114/KOMM XXVI. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) (3/US XXVI.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Christian Pilnacek in der 10. Sitzung vom 3. Oktober 2018

Der Untersuchungsausschuss über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 31. Sitzung am 13. März 2019 mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, N, J) gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Christian Pilnacek zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2019 03 13

 

 

                                Werner Herbert                                                                    Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende

 

 

 



 


 

 

 

 

BVT-Untersuchungsausschuss

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

10. Sitzung/medienöffentlich

Mittwoch, 3. Oktober 2018

Gesamtdauer der 10. Sitzung

9.03 Uhr – 17.54 Uhr

Lokal 7


Befragung der Auskunftsperson
Generalsekretär Sektionschef Mag. Christian Pilnacek

Vorsitzende Zweite Präsidentin Doris Bures: Ich würde Sie ersuchen, gleich auch die Rechtsbelehrung der Auskunftsperson vorzunehmen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ja, gerne! Herr Generalsekretär Mag. Pilnacek, ich habe Ihr Datenblatt vor mir liegen. Ist das richtig, was hier steht? (Auskunftsperson Pilnacek: Richtig!) – Danke schön.

Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, dem BVT-Untersuchungsausschuss, als Auskunftsperson zum Beweisthema 3, Hausdurchsuchungen, des Untersuchungsgegenstandes angehört. Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich auf diese schriftliche Belehrung hin und betone insbesondere, dass Sie verpflichtet sind, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 1 und 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen. Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen.

Weiters weise ich Sie auf die Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Ich weise Sie auf die Ihnen bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hin. Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch nach Beendigung der Befragung.

Kopien, Notizen, Auszüge dürfen weder von der Auskunftsperson noch von einer allfälligen Vertrauensperson angefertigt werden. Alle im Untersuchungsausschuss vorgelegten Unterlagen dürfen von der Auskunftsperson nach Beendigung der Befragung nicht an sich genommen werden, sondern haben auf dem Platz zu verbleiben.

Sie sind berechtigt, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, deren Gesamtdauer 20 Minuten nicht überschreiten soll.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Strauss, für die Belehrung der Auskunftsperson.

Herr Generalsekretär Mag. Pilnacek, Sie haben, wie gesagt, die Möglichkeit, eine bis zu 20 Minuten dauernde einleitende Stellungnahme abzugeben. Möchten Sie davon Gebrauch machen?

Mag. Christian Pilnacek: Frau Vorsitzende, darauf verzichte ich.

Vorsitzende Doris Bures: Gut, dann steigen wir sofort in die Befragung ein, Herr Dr. Strauss nimmt die Erstbefragung vor. – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Herr Generalsekretär, wann haben Sie erstmals von dem Ermittlungsverfahren erfahren, im Rahmen dessen die Hausdurchsuchungen im BVT und in den Privatwohnungen von BVT-Mitarbeitern am 28.2.2018 stattfanden?

Mag. Christian Pilnacek: Grundsätzlich muss man unterscheiden: Beginnend mit Juni, Juli 2017 hat es aufgrund von Recherchen diverser Medien Anfragen über anonyme Anzeigen gegeben, und diesen Anfragen versuchte ich auch nachzugehen. Im Laufe des Herbstes 2017 war es sozusagen das Anliegen der Fachaufsicht, dass dieses Konvolut von anonymen Anzeigen, das bei diversen Staatsanwaltschaften immer wieder eingebracht worden ist (Verfahrensrichter Strauss: Ein bisschen näher, das Mikrofon!), unterschiedlich erledigt worden ist, einer Prüfung zuzuführen, und daher sollte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einmal die Stichhaltigkeit der in diesen anonymen Anzeigen enthaltenen Vorwürfe prüfen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wann haben Sie von den Hausdurchsuchungen erfahren?

Mag. Christian Pilnacek: Von den Hausdurchsuchungen habe ich mit Informationsbericht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erfahren, der am Tag nach der Durchführung erstattet worden ist.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Warum hat, aus Ihrer Sicht, die WKStA nicht vorab der OStA und dem Bundesministerium für Justiz – sage ich jetzt kurz – berichtet oder diese in Kenntnis gesetzt?

Mag. Christian Pilnacek: Wir haben das im Rahmen einer Dienstbesprechung erörtert, und es ist grundsätzlich so, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ja nach dem Staatsanwaltschaftsgesetz, so wie alle anderen Staatsanwaltschaften auch, über einzelne Ermittlungsschritte nicht zur Berichterstattung verpflichtet ist. Bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft kommt hinzu, dass sie von einer sehr großen Selbstständigkeit und auch von einem hohen Ausmaß an Selbstbewusstsein geprägt ist; und sie hat auch außerhalb dieser nicht bestehenden Berichtspflicht keinen Anlass gefunden, uns in Kenntnis zu setzen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Aufgrund der Berichte, die nach der Hausdurchsuchung im Wege der OStA an Sie ergangen sind, würde ich Sie gerne Folgendes fragen: Worin lag die Aufgabe der EGS bei der Hausdurchsuchung?

Mag. Christian Pilnacek: Grundsätzlich werde ich ja hier über eigene Wahrnehmungen befragt – über den Vorgang der Hausdurchsuchung habe ich naturgemäß keine eigenen Wahrnehmungen. Ich war nicht anwesend, ich war vorab nicht informiert, kann daher nur meinen Wissensstand aus den Berichten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft abgeben. Die Aufgabe der EGS war die Sicherung der Durchführung der Hausdurchsuchung.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Warum wurde, nach Ihrem Wissensstand, die EGS ausgewählt, zu assistieren?

Mag. Christian Pilnacek: Ich verweise wiederum auf das Protokoll der Dienstbesprechung, das ja dem Untersuchungsausschuss vorliegt, und die dazu abgegebenen Erklärungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Es war das Bemühen, eine Einheit zu suchen beziehungsweise zu finden, die erstens das notwendige Personal hat und zweitens in keinerlei möglichen Verbindungen zu Verdächtigen beziehungsweise Personen innerhalb des BVT beziehungsweise der Entscheidungshierarchie im Bundesministerium für Inneres steht.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Hätte man Sie vorab informiert und hätte man vorab berichtet, welche Vorgangsweise hätten Sie empfohlen?

Mag. Christian Pilnacek: Ich glaube, das ist keine Frage, die meine Wahrnehmungen betrifft. Das ist eine Was-wäre-wenn-Frage, die ich so nicht beantworte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wir wissen aus Befragungen, dass einer der betroffenen BVT-Mitarbeiter zum in der Anordnung zur Hausdurchsuchung und Sicherstellung angeführten Tatzeitpunkt gar nicht im BVT tätig war. Sind da nach Ihrer Einschätzung Ermittlungsfehler passiert?

Mag. Christian Pilnacek: Meine Einschätzung ist sozusagen nicht das Entscheidende. Das, was zu diesem Vorgang zu bemerken ist, ist in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien, und die hat hinsichtlich auch dieser Person ja entsprechende Begründungen für die – in diesem Fall – Unzulässigkeit der Hausdurchsuchung gefunden.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Uns liegt natürlich das Besprechungsprotokoll vor, trotzdem frage ich Sie jetzt direkt: Wie beurteilen Sie die direkte Kontaktaufnahme vom Generalsekretär des BMI, Goldgruber, mit der WKStA?

Mag. Christian Pilnacek: Wie Sie dem Protokoll entnehmen können, hätte ich es angemessen gefunden, dass die Kontaktaufnahme auf der gleichen Hierarchieebene stattfindet.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wäre Ihrer Meinung nach die Amtshilfe der richtige Weg gewesen, um zu den gewünschten Daten zu kommen?

Mag. Christian Pilnacek: Als Beamter des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz fühle ich mich an die Rechtsprechung gebunden, und das Oberlandesgericht Wien hat entschieden, dass hier mit Amtshilfe vorzugehen gewesen wäre.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Danke, ich beende meine Erstbefragung.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Vielen Dank, Herr Dr. Strauss. Damit gehen wir der Redeordnung nach vor. In der ersten Runde ist die erste Rednerin Frau Abgeordnete Mag. Jachs. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Frau Vorsitzende! Guten Morgen, Herr Generalsekretär! Sie sind mir als profunder Kenner des österreichischen Strafrechts bekannt, und ich habe auch auf der Uni Ihre Bücher beziehungsweise das Buch verwendet, deswegen möchte ich mich bedanken, dass Sie mit Ihrer Expertise heute dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung stehen.

Sie haben ja gerade erwähnt, dass Sie am Tag nach der Durchsuchung davon erfahren haben. Ist Ihnen auch bekannt, wann Herr Bundesminister Dr. Moser von den Hausdurchsuchungen informiert wurde?

Mag. Christian Pilnacek: Zunächst danke, Frau Abgeordnete, für den Guten-Morgen-Gruß und für das Lob, das freut mich.

Ich habe den Herrn Bundesminister unmittelbar nachdem ich Kenntnis von dieser Hausdurchsuchung erlangt habe, informiert.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Das heißt, es ist korrekt, dass Sie beide erst nach der Durchführung davon informiert wurden?

Mag. Christian Pilnacek: Also meinem Informationsstand entspricht es so. Ich habe den Herrn Bundesminister nach Einlangen des Informationsberichts informiert.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Das heißt, das war auch Ihre erste Reaktion nach der Information, dass Sie gleich den Bundesminister informiert haben. Oder was war Ihre erste Reaktion?

Mag. Christian Pilnacek: Na ja, es ist - - Meine erste Reaktion war, dass das natürlich ein außergewöhnlicher Fall mit einer herausragenden Bedeutung ist, weil eine Einrichtung betroffen ist, die für bedeutsame Ermittlungen zuständig ist und natürlich vielfältige Kontakte im In- und Ausland hat. Und da ist es meine Verpflichtung, den Herrn Bundesminister entsprechend zu informieren.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Ich möchte da gleich noch ein bisschen tiefer gehen. Wir legen Ihnen den Aktenvermerk von der Dienstbesprechung zwischen dem Justizministerium, der Oberstaatsanwaltschaft Wien, der WKStA vom 12. März vor, das Dokument 1250, die Seiten 278 bis 288.

Auf Seite 1 des Dokuments führen Sie dann aus, dass „eine direkte Kontaktaufnahme des GS“ – Generalsekretärs – „des BMI mit der Staatsanwältin ohne Einhaltung des Dienstwegs [...] ein Skandal“ ist. Wie hätte der Informationsfluss oder die Kontaktaufnahme korrekterweise erfolgen müssen?

Mag. Christian Pilnacek: Wer mich kennt, kennt auch meine mitunter zutage tretende Emotionalität. Ich hätte mir grundsätzlich erwartet, dass ich im Wege des Generalsekretärs informiert werde und dann die entsprechenden Schritte einleite.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Ist Ihnen bekannt, warum der Dienstweg nicht eingehalten wurde?

Mag. Christian Pilnacek: Auch das habe ich schon mehrmals öffentlich erklärt. Ich finde es natürlich absolut legitim und auch der StPO, § 78, entsprechend, dass der höchste Beamte eines Ressorts verpflichtet ist, wenn er Verdachtsmomente hat, an die Staatsanwaltschaft heranzutreten.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Und was war die Rechtfertigung für das derartige Verhalten?

Mag. Christian Pilnacek: Ich glaube, es ergibt sich aus dem Protokoll (die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen), wo auch Vrabl-Sanda und die fallführende Oberstaatsanwältin das damit rechtfertigen, dass Herr Generalsekretär Goldgruber als Anzeiger aufgetreten ist.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Ist Ihnen bekannt, warum aufgrund der Sensibilität der geplanten Maßnahme, also der Hausdurchsuchung, nicht in Betracht gezogen wurde, dass Sie in die Entscheidung, die Informationskette einbezogen werden?

Mag. Christian Pilnacek: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft stützt sich auf das Staatsanwaltschaftsgesetz und ist auch hier zu Recht der Meinung, dass eine Berichterstattung nicht vorgesehen ist, und eine Berichterstattung außerhalb ihrer gesetzlichen Verpflichtung hat sie nicht für erforderlich gehalten.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Hätte es eine Berichterstattung geben können?

Mag. Christian Pilnacek: Natürlich kann auch außerhalb der gesetzlichen Verpflichtung zur Berichterstattung ein Bericht vorgelegt werden. Das ist aber nicht erfolgt.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Das heißt, ich kann das so verstehen, dass das nicht für notwendig erachtet wurde.

Mag. Christian Pilnacek: Noch einmal: Ich denke, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat seit ihrem Bestehen und auch seit ihrem Ausbau ein besonders hohes Ausmaß an Selbstständigkeit – sie legt auch Wert darauf –, und berichtet grundsätzlich nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen, um jeden Eindruck zu vermeiden, dass auf den Gang der Ermittlungen vonseiten des Ministeriums Einfluss genommen wird.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Auf Seite 1 des Dokuments führt der Leiter der Abteilung IV im Justizministerium aus, dass die gewählte Vorgangsweise bezüglich der direkten Kontaktaufnahme von Goldgruber mit der WKStA nicht üblich sei, und von der Leitenden Staatsanwältin wird bestätigt, dass der Vorgang nicht üblich ist.

Wieso wurde die Vorgangsweise gewählt, obwohl sie eindeutig nicht üblich ist?

Mag. Christian Pilnacek: Na ja, aber das müssen Sie entweder die Frau Leitende Staatsanwältin oder Herrn Generalsekretär Goldgruber fragen, warum diese Vorgangsweise gewählt worden ist.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Was denken Sie sich dabei, wenn ich Sie das fragen darf?

Mag. Christian Pilnacek: Ich interpretiere es so – wie es ja uns allen in diesem Verfahren geht –: außergewöhnlich. Es ist in diesem Umfang noch nicht vorgekommen, dass eine bedeutende Institution der Republik durchsucht wird, und daher ist alles an dem Fall oder vieles an dem Fall nicht üblich.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Im letzten Absatz auf Seite 1 führt die Leitende Staatsanwältin dann aus, dass die Einbindung der Oberstaatsanwaltschaft Wien deshalb nicht erfolgte, „weil die ehemalige LOStA“ – Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft – „mit einem hohen Funktionsträger des BMI verheiratet ist.“

Wieso wurde Ihrer Ansicht nach die ehemalige Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft und jetzige Vizepräsidentin des OGH nicht informiert?

Mag. Christian Pilnacek: Ich kann nur aus dem Protokoll vorlesen, wie es uns die Frau Leitende Staatsanwältin mitgeteilt hat. Hinzuzufügen ist allerdings, dass zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung die nunmehrige Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes nicht mehr Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien war.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Das heißt, Sie können nicht einschätzen, worauf sich das derartige Misstrauen gegen die jetzige Vizepräsidentin des OGH gründet?

Mag. Christian Pilnacek: Auch das, glaube ich, ist Gegenstand einer Befragung der Frau Leitenden Staatsanwältin. Ich kann das Misstrauen nicht interpretieren, weil es im Grundsatz auch nicht zutreffend ist, weil ja damals schon der Vertretungsfall vorgelegen ist. Da war ja schon Hofrat Michael Klackl als Erster Oberstaatsanwalt Leiter der Behörde.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Aber es ist korrekt, dass der Ehemann nicht einmal im Entferntesten Gegenstand der Ermittlungen ist?

Mag. Christian Pilnacek: Nach meinem Kenntnisstand ist diese Person nicht im Kreis der Verdächtigten oder Beschuldigten.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Danke.

Auf Seite 280 des Dokuments führen Sie aus, dass Sie das bisherige Substrat nicht dramatisch finden. Können Sie das bitte erläutern?

Mag. Christian Pilnacek: Ja. Ich habe die Verdachtslage grundsätzlich nicht als so dringend eingeschätzt, wie sie von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft dargestellt worden ist.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Des Weiteren meinen Sie dann, dass mit „der EGS ‚einzumarschieren‘ [...] wahnsinnig auffällig“ war. Ist es korrekt, dass frühere Sicherstellungen im BVT bei Weitem unauffälliger abgelaufen sind?

Mag. Christian Pilnacek: Ja, also auch das entspricht der von mir schon oft wiedergegebenen Auffassung, dass man es mit gelinderen Mitteln hätte vornehmen können. Es hat schon Sicherstellungen im BVT gegeben, allerdings unter anderen Umständen und unter anderen Voraussetzungen.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Was bedeutet „unter anderen Voraussetzungen“?

Mag. Christian Pilnacek: Eine andere Verdachtslage und auch der Umstand, dass in diesem Fall der Leiter, der Direktor des BVT nicht vom Verdacht betroffen war.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Sie haben davor gemeint, „man hätte GRIDLING um Informationen im Wege der Amtshilfe ersuchen können.“ Weshalb wurde davon nicht Gebrauch gemacht?

Mag. Christian Pilnacek: Also das ergibt sich einerseits auch aus der Anordnung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, andererseits aus den dazu getroffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts Wien. Die Begründung, die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft uns in der Dienstbesprechung gegeben hat, war klar, dass es zur Vermeidung einer Selbstbelastung des Direktors des BVT nicht möglich war, da mit Amtshilfe vorzugehen.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Sie führen auf Seite 280, im vierten Absatz aus, dass sich für Sie die Dringlichkeit der Maßnahmen nicht ergibt. Können Sie uns das bitte noch näher erläutern?

Mag. Christian Pilnacek: Für mich war zu dem damaligen Zeitpunkt eben nicht nachvollziehbar, warum diese Anordnungen in einer derart raschen Abfolge erlassen wurden.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Ist Ihnen das mittlerweile erklärt worden?

Mag. Christian Pilnacek: Ich verweise dazu auch noch auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien, das ja in allen Entscheidungen festgestellt hat, es ist keine Dringlichkeit, keine Journaldringlichkeit vorgelegen.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Wir legen Ihnen die Anfrage an den Justizminister und die Anfragebeantwortung des Justizministers vor. Das ist das Dokument 1382, Seiten 39 bis 41. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) In der Anfragebeantwortung wird ausgeführt, dass Bundesminister Dr. Moser eine umfassende Berichterstattung der WKStA veranlasst hat.

Welche Berichtspflichten bestehen vonseiten der WKStA seit der Hausdurchsuchung am 28. Februar?

Mag. Christian Pilnacek: Grundsätzlich haben wir nach dieser Dienstbesprechung und mehreren anderen Aufträgen zur Berichterstattung eine Pflicht zur Vorhabensberichterstattung bei weiteren Zwangsmaßnahmen angeordnet und eine Verpflichtung, Ausführungen zu Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen der Betroffenen uns auch vorab zu berichten.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Gibt es diese Berichte regelmäßig?

Mag. Christian Pilnacek: Die Berichte gibt es insoweit regelmäßig, als seit dieser Zwangsmaßnahme ja keine weitere Zwangsmaßnahme angeordnet worden ist; aber über das gesamte Beschwerdeverfahren und Stellungnahmen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft im Beschwerdeverfahren gibt es natürlich zahllose Berichte.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Über das Ermittlungsverfahren per se auch?

Mag. Christian Pilnacek: Natürlich, das sind Informationsberichte, die wir laufend anfordern, beziehungsweise Berichte, die ich in Auftrag gebe, wenn eine Beschwerde von Betroffenen zu mir gelangt.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Haben Sie den Eindruck, dass Sie mittlerweile vollständig von der WKStA informiert wurden?

Mag. Christian Pilnacek: Es ist immer so, dass wir in unserem Informationsstand nicht deckungsgleich mit dem Informationsstand einer Staatsanwaltschaft sind, die den Fall selbst führt. Natürlich ergibt sich durch die Berichterstattung und die weiterführenden Ermittlungen ständig die Situation, dass der umfassende Kenntnisstand nur bei der fallführenden Staatsanwaltschaft vorhanden ist.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Ich möchte jetzt zum Anlass der Hausdurchsuchung kommen. Wir legen Ihnen den Informationsbericht der Leiterin Vrabl-Sanda mit der Dokumentennummer 1071 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) In dem Bericht wurden handschriftlich zahlreiche Änderungen vorgenommen. Auf Seite 1 wurde etwa das Wort „können“ durch das Wort „müssen“ ersetzt, und daraus ergibt sich, dass „Sicherstellungen angeordnet werden müssen“, statt können.

Ist Ihnen bekannt, wer die ursprüngliche Version geschrieben hat?

Mag. Christian Pilnacek: Also ich nehme an, dass dieser Bericht von der fallführenden Oberstaatsanwältin, die als Sachbearbeiterin angeführt ist, verfasst wurde.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Können Sie einschätzen, wer die Änderungen, die anschließenden handschriftlichen Änderungen durchgeführt hat?

Mag. Christian Pilnacek: Kann ich nicht einschätzen.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Ist es üblich, dass Textpassagen so ausgebessert werden?

Mag. Christian Pilnacek: Ich denke, dass das der Fachaufsicht innerhalb einer Staatsanwaltschaft ebenso entspricht, wie es bei uns im Ministerium ist, dass ich, wenn ich als Letztverantwortlicher mit etwas nicht einverstanden bin, es ausbessere.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Haben Sie hinterfragt, warum das ausgebessert wurde?

Mag. Christian Pilnacek: Das habe ich nicht hinterfragt, nein.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Okay. Sie haben auch nicht hinterfragt, warum laut der Begründung der WKStA die Durchsuchung notwendig war?

Mag. Christian Pilnacek: Ich glaube, so wie es ausgebessert worden ist, war das Ziel, zum Ausdruck zu bringen, es war jetzt die Sachlage so gestaltet, dass aus Sicht der WKStA diese Sicherstellung vorzunehmen ist, und das nicht in der Möglichkeitsform dargestellt wird.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Aber Sie sehen das auch so, dass ein großer Unterschied zwischen „können“ und „müssen“ besteht, besonders im juristischen Sinn?

Mag. Christian Pilnacek: Ich glaube ja, und deswegen, denke ich mir, ist es ausgebessert worden.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Springen wir auf Seite 17, da ist in der ursprünglichen Version – die anschließend durchgestrichen wurde – die Rede davon, dass sich auch die Zeugen „informativ außerhalb des Protokolls“ bezüglich der Heranziehung des BAK bedenklich äußerten.

Ist Ihnen bekannt, was mit „informativ außerhalb des Protokolls“ gemeint sein kann?

Mag. Christian Pilnacek: Auf welche Seite (in den Unterlagen blätternd) beziehen Sie sich jetzt?

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): 17; die gedruckte Nummer rechts oben.

Mag. Christian Pilnacek: Da geht es um den Standcomputer der S. G. (BVT). Ich sehe das jetzt nicht, worauf Sie sich beziehen – 17, Standcomputer.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Tut mir leid, ich hoffe, Sie sehen es gleich. (Der Auskunftsperson wird ein weiteres Schriftstück vorgelegt.)

Mag. Christian Pilnacek: Das ist etwas anderes, oder? (Abg. Krainer: Dokumentennummer bitte!)

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): 1071. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Christian Pilnacek: So, jetzt bitte ich Sie, die Frage nochmals zu stellen.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Sehr gerne: Hier wurde der Passus „informativ außerhalb des Protokolls“ ausgebessert, also anschließend durchgestrichen. Ist Ihnen bekannt, was damit gemeint ist, dass sich die Zeugen „informativ außerhalb des Protokolls“ äußerten?

Mag. Christian Pilnacek: Ich tue mir bei der Beantwortung ein bisschen schwer, weil ich weder das Protokoll verfasst noch ausgebessert habe, und ich werde jetzt zu Interpretationen gefragt, die auch unzulässig sein können. Ich weiß nicht, ob ich diese Frage überhaupt beantworten kann und soll.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Dann versuche ich, es anders zu formulieren: Ist es üblich, dass alles protokolliert wird, was Zeugen sagen?

Mag. Christian Pilnacek: Ja, es ist sozusagen nach der Verfahrensordnung, nach der StPO vorgesehen, dass der Inhalt der Vernehmung natürlich im Protokoll festzuhalten ist.

Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie haben in dieser Runde noch Zeit für eine Frage. Die Wiederholung der Frage habe ich Ihnen natürlich nicht von Ihrer Fragezeit abgezogen.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Ist Ihnen bekannt, welche Zeugen ausgesagt haben, dass das BAK hierfür nicht geeignet wäre?

Mag. Christian Pilnacek: Es ist mir jetzt nicht bekannt, welche Zeugen das waren. Da müsste ich die gesamten Berichte selbst durchschauen.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Danke.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Dr. Pilnacek! (Auskunftsperson Pilnacek: Magister!) – Magister, Entschuldigung! (Auskunftsperson Pilnacek: Geht auch Pilnacek!) – Ich habe extra geschaut, aber das steht quasi nicht in Ihrer URL, aber wurscht; und mit Generalsekretär wollte ich Sie nicht anreden, weil das so einen schalen Beigeschmack hat.

Das, was die Kollegin – wenn ich da fortsetzen darf – hier sagt, ist, dass mit den Zeugen offensichtlich darüber gesprochen wurde, welche Polizeieinheit für etwaige Maßnahmen herangezogen werden soll. Ist es üblich, dass man mit Zeugen über so etwas spricht?

Mag. Christian Pilnacek: Herr Abgeordneter, es ist sicherlich üblich, dass man vor Durchführung einer Hausdurchsuchung alles abklärt, um diese Hausdurchsuchung sicher und so durchzuführen, dass im Vorfeld der Durchführung nichts nach außen dringt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war aber jetzt keine Antwort auf meine Frage. Meine Frage war, ob es üblich ist - -

Mag. Christian Pilnacek: Ich glaube, dass es laufend das Bemühen der Staatsanwaltschaft ist, dass die Anordnung, wenn eine Zwangsmaßnahme angeordnet wird, nicht im Vorfeld bekannt wird. Und wenn es Hinweise gibt, und wenn sich die Situation ergibt, dass ich Beamte aus einem Ressort vernehme, dann kann sich auch ein Anlass ergeben, die zu fragen, ob es da sozusagen möglicherweise Verbindungen gibt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut. Welche Polizeieinheit Ermittlungen führen soll, wurde ja nicht nur mit den Zeugen besprochen, sondern das wurde auch mit dem Anzeiger besprochen. Ist es üblich, dass man mit dem Anzeiger darüber spricht, welche Polizeieinheit Ermittlungen führen soll, kann?

Mag. Christian Pilnacek: Na ja, grundsätzlich ist es so, dass ja die Staatsanwaltschaft über keine eigenen Ermittlungskräfte verfügt; sie hat wohl Experten in der Staatsanwaltschaft, einerseits eben entsprechende EDV-Experten, andererseits aus dem Wirtschaftsbereich. Das heißt, es muss immer geklärt werden, welche Kräfte, Exekutivkräfte diese Zwangsmaßnahme durchführen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber mit dem Anzeiger bespricht man das normalerweise nicht, nur weil der zufällig auch Beamter im BMI ist, bespricht man das. Das heißt aber, dass Herr Goldgruber am 19. Jänner in zweifacher Funktion bei der Staatsanwaltschaft war, nämlich als Anzeiger und als Generalsekretär. Deswegen verstehe ich ja, dass Sie sagen, dass Sie die Kontaktaufnahme, dass der Generalsekretär den Dienstweg nicht einhält und mit seinem Visavis im BMJ redet, als Skandal empfinden.

Dass er anzeigt ist das eine, das andere ist, dass er ja weit darüber hinaus auch eingreift und bei dieser Besprechung nicht nur als Anzeiger fungiert. Sie kennen ja sicher das Tagebuch in dieser Frage.

Mag. Christian Pilnacek: Herr Abgeordneter, die Anzeige erfolgt aus der Funktion des zur Anzeige Verpflichteten, und das ist der Herr Generalsekretär des Innenministeriums. Da gibt es eine klare gesetzliche Verpflichtung, und nach dieser gesetzlichen Verpflichtung ist er vorgegangen. Das heißt, er ist nicht in zwei Funktionen aufgetreten. Er ist als Generalsekretär verpflichtet, Verdachtsmomente, die das Ressort betreffen, der Staatsanwaltschaft mitzuteilen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist seine Funktion als Anzeiger, und das andere ist als - - Das muss man ja unabhängig davon sehen. Es wird ja nicht mit jedem, der irgendetwas anzeigt, darüber diskutiert, welche Polizeieinheit am besten wäre, um das zu verfolgen. (Auskunftsperson Pilnacek: Natürlich, weil - -!) Dann mache ich das auch gleich: Ich gehe gleich zu Ihnen und sage, ich zeige jetzt den Kickl an (Auskunftsperson Pilnacek: Ja, natürlich - -), weil er uns die Akten nicht übermittelt, und wir reden gleich darüber, wer dort die HD macht. (Auskunftsperson Pilnacek: Aber natürlich - -) Das wäre komisch, wenn Sie das mit mir besprechen.

Mag. Christian Pilnacek: Wie gesagt (Abg. Krainer: Obwohl: Das wäre eine interessante Sache, jetzt wo ich darüber - -!), das ganze Verfahren kann man nicht als ein übliches Verfahren betrachten. (Abg. Krainer: Okay!)

Es erscheint mir in der Situation nicht ungewöhnlich, dass man, wenn schon der Generalsekretär gewisse Dinge mit mir bespricht, auch klärt: Steht diese Anzahl von Polizeikräften von welcher Einheit zur Verfügung? Das muss ja die Staatsanwaltschaft tun. Mit wem soll sie es sonst besprechen?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Eh! Ich sage das ja eh. Ich wollte nur Ihre Aussage, „ist ein Skandal“, verstehen, was ich ja jetzt eh tue, weil er ja dort zwei Funktionen hat.

Ich darf Ihnen Akt Nummer 1067, Seite 92, 93 vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Mir geht es um das E-Mail vom 5. Dezember, auf das Sie dann – ich kann das gar nicht lesen – auch am 5. Dezember antworten; das geht recht flott dahin, 12.05 Uhr, 12.41 Uhr und dann 12.48 Uhr. Ein gewisser Andreas Achatz aus dem BMI schickt ein Mail an einen gewissen Clemens-Wolfgang Niedrist, in dem er schreibt: „Lieber Clemens, zur Info. LG Andy“. Könnten Sie uns sagen, wer Andreas Achatz ist? Ist Ihnen der bekannt?

Mag. Christian Pilnacek: Nach meinem Informationsstand war Andreas Achatz zu diesem Zeitpunkt Kabinettsmitarbeiter des damaligen Innenministers.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und der schickt ein Scan, eine Beilage mit. Die Beilage sind Auszüge aus diesen Konvoluten, ich glaube, das ist Ihnen jetzt nicht vorgelegt worden, aber es sind drei verschiedene Konvolutteile.

Wer ist Clemens-Wolfgang Niedrist?

Mag. Christian Pilnacek: Clemens-Wolfgang Niedrist war und ist Kabinettschef im Ressort.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay, wobei: Da war noch der alte Minister.

Mag. Christian Pilnacek: Damals war noch Vizekanzler und Bundesminister Professor Brandstetter im Amt, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. Wolfgang Niedrist leitet das innerhalb von ein paar Minuten an Sie weiter und schreibt: „Lieber Christian! Zu unserem Telefonat heute Früh: Es geht um die Sache im Anhang. Ist das eingestellt? LG“. – Was hatten Sie da für ein Telefonat?

Mag. Christian Pilnacek: Ich kann das jetzt aus der Erinnerung nicht hundertprozentig ableiten, aber ich denke mir, dass es eben um diese ganzen Recherchen rund um dieses anonyme Anzeigenkonvolut gegangen ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, Sie hat der Kabinettschef in der Früh angerufen und hat gefragt: Ist das eingestellt?

Mag. Christian Pilnacek: Nein, die Frage: Ist das eingestellt?, ist mit Mail an mich herangetragen worden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, aber was war das für ein Telefonat in der Früh?

Mag. Christian Pilnacek: In der Früh - - Ich gehe eben davon aus, dass wir betreffend den Umgang mit diesem häufig an verschiedene Staatsanwaltschaften herangetragenen, anonymen Konvolut telefoniert haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und was haben Sie ihm da gesagt?

Mag. Christian Pilnacek: Wie gesagt, was genau der Inhalt des Telefonats war, kann ich heute nicht mehr sagen, aber es war ja, wie ich schon in einer einleitenden Beantwortung einer Frage gesagt habe, mein Interesse, dass diesen anonymen Vorwürfen entsprechend nachgegangen wird und auch versucht wird, das zu objektivieren oder zu falsifizieren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Jetzt haben Sie dieses Mail bekommen. Wenn man das Mail liest, hat man den Eindruck, das will ja gar nicht Wolfgang Niedrist wissen, sondern das will das Kabinett des Innenministers wissen.

Mag. Christian Pilnacek: War das jetzt eine Frage, Herr Abgeordneter?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Na ja, was haben Sie sich gedacht, als Sie das bekommen haben?

Mag. Christian Pilnacek: Also das ist ein häufiger Vorgang, dass mir etwas mittgeteilt wird, und ich versuche, das dann natürlich an die Staatsanwaltschaft heranzutragen, um auch den Informationsstand zu haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist ein häufiger Vorgang, dass ein Kabinettsmitglied aus dem BMI wissen will, ob irgendeine Sache eingestellt ist, bei der es um Mitarbeiter, um hohe Funktionäre, unter anderen den Kabinettschef des BMI, geht, und der macht das dann über - - Das ist ein häufiger Vorgang?

Mag. Christian Pilnacek: Na, ich halte es nicht für ungewöhnlich, dass einem Anzeigenkonvolut, das seit mehr als einem halben Jahr bei verschiedenen Staatsanwaltschaften herumgeistert, mit schweren Anschuldigungen, nachgegangen wird – was passiert mit dem eigentlich und wird das ermittelt oder nicht ermittelt?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay, und was haben Sie dann gemacht?

Mag. Christian Pilnacek: Ich habe das zuhanden der Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft weitergeleitet, mit der Frage, ob das Gegenstand eines Verfahrens ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie das nur an sie weitergeleitet oder an andere auch? Sie haben gesagt, das ging an eine Reihe von Staatsanwaltschaften – da werden Sie es ja (Auskunftsperson Pilnacek: Nein!) an ganz viele Staatsanwaltschaften geschickt haben.

Mag. Christian Pilnacek: Nein, wie gesagt, ich habe mit StA Wien und WKStA gesprochen, dass diese verschiedenen Anzeigen, die mit unterschiedlichen Inhalten, aber im Kern immer die gleichen Vorwürfe betreffend, bei verschiedenen Staatsanwaltschaften, insbesondere der Staatsanwaltschaft Wien, unterschiedlich erledigt werden, einmal eingestellt, einmal werden Ermittlungen verweigert - -, dass sich die WKStA diese gesamten Vorwürfe ansieht und versucht, zu objektivieren oder zu falsifizieren. Und darauf war meine Frage bezogen, ob dieser Teil Gegenstand des Verfahrens bei der WKStA ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie schreiben ja im E-Mail: „Liebe Ilse-Maria! Ist Dir das bekannt bzw. Gegenstand des Verfahrens, von dem Du mir berichtet hast?“ – Was hat Sie Ihnen berichtet?

Mag. Christian Pilnacek: Dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft jetzt versucht, sich die Verfahren, die noch offen sind, und auch Verfahren, wo Einleitung von Ermittlungen verweigert worden ist, von der StA Wien beizuschaffen und dann zu prüfen: Gibt es einen Anfangsverdacht, kann man etwas objektivieren, und was macht man damit?, um einmal nicht die Vorwürfe aus der Welt zu schaffen, sondern bei derart schwerwiegenden Anschuldigungen auch Ermittlungsschritte durchzuführen, die entweder in Bestätigung der Vorwürfe gehen oder in eine objektive Falsifizierung dieser Vorwürfe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, das ist das, was sie Ihnen berichtet hat. Die haben zu dem Zeitpunkt ja schon ganz lange drei Punkte herausgearbeitet, für die sie zuständig sind. Zu dem Zeitpunkt haben die ja schon die drei Punkte, für die sie zuständig sind oder sich zuständig fühlen, destilliert.

Haben Sie bei der Staatsanwaltschaft auch nachgefragt, ob dort noch irgendetwas ermittelt wird?

Mag. Christian Pilnacek: Nein, im konkreten Fall nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Im konkreten Fall nicht? Und welche Antwort haben Sie dann bekommen, auf dieses Mail: „Ist Dir das bekannt bzw. Gegenstand des Verfahrens, von dem Du mir berichtet hast?“ – Was war ihre Antwort?

Mag. Christian Pilnacek: Das müsste ich jetzt im Tagebuch nachschauen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie erinnern sich nicht mehr, was die Antwort war?

Mag. Christian Pilnacek: Da erinnere ich mich nicht konkret.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, Sie erinnern sich auch nicht, wie Sie dann dem Kabinettschef geantwortet haben?

Mag. Christian Pilnacek: Grundsätzlich gibt es dazu wohl auch keine weitere Information. Ich werde ihm mündlich berichtet haben, dass ich das bei der WKStA erhebe – wie der Stand des Verfahrens ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, das ist nicht eingestellt, ist die Info gewesen, an den - -

Mag. Christian Pilnacek: Na unmittelbar werde ich den K- -, ist es der Regelfall, dass ich den Kabinettschef informiere, wie ich mit Anfragen, die aus dem Kabinett kommen, umgehe und was ich veranlasst habe. Ich werde ihm berichtet haben, ich habe das an die WKStA herangetragen.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die Antwort verstehe ich nicht. Der fragt Sie: Ist das eingestellt?, und da antworten Sie - - Da müssen Sie ja sagen: Ja, es ist eingestellt!, oder: Nein, nicht!

Mag. Christian Pilnacek: Wie gesagt, wann ich eine Antwort auf dieses Mail erhalten habe und mit welchem Inhalt, müsste ich jetzt in dem Aktenbestand nachforschen, und erst danach stellt sich die Frage, mit welchem Inhalt ich den Kabinettschef informiert habe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Eine allerletzte kurze Frage: Ist das ein allgemeines Bürgerservice, dass jetzt jeder bei Ihnen anrufen und erfahren kann, ob ein Verfahren eingestellt ist, oder muss man den Kabinettschef kennen, der diese Frage an Sie weiterleitet, um eine Antwort zu bekommen?

Mag. Christian Pilnacek: Grundsätzlich ist es so, dass ich zahllose Anfragen bekomme, und grundsätzlich gebe ich über diese Dinge auch keine Auskunft, befasse aber die Staatsanwaltschaft damit. (Abg. Krainer: Außer an den Kabinettschef!) – Das habe ich jetzt akustisch nicht - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Außer an den Kabinettschef, der kriegt schon eine Antwort!

Mag. Christian Pilnacek: Soweit es Dinge sind, die nicht einer absoluten Geheimhaltung unterliegen, ist es auch meine Verpflichtung, das Kabinett zu informieren.

Vorsitzende Doris Bures: Ich verweise Sie jetzt auf die nächste Runde, Herr Abgeordneter.

Zu Wort gelangt Abgeordneter Dr. Tschank. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Sehr geehrter Herr Generalsekretär! Vielleicht eingangs: Sie haben ja im Hinblick auf die Anzeigepflicht des Generalsekretärs gemäß § 78 StPO auch in Medienberichten des Öfteren festgehalten, dass das BMI als Dienstbehörde gesetzlich verpflichtet ist, wenn es den Verdacht einer strafbaren Handlung gibt, dies auch zur Anzeige zu bringen. Gestern bei der Befragung der Frau Oberstaatsanwältin Schmudermayer hat diese auch bestätigt, dass dem so ist, dass man als höchster Beamter im BMI auch die Verantwortung trägt, wenn man über Vorwürfe Kenntnis hat, diese dann auch entsprechend anzuzeigen.

Hat Generalsekretär Goldgruber aus Ihrer Sicht rechtmäßig und gesetzmäßig im Sinne des § 78 StPO gehandelt?

Mag. Christian Pilnacek: Herr Abgeordneter, ich verweise auf meine bisherigen Antworten. Ich habe auch mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass § 78 eine entsprechende Verpflichtung enthält, und Herr Generalsekretär Goldgruber hat dieser Verpflichtung entsprechend gehandelt.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Sie mögen keine Was-wäre-wenn-Fragen, aber was wäre die rechtliche Konsequenz einer unterlassenen Anzeige aus Ihrer Sicht?

Mag. Christian Pilnacek: Ich weiß nicht, ob ich als Auskunftsperson Rechtsauskünfte zu erteilen habe.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Von Kollege zu Kollege – es ist nicht so schwer, die Konsequenz daraus zu ziehen.

Mag. Christian Pilnacek: Ich meine, das ist die Frage eines Unterlassens und der Strafbarkeit eines möglichen Unterlassens.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Kann ein Unterlassen auch strafbar sein?

Mag. Christian Pilnacek (erheitert): Also (Verfahrensrichter Strauss: Ihre Expertise ist gefragt! – Abg. Duzdar: Das ist ja kein Rechtsvortrag!), ich sage, unter bestimmten Voraussetzungen, ja.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Ich möchte nur sagen: Man muss auch für die Öffentlichkeit ganz konkret in diesem Sinne erklären, dass eine Unterlassung eben auch ein strafbares Handeln bedeuten kann.

Ich möchte dann weitergehen in Richtung – sie haben ja davon gesprochen – Dienstweg; es hätte der Dienstweg eingehalten werden müssen. Ich verweise hier immer wieder auf die Dienstbesprechung vom 12. März 2018, bei der Sie das sehr stark eingefordert haben.

Meine Frage dazu: Gibt es denn überhaupt einen normativ vorgeschriebenen Dienstweg zwischen Generalsekretariat BMI und Generalsekretariat Justiz? Das heißt, gibt es einen ressortübergreifenden Dienstweg? Mir wäre so etwas nicht bekannt.

Mag. Christian Pilnacek: Wie gesagt, das war eine gewisse Emotionalität, die da zum Ausdruck gekommen ist, weil ich mit der Vorgehensweise nicht ganz zufrieden war. Ich versuche, das ständig so zu halten, dass ich mich in meinem Ressort sozusagen nicht oder in ganz seltenen Fällen direkt an die Staatsanwaltschaft wende, sondern diese Anfragen immer im Wege der Oberstaatsanwaltschaft tätige, und wenn ich Anliegen mit dem BMI zu erörtern habe, wende ich mich auch zunächst an den Herrn Generalsekretär.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Noch einmal meine Nachfrage: Ist es ein gesetzlicher Dienstweg oder ist das eine Usance?

Mag. Christian Pilnacek: Eine Gepflogenheit.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Noch weiter zum Dienstweg: Wäre nicht hinsichtlich der, wie Sie wissen, eingeschränkten Berichtspflicht der WKStA im Innenverhältnis des Bundesministeriums dieser Dienstweg, diese Usance, diese Gepflogenheit, von der Sie sprechen, dann unter Umständen auch eine Umgehung der eingeschränkten Berichtspflicht der WKStA? Sie würden ja Informationen bekommen, die Sie eigentlich auf der gesetzlichen Grundlage gar nicht bekommen dürften.

Mag. Christian Pilnacek: Ich glaube nicht, dass es da um Informationen geht, die ich nicht bekommen dürfte. Es wäre durchaus möglich gewesen, dass man zwischen den beiden Generalsekretären, also zwischen mir und Goldgruber, die weitere Vorgehensweise bespricht.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Ich möchte jetzt ein bisschen weg vom Dienstweg und hin zu den Hausdurchsuchungen kommen und das mit folgender Frage einleiten: Ist eine Hausdurchsuchung bei einer Behörde, bei einem Amt grundsätzlich unzulässig?

Mag. Christian Pilnacek: Also noch einmal: Ich tue mir da ein bisschen schwer, jetzt laufend Rechtsfragen zu beantworten. Ich bin Auskunftsperson und bin zu meinen Wahrnehmungen geladen und nicht zu meinen Rechtsansichten.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Ich frage das deswegen, weil es ja bei der Dienstbesprechung am 12. März 2018 dezidiert besprochen worden ist und da auch von der Dringlichkeit der Maßnahmen einer Hausdurchsuchung und auch vom entsprechenden Anfangsverdacht die Rede gewesen ist. Deswegen frage ich nach: Wie sehen Sie das?

Mag. Christian Pilnacek: Wir haben im Rahmen der Dienstbesprechung umfassend erörtert, ob da nicht der richtige Weg der Weg der Amtshilfe wäre. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat unter Hinweis auf andere Verfahren, etwa im Salzburger Finanzskandal, bei dem auch eine entsprechende Hausdurchsuchung durchgeführt worden ist, eben die Ansicht vertreten, dass der Weg der Amtshilfe da nicht möglich ist, weil Direktor Gridling selbst in Verdacht steht, und hätte man ihn zur Amtshilfe aufgefordert, wäre das auch eine Umgehung des Selbstbelastungsverbots, und daher war für uns die Entscheidung zum damaligen Zeitpunkt auch vertretbar. Wie gesagt, das Oberlandesgericht Wien hat das dann anders beurteilt.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Noch eine kurze Nachfrage zu der Entscheidung des Oberlandesgerichts: Kann man, nach Ihrem fachmännischen Verständnis, Amtshilfe überhaupt nützen, wenn Dateien, wie durch die HD offenkundig geworden ist, privat abgespeichert worden sind und nicht in den Amtsräumlichkeiten vorliegen? Kommt man im Wege der Amtshilfe überhaupt an diese Daten?

Mag. Christian Pilnacek: Es ist eine grundsätzliche Frage, die wir auch noch prüfen, aber grundsätzlich hängt das von der Genauigkeit und der Exaktheit der Anordnung der Staatsanwaltschaft ab. Wenn sich die Anordnung ausdrücklich auf private Datenträger oder sonstige Gegenstände in Büroräumlichkeiten bezieht, die nicht der Verfügungsgewalt des BMI oder der Dienststelle BVT unterliegen, dann wären diese Gegenstände natürlich nicht im Wege der Amtshilfe herauszugeben. Dazu bedarf es eines genauen Vergleichs zwischen dem Inhalt der Anordnung, dem exakten Inhalt, welche Gegenstände sicherzustellen sind, und dem Spruchinhalt und der Begründung der Entscheidungen des Oberlandesgerichts.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Sie haben jetzt gerade von privaten Dateien in Amtsräumlichkeiten gesprochen, wenn ich es richtig verstanden habe, ich meine aber amtliche Dateien in privaten Räumlichkeiten. Komme ich über die Amtshilfe zu amtlichen Dateien in privaten Unterkünften?

Mag. Christian Pilnacek: Na ja, aber da ist die Situation ja ganz anders. Das war ja auch nicht der Gegenstand der Entscheidung des Oberlandesgerichts. Bei den Privaträumlichkeiten war die Begründung nicht, dass - - Natürlich ist es darum gegangen, ob hinreichende Verdachtsmomente dafür vorhanden sind, dass in diesen Privaträumlichkeiten Gegenstände verwahrt sind, die zur Untermauerung des Verdachts von Bedeutung sind. Also in Privaträumlichkeiten komme ich natürlich nicht im Wege der Amtshilfe.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Genau das wollte ich wissen.

Bleiben wir noch bei den Hausdurchsuchungen: Bei Vorliegen eines Tatverdachts gegen eine Behörde, einen Amtsträger würde das natürlich auch dazu führen, dass dieser sich selbst belasten müsste. Wie sehen Sie noch einmal das Verhältnis Selbstbelastungsverbot und Amtshilfe? Wie würden Sie diesen konkreten Fall einschätzen?

Mag. Christian Pilnacek: Also nochmals: Die Einschätzung – und an diese Einschätzung fühle ich mich gebunden – hat das Oberlandesgericht Wien vorgenommen. Laut Rechtsansicht des Oberlandesgerichts Wien wäre in diesem Fall an die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit als übergeordnete Behörde heranzutreten gewesen.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Gibt es betreffend den Konflikt Amtshilfe/Hausdurchsuchungen grundsätzlich Judikaturen, an denen sich die WKStA orientieren kann?

Mag. Christian Pilnacek: Wie gesagt, wir haben das im Rahmen der Dienstbesprechung erörtert, und die WKStA hat entsprechende Entscheidungen des Oberlandesgerichts Wien – auch bereits von mir erwähnt –, zum Beispiel im Salzburger Finanzskandal, bei dem es auch um die Durchsuchung von Amtsräumen gegangen ist.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Ich möchte zu einem ein wenig anderen Thema kommen: Kennen Sie die Stellungnahme der Abteilung IV 5 zum Thema Hausdurchsuchungen? Das ist eine Bewertung von Herrn Dr. Jirovsky vom 13.3.2018.

Mag. Christian Pilnacek: Natürlich kenne ich sie, weil sie ja in meinem Auftrag erstellt worden ist.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Es kommt ja in dieser Bewertung auch zu einer durchaus positiven Beurteilung, was die Zulässigkeit und die Verhältnismäßigkeit der Hausdurchsuchungen anbelangt. Könnten Sie dazu noch das eine oder andere ausführen, wie Sie das aus der aktuellen Sicht sehen?

Mag. Christian Pilnacek: Aus der aktuellen Sicht sehe ich das als Beamter so, wie es das Oberlandesgericht Wien ausgeführt hat.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Hat die Staatsanwaltschaft auf Grundlage der damals intern vorliegenden Unterlagen und Beurteilungen aus Ihrer Sicht korrekt gehandelt?

Mag. Christian Pilnacek: Ich hatte die Sachlage zu dem Zeitpunkt zu beurteilen, nachdem die Anordnung bewilligt und durchgeführt worden ist. In der Dienstbesprechung und auch in dem Dokument, das in meinem Auftrag vom Leiter der Abteilung IV 5 erstellt worden ist, ist es darum gegangen, ob wir einen unmittelbaren Anlass dafür haben, im Rahmen der Fachaufsicht jetzt etwas zu unternehmen. Zum damaligen Zeitpunkt war uns, wie gesagt, die Erklärung der WKStA mit Hinweis auf die entsprechenden Judikate des Oberlandesgerichts Wien in anderen Verfahren samt Begründung der Anordnung ausreichend genug; beziehungsweise – wie es immer unserem Beurteilungsmaßstab entspricht –: Es war vertretbar, so vorzugehen.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Danke.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Generalsekretär! Ich komme zurück und möchte bei der Frage der Anzeigepflicht des Generalsekretärs Goldgruber einhaken. Diese besteht, aber uns ist ja auch bekannt, dass Generalsekretär Goldgruber zielstrebig zur zuständigen Staatsanwältin ging, um dieses Konvolut vorzulegen.

Halten Sie es für möglich, dass er wusste, dass das Konvolut schon vorliegt, weil er eben über das Strafverfahren Bescheid wusste?

Mag. Christian Pilnacek: Frau Abgeordnete, über den Informationsstand des Herrn Generalsekretärs Goldgruber habe ich keine eigenen Wahrnehmungen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber wenn er es gewusst hätte, hätte keine Anzeigepflicht bestanden?

Mag. Christian Pilnacek: Es müsste ihm sozusagen aus anderen Quellen definitiv bekannt gewesen sein, aber ich spekuliere nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke.

Das bringt mich zu den anderen Pflichten eines Generalsekretärs, der gerne als Exekutivbeamter auftritt, nämlich: Es gab, wie wir nun wissen, vorbereitende, informelle Gespräche mit den Zeugen, und zwar einmal mit Frau R. P. (BVT), zweimal mit Herrn A. H. (BVT), zweimal mit Herrn M. W. (BVT); und zumindest bei der zweiten Zeugenanhörung des Herrn M. W. (BVT) war auch Generalsekretär Goldgruber anwesend.

Meine Frage ist: Ist es üblich, dass solche informellen Gespräche stattfinden, bevor Zeugen der Staatsanwaltschaft zugeführt werden?

Mag. Christian Pilnacek: Frau Abgeordnete, wie auch schon mehrmals von mir betont: An diesem Fall ist wenig üblich.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke.

Ist es üblich, dass es über solche Gespräche keine schriftlichen Vermerke gibt, insbesondere wenn Exekutivbeamte wie der Generalsekretär anwesend sind?

Mag. Christian Pilnacek: Ich kann nicht beurteilen, was bei einem unüblichen Vorgehen üblich wäre.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, das Unübliche wird noch unüblicher.

Mag. Christian Pilnacek: Ich glaube, das war jetzt keine Frage, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nein, das war nur rhetorisch.

Das bringt mich zu einem Aktenvermerk vom 19.1., im Tagebuch auf Seite 26 bis 27.

Vorsitzende Doris Bures: Das liegt noch nicht vor. Die Dokumentennummer, bitte!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das liegt noch nicht vor, Entschuldigung! Das ist das Dokument Nummer 1079. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Auf Seite 26 bis 27 findet sich ein Vermerk der Staatsanwältin Schmudermayer zu diesem Gespräch am 19.1. mit Generalsekretär Goldgruber: „Es wird übereingekommen, dass die Kommunikation [...] per Telefon (Festnetz) erfolgt, nicht per e-Mail, und allfällige Schriftstücke übergeben werden. Der Kontakt wird zwischen mir und Goldgruber bestehen.“

Nun geht es um die WKStA, die für Amtsdelikte zuständig ist und zumeist mit Behörden zu tun hat. Wir haben gestern von der Staatsanwältin gehört, dass jeder verdächtig war, keiner hätte eingebunden werden sollen.

Ist es in der WKStA üblich, dass man mit einem Generalsekretär vereinbart, nur mehr per Telefon zu kommunizieren und nicht mehr per E-Mail, um keine schriftlichen Spuren zu hinterlassen, weil man die WKStA ist und gegen Korruptionen ermittelt, was ja die zentrale Aufgabe ist?

Mag. Christian Pilnacek: Sie fragen mich nach der Üblichkeit. (Abg. Krisper: Ja!) – Das verstehe ich nicht, weil sich aus dem Aktenmerk die Begründung ergibt, warum es so gemacht worden ist.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum?

Mag. Christian Pilnacek: Offenbar hatte die Staatsanwältin beziehungsweise der Herr Generalsekretär – aber ich habe dazu wiederum keine eigenen Wahrnehmungen, ich habe diese Gespräche nicht geführt – den Eindruck, dass im BMI Möglichkeiten bestehen, sozusagen zu Inhalten Zugang zu haben, die möglicherweise eine Amtshandlung gefährden könnten.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die WKStA ist ja generell für Korruption zuständig, das heißt, sie hat öfter mit Fällen zu tun, in denen möglicherweise Behörden und Beamte verdächtig sind. Demnach kommt es sicher öfter vor, dass die Gefahr besteht, dass durch schriftliche Aufzeichnungen Personen Verfahrensstände bekannt werden, was die Ermittlungen behindern könnte – daher meine Frage nach der Üblichkeit.

Mag. Christian Pilnacek: Es ist schon üblich, dass man sich genau überlegen muss, welche Dokumente man mit einer relativ unsicheren Übertragungsform, nämlich E-Mail, versendet. Es gibt aus diesem Grund in der Justiz ja auch eine Verschlusssachenverordnung, die auch entsprechende Vorkehrungen trifft, damit Inhalte nicht bekannt werden. Es entspricht auch der Vorgangsweise, dass Schriftstücke bei besonderer Geheimhaltungsnotwendigkeit in einem verschlossenen Kuvert übergeben werden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dass man sich aber aus Prinzip gänzlich per Telefon verständigt, ist nicht üblich?

Mag. Christian Pilnacek: Üblich ist es dann, wenn besondere Gründe für eine Geheimhaltung bestehen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich komme zu einer anderen Frage betreffend die Üblichkeit: Im Tagebuch auf Seite 81 findet sich der schon gestern besprochene Vermerk des Staatsanwalts Purkart zur Kontaktaufnahme mit dem Präsidenten des Landesgerichts für Strafsachen Mag. Forsthuber. Es gab schon eine Kontaktaufnahme am 22. Februar, bei der generell darüber gesprochen wurde, dass eine sensible Anordnung kommen könnte. Mir geht es um die Chronologie der Ereignisse ab dem 26. Februar, das heißt um das zweite Gespräch.

Wenn die Einvernahme des letzten Zeugen am 26. Februar von 14 Uhr bis 19.15 Uhr stattgefunden hat und ich als Staatsanwältin völlig vor Augen habe, dass Gefahr im Verzug besteht: Warum suche ich dann nicht mit den gesamten Akten das Gespräch mit dem Richter, der am nächsten Tag im regulären Dienstbetrieb ist, und setze mich mit ihm über den Fall auseinander, statt über Telefonate zu urgieren und mir erst am 27. abends, um 22.30 Uhr, in einem 10- bis 15-minütigen Gespräch die Anordnung genehmigen zu lassen? Ist das für Sie nachvollziehbar?

Mag. Christian Pilnacek: Frau Abgeordnete, ich glaube, dass ich nicht die fallführende Oberstaatsanwältin bin. Ich denke, dass sie gestern als Auskunftsperson zur Verfügung gestanden ist. Diese Frage ist an sie zu richten. Wir haben im Rahmen von Dienstbesprechungen erörtert, warum das so erfolgt ist.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann frage ich anders: Welches Vorgehen vonseiten der Staatsanwaltschaft würden Sie als richtig empfinden, wenn am Abend nach einer Einvernahme Gefahr im Verzug besteht?

Mag. Christian Pilnacek: Also grundsätzlich hätte die gesamte Anordnung auch mündlich ergehen können. Die fallführende Oberstaatsanwältin wollte besonders korrekt vorgehen und hat eben am darauffolgenden Tag die entsprechenden Anordnungen samt Begründung verfasst.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, man hätte am ganzen 27. untertags das Gespräch mit dem Richter suchen und ihm das detailliert und lange auseinandersetzen können.

Mag. Christian Pilnacek: So, wie es mir berichtet worden ist, hat die fallführende Oberstaatsanwältin an diesem Tag an den Anordnungen gearbeitet.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, sie hat geschrieben und dadurch den Journalrichter erst in der Nacht zu einem 10- bis 15-minütigen Gespräch erwischt, statt untertags zum zuständigen Richter zu gehen und mit ihm in Ruhe länger als 10 bis 15 Minuten den Fall zu besprechen?

Mag. Christian Pilnacek: Frau Abgeordnete, das ist ein Punkt, den wir breit erörtert haben. Auch aus meiner Sicht wäre es besser gewesen, wenn nach Verfassen der Anordnungen nicht in den Abendstunden die Durchführung vorgenommen worden wäre, sondern eben nach Befassung des zuständigen Haft- und Rechtsschutzrichters.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Halten Sie ein 10- bis 15-minütiges Gespräch am Telefon für ausreichend für eine Hausdurchsuchung mit einem derartig massiven Grundrechtseingriff?

Mag. Christian Pilnacek: Meine persönlichen Einschätzungen sind, glaube ich, hier nicht Gegenstand meiner Befragung.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich komme zum Komplex Druckaufbau vonseiten des Innenministeriums: Wir haben gestern schon vom Zeitdruck, der von Dr. Lett aufgebaut wurde, und von Schnellschüssen, die es auf Zuruf nicht geben soll, gehört. Ich lege das Dokument Nummer 1067 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist ein E-Mail von Ihnen, Herr Generalsekretär, an Frau Vrabl-Sanda, die Leiterin der WKStA, vom 2.3.; da schreiben Sie:

„Liebe Ilse-Maria! Danke Dir für Deine Bemühungen. Wie Du Dir denken kannst, bekomme ich intern und von höchster Ebene des BM.I doch recht massive Vorwürfe; mir liegt darin, Euch in Ruhe arbeiten zu lassen und auch den Rücken zu stärken. Wenn ich hier ein wenig mehr Informationen zur Verhältnismäßigkeit der vorführung bekomme, wäre ich dankbar.“

Um welche Vorwürfe – „intern und von höchster Ebene des BM.I“ – ging es da?

Mag. Christian Pilnacek: Na ja, es hat sich ja die ganze Geschichte entwickelt, und wir mussten erst den entsprechenden Informationsstand erfassen. Es hat auch entsprechende Vorwürfe der von den Durchsuchungen Betroffenen gegeben, die auch an mich gerichtet waren, und wir wollten uns sozusagen – unter Anführungszeichen – „stark aufstellen“ und eine gute Begründung für die Verhältnismäßigkeit dieser Zwangsmaßnahmen haben.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Welche Vorwürfe gab es von höchster Ebene des BMI?

Mag. Christian Pilnacek: Es war eine insgesamt aufgeregte Situation, sowohl in unserem Ressort als auch im Bundesministerium für Inneres, wo höchstes Interesse bestanden hat, diesen gesamten Vorgang der Anordnung und Durchführung der Hausdurchsuchung so zu erklären, dass es nicht nur bei den Betroffenen, sondern auch in der Öffentlichkeit verstanden wird.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Hier geht es sehr stark um die Verhältnismäßigkeit. Uns ist ja nun klar, dass drei der vier Zeugen – nämlich gerade die belastenden Zeugen – von einem Kabinettsmitarbeiter des Innenministers in vorbereitenden Gesprächen getroffen und von ihm als Vertrauensperson zu den Einvernahmen begleitet wurden. Durch deren Aussagen kam es überhaupt zu den Hausdurchsuchungen. Das heißt: Der Rechtfertigungsdruck zur Verhältnismäßigkeit ergibt sich durch die doch nicht ausreichenden Aussagen dieser Zeugen. Ist das richtig?

Mag. Christian Pilnacek: Also Sie fragen mich etwas zur Verhältnismäßigkeit, aber begründen das mit der Dringlichkeit. Die Aussagen der Zeugen waren laut Ansicht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft für die Dringlichkeit entscheidend. Die Verhältnismäßigkeit ist jetzt auch schon lange diskutiert: Es hat sich nach Meinung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft diese Anordnung nicht anders durchführen lassen, weil die Wege der Amtshilfe nicht zur Verfügung gestanden sind.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann frage ich: Ist es für Sie kein Zirkelschluss, zu sagen: Drei Zeugen belasten Personen derart massiv, dass Gefahr im Verzug besteht; dadurch habe ich nicht mehr die Zeit, die Aussagen dieser Zeugen durch weitere Einvernahmen oder Beweisherbeischaffung anderer Art zu falsifizieren oder zu verifizieren?

Mag. Christian Pilnacek: Uns – und das ist der Kenntnisstand, auf den ich mich beziehe – ist die Situation so dargestellt worden, dass die Gefahr von Löschungen bestanden hat. Daher ist nach diesen Aussagen, die als Begründung ausreichten – wie auch das Oberlandesgericht Wien festgestellt hat, dass der Tatverdacht ein begründeter Tatverdacht ist –, diese Maßnahme angeordnet worden.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Herr Sektionschef, seit wann ist Ihnen bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Wien alle Verfahren oder Erhebungen im Zusammenhang mit diesem Konvolut am 25. August 2017 eingestellt hat?

Mag. Christian Pilnacek: Das ist mir durch Nachfragen, die ich im Zuge von Recherchearbeiten diverser Journalisten getätigt habe, bekannt geworden, und dann sind die entsprechenden Nachfragen bei der Staatsanwaltschaft ergangen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Wann?

Mag. Christian Pilnacek: Es muss - - Ich kann es zeitlich nicht mehr genau sagen, früher Herbst 2017.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Also noch vor der Wiederaufnahme oder Fortsetzung des Verfahrens durch die WKStA.

Mag. Christian Pilnacek: Ja.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Wann ist Ihnen bekannt geworden, dass die WKStA beabsichtigt, diese Verfahren fortzuführen?

Mag. Christian Pilnacek: Das muss im November, Dezember 2017 gewesen sein.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Es gibt einen Aktenvermerk – im Tagebuch, Dokument 1079, Seite 6; ich glaube, das Tagebuch liegt Ihnen vor (Auskunftsperson Pilnacek: Ja!) – von Frau Mag. Schmudermayer. In dem handschriftlichen AV schreibt sie: und „gab an, dass sie am (glaublich) 10.11.2017 SC Dr. Pilnacek telefonisch darüber informiert habe, dass das von der StA St. Pölten gem § 190 [...] StPO eingestellte Verfahren nicht formell fortgesetzt wurde, alle anderen Fakten (§ 35c StAG) werde sich die WKStA aber ‚ansehen‘“. – Es war also offensichtlich der 7. November, an dem Sie informiert worden sind.

Mag. Christian Pilnacek: Das war der 7. November. Hintergrund war die Geschichte mit der Frage der Einstellung des Verfahrens gegen Ita im Zusammenhang mit einer Durchsuchung oder Auffindung von Gegenständen im Stift Ardagger. Da hat es auch eine parlamentarische Anfrage zu diesem Gegenstand gegeben, daher war hier diese Kontaktaufnahme.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Wussten Sie, um welche Faktenkreise es bei dieser Fortsetzung gegangen ist?

Mag. Christian Pilnacek: Nein. In meinen Kontaktaufnahmen mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft habe ich mich immer sehr darum bemüht, selbst nicht allzu viel von dem Verfahren zu wissen. Mir war es ein Anliegen, dass die Vorwürfe, die in diesem Konvolut von anonymen Anzeigen gegen verschiedene Amtsträger des Bundesministeriums für Inneres erhoben werden, nicht nur abgelegt werden – weil sie ständig wiederholt werden –, sondern dass ein Verfahren durchgeführt wird, nach dem man dann sagen kann: Das ist ein haltloser Vorwurf oder ein Vorwurf, der einen entsprechenden Tatverdacht begründet.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Wussten Sie, wer die Verdächtigen beziehungsweise Beschuldigten in diesem Verfahren waren?

Mag. Christian Pilnacek: Ich wusste ungefähr den Personenkreis, der von diesen Vorwürfen in dem Konvolut betroffen war.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Hat sich in diesem Personenkreis der ehemalige Kabinettschef Kloibmüller befunden?

Mag. Christian Pilnacek: Zu diesem Zeitpunkt war er auch Sektionschef; ja.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Hat sich Herr Wolfgang Zöhrer aus dem BVT in diesem Personenkreis befunden?

Mag. Christian Pilnacek: Ja.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich lege Ihnen jetzt ein Foto vor, Sie kennen es. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Können Sie mir mitteilen, wer die Personen auf diesem Foto sind?

Mag. Christian Pilnacek: Herr Abgeordneter, darf ich wissen, in welchem Zusammenhang dieses Foto mit dem Gegenstand meiner heutigen Befragung, Themenkreis Hausdurchsuchungen, steht?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Gerne. Es zeigt ein Zusammentreffen mit zwei Beschuldigten aus dem Strafverfahren, mit dem wir uns beschäftigen, möglicherweise im Zusammenhang mit der Causa Rubicon.

Mag. Christian Pilnacek: Ich denke, dass der Herr Sektionschef zum damaligen Zeitpunkt nicht Beschuldigter war.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das ist nicht richtig. (Auskunftsperson Pilnacek: Verdächtiger!) Im Verfahren Lansky war er zu diesem Zeitpunkt Beschuldigter. Im UT-Verfahren kennen wir ja den Ablauf. Im Verfahren Lansky waren zu diesem Zeitpunkt beide Beschuldigte.

Noch einmal meine Frage: Können Sie mir sagen, wer die Personen auf diesem Foto sind?

Mag. Christian Pilnacek: Sie sehen – glaube ich –, die Interpretation des Fotos ergibt, dass ich im Vordergrund bin, offensichtlich mit einem Mobiltelefon beschäftigt bin. In etwas weiterem Abstand sitzt eine Person, die ich jetzt sehr schlecht erkenne, aber ich kenne das Foto, das ist der vormalige Sektionschef Kloibmüller.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Und neben ihm?

Mag. Christian Pilnacek: Ich gehe davon aus – ich sehe das jetzt schlecht –, dass das der ehemalige Stellvertreter im BVT Wolfgang Zöhrer ist.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ist es richtig, dass das ein Treffen im Lokal Zum Schwarzen Kameel am 21. November 2017 war?

Mag. Christian Pilnacek: Es kann sein, dass es dieses Datum war. Ich schreibe mir meine Abendbesuche von Lokalitäten nicht in einem Tagebuch auf. Ich gehe aber davon aus, es war nämlich – und das ist ja der Grund, warum ich hier telefoniere – zu dem Zeitpunkt, als die Koalitionsverhandlungen zum Thema Justiz stattgefunden haben und ich hier die entsprechenden Mitteilungen auch auf meinem Mobiltelefon kontrolliert habe.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, okay. Ihnen waren die ganzen Zusammenhänge, die wir schon kurz angesprochen haben – Kloibmüller, Zöhrer, mit den eingestellten Verfahren und so weiter –, bewusst; wir kommen auf das zurück.

Es waren drei weitere Personen anwesend. Wer waren diese Personen?

Mag. Christian Pilnacek: Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, dass ich hier jetzt über meine privaten Kontakte Auskunft geben muss (Abg. Pilz: Okay, dann stelle ich - -!), weil ich es auch gar nicht mehr aus der Erinnerung weiß, dass - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Herr Sektionschef, ich nehme das so zur Kenntnis. Wussten Sie, dass an der Bar zwei BVT-Beamte postiert waren – bei einem privaten Treffen?

Mag. Christian Pilnacek: Herr Abgeordneter, ich gehe in dieses Lokal recht häufig, ja, und ich frage dort nicht, wer Mitglied, Angehöriger des BVT ist oder sonst - - (Abg. Pilz: Wie oft - -?) Ich gehe dorthin, weil ich eine private Abendgestaltung und - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Wie oft haben Sie private Abendgestaltungen mit Beschuldigten in einem Verfahren der WKStA?

Mag. Christian Pilnacek: Herr Abgeordneter, ich habe damals natürlich mit dem Herrn Sektionschef vielfältige Kontakte gehabt. Er war ein Gegenüber als Sektionschef. Ich glaube aber, dass ich sehr genau - - Sie reden mit jemandem, der sehr genau weiß, was Amtsgeheimnis bedeutet und was dienstliche Kontakte bedeuten. (Abg. Pilz: Ja, das versuche - -!) Diese Unterscheidung führe ich strikt durch, sonst dürfte ich mich in Wien nirgends bewegen, weil ich laufend auf Verfahren angesprochen werde.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Herr Sektionschef, das Einzige, was ich nie bezweifelt habe, ist, dass Sie den Inhalt der Bestimmungen über das Amtsgeheimnis kennen. Da bin ich mir vollkommen sicher, dass Ihnen das genau bekannt ist. Warum haben Sie sich mit Verdächtigen beziehungsweise Beschuldigten des Strafverfahrens, mit dem wir uns beschäftigen, in Kenntnis der Verwicklung der beiden in die Causa zu einem Abendessen in einem öffentlichen Lokal getroffen?

Mag. Christian Pilnacek: Herr Abgeordneter, ich habe mich gar nicht getroffen, sondern, wie gesagt, ich besuche dieses Lokal häufig, bin an diesem Abend in das Lokal gekommen und habe gesehen, dass da Leute sitzen, die mich kennen, die mich begrüßen, die mir auch sagen: Setz dich doch zu uns! – Ich hätte es als grobe Unhöflichkeit empfunden, das nicht zu tun.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, niemand verlangt von Ihnen Unhöflichkeiten. War Ihnen bewusst, dass dieses - - Nein, gehen wir gleich in die Sache ein: Können Sie ausschließen, dass bei diesem Abendessen über irgendwelche Sachverhalte, die im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen, gesprochen worden ist?

Mag. Christian Pilnacek: Kann ich ausschließen, denn die Überraschung wäre nicht so groß gewesen bei den Betroffenen von dem weiteren Verfahrensfortgang - - (Abg. Pilz: Können Sie ausschließen?) – Kann ich ausschließen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Können Sie ausschließen, dass an diesem Abend über die Causa Rubicon gesprochen worden ist?

Mag. Christian Pilnacek: Kann ich ausschließen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Können Sie ausschließen, dass Sie mit Herrn Kloibmüller beziehungsweise Herrn Zöhrer oder anderen Beschuldigten in diesem Zusammenhang über Causen, die dieses Verfahren betreffen, gesprochen haben?

Mag. Christian Pilnacek: Wie gesagt, das alles - - Ich kenne nicht nur die Bestimmung über das Amtsgeheimnis, ich halte mich auch an diese Bestimmung.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich habe Sie gefragt, ob Sie ausschließen können (Auskunftsperson Pilnacek: Ja, das schließe ich aus, dass an diesem Tag darüber gesprochen wurde!) – nein! –, dass Sie überhaupt mit ihnen darüber gesprochen haben?

Mag. Christian Pilnacek: Ich schließe es aus, dass ich jemals mit diesen Personen über meine Kenntnisse über das Verfahren gesprochen habe.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich habe nicht nur nach den Kenn- - Ich möchte das einfach ganz genau protokolliert haben, ich wiederhole gern meine Frage: Haben Sie mit den genannten Personen oder anderen in diese Causa involvierten Personen jemals über diese Causa gesprochen? – Nicht nur Rubicon, nicht nur Mauss, nicht nur Schlaff, nicht nur Informationsweitergabe.

Mag. Christian Pilnacek: Das war nicht Gegenstand meiner Gespräche.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Okay, das ist deutlich genug.

Und jetzt kommen wir zu dem, was Kollege Krainer Ihnen bereits vorgehalten hat, diesem E-Mail-Verkehr am 5. Dezember mit der Amtsleiterin WKStA. Ich möchte das nicht alles wiederholen, aber das endet mit - - (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) – Haben Sie es vor sich? (Verfahrensrichter Strauss: Welche Dokumentennummer?) – Das ist wieder 1067, Seite 92, also aus dem Tagebuch. Entschuldigung, nicht aus dem Tagebuch, aber 1067; 1067 ist vorhin von Kollegen Krainer vorgelegt worden.

Mag. Christian Pilnacek: Ja, das habe ich vor mir.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, ich wollte dort eigentlich fortsetzen. Kollege Krainer hat Ihnen Folgendes vorgehalten: „Liebe Ilse-Maria! Ist Dir das bekannt bzw. Gegenstand des Verfahrens, von dem Du mir berichtet hast?“

Er hat schon alles gefragt, was die Vorgeschichte dieser Fragestellung sein könnte. Mir geht es jetzt um Folgendes: Was war die Antwort von der Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft? Wir haben in den Akten nachgeschaut und wir haben nichts gefunden. Es wäre doch üblich, dass es daraufhin eine Antwort vonseiten der Oberstaatsanwältin Vrabl-Sanda gibt?

Mag. Christian Pilnacek: Das entspricht auch meiner Erinnerung, wie ich gesagt habe. Auf die Frage des Abgeordneten Krainer konnte ich aus meiner Erinnerung auch nicht sagen, welchen Inhalt die Antwort hatte. Es kommt aber mitunter vor, dass derartige E-Mail-Anfragen dann auch nicht wirklich beantwortet werden.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Also es ist Ihnen keine Antwort erinnerlich.

Mag. Christian Pilnacek: Mir ist heute keine Antwort zu dieser konkreten Frage, die ich mit E-Mail an die WKStA gerichtet habe, in Erinnerung.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, den Rest müssen wir eh sie fragen.

Jetzt komme ich zum Tagebuch, zu 1079, zu der Dienstbesprechung vom 12. März 2018, die heute schon von der Kollegin von der Volkspartei angesprochen worden ist, Seite 52. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) Ganz unten finden Sie eine Feststellung: „VRABL-SANDA: Die Einbindung der OStA Wien erfolgte deshalb nicht, weil die ehemalige LOStA“ – Leiterin der OStA – „mit einem hohen Funktionär des BMI verheiratet ist.“

Mir geht es da darum, einfach nachzuvollziehen, welche Vertrauensbasis es überhaupt noch zwischen ermittelnden Behörden, Beamten, Beamtinnen gegeben hat.

Wir haben gestern erfahren: Es hat kein Vertrauen gegeben ins BAK, ins Bundeskriminalamt, in die Landeskriminalämter und offensichtlich kein ausreichendes Vertrauen in Haftrichter, die im Landesgericht für Strafsachen bestimmt werden. Und jetzt kommen wir zu dem Punkt (Vorsitzende Bures gibt das Glockenzeichen): Das Ganze wurde hinter dem Rücken der OStA Wien - -, beziehungsweise: „Die Einbindung [...] erfolgte [...] nicht, weil die ehemalige LOStA“ – Leiterin der OStA – „mit einem hohen Funktionär des BMI verheiratet ist.“

Ich frage Sie ganz einfach: Hat das die Leiterin der WKStA wirklich allen Ernstes in dieser Dienstbesprechung so gesagt?

Mag. Christian Pilnacek: Das ist so gesagt worden, hat sich aber auf einen Zeitpunkt bezogen, und deswegen ist die Feststellung insoweit missverständlich, als ich mit ihr besprochen habe: Man muss doch etwas tun, damit diese Vorwürfe nicht ständig wiederholt und neuerlich an Medien herangetragen werden, man muss Ermittlungsschritte setzen! Auf diesen Zeitpunkt hat sich das bezogen; denn zum Zeitpunkt der Dienstbesprechung konnte sie das nicht mehr sagen, weil die Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien schon als Vizepräsidentin des Obersten tätig war – zum Zeitpunkt der Dienstbesprechung.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, für weitere Fragen muss ich Sie auf die nächste Runde verweisen.

Wir kommen jetzt zur zweiten Fragerunde: Frau Abgeordnete Mag. Jachs. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Herr Generalsekretär, eine Zusatzfrage zu Kollegen Pilz: Ich war noch nie im Schwarzen Kameel, aber würden Sie mir das Schwarze Kameel für ein konspiratives Treffen empfehlen können?

Mag. Christian Pilnacek: Also ich würde sagen, es ist der öffentlichste Platz von ganz Wien. (Allgemeine Heiterkeit.)

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Wieder zu einem ernsteren Thema, und dazu lege ich Ihnen das Dokument Nummer 6846 vor, Seiten 6 bis 14: Das ist der Beschluss betreffend die Lansky-Daten von den Hausdurchsuchungen im Februar 2018, der im Mai 2018 noch einmal vom OLG Linz bestätigt wurde. Ist Ihnen dieser Beschluss bekannt?

Mag. Christian Pilnacek: Ja, der Beschluss ist mir bekannt.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Dann finden wir hier auf Seite 7, dass „entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer [...] im gegenständlichen Fall von gesetzwidrig ermittelten Daten und einer daraus resultierenden Pflicht zur unverzüglichen Löschung der Daten gemäß § 75 Abs 1 StPO keine Rede sein“ kann. Dann weiter: „ist – wie dieses Beschwerdegericht wiederholt ausgeführt hat - eine rechtswidrige Beweismittelbeschaffung und damit ein Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 144 Abs 2 StPO nicht zu erkennen.“

Staatsanwältin Schmudermayer hat gestern ausgeführt, dass ihr der Beschluss nicht bekannt war. Können Sie das erklären?

Mag. Christian Pilnacek: Also das kann ich mir eigentlich nicht erklären, warum ihr der Beschluss nicht bekannt sein sollte.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Hätte also Staatsanwältin Schmudermayer entsprechend der Sorgfaltspflicht auch diesen Beschluss prüfen müssen?

Mag. Christian Pilnacek: Ich gehe davon aus. Da sich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft den Akt der Staatsanwaltschaft Linz beigeschafft hat und diesen Akt, der sich bei ihr befunden hat, ja auch über Ersuchen der Oberstaatsanwaltschaft Wien dem Untersuchungsausschuss vorgelegt hat, hätte ihr das bekannt sein sollen.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Können Sie dann erklären, wie Mag. Schmudermayer den Beschluss übersehen hat?

Mag. Christian Pilnacek: Also ich habe jetzt keine Wahrnehmung über die Befragung der fallführenden Oberstaatsanwältin. (Abg. Jachs: Ist Ihnen bek- -?) Aber natürlich, ich meine, ganz ungewöhnlich ist es auch nicht, dass man manche Dinge in dem Akt jetzt nicht so zur Kenntnis nimmt.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Wenn das aber der Hauptgrund der Hausdurchsuchung ist, muss man da schon besonders genau schauen, oder?

Mag. Christian Pilnacek: Beim Hauptgrund der Hausdurchsuchung muss man auch differenzieren, um welche sogenannten Lansky-Daten es sich handelt. Das sind ja unterschiedliche Datenträger: Einerseits gibt es Datenträger, die anonym an mehrere Stellen herangetragen worden sind – und darauf bezieht sich der Beschluss des Oberlandesgerichts Linz in dem Fall. Andererseits gibt es aber auch Datenträger, die tatsächlich im Wege der Rechtshilfe von Luxemburg sichergestellt worden sind, und dazu gibt es eine klare Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien, wonach auch die Löschung durchzuführen ist.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Ist Ihnen bekannt, dass bereits im ersten Beschluss zu den Lansky-Daten 2015 eine Löschung explizit nicht verlangt war?

Mag. Christian Pilnacek: 2015? – Den Beschluss müsste ich mir jetzt selbst ansehen. (Abg. Jachs – in den Unterlagen blätternd –: Den können wir sonst auch vorlegen!)

Also noch einmal, die Chronologie dieser Lansky-Daten: „Die Kanzlei-Daten auf den beiden Lansky-Servern in Luxemburg:“ Hierzu hat es eine Sicherstellungsanordnung der Staatsanwaltschaft Wien vom 18.10.2013 gegeben, die mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 6.1.2014 bewilligt worden ist.

Das Oberlandesgericht Wien hat mit Beschluss vom 14.8.2014 der Beschwerde des Rechtsanwalts Dr. Lansky Folge gegeben, „weil es an einem dringenden Tatverdacht [...] mangle und es damit keine Grundlage für die Sicherstellung der Daten gebe (Verletzung des § 144 Abs. 3 StPO)“ , und hat demgemäß der Staatsanwaltschaft aufgetragen, „die Anordnung und das RHE zu widerrufen, die sichergestellten Gegenstände zurückzugeben und allfällige Datenkopien zu löschen.“ Die Staatsanwaltschaft Wien wollte mit diesem Löschungsauftrag zuwarten, „wegen neuer Entwicklung im Ermittlungsverfahren“, die OStA Wien hat jedoch mit Oktober 2014 „eine entsprechende Weisung zur Umsetzung“ dieses Beschlusses des Oberlandesgerichts Linz erteilt. (Abg. Jachs: Darf ich kurz - -?)

Dann geht es weiter: Mit Eingabe vom 24.11. haben die damaligen Verteidiger des Dr. Alijew „der StA Wien und dem BVT jeweils Unterlagen der Kanzlei Lansky“ und Februar, März 2015 - -

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Darf ich das kurz abkürzen?

Mag. Christian Pilnacek: Ja, das ist halt wichtig für die ganze Geschichte, weil bei den Lansky-Daten immer zu wenig differenziert wird, auf welche Daten und auf welche Sicherstellungsanordnungen sich das bezieht.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Ist es aber korrekt, dass die - -

Mag. Christian Pilnacek: Und noch einmal – weil Sie mich zum Beschluss des Landesgerichts Linz genau gefragt haben –: Hier gibt es zwei Beschlüsse.

„LG“ – Landesgericht – „Linz Beschlüsse vom 9.9. und 25.9.2015:“ Das Landesgericht Linz hat dem Einspruch von Dr. Lansky Folge gegeben „und trug der StA Linz auf, die (zweite) Anordnung und das RHE“ – Rechtshilfeersuchen – „zu widerrufen und die Vernichtung allfälliger Kopien oder Auswertungen der Daten zu veranlassen.“

Das ist Spruchinhalt des Beschlusses des Landesgerichts Linz, zu dem Sie mich gefragt haben. (Abg. Jachs: Ja - -!) Das Oberlandesgericht Linz hat das in weiterer Folge bestätigt.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Aber, Herr Generalsekretär, es ist korrekt, dass die Daten aus Luxemburg nie nach Österreich gelangt sind.

Mag. Christian Pilnacek: Nach meinem Wissensstand sind sie in Luxemburg gewesen, waren dort sichergestellt, aber ob sie nach Wien oder Österreich gelangt sind, auf welchem Weg auch immer, entzieht sich meiner Kenntnis.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Ich halte jetzt noch ein Dokument vor, Nummer 1250, Seite 10 bis 17. Das ist eine von Ihnen unterzeichnete Anordnung der Durchsuchung und Sicherstellung. (Auskunftsperson Pilnacek – in den Unterlagen blätternd –: Von mir?) – Auf Seite 3 schreiben Sie unter Punkt IV: und aufgrund eines Beschlusses des OLG Linz infolge des bestehenden Verwertungsverbotes nicht gelöscht werden mussten. – Zitatende.  

Hat Sie Oberstaatsanwältin Schmudermayer informiert, um welchen Beschluss es sich dabei handeln soll?

Mag. Christian Pilnacek: Entschuldigung, Frau Abgeordnete, Sie haben begonnen, zu fragen: eine von mir unterzeichnete Anordnung?

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Entschuldigung, von Staatsanwältin Schmudermayer.

Mag. Christian Pilnacek: Darf ich jetzt dann noch einmal die weitere Frage hören?

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Hat Oberstaatsanwältin Schmudermayer Sie informiert, um welchen Beschluss es sich dabei handeln soll?

Mag. Christian Pilnacek: Auf welche Seite beziehen Sie sich jetzt genau?

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Seite 3, Punkt IV.

Mag. Christian Pilnacek: Na, ich gehe davon aus, dass sich die Frau Staatsanwältin, die Frau Oberstaatsanwältin auf die jetzt von mir zitierten Beschlüsse bezogen hat.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Ist es üblich, dass bei Begründungen für Anordnungen eine genaue Bezeichnung der Entscheidungsgrundlage weggelassen werden kann?

Mag. Christian Pilnacek: Also ich gehe davon aus, dass – und das hat ja, glaube ich, auch die fallführende Oberstaatsanwältin dargelegt – sie sich unter einem gewissen zeitlichen Druck - - Es mussten diese Anordnungen rasch verfasst werden. Es kommt wohl häufiger vor, dass hier die entsprechenden Aktenzahlen nicht angeführt werden.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Ich halte Ihnen jetzt den Beschluss des LG Linz aus 2015, Dokumentennummer 3268, vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Frau Mag. Schmudermayer hat gestern vor dem Ausschuss geäußert, dass es sich höchstwahrscheinlich um den erwähnten Beschluss handelt.

Ist Ihnen bekannt, in welchem Wortlaut der angebliche Löschungsauftrag formuliert ist?

Mag. Christian Pilnacek: Ja, also es ist offenbar der Spruch Punkt III., wonach dem BVT aufgetragen wird, „sämtliche allenfalls noch vorhandenen oder gespeicherten Kopien [...] dem Landesgericht Linz zu übermitteln“.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Auf Seite 16 findet man: „Eine Vernichtungsanordnung kommt daher in diesem Fall nicht in Betracht“, und weiter unten dann: „Wie schon zum vorigen Punkt ausgeführt, kommt eine Löschungsanordung gegenständlich nicht in Betracht.“

Woraus schließen Sie, dass die Lansky-Daten im BVT gelöscht werden mussten?

Mag. Christian Pilnacek: Dass die Lansky-Daten nicht verwendet werden durften, ist aus dem Spruchpunkt zu entnehmen, dass das BVT alle Daten herauszugeben hat, die Lansky betreffen.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Wer hätte dem BVT den entsprechenden Auftrag geben müssen?

Mag. Christian Pilnacek: Ich gehe davon aus, dass dieser Beschluss im Wege der Staatsanwaltschaft Linz dem BVT übermittelt worden ist.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Gehen Sie davon aus oder wissen Sie das?

Mag. Christian Pilnacek: Ich habe darüber keine positive Kenntnis, aber gehe davon aus.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Uns liegt nämlich auch eine derartige Anordnung nicht vor.

Können Sie dem Ausschuss mitteilen, wie der graue USB-Stick identifiziert werden kann, der da angesprochen wird?

Mag. Christian Pilnacek: Ich habe die Frage akustisch nicht verstanden.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Ob Sie uns mitteilen können, wie der graue USB-Stick identifiziert werden kann.

Mag. Christian Pilnacek: Wie der graue - - Was meinen Sie, wie der identifiziert werden kann?

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Der graue, der da angesprochen wird.

Mag. Christian Pilnacek: Durch die Beschreibung grau und - -

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP) (erheitert): Genau, was ist grau?

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in der Runde, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Sind Ihrer Information nach die Lansky-Daten auf verschiedensten Datenträgern an verschiedenste Behörden übermittelt worden?

Mag. Christian Pilnacek: Es sind diese Dateien an verschiedene Stellen übermittelt worden – aber nicht verschiedene Behörden; verschiedene Staatsanwaltschaften und auch – damals – an das Bundesministerium für Justiz.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Können Sie ausschließen, dass dem BVT außer diesem grauen USB-Stick noch weitere Datenträger mit den Lansky-Daten übermittelt wurden?

Mag. Christian Pilnacek: Ich glaube, das ist Gegenstand des Ermittlungsverfahrens.

Vorsitzende Doris Bures: Jetzt verweise ich Sie auf die nächste Runde.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Als in der zweiten Märzhälfte Berichte aufgetaucht sind, dass es Probleme mit der Zusammenarbeit mit Partnerdiensten gibt, haben Sie öffentlich erklärt, dass bei der Hausdurchsuchung keine Daten von anderen Partnerdiensten mitgenommen wurden.

Stimmt das? Öffentlich haben Sie das erklärt.

Mag. Christian Pilnacek: Ja, das hat meinem damaligen Kenntnisstand entsprochen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann haben Sie erfahren, dass das falsch war?

Mag. Christian Pilnacek: Ich kann es Ihnen zeitlich nicht genau sagen – 14 Tage, eine Woche später.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): In der Zwischenzeit können Sie bestätigen, dass Ihr Wissensstand ist, dass Tonnen an Daten mitgenommen wurden?

Mag. Christian Pilnacek: Na, es ist einmal so: Was ich bestätigen kann, ist, dass ich - - Meinen Kenntnisstand und meine Ausführungen auch in der Öffentlichkeit habe ich immer bezogen auf den Stand der mir erstatteten Berichte; das habe ich getreu wiedergegeben. Wenn sich der Sachverhalt dann in weiterer Folge anders dargestellt hat, musste man das dann entsprechend richtigstellen.

Man muss aber auch sehen, dass sich das entwickelt hat aufgrund der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, denn es ist ja höchst ungewöhnlich, dass Beamte des BVT, die mit den größten Geheimhaltungs- - und wesentlichen Kontakt mit den Partnerdiensten - -, auf privaten Datenträgern, die sie nicht einmal bezeichnen, etwas in ihrem Büro anfertigen, wo es auch keine Notwendigkeit einer solchen Sicherungskopie gibt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es ist auch ungewöhnlich, dass man eine CD mitnimmt, wo draufsteht: Bundesverfassungsschutz, das Logo des Bundesverfassungsschutzes in Deutschland, und glaubt, das hat nichts mit Partnerdiensten zu tun, oder? (Auskunftsperson Pilnacek: Herr Abgeordneter, das - -!) Sie sprechen die Neptun-Datenbank an, ja.

Mag. Christian Pilnacek: Da ich bei der Durchsuchung nicht unmittelbar anwesend war und auch nicht die Sicherstellungen vorgenommen habe, kann ich das jetzt nicht beantworten, aber, wie gesagt, auch in meinen Augen und nach meiner Auffassung wurde nicht punktgenau sichergestellt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann haben Sie eigentlich erfahren, dass die Hausdurchsuchung für die Republik, für die Reputation der Republik zu internationalen Problemen geführt hat?

Mag. Christian Pilnacek: Ich wusste von Kontakten mit Direktor Gridling beziehungsweise auch der Leiterin des Rechtsbüros des BVT, dass es Anfragen von Partnerdiensten gegeben hat.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann haben Sie davon erfahren, dass Österreich vor der Suspendierung oder vor dem Rauswurf aus dem Berner Club gestanden ist?

Mag. Christian Pilnacek: Darüber wurde mir von keiner Seite berichtet.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, das haben Sie nur aus den Medien erfahren?

Mag. Christian Pilnacek: Ob dem so ist, kann ich aus eigener Wahrnehmung nicht beantworten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist Teil des Gerichtsakts, ja. Also Sie haben selber keine Wahrnehmungen betreffend diese Frage?

Mag. Christian Pilnacek: Sie stellen die Frage so, als würde ich wissen, dass die Interessen der Republik gefährdet wären. (Abg. Krainer: Nein, ob Sie Wahrnehmungen - -!)

Ich weiß, dass es entsprechende Anfragen von Partnerdiensten gegeben hat, ob Dateien beziehungsweise andere - - von der Sicherstellung betroffen sind und wie diese Dateien verwahrt werden, sicher oder nicht, und ob sie schon wieder ausgefolgt wurden, ja oder nein. Und das aufzuklären haben wir uns dann immer stets bemüht, im Wege entsprechender Berichte an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, und es hat dann auch die entsprechenden Antworten an die Dienststellen des BVT gegeben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber der Aktenvermerk der aktführenden Oberstaatsanwältin Schmudermayer, dass das BVT an sie herangetreten ist, weil sie einen Schadensbericht erstellen müssen, um nicht aus dem Berner Club rausgeworfen zu werden, das ist Ihnen nie berichtet worden?

Mag. Christian Pilnacek: Dieser Aktenvermerk ist wie manche andere Aktenvermerke erst im Zuge der Vorlage an den Untersuchungsausschuss erörtert worden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also Sie haben Wahrnehmungen, dass es diesen Vorgang Ende Juni gegeben hat?

Mag. Christian Pilnacek: Zum Zeitpunkt der Aktenvorlage.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, aber jetzt haben Sie eigene Wahrnehmungen darüber, dass wir Ende Juni als direkte Folge der Hausdurchsuchung vor dem Rausschmiss aus dem Berner Club standen?

Mag. Christian Pilnacek: Ich habe Wahrnehmung über den entsprechenden Aktenvermerk.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und auch über den Inhalt dieses Aktenvermerks?

Mag. Christian Pilnacek: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Können Sie mir dann erklären, wieso der Innenminister an dem Tag, an dem er das erfahren hat, im „Report“ sagt, es sei alles easy-cheesy mit den Partnerdiensten?

Mag. Christian Pilnacek: Also ich gehe davon aus, dass eine entsprechende Antwort von der fallführenden Oberstaatsanwältin auch über diese Gefährdungslage erstattet worden ist, aber, wie gesagt, ich beurteile nicht Antworten des Herrn Innenministers. Ich kann auch nicht seinen Kenntnisstand beurteilen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Er hat selber in einer Anfragebeantwortung am 7. September hier gesagt, dass er am 26. Juni über diesen bevorstehenden Rauswurf in Kenntnis gesetzt wurde, und am selben Tag war er um 21.05 Uhr im „Report“ in einem Live-Interview zu sehen. Das ist jetzt nicht so weit auseinander, also insofern - - Aber gut, vielleicht habe ich jetzt dem Falschen die Frage gestellt; das kann schon sein. – Vielen Dank für diese Runde.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Sehr geehrter Herr Generalsekretär! Es wird ja in der Medienöffentlichkeit immer wieder von dieser Hausdurchsuchung beziehungsweise auch von der Genehmigung des Richters, des Journalrichters gesprochen, die sehr kurzfristig erfolgt sei, eine Nacht-und Nebel-Aktion gewesen sei, et cetera, et cetera.

Ich möchte Ihnen jetzt sozusagen das Tagebuch, 1079, Seite 81, vorlegen. Das ist ein Vermerk über die Hinzuziehung des LG für Strafsachen Wien, verfasst durch Staatsanwalt Mag. Purkart. Dort steht, dass bereits „am 22. Februar 2018“, also fünf Tage, eine knappe Woche vor den Hausdurchsuchungen, auf Ersuchen von Mag. Schmudermayer „abends mit dem Präsidenten des Landesgerichts für Strafsachen Wien Mag. [...] Forsthuber persönlich Kontakt aufgenommen und ihm mitgeteilt“ wurde, „dass eine Anordnung einer Hausdurchsuchung im Zusammenhang mit dem BVT und der Involvierung hoher Funktionsträger des BMI im Raum stehe“. Das heißt, die Gerichtsbarkeit war ja, belegt durch dieses Schriftstück, schon viele Tage vorher informiert.

Aus Ihrer Sicht: War es ein korrektes Vorgehen der Staatsanwältin in Bezug auf die Einbindung der Gerichtsbarkeit einige Tage davor? Und zweite Frage: War aus Ihrer Sicht diese zeitliche Frist ausreichend?

Mag. Christian Pilnacek: Zur ersten Frage, Herr Abgeordneter: Es war für uns kein Grund, mit Maßnahmen der Fachaufsicht etwas an diesem Vorgang kritisch anzumerken.

Zum zweiten Punkt: Das muss die fallführende Oberstaatsanwältin und ein Gericht beantworten, ob die Zeit ausreichend war.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Aber aus Ihrer Erfahrung als Sektionschef, und es ist ja letztlich auch Ihre Abteilung, würden Sie sagen, in dieser Journalsache wurde die Gerichtsbarkeit zeitgerecht eingebunden?

Mag. Christian Pilnacek: Ich glaube, aus dem Inhalt des Aktenvermerks ergibt sich ja der Zweck der Einbindung. Der Zweck der Einbindung hat ja da nicht darin bestanden, das Gericht jetzt über den anlassgebenden Sachverhalt zu informieren, sondern es ist darum gegangen: Wie kann ich auf möglichst sicherem Weg, ohne dass das vielen Personen, also Kanzleipersonal, bekannt wird, eine Anordnung in einer geheimen Sache übermitteln? Das war der Gegenstand der Gespräche. Man muss trennen zwischen Vorbereitung der Vorgehensweise und Vorbereitung der Bewilligung.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Gehen wir einen Schritt weiter: Die Vorbereitungsgespräche sind offenbar zeitgerecht erfolgt, und dann kommt es sozusagen zur Vorbereitungshandlung der Bewilligung. Hätte man das in Anbetracht der Dringlichkeit, in Anbetracht der Geheimhaltungsinteressen, denn es geht ja hier schließlich und endlich um einen Geheimdienst, hätte man das überhaupt anders lösen können?

Mag. Christian Pilnacek: Das ist zum wiederholten Mal, dass ich mich mit einer Was-wäre-wenn-Frage konfrontiert sehe, die - -

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Die werden Sie nicht beantworten.

Bleiben wir noch ein wenig bei der Medienöffentlichkeit: In den Medien hört man immer wieder die Behauptung, es wäre Ermittlungsdruck auf die Staatsanwaltschaft ausgeübt worden. Kann das BMI Ermittlungsdruck auf die StA ausüben?

Mag. Christian Pilnacek: Ich glaube, es liegt in der Natur der Rollenverteilung im Strafverfahren, und das bildet sich ja auch in der StPO ab, wo es im Bereich des § 100 auch bestimmte Anlassberichte gibt, wenn es nämlich besonders dringlich - - und wenn die Kriminalpolizei Zwangsmaßnahmen haben möchte. Natürlich stellt sich die Situation häufig, dass man als Staatsanwaltschaft vor einer Ermittlungsnotwendigkeit, wie immer man das nennen will, steht und damit umgehen muss.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Noch einmal konkreter: Gibt es eine rechtliche Grundlage, die es dem BMI erlauben würde, auf die StA einen Ermittlungsdruck auszuüben?

Mag. Christian Pilnacek: Wie gesagt, es gibt das Mittel des Anlassberichts, wenn die Kriminalpolizei in einer bedeutenden Strafsache bestimmte Maßnahmen, die einer Anordnung der Staatsanwaltschaft bedürfen, anregt. Das ist einfach der Weg: Die Kriminalpolizei ermittelt nach ihren kriminaltaktischen Vorgaben, trägt dann einen Sachverhalt an die Staatsanwaltschaft heran und meint auch in manchen Fällen, es wäre gut, wenn es hier zu einer Festnahme, zu einer Hausdurchsuchung oder Ähnlichem kommt. So, und jetzt kann man sagen, das ist ein Ermittlungsdruck.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Gut, aber Druck im rechtlichen Sinne - - Ist es eher eine Weisungsbefugnis oder hat es lediglich Empfehlungscharakter?

Mag. Christian Pilnacek: Herr Abgeordneter, die Strafprozessordnung ist im Ermittlungsverfahren vom Grundsatz der Zusammenarbeit zwischen Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft geprägt. Hier gibt es verschiedene Informationspflichten, und natürlich hat die Staatsanwaltschaft die Verantwortung im rechtlichen Sinn zu tragen. Aber ich spreche nicht von Empfehlungen oder dergleichen, es gibt das Mittel, wie Kriminalpolizei mit Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren kommuniziert, das sind Berichte. Und in diesen Berichten hat die Kriminalpolizei natürlich auch darzustellen, ob sie bestimmte Zwangsmaßnahmen für notwendig befindet. Es obliegt dann der Staatsanwaltschaft, darüber zu entscheiden.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Dann lassen Sie es mich auf den Punkt bringen: Gibt es eine Weisungskette, gibt es ein Weisungsverhältnis zwischen BMI und der WKStA? (Auskunftsperson Pilnacek: Also bitte, Herr Abgeordneter - -!)

Bringen wir es auf den Punkt: Ja oder nein?

Mag. Christian Pilnacek: Natürlich nein.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich hake noch einmal bei der Position des Herrn Generalsekretärs als Anzeiger ein und lege Dokument 1067, Seite 119, vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Es ist ein E-Mail von Ihnen, Herr Generalsekretär, vom 13.3. an die Leiterin der WKStA Vrabl-Sanda. Da schreiben Sie: „Liebe Ilse-Maria! Jetzt wird es wirklich bunt, HBm Kickl bestreitet nun öffentlich, dass es eine Anzeige des BM.I gegeben habe.“ Und ich selbst kann mich an die öffentliche Aussage von Herrn Generalsekretär Goldgruber, er sei kein Anzeiger gewesen, erinnern.

Was wurde Ihnen zu bunt?

Mag. Christian Pilnacek: Frau Abgeordnete, das E-Mail ist auch selbsterklärend, weil ich mich in der Tat darüber geärgert habe, dass sozusagen jetzt eine Darstellung, die aus meiner Sicht rechtlich zutreffend ist, dass Herr Goldgruber hier in Erfüllung seiner Anzeigeverpflichtung nach § 78 StPO gehandelt hat, wieder in ein anderes Licht gerückt wird.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Eine Anzeigepflicht kann ja nur jemand verspüren, der sich als Anzeiger empfindet. Das war eine rhetorische Frage.

Mag. Christian Pilnacek: Das haben Sie jetzt zu Protokoll gegeben, und das war keine Frage an mich.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Richtig.

Ich komme zu dem zweiten Fragenkomplex: Sie haben vorhin Herrn Kollegen Krainer, angesprochen auf die Tatsache, dass Sie in ersten Pressekonferenzen zu der Causa und auch in TV-Interviews andere Informationen gegeben haben, die nicht den Tatsachen entsprochen haben, geantwortet, dass ja neue Infos rauskamen, die zu Ermittlungen geführt haben. Das heißt, Sie verweisen hier auch sehr gerne auf die Dinge, die im Rahmen der Hausdurchsuchung gefunden wurden, wie gestern Staatsanwältin Schmudermayer.

Natürlich ist im BVT nicht alles korrekt abgelaufen, deswegen wollen wir hier auch genauer hinsehen, hier geht es aber darum, dass man mit diesen Verweisen nicht ablenkt, sondern dass die Hausdurchsuchung rechtswidrig war, wie schon gerichtlich beurteilt wurde. Und genau zu dieser Hausdurchsuchung haben Sie in öffentlichen Statements Falschinformationen gegeben, dies natürlich nur aufgrund Ihres Wissensstandes.

Ich frage Sie aber jetzt dennoch: Wie kann es sein, dass so eine Fehlinformation Ihrerseits zustande kam? Sie haben damals zuerst behauptet, dass viel weniger Daten beschlagnahmt wurden, als tatsächlich der Fall war. Sie haben behauptet, dass keine Falldaten beschlagnahmt wurden, was sich auch als nicht richtig herausgestellt hat. Sie haben behauptet, dass immer ein Staatsanwalt oder eine Staatsanwältin im Raum war, was sich mittlerweile auch als unrichtig herausgestellt hat.

Wie kam es zu diesen Falschinformationen an Sie als Generalsekretär?

Mag. Christian Pilnacek: Frau Abgeordnete, wenn Sie feststellen, dass die Hausdurchsuchung rechtswidrig war, so ist das die eine Seite, die das OLG so nicht zum Ausdruck bringt, denn das OLG führt auf mehreren Seiten aus, dass ein begründeter Verdacht bestanden hat, dass grundsätzlich dieser Verdacht auch zu ermitteln war, und kommt dann nur zum Ergebnis, es hätte ein gelinderes Mittel bestanden, nämlich das Ganze, diese Maßnahme im Wege der Amtshilfe durchzuführen (Abg. Krisper: Meine Frage war - -!), zweifelt aber nicht daran.

Wenn Sie jetzt meinen Informationsstand - -, dann ist es so, dass sich in einem Ermittlungsverfahren manches anders darstellt, und zu dem Zeitpunkt, wo an mich bestimmte Berichte erstattet worden sind, waren viele Daten auch noch gar nicht ausgewertet. Und wenn Sie mich zu der Datenmenge fragen: Ich habe schon mehrfach erklärt, worauf sich meine öffentliche Aussage bezogen hat. Da war immer die Rede von den elektronisch sichergestellten – elektronisch sichergestellten – - -, also das, was Falldateien im BVT betroffen hat, und nicht die Daten, die physisch sichergestellt worden sind, auf externen Datenträgern oder wie auch immer. Das war immer klargestellt. Und dass da nachträglich Dateien hervorgekommen sind, wo meine Information, die ich bekommen habe, sich nachträglich als nicht richtig herausgestellt hat, das habe ich auch gegenüber der WKStA mehrfach ausdrücklich kritisiert.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das mit den Daten ist das eine, das andere ist die Antwort Ihrerseits auf die Frage, ob eine Staatsanwältin oder ein Staatsanwalt immer im Raum war, in allen Räumen, in denen sichergestellt wurde. Warum hatten Sie da zuerst die Information?

Mag. Christian Pilnacek: Meine Auskünfte darüber waren, dass die Staatsanwaltschaft vor Ort war. Es ist ja schlichtweg unmöglich, dass die Staatsanwältin, wenn fünf Büroräumlichkeiten durchsucht werden, sozusagen in jedem Büro dort tatsächlich anwesend ist. Das habe ich auch nie behauptet. Ich habe gesagt, an allen Orten, wo eine Hausdurchsuchung durchgeführt wurde, war ein Staatsanwalt oder eine Staatsanwältin persönlich anwesend.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wirklich?

Der eine von innenministerieller Seite der Staatsanwältin zugeführte Zeuge, Herr A. H. (BVT), hat ja eigentlich erst diese Fernlöschung ins Spiel gebracht, die ein BVT-ITler hier als „Schwachsinn“ bezeichnet hat.

Darf ich für die Frage noch etwas vorlegen?

Vorsitzende Doris Bures: Ja.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege vor: Dokument 1067, Seite 78 (der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt), eine E-Mail von Ihnen, wiederum an die Leiterin der WKStA Vrabl-Sanda, vom 15.3.2018: „Liebe Ilse-Maria! Ich darf Dich zu dieser ,Beschwerde‘ um Stellungnahme ersuchen; neuerlich wird hier u.a. die Notwendigkeit und auch die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes aus technischen Gründen in Frage gestellt. Wenn wir Löschung durch Fernzugriff nicht plausibel darstellen können, fällt uns ein wesentliches Argument für die Eile der Durchführung weg.“

Vorsitzende Doris Bures: Jetzt müssen Sie die Frage stellen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, meine Frage ist: Hat sich für Sie zu dem Zeitpunkt dieses Vorbringen des Zeugen als plausibel dargestellt? Inwiefern hat sich Ihre Meinung geändert?

Mag. Christian Pilnacek: Das Vorbringen war Gegenstand eines Berichtsauftrags an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Ich fordere nicht nur dann zum Bericht auf, wenn mir das plausibel vorkommt, sondern insgesamt; wenn an mich eine Beschwerde gerichtet wird, dann ist es mein Weg, dass dieser Beschwerde im Wege von Berichtsaufträgen nachgegangen wird. Und ganz klar – und insoweit ist mein E-Mail auch selbsterklärend – war für mich das Argument der Fernlöschung ein wesentliches. Wenn wir das nicht darstellen, nicht erklären können, nicht plausibilisieren können, dann entsteht wohl ein schlechter Eindruck von der gesamten Vorgehensweise.

Wie gesagt, mein Anliegen war immer darauf gerichtet, diese Maßnahme in einem sehr außergewöhnlichen Fall auch gut erklären zu können, und insoweit erklärt sich dieses E-Mail.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich möchte jetzt zur Hausdurchsuchung in den Räumlichkeiten der Frau S. G. (BVT) kommen, im Extremismusreferat. Das ist im Tagebuch, also 1079, Seite 55, besprochen worden. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da fragen Sie – das ist relativ weit unten –: „GS:“ – Generalsekretär – „Was ist mit S. G. (BVT)?“ Und darauf kriegen Sie eine Antwort von Oberstaatsanwältin Schmudermayer.

Können Sie kurz zusammenfassen, wie die Oberstaatsanwältin Ihnen gegenüber die Hausdurchsuchung bei Frau S. G. (BVT) gerechtfertigt hat?

Mag. Christian Pilnacek: Ja. Ich habe mich auch darüber gewundert, warum im Büro der Frau S. G. (BVT) eine Durchsuchung vorgenommen worden ist; darauf war meine Frage gerichtet. Erklärt wurde mir das damit, dass sie in engem Kontakt mit dem ehemaligen stellvertretenden Direktor des BVT war, und über sie ist sehr viel gelaufen an E-Mails, auch im Wege von Blindkopie und dergleichen, und da würde man davon ausgehen können, dass sie über entscheidende Informationen über die gegenständlichen Vorwürfe verfügt.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja. Im Protokoll heißt es, Schmudermayer erklärt: „Sie ist Betroffene“ – also S. G. (BVT) – „und ihre Daten sollten den Vorwurf gegen Zöhrer und B. P. (BVT) erhärten.“

Hat die Frau Oberstaatsanwältin gewusst, welche Daten sich in Bezug auf die Verfahren B. P. (BVT), Zöhrer im Büro S. G. (BVT) befinden?

Mag. Christian Pilnacek: Grundsätzlich ist sie offenbar von der Annahme ausgegangen, dass man auch im Büro S. G. (BVT) über Daten, E-Mails etwas findet, was eben den Vorwurf der unrechtmäßigen Verwendung von Daten beziehungsweise der Nichtlöschung von Daten betrifft.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ist es Ihrer Rechtsauffassung nach ein ausreichender Grund für eine Hausdurchsuchung bei einer nicht Beschuldigten, dass man sagt: Na ja, da könnte man ja etwas finden!?

Mag. Christian Pilnacek: Na ja, ich muss jeweils bestimmte Tatsachen für diese Annahme anführen, und hier verweise ich ja darauf, dass bei den Privatadressen, außer der Adresse B. P. (BVT), etwa das OLG genau mit diesem Argument, das sind bloße Mutmaßungen, dass man etwas auffinden könnte, die Hausdurchsuchung für nicht zulässig erklärt hat. Also für mich gibt es Situationen, aber das muss eben in der Anordnung entsprechend begründet sein, warum man hier davon ausgeht, dass bei jemandem Gegenstände sichergestellt werden können, die für den Nachweis des Vorwurfs von Bedeutung sein können.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja. Deswegen lege ich Ihnen jetzt auch den Beschluss des Oberlandesgerichts aus dem August 2018 vor – der findet sich nicht bei uns im Akt, den haben wir bis jetzt nicht gekriegt; ich stelle die Seiten den Fraktionen gern zur Verfügung. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da geht es um Seite 18 (die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen), am Rand steht handschriftlich 35. (Auskunftsperson Pilnacek: Ja!)

Das OLG macht das ja klar: „[...] aus dem regen E-Mail-Verkehr zwischen MR“ – Ministerialrätin – „S. G. (BVT) und Mag. Zöhrer sowie den nicht auszuschließenden Anweisungen an MR S. G. (BVT) auf diesem Weg zwar auf einen Missstand in der Weisungskette geschlossen werden, diese Umstände stellen jedoch keine konkreten Tatsachen dar, die eine gegründete Wahrscheinlichkeit der Auffindung von E-Mail-Konversation aus der sich der Tatverdacht gegen Mag. Zöhrer erhärten lasse, indizieren. Wurde doch von keinem der vernommenen Zeugen die Annahme geäußert, dass sich im Büro und den Speichermedien der MR S. G. (BVT) beweisrelevante Gegenstände (E-Mails) in Bezug auf Faktum III“ – Faktum III ist diese Datenweitergabe Zöhrer, Fall Maurer, et cetera – „finden würden [...]. Demzufolge ermangelt es an der essentiellen Voraussetzung für die Durchsuchung von Orten, nämlich der gegründeten Wahrscheinlichkeit der Auffindung von sicherzustellenden oder auszuwertenden Beweismitteln im Büro der MR S. G. (BVT)“.

Wenn ich das Protokoll der Dienstbesprechung, auf die ich Sie angesprochen habe, lese, sage ich, Sie waren zum damaligen Zeitpunkt ja auch dieser Auffassung. Ist das richtig?

Mag. Christian Pilnacek: Ja.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja. Was haben Sie dann der Behördenleiterin der WKStA beziehungsweise der fallführenden Oberstaatsanwältin gesagt, da Sie ja offensichtlich der Meinung waren, dass diese Hausdurchsuchung zumindest im Büro S. G. (BVT) gesetzwidrig war?

Mag. Christian Pilnacek: Ich war der Meinung, und das soll das hier zum Ausdruck bringen, dass die Begründung nicht ausreichend ist.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, das Oberlandesgericht geht ja dann einen Schritt weiter, weil das seine Aufgabe ist, und sagt, das ist eine gesetzwidrige Hausdurchsuchung.

Mag. Christian Pilnacek: Ich bin nicht von einer Gesetzwidrigkeit ausgegangen. Wie gesagt, in der Gesamtbetrachtung haben wir dann die Meinung vertreten, die Vorgehensweise war vertretbar – insgesamt –, mit vielen Details, wie man es hätte anders besser machen können; aber es war für uns nicht sozusagen die glasklare Feststellung, die Sie jetzt treffen: Es war gesetzwidrig.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Die glasklare Feststellung stammt ja nicht von mir, sondern vom Oberlandesgericht.

Mag. Christian Pilnacek: Ja, die Sie in der Frage gebracht haben.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, ja, ich verstehe schon.

Das ist für mich jetzt der entscheidende Punkt: Was bedeutet das jetzt für die Fortführung des Verfahrens beziehungsweise auch für mögliche Berichtspflichten, Aufsichtspflichten, Fachaufsicht und so weiter, wenn, was ja offensichtlich jetzt Faktum ist, eine rechtswidrige Hausdurchsuchung im Büro einer Zeugin und nicht Beschuldigten, die die Leiterin des Extremismusreferats war, unter Führung eines rechtsextremen Polizeibeamten durchgeführt worden ist und noch dazu rechtsextremismusrelevante Dateien mitgenommen worden sind? Was bedeutet das jetzt für die Fachaufsicht? Was bedeutet das für die Rolle des Justizministeriums in diesem Verfahren?

Mag. Christian Pilnacek: Also ich muss sagen, dass das eine Fragestellung ist, wo mir bestimmte Umstände vorgehalten werden, die ich jetzt mit meiner Antwort bejahen müsste – das tue ich nicht, denn ich kann weder bestätigen, dass der Leiter der EGS rechtsextrem ist (Abg. Pilz: Das kann das BVT!), noch, dass er tatsächlich im Büro der Frau Ministerialrätin S. G. (BVT) war.

Sie stellen die Frage so, dass ich das, wenn ich sie beantworte würde, bestätigen würde, und das tue ich nicht.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Pilz, Sie können die Frage erst in der nächsten Runde noch einmal stellen.

Wir kommen jetzt zur dritten Fragerunde: Frau Abgeordnete Mag. Jachs. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Herr Generalsekretär, ist Ihnen bekannt, wer Herr Staatsanwalt Mag. Purkart ist?

Mag. Christian Pilnacek: Ja, natürlich ist mir das bekannt.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Ist Ihnen die Stellung von Mag. Purkart in der Gruppe von Mag. Handler bekannt?

Mag. Christian Pilnacek: Auch das ist mir bekannt, ja.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Welche ist die?

Mag. Christian Pilnacek: Er ist Referent in dieser Gruppe und mit Aufgaben der WKStA betraut, zusätzlich ist er ein Spezialist für IT-Anwendungen.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Aber er ist nicht Frau Staatsanwältin Schmudermayer überstellt?

Mag. Christian Pilnacek: Nein.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Den Amtsvermerk von Mag. Purkart über die Information an den Präsidenten des Landesgerichts Wien Mag. Forsthuber müssten Sie schon vorliegen haben. Können Sie dem Ausschuss sagen, warum genau Mag. Purkart den Kontakt mit dem Präsidenten aufgenommen hat? Oder können Sie das erklären?

Mag. Christian Pilnacek: Die Erklärung, die mir in dem Zusammenhang gegeben worden ist, ist, dass Kollege Purkart mit Präsident Forsthuber einen guten Kontakt hat, weil Purkart hier auch entsprechende Suchprogramme für die Auswertung von sichergestellten Daten im gerichtlichen Verfahren entwickelt hat; und daher ist, glaube ich, die Wahl auf ihn gefallen, dieses Gespräch zu führen.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Ist so ein Vorgang üblich, dass dann, wenn jemand mit jemandem bekannt ist, derjenige ausgeschickt wird, um vorher zu informieren?

Mag. Christian Pilnacek: Es ist nicht unüblich. Ich hätte auch etwas anderes bevorzugt, aber sozusagen ex post weiß man vieles besser.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Was hätten Sie bevorzugt?

Mag. Christian Pilnacek: Ja, wie gesagt, ich bin vielleicht ein förmlicher Mensch, aber wenn ich die Leiterin der WKStA wäre, wäre ich selbst an den Herrn Präsidenten herangetreten.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Können Sie uns auch noch sagen, welchen Unterschied es im Verfahren gibt, wenn Sie einen Journalrichter kontaktieren, im Vergleich zum regulären Verfahren durch einen Haft- und Rechtsschutzrichter?

Mag. Christian Pilnacek: Der Hauptunterschied ist, dass die Kontakte im Regelfall mündlich vonstattengehen.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Dann halte ich abschließend fest, dass wir uns, glaube ich, einig sind, dass die Vorgänge schlichtweg unüblich waren. – Danke.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Generalsekretär, ich halte Ihnen Dokument 1067 vor, Seite 158, korrigiere: Seite 160, wird mir jetzt gesagt, bei mir steht 158. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da schreiben Sie: „Liebe Ilse-Maria! [...] Ich finde es überhaupt eigenartig, dass es unter Umgehung des Dienstweges solche direkte Kontakte gibt“, und so weiter.

Können Sie erzählen, was Sie da so verärgert hat?

Mag. Christian Pilnacek: Herr Abgeordneter, das war ein E-Mail, das ich unmittelbar oder in zeitlicher Nähe zum eigentlichen Vorgang abgefasst habe, und es entspricht das alles dem, wie ich mich mit dieser gesamten Vorgehensweise auseinandergesetzt habe und die Meinung vertreten hätte, es wäre angesichts der Sensibilität dieses Verfahrens doch besser gewesen, man hätte sich breiter aufgestellt und hätte auch sozusagen den Rat von unserer Seite in Anspruch genommen.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Können Sie sich erklären, warum das damals nicht geschehen ist?

Mag. Christian Pilnacek: Die Erklärung ist wieder die Erklärung, die ich schon häufig gegeben habe: dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine besondere Selbstständigkeit und eine besondere Eigenständigkeit aufweist und es sozusagen auch etwas zur Philosophie dieser Staatsanwaltschaft zählt, das Ministerium nicht zu befassen.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Danke. Dann halte ich Ihnen Dokument 1263, Seite 71 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da schreiben Sie: „Zur Info“, „Pressearbeit des GS sehr ärgerlich.“

Also der GS ist Goldgruber, da stimme ich mit Ihnen vollkommen überein. Nur: Was war das konkret?

Mag. Christian Pilnacek: Also ich gehe davon aus, dass es eben um die Darstellung der Rolle gegangen ist: Anzeiger oder nicht Anzeiger.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Wie ist das, wenn man sagt, ein anderer Generalsekretär verhalte sich sehr ärgerlich? Das muss doch an sich etwas Massives sein, sonst schreibt man ja so etwas nicht.

Mag. Christian Pilnacek: Na ja, es ist so: In dem ganzen Verfahren stellt sich natürlich heraus, dass man ständig versucht, einen Keil zwischen Innen- und Justizressort zu treiben. Mein Bestreben war es, diesen Keil nicht treiben zu lassen, und daher war ich der Meinung, dass nicht abgestimmte Äußerungen, die sich möglicherweise inhaltlich auch widersprechen, für das Gesamtbild nicht gut aussehen und der Öffentlichkeit einen Eindruck des Nichtkoordinierens vermitteln, der gerade bei so sensiblen Causen zu vermeiden ist. Ich habe meinen Ärger damals auch dem Herrn Generalsekretär persönlich mitgeteilt.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Was hat er dann gesagt?

Mag. Christian Pilnacek: Dass er unter bestimmten Umständen eben so handeln musste; aber, ja.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Die letzte Frage – ich würde Sie jetzt um Ihre professionelle Einschätzung bitten –: Wenn man jetzt den Aufwand, das Ergebnis und den ganzen Schaden, der durch diese Aktion verursacht wurde, wenn Sie das insgesamt beurteilen würden, wie würde das Urteil mit jetzigem Stand des Wissens ausschauen?

Mag. Christian Pilnacek: Herr Abgeordneter, das ist eine Frage, die ich mir selbst häufig stelle, aber ich tue mir wirklich schwer, das so glasklar zu beantworten.

Ich meine, eines ist mir auch klar: Man kann nicht, nur weil es um eine bedeutende Institution geht, weil hier Zusammenarbeit mit Partnerdiensten auf dem Spiel steht, bestimmten doch gravierenden Verdachtsmomenten einer unrechtmäßigen Datenverwendung nicht nachgehen.

Also lassen Sie es mich so versuchen: Ich bin überzeugt davon, dass das hat ermittelt werden müssen, wie mit Daten innerhalb eines wichtigen Dienstes in Österreich umgegangen wird, der auch weitreichende Möglichkeiten zur Datenbeschaffung hat – umso bedeutender ist, dass man sehr sorgfältig mit den Daten umgeht –, und die Verdachtsmomente, die sich hier anfänglich gestellt haben, haben sich jetzt in weiterer Folge in Richtung mancher Beschuldigter doch ziemlich verdichtet dargestellt.

Ich bleibe bei meiner Meinung, die ich immer zum Ausdruck gebracht habe: Man hätte das auf eine Art und Weise erzielen können, die weniger sozusagen das ganze Amt dem Zugriff ausgesetzt hätte.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Danke, wir waren uns bei allen drei Fragen einig, so wie es aussieht.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Sehr geehrter Herr Generalsekretär! Noch einmal zu dieser Sicherstellung heikler Daten, dem Umgang generell mit heiklen Daten in Ihrem Ressort: Wenn man Ihren Worten, die Sie Ihren Ausführungen zu den Fragen des letzten Fragestellers vorangestellt haben, sozusagen folgt, muss man dann nicht eigentlich davon ausgehen, dass besonders heikle Daten im Verfassungsschutz auch ganz besonders geschützt und gesichert sind, oder kann man annehmen, dass diese Daten ganz einfach irgendwo herumliegen und quasi allgemein zugänglich sind? Ihre Ansicht, Ihre Meinung und Ihre Beurteilung, wie das im Ressort bisher erfolgt ist, würde mich interessieren.

Mag. Christian Pilnacek: Na ja, also, wie gesagt, laut den Umständen, die mir geschildert worden sind – eigene Wahrnehmungen habe ich nicht, ich kenne die Büros des BVT, die hier durchsucht worden sind, nicht –, war es nicht ein sehr aufgeräumter Zustand; aber man muss hinzufügen, dass zu diesem Teil, wo sich diese Büros befinden, ja auch nur ein eingeschränkter Personenkreis Zutritt hatte.

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Aber noch einmal: Selbst wenn nur ein eingeschränkter Personenkreis Zutritt hat, wäre es aus Ihrer Sicht dann zulässig, dass man diese heiklen Daten einfach auf dem Tisch liegen lässt? Oder müsste man das nicht ganz ordnungsgemäß versperren?

Mag. Christian Pilnacek: Herr Abgeordneter, Sie fragen mich etwas, was jetzt Inhalt und Gegenstand des Ermittlungsverfahrens ist. Natürlich, und das war ja der anlassgebende Verdacht, waren bestimmte Umstände vorhanden, dass Daten entgegen ausdrücklichen Löschungsaufträgen weiter verwendet werden; und es gibt natürlich auch entsprechende Datensicherheitsvorschriften, die im BVT anzuwenden sind. Es gibt gewisse gesetzliche Verpflichtungen, wann Daten zu löschen sind – jeweils unterschiedlich, ob nach dem Polizeilichen Staatsschutzgesetz, nach Sicherheitspolizeigesetz oder StPO. Für dieses Datenlöschungsmanagement trägt natürlich der jeweilige Dienststellenleiter, in concreto der Direktor des BVT, die Verantwortung.

Ob es zulässig war, dass sich manche Mitarbeiter eben auch von Daten befreundeter Geheimdienste diesen ganzen sehr geheimen Datenträger angefertigt haben, das ist jetzt Gegenstand des Verfahrens. Da kann ich noch keine Letztbeurteilung vornehmen, weil ich ja damit das Ergebnis präjudizieren würde.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Generalsekretär, ich lege Ihnen ein Dokument aus dem Tagebuch, Seite 54, vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist die Dienstbesprechung vom 12.3., wo Sie die Notwendigkeit der Hausdurchsuchung infrage stellen, weil es ja – ich zitiere – „maximal um Nicht-Löschung“ ging. Und da findet sich dann weiters Ihre Aussage: „GOLDGRUBER meint, er hätte die Akten auch so beischaffen können.“

Können Sie mir das erklären?

Mag. Christian Pilnacek: Na ja, es ist sicherlich so, das war der gesamte Gegenstand, ob man die Daten auf andere Weise hätte beschaffen können. Das wollten wir genau nachvollziehen. Und natürlich wäre es in den Möglichkeiten - -, es steht ja auch in meinen Möglichkeiten, mir von der Staatsanwaltschaft bestimmte Akten kommen zu lassen, wenn ich sie aus dienstlichen Gründen benötige.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Hat Generalsekretär Goldgruber Ihnen persönlich gesagt, dass er die Akten beischaffen kann?

Mag. Christian Pilnacek: Ich glaube, mich da zu erinnern, dass das eine Äußerung des Generalsekretärs gegenüber den Medien war, auf die ich mich bezogen habe.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Was hat er noch gesagt? Das heißt, das war eigentlich kein Gespräch mit Ihnen?

Mag. Christian Pilnacek: Nach meiner Erinnerung war das nicht Gesprächsinhalt, sondern habe ich das medialen Äußerungen von ihm entnommen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Bezüglich des Kontakts des Generalsekretärs mit der Staatsanwältin: Wann wurde dieser, wie wir ja wissen, untersagt? Und von wem?

Mag. Christian Pilnacek: Das war Ergebnis der Dienstbesprechung am - - Da muss es aber auch entsprechende Aktenteile geben, dass wir angeordnet haben - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wer „wir“?

Mag. Christian Pilnacek: „Wir“ sage ich immer; die Sektion IV, das heißt, ich habe es angeordnet.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Und warum?

Mag. Christian Pilnacek: Weil mir zu diesem Zeitpunkt eben erschienen ist, dass es günstiger ist, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft aus dem Schuss zu halten und direkte - -, und Kontaktaufnahmen über meine Einbindung laufen zu haben.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Um konstruktiv zu fragen: Was für Konsequenzen ziehen Sie aus der Causa? Was könnte im nächsten Fall besser laufen? Was würden Sie anders machen? Was hätten Sie nicht gern gesehen?

Mag. Christian Pilnacek: Also hinsichtlich der Konsequenzen ist die Linie in unserem Ressort, dass die Konsequenzen dann endgültig zu beurteilen sein werden, wenn wir auch den Bericht des Untersuchungsausschusses haben. Ich glaube, es wäre von mir auch vorschnell, jetzt ohne genaue Beurteilung durch den Untersuchungsausschuss und auch ohne Kenntnis der Empfehlungen schon konkret Verbesserungsvorschläge zu nennen. Meine Konsequenz ist immer: Einholung von Rat kann nicht schaden. (Abg. Krisper: Bitte?) Einholung von Rat kann nicht schaden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt: Einbindung Ihrer Person?

Mag. Christian Pilnacek (erheitert): Es geht mir nicht um meine Person. (Heiterkeit des Abg. Pilz.) Ich glaube, ich habe hervorragende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es geht darum, dass es mitunter für die Beurteilung einer schwierigen Sachlage und schwieriger Maßnahmen ganz gut ist, jemanden Außenstehenden zu fragen, wie er das sieht.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Zur Amtshilfe, die hier wegen eines Anfangsverdachts gegen den Leiter der Behörde ausgeschlossen wurde: Reicht es demnach theoretisch aus, dass ein Zeuge aussagt, dass der Leiter widerrechtliche Schritte unternahm, und schon ist die Amtshilfe vom Tisch?

Mag. Christian Pilnacek: Ich glaube, dass das schon auch mit Wahrung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten zu tun hat. Es geht hier nicht darum, ob die Amtshilfe vom Tisch ist, es geht darum, unter welchen Umständen ich jemanden allenfalls zu einer Selbstbelastung verpflichten kann – und das soll ausgeschlossen sein.

Bei dieser Diskussion über Amtshilfe oder nicht Amtshilfe erlaube ich mir, schon auch zu bedenken zu geben: Wenn es Amtshilfe ist, gibt es viel weniger Rechtsschutz – denn da gibt es keine Beschwerde der Betroffenen, dann gibt es keine Entscheidung des Oberlandesgerichts. Also man muss sich auch dieser Konsequenz bewusst sein: Die Wahl der Durchsuchung hat immerhin dazu geführt, dass das Oberlandesgericht Wien ganz deutlich seine Meinung sagen konnte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich habe nur noch kurze Nachfragen: Wann haben Sie das deutsche Justizministerium informiert, dass bei der Hausdurchsuchung im BVT keine Akten ausländischer Nachrichtendienste sichergestellt wurden?

Mag. Christian Pilnacek: Ich persönlich habe das deutsche Justizministerium nie informiert.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich habe das jetzt in Bezug auf das gesamte Haus, das Justizministerium, gemeint. – Entschuldigung.

Mag. Christian Pilnacek: Wir haben Anfragen seitens des BVT beantwortet, und die Kontakte sind meines Wissens über BVT, BMI gelaufen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Meines Wissens nicht – aber das werden wir uns noch genauer anschauen, dazu habe ich jetzt zu wenig Zeit –, weil es Erklärungen des deutschen Justizministeriums im Deutschen Bundestag in Kleinen Anfragen gibt, die eine völlig andere Geschichte erzählen.

Haben Sie Kenntnis davon, dass das Justizministerium oder das Innenministerium deutsche Ministerien dann darüber informiert hat, dass sehr wohl Akten deutscher Dienste bei der Hausdurchsuchung sichergestellt worden sind?

Mag. Christian Pilnacek: Über mich selbst, wie gesagt, über meinen Schreibtisch ist kein Kontakt mit dem Justizministerium in Deutschland gelaufen. Ich weiß, dass Direktor Gridling bei mir mehrmals nachgefragt hat, weil er das den ausländischen Nachrichtendiensten gegenüber zu beantworten hat.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Zum Abschluss möchte ich noch kurz ein Dokument vorlegen. Es ist das Dokument 6837. Da geht es um eines der Vorverfahren, das zum heute behandelten Verfahren führt. Ich lese vor - -

Vorsitzende Doris Bures: Das Gesamte wird sich jetzt nicht - - (Abg. Pilz: Nein, ich lese nicht das Gesamte vor!) – Gut.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): „In der Tat ist es schade, dass es die StA Linz verabsäumt hat, abgesehen vom Tatverdacht in Richtung § 256 StGB jene Verfahrenseile konkret zu benennen, die sich in Richtung von Rechtspflegedelikten hätten subsumiert werden können, wodurch auch die Chance vertan worden ist, die insgesamt bedenkliche Vorgehensweise der Kanzlei von einer zulässigen engagierten Opfervertretung zu unterscheiden.“ – Es handelt sich dabei um die Kanzlei Lansky.

Was war die „insgesamt bedenkliche Vorgehensweise der Kanzlei“?

Mag. Christian Pilnacek: An bestimmte Personen direkt heranzutreten, ihnen auch bestimmte Konsequenzen sozusagen anzudrohen. Da gibt es eine Unzahl – wo ich jetzt in der Erinnerung nicht darauf vorbereitet bin – von Vorwürfen. Es haben sich auch bestimmte Zeugen gemeldet, denen eben gesagt worden ist, in welche Richtung sie sich verantworten sollen, und das ist ja doch eine Beeinflussung. – Also es hat hier Anhaltspunkte gegeben, die aus meiner Sicht hätten herausgearbeitet werden sollen.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Verfahrensrichter Dr. Strauss hat jetzt abschließend noch ergänzende Fragen an den Herrn Generalsekretär. – Bitte, Herr Dr. Strauss.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Eigentlich nur einen Fragenkomplex, den wir vielleicht für die Zukunft der Ausschusstätigkeit noch brauchen werden:

Ich habe den Eindruck, es gibt verschiedene Anschauungen von sogenannten Lansky-Daten. Sie haben begonnen, in der Beantwortung einer Anfrage Ihren umfassenden Kenntnisstand darzulegen. Ich würde Sie bitten, das nochmals zu tun. Es gibt nämlich, glaube ich, mehrere Entscheidungen von verschiedenen Gerichten und mehrere Lansky-Daten. Würden Sie das bitte noch einmal darlegen?

Mag. Christian Pilnacek: Wie gesagt, die erste Sicherstellungsanordnung der StA Wien ist am 18.10.2013 ergangen, mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 6.1.2014 bewilligt.

Das Oberlandesgericht Wien hat mit Beschluss vom 14.8.2014 der Beschwerde des Dr. Lansky Folge gegeben – mangels dringenden Tatverdachts, „damit keine Grundlage für die Sicherstellung der Daten [...] (Verletzung des § 144 Abs. 3 StPO)“. In diesem Fall hat das Oberlandesgericht Wien der Staatsanwaltschaft aufgetragen, „die Anordnung und das RHE“ – Rechtshilfeersuchen – „zu widerrufen, die sichergestellten Gegenstände zurückzugeben und allfällige Datenkopien zu löschen.“ In weiterer Folge ist das mit Weisung der Oberstaatsanwaltschaft Wien auch umgesetzt worden.

Dann ist es zu dieser Situation im November 2014 gekommen, dass vom damaligen Verteidiger des mittlerweile verstorbenen Dr. Alijew dem BVT „Unterlagen der Kanzlei Lansky (in Papierform und als Daten-Stick)“ weitergegeben worden sind; „und Ende Februar/Anfang März 2015“ noch „eine anonyme Vorlage von USB-Sticks mit Daten der Kanzlei Lansky an BMJ, OStA Wien, StA Wien, GDöS“ – Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit –, „Direktor des BVT und offenbar auch an“ ein Medium.

Das war Anlass, von einer „Verdichtung der Verdachtslage“ zu sprechen, und es ist – neuerlich – zu einer „(zweiten) Sicherstellungsanordnung der StA Wien vom 1.4.2015“ gekommen und ein entsprechendes Rechtshilfeersuchen an Luxemburg ergangen.

Das Verfahren wurde dann in weiterer Folge an die StA Linz übertragen. Das Landesgericht Linz hat mit Beschlüssen vom 9.9. und 25.9.2015 dem Einspruch von Dr. Lansky Folge gegeben und hat der StA Linz aufgetragen, „die (zweite) Anordnung und das RHE“ – Rechtshilfeersuchen – „zu widerrufen und die Vernichtung allfälliger Kopien oder Auswertungen der Daten zu veranlassen.“

Das Oberlandesgericht Linz hat mit Beschluss vom 25.2.2016 „dem Rechtsmittel der StA Linz zwar in Bezug auf“ zwei andere „Mitbeschwerdeführer Folge“ gegeben, „nicht jedoch in Bezug auf [...] Dr. Lansky und ließ den Widerrufs- und Vernichtungsauftrag des LG Linz diesbezüglich (betreffend die luxemburgischen Daten) unberührt.“

Die StA Linz hat den Beschluss dadurch umgesetzt, „dass sie am 3.3.2016 ([...] in der Annahme, dass diese Beweismittel [...] noch nicht den österreichischen Behörden übergeben worden waren) nur gegenüber den luxemburgischen Justizbehörden die Löschung allf.“ – allfälliger – „Kopien der Serverdaten anordnete.“

Was jetzt die von dritter Seite übermittelten Daten betrifft: „Die USB-Sticks befinden sich ([...] teilweise) bei der StA Linz im Ermittlungsakt: das BVT-Exemplar wurde der StA Linz im Zuge der Berichterstattung und von dieser [...] dem LG Linz übermittelt“, ebenso die der OStA und dem BMJ übermittelten Exemplare.

In diesem Verfahren waren „Anträge auf Löschung aller bei der StA Linz befindlichen Daten“ – also hinsichtlich dieser Sticks – „bislang erfolglos“ – mit der Begründung, die heute schon zitiert worden ist. Das Oberlandesgericht legt aber Wert darauf, dass diese Daten zwar nicht widerrechtlich erlangt worden sind, allerdings im Hinblick darauf das Anwaltsgeheimnis von der StA penibel beachtet werden muss.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals. Haben Sie noch Fragen, Herr Dr. Strauss?

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Nein, danke.

Vorsitzende Doris Bures: Dann erkläre ich die Befragung für beendet.

Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Generalsekretär Mag. Pilnacek, dass Sie dem Ausschuss als Auskunftsperson zur Verfügung gestanden sind.