetisch, weil es natürlich darauf ankommt, auf welche Art und Weise dieser Druck ausgeübt wird: Wird der auf Zeugen ausgeübt? Wird der auf einen Staatsanwalt ausgeübt?

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Kann ja auch politischer Druck sein.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also ich persönlich würde keine Druckausübung auf meine Person zulassen, aber wenn man merkt, dass Druck auf Zeugen oder ähnliche Beweispersonen ausgeübt wird, dann wird man halt dieser Drucksituation nachzugehen haben, bevor man weitere Maßnahmen setzt, und entsprechend dafür Sorge tragen müssen, dass letztlich einer Entscheidung nur Beweismittel zugrunde liegen, die ohne eine entsprechende Druckausübung zustande gekommen sind.

Wobei ich noch einmal darauf verweise: Wir haben zum Zeitpunkt unserer Beurteilung diese Druckausübung nicht wahrgenommen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Kann ich davon ausgehen, dass Sie das irgendwo verschriftlicht hätten, wenn es so gewesen wäre?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich gehe davon aus, ja. Aber wie gesagt: wieder nur eine hypothetische Frage, die ich eigentlich nicht beantworten kann.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Danke, keine weiteren Fragen!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben gemeint, erst nach der Einvernahme von Herrn C. M. (BVT), dem vierten Zeugen, war der Tatverdacht ausreichend konkretisiert, um tätig zu werden.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das war eine Einschätzung der fallführenden Staatsanwältin, die revisionsfrei ist und die quasi immer entsprechende Verdachtslagen einschätzt. Sie hat mir diese Verdachtslage so mitgeteilt, wir haben das besprochen und sind zu dem Schluss gekommen, dass das so korrekt ist, ja.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann darf ich Ihnen zunächst einen Absatz aus der Einvernahme von Herrn M. W. (BVT) vorhalten, Seite 5. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzende Doris Bures: Welche Dokumentennummer?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Pardon! Dokumentennummer 787. Es geht mir um den letzten Absatz, wo steht:

„Danach wurde mir mitgeteilt, dass B. P. (BVT), mein Referatsleiter für Nachrichtendienst sich eine Kopie der gelöschten Daten besorgt hat und das habe ich erfahren von C. M. (BVT), meinem Stellvertreter.“

Nun möchte ich Dokumentennummer 789, Seite 8 (der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt), aus der Einvernahme von C. M. (BVT), dem vierten Zeugen, von dem Sie meinten, dann hat sich der Tatverdacht aufgrund seiner Aussagen ausreichend konkretisiert, vorhalten:

„Ich habe M. W. (BVT) nicht gesagt, dass B. P. (BVT) eine Kopie der zu löschenden Daten besitzt, sondern dass er eine wollte. Mir ist bekannt, dass B. P. (BVT) Sammelakten erstellt hat, in die er den Sukkus der Altakten hineinkopiert hat. Deswegen ergibt es für mich keinen Sinn, dass er sich dann eine Kopie erstellt. Dann hätte er sich nämlich die Sammelakten gleich ersparen können. Ich gehe davon aus, dass B. P. (BVT) sicher keine Kopie der Akten von der EDV bekommen hätte, wenn er nicht eine entsprechende Anweisung entweder des Abteilungsleiters oder von noch weiter oben hätte vorlegen können.“

Widerspricht hier nicht der vierte Zeuge dem dritten und entlastet sogar einen Verdächtigen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Unsere Einschätzung war das nicht, und wir haben das in den Anordnungen entsprechend dargelegt, und das wurde letztlich auch vonseiten des Oberlandesgerichtes bestätigt. Zu einer konkreten Einschätzung einer Beweislage kann ich zum jetzigen Zeitpunkt auch nichts mehr sagen. Ich kann nur sagen: Es wurde so eingeschätzt, und es wurde so bestätigt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben vorher gesagt, dass die Zeugen glaubwürdig waren.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): War auch C. M. (BVT) glaubwürdig in seiner Aussage und dadurch entlastet?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also ich sehe das - - Es ist jetzt schwer, im Nachhinein eine Einschätzung einer Beweislage zu diskutieren. Ich muss auch nachfragen (in Richtung des Verfahrensrichters Strauss), ob das nicht allenfalls auch eine Tätigkeit einer - - aus der Rechtsprechung ist. (Verfahrensrichter Strauss macht eine abwägende Handbewegung.) Aber wie gesagt, ganz allgemein kann ich schon sagen, es wurden diese Zeugenaussagen bewertet. Diese Bewertung hätte auch falsch sein können, dann hätte das Oberlandesgericht Wien gesagt, es besteht nicht einmal ein entsprechender konkreter Tatverdacht.

Das Oberlandesgericht Wien hat das nicht gesagt, sondern den Tatverdacht bestätigt, nur die konkrete Maßnahme der Beweismittelsicherung als nicht zutreffend dargestellt. Daher gehe ich davon aus, dass die Einschätzung, die letztlich die fallführende Oberstaatsanwältin getroffen hat, richtig war.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Tatsache ist, dass C. M. (BVT), der hier entlastet, der einzige der Zeugen ist, die Sie angehört haben, die die Staatsanwaltschaft angehört hat, einvernommen hat, der nicht vonseiten des Kabinetts des Herrn Innenministers vorbereitet wurde.

Ich komme zu einem der vorbereiteten Zeugen, nämlich Herrn M. W. (BVT), und lege aus dem Tagebuch den Aktenvermerk vom 7.3. vor – das ist, wenn es chronologisch ist, auf Seite 50. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wo jetzt?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, der zweite Aktenvermerk vom 7.3. – für Sie in Ihrer Ausführung.

Und zwar schreibt hier die Staatsanwältin - - (Ruf: Das ist das falsche Dokument!) –

Vorsitzende Doris Bures: Einen Moment, bitte! (Abg. Krisper: Gerne!)

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ah da, ich hab’s schon!

Vorsitzende Doris Bures: Seite 50, haben Sie gesagt?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, Seite 50. Zweiter Aktenvermerk vom 7.3., dritte Zeile, Telefonat mit Ihnen, also zwischen Ihnen und der Staatsanwältin:

„Unter anderem teilt er“ – also Sie – mir „mit, dass die Leiterin“ – also Vrabl-Sanda, nehme ich an – „mehr“ - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Moment, darf ich noch einmal wissen, welcher Absatz?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Vom zweiten Aktenvermerk die dritte Zeile. (Auskunftsperson Handler: 7.3.2018?) Ja. (Auskunftsperson Handler: Mhm!)

Also unter anderem teilen Sie der Staatsanwältin Schmudermayer mit, dass die Leiterin, also Frau Vrabl-Sanda, „mehr Hintergrundinformation zum Zeugen M. W. (BVT) wünscht und ich mit diesem Kontakt aufnehmen möge. Da mir die TelNr. Des Zeugen M. W. (BVT) im Seminartagungsort“ – denn die Staatsanwältin ist gerade nicht anwesend – „nicht zur Verfügung steht, mir aber bekannt ist, dass Dr. Lett über diese verfügt, kontaktiere ich diesen und ersuche um Bekanntgabe einer TelNr. Unmittelbar darauf kommt der Kontakt zustande, ich telefoniere ca. 15 min mit Mag. M. W. (BVT). Zusammengefasst gibt er informativ befragt folgende Umstände, seinen persönlichen Bereich betreffend, bekannt: Er ist seit 2006 mit der Richterin des LG Wr. Neustadt, Gertraud Eppich verheiratet. Davor war er, beginnend ab 1994/95, bis zum Jahr 2000, mit Frau Minister für Justiz a.d. Claudia Bandion-Ortner lieert (Leensgefährte).“

Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie müssen jetzt die Frage formulieren, weil die Redezeit ausgeschöpft ist.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Meine Frage ist:

Da in diesem Verfahren bisher versucht wurde, Personen auszulassen, die in irgendwelchen politischen Verflechtungen stecken, woraus ergibt sich für Sie die Glaubwürdigkeit des Zeugen M. W. (BVT)? Und warum wird er nicht als Verdächtiger geführt, wenn er in der Hierarchiekette zwischen B. P. (BVT)  und C. M. (BVT) steht?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es ist in einem Strafverfahren nie ausgeschlossen, dass ein Zeuge auch zum Beschuldigten mutiert. Das wird man auch beim Zeugen M. W. (BVT) natürlich immer prüfen müssen.

Auf diesen konkreten AV angesprochen: Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, aber es ging tatsächlich nur um diese persönlichen Umstände des Zeugen, die der Leiterin zu Ohren gekommen sind. Und ich kann mich noch erinnern, dass ich, glaube ich, vorgeschlagen habe, dass man am besten solchen Gerüchten nachgeht, indem man den Zeugen direkt durch ein Telefonat damit konfrontiert und fragt, wie seine Lebenssituation in den vergangenen Jahren, insbesondere seine Lebensgemeinschaften oder Ehepartner gelautet haben. Das war offensichtlich Thema. Es sind einige solche Sachen an uns herangetragen worden, und das war die Möglichkeit, das irgendwie aufzuklären, indem man den direkt anruft.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Damit kommen wir jetzt zur letzten, also zur dritten Fragerunde. Sie wissen: 1 Minute Fragezeit.

Frau Abgeordnete Dr.in Zadić, bitte.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Ich habe nur zwei Fragen. Bei der ersten Frage geht es mir um das Trennen der Verfahren bei Ihnen, bei der WKStA. Ganz am Anfang wurden Verfahren ja auch getrennt, weil ja ein Teil der Verfahren bei der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde. Jetzt haben Sie das Konvolut neu bekommen, und es wurden das Lansky-Verfahren und die anderen Sachen getrennt. Das Lansky-Verfahren wurde als Strafakt geführt, das andere als UT-Akt, also unbekannter Täter. Warum war das so?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Die Führung der Akten, also die technische Führung der Akten, ist grundsätzlich nichts, was der Revisionspflicht eines Gruppenleiters entspricht. Soweit ich mich erinnern kann, ist das andere Verfahren gegen unbekannte Täter geführt worden, weil man im Register – aufgrund eines besonderen Geheimhaltungsinteresses – keine Eintragungen bestimmter Personen wollte. Aber das hat die Kollegin Schmudermayer letztlich so entschieden; ich nehme an, in Absprache auch mit unserer Leiterin.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Könnte es etwas damit zu tun haben, dass man in einem UT-Verfahren nicht berichtspflichtig oder auskunftspflichtig ist (Auskunftsperson Handler: Nein, damit hat das nichts zu tun!) an die OStA?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Man ist auch in Verfahren gegen unbekannte Täter, sofern diese entsprechend öffentlichkeitswirksam sind, grundsätzlich berichtspflichtig. Es wurde dieser Berichtspflicht auch nachgekommen. Soweit ich weiß, hat unsere Leiterin – diese Berichtspflicht trifft aber auch immer nur die Leiterin einer Behörde – den Herrn Generalsekretär, damals noch Sektionschef, Pilnacek, ich glaube, im Laufe des Jahres 2017 einmal darüber informiert, dass dieses Konvolut quasi als Strafsache bei der WKStA anhängig ist. Das müsste auch aus dem Tagebuch nachvollziehbar sein.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Meine letzte Frage: Was wissen Sie über das Treffen zwischen Pilnacek, Zöhrer und Kloibmüller im Schwarzen Kameel vom 21. November 2017?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Gar nichts. Na ja, gar nichts ist vielleicht - - Also in dem zuvor angesprochenen Verfahren, wo es 2016 eine Durchsuchung gibt, gibt es eine Person, einen Informanten, der regelmäßig Kontakt zur Staatsanwaltschaft aufnimmt, was durchaus anstrengend sein kann. Der hat mir irgendwann einmal mitgeteilt, er hätte ein Foto, wo man Pilnacek, Kloibmüller und Zöhrer gemeinsam im Schwarzen Kameel sitzen sieht, und gefragt, ob er mir das mailen soll. Ich habe ihm gesagt, er soll damit machen, was er will, weil mich das, ganz ehrlich gesagt, nicht interessiert hat. Dass es Kontakte zwischen dem BMJ und dem BMI gibt, ist für mich grundsätzlich nichts Außergewöhnliches; und dass man sich auch im Schwarzen Kameel möglicherweise zufällig treffen kann – ja, ist auch möglich.

Ich habe dieses Foto  – es wurde mir nicht gemailt – dann aber trotzdem einmal zu Gesicht bekommen; ich glaube, auf der Seite von Addendum, dieser investigativen Seite. Die haben das, glaube ich, abgedruckt. Ich glaube, dort hat sogar dann Herr Generalsekretär Pilnacek entsprechend dazu Stellung genommen. Aber für mich hatte das keine Bedeutung.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (PILZ): Dass eine Woche nach diesem Treffen Herr Zöhrer das BMI verlässt, hatte auch keine Bedeutung?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe da keine Zusammenhänge erkennen können.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Oberstaatsanwalt! Sie haben, glaube ich, ganz am Beginn gesagt, dass Sie alle Zeugeneinvernahmen in der Staatsanwaltschaft – in der WKStA – nachbesprochen haben.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ob alle, weiß ich nicht. Oder sprechen Sie nur von den vieren, die vor der Durchsuchung stattgefunden haben?

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Das weiß ich nicht. Sie haben das gesagt.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also alle habe ich nicht nachbesprochen. Ich habe von den vieren gesprochen, die - -

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Aber die vier haben Sie nachbesprochen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Die vier, soweit ich mich erinnern kann, ja. Ich weiß aber auch nicht, wie intensiv, aber es ist besprochen worden.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Gibt es über diese Nachbesprechung irgendwelche Aufzeichnungen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Da gibt es keine Aufzeichnungen, nein.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Okay, danke. Ich habe keine weiteren Fragen.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau S. G. (BVT) war ja Zeugin. Warum hat man sie nicht – Wahrheitspflicht! – nach diesen E-Mails gefragt und stattdessen den Server beschlagnahmt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich war bei der Einvernahme der Frau S. G. (BVT) nicht dabei. Ich habe auch nicht entschieden, wie sie zu befragen ist. Sie meinen wahrscheinlich, warum man sie im Vorfeld, vor der Durchsuchung, nicht befragt hat, oder?

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Oder dort!

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, das ist das, was ich schon gesagt habe: Man hatte einen konkreten Tatverdacht und hat die Notwendigkeit gesehen, hier Sicherstellungen zu machen. Wenn ich weitere Personen befrage, insbesondere Personen, wo ich Beweismittel vermute, dann – vielleicht ist das auch ein kriminaltaktisch falscher Schluss – habe ich halt zu befürchten, dass Beweismittel möglicherweise verloren gehen. Jedenfalls waren das die Überlegungen, dass man nicht mehr als diese vier Personen zeugenschaftlich befragt.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Ich lege die Liste der beschlagnahmten E-Mails vor und frage Sie dazu.

Da gibt es also ein E-Mail, das Herrn Zöhrer betrifft, aber so gefühlt hat jedes zweite E-Mail mit Rechtsextremismussachen zu tun. Ist es das, was Herr Goldgruber eigentlich auch gesucht hat?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie gesagt, Herr Goldgruber hat mir gegenüber nie geäußert, was er sucht, denn das, was gesucht wird, hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft definiert. Die Sicherstellung an sich - -

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Entschuldigen Sie! Ich meine, jetzt auch sich ergebend aus diesem „Kurier“-Artikel, den wir da jetzt gesehen haben.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja! Es ist natürlich schwierig, wenn ich einen Artikel heute zum ersten Mal sehe und grundsätzlich keinen Bezug zu unserem Verfahren feststellen kann. Die Sicherstellung an sich erfolgte über Anordnung der Kollegin Schmudermayer. Welche Vorgaben sie an die manipulativ tätigen EGS-Beamten gegeben hat, weiß ich nicht. Offensichtlich ging es – ich lese sehr oft den Namen Zöhrer – um Unterlagen, in denen der Name Zöhrer möglicherweise vorkommt. Ich weiß es aber nicht, das ist jetzt eine Vermutung.

Tatsächlich war das eine Grobsichtung, die zu einer Feinsichtung geführt hat, und die Feinsichtung hat dann ergeben, dass alle diese Unterlagen, die niemals von der EGS gesichtet wurden – so mein Wissensstand –, wieder an Frau S. G. (BVT) ausgefolgt wurden, mit Ausnahme jenes E-Mail-Ausdrucks, der die Speicherung von Daten der Sigrid Maurer betrifft, weil dieser Ausdruck als relevant für das Beweisverfahren erachtet wurde.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Der Herr B. P. (BVT), der Leiter der Anti- - (Auskunftsperson Handler: Extremismusreferat!) – Nein, Herr B. P. (BVT)  vom - - (Auskunftsperson Handler: Ach so, B. P. (BVT)! Mhm!) – B. P. (BVT), ja! Er hat in seiner Aussage gesagt, in seinem Büro war die EGS alleine und hat klassifizierte Daten gesichtet. Wie beurteilen Sie das?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe dazu keine Wahrnehmung, weil ich bei der Hausdurchsuchung nicht anwesend war. Ich weiß nicht, ob das stimmt.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Eine kurze Frage. – Ich halte Ihnen Seite 116 des Tagebuchs vor. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) Da geht es um den 5. April. (Auskunftsperson Handler: Mhm!) Wer ist dieser Herr N.N. und was hat der überhaupt mit der ganzen Angelegenheit zu tun?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, das ist derjenige, der immer wieder anruft und entsprechend behauptet, über relevante Informationen zu verfügen. Ich habe mittlerweile herausbekommen, der ruft nicht nur bei Staatsanwaltschaften an, sondern der nimmt auch Termine mit Politikern und mit Journalisten wahr. Daher: Man hört sich das an, was er zu sagen hat, und beurteilt das dann entsprechend.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Eine abschließende Frage: Frau Kollegin Zadić hat vorhin gefragt, ob Sie nicht vielleicht einmal gegoogelt hätten, um zu wissen, welche politische Meinung ein Polizeibeamter gehabt hat. – Ich frage Sie jetzt frisch von der Leber weg: Ist es eigentlich üblich oder wäre es ein üblicher Vorgang, wenn man im dienstlichen Verhältnis mit Polizeibeamten, vielleicht mit Vorgesetzten et cetera, einmal fragt, welche politische Meinung jemand hat, und dementsprechend seine berufliche Tätigkeit danach ausrichtet, ob einem diese politische Meinung zusagt oder nicht?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also für mich war das - - Ich habe das in meiner Tätigkeit noch nie als Notwendigkeit gesehen, es könnte aber natürlich der Fall sein, wenn man irgendwelche Hinweise hat und in einem Bereich ermittelt – beispielsweise Verbotsgesetz oder Ähnliches –, dass man sich da entsprechend erkundigt. In dem konkreten Fall aber war die Agenda, die die EGS hatte, eine äußerst eingeschränkte, nämlich keine Ermittlungstätigkeit, sondern eine reine Hilfstätigkeit für die Ermittlungstätigkeit, die die WKStA aus Eigenem vorgenommen hat.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich danke Ihnen. – Ich habe keine weiteren Fragen mehr.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Noch kurz zu Herrn M. W. (BVT), dem Zeugen: Warum gibt es über dieses fünfzehnminütige Gespräch zwischen Staatsanwältin Schmudermayer und ihm keinen Aktenvermerk?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Welches Gespräch meinen Sie jetzt?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das, auf das ich vorhin referenziert habe: dieses Telefonat, in dem man sich über den persönlichen Hintergrund des Herrn M. W. (BVT) erkundigt hat.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Aber Sie haben ja den Aktenvermerk - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): - - dass es ein fünfzehnminütiges Gespräch gab.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Mhm! Es existiert also ein Aktenvermerk. Warum das Gespräch 15 Minuten gedauert hat, kann ich nicht nachvollziehen, weil ich es nicht geführt habe. Ich weiß aber, gemäß meiner Erinnerung ging es wirklich allein um allfällige Beziehungen des Herrn M. W. (BVT) zu aktuellen oder ehemaligen Justizangehörigen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nochmals meine Frage - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich persönlich kenne Herrn M. W. (BVT) nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja. – Aber alleine aufgrund seiner Aussagen bei der Einvernahme bei der Staatsanwältin Schmudermayer: Er war Abteilungsleiter, B. P. (BVT) Referatsleiter; würden die Vorwürfe stimmen, wäre eigentlich auch er als Verdächtiger zu führen, weil er hierarchisch bezüglich der Datenlöschung im Verhältnis an einer höheren Stelle stehen würde.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie gesagt, eine Beurteilung einer Verdachtslage ist kein statischer Akt, sondern das ist dynamisch, und wenn sich im Ermittlungsverfahren ergibt, dass auch Herrn Dr. M. W. (BVT) Vorwürfe treffen, dann wird entsprechend auch gegen ihn ein Verfahren einzuleiten sein. Bislang hatten wir diese Verdachtslage nicht, und die müssen wir letztlich beurteilen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Da ist noch kein Verfahren eingeleitet?

 Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Noch kein Verfahren eingeleitet?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Herr Mag. M. W. (BVT) wird derzeit, soweit ich informiert bin, nicht als Beschuldigter geführt.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Vielen Dank. – Mir liegen nun keine Wortmeldungen mehr vor. Der Herr Verfahrensrichter hat keine abschließenden Fragen an die Auskunftsperson, daher erkläre ich die Befragung für beendet.

Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Mag. Handler, dass Sie dem Ausschuss zur Verfügung gestanden sind.

 



[1] Ursprünglicher Text: […] Oberstaatsanwalt Dr. Marcus Schmitt und mittlerweile auch – seit gestern oder vorgestern – Oberstaatsanwalt Mag. Matthias Purkart.

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: „ […] der Einwurf  „mittlerweile auch seit gestern oder vorgestern“ bezieht sich auf den Amtstitel „Oberstaatsanwalt“, nicht jedoch auf die Dauer der Tätigkeit im Ermittlungsteam. […]“ 

 

[2] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: „statt „nix“ müsste es im Absatz „nichts“ heißen.“

[3] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: „[…]  nach „§ 160“ müsste die Abkürzung „StPO“ ergänzt werden.“

[4] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: „im Absatz sollte das Wort „nicht“ entfallen, sodass es wie folgt lauten müsste „…., dass man möglichst wenige Ermittlungsschritte…“.“

[5] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: „[…] nach „§ 160“ müsste die Abkürzung „StPO“ ergänzt werden.“

[6] Ursprünglicher Text: […] was nicht im Zuge einer sogenannten Vereinsichtung relevant war, […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: „[…] statt „Vereinsichtung“ „Feinsichtung“ […].“