115/KOMM XXVI. GP
Kommuniqué
des Untersuchungsausschusses über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) (3/US XXVI.GP)
Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda in der 10. Sitzung vom 3. Oktober 2018
Der Untersuchungsausschuss über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 31. Sitzung am 13. März 2019 mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, N, J) gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VOUA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.
Wien, 2019 03 13
Werner Herbert Doris Bures
Schriftführer Vorsitzende

BVT-Untersuchungsausschuss

Stenographisches Protokoll
10. Sitzung/medienöffentlich
Mittwoch, 3. Oktober 2018
Gesamtdauer der 10. Sitzung
9.03 Uhr – 17.54 Uhr
Lokal 7
Befragung der
Auskunftsperson
Leitende Staatsanwältin Hofrätin Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda
Vorsitzende Zweite Präsidentin Doris Bures: Danke vielmals. Ich schlage vor, gleich auch die Belehrung der Auskunftsperson vorzunehmen. – Bitte.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Bevor ich die Belehrung der Auskunftsperson vornehme, gebe ich bekannt, dass ich mit der Auskunftsperson persönlich bekannt bin, dass ich aber den Gepflogenheiten des Ausschusses entsprechend beim Sie-Wort bleiben werde.
Frau Hofrätin, Sie haben mir Ihr Datenblatt zur Verfügung gestellt. Ist richtig, was da steht? (Die Auskunftsperson nickt.) – Danke schön.
Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss betreffend die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung – BVT-Untersuchungsausschuss – als Auskunftsperson zu den Beweisthemen 1. Datenverwendung und 3. Hausdurchsuchungen des Untersuchungsgegenstandes angehört.
Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich auf diese schriftliche Belehrung hin und betone insbesondere, dass Sie verpflichtet sind, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 1 und 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.
Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.
Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit immer noch jederzeit zu beantragen.
Weiters weise ich Sie auf die Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Ich weise Sie auf die Ihnen bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hin: Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch nach Beendigung der Befragung. Kopien, Notizen, Auszüge dürfen weder von der Auskunftsperson noch von einer allfälligen Vertrauensperson – die nicht gegeben ist – angefertigt werden. Alle im Untersuchungsausschuss vorgelegten Unterlagen dürfen von der Auskunftsperson nach Beendigung der Befragung nicht an sich genommen werden, sondern haben auf dem Platz zu verbleiben.
Sie sind berechtigt, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die eine Gesamtdauer von 20 Minuten nicht überschreiten soll. Vertrauensperson gibt es keine, also kann ich meine Belehrung beenden. – Danke schön.
Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Strauss.
Frau Mag. Vrabl-Sanda, dann frage ich Sie, ob Sie von dem Recht, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, Gebrauch machen wollen. (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Ja!) – Bitte, ich erteile Ihnen dafür das Wort.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich nehme diese Gelegenheit, hier zu einzelnen Punkten Stellung zu nehmen, gerne wahr, denn es ist ja so, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in der Öffentlichkeit in ein ungünstiges Licht gerückt wird, und das macht mich als Leiterin dieser Staatsanwaltschaft sehr betroffen.
Deshalb möchte ich schon sagen, dass es bei uns in der Staatsanwaltschaft die oberste Maxime ist, dem Gesetz entsprechend zu agieren, und das heißt für den konkreten Fall – weil das in der Medienberichterstattung immer releviert wird –, ohne Ansehen der Person. Es ist also so, dass wir gegen Beschuldigte ermitteln müssen, und wir nicht Rücksicht auf die Person des Beschuldigten zu nehmen haben, auf seine Zugehörigkeit oder auch nur Zurechnung zu bestimmten Gruppen. Wir haben auch nicht auf die Zugehörigkeit eines Opfers zu einer bestimmten Gruppe oder auch nur seine Zuordnung dorthin Rücksicht zu nehmen, und auch haben wir nicht Rücksicht zu nehmen auf die Zugehörigkeit oder Zuordnung eines allfälligen Anzeigers.
Ohne Ansehen der Person – so beschreibt es das Gesetz, und das Gesetz definiert das auch ganz klar und stellt an mehreren Stellen fest, wie das vonstatten zu gehen hat: nämlich unparteilich, objektiv, uneigennützig, auch noch jeglichen Anschein der Befangenheit vermeidend, unvoreingenommen.
Es ist so, dass wir einen Fall haben – wenn ich ein Beispiel erwähnen darf –: Wenn ein bestimmter Rechtsanwalt – nennen wir ihn X – zur Staatsanwaltschaft kommt und ein potenzielles Opfer ist, und wenn ein bestimmter Beschuldigter vielleicht aus dem BVT kommt und dort potenziell Beschuldigter ist, dann sieht das Gesetz für solche Fälle keine abweichende Vorgehensweise vor, egal, welcher Zuordnung diese Personen sein mögen. Das gibt das Gesetz schlicht und ergreifend nicht her. Und aus diesem Grund kann ich sagen, ohne Ansehen der Person zu agieren ist die oberste Maxime, auch in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, und ich denke, dass unsere Verfahren, die wir geführt haben, aber auch die, die wir laufend führen, hierzu eine deutliche Sprache sprechen. Auch wenn das in einem hochsensiblen Bereich unter Umständen mancherorts einen gewissen Unmut hervorruft, denke ich, ist umso wichtiger, dass wir so vorgehen.
Diese gesetzlich vorgegebene Ermittlungsaufgabe – im konkreten Fall – in der Öffentlichkeit jetzt in das Gegenteil zu verkehren, sie unter Umständen als naiv und willfährig oder als tendenziös darzustellen, das ist es, was mich sehr betroffen macht, und dagegen verwehre ich mich.
Ich möchte bitte zwei Themenbereiche vorweg ansprechen: Der eine betrifft die Hausdurchsuchungen an sich und auch im speziellen Fall. Wir haben hier eine Situation, dass die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren, ein Strafverfahren gegen einige Beschuldigte aus dem BVT führt, und wir haben hier eine bestimmte Verdachtslage, zu der wir aufgrund unserer Ermittlungen gelangt sind.
Ich möchte es noch einmal betonen: Der Tatverdacht wurde vom Oberlandesgericht ja bei der gerichtlichen Nachprüfung auch bestätigt. Sie wissen, ich kann jetzt nicht auf alle Details in diesem Verfahren eingehen oder denen gerecht werden, ich muss pauschalieren, um es auf den Punkt zu bringen.
Bei dieser Verdachtslage – und das sagt das Oberlandesgericht ja auch in den Beschlüssen selbst – ist es einfach die Verpflichtung der Staatsanwaltschaft, Überlegungen im Zuge der Wahrheitsforschung, im Zuge der Amtswegigkeit der Wahrheitsforschung zu machen, und dafür Sorge zu tragen, dass die Beweise sichergestellt werden können. Das finden Sie vielleicht auf der Seite 31 in der Entscheidung zu 23Bs93/18z.
Wir sind also in der Situation, Beweise sichern zu müssen. Und wie kommen wir zu diesen Beweisen? – Na, da muss man sich die konkrete Situation anschauen, die wir in dieser Verdachtslage haben: Wir sehen, es geht ja um einen Missbrauch der Amtsgewalt, und der soll – das möchte ich jetzt ganz salopp und auch pauschal sagen – dadurch stattgefunden haben, dass es zu einem missbräuchlichen Umgang mit sensiblen, mit personenbezogenen Daten gekommen ist; mit dem Schädigungsvorsatz nämlich, dass die Personen, deren persönliche Daten es betrifft, eben in dem Grundrecht auf Geheimhaltung dieser Daten geschädigt werden. Das ist aus meiner Sicht ein schwerwiegender Vorwurf und jedenfalls kein Kavaliersdelikt. Es geht nicht darum, dass irgendwer etwas vergessen hätte zu löschen – das möchte ich auch gleich richtigstellen –, sondern es geht um diesen schwerwiegenden Vorwurf.
Von diesem Eingriff in den Geheimnisschutz der Daten kann ja jeder Mensch betroffen sein, auch jener, der sich überhaupt nichts zuschulden kommen hat lassen; deshalb ist es so ein schwerwiegender Vorwurf. Und allgemein: Bei der Auffindung von Beweisen muss man sich natürlich überlegen: Wie kommt man dazu? Was können das für Beweismittel sein? Wir gehen davon aus, dass ungerechtfertigt Kopien hergestellt wurden; sei es, dass man dazu auf den den jeweiligen Personen zugeordneten Laufwerken in den entsprechenden Systemen Beweismittel findet, sei es, dass es dazu in den E-Mail-Postfächern Beweismittel gibt, sei es, dass Daten auf externe Datenträger abgespeichert wurden, unter Umständen auch private externe Datenträger, USB-Sticks, DVDs oder externe Festplatten im weitesten Sinne oder im allgemeinen Sinne.
Die Frage, die sich jetzt stellt: Dürfen wir nach denen suchen? – Da empfiehlt sich halt der Griff zum Gesetz. Ich möchte das jetzt auf das Wesentliche, worauf es dabei ankommt, reduzieren. Wir brauchen für die Durchsuchung einen Tatverdacht. Der Tatverdacht, haben wir festgestellt, wurde bestätigt. Wir brauchen auch, wie für jede andere Ermittlungshandlung, eine entsprechende sogenannte Verhältnismäßigkeit. Ich möchte nicht auf alle Aspekte der Verhältnismäßigkeit eingehen, aber hier interessiert ja im Speziellen, welche Regeln es alternativ gibt – also weniger eingriffsintensive Maßnahmen, die es in diesem Zusammenhang allenfalls geben könnte –, ob da eine Möglichkeit besteht. Das ist das Thema, das hier interessiert.
Ob das tatsächlich so ist, ob wir durchsuchen oder die Verhältnismäßigkeit andere Wege vorgibt, das ist eine Rechtsfrage. Diese Rechtsfrage ist eine durchaus diffizile und hängt von mehreren Punkten ab. Wir wissen jetzt alle: Das Oberlandesgericht hat das anders beurteilt als die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und als auch der HR-Richter es gemacht hat. Es hat sich eingehend mit dieser Frage auseinandergesetzt.
Ich möchte aber jetzt schon auch erklären, welche Aspekte insgesamt für diese Verhältnismäßigkeitsprüfung eine Rolle spielen können. Wir hatten zum einen erkundet, dass das Innenministerium nicht unmittelbar auf die Server oder die Rechner des BVT zugreifen kann. Diese Erkundung im Zusammenhang mit der Tatsache, dass sich der höchste Beamte des Innenministeriums mit einem Anzeigenkonvolut an die WKStA wendet – und in diesem Konvolut gibt es ja auch schon Ausführungen zu dieser Verdachtslage des Datenmissbrauchs –, könnte schon auch die Frage aufwerfen, ob das Innenministerium diese entsprechenden Daten – und zwar vollständig – überhaupt selbst beschaffen kann.
Berücksichtigungswürdig ist aber auch bei der Frage der Verhältnismäßigkeit – weil wir ja aus den einzelnen Verfahren immer dazulernen und dazulernen müssen –, dass wir Rücksicht auf andere nehmen, vielleicht vorgelagerte Entscheidungen aus anderen Verfahren, in dem Sinne aus der letzten Instanz; das ist eben im Ermittlungsverfahren das Oberlandesgericht.
Selbstverständlich haben wir so etwas schon gehabt. Wir führen gegen öffentliche Einrichtungen des Öfteren auch Strafverfahren, und wir haben auch, kann ich sagen, in mehreren Fällen Hausdurchsuchungen in solchen öffentlichen Einrichtungen durchgeführt. Und weil es sich um Amtsträger handelte, haben wir da jeweils die Kriminalpolizei zurate gezogen, nämlich das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung.
Einen Fall möchte ich speziell herausheben, weil er für uns eine sehr ähnliche Situation darstellte: Das betrifft das Verfahren mit den Salzburger Landesfinanzen, wo auch der Chef selbst sozusagen der Beschuldigte war. Und auch in diesem Fall – auch deshalb hebe ich ihn heraus, denn wir hatten ja OLG-Entscheidungen dazu – ist die Instanz im Beschwerdeweg angerufen worden, und sie hat damals die Rechtmäßigkeit und die Verhältnismäßigkeit bestätigt.
Da wir bei den anderen Verfahren sind, möchte ich auch erwähnen, dass es ja zwei Verfahren gibt, wo es auch im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung zu Hausdurchsuchungen gekommen ist. Eines dieser Verfahren führen wir in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft selbst, aber gegen einen anderen, gegen einen weiteren Beschuldigten, der mit dem Verfahren, über das hier jetzt gesessen wird, nichts zu tun hat.
In diesem Verfahren ist es auch zu einer Hausdurchsuchung gekommen, die das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung angeregt hat. Diese Hausdurchsuchung ist angeordnet worden, sie ist bewilligt worden, und sie ist auch durchgeführt worden, nämlich in den Büros, die von diesem Mitarbeiter benützt wurden.
Im Nachhinein haben wir erfahren: Es gibt auch ein zweites Verfahren von einer anderen Staatsanwaltschaft gegen wieder einen anderen Mitarbeiter im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Und dort war es ja so: Wir haben uns diesen Akt im Zuge der Überprüfung, ob es eine Einbeziehung geben sollte, ob das sozusagen konnexe Sachverhalte sind, beigeschafft. Aus dieser Einsicht ist hervorgegangen: Es ist nicht ganz vergleichbar, aber es geht im Kern um das Gleiche, insofern, als man sagen muss, es geht um den missbräuchlichen Umgang mit Daten.
In diesem Verfahren hat der Chef des BVT selbst die Hausdurchsuchung offenbar angeregt, er hat jedenfalls den Sachverhalt bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Diese Hausdurchsuchung ist auch angeordnet worden, und sie ist gerichtlich bewilligt worden, und zwar im Journal, weil es offenbar schnell gehen musste, und sie ist, weil es schnell gehen musste, noch am selben Tag durchgeführt worden.
Ein weiterer Punkt, den man bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung durchaus berücksichtigen kann, ist aus meiner Sicht – auch das ist mehrfach Thema gewesen, das Oberlandesgericht hat sich auch damit auseinandergesetzt – die Selbstbelastung. Die Selbstbelastung ist ja kein Bestandteil der Amtshilfe. Wenn es also zu einer Selbstbelastung kommen müsste, dann geht das auf diesem Weg nicht mehr – wir können dieses Verbot nicht umgehen –, dann muss durchsucht werden; wenn das oberste Organ betroffen ist oder derjenige betroffen ist, der zur Herausgabe verpflichtet wäre. In diesem speziellen Fall hat das Oberlandesgericht das anders gesehen, weil es eine übergeordnete Behörde gibt. Wir hatten eine andere Auffassung zu dieser Sicht.
Ganz allgemein gesprochen kann ich aber auch sagen: Wenn wir jetzt diese Datenträger suchen, von denen ich Ihnen vorher erzählt habe – und das sind ja auch unter Umständen private Datenträger –, muss man sich schon vorstellen, wie das dann vor sich geht, wenn da eine Durchsuchung im Auftrag der Dienstbehörde stattfindet und Beamte dorthin zu dem Schreibtisch kommen und dort vielleicht ein Datenstick liegt, dieser Beamte diesen Datenstick sicherstellen möchte, und der von der Durchsuchung Betroffene ihn nimmt, ihn einsteckt und sagt: Das ist meiner!, und seiner Wege geht. Das ist ein in der Realität durchaus gangbarer Weg. Und dann kommen wir in diese Situation, dass sich vielleicht arbeitsrechtliche Problematiken auftun, nämlich die Frage: Darf ein Dienstgeber in den privaten Sachen der Dienstnehmer überhaupt suchen?
Abschließend möchte ich zu diesem Punkt noch einen weiteren anführen: Es gibt bei einer solchen Suche oder Herausgabe – oder Herausgabeverpflichtung, muss man in dem Fall sagen – im Auftrag der Dienstbehörde keinerlei Rechtsschutz. Die Strafprozessordnung ist in diesem Fall nicht anzuwenden.
Lassen Sie mich ausdrücklich betonen – ich möchte hier nicht missverstanden werden –: Das Oberlandesgericht hat eine andere Ansicht offengelegt und offenbart. Selbstverständlich ist das zu akzeptieren. Ich meine, ich akzeptiere diese Entscheidung, weil ich in diesem funktionierenden Gefüge arbeite, wo es einfach so ist, dass die letzte Instanz recht hat. Punkt. Nichtsdestotrotz möchte ich Ihnen aufzählen, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung eine diffizile Rechtsfrage ist, die im Einzelfall eben einer Prüfung bedarf und stets von Neuem konkret beurteilt werden muss, eben nach den Konstellationen des Einzelfalls.
Lassen Sie mich bitte abschließend noch einen Themenbereich ansprechen, der mir auch sehr wichtig ist: Die Strafverfolgung entspricht ihrem gesetzlichen Auftrag, dieser Auftrag lautet auf Aufklärung. Es entspräche nicht dem Gesetz, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in jenen Verfahren, die besonders brisant sind – sei es aufgrund der Person des Beschuldigten oder sei es aufgrund der Sache, um die es geht –, also jenen Verfahren, die von einem besonderen öffentlichen Interesse sind, wegschaut, damit kein Imageschaden für wen auch immer passiert. Das entspricht nicht dem Gesetz.
Diese Staatsanwaltschaft wurde gerade für solche Fälle geschaffen, um im hochsensiblen Bereich tätig zu werden. Und man hat ja damals dazu zum Beispiel auch eine spezielle Berichtspflicht – damals, muss ich sagen, mit Einführung der KStA, also der Vorgängerstaatsanwaltschaft – eingeführt, und in dieser Regierungsvorlage heißt es, dass es eben nicht sein soll, dass diese Staatsanwaltschaft vorab berichtet, sondern dass sie ungestört ermitteln, also nicht vorab von einzelnen Ermittlungsschritten berichten soll. Damit soll dem besonderen Geheimhaltungsbedürfnis in sensiblen Fällen entsprochen werden. Und das wäre gefährdet, wenn über einzelne Ermittlungsmaßnahmen zu berichten wäre. Es sind nicht die Aufklärung, also nicht die Strafverfolgung der Taten, nicht das Ermittlungsverfahren, die die Sicherheit gefährden; es ist meiner persönlichen Überzeugung nach andersrum: Es sind nämlich die Taten dieser Täter, die das Potenzial dazu haben, die Sicherheit zu gefährden. Und wenn sich die Verdachtslage letztlich bestätigt, werden diese Taten sozusagen das Relevante sein, und es werden die Täter zur Verantwortung zu ziehen sein.
Auf die Gefahr einer allfälligen Umkehrung möchte ich schon hinweisen, weil ich sie mancherorts verorten kann. Wir wollen gerade nicht eine Staatsanwaltschaft, die ohne Engagement und ohne Courage vor der Strafverfolgung in diesen brisanten Verfahren, die große Korruptionsfälle betreffen, oder auch Wirtschaftsstrafverfahren von besonderem öffentlichem Interesse, von dieser Verfolgung ablässt oder vielleicht resigniert. Es wäre daher aus meiner Sicht wünschenswert, dass man dieser Staatsanwaltschaft den Rücken stärkt. Vielleicht kann dieser Untersuchungsausschuss ja auch dazu beitragen. – Ich bedanke mich.
Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals für Ihre einleitende Stellungnahme, Frau Mag.a Vrabl-Sander. Ich erteile nun dem Herrn Verfahrensrichter für die Erstbefragung das Wort.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Meine erste Frage lautet: Inwiefern waren Sie in das Ermittlungsverfahren rund um die Causa BVT involviert?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also involviert im Sinne von eingebunden und informiert?
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Genau.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Es ist selbstverständlich so, dass es innerhalb der Staatsanwaltschaft eine andere Berichtspflicht gibt als die, die ich eben angesprochen habe, die nach außen führt. Innerhalb der Staatsanwaltschaft hat der Leiter, also in dem Fall die Leiterin der Staatsanwaltschaft dafür zu sorgen, dass ihr die entsprechenden Verfahren, die von besonderem Interesse sein können, mitgeteilt werden. Das ist bei uns auch so institutionalisiert, und daher war ich ziemlich von Beginn an – so wie Sie es gesagt haben – involviert oder informiert über das Strafverfahren, das ja nicht erst im Februar begonnen hat.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Sondern wann?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Dieses Strafverfahren wurde schon zu einem früheren Zeitpunkt eingeleitet, wobei ich sagen muss, es hat sich sehr lange Zeit um eine Anfangsverdachtsprüfung gehandelt, ich glaube, es ist bekannt, es sind E-Mails und dann auch Konvolute von Anzeigern gekommen, die nicht nur bei uns eingelangt sind, die sind auch bei anderen Staatsanwaltschaften und ich glaube auch bei anderen öffentlichen Institutionen und auch bei Journalisten eingelangt, und das war schon alles im Jahr 2017.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Können Sie genauer eingrenzen, wann Sie von der Existenz dieses sogenannten Konvoluts erfahren haben?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich würde sagen, es war Sommer. Ich kann es nicht genauer eingrenzen.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: In welchem Umfang wurden Sie laufend von Gruppenleiter Oberstaatsanwalt Handler beziehungsweise von Oberstaatsanwältin Schmudermayer über den Stand der Ermittlungen informiert?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also zu diesem Zeitpunkt ist die Kommunikation meistens unmittelbar mit der Staatsanwältin gelaufen und nicht mit Gruppenleiter Handler. Mit Gruppenleiter Handler habe ich zu einem Zeitpunkt sehr viel Kontakt in dieser Sache gehabt – sehr viel nicht im Sinne von oft, aber intensiv –, zu dem Zeitpunkt im Februar, als sich die Verdachtslage erhärtet hat in Bezug auf den Komplex des BVT, denn es gibt ja in diesem Verfahren mehrere Faktenbereiche.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wann haben Sie erfahren, dass eine Hausdurchsuchung im BVT stattfinden soll?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Dass sie stattfinden soll, habe ich am 27. Februar 2018 erfahren.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Inwiefern waren Sie in die Vorbereitung und Planung der Hausdurchsuchung eingebunden?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich war nicht operativ tätig – und daher auch nicht in die Vorbereitung dieser Hausdurchsuchung eingebunden –, sondern ich habe mich informieren lassen.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wann war das? Vorher? Nachher?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Am 27.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Am 27. – Wurde über die Einbeziehung des Bundesamts für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, uns leidlich als BAK bekannt, gesprochen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nicht erst zu dieser Zeit. Bereits im Jahr 2017 ist es ja ganz evident geworden, dass wenn man in so einem Verfahren mit durchaus brisantem Inhalt, würde ich meinen, in die Situation kommt, dass Ermittlungen anstehen müssen, wir wissen, dass das natürlich sehr heikel ist und dass es nicht angenehm ist, wenn hier sozusagen die innenministeriellen Einheiten agieren - -
Wir haben die Situation, dass wir aber keine Justizpolizei, oder wie immer man sie nennen will, haben, daher haben wir in diesem frühen Stadium des Verfahrens selbst ermittelt, also die Staatsanwältin hat sich selbst an die Sache herangemacht und hat sich nicht einer Polizeieinheit bedient.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Aber zur Durchführung der Hausdurchsuchung schon?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Zur Durchführung der Hausdurchsuchung schon, aber nicht des BAK.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Warum nicht?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das BAK ist ja in diesen E-Mails und Konvoluten, Anzeigen – wie man das auch immer nennen mag – insofern erwähnt worden, als es Zusammenhänge gegeben hat, und insbesondere der Leiter und Stellvertreter dort regelmäßig mit diversen Vorwürfen genannt worden sind.
Ich möchte gleich vorweg sagen: Wir haben hier eine Anscheinsproblematik, und das ist ein großer Unterschied. Ich gehe nicht davon aus, dass das BAK oder der Leiter oder Stellvertreter auch tatsächlich befangen sind oder involviert sind, aber ich habe Ihnen vorhin gesagt, nach welchen Grundsätzen wir in der Strafprozessordnung vorgehen müssen, und da gilt es jeden Anschein der Befangenheit zu vermeiden, und daher war das BAK aus unserer Sicht keine Option.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wann haben Sie von der Bewilligung der Anordnung durch einen Richter, sage ich jetzt einmal, erfahren?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also den konkreten Zeitpunkt weiß ich nicht mehr, weil ich das nicht erfragt habe, sondern ich habe mit meinem Gruppenleiter darüber gesprochen, als er mir mitgeteilt hat, dass eine Hausdurchsuchung ansteht, dass sie notwendig ist, und da hat er mir beschrieben, warum das notwendig ist. Und da habe ich nicht nachgefragt, ob sie schon bewilligt ist oder nicht.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Aha. Es wird sicher noch einiges vorgelegt werden, ich tue das jetzt nicht, damit die Zeit nicht vergeudet wird, aber es gibt eine schriftliche Festlegung von Ihnen, wo drinnen steht: „die AO“ – Anordnung – „vom Journalrichter, der gestern hier war“. – Zitatende.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wir haben gehört, dass er nicht hier war. Was ist richtig?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Es ist „nicht hier war“ richtig, und ich habe das auch aufklären können. Ich war der Meinung, dass er hier war, und ich weiß auch nicht mehr, wie ich dazu gekommen bin. Es hat ein Gespräch mit dem Gruppenleiter stattgefunden, der mir dann gesagt hat, er hat das auch geglaubt, dass der herkommen wird. Das war’s, mehr kann ich dazu nicht sagen. Im Nachhinein habe ich erfahren, dass es ein Journalrichter war, der die Bewilligung erteilt hat, und wie der Ablauf war, nämlich nicht dass er hingekommen ist, sondern dass die Akten zu ihm gebracht worden sind.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Danke vielmals, das wäre es für mich.
*****
Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Strauss, für die Erstbefragung. Damit steigen wir in die erste Fragerunde der Abgeordneten ein.
Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag.a Duzdar. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Frau Mag. Vrabl-Sanda, herzlichen Dank, dass Sie sich heute die Zeit genommen haben, um uns hier im Untersuchungsausschuss zur Verfügung zu stehen.
Meine Frage wäre: Wie lange sind Sie schon als Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft tätig?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich bin mit Dezember 2012 ernannt worden.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Der Verfahrensrichter hat Sie schon gefragt, inwieweit Sie in die Vorgänge oder Vorbereitungen der Hausdurchsuchung eingebunden waren. Sie haben gesagt, Sie wurden informiert. Könnten Sie das vielleicht noch näher konkretisieren? Hat es – damit wir Ihre Rolle und Ihre Aufgabe besser verstehen – Ihnen gegenüber eine Berichtspflicht gegeben, haben Sie da eine Dienstaufsicht? Wie dürfen wir uns das vorstellen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Es ist so, dass es, wie ich eingangs schon gesagt habe, innerhalb der Staatsanwaltschaft eine gänzlich andere Berichtspflicht gibt als nach außen. Mit anderen Worten: Es ist von der Leitung, also von mir, dafür Sorge zu tragen, dass ich entsprechend informiert werde. Meine Staatsanwälte dort wissen das und informieren mich über solche Angelegenheiten, und das war der Grund, weshalb ich ja schon sehr zeitig gewusst habe, dass wir so einen Sachverhalt aufzuklären haben.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Das heißt, Sie standen diesbezüglich auch in regulärem, regelmäßigem Kontakt mit Staatsanwältin Schmudermayer?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Zu dem Zeitpunkt, den Sie - - Ich weiß nicht, welchen Zeitpunkt sprechen Sie an?
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ich spreche jetzt den Zeitraum im Vorfeld der am 28. Februar stattgefundenen Hausdurchsuchung an.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Im weiteren Vorfeld, ja, mit dem Gruppenleiter; mit Staatsanwältin Schmudermayer selbst nicht, die hatte ja zu der Zeit sehr viel zu tun, und es war mir schon klar, dass ich mir diese Informationen besser vom Gruppenleiter hole, und das habe ich getan. Er hat mich darüber informiert, was da alles stattfinden wird und auch stattgefunden hat. Es hat also sowohl im Vorhinein als auch im Nachhinein die entsprechenden Informationen gegeben.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Das heißt, Sie hatten auch den gleichen Informationsstand wie Staatsanwältin Schmudermayer? Darf ich das so verstehen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Na ja, den kann ich nie haben; das dürfen Sie so nicht sagen. Das muss man sich so vorstellen: Ich habe eine Staatsanwaltschaft zu führen, die ungefähr 275 Verfahren führt, die sehr, sehr großen Umfangs sind. Von diesen sind jetzt rund 80, glaube ich, Großstrafverfahren – das sind solche, die nach einem Erlass des Bundesministeriums für Justiz nach bestimmten Merkmalen und Kriterien als Großverfahren einzustufen sind. Der Umfang spielt eine Rolle, also die Größe an sich, aber auch die Komplexität.
Ich möchte damit sagen: Im Detail ist immer nur der Fallführende mit dem Fall bestens vertraut, und im Rahmen der Fachaufsicht kann man sich die notwendigen Informationen holen, und sie müssen auch gebracht werden. Man kann natürlich aufgrund seiner Erfahrungen dann auch bei den Punkten nachhaken, die einem einfach auffallen, aber man kann den Akt – das wäre utopisch – niemals genauso gut kennen wie diejenige oder derjenige, der den Fall führt.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Es hat ja heute auch Generalsekretär Pilnacek ausgesagt – ich meine, wir wissen auch aus den Medien, dass er ja diese direkte Kontaktaufnahme des Generalsekretärs Goldgruber mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft als Skandal bezeichnet hat – und er hat auch nicht verstanden, und das hat er heute auch wieder zum Ausdruck gebracht, warum man nicht den regulären Weg gegangen ist. Was war da Ihr Informationsstand und was sagen Sie dazu?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Mein Informationsstand war, dass Herr Generalsekretär Goldgruber kommen wird. Ich habe daraufhin gesagt, es ist gut, wenn nicht die Staatsanwältin alleine das Gespräch führt, sondern der Gruppenleiter dabei auch anwesend ist. Wir wussten ja nicht, was er wollte.
Es hat sich dann herausgestellt, dass er mit einer Anzeige, also mit diesem Konvolut gekommen ist, das wir allerdings zu diesem Zeitpunkt schon hatten. Es ist auch tatsächlich so gewesen - -
Ihre Frage hatte einen zweiten Teil, den ich jetzt nicht mehr präsent habe.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Was sagen Sie dazu, dass das auch vonseiten des höchsten Beamten des Justizministeriums als Skandal gewertet wird?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Es ist tatsächlich so, dass ich der Meinung bin, dass es einen regulären Weg, der anders wäre, für mich ja nicht gibt. Für mich gibt es den Weg, dass jemand eine Anzeige machen will, und er sich entweder an die Polizei oder an die Staatsanwaltschaft wendet. Das ist der reguläre Weg. Darüber hinaus hat natürlich jemand, der Beamter ist, eine spezielle Anzeigepflicht.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ich möchte Ihnen das Dokument 1067, Seite 160 vorhalten. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist ein E-Mail vom 6. März 2018, an Sie gerichtet, in dem Generalsekretär Pilnacek der Meinung ist: „Ich finde es überhaupt eigenartig, dass es unter Umgehung des Dienstweges solche direkte Kontakte gibt, richtig hätte sich der GS an sein Gegenüber im BMVRDJ zu wenden gehabt. So hat es den Anschein, dass die WKStA enger mit dem GS des BMI kooperiert als mit jenem des BMVRDJ [...]“
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, ich kenne dieses E-Mail. Es richtet sich aus meiner Sicht, so wie Sie die Frage gestellt haben, an mich, wie ich das beurteile. Das ist eine Frage, die man Herrn Generalsekretär Goldgruber stellen muss – warum er sich nicht an Herrn Generalsekretär Pilnacek wendet –, das kann ich nicht beantworten.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Sie als Leitende Staatsanwältin oder Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft können uns ja vielleicht darlegen, warum man das Justizministerium bei der ganzen Frage der Hausdurchsuchung nicht eingebunden hat. Warum musste das Justizministerium das im Nachhinein erfahren?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe Ihnen schon vorher gesagt, wie das mit der Berichtspflicht in unserem System ausgestaltet ist, und ich möchte es jetzt vielleicht noch ergänzen: Es hat ja dann im Laufe des Jahres 2015 einen Berichtspflichtenerlass gegeben, der auch die Berichtspflicht der WKStA insofern betroffen hat – damals war sie ja anders als die bei anderen Staatsanwaltschaften –, als sie gleichgeschaltet wurde. Offenbar war als ausreichend und richtig angesehen, dass man nicht im Vorhinein in Vorhabensberichten über einzelne Ermittlungsmaßnahmen auch im Sinne von Zwangsmaßnahmen berichtet, sondern dass man im Nachhinein darüber informiert.
Diese Berichtspflicht war offenbar so zufriedenstellend, dass man sie dann auf alle Staatsanwaltschaften ausgeweitet hat. Deshalb hat die WKStA jetzt auch gar keine andere Berichtspflicht mehr als jene, die andere Staatsanwaltschaften haben. Und diese Berichtspflicht sagt eben: Es ist, so wie ich es damals schon gesagt habe, nicht im Vorhinein über einzelne Ermittlungsschritte, Grundrechtseingriffe, Zwangsmaßnahmen zu berichten, sondern nach der Anordnung. Das findet sich auch in dem Berichtspflichtenerlass, der damals herausgegeben wurde, und an das halten wir uns natürlich.
Das hat dazu geführt, bei uns hat sich diese Praxis eingebürgert - - Man muss sich das so vorstellen, dass ich das in früheren Zeiten – kurz nach meiner Ernennung, weil ich es so gewohnt war, weil ich ja früher, bevor ich bei der WKStA ernannt wurde, in der Oberstaatsanwaltschaft als Erste Oberstaatsanwältin gearbeitet habe –, damals, mit dem damaligen Leiter in der Korruptionsstaatsanwaltschaft und auch in weiterer Folge so gehandhabt habe, als ich sozusagen die Rollen getauscht habe, dass da eine Information, meistens telefonisch, stattgefunden hat; und das zum Beispiel war am Tag der Hausdurchsuchung, gerade bei solchen Maßnahmen, wenn Sie das im Speziellen ansprechen.
Das hat sich dann im Laufe der Jahre insofern anders entwickelt – ich glaube, es war 2015 –, als man übereingekommen ist, es sollte nicht mehr bei einem Telefonat bleiben. Es sollte also schon schnell und kurz, das heißt mit E-Mail, aber unter Anschluss einer Anordnung berichtet werden, damit also der Tatverdacht dort auch tatsächlich sehr gut ableitbar ist.
Das Hauptinteresse an dieser schnellen Information liegt im Wesentlichen nicht in der Fachaufsicht begründet, denn die Fachaufsicht, die im Nachhinein eingeschaltet wird, kann ja sozusagen nur dann tätig werden, wenn sie im Vorhinein etwas wüsste, oder dann eben im Nachhinein sagt: So und so ist es zu machen. Das ist der Weg der Fachaufsicht.
Diese schnelle Information hat sich sozusagen deshalb eingebürgert und es ist so bestimmt worden, weil es darum gegangen ist, dass jeder informiert sein sollte, wenn es Medienberichte gibt, wenn die Öffentlichkeit sozusagen Interesse hat: Da ist jetzt eine Ermittlungshandlung im Gang, die ist vielleicht größeren Umfangs; jemand sieht das, informiert Journalisten und dergleichen, und dann kommt das an die Öffentlichkeit, und zum Beispiel die Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit im Bundesministerium weiß darüber gar nichts. – Deshalb diese schnelle Information. Das hat aber nichts mit einer Vorhabensberichtspflicht oder dergleichen zu tun.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Wenn ich Sie richtig verstehe, sind Sie der Auffassung, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist und das Prozedere korrekt abgelaufen ist.
Frau Mag. Vrabl-Sanda, Sie sind doch schon länger in dieser Position, in einer sehr wichtigen Position. Ich möchte Sie fragen: Ist Ihnen in diesen Jahren oder in Ihrer bisherigen Laufbahn etwas untergekommen oder hat es Vorfälle gegeben – dass das normal war oder üblich war –, dass Mitarbeiter von politischen Kabinetten der Staatsanwaltschaft Zeugen vermitteln, wie es in diesem Fall geschehen ist? Ist Ihnen das in der Vergangenheit so untergekommen oder ist das bereits in der Vergangenheit so vorgefallen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: So, wie vieles andere auch in diesem Verfahren, ist das etwas, das mir noch nicht untergekommen ist und ich als unüblich bezeichnen kann.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Daher möchte ich da auch gleich nachhaken: Ist es Ihnen untergekommen oder ist es in der Vergangenheit der Fall gewesen, dass Kabinettsmitarbeiter bei der Staatsanwaltschaft Vertrauenspersonen von Zeugen waren?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich bleibe bei dieser Antwort – wie viele andere Sachen, die Sie noch aufzählen können, auch –: Das Verfahren ist ein unübliches. Ich glaube, das kann man so sagen.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ja. Gut, dass Sie das sagen. Was mich aber trotzdem auch noch ein bisschen stutzig macht, ist die Tatsache, dass Generalsekretär Goldgruber da als Anzeiger auftritt und gleichzeitig auch mit der Staatsanwaltschaft beraten hat, welche Polizeieinheit zum Einsatz kommt. Ist Ihnen das in der Form jemals untergekommen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Auch das nicht, aber es ist aus meiner Sicht eine Selbstverständlichkeit oder Notwendigkeit in dieser Causa, denn, wenn es darum geht, dass wir eine Polizeieinheit brauchen – und die braucht man, um sozusagen eine Befehls- und Zwangsgewalt bei einer Durchsuchung herzustellen –, dann ist es natürlich sinnvoll, wenn man sich mit jenen darüber bespricht, die dazu etwas beitragen können.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Mit dem Anzeiger?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wenn der Anzeiger der höchste Beamte des Innenministeriums ist, dann würde ich meinen, dass der das sagen kann.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ja, zu der Doppelfunktion kommen wir noch. Ich hätte noch eine Frage an Sie bezüglich der Zeugen, die letztlich ja von Frau Staatsanwältin Schmudermayer einvernommen wurden: Wann haben Sie zum ersten Mal erfahren, dass es bereits eine Anhörung dieser Zeugen im Innenministerium gegeben hat?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das habe ich durch eine Anfragebeantwortung des Herrn Innenministers erfahren, und zwar nicht, weil ich diese Anfragebeantwortung verfolgt hätte, sondern deshalb, weil wir einen Berichtsauftrag bekommen haben, was unsere Wahrnehmungen dazu sind.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Der Herr Innenminister hat am 7. September, bei der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage im Parlament, behauptet, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bereits am 20. Februar über diese Anhörungen informiert war. Daher frage ich Sie eben nochmals: Wussten Sie bereits am 20. Februar von diesen Anhörungen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe es beantwortet.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ja, sie haben es beantwortet; auch Frau Staatsanwältin Schmudermayer hat es beantwortet, auch Oberstaatsanwalt Handler hat es beantwortet, beide haben es verneint. Daher: Haben Sie eine Idee, wer vonseiten der Staatsanwaltschaft vom Innenminister informiert wurde?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein. Wir drei offenbar nicht. (Abg. Krainer: Wer kommt noch infrage?)
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Wer kommt noch infrage? Gibt es noch irgendjemanden, der infrage kommt? Sagen wir es einmal so.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Bitte um Entschuldigung, also solche Spekulationen, das ist nicht meines.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Gut. Zur Rolle des Generalsekretärs Goldgruber: Was war Generalsekretär Goldgruber? War er der höchste politische Beamte oder war er Anzeiger?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich sehe da keinen Widerspruch. Der Beamte ist zur Anzeige verpflichtet, wenn er über strafrechtliche Vorgänge Kenntnis erlangt, und er ist mit diesem Konvolut zu uns gekommen.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Dann halte ich Ihnen ein E-Mail vom 13.3. mit der Dokumentennummer 1067 vor (der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt), das ist auch wieder ein E-Mail von Herrn Generalsekretär Pilnacek an Sie, in dem er schreibt: „Jetzt wird es wirklich bunt, HBm Kickl bestreitet nun öffentlich, dass es eine Anzeige des BM.I gegeben habe. Bitte um entsprechende Klarstellung in Euren Berichten an uns!“ (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Welche Seite?) – Seite 119.
Vorsitzende Doris Bures: Sie haben dann nur mehr Zeit für eine konkrete Frage zu diesem Mail.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sie haben jetzt welchen Teil zitiert?
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ich habe das E-Mail vom 13.3. zitiert: „Liebe Ilse-Maria! Jetzt wird es wirklich bunt [...]“, Seite 119. Wie erklären Sie sich das? Deshalb ist für mich diese Rolle auch nicht ganz klar.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sie sehen, glaube ich, oben meine Antwort.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Sie wurden da quasi aufgefordert, zu berichten und das klarzustellen, und mich hätte eben Ihre Klarstellung interessiert.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: In meiner Antwort im Mail oben ist festgehalten: „GS Goldgruber hat sich nach Erinnerung der fallführenden StA nicht explizit als Anzeiger bezeichnet, die StA hat ihn aufgrund der Übergabe des Konvoluts an sie mit dem Ersuchen um strafrechtliche Prüfung als Anzeiger erachtet und behandelt.“ – Das ist auch meine Antwort.
Vorsitzende Doris Bures: Nächster Fragesteller: Herr Abgeordneter Dr. Tschank. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Hofrätin! Wir haben gestern in diesem Ausschuss schon die aktleitende Staatsanwältin Mag. Schmudermayer hören können. Sie hat, um gleich beim Thema Anzeiger Generalsekretär Goldgruber zu bleiben, in etwa sinngemäß ausgeführt, dass er gekommen ist, er hat das Konvolut vorgelegt – das Konvolut hat im Wesentlichen dieselben Inhalte beinhaltet, die eigentlich der Staatsanwaltschaft eh schon bekannt gewesen sind –, er ist daher sozusagen als klassischer Anzeiger, so wie Sie das auch dargelegt haben, im Sinne des § 78 StPO aufgetreten.
Sie hat auch gesagt: Er ist der höchste Beamte im BMI und er trägt auch die Verantwortung, diesen Vorwürfen nachzugehen, und wenn er das nicht tut, wäre das für ihn problematisch; den Missständen muss man nachgehen. – Das ist sinngemäß ihre Aussage.
Ich möchte daher eingangs mit der Frage beginnen: Hat in diesem Verhältnis Generalsekretär Goldgruber im Lichte des § 78 StPO aus Ihrer Sicht rechtmäßig und gesetzmäßig gehandelt?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Diese Beurteilung obliegt mir nicht, das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich kann Ihnen sagen, was ich vorher gesagt habe, wie wir sein Auftreten eingeschätzt haben. Ich habe schon gesagt, dass einen Beamten eine Anzeigepflicht trifft, das ist in der StPO so vorgesehen.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Darf ich vielleicht noch einmal zum Verhältnis Anzeigeerstatter und Dienstweg kommen? Ich verweise auf die Dienstbesprechung vom 12. März 2018. Das ist Tagebuch, 1079, Seite 52 – das wird gleich vorgelegt. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Da führt der Herr Generalsekretär gleich eingangs nach Eröffnung der Sitzung aus – Seite 52 ist das –: „GS: Eine direkte Kontaktaufnahme des GS des BMI mit der Staatsanwältin ohne Einhaltung des Dienstwegs ist ein Skandal“. Sie antworten darauf, „dass die direkte Kommunikation mit dem GS des BMI deshalb gerechtfertigt sei, weil er als Anzeiger aufgetreten ist.“ Der GS antwortet darauf: „Auch als Anzeiger habe er sich an den Dienstweg zu halten.“
Gibt es für Anzeigeerstatter gemäß § 78 nach Ihrem Verständnis einen Dienstweg?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein, sonst hätte ich Herrn Generalsekretär Pilnacek nicht diese Antwort gegeben.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Sehen Sie das auch so, dass es keinen ressortübergreifenden Dienstweg gibt?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das kann ich nicht beurteilen, welche Vorschriften es allenfalls für ressortübergreifende Kommunikation gibt.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Hätte es einen Dienstweg zwischen dem Generalsekretariat BMI und dem Generalsekretariat Justizressort gegeben, wäre damit nicht die Berichtfreiheit der StA unter Umständen konterkariert worden? – Sie wissen was ich meine? (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Nein!) Wenn es einen Informationsaustausch gegeben hätte, zwischen dem Anzeiger auf der einen Seite, dem BMI, der sich dann ja nicht nur mit Ihnen in Verbindung setzt, sondern auch mit dem GS des Justizressorts, dann steht ja auch die Berichtsfreiheit der WKStA bis zu einem gewissen Grad auf dem Prüfstand. Wie würden Sie das beurteilen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Gut. Also ich muss sagen, die Berichtspflicht, die richtet sich an die Staatsanwaltschaften und die richtet sich nicht an die Ministerien, sondern für das Ministerium, für unsere Fachabteilung – die Weisungsabteilung kann man auch sagen, die in der Fachaufsicht in unserem Ministerium übergeordnet ist – ist das ja sozusagen eine Bringschuld; also wir müssen ja die Berichte liefern. Ob da jetzt ein Anzeiger einen Bericht liefern muss, und sei es auch Herr Generalsekretär Goldgruber aus dem Innenministerium, das mag ich bezweifeln, aber ich weiß es nicht.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Was ich meine: Es hat ja einen Sinn und Zweck, dass man in diesem Verhältnis Berichtsfreiheit schafft, um eine politische Einflussnahme einfach komplett ausschließen zu können. Wenn es dann allerdings direkte Informationsströme gibt, dann ist dieser Informationsstand ja wieder infrage gestellt. Ist das so?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, das kann schon sein, aber das ist nicht in meinem Bereich. Ich vertrete da die Staatsanwaltschaft (Abg. Tschank: Das ist mir klar!), und da geht es darum, dass wir aus unseren Verfahren dann berichten, wenn es eben vorgeschrieben ist. Und ob es zu einer bestimmten Anzeige im Vorfeld eine Kommunikation gibt, dazu kann ich gar nichts sagen. Selbstverständlich ist mir die Berichtspflicht ein wichtiges Anliegen in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, denn ich habe das in meinen Eingangsworten schon gesagt, warum das eben so wichtig ist, gerade in hochsensiblen Causen. Im Vorfeld eine Kommunikation zu haben, dass ein Anzeiger sich an einen Übergeordneten wendet, dazu kann ich nichts sagen, das hat ja eigentlich mit der Berichtspflicht wenig zu tun.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Gemeint war es nur so: Was ist, wenn Informationen, die eigentlich Sie bekommen sollten, dann sozusagen auf Ebene der Generalsekretariate ausgetauscht werden? (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Ja!) Das ist eigentlich der Punkt. Damit wird ja eigentlich der Zweck der jetzigen Gesetzeslage ein Stück weit konterkariert, aber gut.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wenn Sie das so sehen.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Kommen wir vielleicht weiter. Auch wieder bezugnehmend auf die Besprechung am 12. März 2018, da werden Sie zitiert: „Üblich ist es natürlich nicht“, diese Vorgehensweise nämlich. Fragen wir einmal so: Muss die Staatsanwaltschaft auch mit unüblichen Vorgangsweisen, mit unüblichen Sachverhalten und unüblichen Verfahrensabläufen zurechtkommen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Na ja, ich glaube, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist grundsätzlich genau für solche unüblichen Fälle geschaffen worden. Das muss man schon deutlich sagen, denn es ist ja grundsätzlich so, dass die schwerwiegenden Korruptionsverfahren sicher nicht üblich sind. Sie kennen die Verfahren, die wir führen, und gegen wen sie geführt werden. Es ist natürlich nicht üblich, dass ein ehemaliger Minister verfolgt wird. Das ist ausnahmsweise so, weil es in dem konkreten Fall gar nicht anders geht. Dafür wurden wir geschaffen, und mit diesem Bereich der Korruptionsdelikte setzen wir uns auseinander, und ich denke, das machen wir gut.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Das kann ich auch von dieser Seite her so festhalten.
Gehen wir vielleicht ein Stückerl weiter zum Themenkomplex Hausdurchsuchungen. Wie hat sich für Sie die Verdachtslage im Vorfeld dieser Hausdurchsuchungen dargestellt?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wie ich schon erwähnt habe, bin ich mit Gruppenleiter Handler in Kontakt gestanden, der mich darüber, über die wesentlichen Ergebnisse der Zeugenvernehmungen, aufgeklärt hat. Ich sage das - - Also ich kenne nicht jedes Wort oder kannte damals auch nicht jedes Wort, das die Zeugen gesagt haben, aber es war der wesentliche Inhalt, der mir wiedergegeben und berichtet wurde.
Im Zuge dieser Information und dieses Gesprächs ist auch dargestellt worden, dass wir jetzt die Beweise sichern müssen. Das ist sozusagen die Situation, die ich Ihnen eingangs in meinen Worten gesagt habe: Was kommt infrage? Wo können wir Beweise herholen? Können wir durchsuchen? – Es ist all das, was ich in den Einleitungsworten gesagt habe, sozusagen für mich auch Thema gewesen.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Vielleicht eine ergänzende Frage zur HD: Wäre es bei einer Hausdurchsuchung in einem solch sensiblen Bereich nicht auch ratsam gewesen, sich mit der zuständigen Oberstaatsanwaltschaft in Verbindung zu setzen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also um noch einmal auf die Berichtspflicht zurückzukommen: Ob es ratsam ist oder nicht, darüber möchte ich mich jetzt gar nicht auslassen. Wir haben einen sensiblen Bereich zu verfolgen, sowohl in den Korruptionsdelikten als auch in den Wirtschaftsstraffällen – die ja von einem besonderen Ausmaß sind und die im Übrigen recht oft zusammenhängen; deshalb gibt es ja unsere zusammenhängende Zuständigkeit dazu –; in diesem Bereich ist es eben ganz spezifisch geregelt, wie die Berichtspflicht auszusehen hat. Wenn ich eine dezidierte Frage habe, wende ich mich selbstverständlich an die mir übergeordnete Oberstaatsanwaltschaft.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Im konkreten Fall: Ist diese Einbindung oder diese Nichteinbindung der OStA deswegen erfolgt, weil eine ehemalige Leitende Staatsanwältin mit einem hohen Funktionär des BMI verheiratet ist? War das ein Beweggrund, mit ein Grund, warum man die OStA nicht eingebunden hat?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sie spielen auf das Dienstbesprechungsprotokoll an, wo dieser Satz von mir drinnen steht. Der Satz ist auch sicher so oder zumindest vom Inhalt her in dieser Art gefallen. (Abg. Tschank: Ja!) Ich muss aber vorwegschicken, dass er in einem anderen Zusammenhang als mit den Hausdurchsuchungen gesagt wurde, es hat sich bezogen - -, das sieht man ja schon daran, dass die Hausdurchsuchungen am 28. Februar stattgefunden haben; zu diesem Zeitpunkt war die damalige oder frühere Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien ja schon als Vizepräsidentin beim Obersten Gerichtshof ernannt.
Mit anderen Worten: Das ergäbe keinen Sinn. Deshalb weiß ich es auch so gut, weil ich mich natürlich eingehender damit beschäftigt habe, weil diese Phrase ja auch bereits – Sie wissen das besser –, ich denke, in einer Sondersitzung des Nationalrates thematisiert worden ist. Das hat natürlich auch in der WKStA für Aufregung gesorgt, was da so zitiert wird, deshalb weiß ich ganz genau, wie das vor sich gegangen ist, weil ich es mir damals wieder in Erinnerung gerufen habe.
Es ging um eine Zeit, die weit davor, nämlich im Jahr 2017 stattgefunden hat, als wir diese Konvolute hatten, so wie ich es beschrieben habe, und zunächst eine Anfangsverdachtsprüfung durchführten und dann mit Ermittlungshandlungen begonnen haben. Zu dieser Zeit war ich mit Generalsekretär Pilnacek über dieses Verfahren in Kontakt. Es hat damals für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in dieser Sache keine Berichtspflicht gegeben, daher war es aus meiner Sicht auch nicht notwendig, die Oberstaatsanwaltschaft darüber zu informieren.
Das ist ein zusätzlicher Aspekt, dass ich sage, ich muss nicht, wenn es nicht notwendig ist, berichten, dann noch dazu jemanden belasten, den ich damit in eine schwierige Situation bringen könnte. – Das war es.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Ich bleibe noch ein wenig bei den Hausdurchsuchungen. Es hat sich da am Vormittag auch eine Fragestellung zum Thema Alternative Amtshilfe ergeben. Es ist ja von den entsprechenden Berufungsgerichten festgestellt worden, dass die Amtshilfe das gelindere Mittel gewesen wäre.
Für mich stellt sich nun konkret die Frage, ob die Amtshilfe für amtliche Dateien, die in privaten Räumlichkeiten, also in den Privatwohnungen, in den Privathäusern der entsprechenden Beamten zugegen waren, überhaupt greifen kann.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, das ist der Grund, weshalb wir uns - - Und das habe ich auch als einer der Punkte erwähnt, die Erwähnung finden können oder bei der Prüfung releviert werden können – ob die Verhältnismäßigkeit vorliegt –, wo wir der Ansicht waren: Nein, dort kann ich mit einer Amtshilfe einfach nicht zugreifen.
Vorsitzende Doris Bures: In dieser Runde haben Sie noch Zeit für eine Frage, Herr Dr. Tschank.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Wir machen in der nächsten Runde weiter. – Danke.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Magister, Sie haben in Ihrem Eingangsstatement argumentiert, inwiefern die Hausdurchsuchungsanordnung korrekt ist. Zunächst zur Verdachtslage, die, wie wir ja aus der Dienstbesprechung mit Herrn Generalsekretär Pilnacek wissen, er selbst als „trotzdem vage“ bezeichnet hat: „es liegt nicht viel am Tisch“, „die Dringlichkeit der Maßnahme“ ergibt sich für ihn nicht.
Damit komme ich zur Verhältnismäßigkeit und zum Argument der Fernlöschung, und lege das Dokument 1067, Seite 75 bis 78, vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Ich beginne auf Seite 78, mit einem E-Mail-Verkehr zwischen Ihnen und Generalsekretär Pilnacek – ich habe ihn heute schon mit dieser E-Mail konfrontiert –, beginnend mit seiner E-Mail an Sie am 15. März zu Mittag. In dieser findet sich nämlich der Satz: „Wenn wir Löschung durch Fernzugriff nicht plausibel darstellen können, fällt uns ein wesentliches Argument für die Eile der Durchführung weg.“
Es folgt dann in der Nacht Ihre sehr lange und ausführliche Antwort, in der Sie zur Fernlöschung meinen, dass sich diese nur durch den Zeugen A. H. (BVT) ergab. Ich zitiere: „Dieser Zeuge deponierte in der Besprechung ausdrücklich, es sei damit zu rechnen, dass Fernlöschungsmechanismen installiert seien.“ – Mit diesem Zeugen ist der in Gesprächen vorbereitete und an Sie dann herangeführte Zeuge A. H. (BVT) gemeint, oder?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich sehe den letzten Teil nicht, den Sie zitiert haben.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Pardon, Seite 75, zweiter Absatz, vierte Zeile.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also welcher - - Ich meine, den Namen dieses Zeugen kann ich jetzt nicht sagen, denn ich habe ja meine Informationen, die ich mir da hole, um diese Berichte auch nächtens zu schreiben, von meinen KollegInnen. Also ich habe dazu keine unmittelbaren Wahrnehmungen, welcher Zeuge das jetzt konkret gesagt hat. Wenn ich aber geschrieben habe, „Dieser Zeuge deponierte in der Besprechung ausdrücklich“, dann wird das der gewesen sein, der im BVT mit der IT befasst war.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, Sie wissen auch nichts über seine Kompetenz in IT-Angelegenheiten? Es geht um die Glaubwürdigkeit des Zeugen und seine Kompetenz bezüglich der Aussage, es hätte Fernlöschungsmechanismen gegeben.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich persönlich weiß das nicht. Ich weiß, dass es nachher ein Gespräch mit unserem IT-Experten in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegeben hat, der bei den Zeugen Erkundigungen eingeholt hat, die man braucht, wenn man dort eine Durchsuchung machen möchte.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das ist dieses eine Zusatzdokument, in dem der Zeuge die IT-Zustände im BVT schildert.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, nach der Vernehmung.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann lege ich hiermit das vorläufige Stenographische Protokoll der Befragung von Herrn R. B. (BVT) vor. Wir haben ihn nämlich gefragt, ob er Herrn A. H. (BVT) – diesen Zeugen – als IT-Experten bezeichnen würde. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Er antwortet: „Der Herr A. H. (BVT) war bei uns ausschließlich für Handyforensik zuständig. In diesem Bereich hat er seine Arbeit sehr engagiert und auch gut durchgeführt. Alle anderen IT-Tätigkeiten, von Netzwerktechnik, Servertechnik – da sind seine Kenntnisse sehr rudimentär, würde ich sagen.“
Es entspricht aber den Tatsachen, dass aufgrund dieser einen Aussage, dieses einen Zeugen das Thema der Fernlöschung und dadurch die Dringlichkeit der ganzen Maßnahme aufkam.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich möchte das so beantworten: Diese Fernlöschung muss man aus meiner Sicht auch ein bisschen entmystifizieren. (Abg. Krisper: Das glaube ich auch!) – Oder ich möchte es so beantworten, wie ich es verstehe: Ich bin keine IT-Expertin, ich kann mich aber auf meine IT-Experten in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft verlassen, denn die sind ja auf diesem Gebiet nicht nur hochgradigst ausgebildet und haben viele Erfahrungen, sondern sie sind ja auch im regelmäßigen Kontakt mit der Kriminalpolizei im Inland, aber auch mit großen Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die sich ja auch mit Datenforensik zu beschäftigen haben, oder beispielsweise auch in diversen Besprechungen und Veranstaltungen mit Olaf.
Der Maßstab, den diese Einheiten anlegen, ist auch der Maßstab unserer IT-Experten. Wenn mir also ein IT-Experte beschreibt, er hat mit diesem Menschen geredet – wie das in dem Aktenvermerk eben drinnen vorkommt –, und man kann das und das machen, dann kann ich mich einmal grundsätzlich darauf verlassen. Das ist die eine Sache.
Die zweite Sache, die Sie angesprochen haben: Stimmt das mit den Fernlöschungen? – Ich gehe davon aus, dass das sehr viele Menschen können, nämlich zum Beispiel mit ihren Handys. Das ist überhaupt nichts Problematisches, einen Fernzugriff zu haben, und das ist auch überhaupt keine Hexerei. Und wenn ich auf Daten zugreifen kann, dann kann ich sie unter Umständen auch verschlüsseln oder dass sie halt nicht mehr herstellbar sind. Ich kann sie unter Umständen einzeln löschen, wie auch immer. Ich sehe da diese Problematik nicht.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wir wissen nur, dass Staatsanwältin Schmudermayer sich diese Kenntnis von Herrn A. H. (BVT) geholt hat. Wir haben nirgends dokumentiert, dass irgendein IT-Experte der WKStA seine Kompetenz hinterfragt hätte. Warum ist das nicht verschriftlicht?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Der IT-Experte hat – das ist der Aktenvermerk, den Sie angesprochen haben – mit dem Zeugen gesprochen und da sozusagen erkundet, was sein Kenntnisstand über die IT ist. Und ich gehe davon aus, dass er in dem Gespräch beurteilen kann, ob der Mensch sich auskennt oder nicht.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber soll das nicht eher im Rahmen einer Einvernahme Eingang finden und nicht in einem separaten Gespräch, weil es auch um die Glaubwürdigkeit des Zeugen geht?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das kann man in einer Einvernahme machen, das kann man in einer Erkundigung machen, so wie es hier stattgefunden hat.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie schreiben in der E-Mail dann als Conclusio in der Mitte, im ersten Absatz vor dem Zeilenumbruch: „Fernlöschung war [...] jedenfalls nicht auszuschließen“. – Ist „nicht auszuschließen“ eine ausreichende Annahme für eine Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich sage es noch einmal: Wenn ich der Meinung bin, dass das eigentlich ganz leicht ist, dass viele Menschen ihre Daten auch löschen können, dass man mit diversen Befehlen von auswärts Geräte herunterfahren kann, die dann ebenso verschlüsselt sind, dass man die Daten nicht mehr wiederherstellen kann, dann ist das für mich keine Hexerei und war daher auch überhaupt nicht besonders heikel.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie argumentieren in der Folge auch mit Beispielen abseits des BVT – wo ich denke, dass dieses Amt auch ein besonderes System haben könnte –, Sie ziehen nämlich Uber als Beispiel heran und sagen: „Dass gerade beim BVT vom Vorhandensein“ von „Fernlöschungen auszugehen ist, ist naheliegend. Zu einem konkreten Beispiel, bei der der Fahrdienstleister Uber (kein Geheimdienst!) im Falle von Hausdurchsuchungen mit einem zentralen Löschbefehl die Sicherstellung von Daten verhindert haben soll [...]“
Finden Sie das einen schlüssigen Vergleich, wenn man davon ausgeht, dass ein BVT wohl andere IT-Systeme hat als ein privater öffentlicher Fahrdienstleister?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wenn Sie mich nach meiner persönlichen Meinung fragen, kann ich sagen: Ja. Es gibt ja auch ein anderes Verfahren, von dem wir Kenntnis erlangt haben, wo ein Schüler, glaube ich, Zugriff auf einen Schulserver genommen und dort Löschungen vorgenommen hat, die Protokollierung dort so beeinflusst hat, dass man es im Nachhinein nicht mehr feststellen konnte, und der ist dafür verurteilt worden. Also ich meine damit: Das ist ein Vorgang, der sicherlich nicht sehr herausragend bemerkenswert ist.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sind Sie sich bewusst, dass Sie mit dem Zeugen A. H. (BVT) einen Zeugen hatten, der aufgrund der Kaskade an Weiterempfehlungen der zwei vorherigen Zeugen zu Ihnen kam, und dass all diese drei Zeugen in Vorgesprächen mit dem Kabinettsmitarbeiter des Herrn Innenministers vorbereitet wurden?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe das schon beantwortet: Zu Vorgesprächen kann ich nichts sagen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben in der Beantwortung bei der Kollegin gemeint, dass sich in der Antwort des Innenministers auf meine Anfrage eben Informationen zu diesen Vorgesprächen befanden, es einen Berichtsauftrag an Sie gab. Können Sie da näher ausführen, wann der kam und welchen Inhalt er hatte?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Na wahrscheinlich sehr rasch. So etwas findet sehr rasch statt, aber ich weiß den konkreten Zeitpunkt nicht mehr. Es ist dann um die Frage gegangen, ob wir dazu etwas sagen können. Der übliche Vorgang ist der – ich nehme an, dass es mit Mail gekommen ist, ich weiß das nicht mehr –, dass ich diese Mail mit einer Frage meinerseits – ob sie etwas dazu sagen können – an die fallführende Staatsanwältin und an den Gruppenleiter weiterleite. Das Ergebnis teile ich dann auch kurzfristig mit E-Mail mit.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber was war die Frage an Sie, und von wem kam die?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das kann ich Ihnen im Detail nicht sagen, da müsste man in den Akt schauen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Können Sie sich nicht erinnern?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Noch zur Frage Daten und Datensicherheit in der WKStA: Ich lege das Dokument 1272 vor, Seite 168. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Da geht es um die Sicherheit der Daten, die bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmt wurden. Da kommt im dritten Absatz unter „Datensicherheit“ hervor – ich lese vor –: „Die E-Mail-Korrespondenz vom 14. März 2018 zwischen der WKStA und GS SC Mag. PILNACEK beschäftigt sich mit dem Thema Datensicherheit, wobei LStA Mag. VRABL-SANDA Bedenken gegen das von LStA Dr. SCHNEIDER vorgeschlagene Konzept der Speicherung der Daten am Großverfahrensserver im BRZ erhebt.“
War es wirklich die Idee Dr. Schneiders, die Daten, die im BVT sichergestellt wurden, am Bundesrechnungszentrumserver zu speichern?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Noch einmal: Ich bin keine IT-Spezialistin und verlasse mich da auf meine Spezialisten, die ich habe. Da gibt es eine Gruppe von IT-Experten, und da gibt es einen Staatsanwalt, der sehr technikaffin ist und den ich zum Gruppenleiter gemacht habe, damit wir sozusagen auch ein Sprachrohr von diesem IT-Team haben. Er hat mit den Bediensteten des Ministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz darüber gesprochen – die mit solchen Angelegenheiten befasst sind –, wie denn der beste Weg ist vorzugehen, und es war die Rede von einem eigenen Datenraum in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft oder einem eigenen Datenraum im BRZ.
Es ist sozusagen nicht darum gegangen oder eine Fragestellung in die Richtung gewesen, ob es möglich wäre, es dort mit anderen Daten zu vermischen. Das war uns der wesentliche Punkt. Und wir haben gesagt, wir möchten ganz gerne haben – wenn das irgendwie geht –, dass die Daten die WKStA nicht verlassen. Das ist sozusagen der Ausgangspunkt für diese Besprechung gewesen.
Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Welche Vorbereitungen wurden getroffen, um bei der Ankunft der beschlagnahmten Datenträger mit der Auswertung beginnen zu können und sie in sicherem Kontext zu haben?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also im Detail dazu, wie mit den Daten umgegangen wird, möchte ich in öffentlicher Sitzung nichts sagen, weil ich glaube, dass dann die Sicherheit gefährdet wäre. (Sowohl Verfahrensrichter Strauss als auch Verfahrensanwalt Mikesi bejahen dies.)
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Erste Frage: Als die WKStA Anfang November – ich glaube am 7. November – dieses Verfahren unter UT fortgeführt hat – da gibt es eine Zusammenfassung mit einem kurzen Fazit, die damals von der Oberstaatsanwältin Schmudermayer erstellt worden ist –, wird auf eine besondere Bedeutung der Causa Lansky verwiesen. Welche Rolle spielt Rechtsanwalt Lansky für die Wiederaufnahme oder für die Fortführung dieses Verfahrens bei der WKStA?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich kann mich erinnern, dass darüber gesprochen wurde, dass wir nicht nur zusammensammeln müssen – so, wie ich das in meinen Eingangsworten gesagt habe –, wo denn das überall angekommen ist, bei welcher Staatsanwaltschaft sozusagen, und dass wir das eingehend prüfen müssen. Das hatte den Sinn – vielleicht beantwortet das Ihre Frage –: Wenn wir eine gesammelte Übersicht über die Vorwürfe haben, dann kann das unter Umständen einen anderen Eindruck machen und eine andere Beurteilung hervorrufen, als wenn man nur einzelne E-Mails hat. Und wenn wir jetzt diese Vorwürfe, die von Rechtsanwalt Lansky erhoben wurden, dazunehmen, muss man sich anschauen: Macht das ein stimmiges Bild, kann das unter Umständen eine andere Einschätzung bringen? Das ist sozusagen die Situation, die man sich vorstellen muss.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Haben Sie in dieser Zeit das - -
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: In dieser Anzeige ging es ja nicht um das Konvolut – es wurden solche Sachen ja auch bereits im Konvolut im weitesten Sinne behauptet –, sondern von Lansky kam ja speziell eine Anzeige gegen Mitarbeiter des BVT.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Haben Sie in dieser Zeit persönlich Kontakt mit Rechtsanwalt Lansky gehabt?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich glaube, ich habe überhaupt noch nie persönlich mit Rechtsanwalt Lansky Kontakt gehabt, außer vielleicht bei großen Veranstaltungen ein Guten Tag.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Na ja, das ist ja nicht verfahrensrelevant.
Haben Sie das Tagebuch vor sich? Sonst legen wir es Ihnen vor.
Vorsitzende Doris Bures: Nein, es ist da.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Es ist da. Das ist 1079, Seite 4, ah, nicht Seite 4, Seite 5 – Entschuldigung. Da steht unten ein Fazit. Mir geht es nur um dieses Fazit.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das ist die Geschichte - - Mir geht es nur um die drei Zeilen. „Um das Verfahren der StA Wien wieder fortzusetzen, müsste somit mit dem Sachverhalt Faktum ‚Lansky‘ und der dadurch veränderten Einschätzung im Hinblick auf den Gesamtzusammenhang argumentiert werden.“
Da auf der Seite davor festgehalten wird, dass diese Vorgangsweise und Führung eines weiteren UT-Aktes mit der Leiterin abgestimmt ist, nehme ich an, dass dieses Fazit auch mit Ihnen abgestimmt ist. Können Sie uns das erklären?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, das kann ich schon, nämlich so, wie ich es in der vergangenen Frage schon gesagt habe. Es ging also darum, abzuklären: Was gibt es für Vorwürfe? Gibt es ein rundes Bild, wenn man es in einer Gesamtschau sieht oder nicht? Gibt es unter Umständen weitere Aspekte, die sich bei dem Einzelvorwurf, wenn man ihn aus dem Konvolut durchliest, unter Umständen nicht ergeben können?
Da hat die Staatsanwältin natürlich heftig daran gearbeitet, denn das ist ja nicht so einfach, das zu lesen. Das muss man ja aus meiner Sicht vom Umfang und Ausmaß durchaus öfter lesen, um es zu verstehen, und sie hat halt ihre Gedanken dazu festgehalten, wie man da vorzugehen hat, und natürlich auch die Prüfung, was unter Umständen bei den anderen Staatsanwaltschaften schon passiert ist.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich habe sie ein bisschen etwas anderes gefragt, ich werde es versuchen, zu präzisieren. Das Fazit beginnt: „Alle in den Konvoluten angeführten Sachverhalte waren auch in dem Verfahren zu 60 St 111/17f enthalten, das zu allen Fakten nach § 35c StAG beendet wurde.“ Und dann: Ausnahme Lansky, und dann kommt das: „Um das Verfahren [...] wieder fortzusetzen, müsste mit dem Sachverhalt [...] ‚Lansky‘ und der dadurch veränderten Einschätzung [...] argumentiert werden.“
Ist es also richtig, dass Sie damals der Meinung waren, ohne das Faktum Lansky geht nichts mehr?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein, ich war nicht dieser Meinung. Da müssten Sie die Kollegin fragen, das hat sie geschrieben.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Wie lesen Sie das dann?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Vielleicht hat sie das auch mit mir so besprochen. Das kann durchaus sein, aber ich möchte noch einmal sagen: Wir waren damals in einer Situation, dass wir überlegt haben, wie man an diese Sache herangeht, und da darf man durchaus Gedanken festhalten, auch wenn sie dann letztlich vielleicht anders sind.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, okay. Dann kommen wir zu - - Dann sind Sie da, haben ein Riesenverfahren, BVT, durchaus außergewöhnliche Situationen, brauchen jetzt wen, der für Sie ermittelt. Warum war das BAK nicht vertrauenswürdig genug?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das ist aus meiner Sicht keine Frage der Vertrauenswürdigkeit.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Sondern?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sondern das ist eine Frage der Anscheinsbefangenheit.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja. Können Sie genauer erklären, warum das der Fall war?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, ich habe eingangs schon erwähnt, dass es staatsanwaltschaftliche Aufgabe ist, im Ermittlungsverfahren dafür zu sorgen, dass jeglicher Anschein der Befangenheit zu vermeiden ist. In diesen Anzeigen, um die es in unserem Verfahren gegangen ist – und das BVT ist ja eben nur ein Faktenkomplex dieses Verfahrens –, geht es eben auch um Vorwürfe gegen den, der genannt ist, gegen den Leiter des BAK, und den Stellvertreter. Und ich bin der Meinung, selbst wenn kein Anfangsverdacht bei diesen Tatbeständen – Tatbeständen ist das falsche Wort, sondern Sachverhalten –, die dort vorgebracht werden, erkannt werden kann, handelt es sich trotzdem um den Anschein der Befangenheit.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, ich nehme das so zur Kenntnis. Dann schildern und beschreiben Sie uns den Anschein der Befangenheit in Bezug auf das Bundeskriminalamt.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das Bundeskriminalamt – da sehe ich diese Situation so nicht. Ich muss aber dazu sagen, ich habe mich nicht damit befasst, ob im Bundeskriminalamt jemand auch in dieser Form in dem Konvolut erwähnt ist. Was ich weiß, ist, dass wir uns mit dem BAK, mit der Frage BAK sehr beschäftigt haben.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Nein, ich möchte jetzt wissen: Bundeskriminalamt.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das weiß ich nicht. Ich glaube nicht, dass dort eine Anscheinsbefangenheit vorliegt, aber ich müsste das Konvolut vorher noch einmal lesen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, dann stelle ich Ihnen gleich die nächste Frage: Warum nimmt man eine freiheitlich geführte Einheit zur Bekämpfung der Straßenkriminalität statt dem dafür höchst qualifizierten Bundeskriminalamt, gegen das kein Anschein der Befangenheit vorliegt, wo Sie IT-Experten haben, wo Sie Experten für Hausdurchsuchungen haben, alles Mögliche? Warum?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Die Fragestellung ist so aus meiner Sicht nicht legitim (Abg. Pilz: Die muss ich mir selber aussuchen!), denn wir nehmen nicht eine Einheit, die so konnotiert ist, wie Sie das sagen, sondern wir haben eine Einheit gesucht oder auch empfohlen bekommen – die ist ja dann auch vorgestellt worden in dieser Dienstbesprechung –, die sozusagen gar nichts mit der Sache zu tun haben sollte. Darum ging es.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Entschuldigung, ich habe Sie etwas anderes gefragt: Warum nicht das in jeder Hinsicht für derartige Vorhaben höher qualifizierte Bundeskriminalamt, gegen das – Sie haben es selbst gesagt – kein Anschein einer Befangenheit bestanden hat?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe gesagt, dass ich es jetzt nicht mehr beurteilen kann, weil ich nicht weiß, ob nicht in dem Konvolut auch jemand von dort erwähnt wurde. Das weiß ich jetzt schlichtweg nicht mehr.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Schlicht und einfach niemand.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wenn das nicht so ist, dann kann ich nur sagen: Wir haben dort diesen Kontakt gehabt, meine Staatsanwältin hat mir erklärt, wir brauchen eine Einheit, und die wurde vorgestellt.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Welchen Kontakt gehabt?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Mit Generalsekretär Goldgruber, bei dieser Einsatzbesprechung, wo er eine Einheit vorgestellt hat.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Darf ich Sie da noch - - Dazu kommen wir. Ist das immer so, wenn Sie eine Hausdurchsuchung oder eine andere Maßnahme vorbereiten, dass Sie nicht von sich aus die geeignete Einheit, Polizei, Amt aussuchen, sondern sich immer an den Generalsekretär des Innenministeriums wenden?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also grundsätzlich wenden wir uns bei Amtsträgern an das BAK, grundsätzlich. In anderen Fällen - -
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, und wenn das BAK nicht zur Verfügung steht, was machen Sie dann?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wenn das BAK nicht zur Verfügung steht, dann wenden wir uns an eine andere Polizeieinheit, und das ist in der Regel das von Ihnen angesprochene Bundeskriminalamt.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, da gibt es zahlreiche Fälle, wo Sie sich ans - -
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Und es gibt eine übergeordnete Einheit für Wirtschaftsstrafsachen, wo wir uns hinwenden können, die dann eine entsprechende Einheit suchen. Das bedeutet auch, wir suchen uns auch die Ermittlungsbehörde ja nicht aus.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, aber Sie wenden sich an die. So, warum haben Sie es in diesem Fall nicht gemacht?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich kann es noch einmal betonen, ausgesucht haben wir uns das nicht, sondern es ist darum gegangen, eine Einheit zu finden, die überhaupt nicht in die Vorgänge involviert ist, die in dem Konvolut beschrieben worden sind (Abg. Pilz: Zum Beispiel das Bundeskriminalamt!), und die offenbar auch - -
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Na, schauen Sie, versuchen wir das in möglichst großem Ernst – Frage, Antwort – miteinander zu machen. Wir kommen schon zu dem Punkt, wo Sie alles an Goldgruber delegieren, was Sie normalerweise selbst entscheiden. Ich möchte dann wissen, warum Sie das so getan haben, aber wir sind mit diesem Punkt noch nicht fertig.
Jetzt können Sie nicht erklären, warum nicht das Bundeskriminalamt, denn das wäre durchaus in Frage gekommen und - - Meine persönliche Meinung: wesentlich höhere Qualifikation und eine Tradition der Zusammenarbeit mit der WKStA.
Sagen Sie, nur damit wir den Punkt haben: Welche Hausdurchsuchungen hat die EGS bis jetzt für die WKStA durchgeführt?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sie haben es völlig richtig angesprochen, das ist ja sozusagen das Ziel Ihrer Fragestellung. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir mit der EGS eine Hausdurchsuchung durchgeführt haben. Deshalb ist auch das einer der Punkte, die in dem Fall sicher sehr ungewöhnlich sind. Was ich aber sagen kann, ist, dass wir keine Einheit gebraucht haben, die sozusagen über die besonderen Fachkenntnisse verfügt, denn wir haben es ja nicht so gemacht, dass wir mit einer Ermittlungseinheit gearbeitet haben, die die kriminalpolizeilichen Aufgaben in dem gesamten Verfahren übernimmt, sondern wir haben uns darauf konzentriert, dort bei der Hausdurchsuchung die Befehls- und Zwangsgewalt herzustellen – die hat die Staatsanwaltschaft ja nicht.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Haben Sie vor dem Kontakt mit Generalsekretär Goldgruber die EGS überhaupt gekannt?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe den Namen gekannt, ja. Was meinen Sie?
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Was haben Sie damals über die EGS gewusst?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe über die EGS nur gewusst, wie ihr Name schon sagt, was sie ungefähr zu tun hat. Ich hatte keinen Kontakt mit der EGS.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Okay, gut. Warum haben Sie keines der neun Landeskriminalämter genommen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Und wahrscheinlich auch andere Einheiten, die Ihnen jetzt beim Aufzählen einfallen, habe ich nicht genommen, weil, ich möchte das noch einmal betonen (Abg. Pilz – erheitert –: Weil der Generalsekretär Goldgruber - -), es nicht unsere Aufgabe ist, uns eine Polizeieinheit auszusuchen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Okay. Dann haben Sie aber trotzdem ein Problem gehabt, weil - -; da frage ich Sie gar nicht dazu. Nein, ich frage Sie trotzdem: Sagen Sie, hatte die EGS auch irgendwelche fachlichen Kompetenzen, um da Ermittlungen durchzuführen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein, und das war auch nicht intendiert.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, vollkommen richtig. Das heißt, Sie haben sich dann wieder an wen anderen wenden müssen, um polizeiliche Ermittlungen durchzuführen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wir haben uns nicht an jemand anderen gewendet, weil wir gesagt haben, wir wollen eigentlich in diesem Ermittlungsverfahren – auch das ist unüblich – Ermittlungskräfte haben – und haben uns daher an das Innenministerium gewandt –, die innerhalb des Innenministeriums sozusagen außerhalb dieser Berichtskette stehen.
Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Warum haben Sie sich in diesem Zusammenhang – und der hat es ja dann auch umgesetzt – an Kabinettsmitarbeiter Lett gewandt?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das habe ich nicht. Es gibt ein Schreiben der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft – das ist auch mit der Fachaufsicht abgeglichen worden – an das Innenministerium. Ich glaube nicht – also, das wäre mir jetzt neu –, dass ich das an Herrn Dr. Lett gesendet hätte.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das gehen wir dann in der nächsten Runde durch. – Danke.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Hofrätin, vielleicht anknüpfend – bevor wir wieder ganz zum Beginn des Verfahrens zurückkommen – nur noch eine Zusatzfrage: Wie ist der übliche Ablauf beim Aussuchen einer – ich sage es jetzt jovial – Truppe, die Hausdurchsuchungen durchführt? Schicken Sie oder die zuständige Staatsanwältin ein E-Mail ans Innenministerium? Oder wie funktioniert das? Wer sucht das aus, wer bestimmt das?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: In den Fällen, wenn Amtsträger involviert sind – das steht im Gesetz –, wenn es keinen besonderen Anlass gibt, das anders zu machen, ersuchen wir dann das BAK um die Ermittlungen. Wer das dann dort macht, bestimmen natürlich auch nicht wir, das macht dann die Leitung dort. In den Wirtschaftskriminalfällen ist es so, dass das Bundeskriminalamt eine besondere Einheit für Wirtschaftsermittlungen eingerichtet hat, wo sie dann je nach Kapazitäten sozusagen zuordnet, wer da tätig wird, und wir wenden uns dorthin.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): In diesem unüblichen Fall ist es üblich, dass man sozusagen das Innenministerium beauftragt oder anfragt, welche Truppe das außer dem BAK oder dem BKA machen kann.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, es war aus unserer Sicht ein besonderes Geheimhaltungsinteresse wahrzunehmen und dieses besondere Geheimhaltungsinteresse macht den Fall ja auch durchaus unüblich, das kann man schon so sagen. Daher war uns daran gelegen, mit polizeilichen Ermittlern arbeiten zu können, die uns unterstützen – denn alleine kann die Staatsanwaltschaft das nur ganz schwer –, und die aber sozusagen nicht in diesem Berichtszusammenhang in den nachgeordneten Dienststellen des Innenministeriums stehen.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Kommen wir wieder ganz an den Beginn des Verfahrens zurück, in das Jahr 2017. Im Frühjahr 2017 sind ja verschiedenste anonyme Anzeigen mit Anschuldigungen gegen das BMI, unter anderem auch gegen das BVT und so weiter, im Umlauf gewesen und an die WKStA ergangen. Meine Frage ist: Was hat die WKStA damals unternommen? Wer hat was unternommen? Wie ist das abgelaufen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also, das kann ich Ihnen im Detail nicht mehr sagen, ich glaube, man kann es aber im Detail dem Tagebuch entnehmen, was die Kollegin zusammengefasst hat, wie sie da vorgegangen ist. Es hat in dieser Zeit ja dann auch im Jahr 2017 mehrfache Besprechungen gegeben, wie wir das so tun können, auch mit dem Herrn Generalsekretär Pilnacek, dem es offenbar aufgrund der Gespräche, die ich mit ihm geführt habe, recht war oder ein Anliegen war, dass wir uns der Sache annehmen und einmal schauen, was überhaupt alles da ist, welche Vorwürfe überhaupt bestehen und ob man diesen Vorwürfen nachgehen kann oder muss, oder eben nicht. – Sind sie eben so gestrickt, dass es in der Gesamtschau keinen Anfangsverdacht zulässt oder schon?
Und das war ein Entwicklungsprozess, soweit ich mich erinnern kann, weil das nicht alles auf einmal gekommen ist, sondern das zunächst, denke ich, einzelne Mails waren, die gekommen sind, und erst in der Folge dann ein größeres Konvolut, und dann wieder auch nur verschiedene Teile davon, sodass es also gar nicht so einfach war, festzustellen, ob das jetzt der gesammelte Bestand ist, den man hat.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Das heißt, es hat in diesem Zeitraum 2017 Gespräche und Kontakte mit Generalsekretär Pilnacek über die Durchführung von Ermittlungen gegeben. Hat es auch konkrete Ermittlungsschritte gegeben?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Soweit ich jetzt weiß, ja. Die Staatsanwältin hat versucht, zu erfahren, wie man zu dem Zeugen gelangen könnte, also zu dem Verfasser dieser Schreiben, und hat diesbezüglich auch Anordnungen erlassen.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Also, erstens einmal: Wer war die zuständige Staatsanwältin? Und zweitens: in welche Richtung?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das war Kollegin Schmudermayer.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Kollegin Schmudermayer. Und in welche Richtung sind diese Anordnungen gegangen, damit man den Verfasser des Konvoluts ausfindig macht?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich meine, jetzt untechnisch gesprochen, über die E-Mails, über die Daten, die mit der E-Mail mitgeschickt werden, ob man herausfinden kann, wer das geschickt hat.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Haben Sie einen zeitlichen Horizont, wann das war, dass man versucht hat, das ausfindig zu machen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das weiß ich jetzt nicht, das kann ich Ihnen nicht sagen, aber das findet sich im Tagebuch.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Ganz grob: Frühjahr, Sommer, Herbst?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das dürfte im Herbst gewesen sein.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Das Dokument 1079, das Tagebuch der WKStA, müssten Sie bereits vorliegen haben. Ich komme auf das Fazit zurück, das Kollege Pilz bereits zitiert hat: „Alle in den Konvoluten angeführten Sachverhalte waren auch in dem Verfahren [...]“.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Entschuldigung, ich höre Sie jetzt akustisch nicht. Welche Seite? (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.)
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Auf Seite 5, ganz unten, das Fazit, das bereits zitiert wurde, wo es kurz heißt: „Alle in den Konvoluten angeführten Sachverhalte waren auch in dem Verfahren zu 60 St [...] enthalten, das zu allen Fakten nach § 5c StAG beendet wurde. Ausnahme: Das nunmehr [...] anhängige Verfahren“ zum „Faktum ‚Lansky‘“.
Wissen Sie, wann die StA Wien die Ermittlungen zu allen Fakten des Konvoluts eingestellt hat?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das Datum kann ich Ihnen nicht sagen. Aber es ist keine Einstellung, eine 35c-Erledigung ist eine sogenannte Zurücklegung. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen spitzfindig, hat aber andere rechtliche Konsequenzen.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Springen wir wieder in den Juli 2017 zurück: da kam es zu einer weiteren Anzeige von Rechtsanwalt Lansky.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Die ist unabhängig von diesen Schreiben gewesen, ja.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Also da hat es mehrere anonyme Schreiben gegeben, aber Rechtsanwalt Lansky hat ja doch auch das Konvolut übermittelt, oder ein Konvolut und eine zusätzliche Anzeige. Dazu gab es dann bei der WKStA ein eigenes Verfahren?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Können Sie kurz darstellen, was der Inhalt dieses Verfahrens war, weil wir heute im Verlauf der Sitzung schon gehört haben, dass das relativ unübersichtlich ist, weil immer von Daten und Lansky-Daten, Ermittlungsdaten und so weiter die Rede ist. Was waren das für Daten, und wie kann man das näher präzisieren?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also die Vorwürfe in dem Verfahren, wenn ich sie ganz komprimiert wiedergeben kann, sind diejenigen, dass Rechtsanwalt Lansky Mitarbeiter des BVT, die damals in seinem Strafverfahren ermittelt haben, beschuldigt hat, die Berichte an die Staatsanwaltschaft nicht rechtzeitig geliefert zu haben und darüber hinaus auch noch zu einem Zeitpunkt ermittelt zu haben, als sie nicht mehr sollten, weil das Strafverfahren gegen ihn eingestellt war. Darüber hinaus gibt es in diesem Strafverfahren auch den Vorwurf, dass seine Daten nach wie vor kursieren und nicht gelöscht sind.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Sind das diese – weil das heute auch schon angesprochen wurde – Luxemburg-Daten?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich glaube, da muss man unterscheiden. In diesem Strafverfahren gibt es – und da kann ich dazu sagen, dass ich es noch nicht genau kenne - - Wir haben es ja herbeigeschafft, das ist ziemlich umfangreich, und es findet eine staatsanwaltschaftliche Sichtung statt, welche Teile sozusagen für unser Ermittlungsverfahren relevant sind.Wir haben gesehen, dass in diesem Verfahren ja unterschiedlichste Daten eine Rolle spielen. Da gibt es also Daten auf einem Stick, die an öffentliche Einrichtungen gegangen sind, an Minister – Justizminister, Inneres –, ich denke, auch an die Oberstaatsanwaltschaft und andere Ämter oder Behörden. Und dann gibt es auch noch andere Daten, die auf einer Festplatte gespeichert sind, von denen ich aber jetzt nicht weiß, woher sie kommen.
Soviel ich informiert bin, muss man da sehr unterscheiden, wie die Vorwürfe in diesem Verfahren lauten. Jedenfalls ist das Strafverfahren in diesem Bereich eingestellt. Die Anzeige des Rechtsanwalts Lansky kam dann nach dieser Einstellung des Strafverfahrens und wurde zuerst in Linz bei der Staatsanwaltschaft eingebracht, ist dann nach Wien gegangen und letztlich zu uns, in unseren Zuständigkeitsbereich.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Sie sagen, die Anzeige des Dr. Lansky, von der die WKStA gewusst hat, kam nach der Einstellung des Strafverfahrens. Hat man Dr. Lansky mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaft dieses Strafverfahren nicht eingestellt, sondern zurückgestellt hat? Sie haben jetzt „eingestellt“ gesagt.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sein Strafverfahren, sein Strafverfahren in Linz?
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Das Strafverfahren betreffend das Konvolut.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein, das meine ich nicht, sondern ich meine die Einstellung seines Strafverfahrens in Linz.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Zuständig für die Ermittlungen rund um dieses Konvolut war auch wieder Staatsanwältin Schmudermayer?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Sie schreibt in diesem Tagebucheintrag: „Um das Verfahren der StA Wien wieder fortzusetzen, müsste somit mit dem Sachverhalt Faktum ,Lansky‘ und der dadurch veränderten Einschätzung im Hinblick auf den Gesamtzusammenhang argumentiert werden.“
Können Sie noch einmal darstellen, von welchem Gesamtzusammenhang da die Rede sein kann, nachdem das Konvolut ja bereits bekannt ist und auch umfassend geprüft wurde im Hinblick auf strafrechtliche Relevanz?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich weiß jetzt nicht, was ihre Intention beim Niederschreiben dieser Gedanken war, aber was ich daraus ableiten könnte oder vorstellen könnte, wäre, dass sie gemeint hat, es hängt damit zusammen: Inwiefern ist sozusagen der Datenmissbrauch, der im Verfahren Lansky angezeigt wurde, unter Umständen auch in den anderen Sachverhalten relevant? Gibt es da Übereinstimmungen und dergleichen?
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Auf Seite 6 in diesem Tagebucheintrag gibt es einen handschriftlichen Aktenvermerk von Staatsanwältin Schmudermayer, die da schreibt: „Am 13.11.2017 erteilte die Leiterin der Referentin mündlich den Auftrag, weitere Erhebungen vorzunehmen [...], alle anderen Fakten [...] werde sich die WKStA aber ,ansehen‘.“
Also kann man davon ausgehen, dass Sie diesen Auftrag erteilt haben, die Ermittlungen zu diesem Konvolut wieder aufzunehmen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, ich bin das mit ihr durchgegangen, wie ihre Einschätzung war. Wir haben uns damals in unserer Büroanwesenheit überschnitten, deshalb habe ich das auch von ihrem Büro abgeholt, aber natürlich mit ihr vorher telefoniert und mir das dann angeschaut. Das hatte natürlich auch den Sinn, um mich darüber irgendwie aufzuklären und informiert zu halten: Was gibt es jetzt überhaupt alles und wieweit sind das relevante Sachverhalte, die einer Aufklärung bedürfen?
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Ist Ihnen noch erinnerlich, welcher Anlass dazu geführt hat, dass man da wieder Ermittlungen aufnimmt? Was war der konkrete Anlass, nachdem das ja schon - -?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Der Anlass war – mein Bestreben ist auch in diese Richtung gegangen –, dass ich einfach eine Ordnung haben will. Ich will wissen: Was ist jetzt konkret in welchem Verfahren? Wenn wir ein Verfahren führen und es gibt eine andere Staatsanwaltschaft, die ein Verfahren führt, dann darf das eigentlich nicht sein. Also man muss das aufklären, in welche Richtung das stattzufinden hat, ob wir das an uns ziehen, mit einer entsprechenden Opt-in-Entscheidung, ob es nicht ohnedies unsere Eigenzuständigkeit betrifft, und dass da eben sauber gearbeitet wird.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Sie haben vorher gesagt, Sie wussten, dass Generalsekretär Goldgruber kommen wird.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Von wem wussten Sie das? Wer hat da mit Ihnen Kontakt aufgenommen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich weiß jetzt nicht, ob mir das Kollegin Schmudermayer oder Gruppenleiter Handler gesagt hat. Einer der beiden war es.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Kann es sein, dass Herr Dr. Lansky den Kontakt hergestellt hat, dass er angekündigt hat, dass Generalsekretär Goldgruber kommen wird?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das hat Kollegin Schmudermayer auch so festgehalten, denke ich: Dass das so gewesen ist, dass sie mit - -, ich glaube, telefoniert hat. Das weiß ich jetzt nicht.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Jetzt hat ja Generalsekretär Goldgruber vom Innenministerium auch ein Konvolut von Herrn Dr. Lansky bekommen und zur Überprüfung bei der WKStA eingebracht. Hat das Konvolut irgendwelche neuen Erkenntnisse gebracht, beinhaltet?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Die Kollegin, die die Fallführerin ist, sagt nein.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Zwischen 21. und 26. Februar sind aber dann vier Zeugen zur Einvernahme in die WKStA gekommen. Inwieweit waren Sie in diese Phase der Ermittlungen einbezogen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein, ich bin nicht operativ tätig. Das heißt, ich bin bei den Vernehmungen nicht dabei gewesen. Tatsächlich ist es so, dass, so wie ich es am Anfang auch schon beschrieben hatte, ich im Nachhinein über den Inhalt dieser Aussagen informiert wurde, über den wesentlichen Inhalt, muss ich jetzt auch wieder sagen.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Über den wesentlichen Inhalt wurden Sie informiert.
Ist Ihnen noch erinnerlich: Was war der entscheidende Faktor, der dann den Ausschlag gegeben hat, dass man so dringend und unbedingt eine Hausdurchsuchung in der Art und Weise, wie sie gemacht wurde, durchführen muss?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich glaube, das sind durchaus zwei Aspekte, die da relevant sind. Das eine ist die hohe Geheimhaltungsstufe, die sozusagen bestrebt wurde einzuhalten. Und je mehr Menschen – sei es durch Vernehmungen, sei es dann durch Weitersagen, ich war dort bei der Vernehmung, von wem auch immer man das sagen könnte –, je mehr Menschen da einbezogen werden, umso gefährdeter ist sozusagen diese Prämisse der Geheimhaltung.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Natürlich, Geheimhaltung ist wichtig, gerade bei der WKStA, ganz klar, aber was war jetzt der konkrete neue Erkenntnisgewinn zusätzlich zum Konvolut, das bereits seit fast einem Jahr bekannt war? Was war der neue Erkenntnisgewinn?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also ich kann es jetzt nicht an einzelnen Wörtern, die diese Zeugen gesagt haben, festmachen, ich möchte es aber insgesamt erklären. Wenn wir ein anonymes Anzeigenkonvolut haben, das für sich genommen in Teilbereichen sozusagen oder, man müsste sagen, bloß in Teilbereichen einen Anfangsverdacht birgt, dann bekommen wir aber Aussagen von Zeugen, und diese Zeugen haben ja eine Wahrheitspflicht - - Das ist ja schon noch einmal eine ganz andere Qualität aus meiner Sicht. Noch dazu, wo die Zeugen aus ihrem ehemaligen oder unmittelbaren Arbeitsumfeld berichtet haben und daher davon ausgegangen werden kann, dass sie durchaus Insiderwissen haben und nicht nur sozusagen im Verhältnis Zeugen vom Hörensagen wären oder dergleichen.
Das heißt, es hat aus meiner Sicht insgesamt dann natürlich ein anderes Gewicht, und wenn dann Teile dieses Konvoluts bestätigt werden, dann ergibt das ein anderes Bild.
Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Dann noch zur Möglichkeit der Fernlöschungen, weil das, wie sich herausgestellt hat, doch der Punkt war, der die Dringlichkeit der Hausdurchsuchungen begründet hat. Ist es da nicht üblich – in diesem Verfahren kann man nicht von „üblich“ sprechen –, aber ist es da nicht üblich, dass man sich über die tatsächlichen Möglichkeiten dieser Fernlöschung und auch - -? Auch wenn ich jetzt einen Remotezugang habe und etwas löschen kann, speichern kann, dann ist ja doch nachvollziehbar, wer das gemacht hat, wann er das gemacht hat. Solche Knöpfe, wo man draufdrückt und alles weg ist, sind doch eher selten, würde ich meinen.
Hat man sich da nicht näher darüber informiert, ob das tatsächlich der Fall ist, ob es diese Möglichkeit der Fernlöschung – dass mit einem Knopfdruck auf einmal alles verschwindet und der Bildschirm schwarz ist – tatsächlich gibt oder ob das nicht eher Science-Fiction ist, denn das klingt schon eher nach anderen Methoden und Möglichkeiten?
Vorsitzende Doris Bures: Jetzt muss ich Sie auf die Redezeit aufmerksam machen.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Darf ich noch antworten?
Vorsitzende Doris Bures: Ja, bitte.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Dass es diese Möglichkeit gibt, das ist ja unbestritten, und das sagen ja auch Zeugen aus dem BVT selbst. Wer es hat, dass das - -, welche Administratoren und dergleichen das haben, das ist ja wieder ganz etwas anderes. Und ich glaube, man darf auch jetzt nicht unbedingt diesen Remotezugang mit den unterschiedlichen Arten, Dinge aus der Ferne zu löschen und auch unter Umständen zu verschlüsseln, verwechseln. Und da gibt es natürlich dann eine gewisse Dringlichkeit, die sich daraus ergeben kann.
*****
Vorsitzende Doris Bures: Damit kommen wir zur zweiten Fragerunde. Diese eröffnet Herr Abgeordneter Mag. Leichtfried. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Vrabl-Sanda! Also den Begriff „unbestritten“ bei der Fernlöschung würde ich jetzt in Zweifel ziehen, weil zumindest eine Auskunftsperson gesagt hat, und das relativ kompetent, wortwörtlich, das ist absoluter Schwachsinn. – Was sagen Sie dem?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wir haben Zeugenaussagen in diesem Verfahren, wo es darum geht, ob diese Möglichkeit besteht, und die bestätigen das. Und das sind nicht diese vier Zeugen, die im Vorhinein - -
Abgeordneter Dr. Jörg Leichtfried (SPÖ): Ja, das ist der, der unmittelbar damit arbeitet.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: So ist das.
Abgeordneter Dr. Jörg Leichtfried (SPÖ): Die anderen Zeugen nicht.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja.
Abgeordneter Dr. Jörg Leichtfried (SPÖ): Ist das für Sie nicht relevant?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Natürlich ist das relevant, und das wird natürlich zu überprüfen sein, aber auch jede Aussage wird zu überprüfen sein.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Mich würde Ihre Rolle ein bisschen genauer interessieren, nämlich dahin gehend: Wie ist die Zusammenarbeit mit der Frau Oberstaatsanwältin für Sie gewesen? Waren Sie die, die sie irgendwie angeleitet hat, ihr irgendwie auch Vorgaben gegeben hat? Oder hat Sie eine hohe Selbstständigkeit gehabt und Ihnen nur berichtet? Wie war das ungefähr? Wie kann man sich das vorstellen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist das grundsätzlich so – und das war in diesem Verfahren auch gar nicht anders –, dass die Staatsanwälte eine sehr hohe Selbstständigkeit haben, weil sie ja eine große Berufserfahrung haben und darüber hinaus nicht nur eine breite Berufserfahrung, sondern ganz speziell auf unsere sensiblen Sachen hin ausgebildet sind. Das heißt, wir haben ein Gruppenleitersystem eingeführt, das ermöglicht, dass der Staatsanwalt jederzeit einen Ansprechpartner hat, der auch verantwortlich ist und Verantwortung trägt, dass er mit einem großen, umfänglichen, brisanten, clamorosen Verfahren sozusagen nicht alleine ist. Und so findet das auch in diesem Verfahren statt.
Jetzt hat sich natürlich ein großer Unterschied dadurch gezeigt, dass wir seit den Hausdurchsuchungen einer durchaus verstärkten Berichtspflicht unterliegen. Ich glaube, aus meinen Wahrnehmungen kann ich sagen, es ist sicherlich das dichtest berichtete Verfahren, das ich je gesehen habe. Wir haben ja seither – ich glaube, es waren schon so viele, wenn man alles zusammenzählt, auch die diversen E-Mail-Berichte und dergleichen – 70 Berichte verfasst.
Das ist für mich aber schon ein wesentlicher Punkt, dass ich sage: Wenn das, was wir machen, an die Fachaufsicht berichtet wird und wenn von der Fachaufsicht dann keine Weisung kommt in die Richtung, na, das ist gänzlich anders zu sehen und das Verfahren ist einzustellen oder nicht, jedenfalls nicht in diese Richtung fortzuführen, dann kann und, ich glaube auch, muss die Staatsanwaltschaft davon ausgehen, dass das rechtlich vertretbar ist und dass der Weg für gut befunden wird.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Mich interessiert die Zeit vor dieser Razzia. Haben Sie da die Frau Staatsanwältin angetrieben oder ist sie selbstständig? Wie war das?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein, also meine Staatsanwälte brauchen keinen Antrieb von der Leitung. Das Einzige, worum ich mich kümmere, wenn es um Antrieb geht, ist, wenn wir eine Bestimmung wie beispielsweise den § 108a zu beachten haben, diese drei Jahre Höchstdauer, die vor nicht allzu langer Zeit eingeführt wurde und für die Verfahren ab 2015 gilt. Bei solchen Dingen, da kann man vielleicht, unter Umständen, wenn Sie das so wollen, von einem Antrieb sprechen.
Bei den Ermittlungstätigkeiten, da geht es nicht um einen Antrieb. Da geht es darum, dass man sich gründlich anschaut: Was tut man?, dass man sich die organisatorischen Möglichkeiten vor Augen hält, jetzt meine ich die Struktur des Verfahrens: Wo setzen wir in den Ermittlungen an?, und dergleichen. Das wird besprochen, und das wird hauptsächlich mit dem Gruppenleiter und dem jeweiligen Fallführenden oder dem Team in den großen Verfahren besprochen.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Sehr interessant, danke.
Etwas anderes: Kennen Sie den Zeugen M. W. (BVT) über Ihre dienstlichen Obliegenheiten hinaus von irgendwoher?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein, ich kenne ihn nicht.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Haben Sie vom Zeugen M. W. (BVT) irgendwelche Informationen über Dritte vor diesem ganzen oder während diesem ganzen Verfahren erlangt?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Davor nicht. Danach, also jetzt angesprochen auf nach der Hausdurchsuchung (Abg. Leichtfried: Genau, immer der Punkt - -), ist mir zu Ohren gekommen, dass das ein suspekter Zeuge wäre. Es gab da Gerüchte in diese Richtung, dass man dem nichts glauben könnte. Ich weiß nicht, von wem, muss ich ehrlich sagen, weil da sehr viele Informationen eingetrudelt sind, aber ich kann sagen – und wahrscheinlich spielen Sie darauf an –, dass ich daraufhin die Oberstaatsanwältin über den Gruppenleiter habe fragen lassen, ob sie etwas zum Zeugen M. W. (BVT) weiß.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Aber das war nachher, vorher gab es keinerlei Information?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein. Ich kenne ihn auch heute noch nicht. Also ich kenne jetzt den Aktenvermerk, den die Kollegin festgehalten hat.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Sie haben am Anfang gesagt, Sie halten es für nicht hinnehmbar, dass Ihre Staatsanwaltschaft in ein schlechtes Licht gerückt wird. Ich muss Sie jetzt schon gegenfragen: Haben Sie nicht das Gefühl, dass bei all dem, was passiert ist, eine kleine Mitschuld vorhanden sein könnte?, nämlich wenn man jetzt schaut, was da alles passiert ist, was noch nie passiert ist: Da marschiert der Generalsekretär auf, da ist der Lett, dann ist dieser Zeuge M. W. (BVT), der die Leiterin des Rechtsextremismusreferats mit hineintunkt – wenn man das so sagen kann –, und es hat seitens Goldgruber keinerlei Warnung gegeben, was angerichtet werden kann, wenn man in das BVT mit der EGS hineinfährt; und so weiter und so fort.
Dann halte ich Ihnen noch einen Artikel aus einer österreichischen Zeitung vor, die zu den Feindzeitungen des Herrn Kickl gehört. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Es ist nicht der „Kurier“, es ist der „Falter“. Wenn man diese ganzen Dinge mit berücksichtigt und sich das mit anschaut, könnte da nicht der Verdacht aufkommen, na vielleicht hat da Herr Goldgruber auch ein perfides Spiel gespielt? Sind Sie als Vorgesetzte der Frau Schmudermayer nie auf diesen Gedanken gekommen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also zunächst – weil Sie von Verschulden gesprochen haben –: Das ist nicht meine Diktion, ich spreche da nicht von Verschulden, sondern es geht um eine Frage der Verantwortlichkeit, wenn Sie so wollen. Darüber möchte ich mich auch äußern.
Tatsächlich ist es so, und ich bleibe bei meinen Eingangsworten, dass ich der Meinung bin, dass es nicht richtig ist, wenn es brisante Verfahren gibt, die einhergehen mit einer öffentlichen, sehr intensiven Beobachtung und auch sehr harscher Kritik - - Ich bin aber trotzdem der Überzeugung, dass es notwendig ist, dass man eine Staatsanwaltschaft hat, die sich diese Fälle genau anschaut. Dafür braucht es eine Staatsanwaltschaft, die eben in der Lage ist, in Ruhe zu ermitteln und ungestört zu ermitteln. Und natürlich sind wir in mehreren Verfahren, weil wir ja häufiger in einzelnen Verfahren auch einen gewissen politischen Konnex der Beteiligten haben, damit konfrontiert, dass da auch Kritik erhoben wird.
Ich habe mittlerweile in den Verfahren gesehen, dass das ja von allen Seiten kommt. Und ich glaube, das ist ganz gut.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Das war nur nicht meine Frage. Meine Frage war: Hat niemand die Idee gehabt, dass an dem Ganzen etwas faul sein könnte?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also was faul sein könnte und dass diese Konnexitäten, die Sie angesprochen haben - -
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Vor allem im Hinblick auf das Vorgehen des Herrn Goldgruber.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Und da bleibe ich dabei, dass die Staatsanwaltschaft solche Konnexitäten nicht berücksichtigen darf.
Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Jetzt muss ich Sie um eine Einschätzung bitten. Können Sie sich mit Ihrer langjährigen Erfahrung und mit dem ganzen Wissen, das Sie jetzt haben, irgendwie vorstellen, dass das nur der Goldgruber gemacht hat und der Herr Kickl keine Ahnung davon gehabt hat? – Das ist doch abstrus, oder?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Dazu verweigere ich jegliche Antwort. Ich vertrete hier die Staatsanwaltschaft, meine Aufgabe ist das Strafverfahren und nicht die Politik.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Die Antwort reicht mir vollkommen. – Danke.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Sehr geehrte Frau Hofrätin! Ich darf Ihnen noch einmal das Tagebuch 1079, dieses Mal Seite 16 – da geht es um eine Besprechung am 6.12. – vorlegen. – Haben Sie es?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Da geht es um eine Besprechung am 6.12.2017 zwischen, ich gehe davon aus, Ihnen als Leiterin, GL Handler und Frau Mag. Schmudermayer. In Absatz 3, das ist der letzte Absatz dieses Tagebuchs, steht geschrieben:
„3. weiters Gegenstand waren die sich in letzter häufenden Anfragen der Medien zu dem ,Konvolut‘ des anonymen Anzeigers, das inzwischen anscheinend zahlreichen Medien vorliegt. Bis dato wurde zu allfälligen Anfragen immer ,kein Kommentar‘ abgegeben, jedoch entsteht nunmehr der Eindruck, dass die Medien davon ausgehen, dass nichts betreffend dieser Vorwürfe unternommen wird, was nicht den Tatsachen entspricht.
Dennoch wäre es den Ermittlungen äußerst abträglich, wenn zum jetzigen Zeitpunkt bekannt würde, in welcher Sache gegen wen ermittelt wird. Noch drastischer: wenn über die Medien bekannt wird, was Gegenstand der Ermittlungen der WKStA ist, dann können die Ermittlungen auch wieder abgebrochen werden.“
Ich möchte Sie zum letzten Satz befragen: Was ist hier Abbruch gemeint? Es steht da: „[...] können die Ermittlungen auch wieder abgebrochen werden.“
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also den Wortlaut habe ja nicht ich gewählt. Was gemeint war, was in der Besprechung sicher Thema war, davon gehe ich aus, ist, dass wir gesagt haben: Wenn diese Geheimhaltungsstufe sozusagen durchbrochen wird und wenn die Öffentlichkeit Wahrnehmungen hat, dass ermittelt wird und was genau ermittelt wird und wie und dergleichen, können wir uns das sparen, denn wir werden nicht zu den entsprechenden Ergebnissen kommen können. Das ist die Einschätzung der WKStA.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Wer könnte denn so ein Strafverfahren überhaupt abbrechen oder beenden? Könnte das von wem im System drinnen, in der WKStA - - Wer könnte so etwas einstellen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Na ja, wenn wir der Meinung sind, dass wir nicht weiter ermitteln können, weil es keinen Ermittlungsansatz mehr gibt, dann steht man vor der Situation: Man kann jetzt sozusagen ein Strafverfahren einstellen oder auch nicht. Ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstanden habe.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Ich will darauf hinaus: Kann eine Oberbehörde, eine übergeordnete Dienstbehörde den Abbruch des Strafverfahrens veranlassen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Eine übergeordnete Dienstbehörde kann selbstverständlich eine Weisung erteilen. Sie wissen, wie die Regel läuft: Eine Weisung ist dann auch zu begründen und hat dann eben auch im Ermittlungsakt Aufnahme zu finden.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Gab es bei Ihnen intern Bedenken, dass so eine Weisung unter Umständen erteilt wird?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Ein zweites Themenfeld: Es kommt immer wieder vor oder wird immer wieder erwähnt, dass es Vorbesprechungen mit den Zeugen gegeben habe. Haben Sie Wahrnehmungen, dass die Zeugen in irgendeiner Art und Weise präpariert worden sind?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe natürlich auch darüber – wie über ganz viele Situationen aus diesem Verfahren – mit der Kollegin und mit ihrem Gruppenleiter gesprochen – weil ich sie ja nicht persönlich gesehen habe, habe ich dazu ja keine Wahrnehmungen und bin sozusagen auf diese Berichtslage angewiesen –, und die sagt mir, dass das so nicht die Einschätzung der Kollegen war.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Ich komme noch ganz kurz zu einem dritten Thema: Ermittlungsdruck. Es wird auch immer von Ermittlungsdruck gesprochen. Wie sollte es überhaupt möglich sein, von dritter Seite – das heißt sozusagen von außerhalb des Justizministeriums – Druck auf die WKStA auszuüben? Gibt es rechtliche Grundlagen für diese Druckausübung? Ich meine - -
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das Wort Ermittlungsdruck, das ist ja in der WKStA schon das Unwort des Jahres. Es ist tatsächlich so, dass jeder Anzeiger mit der Anzeige oder jede Anzeige natürlich einen gewissen Ermittlungsdruck auslöst. Was da gemeint war, ist ja ganz etwas anderes, nicht.
Soweit ich das verstehen kann, geht man ja nicht davon aus, dass die Staatsanwältin jetzt Druck hat, zu ermitteln, wie sie das in jedem Verfahren hat, sondern dass sie Druck hat, in eine bestimmte Richtung zu ermitteln. Das ist ja, glaube ich, der Vorwurf, der da tendenziös in der Öffentlichkeit auch dargestellt wird. Dazu habe ich keinerlei Wahrnehmungen, und die Staatsanwältin hat mir versichert, dass sie auch nicht über mich hinweg in irgendeiner Form in diese Richtung unter Druck gesetzt wird.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Meine Frage jetzt noch einmal: Ich meine, Sie haben ja intern die Weisungskette, das heißt, da kann natürlich Druck entstehen, aber aufgrund des Weisungszusammenhangs – sozusagen denkmöglich – von außerhalb gäbe es überhaupt keine rechtliche Grundlage, da in irgendeiner Art und Weise juristischen Druck zu machen.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Eine rechtliche Grundlage gibt es nicht, und vonseiten der Fachaufsicht, das habe ich schon gesagt, entsteht da natürlich jetzt schon ein sehr großer zeitlicher Druck. Also ein Kollege hat gesagt: Ermittelst du schon oder berichtest du noch? Mit 70 Berichten ist es natürlich nicht besonders einfach zu ermitteln und dann auch in der Strafsache fort- und weiterzukommen.
Wir sind aber eine durchaus sehr engagierte Staatsanwaltschaft, würde ich meinen, und es ist uns trotzdem gelungen, dass in der Zeit, in der es ein so dichtes Berichtswesen gegeben hat, dennoch eine große Zahl von Zeugen – und Mitbeschuldigten natürlich – vernommen werden konnte und mittlerweile viele Unterlagen geprüft werden konnten. Deshalb bin ich auch überzeugt davon, dass wir dieses Strafverfahren und diese Strafsache aufklären werden.
Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Vielleicht eine Frage zur EGS – weil das immer wieder falsch dargestellt wird –: Hat die EGS in irgendeiner Art und Weise ermittelt? Hatte sie überhaupt Zugang zu den sichergestellten Dateien?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Die EGS wurde nicht aus dem Grund beigezogen, weil wir sie sozusagen zum Ermitteln benötigt hätten. Das war nicht intendiert. Den Zugang zu den Datenträgern – da muss man unterscheiden – hatte sie, weil sie die eingesammelt hat. Sie hatte keinen Zugang zu den Inhalten, zu den Daten, die da drauf waren.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Danke!
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Mag. Vrabl-Sanda! Um die Glaubwürdigkeit und die Seriosität der Aussagen von Zeugen zu unterstreichen, haben Sie gemeint, Zeugen haben eine Wahrheitspflicht.
Ich habe vorher über den IT-kompetenten Herrn A. H. (BVT) gesprochen und seine IT-Kompetenz mal hinterfragt. Ich möchte jetzt zu seiner Zeugeneigenschaft kommen. Er brachte als einziger die Fernlöschung ins Spiel, dies aber nicht in der Zeugenvernehmung, da findet sich gar nichts. Sie schreiben ja auch selbst in dieser vorhin von mir vorgelegten E-Mail: „Die vor der HD vorhandenen Informationen wurden von dem Zeugen ON 32 nach seiner Vernehmung zu Sache im Rahmen einer Besprechung bekannt gegeben“.
Es steht auch in diesem Dokument, in dem die Besprechung festgehalten wurde, „Besprechung“, und zwar ist das im Tagebuch, 1079, Seite 32, da steht händisch geschrieben: „Besprechung“. Es handelt sich um keine Einvernahme, das heißt, er war da nicht Zeuge. Was hat das für Folgen? Ist er bei so einer Besprechung mit dem IT-Experten der WKStA unter Wahrheitspflicht?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das würde ich nicht meinen, nein.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Er hat aber nur in dem Gespräch mit dem IT-Experten diese Fernlöschungsmöglichkeit ins Spiel gebracht, das heißt, nicht unter Wahrheitspflicht. Ist das richtig?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sehe ich so.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Da heißt, die ganze Fernlöschung bezieht sich auf die Aussage einer Person, nicht eines Zeugen, einer Person im Rahmen einer Besprechung mit einem IT-Experten bei der WKStA. Ist das richtig?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, aber ich muss dazu sagen, dass die Fernlöschungsproblematik, die immer wieder angesprochen wird – man könnte auch von Fernzugriff sprechen –, ja auch nicht das Hauptthema war, warum diese Hausdurchsuchung stattgefunden hat.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es war das Thema: Gefahr im Verzug.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Bitte?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es war das Thema: Gefahr im Verzug.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Es geht nicht um Gefahr im Verzug, sondern um eine Dringlichkeit. Gefahr im Verzug ist etwas anderes.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Richtig. Aber das heißt, diese Fernlöschung wurde von einer Person ins Spiel gebracht, abseits jeglicher Wahrheitspflicht bei der WKStA.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Na genauso, wie wir sozusagen Erkundigungen haben, wenn es um die Frage: Kann das Innenministerium auf die Server zugreifen?, geht, genauso wurde diese Problematik erkundet.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben selbst vorher gesagt, dass Zeugenaussagen insgesamt ein anderes Gewicht haben als irgendwelche Behauptungen. Ist genau das der Unterschied? – Ob jemand unter Wahrheitspflicht aussagt oder abseits einer Einvernahme irgendetwas behauptet?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Meine Aussage hat sich auf den Tatverdacht bezogen, warum wir zu so einem Tatverdacht gekommen sind, dass wir der Meinung waren, wir müssen jetzt die Beweise sichern.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sind Sie aber insgesamt der Meinung, dass Zeugenaussagen – was die Glaubwürdigkeit betrifft – ein anderes Gewicht haben als irgendwelche Behauptungen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja das kommt ja darauf an, was da gesagt wird. Also es gibt für mich keinen Grund, an den Ergebnissen der Erkundigung des IT-Experten zu zweifeln, denn hätte er diese Zweifel gehabt, dass sich der nicht auskennt, dann, denke ich, kann ein IT-Experte das erkennen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es geht um die Beurteilung der Glaubwürdigkeit dieser Person (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Mhm!), ich sage nicht mehr Zeuge.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit erfolgt aufgrund der Zeugenaussage, da, glaube ich - -
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Im Rahmen der Zeugeneinvernehmung findet sich aber nichts von der Fernlöschung.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, ja. Ich kann das Problem jetzt nicht ganz verstehen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja das bestürzt mich, denn wenn sich die Dringlichkeit der Hausdurchsuchung auf die Fernlöschung stützt, und diese Information an die WKStA von einer Person abseits der Wahrheitspflicht, abseits einer Zeugeneinvernahme in einer normalen Besprechung herangetragen wurde, dann frage ich mich, wie seriös das ist, wie da die Glaubwürdigkeit ist, ob da jede Information – sogar eine, die Dringlichkeit und dadurch eigentlich die Hausdurchsuchung auslöst – einfach eins zu eins, nicht hinterfragt, genommen wurde.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also die Dringlichkeit, für die Dringlichkeit – so muss es heißen – sind diese Möglichkeiten, die für einzelne Mitarbeiter im BVT bestanden haben, ein Aspekt gewesen, daher wurde sozusagen auch eine entsprechende Dringlichkeit gesehen.
Der andere Aspekt der Dringlichkeit, warum es zu dieser Hausdurchsuchung gekommen ist, ist ein viel gravierenderer gewesen. Das hat sozusagen mit der Geheimhaltung zu tun, dass ich in dem Moment, in dem schon so viele Leute wissen, dass wir ein Verfahren führen – wir haben jetzt schon den vierten Zeugen vernommen –, natürlich schauen muss: Ist es realistisch, dass andere von diesem Verfahren Kenntnis bekommen können und wir uns dann in weiterer Folge die Beweismittelsicherung sparen können?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Noch einmal zur Dringlichkeit aufgrund der Fernlöschung: Sie sind aufgrund der Aussage einer nicht IT-kompetenten – weil nur für Handyforensik zuständigen – Person bei der WKStA im Rahmen einer formlosen Besprechung davon ausgegangen, dass sich da ein Element der Dringlichkeit ableitet.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das würde ich so nicht sagen, denn ich weiß nicht, ob das nicht doch ein IT-Kompetenter ist. Das ist ja die Beurteilung eines der Betroffenen im Verfahren.
Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Zur EGS und deren Einsatz: Ist Ihnen bewusst, dass im Konvolut sehr wohl auch jemand, der EGS-relevant ist, genannt wird, nämlich Franz Eigner, der neue Vizepräsident der LPD Wien, in die die EGS organisationell eingebettet ist?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich möchte dort fortsetzen, wo wir vorher aufgehört haben, das ist das Tagebuch. Haben Sie das Tagebuch vor sich, und zwar Seite 68? (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) Das ist ein Aktenvermerk Schmudermayer vom 8. März 2018. Da geht es darum: „BAKFührung bestehe auf Einhaltung des BAK-Gesetzes“.
Kurz zusammengefasst: Die BAK-Führung sagt, wenn die WKStA für die Ermittlungen wen von uns will, dann bestimmen wir diesen selbst. Darauf sagt die Oberstaatsanwältin Schmudermayer: Das geht nicht, denn da sind im Konvolut zwei genannt und außerdem sollen beide – ich zitiere hier wörtlich – „Informationen an Kloibmüller weitergeben.“
Dann kommen wir zu dem Punkt, wo Ihre Oberstaatsanwältin schreibt – ich zitiere –: „Im konkreten Fall wäre es am sinnvollsten, wenn gar keine Berichtspflicht in das BMI bestünde und die Ermittler nur an mich berichten“. Dann: „Lett betont neuerlich, dass es auch im Interesse des HGS“ – Herrn Generalsekretärs – „BMI ist, dass die Fachaufsicht durch mich“ – also Schmudermayer – „ausgeübt wird. Bestünde eine Berichtspflicht in Richtung“ – Herrn Generalsekretärs –, „würde dies diesem sicher wieder politisch angekreidet werden.“
Ist Ihnen das bekannt?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Was Sie vorgelesen haben, ja.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, ja, ja. Was hat Ihre Staatsanwältin da befürchtet, das dem Herrn Generalsekretär kritisch angekreidet wird? Ich verstehe das nicht ganz.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich glaube, das liegt daran, dass Sie das so interpretieren, als hätte sie etwas befürchtet. Ich verstehe den Vermerk so, dass sie die Mitteilung, die er gemacht hat, festgehalten hat.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich verstehe es auch so, ja, dass der Herr Generalsekretär etwas befürchtet hat und nicht die Frau Oberstaatsanwältin. Was hat er befürchtet? Eine Berichtspflicht innerhalb des Innenministeriums ist doch völlig normal. Was befürchtet da der Generalsekretär?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Man möge bitte den Generalsekretär bemühen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Sie kennen das. Haben Sie mit Ihrer Oberstaatsanwältin über diesen Umstand gesprochen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Über diesen speziellen Vermerk habe ich nicht gesprochen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Haben Sie mit ihr darüber gesprochen, dass man die Berichtspflicht statt im Innenministerium aufsteigend plötzlich umleitet, eine Berichtspflichtumleitung an die Oberstaatsanwältin macht?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also mir war damals in den Besprechungen - - Das habe ich schon gesagt, als wir 2017 darüber gesprochen haben, wie schwierig das ist, in solchen Verfahren eine Polizeieinheit zu finden. Es ist tatsächlich so gewesen, dass es uns darauf angekommen ist – jetzt in dem konkreten Verfahren, in dem wir in einem Ermittlungsstadium sind, wo die Staatsanwaltschaft alleine eigentlich nicht mehr sehr viel weiterbringen kann und diese Unterstützung durch Ermittler braucht –, dass wir, und das haben wir besprochen, an das Innenministerium herantreten, ob Ermittler zugeteilt werden können. Da ist es sehr darauf angekommen, also das war sozusagen der Anlass, dass diese außerhalb der Berichtspflicht stehen und nur der WKStA berichtspflichtig sind.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Also versuchen wir das ein bisschen zu konkretisieren. (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Mmh!)
Ihr Ermittlungsstand damals, weil Sie es so gesagt haben: Wir sind an einem Stand angelangt, wo wir nur noch - - Das war die missglückte Ausforschung einer IP-Adresse, eine Anfrage in Bochum und die Entgegennahme einer Neufassung des Konvoluts von Goldgruber.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das habe ich jetzt nicht gemeint.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Was haben Sie noch gemacht?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: In dem Moment, wo ich sehe: Wir sind jetzt in dieser Hausdurchsuchung gewesen, wir haben jetzt die Sachverhalte aufzuarbeiten, auch mit den entsprechenden Daten von dort - -
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Okay, jetzt verstehe ich Sie.
Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Pilz, eine Frage noch in dieser Runde.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Schauen Sie, mir geht es um etwas ganz Einfaches: Da gibt es den Generalsekretär Goldgruber, über den wir ausführlich geredet haben, der taucht in mehreren Funktionen auf, erstens als Anzeiger: 19. Jänner, mit dem Konvolut, von dem wir nicht wissen, ob er oder Lansky oder wer auch immer das geschrieben hat; zweitens als Zeugenlieferant: er liefert direkt, indirekt alle vier Zeugen und Zeuginnen; drittens als Polizeilieferant: er liefert gleich die Polizeieinheit mit und viertens sagt er dann: Aber bitte schön, Spuren möchte ich keine hinterlassen, bitte schön nicht an mich berichten, sondern an die Oberstaatsanwältin. Anzeiger, Doppellieferant und dann noch sagen: Bitte schön, macht es so, dass man mir nicht draufkommt.
Ich wollte Sie nur fragen: Ist Ihnen eine derartige Kombination schon einmal in einem derartigen Verfahren vorgekommen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein, dieses Verfahren ist unüblich. (Abg. Pilz: Ich weiß nicht, warum man immer zu etwas, was unmöglich ist - -) – War das jetzt eine Frage?
Vorsitzende Doris Bures: Nein, in dieser Fragerunde ist die Zeit des Herrn Abgeordneten schon ausgeschöpft, aber wir haben ja eine dritte Runde.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Auch daran anknüpfend, vielleicht zusammenfassend: Also es gibt da dieses Konvolut. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt und stellt dann diese Ermittlungen ein. Dann gibt es noch ein Ermittlungsverfahren zur Causa Lansky aufgrund der ausdrücklichen Anzeige von Dr. Lansky gegen BVT-Mitarbeiter. In dieses Verfahren bringt Dr. Lansky auch dieses Konvolut ein, das nicht neu ist, das bereits lange bekannt ist und inhaltlich mit seiner Sache auch nichts zu tun hat.
Die WKStA nimmt aber trotzdem deshalb neue Ermittlungen auf, obwohl genau diese Ermittlungen über dieses Konvolut von der Staatsanwaltschaft Wien geführt und, ich sage einmal, eingestellt wurden. Dr. Lansky weiß jetzt aber nicht, dass die WKStA wegen dieses Konvoluts erneut ermittelt, aber er geht davon aus, weil ja er diese Ermittlungen mit seiner Anzeige bei der WKStA sozusagen beantragt hat.
Ist das soweit richtig? Habe ich das richtig dargestellt?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, außer dass die Staatsanwaltschaft Wien eingestellt hat.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Der fachlich unrichtige Begriff, Verzeihung.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nicht weiter ermittelt hat, zurückgelegt hat.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Ja, aber wie erklären Sie sich, wozu Rechtsanwalt Lansky die neuerliche Übergabe dieses Konvoluts durch Generalsekretär Goldgruber veranlasst hat? Haben Sie Wahrnehmungen, wie sich das ausgewirkt hat?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also ich weiß nicht, ob Herr Rechtsanwalt Lansky das veranlasst hat. Was ich dem Vermerk oder dem Bericht meiner Oberstaatsanwältin entnehmen kann, ist, dass der Kontakt hergestellt wurde. Wer was veranlasst hat, kann ich dem nicht entnehmen.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Das Konvolut, das Generalsekretär Goldgruber übergeben und mitgenommen hat, das hat er aber vom Rechtsanwalt Lansky bekommen. Ist das so richtig?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das weiß ich nicht.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Im Tagebuch steht es aber so, es wird so sein. (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Mmh!)
Kommen wir wieder zur Hausdurchsuchung zurück, und zwar zu Dokument Nummer 898. Es ist Ihnen, glaube ich, noch nicht vorgelegt worden. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Da geht es um ein Gedächtnisprotokoll über den Ablauf der Hausdurchsuchungen im Büro der Frau S. G. (BVT), die die Durchsuchung ihres Büros beobachtet. Auf Seite 15, im drittletzten Absatz, schildert sie, dass ihr gesamtes Büro um 13.00 Uhr nochmals durchsucht worden sei.
Da steht: „Nach Abschluss dieser Durchsuchung wurde ab 13.00 Uhr nochmals mein ganzes Büro durchsucht, mit dem Auftrag – vermutlich seitens StA – keine Fallakten mitzunehmen, aber alle e-mails zwischen Beschuldigten und mir, die in physischer Form – also ausgedruckt vorliegen – als Beweismittel mitzunehmen.“
Sie haben vorher gesagt, dass die EGS keinen Zugang zu Inhalten hatte. Das ist jetzt ein gewisser Widerspruch. Welche Wahrnehmungen oder Informationen haben Sie dazu?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also, was ich gesagt und vielleicht missverständlich ausgedrückt habe – das weiß ich nicht mehr –: Die EGS war nicht mit der Datensichtung befasst, also mit den Inhalten, die auf verschiedenen Speichermedien sozusagen da sind, abgespeichert sind, sondern da handelt es sich darum – aber ich muss gleich dazusagen, das ist ein Vermerk, der ja nicht von der Staatsanwaltschaft stammt –, offenbar handelt es sich darum – in physischer Form, steht da, E-Mails –, also um E-Mail-Ausdrucke. So interpretiere ich das.
Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): In diesem Gedächtnisprotokoll steht auch ausdrücklich drin, dass die gesamten schriftlichen Unterlagen und somit auch Fallakten auf E-Mail-Empfänger einzeln durchgesehen und vermutlich ent- und mitgenommen wurden. (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Bitte ein bisschen lauter!) Es steht also weiter geschrieben, dass die gesamten schriftlichen Unterlagen und somit auch Fallakten auf E-Mail-Empfänger einzeln durchgesehen und vermutlich ent- und mitgenommen wurden.
Jetzt im Hinblick auf Datensicherung und Datensichtung: Welchen Unterschied gibt es zwischen einer E-Mail und einer ausgedruckten E-Mail, nachdem die ja da offensichtlich durchgesehen wurden?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das ist eine Frage, inwieweit ich sozusagen technisch imstande bin, elektronische Daten zu sichern. Das kann ja nicht jeder. Da kann ja auch durchaus, wenn man nicht die entsprechenden Kapazitäten hat, etwas schiefgehen. Das ist ja der Grund, warum die EGS, die dafür normalerweise nicht herangezogen wird, damit auch gar nicht befasst wurde.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Aber offensichtlich haben sie diese E-Mail-Ausdrucke durchgesehen und mitgenommen.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Die E-Mail-Ausdrucke, soweit ich das - - Ich war ja nicht dabei, das muss ich auch sagen, aber was ich im Nachhinein berichtet bekommen habe, herrschte in diesem Büro ein Zustand, der vom IT-Experten und der Kollegin, die vor Ort war, als durchaus unordentlich beschrieben wurde. Ich möchte gleich sagen, es ist auch das Wort chaotisch gefallen, und das hat sich nicht auf die Amtshandlung bezogen, das hat sich auf die Ordentlichkeit in den Büros bezogen, wenn ich das so sagen darf. Dort gab es offenbar sehr viel an Papierunterlagen und auch andere Datenträger und dergleichen.
Was mir die Oberstaatsanwältin berichtet hat, ist, dass es vom zeitlichen Aufwand her sehr, sehr problematisch war, sozusagen in schicklicher Zeit das durchzuarbeiten, aber worum sie gebeten hat, war, dass diese Papierdokumente durchgesehen werden, ob sie für das Beweisthema, also den relevanten Verkehr mit Zöhrer und B. P. (BVT) entscheidend waren. (Zwischenruf des Abg. Ofenauer.)
*****
Vorsitzende Doris Bures: Ihre Fragezeit ist ausgeschöpft, wir haben dann noch eine dritte Runde. Das war auch eine lange letzte Frage.
Damit kommen wir zur dritten Runde. – Frau Abgeordnete Mag.a Duzdar, bitte.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Frau Magister! Hatten Sie im Vorfeld der Hausdurchsuchung jemals direkten Kontakt zu Generalsekretär Goldgruber?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein.
Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Sind Sie jemals gewarnt worden ob der Sensibilität der Daten im Verfassungsschutz und mit welchen Risiken und nationalen Sicherheitsrisiken es verbunden ist, wenn dort Datenträger außer Haus geschafft werden, wie beispielsweise CD-Roms mit: deutscher Bundesverfassungsschutz?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich möchte das so beantworten: Wir sind davon ausgegangen, so wie ich die Verdachtslage geschildert habe – ich möchte es jetzt nicht noch einmal schildern –, wo wir unter Umständen Beweismittel für Datenmissbrauch suchen und für den falschen Umgang mit Daten und für die Grundrechtsverletzung in der Geheimhaltung dieser Daten. Und dort, wo wir gesucht haben, also in den persönlich zugeordneten Laufwerken, in den E-Mail-Postfächern, auf den Datenträgern, die sonst herumgelegen sind sozusagen und die nicht entsprechend gesichert waren, dort war, soweit ich informiert bin, nach den entsprechenden Dienstvorschriften im BVT nicht damit zu rechnen, dass solche klassifizierten Informationen – ich nehme an, das sprechen Sie an – vorhanden sind, weil die dort gar nicht sein dürfen.
Das ist das, was ich Ihnen als meine Antwort bieten kann. Damit war aus meiner Sicht - - Natürlich weiß ich, und das weiß auch die Staatsanwältin, dass im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung sensible Daten lagern, aber die zu suchen war überhaupt nie intendiert.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Wo waren Sie während der Razzia?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: In der WKStA.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Meine letzte Frage bezieht sich auf meine Frage, die ich Ihnen vorhin gestellt habe. Sie sind ja jemand, der mit sehr offenen Augen durchs Leben geht, nehme ich an, und wenn Sie mit Ihrem jetzigen Wissen die ganze Angelegenheit noch einmal rekapitulieren: Können Sie verstehen, dass manche glauben – ich sage das jetzt einmal so –, dass versucht wurde, Ihre Behörde zu manipulieren, und zwar von Herrn Kickl, von Herrn Goldgruber und Konsorten, um Folgendes zu erreichen: einerseits, was Goldgruber selbst zugegeben hat, beim BVT aufzuräumen – und er den Auftrag von Kickl hat, dort aufzuräumen –, und zweitens in einem an diese Rechtsextremismusdaten zu kommen, wo sie schon vorher, wie man aus diesem „Falter“-Artikel sieht, versucht haben heranzukommen?
Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Ist Ihnen der Gedanke je gekommen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sie haben das ganz am Anfang der Fragestellung gesagt: Ich kann verstehen, dass manche glauben, dass - - Das kann ich deshalb verstehen, weil ich weiß, dass es bei vielen Menschen einfach dieses Denken in politischen Farben gibt. Ich in meiner Staatsanwaltschaft und meine Kollegen führen das Strafverfahren so nicht.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Sehr geehrte Frau Hofrätin! Noch zum Thema Auswahl, Beistellung von Polizeieinheiten, der Polizeieinheit. Da wurde jetzt schon vorher sozusagen unrichtigerweise von Mitlieferung der Polizeieinheit gesprochen et cetera. Ich möchte es ganz konkret machen in Bezug auf die Mitarbeiter des BAK und des BKA, weil das vom Kollegen Pilz auch angesprochen worden ist. Können Sie heute ausschließen, dass Mitarbeiter des BAK oder des BKA vom laufenden Strafverfahren betroffen sind beziehungsweise noch betroffen sein werden? Können Sie das heute ausschließen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Der Ermittlungsstand ist derzeit so, dass ich - - Dafür habe ich weder Anhaltspunkte, noch kann ich es ausschließen; ich würde es so beantworten.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Aber Sie können es nicht ausschließen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich kann es nicht ausschließen, aber ich habe auch keine Anhaltspunkte dafür.
Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Danke.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege vor: Dokument 1067, Seite 28, eine E-Mail von Ihnen an Generalsekretär Pilnacek (der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt):
„Betreff: [...] Deutscher Geheimdienst überprüft Kooperation mit Österreich“
Sie schreiben: „Lieber Christian, [...] Es wurden keine Daten des Deutschen Geheimdienstes sichergestellt.“
Diese E-Mail ist vom 21.3.2018, also drei Wochen nach der Hausdurchsuchung. Wie kann es sein, dass Sie drei Wochen nach der Hausdurchsuchung noch immer nicht wussten, dass sehr wohl Daten vom deutschen Bundesverfassungsschutz sichergestellt wurden?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das ist mein Wissensstand vom 21.3., den ich ja nicht aus Eigenem habe – Sie dürfen sich nicht vorstellen, dass ich in den Daten herumstierle; natürlich tue ich das nicht. Dafür habe ich die entsprechenden Experten, die das sozusagen lesbar machen, aufbereiten. Dieser Aufbereitungsprozess, die Lesbarmachung, damit man zu einer Sichtung kommen kann und dann in weiterer Folge die fallrelevanten Daten einer Auswertung zuführen kann, das dauert eine bestimmte Zeit, und damit erkläre ich mir das.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das war eine CD, der nicht sehr schwer zu entnehmen war, dass sie vom deutschen Verfassungsschutz ist. (Abg. Krisper hält ein Schriftstück in die Höhe, das die Kopie einer CD zeigt.) Und ich frage mich, wie sehr Frau S. G. (BVT) effizient weiterarbeiten konnte, wenn ihr so langsam erst die Daten zurückgegeben wurden, weil offensichtlich drei Wochen nach der HD noch immer nicht mit der Sichtung so weit begonnen war, dass man merkte, gewisse Akten zu haben.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also wenn das eine CD aus dem Büro der Frau S. G. (BVT) ist, was ich vorhin nicht wusste, dann möchte ich dazusagen, dass mit Frau S. G. (BVT) anlässlich eines Vernehmungstermins, denke ich, diese sichergestellten Gegenstände und Datenträger durchgegangen worden sind und sie ihr ausgefolgt worden sind. Ich kann jetzt aus dem Kopf nicht sagen und habe nicht in Erinnerung, wann dieser Termin war.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wie kann es sein, dass diese CD überhaupt mitgenommen wurde, sichergestellt wurde? (Abg. Krisper zeigt neuerlich die Kopie, auf der eine CD zu sehen ist.)
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das habe ich Ihnen gesagt oder ich habe zumindest vermutet, dass ich es Ihnen gesagt habe: Wenn in diesem Büro Sicherstellungen von Datenträgern stattfinden und es in einem so großen Ausmaß ist, nicht nur die Papierunterlagen, sondern auch die Datenträger, dann ist es aus zeitlichen Gründen offenbar nicht not- -, das ist jetzt falsch, nicht möglich gewesen, diese Daten auch nur grob zu sichten. Und eine Sichtung von Inhalten von Daten hat ja eben gerade durch die EGS nicht stattfinden dürfen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich komme wieder zum Tagebuch, Seite 29: Eintrag vom 30. Jänner 2018. Da geht es um Auskunft über Stamm- und Zugangsdaten bei T-Mobile. Ich zitiere aus dem dritten Absatz unten:
„Aus diesem Grund wurde ein vertrauenswürdiger Ermittler des BAK kontaktiert, der zusicherte, die Anfrage zu übernehmen.“
Das wurde dann auch mit Ihnen besprochen, geht aus dem Aktenvermerk hervor.
Sagen Sie, wie stellen Sie oder Ihre MitarbeiterInnen fest, wer ein vertrauenswürdiger und wer ein nicht vertrauenswürdiger Ermittler des BAK ist?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das sind die Worte meiner Kollegin. Ich glaube, diese Frage wäre an sie zu richten. Wie sie es feststellen kann, weiß ich nicht, aber verstehen tue ich es so, dass sie ihn unter Umständen aufgrund anderer Verfahren kennt.
Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Sie kommen sehr wohl vor, ein bisschen weiter unten:
„... Leiterin davon in Kenntnis zu setzen. Nach Schilderung der Sachlage erklärt diese,“ – also Sie – „dass ihr eine persönliche Übergabe der“ Anordnung „an den Ermittler lieber wäre als eine Ermittlung per E-Mail [...]“
Ich sage Ihnen meinen persönlichen Eindruck und frage Sie, ob Sie diesen Eindruck teilen und das für richtig halten, nämlich dass das – persönliche Übergabe, vertrauenswürdiger Ermittler und nicht diese unvertrauenswürdigen anderen im BAK – ein Ausdruck dessen ist, dass Sie und Ihre Staatsanwältin der Führung des BAK misstraut haben.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein, das ist keine Frage des Misstrauens, wenn es um die Führung des BAK geht, sondern ich habe von der Anscheinsproblematik gesprochen. Und hier geht es darum, dass wir jetzt ein Verfahren führen – Sie sagen 30.1.2018, das war zu einem Zeitpunkt, wo es sozusagen nicht bekannt sein sollte, wo noch keine nach außen wirksame Maßnahme in die Öffentlichkeit getragen werden sollte –, und ich gehe davon aus, dass es hier um die Geheimhaltung geht.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Jetzt hat eine Hausdurchsuchung beim BVT stattgefunden. Das BVT ist ein Nachrichtendienst, wo man davon ausgehen muss, dass dort geheime Daten vorhanden sind, weil ja das der Sinn und Zweck eines Nachrichtendienstes ist.
Haben Sie Wahrnehmungen über Mängel oder Fehler, die bei dieser Hausdurchsuchung begangen wurden, und gibt es Verbesserungen oder Maßnahmen im Rahmen eines Qualitätsmanagements, um solche Fehler und Mängel bei zukünftigen ähnlichen Vorgangsweisen zu vermeiden?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das kommt jetzt drauf an, was Sie unter Fehlern und Mängeln verstehen. Wir müssen natürlich über jedes Verfahren reflektieren, schon gar über ein solches, das eben, wie ich schon gesagt habe, dazu geführt hat, dass die WKStA in einem ungünstigen Licht dasteht, und wir lernen aus jedem Verfahren. Selbstverständlich reflektieren wir darüber.
Wenn Sie jetzt das sichergestellte Datenmaterial ansprechen, dann kann ich dazu schon sagen, dass das natürlich ein ganz wesentliches Thema für die Strafverfolgung insgesamt, nicht nur für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, sondern auch für andere Staatsanwaltschaften ist: Wie geht man denn sozusagen richtig vor?
Denn: Wir wissen, wie man forensisch richtig vorgeht – also „wir“: ich bin eine Laiin, aber die IT-Experten wissen das, und die Kriminalpolizei hat ja auch IT-Abteilungen, und die wissen das –, aber was der eigentliche Knackpunkt ist und womit wir uns sehr beschäftigen müssen, das ist natürlich die Menge der Daten, die bei diversen Hausdurchsuchungen – das ist jetzt kein Spezialfall – eine Problematik darstellt, weil wir ja sehr danach streben müssen, die Trennung der Daten zu schaffen: welche sind verfahrensrelevant und welche sind nicht verfahrensrelevant. Das ist vor Ort eben nicht immer sehr leicht zu schaffen, schon gar nicht in der Zeit, in der sozusagen eine Hausdurchsuchung oder so eine Zwangsmaßnahme eigentlich eingreifen darf.
Das ist ein ganz wesentliches Thema, das uns sehr beschäftigt und worüber es natürlich immer entsprechende Evaluierungen und Gedankengänge in Richtung: Was kann man machen, um das zu verbessern?, gibt. Aber da bin ich natürlich auch auf die Technik angewiesen. Wenn wir einen kleineren Bereich haben, der zu durchsuchen ist, also beispielsweise jetzt - - Oder überhaupt anders gesagt: Wenn ich nach einer Sache suche, dann tut man sich vielleicht ein bisschen leichter. Also wenn Sie eine Waffe suchen, dann haben Sie genau diese spezielle Waffe, die Sie dann dort finden oder auch nicht, aber jedenfalls haben Sie da ein Stück, das Sie mitnehmen können. Wenn Sie nach Daten suchen, die möglicherweise versteckt sind, dann ist das nicht so klar und dann geht das vor Ort nicht so schnell. Man muss ja immer auch mit berücksichtigen, dass so eine Zwangsmaßnahme sehr große Unbill bei den Betroffenen mit sich bringt – es ist jetzt egal, ob die beschuldigt sind oder nicht. Das muss man ja auch in Grenzen halten, und bei Unternehmen muss der Betrieb weitergehen und dergleichen.
Daher: Was passiert? – Und das war in den Papierbüros früher ja auch nicht anders: Man hat also sozusagen das, was man als relevant angesehen hat, mitgenommen, und dann hat man begonnen, sozusagen zu Hause, auf seiner Stammdienststelle, die Sichtung zu machen, die vor Ort in der Form nicht mehr möglich war. Bei den elektronischen Daten ist das nur jetzt viel mehr, weil sich die Gesellschaft natürlich geändert hat, und wir verwenden die elektronischen Daten in jeder Hinsicht, privat wie im Büro, und es gibt jetzt über einen Vorgang nicht mehr ein schriftliches Dokument, sondern es gibt ganz viele Unterlagen dazu, die elektronisch gespeichert sind – die Besprechungen, andere Unterlagen –, aber auch in diversen Variationen oder Varianten. All das hat ja Bezug, und all das ist aber dann unter Umständen auch relevant für das Thema, und ich kann nicht das nicht mitnehmen.
Ich muss es sogar mitnehmen, weil ja sonst unter Umständen einer der Beschuldigten mit Recht vorwerfen kann, dass wir Entlastendes nicht mitgenommen hätten. Sie wissen, gerade zum Beispiel aus dem E-Mail-Verkehr kann man ja sehr vieles schließen, was relevant ist für die innere Tatseite, ob jemand einen gewissen Kenntnisstand hatte oder nicht. Also der Vorsatz, die innere Tatseite ist aus E-Mails relativ gut herauszulesen – welchen Kenntnisstand hatte denn diejenige Person, die da diese E-Mail bekommen hat? –, und natürlich ist es dann notwendig, dass man das alles mitnimmt. Damit werden die Daten immer mehr und mehr, und das ist für die Strafverfolgung höchst unerwünscht. Kein Staatsanwalt bläht sich freiwillig sein Verfahren auf, wenn es auch anders ginge.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Das heißt, das ist alles optimal verlaufen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein, ich gehe nicht davon aus, dass wir jemals sagen können, dass irgendetwas optimal läuft, sondern ich bin in einer Staatsanwaltschaft, die in einer permanenten Entwicklung, in einem permanenten Entwicklungsprozess ist. Es handelt sich ja nicht nur darum, dass – dabei beginnen wir ja – die Zahl der Staatsanwälte sich verändert und vergrößert hat – jetzt sind alle Planstellen besetzt –, dass wir uns in der Organisation weiterentwickelt haben, weil wir jetzt Außenstellen haben, sondern wir müssen uns natürlich auch in unserer Expertise weiterentwickeln. Da setze ich sehr auf den Einsatz der IT-Experten, wo es gelungen ist, dass diese auch für die Justiz selbst zu gewinnen waren und dass wir da weiterkommen. – Also das ist kein Spezifikum für dieses Verfahren, dass ich nicht sage, da ist jetzt immer alles optimal verlaufen. Das meine ich.
Vorsitzende Doris Bures: Danke schön. – Haben Sie noch eine Frage? (Abg. Ofenauer: Ist die Minute schon verbraucht?) Ich hätte Sie sofort drauf aufmerksam gemacht, wenn das so wäre. Sie könnten noch eine Nachfrage stellen.
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Das heißt, diese Fülle und diese Menge an Daten kann dazu führen, dass eine einschreitende Polizeieinheit dann damit beauftragt wird, diese Unterlagen durchzusehen und dann mitzunehmen?
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Im konkreten Fall ja. Es ist auch so, dass diese Fülle und diese Menge – deshalb haben wir das nicht gern und deshalb müssen Überlegungen gemacht werden in die Richtung, wie man das auf technischem Stand sozusagen, nach dem Stand der Technik dennoch anders lösen kann; derzeit gibt es dazu bei so einer Datenmenge keine gute andere Lösung – natürlich das Verfahren verzögert. Die Datenauswertung benötigt Zeit – und Sie wissen, wir haben eine Höchstdauer in unseren Verfahren. Das ist die Problematik, auf die ich aufmerksam machen möchte, und selbstverständlich beschäftigt uns das, auch in diesem Verfahren.
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Vorsitzende Doris Bures: Es gibt noch eine ergänzende Nachfrage von Herrn Dr. Strauss. – Bitte. Ich erteile Ihnen das Wort.
Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Eine letzte Frage, Frau Hofrätin, nur zu einem Aspekt: War dieser Ermittlungsakt bis zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchungen nach Ihrer Einschätzung ein Ehrgeizprojekt in der WKStA? (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Ein?) Ein Ehrgeizprojekt.
Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein. (Verfahrensrichter Strauss: Nein?) Nein. (Verfahrensrichter Strauss: Danke!)
Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Strauss.
Vielen Dank, Frau Mag.a Vrabl-Sanda, dass Sie dem Ausschuss als Auskunftsperson zur Verfügung gestanden sind. Ich erkläre die Befragung nun für beendet und wünsche Ihnen noch einen schönen Nachmittag.