145/KOMM XXVI. GP
Kommuniqué
des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem "Eurofighter Typhoon" von Anfang 2000 bis Ende 2017 (1/US XXVI.GP)
Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Michael Radasztics in der 13. Sitzung vom 4. Dezember 2018
Der Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem "Eurofighter Typhoon" von Anfang 2000 bis Ende 2017 hat in seiner 22. Sitzung am 21. März 2019 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VOUA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Michael Radasztics zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.
Wien, 2019 03 21
Mag. Michael Hammer Mag. Wolfgang Sobotka
Schriftführer Vorsitzender

Untersuchungsausschuss
zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ von Anfang 2000 bis Ende 2017

Stenographisches Protokoll
13. Sitzung/medienöffentlich
Dienstag, 4. Dezember 2018
Gesamtdauer der 13. Sitzung
10.08 Uhr – 13.08 Uhr
Lokal 7
Befragung der Auskunftsperson Staatsanwalt Mag. Michael Radasztics
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Ich übergebe nunmehr das Wort an den Herrn Verfahrensrichter zur Belehrung der Auskunftsperson über ihre Rechte und Pflichten, sowie zur Durchführung der Erstbefragung. – Bitte.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Danke, Herr Vorsitzender!
Herr Staatsanwalt Mag. Radasztics, ich begrüße Sie nun auch in eigenem Namen! Mein Name ist Dr. Rohrer, ich bin der Verfahrensrichter. Ich habe Sie anfänglich über Ihre Rechte und Pflichten zu belehren. Obwohl ich weiß, dass ich Ihnen nichts Neues sage, darf ich das der guten Ordnung halber dennoch in vollständiger Form tun.
Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeugsystem Eurofighter Typhoon als Auskunftsperson zum Thema I des Untersuchungsgegenstandes – unzulässige Zahlungsflüsse – angehört. Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich auf diese schriftliche Belehrung hin und betone insbesondere, dass Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten sind.
Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.
Weiters weise ich Sie auf die Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Alle im Untersuchungsausschuss vorgelegte Unterlagen dürfen von der Auskunftsperson und von der Vertrauensperson nach Beendigung der Befragung nicht an sich genommen werden, sondern haben auf dem Platz zu verbleiben.
Nun zu Ihnen, Herr Mag. Löw, auch Sie habe ich, obwohl Sie genauso wie der Herr Staatsanwalt über die rechtlichen Voraussetzungen informiert sind, der guten Ordnung halber zu belehren. Dass auch die Beteiligung an einer falschen Beweisaussage sowie an der Fälschung von Beweismitteln oder an dem Gebrauch von falschen oder verfälschten Beweismitteln strafbar ist, ist Ihnen zweifelsohne klar.
Aufgabe der Vertrauensperson ist die Beratung der Auskunftsperson. Sie dürfen keine Erklärungen vor dem Untersuchungsausschuss abgeben oder anstelle der Auskunftsperson antworten. Bei Verletzung der Verfahrensordnung oder Eingriffen in die Grund- oder Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson können Sie sich unmittelbar an mich oder an den Verfahrensanwalt wenden.
Auch für Sie gilt das Informationsordnungsgesetz. Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet.
Alle im Untersuchungsausschuss vorgelegten Unterlagen dürfen von der Auskunftsperson und der Vertrauensperson nach Beendigung der Befragung nicht an sich genommen werden.
Als Vertrauensperson kann ausgeschlossen werden, wer voraussichtlich als Auskunftsperson im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss zu laden ist, wer die Auskunftsperson bei Ablegung einer freien und vollständigen Aussage beeinflussen könnte und wer Erklärungen vor dem Untersuchungsausschuss abgibt oder anstelle der Auskunftsperson antwortet.
Herr Staatsanwalt Mag. Radasztics, ich komme wieder zu Ihnen zurück. Sie sind berechtigt, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, deren Gesamtdauer bitte 20 Minuten nicht überschreiten sollte. Wollen Sie das tun? (Auskunftsperson Radasztics: Das möchte ich bitte gern!) – Bitte sehr.
Mag. Michael Radasztics: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Verfahrensrichter! Sehr geehrter Herr Verfahrensanwalt! Ich möchte von der Möglichkeit Gebrauch machen, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, insbesondere, um vorab erklären zu können, welche Fragestellungen von mir aus rechtlichen Erwägungen nicht oder nur abstrakt beantwortet werden können.
Ich bin seit 2007 Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Wien, seit 2008 bei der Wirtschaftsgruppe dieser Staatsanwaltschaft, und seit Anfang 2012 einer der Leiter dieser Wirtschaftsgruppe. Das erste Verfahren aus dem Eurofighter-Komplex, das ich ab Mitte 2011 als zuständiger Staatsanwalt bearbeitet habe, ist jenes gegen Alfred Plattner und andere und trägt die Geschäftszahl 604 St 6/11f. Der zugehörige Akt sowie alle weiteren Verfahren in Zusammenhang mit der Eurofighter-Beschaffung liegen diesem Untersuchungsausschuss vor.
Ich möchte zur Klarstellung an dieser Stelle darauf hinweisen, dass einige der Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen wurden.
Dieser Untersuchungsausschuss hat mit dem Herrn Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz im Juli 2018 eine Konsultationsvereinbarung abgeschlossen, wonach Vorhabensberichte, die sich bei der Oberstaatsanwaltschaft oder im BMVRDJ befinden, erst nach Abschluss der dortigen Willensbildungsprozesse dem Untersuchungsausschuss vorgelegt werden. Ziel dieser Konsultationsvereinbarung ist es, die effiziente Arbeit dieses Ausschusses zu ermöglichen, gleichzeitig aber die ungehinderte Ermittlungsarbeit der Justiz sicherzustellen beziehungsweise justizielle Abläufe nicht zu behindern.
In der Punktation vom 13. Juni 2018 wurde festgehalten, dass bei der Befragung von Staatsanwälten im Einzelfall der Herr Verfahrensrichter Bedacht nehmen wird, dass die Interessen der gerichtlichen Strafverfolgung gewahrt werden. In diesem Zusammenhang ist weiters auf § 58 der Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse hinzuweisen, der eine grundsätzliche Rücksichtnahme auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden statuiert.
Ich darf Ihnen überdies zur Kenntnis bringen, dass sämtliche der Ermittlungsverfahren berichtspflichtig gemäß § 8 Abs. 1 Staatsanwaltschaftsgesetz sind. Die Letztentscheidung über die Erledigung der Verfahren durch Anklage, Diversion oder Einstellung trifft daher letztendlich der Herr Justizminister, dessen Entscheidungen ich nicht vorgreifen kann.
Ich ersuche Sie außerdem um Berücksichtigung, dass die MRK und die Strafprozessordnung Verfahrensrechte der Beschuldigten statuieren und es eine Verletzung dieser Rechte darstellt, falls ich im Zuge dieser Anhörung über mögliche Verfahrensausgänge Spekulationen anstelle. Ich kann daher allfällige Fragen in Zusammenhang mit der möglichen Erledigung noch offener Ermittlungsakte oder mit der Strategie der Ermittlungstätigkeit nicht vollumfänglich beantworten.
Eine weitere Einschränkung meiner Auskunftsmöglichkeiten betrifft Aktenteile, die aufgrund von Spezialitätsvorbehalten ausländischer Jurisdiktionen bislang dem Untersuchungsausschuss nicht vorgelegt wurden. Im Zuge der Rechtshilfe genehmigten nicht alle Staaten, wie Sie wissen, die Weitergabe der übergebenen Aktenbestandteile an diesen Ausschuss.
Ich möchte zuletzt anmerken, dass Staatsanwälte gemäß Art. 90a B-VG Organe der Gerichtsbarkeit sind. Die Reichweite dieser Bestimmung in Zusammenhang mit der Kontrolltätigkeit parlamentarischer Untersuchungsausschüsse, denen die Überprüfung der Rechtssprechung entzogen ist, ist bislang nicht eindeutig geklärt. Aus meiner Sicht sind aber bereits getroffene Entscheidungen der Staatsanwaltschaft in bereits erledigten Verfahren als Akte der Rechtssprechung zu qualifizieren, eine Erörterung dieser Entscheidungen ist mir meines Erachtens aus verfassungsrechtlichen Gründen verwehrt.
Aus den dargelegten Gründen werde ich möglicherweise nicht in der Lage sein, alle an mich gerichteten Fragen zu beantworten, aber ich werde mich im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten bemühen, meiner Auskunftspflicht gerecht zu werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Herr Staatsanwalt, ich danke vielmals für Ihre Ausführungen. Ich kann dem insoweit beipflichten, als ich ja auch im Konsultationsverfahren anwesend war, ebenso wie alle Abgeordneten. Es ist für uns alle klar, dass das Strafverfahren durch Ihre Ausführungen hier nicht behindert werden soll.
Zuerst eine rein technische Frage, die ich an Sie richten darf: Wir versuchen seit längerer Zeit, die Vernehmungsprotokolle Hödl zu bekommen, das war gerade vorhin auch Gesprächsthema. Sie langen nicht ein, obwohl sie im ersten Untersuchungsausschuss vorgelegt wurden. Wird das Ihres Wissens mit einer Frage der Spezialität begründet oder hat das andere Gründe?
Mag. Michael Radasztics: Das ist tatsächlich ein Spezialitätsproblem. In der Einvernahme Hödl wurden dem Beschuldigten Hödl diverse Unterlagen, die aus der Rechtshilfe mit Liechtenstein stammen, vorgehalten, und aus diesem Grund, da das Fürstentum ja keine Zustimmung erteilt hat, wird das bis zu einer weiteren Klärung dieser Frage nicht vorgelegt.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Danke schön. – Jetzt gehen wir von Liechtenstein in Richtung Deutschland: Es hat ein Münchener Verfahren gegeben. Können Sie uns etwas über die Erledigung dieses Münchener Verfahrens sagen? Erstens: Wen hat es betroffen, nur EADS oder nur EF, also Eurofighter GmbH, oder beide? Und: Welche Verschuldenskomponenten lagen der Entscheidung zugrunde?
Mag. Michael Radasztics: Ich darf die Frage vielleicht einmal ganz grundsätzlich beantworten: Die Staatsanwaltschaft München I führt – und sie führt das immer noch – gegen mehrere natürliche Personen ein Strafverfahren nach der deutschen Strafprozessordnung. Gleichzeitig war nach dem deutschen Ordnungswidrigkeitengesetz ein Verfahren gegen die Firma Airbus als Rechtsnachfolger der EADS Deutschland GmbH anhängig. Dieses Verfahren wurde – und das kann ich, glaube ich, insoweit bekannt geben, als es ja auch medial bereits veröffentlicht wurde – durch einen sogenannten Bußgeldbescheid erledigt, mit der der Firma Airbus die Zahlung eines Bußgeldes, wobei ich den Betrag jetzt im Detail nicht in Erinnerung habe, aber der ist ja medial berichtet worden - -
Ein derartiges Ordnungswidrigkeitsverfahren ist mit der österreichischen Rechtsordnung nur schwer vergleichbar, weil wir im Inland zwar die Möglichkeit einer Strafbarkeit von Unternehmen nach dem sogenannten Verbandsverantwortlichkeitsgesetz haben, das deutsche Ordnungswidrigkeitengesetz aber ein reines Verwaltungsverfahren ist, das heißt, da wird keine gerichtliche Strafe verhängt. Gleichzeitig ist auch eine fahrlässige Ordnungswidrigkeit denkbar und nach diesem Gesetz strafbar. Und tatsächlich wurde der Firma Airbus – so weit kann ich den Inhalt hier bekannt geben – im Zusammenhang mit der Zahlung an die Firma Vector Fahrlässigkeit vorgeworfen, mit dem Argument, dass hier eine sozusagen Beauftragung dieses Unternehmens nicht hätte erfolgen dürfen.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Danke vielmals.
Werden wir dieses Erkenntnis einmal bekommen?
Mag. Michael Radasztics: Das liegt, sehr geehrter Herr Verfahrensrichter, nicht an mir. Ich habe den zuletzt zuständigen Kollegen in München gefragt, ob es aus Sicht der Staatsanwaltschaft München I zulässig ist, dass ich diesen Bußgeldbescheid vorlege. Die letzte Auskunft, und die ist gut eineinhalb Wochen alt, war diejenige, dass mir gesagt wurde, es handelt sich um ein Verwaltungsverfahren, in das die Verfahrensparteien - - In das gibt es auch in Deutschland keine Einsichtsrechte. Daher hat mir die Staatsanwaltschaft München I untersagt, diesen Bußgeldbescheid vorzulegen, und ich erachte mich an dieses Ersuchen der Staatsanwaltschaft München I gebunden.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Danke schön. – Wieder zurück nach Österreich: Haben Sie im Zuge Ihrer Erhebungen Kenntnisse erlangt, dass Zahlungen, Geschenke, Einladungen an Entscheidungsträger wie etwa Politiker oder Beamte in Zusammenhang sowohl mit dem Ankauf der Eurofighter als auch mit der Abwicklung der Gegengeschäfte gelangt sind?
Mag. Michael Radasztics: Ich verweise in diesem Zusammenhang zunächst einmal auf die Aktenlage, die Sie kennen. Im Übrigen ist aus derzeitiger Sicht der Ermittlungen ein derartiger Zahlungsfluss für uns objektiv nicht feststellbar gewesen. (Verfahrensrichter Rohrer: An Politiker oder Beamte?) – Ja.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Jawohl.
Die letzte Frage ist jene nach den Ressourcen: Ich habe einige Unterlagen der Staatsanwaltschaft München einsehen dürfen, und da scheint mir doch ein relativ umfangreicher Apparat am Werk zu sein oder gewesen zu sein. Wie schaut das bei uns aus? Welchen Apparat hat die Staatsanwaltschaft bei uns zur Verfügung, um diesen ja äußerst komplexen Sachverhalt aufzuklären?
Mag. Michael Radasztics: Ich glaube, dass man bei dieser Frage ein bisschen historisch sozusagen eine Schnittstelle ziehen muss und auf der anderen Seite auch beurteilen muss, was derzeit der Fall ist. Zunächst einmal: Als wir die Staatsanwaltschaft München ersucht haben beziehungsweise angeregt haben, dass wir gemeinsam eine Ermittlungsgruppe bilden, waren tatsächlich zwei Staatsanwälte in München mit diesem Fall befasst. In Wien war ich das die längste Zeit alleine. Auf der anderen Seite muss man aber schon auch sagen, dass es auf kriminalpolizeilicher Ebene durchaus einen Ermittlungsvorteil der österreichischen Behörden gegeben hat, weil beim Bundeskriminalamt eine eigene Sonderkommission gebildet wurde, die sogenannte Soko Hermes, die schwankend personell mit bis zu, glaube ich, zwölf Mitarbeitern in Spitzenzeiten ausgestattet ist – das kann ich jetzt nur ungefähr schätzen, weil ich die genauen Zahlen nicht weiß –, während es in München teilweise, die längste Zeit nur zwei bis drei Ermittler waren. Durch die gemeinsame Ermittlungsgruppe, die wir mit der Staatsanwaltschaft München I gebildet haben, hat sich dieses jeweilige Ungleichgewicht aber sozusagen wechselseitig aufgehoben.
Es ist mit dem Einlangen der sogenannten Neuanzeige, also der Sachverhaltsdarstellung durch das Landesverteidigungsministerium im Februar 2017, die Ressourcenfrage bei der Staatsanwaltschaft Wien auch öffentlich diskutiert worden. Es hat dann der damals zuständige Herr Bundesminister Brandstetter zwei zusätzliche Planstellen für diesen Fall – in gewisser Weise kann man sagen – organisiert. Wir haben das dann intern, weil wir natürlich nicht nur die Planstellen benötigt haben, sondern auch die entsprechenden Personen, so gelöst, dass eine Kollegin, eine Staatsanwältin, seither beinahe vollständig an diesem Akt mitarbeitet, und dass wir eine weitere Staatsanwältin haben, die mit den grundsätzlichen Linien und Strukturen dieses Falles vertraut ist, die wir heranziehen können, wenn es Besprechungsbedarf gibt – und den gibt es in dieser Causa sehr häufig –, damit wir Ermittlungsstrukturen et cetera und weitere Vorgehensweisen, was jetzt die Ermittlungsstrategie betrifft, diskutieren können.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Ist für Sie dieser Umfang der Ressourcen nunmehr ausreichend?
Mag. Michael Radasztics: Es ist natürlich in einem derartigen Großverfahren so, dass es gewisse Wellen gibt, dass es manchmal Spitzen gibt, wo durchaus der Bedarf bestünde, wo man kurzfristig zusätzliche Unterstützung benötigen würde. Andererseits ist das, wenn man auf bestimmte Dinge wartet, wieder nicht notwendig. Ich denke, dass die derzeitige Situation ausreichend ist, damit wir im Sinne der Strafprozessordnung verzögerungsfrei die jeweiligen Verfahren zu Ende führen können.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Ich danke vielmals für Ihre Antworten. – Danke, Herr Vorsitzender.
*****
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Danke, Herr Verfahrensrichter.
Im Sinne der Redeordnung darf ich Herrn Abgeordnetem Gerstl das Wort erteilen. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Staatsanwalt! Vielen Dank für Ihr Kommen heute. Wir haben gesehen, welch umfangreiche Arbeit Sie in dem Bereich schon geleistet haben. Vielen Dank dafür und dafür, wie konkret und genau Sie da schon gearbeitet haben.
Sie haben gesagt, dass Sie vorher lange Zeit nur alleine tätig waren. Sie sind jetzt mit der Kollegin Frau Mag. Frank für das Verfahren zuständig. Ich möchte mich heute auf die Anzeige des Bundesministeriums für Landesverteidigung, die am 16.2.2017 eingeleitet wurde, konzentrieren, in der ein Betrugsverdacht beziehungsweise ein schwerer Betrugsverdacht geäußert wurde. Könnten Sie zu diesen konkreten Vorwürfen des Verteidigungsressorts bitte einmal kurz Stellung nehmen?
Mag. Michael Radasztics: Die Anzeige enthält grundsätzlich zwei Betrugsvorwürfe. Der erste Vorwurf richtet sich dagegen, dass die Firma Airbus, damals EADS, zu Unrecht Kosten für Gegengeschäfte in Höhe von 183 Millionen Euro in den Kaufpreis eingepreist hätte, ohne das gegenüber den Vertragsverhandlern der Republik offenzulegen. – Das ist der eine Teil des Vorwurfs.
Der zweite Teil ist ebenfalls ein Betrugsvorwurf, der im Prinzip darauf abzielt, dass Airbus im Zuge der Vertragswerdung und dann auch im Zuge des Vergleichsabschlusses 2007 über die Lieferfähigkeit entsprechend dem Vertrag getäuscht hätte. Die Vermutungen in der Anzeige sind dahin gehend, dass tatsächlich keine hinreichende Lieferfähigkeit bestanden hätte und dass über diesen Umstand im Zuge der Vertragswerdung und der Vergleichsverhandlungen getäuscht wurde.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Vielen Dank dafür. – Haben Sie eine Idee, warum diese Sachverhaltsdarstellung erst im Februar 2017 eingebracht wurde?
Mag. Michael Radasztics: Darüber kann ich Ihnen leider gar nichts sagen, dazu habe ich keine Wahrnehmungen.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Vielen Dank. – Dann darf ich mich zuerst auf das Thema Lieferfähigkeit (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!) konzentrieren: Haben Sie konkrete Anhaltspunkte, dass Eurofighter zum bedungenen Zeitpunkt nicht lieferfähig gewesen wäre?
Mag. Michael Radasztics: Ohne hier allzu sehr ins Detail zu gehen ist es so, dass wir einerseits bestimmte Unterlagen gesichtet haben, die sich mittlerweile auch beim Akt befinden, die sich mit diesen Fragestellungen und dieser Thematik befassen. – Das ist sozusagen die eine Seite.
Die zweite Seite ist, dass wir einen Gutachter befasst haben, den letztlich das Landesgericht für Strafsachen Wien bestellt hat, diese Frage zu klären.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Versuchen wir, ein bisschen konkreter zu werden: Konnten die durch das Verteidigungsressort vorgebrachten Sachverhaltsmomente objektiviert werden?
Mag. Michael Radasztics: Wir sind, muss ich leider sagen, im Ermittlungsverfahren derzeit nicht so weit, dass ich das hier schon mit der entsprechenden Genauigkeit oder Ausführlichkeit beantworten könnte. Da muss ich leider darauf verweisen, dass wir mitten in den Ermittlungen stecken, und ich kann das derzeit nicht abschließend beurteilen.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Gut, dann konzentrieren wir uns einmal auf das Gutachten von Jürg Weber, das Sie jetzt schon angesprochen haben! Er soll ja ein ausgewiesener Experte sein. (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!) Können Sie uns sagen, welche speziellen Qualifikationen beziehungsweise Kenntnisse Herr Jürg Weber hat?
Mag. Michael Radasztics: Ich kann das vielleicht so weit beantworten: Wir haben im Zuge des Ermittlungsverfahrens überlegt, ob wir die Frage der Lieferfähigkeit alleine aus den uns zur Verfügung stehenden Unterlagen beurteilen können. Es hat sich durch die konkrete vertragliche Gestaltung mit der sogenannten Ersetzungsbefugnis – also der Möglichkeit für den Lieferanten, anstelle der eigentlich geschuldeten Flugzeuge der Tranche 2 solche der Tranche 1, aufgerüstet, zu liefern – gewissermaßen diese Frage für uns auch noch technisch erschwert. Uns fehlten in vielerlei Hinsicht die Voraussetzungen dafür, dass wir diese hochtechnischen Fragen klären konnten.
Wir haben uns dann dazu entschlossen, dass wir einen Sachverständigen mit diesen Fragen befassen wollen. Es war so, dass wir Überlegungen angestellt haben: Können wir da irgendeine Person in Österreich nehmen? Da haben sich bei uns Zweifel ergeben, ob eine ausreichende Distanz zum Heer überhaupt argumentierbar ist – wir sind doch ein eher kleines Land, und jeder, der in der militärischen Luftfahrt tätig ist, hat wohl eine gewisse Nahebeziehung zum Bundesheer; in Deutschland haben wir den Fall ähnlich gesehen, dass da möglicherweise doch ein Nahebezug zu EADS/Airbus/Eurofighter besteht –, sodass wir uns überlegt haben, ob wir da nicht vielleicht jemanden aus der neutralen Schweiz hinzuziehen könnten.
Nach Kontakt mit der Schweizer Luftwaffe ist Herr Weber empfohlen worden, mit dem wir in weiterer Folge dann ein Treffen in Zürich hatten, wo wir eben die Grundstrukturen des Falles dargestellt haben und letztlich sozusagen die Determinanten für die Beauftragung und für die Gutachtenserstellung mit ihm diskutiert haben.
Herr Weber ist einerseits aufgrund seiner Erfahrung sozusagen in der Schweizer Beschaffung in Beschaffungsvorgänge involviert gewesen, wo er langjährig tätig war, und hat schon aus diesem Grunde eine sehr hohe Expertise in Beschaffungs- und auch in Beurteilungsfragen von solchen auch technischen Kriterien. Das war der Grund, warum wir letztlich die Anordnung getroffen haben, ihn zu bestellen. Die ist, wie Sie dem Akt entnehmen können, insoweit nicht bekämpft worden, aber es ist von der Verteidigung der Antrag – der prozessual zulässige Antrag – gestellt worden, dass eine gerichtliche Bestellung erfolgt. Das Gericht hat nach Prüfung der Aktenlage letztlich Herrn Weber tatsächlich bestellt, sodass dann die Auftragserteilung formal letztlich durch das Landesgericht für Strafsachen erfolgt ist.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Das heißt, Sie haben die Qualifikationen und die Kenntnisse des Herrn Weber entsprechend überprüft (Auskunftsperson Radasztics: Ja!), und diese wurden auch nicht beeinsprucht (Auskunftsperson Radasztics: Ja!), und daher ist Herr Weber sicher ein ausgezeichneter Gutachter.
Mag. Michael Radasztics: Ich würde das einmal, von dem, was ich bislang weiß, bejahen.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Vielen Dank. Dann kommen wir zum Inhalt des Gutachtens: Herr Jürg Weber attestiert ja, dass die Eurofighter GmbH zum bedungenen Zeitpunkt fähig war (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!), die bedungene Ware zu liefern.
Welche Konsequenzen hat dieses Ergebnis des Sachverständigen nun in Ihrem Ermittlungsverfahren?
Mag. Michael Radasztics: Das hat vorläufig noch keine Konsequenzen, weil das Verfahren als solches noch nicht abgeschlossen ist. Es sind ja diverse Anträge auf Gutachtensergänzung gestellt worden, und ehe die nicht abgearbeitet sind, ist erstens das Gutachten als solches noch nicht fertig und können wir zweitens auch noch keine abschließende Beurteilung desselben vornehmen.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Dann versuche ich es von der anderen Seite auch: Es kamen im vergangenen Jahr in den Medien einzelne Berichte über EADS-interne Dokumente, wonach die Lieferfähigkeit nicht gegeben hätte sein können. Aus Ihrer Sicht: Waren das objektive Tatsachenfeststellungen von EADS oder interne Überprüfungen von Worst-Case-Szenarien?
Mag. Michael Radasztics: Das geht sehr tief in die Frage der Beweiswürdigung, und auch da muss ich leider darauf hinweisen, dass wir mit diesen Ermittlungen einfach noch nicht am Ende sind. Wir können derzeit noch nicht abschließend feststellen, welches Gewicht wir diesen Unterlagen beimessen sollen und können.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Vielen Dank. Die Finanzprokuratur hat am 14. September 2017 eine Nachtragssachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Ich möchte Ihnen dazu nun das Dokument mit der Nummer 60601, Ordnungsnummer 4, vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Dies behandelte die Einpreisung von 183,4 Millionen Euro. Es kommt schlussendlich zu dem Schluss, dass sich am Kaufpreis eigentlich nichts geändert hätte. Halten Sie die Strafjustiz für das geeignete Mittel, Meinungsverschiedenheiten in Fragen der Vertragsauslegung auszutragen?
Mag. Michael Radasztics: Ohne jetzt zu sehr spekulieren zu wollen – vielleicht darf ich das einmal ein bisschen ins Grundsätzliche ziehen –: Natürlich ist es das Recht von Vertragsparteien, gegebenenfalls, wenn der Verdacht von strafbaren Handlungen – das ist in den meisten Fällen in solchen Konstellationen ein Betrugsverdacht – besteht, damit die Strafverfolgungsbehörden zu befassen. Das ist ein grundsätzliches Recht, das jedermann hat, natürlich auch die Republik.
Es gibt durchaus Szenarien, in denen eine derartige Anzeigenerstattung vollständig zu Recht erfolgt, wo wir zu dem Ergebnis kommen, es ist da wohl mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit davon auszugehen, dass etwa ein Betrug stattgefunden hat, und dann klagen wir solche Sachverhalte grundsätzlich auch an.
Es gibt natürlich auch Fälle, in denen gewissermaßen versucht wird, sich über den Umweg der Strafjustiz eine irgendwie günstigere zivilrechtliche Position zu verschaffen. Im konkreten Fall will ich das aber nicht werten, weil wir mit den Ermittlungen noch nicht fertig sind. Wir haben, wie Sie wissen, Ermittlungen aufgenommen, also es ist nicht so, dass wir von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hätten, die uns etwa § 35c Staatsanwaltschaftsgesetz bietet, dass man ein Ermittlungsverfahren gar nicht erst eröffnet, sondern die Anzeige – unter Anführungszeichen – „zurücklegt“. Von dieser Möglichkeit haben wir nicht Gebrauch gemacht, wir nehmen diese Vorwürfe ernst, wir prüfen sie, nur, wie das am Ende des Tages ausgehen wird, das ist derzeit noch spekulativ.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Dann darf ich Ihnen nun das Dokument mit der Nummer 63515, Seite 235ff., Ordnungsnummer 5, einen Aktenvermerk von einer Besprechung am 9.11.2017, vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Darin wird seitens der Staatsanwaltschaft festgehalten, dass im Nachhinein nicht objektivierbar ist, dass bei Ausweisung der Gegengeschäftskosten eine andere Typenentscheidung getroffen worden wäre.
Des Weiteren hält die Staatsanwaltschaft fest, dass man hinsichtlich verschiedener Kampfflugzeugtypen den Wert nicht direkt miteinander vergleichen kann, vielmehr sei auf ein Gesamtpaket abzustellen. Können Sie uns diese Darstellung etwas näher erklären, bitte?
Mag. Michael Radasztics: Dieses Dokument gibt gewissermaßen den Ermittlungsstand zum Zeitpunkt November 2017 wieder. Es ist das Protokoll einer Niederschrift, die bei der Oberstaatsanwaltschaft Wien stattgefunden hat. Solche Besprechungen sind in Großverfahren üblich. Sie dienen im Wesentlichen und hauptsächlich der Information, der kurzfristigen Information der Oberbehörden, also der Oberstaatsanwaltschaft beziehungsweise der Vertreter des Justizministeriums, um über die laufenden Ermittlungshandlungen informiert zu werden.
Das ist der Hintergrund derartiger Dienstbesprechungen, und im Zuge dieser Dienstbesprechungen ist es auch üblich, dass die fallführenden Staatsanwälte eine Einschätzung über den derzeitigen Verfahrensstand abgeben. Das dient sozusagen nicht nur einer – wie soll man sagen? – - -, das ist nichts Abschließendes, sondern das ist die Wiedergabe des derzeitigen Ermittlungsstandes zu Informationszwecken.
Vor diesem Hintergrund ist dieses Papier zu sehen, das also – darauf möchte ich schon Wert legen – kein Vorhabensbericht ist, mit dem wir eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes vornehmen und ein entsprechendes Vorhaben vorschlagen, sondern eine Wiedergabe des Status quo aus unserer Sicht.
Mit anderen Worten, ich möchte nur darauf hinaus: Das ist keine abschließende Einschätzung. Es ist durchaus so, dass sich während laufender Ermittlungsverfahren die Einschätzungen der Staatsanwaltschaft durchaus auch noch ändern können. Das ergibt sich schon aus dem Objektivitätsgebot, nach dem Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft zu führen sind, dass dann möglicherweise weitere Beweisergebnisse auftreten, die es notwendig machen, eine Änderung der Beurteilung vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund ist dieses Papier zu sehen. Ich möchte nur darauf hinaus, dass diese Einschätzung keine abschließende ist, aber sie gibt zutreffend das wieder, was wir uns im November 2017 gedacht haben.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Vielen Dank. Sie haben jetzt mehrfach betont, das war der Stand 3.11.2017. (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!) Wir sind jetzt ein Jahr danach. Haben sich in dieser Zeit Änderungen zur Beurteilung vom 3.11.2017 ergeben?
Mag. Michael Radasztics: Wir haben seither eine Reihe von Privatgutachten vorgelegt bekommen, was etwa die Einpreisung der Gegengeschäftskosten betrifft, wir haben noch eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit der Lieferfähigkeit zu klären, insbesondere das Weber-Gutachten ist in Summe noch nicht abgeschlossen, sodass ich da leider wieder im Bereich einer spekulativen Einschätzung bin; das kann ich derzeit nicht mit Ja oder Nein beantworten.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Können Sie mir nun vielleicht schon die Frage beantworten, ob in irgendeiner Weise objektivierbar ist, dass die Republik Österreich eine andere Kaufentscheidung beziehungsweise Typenentscheidung getroffen hätte, wenn die Gegengeschäftskosten als eigener Punkt ausgewiesen worden wären?
Mag. Michael Radasztics: Das kann ich Ihnen nicht beantworten. (Abg. Gerstl: Noch nicht!) Letztlich müsste man das zunächst einmal die Entscheidungsträger selbst fragen, welche Entscheidungen sie getroffen hätten, hätten sie eine vollständige Informationslage gehabt.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Danke. – Dann darf ich zur Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium im Ermittlungsverfahren kommen. Wer war Ihr Ansprechpartner im Verteidigungsressort?
Mag. Michael Radasztics Im Grundsätzlichen ist das Herr Generalmajor Hamberger, der Leiter der Innenrevision und der Taskforce - - – nachdem es schon einige gegeben hat, weiß ich nicht, wie die aktuelle heißt, aber er war ja schon hier im Untersuchungsausschuss –, diese Person.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Welche Rolle spielte die Finanzprokuratur bezüglich der Herbeischaffung von ermittlungsrelevanten Akten?
Mag. Michael Radasztics Die Finanzprokuratur hat einerseits die Rolle der Privatbeteiligtenvertreterin im Strafverfahren, das heißt, sie hat sich mit einem Schadensbetrag dem Strafverfahren angeschlossen und vertritt gewissermaßen im Wege des Landesverteidigungsressorts die Interessen der Republik als Privatbeteiligte.
Sie hat gleichzeitig, das ist aus meiner Sicht eine gewisse zusätzliche Funktion, die sich aus dem Gesetz ergibt, eine beratende Funktion gegenüber dem Verteidigungsressort übernommen.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Wurden der Staatsanwaltschaft Akten hinsichtlich der Taskforce Eurofighter, deren Bericht für die Sachverhaltsdarstellung maßgeblich war, auch geliefert?
Mag. Michael Radasztics Wir haben im Zuge der Aktenbeischaffung zahlreiche Akten des Verteidigungsministeriums angefordert und, würde ich jetzt meinen, nach derzeitigem Stand vollumfänglich bekommen.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Dann darf ich Ihnen nun das Dokument mit der Nummer 60493, Ordnungsnummer 6, vorlegen. Da geht es um einen Aktenvermerk vom 16. Juni 2017. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
In diesem Aktenvermerk urgieren Sie mit einem Telefonat bei Generalmajor Hamberger die angeforderte Lieferung von ermittlungsrelevanten Akten (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!); im März 2017 bereits. Es gibt einen Aktenvermerk vom 23. Juni 2017, in dem die Frau Staatsanwältin, Ihre gemeinsame Kollegin Frau Mag. Frank, Generalmajor Hamberger nach wie vor ersucht, der Aktenlieferung nachzukommen.
Können Sie uns sagen, warum das Verteidigungsressort die Akten nicht geliefert hat oder welche Differenzen es da gab, bis Sie Ihre Akten bekommen haben?
Mag. Michael Radasztics: Ich kann natürlich über die Motive des Verteidigungsressorts hier keine Auskunft geben, weil ich in diese Entscheidungsprozesse dort nicht eingebunden war. Das, was mir im Zusammenhang mit dieser Unterlagenbeischaffung, die sich teilweise in manchen Verfahrensabschnitten ein wenig schwierig gestaltet hat, kommuniziert wurde, ist eine gewisse Überlastung, die sich aus der Aktenvorlage im Zusammenhang mit dem letzten Untersuchungsausschuss ergeben hat. Es hat, glaube ich, auch gewisse Missverständnisse gegeben, wie unsere Aktenanforderung, unser Amtshilfeersuchen, das dieser Kommunikation dann zugrunde lag, zu deuten ist.
Man hat das, glaube ich – das ist aber jetzt wirklich ein Glauben und kein Wissen –, aufseiten des Verteidigungsressorts viel breiter aufgefasst, als es gemeint war, hatte da vielleicht Probleme mit der Zusammenstellung. Das sind die Dinge, die mir kommuniziert wurden. Da hat es gewisse Irritationen gegeben, ich glaube, das leuchtet aus diesen Amtsvermerken durchaus hervor, ich würde aber sagen, dass wir diese Irritationen grundsätzlich ausräumen konnten.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Herr Vorsitzender! Herr Staatsanwalt Mag. Radasztics, guten Morgen auch von unserer Seite und vielen Dank für Ihr Kommen! Ende Sommer dieses Jahres wurde ja das Gutachten des Sachverständigen Dr. Konezny zu den Gegengeschäften fertig und vorgestellt. Es ist ein sehr umfangreiches Konvolut von knapp 1 000 Seiten, und es wurde ein Großteil der Gegengeschäfte des Eurofighter-Vertrags unter die Lupe genommen. (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!)
Dieses Gutachten betrifft ja auch mehrere Strafverfahren, denke ich. Können Sie uns einleitend kurz schildern, warum es zur Beauftragung von Herrn Dr. Konezny gekommen ist und wer ihn als Sachverständigen auserwählt hat?
Mag. Michael Radasztics: Ja. Sie müssen sich gewissermaßen in den Beginn der Ermittlungen 2011 zurückversetzen. Wir hatten 2011 die Situation, dass wir in Italien durch die Festnahme des Herrn Lande an Informationen gelangt sind, die gezeigt haben, dass es Zahlungen über ein Netzwerk, das wir dann im Nachhinein als Vektor-Netzwerk bezeichnet haben, gegeben hat. Es war für uns zum damaligen Zeitpunkt völlig unnachvollziehbar, warum da auf einmal ein derartiges Unternehmen auftritt und warum wir über ein derartiges Netzwerk Zahlungen feststellen können. Es sind bei Herrn Lande in Italien Hausdurchsuchungen durchgeführt worden, und die haben gewisse Listen zutage gefördert, aus denen sich ergab, dass es da offenbar Provisionäre gegeben hat, die aus diesem Netzwerk heraus Zahlungen erhalten haben.
Dann war für uns die grundsätzliche Fragestellung: Wenn jemand eine Provision für ein Gegengeschäft bekommt, dann muss es eine Vermittlungsleistung gegeben haben. – Das war der eine Ansatzpunkt. Der zweite Ansatzpunkt war der, dass wir uns gefragt haben: Hat es sich bei diesen Gegengeschäften grosso modo um Luftgeschäfte gehandelt? Sind bei den Gegengeschäften selbst, also bei der Einreichung dieser Gegengeschäfte, möglicherweise irgendwelche betrügerischen Handlungen passiert? Sind Gegengeschäfte als solche beim Wirtschaftsministerium eingemeldet worden, die die Kriterien des Gegengeschäftsvertrages gar nicht erfüllen?
Vor diesem Hintergrund haben wir uns entschlossen, einen Sachverständigen, einen Buchsachverständigen zu beauftragen, der gewisse sozusagen Qualifikationen mitbringen musste. Diese Qualifikationen waren einerseits, dass es sich natürlich klarerweise um einen Betriebswirt handeln musste.
Dr. Konezny, den ich letztlich bestellt habe, hatte den zusätzlichen Vorteil, dass er ausgebildeter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater ist, dass er aber gleichzeitig auch noch Jurist ist und, wie ich wusste, dass er auch einen technischen Hintergrund hat, weil er auf der HTL, soweit ich weiß, Maschinenbau gelernt hat. Das heißt, das war für mich ein Mann, der einerseits den technischen Hintergrund hatte, andererseits aber auch die technische Expertise, um diese aufgeworfenen Fragen letztlich beurteilen zu können.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Das heißt, Sie als Leitender Staatsanwalt haben ihn zum Sachverständigen bestellt?
Mag. Michael Radasztics: So wie es das Gesetz vorsieht, ja.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Vielen Dank. – Dr. Konezny hatte in seinem Gutachten festgestellt, dass die Höhe des Anrechnungsbetrags in vielen Fällen nicht plausibilisiert werden konnte. Gerne legen wir Ihnen dazu auch diese zwei Seiten des Gutachtens, besser gesagt des dritten Teils des Gutachtens, vor, damit Sie auch leichter folgen können. Es ist dies das Dokument mit der Nummer 64174 und daraus die Seiten 74 und 75. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Unten auf der Seite führt Dr. Konezny für diese Feststellung zwei Gründe an. Zum einen stimmen die Zahlen zwischen dem Betrag, der vom Ministerium angerechnet wurde, und dem, der auf den Urkunden steht, nicht überein. – Kurze Zwischenfrage dazu: Könnte da ein Betrugsfall vorliegen?
Mag. Michael Radasztics: Grundsätzlich ja.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Zum Zweiten wurde ja in vielen Fällen die Höhe des Anrechnungsbetrags durch den Gesamtumsatz bestimmt, obwohl der überwiegende Teil der Leistung im Ausland erbracht wurde. Dazu darf ich Sie nun auf die zweite Seite des vorgelegten Dokuments verweisen, auf der dann die weitere Erklärung von Konezny folgt.
Darf ich Sie bitten, Herr Staatsanwalt, wären Sie so freundlich, uns, dem Ausschuss, die gelb markierte Passage vorzulesen?
Mag. Michael Radasztics: Ich weiß nicht, ob nicht grundsätzlich - - Ich kenne es jetzt nur aus der strafprozessualen Sicht. Üblicherweise halte ich in Ermittlungsverfahren den Text selber vor. Ich weiß nicht, wie die Verfahrensordnung das vorsieht.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Gut, kein Problem; ich verlese das gerne selbst.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Da hat der Herr Staatsanwalt sicher recht. Ich weiß den Grund, warum Sie es gerne hätten, wenn andere vorlesen, aber es ist nicht vorgesehen.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Gut, Herr Verfahrensrichter, wenn Sie den Grund wissen, ist es umso besser.
Ich verlese gerne die markierte Stelle, an der es in dem Gutachten heißt: „Aus wirtschaftskundiger Sicht werden mit dieser Methode der Anrechnung in zahlreichen Fällen im Ausland erbrachte Leistungen und nicht im Inland von österreichischen Unternehmen ausgeführte Leistungen zur Anrechnung auf das zu erbringende Kompensationsvolumen herangezogen.“
Das heißt, dass die Wertschöpfung des angerechneten Betrags nicht in Österreich erbracht wurde, und daraus könnte man ja folgern, dass die Bedingungen für die Anrechnung von Gegengeschäften nicht erfüllt waren und Österreich geschädigt wurde. – Sehen Sie das auch so, Herr Staatsanwalt?
Mag. Michael Radasztics: Das sehe ich im Grundsätzlichen auch so. Ich würde da nur eines zu bedenken geben: Wir sind da, was jetzt meine Position betrifft, im Bereich eines bei der Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungsverfahrens. Wir prüfen einen Betrugsvorwurf. Der Betrug hat gewissermaßen – so wie die meisten anderen strafrechtlichen Delikte – zwei Komponenten, nämlich einerseits die sogenannte objektive Tatebene, wo gewissermaßen zu beurteilen ist: Sind die im Tatbestand objektiv wiedergegebenen Merkmale erfüllt? – Täuschung über Tatsachen bei Betrug beispielsweise –, und wir haben zusätzlich das sogenannte subjektive Tatbild zu beurteilen. Das betrifft die Frage des Vorsatzes.
Man muss da sehr scharf trennen. Hier ist aus objektiver Sicht eine grundsätzliche Verdachtslage dahin gehend gegeben, dass Gegengeschäfte in ja auch durchaus sehr großem Umfang zur Anrechnung gebracht wurden, ohne dass die Kriterien des Gegengeschäftsvertrags vollumfänglich erfüllt waren, die somit – folgt man dem Sachverständigen und seiner detaillierten Begründung – nicht anzurechnen gewesen wären.
Ob das jetzt im Ergebnis auch einen Betrug darstellt, ob wir den handelnden Personen, die ja sehr viele sind, einen entsprechenden Täuschungsvorsatz auch nachweisen können, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Ob wir das letztlich, am Ende des Tages können – da muss ich auf die noch laufenden Ermittlungen hinweisen, die noch nicht abgeschlossen sind.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Das ist verständlich, Herr Staatsanwalt; jedoch kann man zusammenfassend auch nicht ausschließen, dass der Vertrag gebrochen wurde und die Republik geschädigt wurde. Ist das nicht auszuschließen?
Mag. Michael Radasztics: Das kann man nicht ausschließen, nein.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Anschließend an diese Thematik möchte ich Sie als themenkundigen Experten und Juristen fragen: Wer kann hierfür verantwortlich gemacht werden? Ist das der Vertragspartner Eurofighter oder sind das diese unzähligen Subbroker, diese Subsubsubhändler, die eingeschaltet wurden? Oder ist es das Wirtschaftsministerium unter dem damaligen Wirtschaftsminister Bartenstein – oder, oder, oder?
Mag. Michael Radasztics: Es sind da mehrere Konstellationen denkbar. Wir betrachten das natürlich aus einer rein strafrechtlichen Sicht, und die strafrechtliche Sicht ist dergestalt, dass wir einmal grundsätzlich, wenn wir jetzt bei einem Betrugsszenario sind, eine Person haben, die diese Gegengeschäfte einreicht, möglicherweise in dem Wissen, dass da Anrechnungsbeträge enthalten sind, die etwa viel zu hoch sind, oder ein Gegengeschäft eingereicht wird, das als solches die Kriterien gar nicht erfüllt. Das wäre aus einer strafrechtlichen Denkweise der unmittelbare Täter des Betrugs.
Es ist da natürlich denkbar, dass es da zusätzliche Beitragstäter gibt, dass es jemanden gibt, der aus welchen Motiven und aus welcher Position heraus auch immer angestiftet hat, oder sonstige Personen, die irgendwelche Beitragshandlungen gesetzt hätten. Das ist gewissermaßen der strafrechtliche Zugang, den wir haben und den wir prüfen müssen.
Wenn Sie jetzt eine Verantwortung, eine mögliche Verantwortung des Wirtschaftsministeriums ansprechen: Da ist es so, dass die nicht Teil eines Betrugsszenarios sein können, weil die als Vertreter der Republik ja das Opfer sind – also die würden ja getäuscht.
Wenn man jetzt annimmt, dass es da irgendeine Form von kollusivem Zusammenwirken gibt – und dafür, muss ich aber auch gleich dazusagen, habe ich eigentlich aus derzeitiger Sicht keinen Anhaltspunkt, aber wenn man sich solche Szenarien überlegt –, dann wäre man bei strafrechtlicher Betrachtung des Sachverhalts eher bei Untreue, weil dann die schädigende Handlung auf Ebene des Ministeriums zu suchen wäre – das alles bitte im Konjunktiv und hypothetisch gesprochen.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Natürlich. – Gut, ein weiteres wichtiges Ergebnis aus dem Gutachten, in dem auch Ihnen vorliegenden Dokument, ist jenes, bei dem Herr Konezny festhält, dass in den überwiegenden Vermittlungsfällen nicht festgestellt werden konnte, welche Leistungen erbracht wurden, die dann auch den Anforderungen einer Vermittlung genügen würden. (Die Auskunftsperson nickt.)
Gerade dies ist ja eine entscheidende Frage, die wir hier im Ausschuss schon unzählige Male gestellt und bisher nie wirklich beantwortet bekommen haben: Wie wirkt sich diese Erkenntnis und das Gutachten insgesamt auf die derzeit laufenden Verfahren aus?
Mag. Michael Radasztics: Da tue ich mir - - Ich fürchte, ich muss mich da in die von Ihnen genannte Liste von Personen einreihen, die es nicht vollständig aufklären können. Wir sind da mitten in den Ermittlungen. Wir haben das Gutachten durchgearbeitet und stehen in gewisser Weise da noch am Anfang und vergleichen das derzeit im Zuge der Ermittlungsarbeit mit den uns vorliegenden sonstigen Urkunden, was die sogenannten Vermittler oder angeblichen Vermittler betrifft. Nur da sind wir wirklich noch nicht fertig und das wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Nehmen wir zum Beispiel das Verfahren Faktum Dr. Werner, wo fast 8 Millionen Euro von EADS an eine Firma namens City Chambers bezahlt wurden, offenbar ohne nachweisbare Vermittlungsleistung. (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!) Im ergänzenden Rechtshilfeersuchen wurde oder wird festgehalten, dass eben der Verdacht besteht, dass mittels eines Scheinvertrags Gelder aus dem Unternehmen EADS geschleust und dann für korrupte Zwecke beziehungsweise sogar Geldwäscherei verwendet wurden. (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!)
Unter den Ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten jetzt hier als Auskunftsperson: Können Sie uns zu diesem Verfahren und dazu, welche weiteren Ermittlungsschritte da geplant sind, etwas sagen?
Mag. Michael Radasztics: Wir haben es hier mit einem Verfahren zu tun, das man außerhalb des Konnexes der Gegengeschäfte und des Gegengeschäftsvertrags sehen muss. Also dieses Faktum betrifft eine eigene vertragliche Gestaltung mit der von Ihnen erwähnten Firma City Chambers. Wir sind da noch immer in den laufenden Ermittlungen, wir warten teilweise auf Rechtshilfeergebnisse.
Dass die Umstände dieser Vertragswerdung auf objektiver Ebene Fragen aufwerfen, glaube ich, ist anhand des Akteninhalts leicht nachvollziehbar, aber auch da muss ich Sie um Verständnis bitten, dass ich Ihnen nicht sagen kann, wie die Sache ausgehen wird. Wir sind noch nicht fertig.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Natürlich. – Wir haben bereits oder der Herr Verfahrensrichter hat bereits Fragen zur Münchner Staatsanwaltschaft gestellt. Es geht um den Beschuldigten Herbert Werner, der gegenüber der Staatsanwaltschaft Wien ja die Aussage verweigert hat, mit dem Verweis, dass in München parallel ebenfalls Ermittlungen gegen ihn geführt werden (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!), und in München hat er sich ebenfalls entschlagen und keine Angaben zur Sache gemacht. Hat sich der Beschuldigte Herbert Werner mittlerweile kooperativ gezeigt?
Mag. Michael Radasztics: Was das deutsche Verfahren betrifft, kann ich das nicht mit Sicherheit beantworten. Das glaube ich nicht, dass es dort eine inhaltliche Äußerung von ihm gegeben hat, aber das ist jetzt wieder eher ein Glauben als ein Wissen. Vor der Staatsanwaltschaft Wien hat er eine Aussage getätigt, in der wir allerdings wieder das Spezialitätsproblem haben, wo Unterlagen aus ausländischer Rechtshilfe enthalten sind, wo nicht auf die Spezialität verzichtet wurde – aber ja, es gibt eine inhaltliche Aussage von ihm.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Wie verläuft generell die Zusammenarbeit mit der Münchner Staatsanwaltschaft in diesem Fall, abgesehen von dem fehlenden Bußgeldbescheid, den Sie eingangs erwähnt hatten?
Mag. Michael Radasztics: Ja, das ist eine gemeinsame Ermittlungsgruppe, die da gebildet wurde. Ich glaube, dass das generell betrachtet ein sehr gutes Institut ist, auf dem Gebiet der internationalen Strafverfolgung und der Zusammenarbeit – europaweit – zwischen Staatsanwaltschaften. Das funktioniert in der Praxis schon grundsätzlich sehr gut, ist von der Struktur her schon grundsätzlich eine sehr gute Einrichtung, und im konkreten Fall funktioniert das auch vollständig klaglos. Das heißt, die wechselseitigen Einvernahmen sind völlig unproblematisch koordiniert worden. Das ist grundsätzlich im besten Einvernehmen kollegial abgelaufen, ohne dass es da irgendwelche gröberen Reibereien gegeben hätte.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Es hat ja bereits im Februar dieses Jahres geheißen, dass weitere Ermittlungsschritte von den Erledigungen in München abhängig sind, und weitere Schritte aus München waren damals für die nächsten Wochen angekündigt. (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!) Ich nehme diese Information aus einem Bericht vom 9. Februar 2018. Jetzt ist die Frage, ob diese angekündigten Ermittlungsschritte mittlerweile erfolgt sind.
Mag. Michael Radasztics: Mein letzter Verfahrensstand ist, dass sie bis Ende des Jahres – aber Sie wissen, das ist bald – von der Staatsanwaltschaft München I gesetzt werden sollen und wollen. Es hat verfahrenstechnische Probleme in Bezug auf die Akteneinsicht gegeben, soweit ich informiert bin, aber es sollte jetzt geklärt sein. Mein letzter Informationsstand – ich kann in dem Umfang in gewisser Weise auch immer nur nachfragen – ist der, dass mit einer relativ baldigen Erledigung der Vorwürfe in München zu rechnen ist.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Haben Sie vielleicht eine Erklärung oder wissen Sie einen Grund für diese Verzögerung?
Mag. Michael Radasztics: Das von mir eben genannte Momentum einer Problematik bei der Akteneinsicht, das ist - - Offenbar hat es noch Beschränkungen in der Akteneinsicht gegeben, die dann aufgehoben werden mussten, dann wurde in einem nochmaligen Schritt Akteneinsicht gewährt. Das alles hat mit dem verfahrensrechtlichen Grundsatz und Recht zu tun, dass der Beschuldigte a) vollumfängliches Akteneinsichtsrecht hat und b) auch das Recht hat, sich zu allen Vorwürfen, die gegen ihn anhängig sind, zu äußern.
Vor diesem Hintergrund ist es zu sehen, dass es da irgendeine verfahrenstechnische Problematik gegeben hat. Es hat auch einen Wechsel im Zuständigkeitsbereich der handelnden Staatsanwälte in München gegeben. Ich nehme an, dass das der Hintergrund ist, aber es ist ein bisschen spekulativ. Mehr kann ich dazu eigentlich nicht sagen.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Sie haben vorhin auch bereits diese Einigung, diesen Vergleich zwischen Airbus und der Staatsanwaltschaft München erwähnt. (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!) Ich glaube, es waren 81,5 Millionen Euro – die Zahl, die wir vorher nicht genau wussten. (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!) Hatte diese Einigung positive oder auch negative Auswirkungen auf die österreichischen Ermittlungen?
Mag. Michael Radasztics: Nein; wenn man die Struktur dieses deutschen Ordnungswidrigkeitsverfahrens versteht, letztlich nicht. Es wurde dem Konzern Fahrlässigkeit zur Last gelegt, und ein fahrlässiges Handeln kann nach unserer Systematik keine sogenannte geldwäschereitaugliche Vortat begründen.
Ich möchte jetzt nicht zu sehr in die Tiefen des materiellen Strafrechts steigen, aber es ist so: Wenn Sie einen Geldwäschereivorwurf haben, brauchen Sie ähnlich wie bei der Hehlerei eine sogenannte Vortat. Aus dieser Vortat heraus müssen sich dann gewisse Zahlungsflüsse ergeben haben. Nach der österreichischen Systematik im § 165 StGB, wo die Geldwäscherei geregelt ist, können solche Vortaten aber nur Vorsatztaten sein. Dadurch, dass im Bußgeldbescheid aber ein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen und auch zugestanden wurde, kann das für uns aus rechtlichen Gründen keinen tauglichen Grund für eine Vortat bilden, und insoweit hängen wir, was den Geldwäschereivorwurf betrifft, von den anderen Verfahrensergebnissen ab.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Laufen da derzeit noch andere Verfahren in Deutschland, die unsere Eurofighter-Thematik betreffen?
Mag. Michael Radasztics: Ich wüsste von keinem weiteren.
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist vorbei. Zu Wort gelangt Herr Dr. Bösch. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Staatsanwalt, können Sie uns die Namen der Personen nennen, gegen die Sie Erhebungen durchführen?
Mag. Michael Radasztics: Grundsätzlich liegt Ihnen der Akt vor. Ich weiß nicht, ob das vor dem Hintergrund der bestehenden Medienöffentlichkeit ein Problem darstellt, wenn wir hier die einzelnen Namen erörtern. Da würde ich gerne Ihren Rat hören, Herr Verfahrensrichter.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Dem Herrn Staatsanwalt ist zuzustimmen, wir haben die Akten. Wenn der Herr Staatsanwalt das als Problem sieht, diese Namen in die Öffentlichkeit zu tragen, dann würde ich doch bitten, das, wenn es möglich ist, zu respektieren und vielleicht die Fragen auf konkrete Personen einzuschränken. Das heißt, wenn Sie den Namen nennen, wird der Herr Staatsanwalt möglicherweise etwas dazu sagen können.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Darf ich Sie fragen, ob es ein Verfahren gegen den ehemaligen Minister Norbert Darabos gibt?
Mag. Michael Radasztics: Das gibt es, ja.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Welcher Vorwurf wird dort erhoben, wenn ich Sie fragen darf?
Mag. Michael Radasztics: Da wird der Vorwurf der Untreue nach § 153 StGB im Zusammenhang mit dem Vergleichsabschluss 2007 erhoben.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Ich danke Ihnen sehr.
Zu der Anzeige der Republik gegen die Firma EADS/Airbus/Eurofighter hat Sie Kollege Gerstl schon gefragt. Darf ich versuchen, zusammenzufassen, was Sie gesagt haben?
Dieses Gutachten des Jürg Weber, das im Wesentlichen zum Schluss kommt, dass die Lieferfähigkeit gegeben war, ist für die Staatsanwaltschaft Wien ein sehr wichtiger Standpunkt im Rahmen der Erhebungen. Sie sind aber noch nicht im Bilde in Bezug auf dieses Ersetzungsgebot und die Ersetzungsmöglichkeit, die technische Machbarkeit, die Tranche 1 durch die Tranche 2 zu ersetzen oder die Tranche 1 auf Tranche 2 aufzurüsten, und das wird von Ihnen jetzt gutachterlich bearbeitet. – Ist das richtig, was ich sage? Wenn nicht, korrigieren Sie mich bitte!
Mag. Michael Radasztics: Das ist so nicht so ganz richtig. Das Gutachten Weber ist – und das ist der wesentliche Punkt, den ich hier gerne transportieren würde – von seinem gesamten Gestehungsprozess her noch nicht fertiggestellt. Es ist daher derzeit natürlich interessant, wie das der Gutachter sozusagen in einem Zwischenschritt einmal beurteilt hat, aber es ist noch nicht so, dass wir darauf jetzt weitere Ermittlungshandlungen gründen würden oder könnten, weil es eben de facto und de jure noch nicht abgeschlossen ist. Dieser Punkt, was die Lieferfähigkeit betrifft, ist daher nach wie vor eine Frage, die einer gutachterlichen Klärung bedarf, und diese gutachterliche Klärung ist derzeit noch nicht abgeschlossen.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Ich danke Ihnen sehr. – Der ganze Komplex Gegengeschäfte ist von meinen Kollegen schon angeschnitten worden. Ich darf Ihnen das Dokument 63511 vorlegen – das ist ein Dokument, das Sie uns übermittelt haben – und Ihnen dazu einige Fragen stellen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Die von mir im Wesentlichen zitierten Passagen sind im Dokument angezeichnet. Wenn Sie erlauben, gehe ich jetzt darauf ein. (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!)
„Alfred PLATTNER und Dr. Walter SCHÖN“ – also Namen, die nicht nur Sie, sondern auch uns beschäftigen – „haben auf Grund der konstruierten Vertragsverhältnisse, denen kein tatsächlicher Leistungsaustausch zugrunde liegt, erhebliche Beträge lukriert“. – Können Sie ausführen, aufgrund welcher Sachlage Sie zu dieser Einschätzung gelangt sind und welche Fortschritte Sie im Rahmen der Untermauerung dieses Vorwurfes erzielt haben?
Mag. Michael Radasztics: Im Grundsätzlichen darf ich zunächst einmal darauf hinweisen, dass es sich hier um ein Dokument handelt, das mir hier nur auszugsweise vorgelegt wurde. Das ist ein Auszug aus einer Durchsuchungsanordnung, die im Verfahren sehr früh angeordnet wurde. Die Anordnung fußte auf der damaligen, 2011 vorliegenden grundsätzlichen Verdachtslage im Zusammenhang mit der Festnahme von Lande in Italien, die ich vorher schon zitiert habe. Sie stellt sozusagen die damalige Verdachtslage dar. Ich würde meinen, dass das eine sehr frühe Einschätzung der Verdachtslage war. Diese Verdachtslage war der Grund, warum wir dann damit begonnen haben, insbesondere im Wege von Rechtshilfemaßnahmen, die Zahlungsflüsse aufzuklären, mit anderen Worten, das Vector-Netzwerk so aufzudröseln, dass letztlich feststellbar und herleitbar ist, wer letztendlich die Zahlungsempfänger dieser Zahlungen, die an Vector geleistet wurden, waren. Aus diesen Ermittlungen hat sich durchaus ergeben, dass einigen Beschuldigten im Wege von internationalen Unternehmenskonstruktionen bestimmte Beträge zugekommen sind. Das haben die Ermittlungen bislang durchaus ergeben.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Auf Seite 32 dieses Auszugs, den ich Ihnen vorgelegt habe, wird der Verdacht formuliert, „dass EADS versucht hat, über die gegenständliche Konstruktion Schmiergeldzahlungen an Unternehmen bzw. Beamte zu leisten“. Wenn ich Sie in Ihren bisherigen Ausführungen richtig verstanden habe, haben Sie nach heutigem Stand der Dinge ausgeschlossen, Geldflüsse zu Beamten oder zu Politikern festgestellt zu haben.
Mag. Michael Radasztics: Ich glaube, dass es unvernünftig ist, etwas im gegenständlichen Verfahren, das eben noch nicht abgeschlossen ist, jetzt schon pauschal auszuschließen. Ich würde das nicht grundsätzlich ausschließen. Der Ermittlungsstand ist aber – und das habe ich vorher gesagt – schon der, dass ich derzeit nicht sagen könnte, ob und bejahendenfalls welche Entscheidungsträger Zahlungen erhalten hätten.
Dass dieses Netzwerk insgesamt ein aufklärungswertes und dubioses ist, glaube ich, kann man auf jeden Fall sagen. Unsere Bemühungen sind ja auch dahin gehend gewesen, dass wir diese Zahlungen letztlich auch nachvollziehen können. Abschließend kann ich es noch nicht werten, nach dem derzeitigen Ermittlungsstand kann ich Ihnen aber keinen Entscheidungsträger nennen, der daraus bevorzugt worden wäre.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Ich danke Ihnen sehr. – Darf ich Sie in derselben Quelle auf die Seite 185 führen und dort den Sachverhalt der Einpreisung der Gegengeschäftskosten mit Ihnen besprechen? Hier wird in einem Bericht aus dem Jahr 2013 festgestellt, dass, falls die Einpreisung der Gegengeschäftskosten in den Kaufpreis tatsächlich stattgefunden habe, dies keinen Straftatbestand einer Täuschungshandlung erfüllt. „Schon aufgrund der allgemeinen [...] Lebenserfahrung wird man davon auszugehen haben, dass Vertragspartner diverse [...] Risiken in die Preisbildung im Wege der Kostenrechnung einfließen lassen“. „Auf Ebene der äußeren Tatseite ist zu beachten, dass ein verkehrsadäquates Verhalten mit Täuschungseignung nicht tatbestandsmäßig ist.“ – Und so weiter. Hat sich an Ihrer Einschätzung in Bezug auf diesen Sachverhalt seit dieser Zeit etwas geändert?
Mag. Michael Radasztics: Herr Abgeordneter, das ist eine durchaus komplexe Frage, wo ich wieder ein bisschen ins Rechtliche hineingehen muss. Ich habe in diesem Bericht, den Sie mir hier auszugsweise vorgelesen haben, die damalige Einschätzung basierend auf der damaligen Ermittlungslage wiedergegeben. Da war es so, dass es Behauptungen gegeben hat, dass diese Einpreisung von Gegengeschäftskosten erfolgt wäre. Basierend auf diesen Verfahrensergebnissen - -, die sind jetzt hier in dem mir vorgelegten Dokument nicht zur Gänze enthalten, weil hier der Bericht an die Oberstaatsanwaltschaft mit Seite 1 beginnt und dann mit Seite 4 fortgesetzt wird, davor sind in diesem Bericht die Verfahrensergebnisse festgehalten worden, die mir zum damaligen Zeitpunkt vorlagen.
Die rechtliche Einschätzung damals war, basierend auf den damaligen Ermittlungsergebnissen, dass, wenn sonst keine Umstände hinzutreten, das bloße Einpreisen von Nebenkosten als solches ein grundsätzlich verkehrsadäquates Verhalten darstellt, das als solches strafrechtlich nicht zu pönalisieren ist. Im Wesentlichen, wenn man es überspitzt sagt, ist gewissermaßen jeglicher Kaufvertrag betrugsnahe, weil natürlich immer eine Seite mehr Informationen als die andere hat und einfach aus betriebswirtschaftlicher Sicht in eine Preisbildung sehr häufig Kostenbestandteile einfließen, die dem Vertragspartner nicht vorgelegt werden und auch nicht vorgelegt werden müssen. Das muss man auch dazusagen. Das war der damalige Stand zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichtes, der, glaube ich – das haben Sie gesagt –, aus dem Jahr 2013 ist. (Abg. Bösch: Ja!)
In weiterer Folge hat sich allerdings durch die Sachverhaltsdarstellung des Verteidigungsressorts eine zusätzliche Sachverhaltsebene dahin gehend ergeben, dass dargetan wurde, dass zumindest am Anfang des Beschaffungsprozesses eine vertragliche Bestimmung vorhanden war beziehungsweise eine Zusicherung verlangt wurde, dass derartige Kosten nicht eingepreist werden. Wenn man jetzt dieses Element zusätzlich hat, dann ist auch die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhaltes eine andere, denn wenn ein Vertragspartner dem anderen effektiv zusichert, dass die verkaufte Sache bestimmte Eigenschaften hat, dann kann das strafrechtlich relevant sein. Insoweit hat sich die rechtliche Beurteilung verschoben, einfach weil sich die Sachverhaltsgrundlage verbreitert hat. Auch aus diesem Grund kann ich jetzt hier nicht feststellen: Ja, es wird zu einer Anklageerhebung kommen!, oder: Nein, es wird zu keiner Anklageerhebung kommen!, weil wir eben mit dieser Gesamtwürdigung noch nicht fertig sind.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Ich danke Ihnen sehr. Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang noch das Dokument 40014 vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist ein Mail von Ihnen an Hamberger und Peschorn, wo Sie auf die Verjährung – 30.6.2013 – dieses Sachverhaltes hinweisen. In welcher Form hat sich diese Verjährung bemerkbar gemacht? Konnte sie abgewendet werden? Oder wie ging das weiter?
Mag. Michael Radasztics: Da muss ich kurz nachdenken, damit ich hier jetzt keinen Unsinn erzähle. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, bin ich im Jahr 2013 davon ausgegangen, dass die Einpreisung der Gegengeschäfte zu einem Zeitpunkt stattgefunden haben muss, als die eigentlichen Lieferverträge abgeschlossen wurden, das war im Jahr 2003. Wenn wir die zehnjährige Verjährungsfrist, die das Strafgesetzbuch für schweren Betrug vorsieht, heranziehen, dann war gewissermaßen die Gefahr, dass das 2013 verjähren könnte.
Durch das Vorbringen in der Sachverhaltsdarstellung der Finanzprokuratur hat sich, zumindest was den Sachverhaltsvortrag und die Grundlagen für die rechtliche Beurteilung betrifft, das Argument aufgetan, dass diese Täuschung bis ins Jahr 2007 in die Vergleichsverhandlungen hinein perpetuiert wurde, sodass, wenn man den Verjährungsbeginn mit 2007 annimmt, sprich spätestens mit Abschluss des Vergleiches unter Bundesminister Darabos, dann erst die zehnjährige Verjährungsfrist zu laufen begann, sodass durch die dann von uns eingeleiteten Maßnahmen nach Einlangen der Sachverhaltsdarstellung die Verjährung unterbrochen werden konnte.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Ich danke Ihnen sehr. Darf ich Ihnen das Dokument 65656 vorlegen? (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist ein Mail von Ihnen vom diesjährigen September. Sie halten gegenüber Christian Pilnacek, dem Generalsekretär im Justizministerium, fest, dass Hambergers „Lebenswerk“ – ich zitiere Sie – „die Sachverhaltsdarstellung ist“ und er diese gefährdet sieht. Darüber hinaus erachten Sie eine Vorgangsweise von Peschorn und Hamberger als „Frechheit“. Können Sie uns erläutern, welche Sachverhaltsdarstellung Sie hier meinen und wie Sie auf diese Einschätzung gekommen sind?
Mag. Michael Radasztics: Ja, ich würde das vom Grundsätzlichen her nicht allzu wörtlich nehmen, weil es hier ein bisschen um eine Stimmungsgeschichte geht. Ich weiß nicht, ob dem Untersuchungsausschuss aufgrund der Stichtagsfrage dieses Schreiben überhaupt vorliegt. Es gab ein Schreiben, dass das Verteidigungsressort direkt an meine Oberbehörden gerichtet hat, nämlich an den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, in cc an den Herrn Generalsekretär. In diesem Schreiben wurde sozusagen die Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft kritisiert. Da wurde Bezug genommen auf den mir heute schon vorgelegten Bericht aus November 2017 gegenüber den Oberbehörden, den wir abgegeben haben. Da wurde darauf Bezug genommen und letztlich ersucht, dass sozusagen im Wege der Weisung die Staatsanwaltschaft gewissermaßen wieder eingebremst – das ist jetzt meine eigene Wortwahl – werden möge.
Ich habe diese Vorgehensweise für doch etwas unangebracht gehalten, weil ich der Auffassung bin, wenn man in einem Verfahren direkt zusammenarbeitet, dass man solche Dinge dann nicht an die Dienstbehörden heranträgt, sondern dass man diese untereinander diskutiert, weil ich dem Herrn Hamberger das durchaus hätte darstellen können, wie ich zu gewissen Einschätzungen gekommen bin. Mich hat dieses Schreiben sozusagen insoweit überrascht, als mir das übermittelt wurde, und es gab dann eben gewisse Spekulationen, was der Vater des Gedankens dieses Schreibens letztlich sein konnte.
Der Herr Leitende Oberstaatsanwalt hat dieses Schreiben, von dem ich hier spreche, mittlerweile beantwortet, und zwar dergestalt beantwortet, dass er mitgeteilt hat, dass er es an die zuständige Staatsanwaltschaft Wien zur Kenntnis weitergeleitet hat. Ich betrachte an sich diese Thematik als abgeschlossen. Das ist halt nun einmal ein Verfahren, bei dem teilweise gewisse Gegenpositionen aufeinanderprallen und es einfach auch um etwas geht. So gesehen, verstehe ich das auch. Vor diesem Hintergrund würde ich Sie bitten, das zu beurteilen.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Staatsanwalt, ich möchte bei den Fragen meines Vorredner einhaken. Sie haben jetzt zum Abschluss gesagt, es gab Spekulation, was der Vater des Gedankens war. Können Sie noch ein bisschen mehr dazu sagen, was Ihre Annahme war, warum, mit welcher Motivation dieses Schreiben abgesendet worden ist?
Mag. Michael Radasztics: Ich kann sozusagen nur das Schreiben selbst interpretieren. Was die tatsächlichen Beweggründe waren, weiß ich natürlich nicht. Es geht aus dem Schreiben hervor, dass Herr Generalmajor Hamberger hier im Untersuchungsausschuss mit dieser Ansicht der Staatsanwaltschaft Wien konfrontiert wurde, die gewisse Zweifel am Vorbringen geäußert hat und in der rechtlichen Würdigung nicht ganz mit der Prokuratur übereingestimmt hat. Da dürfte eine gewisse Irritation vorgelegen sein und es hat das Verteidigungsressort in Gestalt von Herrn Hamberger dem Justizressort dann diese Irritation zur Kenntnis gebracht.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Wenn wir schon beim Verteidigungsressort sind: Im weitesten Sinne besteht bei den unzulässigen Zahlungsflüsse ja immer auch die Frage der Motivation. Wir haben beim ursprünglichen Kaufvertrag auch mit Herrn Hamberger das Thema erörtert und zwei Fragestellungen gehabt, die wir nie beantwortet bekommen haben, nämlich: Wie kam die Ersatzklausel in den Vertrag?, und: Durch wen wurde sozusagen die Haftung für den Verkäufer herausgenommen, wenn er die Forderung der Gegengeschäfte an einen Dritten weitergibt?
Herr Hamberger hat uns damals gesagt, dass im ursprünglichen Kaufvertrag beides nicht enthalten war und im Zuge des internen Prozesses beim Verteidigungsministerium beide Klauseln hineingekommen sind. Die sind ja in den Ermittlungen ganz zentral. Die Fragen, ob man sozusagen einen anderen Typen liefern darf, wenn der geforderte noch nicht fertig ist, und wer haftet, wenn Vector etwas macht, waren ja große Fragen. Haben Sie diese beiden Fragen auch in Ihren Ermittlungen beschäftigt?
Mag. Michael Radasztics: Ja. Wenn Sie die Einvernahmen verfolgen, die im Verfahren 617 St 1/17 durchgeführt wurden – das ist das Verfahren aufgrund der Neuanzeige –: Es sind diverse Personen aus dem ministeriellen Bereich einvernommen worden, insbesondere Wall und Hofer, wo wir diese Fragen miterörtert haben. Wenn ich jetzt ganz grob meine Einschätzung der Ermittlungsergebnisse soweit zusammenfassen darf – bitte wieder vorbehaltlich mit dem kleinen Caveat, dass sich hier durchaus die Dinge auch ändern können –, dann muss man sagen, dass die Frage der Ersetzungsbefugnis offenbar ein Bedürfnis des Herstellers war, weil man zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bindend einschätzen konnte, wann überhaupt mit der Produktion des T2 begonnen wird. Es dürfte sich so verhalten haben, dass man damals noch nicht einmal die zugrundeliegenden Verträge zwischen den Core-Nationen zur Gänze ausverhandelt hatte, sodass aus Lieferantensicht eine gewisse Unsicherheit bestand, ob man überhaupt diese Flugzeuge der Type T2 rechtzeitig wird liefern können. Das ist, würde ich meinen, der Hintergrund gewesen, warum man auf diese Ersetzungsbefugnis kam, warum man also die Möglichkeit eingeräumt hat, dass auch T1 mit einer entsprechenden Aufrüstung geliefert werden kann.
Zum zweiten Punkt Ihrer Frage, wie diese Klausel wieder rauskam: Wenn ich mich richtig erinnere, gibt es dazu eine Aussage des Herrn Wall, der mitgeteilt hat, dass es ein Wunsch des Vertragspartners im Zuge der Vertragsgestehung war, dass man gesagt hat, man möchte am Schluss einen Vertrag haben, der nicht mehr auf irgendwelche Vordokumente Bezug nimmt, sondern – um weitere Streitigkeiten in der Zukunft zu verhindern – dass man einen einheitlichen Vertrag hat, der letztlich dann das bindende Dokument für die Zahlungen und die Lieferungen ist.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Meine Frage zur zweiten Passage war jene des Haftungsausschlusses bei Übertragung der Gegengeschäfte auf einen Dritten. Das wurde ja auch herausgenommen, ursprünglich war eine Haftung vorgesehen. Ist das in Ihrer vorherigen Beantwortung bereits inkludiert oder ist das eine eigene?
Mag. Michael Radasztics: Entschuldigung, darf ich die Frage noch einmal hören, ich habe sie nicht verstanden.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Meine Frage war: Es gab im ursprünglichen Kaufvertrag im Entwurf eine Haftung vonseiten des Herstellers, wenn die Abwicklung der Gegengeschäfte an einen Dritten übertragen wird. Das war ja für die Republik zuerst von außen nicht ersichtlich, war aber anscheinend schon geplant. Da wurde ein Haftungsausschuss oder eine Nichthaftung im Vertrag vorgesehen. Uns konnte man nicht beantworten, wie dies in den Vertrag hineingekommen ist.
Mag. Michael Radasztics: Ich meine, dass unter Berücksichtigung aller Ermittlungsergebnisse diese Frage für uns auch nicht vollständig klärbar war. Schon der erste parlamentarische Untersuchungsausschuss hat sich ja mit dieser Frage eingehend beschäftigt und konnte letztlich nicht vollständig aufklären, warum und auf wessen Betreiben hin es zu dieser Änderung letztlich gekommen ist. Ich habe dazu keine ergänzenden Ermittlungsergebnisse, die ich jetzt präsent hätte.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich möchte weitergehen, und zwar zur Befragung des Herrn Hubert Hödl, der Herr Verfahrensrichter hat das auch schon angesprochen. Die Besonderheit im Vergleich zu anderen Dokumenten ist ja, dass das Befragungsprotokoll dem zweiten Untersuchungsausschuss vorgelegt wurde, dem dritten aber nicht. Den Spezialitätsvorbehalt gab es in beiden Untersuchungsausschüssen. Meine erste Frage ist: Haben Sie die Befragung damals durchgeführt?
Mag. Michael Radasztics: Die Befragung des Herrn Hödl habe ich persönlich durchgeführt, ja.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Das heißt, ich nehme an, dass auch Sie aus jenen Passagen der Dokumente aus Liechtenstein vorgetragen haben. (Die Auskunftsperson nickt.)
Gibt es in diesem Protokoll Antworten und somit Erkenntnisse, die für unsere Befragung der Auskunftsperson Hödl Ende Dezember, also am 19. Dezember, eine große Relevanz haben können, eine zentrale Erkenntnis?
Mag. Michael Radasztics: Das ist sehr schwierig einzuschätzen. Ich weiß vor allem nicht, wie sich Herr Hödl bisher vor diesem Untersuchungsausschuss verantwortet hat und inwieweit er auf Details eingegangen ist. Das ist im Augenblick für mich etwas spekulativ zu beantworten, da tue ich mir schwer.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Können Sie – ich versuche, die Frage anders zu stellen – dem Untersuchungsausschuss sagen, ob dieses Befragungsprotokoll ein zentrales Dokument für eine Befragung des Herrn Hödl im Untersuchungsausschuss darstellt?
Mag. Michael Radasztics: Ich denke, dass das Interessante eher die Unterlagen sind, die er dann im Nachhang zu dieser Einvernahme vorgelegt hat. Er hat eine sehr umfangreiche schriftliche Stellungnahme eingebracht, von der ich jetzt einmal ausgehe, dass sie vorgelegt wurde. Und damit sind zahlreiche Unterlagen und Vertragswerke vorgelegt worden und auch ein inhaltliches Vorbringen erstattet worden, wie sich der Sachverhalt aus Sicht des Herrn Ing. Hödl darstellt. Diese, glaube ich, bilden eine interessantere und breitere Grundlage für eine fortgesetzte Befragung im Untersuchungsausschuss.
Sie müssen sich vorstellen, dass die Befragungssituation in gewissen Teilen ähnlich ist wie die jetzige, das heißt, es wird jemand mit Unterlagen konfrontiert, die er zum Teil gar nicht so sehr präsent hat – das war letztlich auch der Grund, warum Ing. Hödl überhaupt noch eine schriftliche Stellungnahme eingebracht hat –, wo er dann sagt: Ich kann das jetzt nicht abschließend beurteilen, ich werde mich dazu schriftlich äußern.
So ist das auch passiert, und vor diesem Hintergrund denke ich, dass diese Äußerung von Hödl samt den Unterlagen, die er dazu vorgelegt hat, für Sie eine bessere Befragungsgrundlage darstellt.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Hat er in diesen Unterlagen ebenfalls wieder Bezug auf die von Liechtenstein nicht freigegebenen Passagen genommen (Auskunftsperson Radasztics: Ja!), sodass wir diese in unseren, dem Untersuchungsausschuss vorgelegten Dokumenten wieder nicht finden?
Mag. Michael Radasztics: Nein, nein, nein, nein, nein, soweit ich informiert bin, hat er in der schriftlichen Stellungnahme und in den Unterlagen, die er vorgelegt hat, auf die aus Liechtenstein stammenden Unterlagen nicht Bezug genommen.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herzlichen Dank. – Ich möchte noch zu der unterschiedlichen Bewertung des Justizministeriums kommen, warum der eine Untersuchungsausschuss das Dokument bekommt und der andere nicht. Es ist ein besonderes Unterscheidungsmerkmal, dass der letzte Justizminister ein relativ unabhängiger war, der aktuelle Justizminister aber während des Anschaffungsprozesses FPÖ-Parlamentsklubdirektor war; er war also ein Akteur der damaligen Regierung, die sich für den Eurofighter-Kauf eingesetzt hat.
Eine ganz offene Frage: Gibt es Unterschiede in der Freiheit Ihrer Ermittlungstätigkeit zwischen der vergangenen Periode, jener des letzten Justizministers, und der aktuellen?
Mag. Michael Radasztics: Nein, die gibt es nicht.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Die Frage musste gestellt werden.
Ich möchte weitergehen, und zwar zu Herrn Georg Schmidt. Er hat in seiner Zeugenvernehmung vom 18. Februar 2016, die Sie geleitet haben (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!), und in seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss 2017 widersprüchliche Angaben gemacht. Dabei ging es um Geschäftsbeziehungen, die er mit Frank Walter Petmecky hatte. In der Zeugenvernehmung gab er an, keine geschäftliche Beziehung mit ihm gehabt zu haben. Ich lege Ihnen hier das Dokument 61906 vor, Seite 6. Vor dem Untersuchungsausschuss sagte er, dass dieser ein Geschäftspartner war. Dazu gibt es dann gleich eine zweite Vorlage, das Protokoll des Untersuchungsausschusses 2017, Seite 4. (Der Auskunftsperson werden Schriftstücke vorgelegt.)
Angesprochen auf diesen Widerspruch im Untersuchungsausschuss dieses Jahres gab Georg Schmidt am 15. November in Bezug auf die Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft zu Protokoll - - Dazu lege ich dann noch ein drittes Dokument vor, nämlich das vorläufige Stenographische Protokoll, Seite 21, 22. Ich komme dann zu den Zitaten, wenn alle Unterlagen vorliegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Ich gehe dann auf die Dokumente ein. Sie haben sie vorliegen, falls dann Fragen auftauchen. Ich zitiere daraus, er hat gesagt: „Ja, gut, leicht erklärt: Die Zeugeneinvernahme habe ich so in Erinnerung: Die begann um 9 und endete um halb drei am Nachmittag. Es waren sechs Personen anwesend. Der Staatsanwalt war super vorbereitet, der hat [...] so ein Packl Papier gehabt, hat eine Seite nach der anderen abgearbeitet und hat gefragt, und ich habe geantwortet. Die anderen haben mich in der Zwischenzeit beobachtet und angeschaut.
Knapp vor Schluss musste ich aus physiologischen Gründen einmal ein Pause erbitten, weil das absolut notwendig war. Und dann hat der Staatsanwalt gesagt: Also auf die Verlesung des Protokolls können wir eh verzichten! – jede Seite paraphiert und zum Schluss unterschrieben. Dann habe ich gesagt: Bitte, ich hätte gern das Protokoll!, und er hat gesagt: Ist nicht vorgesehen!“
Meine Fragen dazu: Kannten Sie die widersprüchlichen Aussagen von Georg Schmidt? Wenn ja: Haben Sie sie auf ihre strafrechtliche Relevanz überprüft? Wenn nein: Lagen Ihnen diese Unterlagen in der bestehenden Form nicht vor?
Das ist jetzt die Frage zu Frank Walter Petmecky gewesen. Er hat einmal gesagt, er kenne ihn in geschäftsbeziehungstechnischer Hinsicht nicht und in der anderen Befragung hat er ihn erwähnt.
Mag. Michael Radasztics: Also die Frage betreffend Petmecky hatte ich so bislang noch nicht am Schirm, nämlich der Vergleich seiner Zeugenaussage mit seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss im Jahr 2017. Das ist sicher eine Sache, der man wird nachgehen müssen.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Vielen Dank, da stellen wir die Unterlagen gerne zur Verfügung.
Abschließende Frage für diese Runde: Georg Schmidt sagt, dass es ihm nicht möglich war, nach der Befragung seine Aussage noch einmal ausreichend durchzulesen. Ist dem Ihrer Erinnerung nach so oder ist dem nicht so?
Mag. Michael Radasztics: Also ich nehme das wirklich ernst. Das ist ein Punkt, wo ich finde, dass es da keine Spielereien gibt. Das ist eine ganz grundsätzliche Thematik, weil ich weiß, wie solche Vernehmungsprotokolle jetzt nicht nur in einem Untersuchungsausschuss wie diesem, sondern natürlich auch in Gerichtsverfahren herangezogen werden, wo den Zeugen und Beschuldigten vorgehalten wird, was Sie gesagt haben. Das muss passen.
Es ist üblich und absoluter Standard, dass jedem Zeugen oder Beschuldigten, der bei uns einvernommen wird – und das lasse ich sozusagen auch gleich für alle Kollegen bei uns in der Wirtschaftsgruppe mitgelten –, ausreichend Zeit geboten wird – auch wenn das eine halbe Stunde oder eine Dreiviertelstunde dauert –, dass das Protokoll durchgelesen wird und dass da Korrekturen vorgenommen werden können. Das war auch bei Herrn Schmidt so.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Vielen Dank.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich möchte mich mit dem Konezny-Gutachten beschäftigen. Jetzt einmal eingangs nur eine kleine Feststellung: Wir kommen jetzt mit dem Untersuchungsausschuss, soweit ich das beurteilen kann, in eine durchaus kritische Phase, weil – wir haben uns das nicht ausgesucht – demnächst außerhalb des Parlaments auf Regierungsebene eine Entscheidung pro oder kontra Eurofighter bevorsteht.
Ich stelle einfach ohne jede Wertung fest, dass seit heute die Kollegen der ÖVP mit ihren Fragestellungen ganz eindeutig nach entlastenden Stellungnahmen für Eurofighter suchen und das Beweisthema gewechselt haben, denn die Frage der Lieferfähigkeit hat mit Sicherheit nichts mit dem vorliegenden Beweisthema zu tun. – Das nur so weit.
Das ist keine Kritik an der Vorsitzführung, das ist, glaube ich, nicht so aufgefallen. Auch wenn es der ÖVP nicht passt, werde ich im Bereich Gegengeschäfte weiter nachfragen, also im Bereich der wirklich professionellen, politisch unterstützten organisierten Kriminalität, wie ich es vermute – damit ich das gleich so vorsichtig formuliere, wie sich das gehört.
Jetzt reden wir einmal, wie das ganze Zeug funktioniert. Sie kennen ja, glaube ich, das Konezny-Gutachten sehr detailliert?
Mag. Michael Radasztics: Ja.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ist Ihnen aus dem Konezny-Gutachten bekannt, da geht es um die vier - -, da geht es jetzt immer um die inländische Wertschöpfung. Ich möchte nachher zu dem Punkt kommen, wo ich dann frage: Ja, haben sich die Beamten des Wirtschaftsministeriums das überhaupt angeschaut oder nicht? Geht das aus den Akten hervor?
Nehmen wir einmal die Firma Alutech – hier im Gutachten –: 12,2 Millionen überprüfte Umsätze, davon nur ungefähr 6,1 Millionen inländische Wertschöpfung. Haben Sie das auch im Gutachten festgestellt? (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!)
Dann kommt Amag: 25,7 Millionen Umsätze bei einer inländischen Wertschöpfung von durchschnittlich 40 Prozent, 15,42, die hier zu hoch bewertet worden sind. Ich sage immer gleich die Differenzbeträge, die offensichtlich ausländische Wertschöpfung, die als inländische ausgegeben wurde. Böhler Schmiedetechnik: 48,7 Millionen, davon 26,78 Millionen ausländische Wertschöpfung, 55 Prozent.
Dana AG, und das ist ein ganz entscheidender Punkt, da sind Achsen im – glaube ich – dubiosesten Gegengeschäft überhaupt: Da geht es um insgesamt 137,3 Millionen Euro, da bewegt sich die inländische Wertschöpfung zwischen 0 und 15 Prozent.
Ist Ihnen bekannt, dass es da eine Auskunft gibt, dass hier die inländische Wertschöpfung überhaupt bei 0 Prozent liegt?
Mag. Michael Radasztics: Das ist - - Wenn ich nur ganz kurz einhaken darf, weil mein Nicken ja nicht protokolliert werden kann: Das ist grundsätzlich der Fall. Es gibt ja gerade zum Gegengeschäft Dana ein gesondertes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Wien.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, das wäre meine nächste Frage gewesen, ob es da ein eigenes Betrugsverfahren im Falle Dana gibt.
Mag. Michael Radasztics: Ja.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Das Betrugsverfahren richtet sich, nehme ich an, gegen die zuständigen Manager der Firma Dana?
Mag. Michael Radasztics: So ist es, ja.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Gibt es noch sonstige Beschuldigte im Dana-Verfahren?
Mag. Michael Radasztics: Soweit ich weiß nicht, aber ich würde das gerne genauso halten, wie ich es vorher gehalten habe, dass ich jetzt vor dem Hintergrund, dass hier Medienvertreter anwesend sind, keine Beschuldigtenliste vortrage. Das sehe ich in gewisser Weise problematisch.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, ja. Mich hat nur ein Zitat aus dem Gutachten beeindruckt: „Den Anteil der österreichischen Zulieferer schätzen Auskunftspersonen iHv“ – in der Höhe von – „unter 1 %.“
Wenn die inländische Wertschöpfung ganz offensichtlich unter 1 Prozent, also eher bei 0 Prozent liegt, frage ich mich: Haben das die Beamten des Wirtschaftsministeriums geprüft? Hat die das überhaupt interessiert?
Mag. Michael Radasztics: Wenn ich jetzt versuche, das auf meine Information aus den Ermittlungsakten herunterzubrechen, muss man sagen, dass es ein festgelegtes Prozedere gab, wie und auf welche Weise Gegengeschäfte grundsätzlich zu überprüfen sind.
Da gab es die Gegengeschäftsbestätigung als solche, gegebenenfalls mit Beilagen, die von der zuständigen Abteilung im Wirtschaftsministerium auf ihre Schlüssigkeit hin zu überprüfen waren. Und im Falle von Zweifeln gab es auch die Möglichkeit, dass ein externes Gutachten eingeholt wird – wenn ich es richtig im Kopf habe, von der KPMG –, um einzelne strittige Fragen zu klären, teilweise, soweit es diese Technologieprojekte betraf, auch unter Heranziehung der Plattform Gegengeschäfte.
Es ist natürlich leichter, im Nachhinein Dinge zu beurteilen, wenn man jetzt einen Gutachter hat, der letztlich mehrere Jahre benötigt, um das Ganze zu durchforsten, um Unterlagen zu sichten, und sich daneben mit wenig anderem beschäftigt, als dass er das prüft, und der letztlich auch Jahre dafür gebraucht hat, bis er mit einer Gesamtwürdigung fertig war und zu diesen Ergebnissen gelangt ist.
Ich getraue mich nicht, zu sagen, ob hier im Wirtschaftsministerium einzelne Schwachpunkte waren oder ob nicht vielleicht das System als solches das bedingt hat, dass letztlich diese Gegengeschäfte eingereicht und angerechnet werden konnten. Das ist auch wieder eine etwas spekulative Sicht.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich bin ja durchaus auf Ihrer Seite: Wenn die Beamten des Wirtschaftsministeriums blind, taub und gleichzeitig sachlich vollkommen unqualifiziert gewesen sein sollten und keine Ahnung davon gehabt hätten, was sie zu prüfen hätten, dann kann es durchaus zu diesem Ergebnis kommen. Ob man das jetzt als Systemschwäche bezeichnet oder ein bisschen weitergeht, das ist ja etwas anderes.
Mag. Michael Radasztics: Ja, aber das waren Ihre Worte und nicht meine.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Nein, eh! Das reicht ja vollkommen, wenn ich das feststelle. Mir geht es um den Punkt – ist das aus Ihren Ermittlungen hervorgegangen?–: Gibt es irgendwo auch nur den geringsten Hinweis, dass die Beamten des Wirtschaftsministeriums geprüft haben, wie viel Prozent der Wertschöpfung von diesen behaupteten Gegengeschäften in Österreich stattfindet?
Mag. Michael Radasztics: Das ist - - Das kann ich aus den Ermittlungsergebnissen heraus wirklich schwierig beantworten. Gewisse Überprüfungen hat es gegeben, es hat auch – auch das ist aktenkundig – immer wieder diverse Beanstandungen zu den verschiedensten Aspekten des Gegengeschäftsvertrages gegeben. Auch in Bezug auf die inländische Wertschöpfung gibt es Beispiele, wo durchaus hinterfragt wurde. Das jetzt also so ganz pauschal zu sagen, getraue ich mich nicht ganz.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Na, wodurch ist es möglich, dass Gegengeschäfte mit 0 Prozent Wertschöpfung in Österreich zu 100 Prozent als Gegengeschäfte angerechnet werden? Wodurch war das Ihres Wissens nach möglich? Sie haben ja die Vorgänge geprüft.
Mag. Michael Radasztics: Wenn man dem Gutachter folgt, sind hier Unterlagen mit diesen Behauptungen eingereicht worden, die zumindest nicht in dieser Detailgenauigkeit wie vom Sachverständigen – unterstelle ich jetzt einmal – überprüft wurden.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Schauen Sie! Es ist ja relativ einfach: Da ist etwas vollkommen danebengegangen. Ich nehme an, das ist auch Ihre Aufgabe - -, oder ich frage Sie: Ist es auch Ihre Aufgabe, zu prüfen, ob es zu diesen katastrophalen Fehleinschätzungen und offensichtlich auch Fehlbeurkundungen durch das Wirtschaftsministerium aufgrund menschlichen Versagens oder aufgrund korrupter Vorgänge, das heißt Bestechung von Beamten des Wirtschaftsministeriums, gekommen ist?
Mag. Michael Radasztics: Also für die konkrete Annahme dahin gehend, dass es Bestechungen von Beamten gegeben hätte, sehe ich derzeit auf objektiver Grundlage wenig Substrat. Was sicherlich zu prüfen sein wird, ist die Frage, ob einerseits betrügerische Handlungen – das habe ich vorher schon ausgesagt – zum Nachteil der Republik erfolgt sind, indem einfach etwas eingereicht wurde, was nicht anerkennungsfähig gewesen ist.
Ob es tatsächlich auf Ebene des Wirtschaftsministeriums hier strafrechtlich relevantes Verhalten gegeben hat, getraue ich mich nach der derzeitigen Beweislage nicht abschließend zu beurteilen. Was aber meines Erachtens sicher ist – und das war auch der Grund, warum ich das Gutachten des Herrn Sachverständigen Konezny eben eigentlich unverzüglich, nachdem ich es erhalten habe, dem zuständigen Herrn im Wirtschaftsministerium weitergeleitet habe –: dass eine Überprüfung stattzufinden haben wird, ex post, was jetzt die Anrechnung von Gegengeschäftsbeträgen betrifft. Ich meine, hier ist das Wirtschaftsministerium einmal grundsätzlich am Zug, um ein Verhandlungsergebnis bezüglich dieser offenbar zu hoch anerkannten Gegengeschäfte herbeizuführen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich gehe weiter in der Liste. Nur die Wichtigsten: Hirtenberger: 21,2 Millionen anerkannte Gegengeschäfte, davon 11,66 Millionen Wertschöpfung im Ausland; Magna Powertrain: 42,26 Millionen anerkannt, 21,55 Millionen davon Wertschöpfung im Ausland; Magna Steyr Fahrzeugtechnik: 309 Millionen anerkannt, davon 200,85 Millionen Wertschöpfung im Ausland; Palfinger: 6 Millionen anerkannt, davon 3,3 Millionen Wertschöpfung im Ausland.
Rheinmetall Military Vehicles: Das ist der mit Abstand wichtigste Fall, denn das ist ein Regierungsgeschäft mit dem britischen Verteidigungsministerium, wo man sich bei der Annahme nur an den Kopf greifen kann, dass irgendwer auch nur glaubt, es wäre Airbus oder einem gruppierten Unternehmen gelungen, das britische Verteidigungsministerium zu beeinflussen, eine andere Typenwahl zu treffen, als die den Ausschreibungskriterien dort entsprechende. Das heißt, hier wird ein Amtsmissbrauch in Großbritannien unterstellt, um ein Gegengeschäft begründen zu können. So einen Unfug habe ich überhaupt noch nie in offiziellen Dokumenten gelesen.
787 Millionen wurden als Gegengeschäft angerechnet, davon 511,55 Millionen Wertschöpfung im Ausland.
Rosenbauer, die famose Kranfirma: 72 - -
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Herr Abgeordneter! Kommen Sie zum Schluss, die Redezeit ist längst vorbei.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, ich bin gerade - - Es sind nur mehr - - 72 Millionen – Palfinger – anerkannt, 61,2 Millionen Wertschöpfung im Ausland; letzte Zeile: Scotty Group, das ist Eurocopter und so weiter: 243 Millionen anerkannt, 109,35 Millionen im Ausland. Insgesamt: 1,7 Milliarden anerkannt, 1,1 Milliarden Wertschöpfung im Ausland.
Das muss man sich einmal vorstellen! Und sagen Sie uns, wenn das stimmt – und ich gehe davon aus, dass das stimmt – und wir die entgangenen Steuern und Abgaben als Schaden rechnen (Vorsitzender-Stellvertreter Rädler gibt das Glockenzeichen) – das ist ja Ihre Aufgabe als Staatsanwalt –: Wie hoch beziffern Sie aufgrund des Konezny-Gutachtens den Schaden, den möglichen Schaden für die Republik Österreich?
Mag. Michael Radasztics: Ich muss das leider so beantworten, dass ich das aus derzeitiger Sicht noch nicht kann.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Dann kann ich es Ihnen sagen: Circa ...
*****
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Lange Fragestellung, kurze Antwort.
Wir kommen in die zweite Fragerunde. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gerstl. – Bitte. (Zwischenbemerkung der Vertrauensperson.) – Wir unterbrechen die Sitzung für einige Minuten.
*****
(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 12 Uhr unterbrochen und um 12.06 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)
*****
12.06
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und bitte, die Türen zu schließen. Wir setzen die Befragung fort, und ich erteile dazu Herrn Abgeordnetem Gerstl das Wort. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Staatsanwalt! Ich möchte auch wegen der Einvernahmeprotokolle Hödl auf die Eingangsfrage des Verfahrensrichters zurückkommen.
Sie haben erklärt, dass Sie uns das Einvernahmeprotokoll wegen der Behörden in Liechtenstein nicht zur Verfügung stellen können. Wäre es möglich, dass man einzelne Teile, die Liechtenstein betreffen, herausnimmt und uns der Rest zur Verfügung gestellt wird?
Mag. Michael Radasztics: Ganz grundsätzlich, Herr Abgeordneter, bin ich mehr oder minder der Vorschlagende und dann faktisch der Ausführende, was die Aktenvorlage betrifft. An sich ist das eine Frage, die das Justizministerium klären müsste, weil die Aktenvorlageverpflichtung nach der Verfahrensordnung ja den Herrn Bundesminister trifft. Wir haben diese Frage erörtert, ob es Sinn macht, dass wir gewissermaßen Schwärzungen vornehmen. Wenn Sie sich an frühere Untersuchungsausschüsse erinnern, hat es da aber im Zusammenhang mit Aktenschwärzungen immer wieder Probleme gegeben. Ich glaube, dass es da gewissermaßen durchaus berechtigte Bedenken auf beiden Seiten gibt, aufseiten des Justizressorts, aber auch aufseiten des Parlaments, sodass man solche Unterlagen, nämlich geschwärzte Unterlagen, nicht vorlegt.
Würde ich persönlich diese Entscheidung treffen können, hätte ich auch am Schirm und im Hintergrund, dass es eine unglaubliche administrative Aufgabe ist, solche Schwärzungen durchzuführen. Wir haben dafür nicht den Apparat, auf Ebene der Staatsanwaltschaft schon gar nicht. Es läuft unter Ausnutzung aller persönlichen Ressourcen ab, dass wir die Aktenvorlage dann doch immer wieder aus unserer Sicht fristgerecht erledigen können. Wenn wir jetzt damit beginnen müssten, dass wir Dinge schwärzen, im Nachhinein wieder einscannen und sodann wieder vorlegen, wäre das für uns eine gewaltige administrative Herausforderung, bei der ich nicht weiß, ob wir sie bestehen würden.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Das Verteidigungsministerium wurde im Oktober 2017 aufgefordert, Unterlagen aus der Amtszeit Darabos vorzulegen, unter anderem Mails aus den Kabinetten. Diese Dokumente wurden nicht vorgelegt, sodass es von Ihrer Seite zu einer Sicherstellungsanordnung kommen musste. (Abg. Plessl: Bitte zur Geschäftsordnung!)
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Zuerst die Fragestellung. – So, bitte zur Geschäftsordnung: Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.
*****
Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Vorsitzender! Wir haben jetzt den Untersuchungsgegenstand I – Gegengeschäfte, unzulässige Zahlungsflüsse. Informationsvorlagen und so weiter müsste man beim entsprechenden Untersuchungsgegenstand berücksichtigen. Die Fragen der ÖVP zielen immer wieder auf den Bereich, den wir erst für später vorgesehen haben. – Sie sollten bitte beim Themenblock I bleiben.
*****
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Gut.
Herr Abgeordneter Gerstl, wollen Sie die Frage ergänzen oder belassen Sie sie so? – Bitte.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Ich ergänze die Frage. Meine Frage geht dahin: Ist es üblich, dass Sie, wenn Sie von einem Ministerium im Rahmen der Amtshilfe Akten benötigen, eine Sicherstellungsanordnung benötigen?
Mag. Michael Radasztics: Ist das üblich? – Die Frage der Üblichkeit, es ist - - (Abg. Plessl: Das ist II!) Ich weiß nicht, ob es jetzt noch irgendwelche - -, ich kann es jetzt geschäftsordnungsmäßig nicht - -
Ich würde so sagen: Das ist nicht üblich. Es können in bestimmten Verfahren allerdings schon einfach Spezialfragen auftreten, die so noch nicht da waren, sodass man gegebenenfalls Wege beschreiten muss, die man bislang nicht beschreiten musste. Es ist nicht so, dass diese Sicherstellung als Akt brutaler Zwangsgewalt zu sehen ist, sondern sich letztlich aus der Notwendigkeit ergeben hat, dieser Unterlagen habhaft zu werden, weil eine freiwillige Herausgabe seitens des Ressorts nicht möglich war.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Können Sie uns erklären, warum das Bundesministerium nicht lieferfähig war oder lieferfähig sein wollte?
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Jetzt sollten wir aber vielleicht wirklich beim Thema bleiben. (Abg. Plessl: Das ist Themenbereich III!)
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Gut, Sie haben das schon vom Herrn Verfahrensrichter, vom Herrn Abgeordneten Plessl gehört. Herr Abgeordneter, bleiben Sie bitte bei den Themen.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Vielen Dank. – Dann komme ich auf die zuvor erörterte Stellungnahme des Generalmajors Hamberger zurück, zur Einvernahme zu dieser Dienstbesprechung aus 2017. In dieser Stellungnahme äußert Generalmajor Hamberger Zweifel an der Objektivität des Gutachters Jürg Weber. Wurden diese Zweifel vonseiten des Verteidigungsministeriums schon früher geäußert, bleiben sie weiterhin aufrecht, und was halten Sie davon?
Mag. Michael Radasztics: Soweit ich mich an die Aktenlage erinnere, ist es so, dass an der Objektivität des Gutachters bis zum Vorliegen seines Gutachtens eigentlich niemand gezweifelt hat. Es hat keiner der Verfahrensbeteiligten eine entsprechende Antragstellung beim zuständigen Landesgericht vorgenommen. In weiterer Folge gab es eine Äußerung der Finanzprokuratur zu diesem Thema, die Ihnen, glaube ich, auch bereits vorliegt, in der ebenfalls Befangenheitsvorwürfe geäußert wurden. Letztlich zuständig dafür, über diese Vorwürfe zu entscheiden, ist das Landesgericht für Strafsachen Wien, das die Bestellung vorgenommen hat.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Ich danke Ihnen. – Ich komme auf die E-Mail-Korrespondenz zwischen Generalsekretär Pilnacek, dem Oberstaatsanwalt und der Staatsanwältin Mag. Frank zurück, die Kollege Bösch zuvor schon erwähnt hat. Da geht es unter anderem auch darum, dass Dr. Peschorn am 26.9. dieses Jahres schreibt, er hätte Ihnen „fairerweise“ mitgeteilt, dass das Gutachten des Jürg Weber an die Medien geleakt wurde. Können Sie uns erläutern, was er mit fairerweise meint?
Mag. Michael Radasztics: Er hat das so gesagt. Im Zuge eines Telefonats mit mir hat er gesagt, dass er mir das - - Moment einmal, Entschuldigung, nur dass ich jetzt den - - (Aus den Unterlagen vorlesend:) „um mir fairerweise mitzuteilen, dass das Gutachten des SV [...] an die Medien geleakt wurde“. – Ja, das waren seine Worte. Er hat das Wort „fairerweise“ im Zuge eines Telefonats akzentuiert gebracht, darum habe ich es hier auch gesperrt wiedergegeben.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sie haben keine Anhaltspunkte, was er mit „fairerweise“ meinen könnte?
Mag. Michael Radasztics: Ich glaube, er wollte mich grundsätzlich – das ist natürlich eine Frage, die man ihm stellen müsste, aber wenn ich jetzt ein bisschen spekulieren darf – davon in Kenntnis setzen, dass er sich selbst gegenüber den Medien äußern wird. Ich glaube, es hat am selben Tag einen Beitrag in der „ZIB 2“ gegeben. Ich denke, dass er mir das mitteilen wollte. Warum er das selbst so akzentuiert hat, weiß ich nicht.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Gibt es Anhaltspunkte, wer das Gutachten an die Medien geleakt haben könnte?
Mag. Michael Radasztics: Ah, nein.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): In diesem E-Mail-Verkehr zwischen Generalsekretär Pilnacek, Ihnen und dem Oberstaatsanwalt wird davon gesprochen, dass Sie in einer Dienstbesprechung die Vorwürfe von Generalmajor Hamberger erörtern werden. Hat diese bereits stattgefunden?
Mag. Michael Radasztics: Diese Dienstbesprechung hat bereits stattgefunden, ja.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Was waren die Ergebnisse dieser Dienstbesprechung?
Mag. Michael Radasztics: Das war wieder so eine Besprechung, wie wir sie heute schon erörtert haben. Es war eine Darstellung des Status quo, die im November dieses Jahres in den Räumlichkeiten der Oberstaatsanwaltschaft Wien stattgefunden hat. Als Ergebnis in Bezug auf die Kommunikation über diesen Brief, den Herr Generalmajor Hamberger an den Leitenden Oberstaatsanwalt gerichtet hat, als Konsequenz daraus wurde erörtert, was dann auch geschehen ist: Der Herr Leitende Oberstaatsanwalt hat dem Verteidigungsressort mitgeteilt, dass er dieses Schreiben erhalten und es zur Kenntnisnahme an die Staatsanwaltschaft Wien weitergeleitet hat. Das war das Ergebnis.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Okay, danke. Kann, wie in der Sachverhaltsdarstellung des Verteidigungsressorts und des Nachtragsschriftsatzes vom 29.3.2018 behauptet wird, davon ausgegangen werden, dass Gegengeschäfte in Höhe von 4 Milliarden Euro keine Kosten verursachen?
Mag. Michael Radasztics (in den Unterlagen blätternd): Wo finde ich das, Herr Abgeordneter?
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Das ergibt sich generell aus der Sachverhaltsdarstellung des Verteidigungsressorts.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Sie müssten schon eine konkrete Stelle nennen, bitte.
Mag. Michael Radasztics: Mir ist es jetzt inhaltlich nicht vertraut, also jetzt zahlenmäßig nicht vertraut, drum habe ich nachgefragt.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Es wurde heute auch schon erläutert, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich in den Ermittlungen ergeben hat, dass selbstverständlich auch bei Gegengeschäften mit Kosten, Nebenkosten gerechnet werden kann.
Mag. Michael Radasztics: Tut mir leid, aber ich verstehe die Frage inhaltlich nicht ganz. Könnten Sie mir das erhellen?
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Die Frage ist: So wie das Gutachten, die Sachverhaltsdarstellung geschrieben ist, verursachen Gegengeschäfte in Höhe von 4 Milliarden gar keine Kosten. Ist das so selbstverständlich?
Mag. Michael Radasztics: Puh, also das ist jetzt wirklich eine - - Das würde ich Ihnen jetzt nur als Mensch sagen, der sich mit solchen Fragen halt schon eine Zeit lang beschäftigt. Also jetzt außerhalb von Ermittlungsergebnissen meine ich ganz grundsätzlich: Das wird schon irgendetwas kosten, wenn man eine gewisse Struktur aufstellt. Es ist ja auch so, dass EADS Deutschland eine eigene Gegengeschäftsabteilung hatte. Die Mitarbeiter dort werden auch etwas gekostet haben, aber das ist jetzt ein bisschen außerhalb der Ermittlungsergebnisse.
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist erschöpft.
Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kovacevic. – Bitte.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Herr Staatsanwalt, ich möchte gleich an der Frage des Kollegen der ÖVP anknüpfen, an seiner Frage bezüglich der Gegengeschäfte. Ich würde sie aber anders formulieren oder anders einleiten. Nicht nur die SPÖ fordert ein Verbot von Gegengeschäften, sondern mittlerweile auch die Taskforce Eurofighter, der Präsident der Finanzprokuratur, die Rechnungshofpräsidentin und neuerdings auch der amtierende Verteidigungsminister Kunasek. Und jetzt, Herr Staatsanwalt, unter Berücksichtigung Ihres besonderen Einblicks in diese Causa: Würden Sie sich dieser Meinung anschließen?
Mag. Michael Radasztics: Wenn man sich darauf beschränkt, dass ich über meine Wahrnehmungen Auskunft zu erteilen habe, kann ich es nicht beantworten, aber Sie sehen natürlich allein aus den vielen Problemen, die sich im Zusammenhang mit derartigen Gegengeschäftsmodellen stellen, dass das wohl, und das sage ich jetzt aber nur als Staatsbürger, hinterfragenswert ist.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Vielen Dank. – Wir sprachen schon einige Male über das Verfahren Hödl, des Ex-Magna-Managers Hödl. In einem Schreiben vom 29. Mai 2018 schrieb die Staatsanwältin Frau Mag.a Heckl an das Justizministerium, dass die direkte Übermittlung von Rechtshilfeersuchen zuletzt nicht erfolgreich war. Können Sie uns sagen, wo die Probleme bei der Zusammenarbeit mit den Justizbehörden von Zypern lagen oder liegen?
Mag. Michael Radasztics: Na ja, bei Zypern ist es so – wenn man das Verfahren, insbesondere das von uns so bezeichnete Stammverfahren, beurteilt –, dass wir von bestimmten Destinationen teilweise sehr schnell Auskünste bekommen, teilweise dauert es sehr lange.
Manchmal ist es so – gerade im Fall von Zypern, das wäre ein Beispiel –, das für uns eigentlich nicht so recht nachvollziehbar ist, warum manche Beauskunftungen länger dauern. Es ist international durchaus üblich, dass es manchmal dauert. Man hat leider – außer mit einem höflichen Urgenzschreiben – nicht so die Möglichkeit, dass man da die Dinge irgendwie direkt beschleunigt. Es ist in vielen Fällen, in viele Destinationen so, dass es ganz unterschiedliche Regelungsregime gibt, wo etwa die Beschuldigten oder diejenigen, die von der Rechtshilfe betroffen sind, die Möglichkeit haben, Einspruch zu erheben. In der Schweiz ist es etwas so, dass da die Beschuldigten Rechte bei der Leistung von Rechtshilfe haben. Da ist dann abzuwarten, wenn irgendwelche Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe erhoben werden. Da haben wir als anfragende Justizbehörde nicht einmal Parteistellung. Wir sind dort in den Verfahren nicht einmal dabei. Wir sind darauf angewiesen, was uns die anderen Staaten schicken und wann sie es schicken. Manchmal gibt es einfach Verzögerungen, deren Grund von außen her schwer beurteilbar ist.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Also gibt es vergleichbare Hindernisse auch in der Zusammenarbeit mit anderen Ländern?
Mag. Michael Radasztics: Ja.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Gab es so ähnliche Schwierigkeiten mit den zypriotischen Behörden auch bei anderen jetzt für unser relevanten Verfahren?
Mag. Michael Radasztics: Nicht, dass ich mich erinnern könnte. Aber Zypern – würde ich jetzt meinen – braucht generell vielleicht etwas länger als andere Staaten (Abg. Kovacevic: Okay!) – ohne dass man da jetzt einen strukturellen Vorwurf erheben kann. Das hängt, glaube ich, einfach auch teilweise an derjenigen Person, die das Rechtshilfeersuchen dann faktisch bearbeitet.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Verständlich, ja. Generell: Wie funktioniert die Zusammenarbeit betreffend Kontenöffnung und Ermittlungsarbeit mit den Behörden in den sogenannten Steuerparadiesen oder Offshore-Hotspots?
Mag. Michael Radasztics: Zu bestimmten Destinationen gibt es gar keine beziehungsweise sehr wenig Rechtshilfemöglichkeit, etwa in die Karibik. Da ist man auf Gegenseitigkeit angewiesen. Das heißt, da gibt es keine Übereinkommen, die die Rechtshilfeabwicklung bindend regeln. Da gilt der internationale Grundsatz der Gegenseitigkeit, wonach man anzubieten hat, im gleichgelagerten Fall es genauso handzuhaben. Da gibt es keine Vertragsübereinkommen und da gibt es de facto keine Rechtshilfe. Bei sonstigen Destinationen – soweit sie in Europa liegen –, wo es früher immer wieder Kritikpunkte durch die FATF gegeben hat, funktioniert die Rechtshilfe im Grundsätzlichen anstandslos, würde ich meinen.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Vielen Dank, Herr Staatsanwalt. – Wir haben heute auch bereits über die Neuanzeige des Verteidigungsministeriums diskutiert. In Ihrem Informationsbericht 9. Februar wurden Beschuldigtenbefragungen unter anderem von Herrn Faltlhauser, Herrn Maute, Herrn Dipl.-Ing. Obermeier angekündigt.
Wissen Sie, ob diese bereits durchgeführt werden konnten?
Mag. Michael Radasztics: Die sind nicht durchgeführt worden, weil es seitens dieser Beschuldigten keinerlei Bereitschaft gibt, am Verfahren irgendwie mitzuwirken.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Sie waren doch auch Ankläger im letzten Verfahren betreffend Geldwäsche gegen Herrn Mensdorff-Pouilly. Ist das richtig?
Mag. Michael Radasztics: Es war nicht die letzte Anklage gegen Herrn Mensdorff, aber ich war Staatsanwalt im sogenannten Geldwäschereiverfahren, ja.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Bei diesem Verfahren hielt Richter Apostol fest, dass die „Sache stinkt, aber sie stinkt nicht genug“. Wie beurteilen Sie die damaligen Erkenntnisse in diesem Zusammenhang und unter Berücksichtigung Ihrer nunmehrigen intensiven Tätigkeit in der Causa Eurofighter? (Abg. Gerstl: Zur Geschäftsordnung!)
Mag. Michael Radasztics: Gibt es einen Einwand zur Geschäftsordnung?
*****
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Herr Abgeordneter Gerstl zur Geschäftsordnung, bitte.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Die Ausführungen des Kollegen haben nichts mit dem vorliegenden Untersuchungsgegenstand zu tun.
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Gut, es bleibt der Auskunftsperson überlassen, darauf zu antworten oder nicht.
*****
Mag. Michael Radasztics: Ich sage es so – ich muss es letztlich eh so sagen –: Das sind Einschätzungen des zuständigen Richters damals gewesen. Sie müssten ihn fragen, wie er es gemeint hat. Meine Einschätzung habe ich in dem dem Verfahren zugrundeliegenden Strafantrag schriftlich bekanntgegeben.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Danke schön. – Ich frage deshalb, weil es für uns schon interessant wäre, zu wissen, ob es Überschneidungen zum Geldwäscheverfahren gibt, die eventuell dann neue Ermittlungen beziehungsweise eine Prüfung der Verwicklung von Herrn Mensdorff-Pouilly in die Causa Eurofighter sinnvoll erscheinen lassen.
Mag. Michael Radasztics: Was das frühere Geldwäscheverfahren betrifft, ist es so, dass es auf Zahlungen basierte, die mit dem Vector-Netzwerk – wenn wir es jetzt einmal so nennen wollen – nichts zu tun hatten. Es gibt wohl tatsächlich Zahlungsflüsse an die von Ihnen genannte Person auch im Zusammenhang mit Vector. Die sind im Stammverfahren verfahrensgegenständlich. Hingegen ist das schon abgeführte Geldwäschereiverfahren aus meiner Sicht nicht gedeckt von Ihrem Untersuchungsgegenstand.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Vielleicht noch zur Aktenlieferung: Leider hat sich die Übermittlung des Gutachtens an den Untersuchungsausschuss etwas verzögert – zum einen, da ja auch eine Fristerstreckung erfolgt ist. Können Sie uns sagen, was diese Fristerstreckung notwendig gemacht hat?
Mag. Michael Radasztics: Sie meinen das Konezny-Gutachten?
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Ja.
Mag. Michael Radasztics: Beim Konezny-Gutachten sind immer wieder Fristerstreckungsanträge des Sachverständigen eingelangt, die er inhaltlich mit noch notwendiger Herbeischaffungen von Unterlagen, noch notwendiger Einholung von polizeilicher Ermittlungstätigkeit begründet hat. Das hat er im Wesentlichen immer für mich nachvollziehbar begründet, sodass ich ihm diese Fristerstreckungen gewähren konnte. Wenn das so ist – und das ist in der Praxis nicht unüblich, dass es sich halt manchmal nicht in dem ursprünglich ins Auge gefassten Zeitraum ausgeht –, dann sind solche Fristerstreckungen durchaus Usus, wenn sie begründet sind. Das waren sie in diesem Fall.
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Herr Abgeordneter, die letzte Frage in dieser Runde.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Haben Sie vielleicht auch eine Erklärung, warum das Gutachten erst am 16. November im Parlament eingegangen ist? Wissen Sie, wann Sie es ans Wirtschaftsministerium übermittelt haben?
Mag. Michael Radasztics: Also es ist so: Das betrifft jetzt eine Frage der Aktenvorlage. Bei der Aktenvorlage bin ich, wie gesagt, in gewisser Weise anregende Person, aber auch durchführende Person.
Das war im konkreten Fall ein Stichtagsproblem. Sie kennen wahrscheinlich die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes – ich glaube, im BVT-Verfahren –, was die Stichtagsproblematik betrifft. Wenn also ein parallel laufendes Ermittlungsverfahren anhängig ist, dann gibt es keine – so der Verfassungsgerichtshof, so deute ich das – Verpflichtung zur laufenden Übermittlung von Aktenteilen, sondern dann hat im Wege einer ergänzenden Aktenanforderung durch den Untersuchungsausschuss eine Aktenübermittlung zu einem weiteren Stichtag zu erfolgen. Das ist hier im gegenständlichen Fall, wenn ich mich richtig erinnere – ich könnte in den Unterlagen nachschauen –, so gewesen. Die erste Anforderung war meines Erachtens im April 2018, wenn ich mich richtig erinnere. Das war für uns der erste Stichtag. Dann kam eine ergänzende Anforderung mit einem weiteren Stichtag, wobei ich jetzt nicht weiß, wann der gelegen ist. Im Zuge dieser ergänzenden Aktenvorlage haben wir auch das Konezny-Gutachten übermittelt.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Entschuldigung, Herr Vorsitzender! Meine letzte Frage wurde noch nicht beantwortet. Die Frage war, wann Sie das Gutachten ans Wirtschaftsministerium übermittelt hatten.
Mag. Michael Radasztics: Das habe ich sehr bald nach Erhalt Anfang Juli an das Wirtschaftsministerium übermittelt.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Staatsanwalt! Ich habe Ihnen die Quelle 63511 schon vorgelegt. Das ist im Wesentlichen Ihre erste Einschätzung des Falles. Darf ich Ihnen daraus zitieren, was Sie damals zu Beginn der ganzen Causa geschrieben haben? (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) – Es geht um das Dokument 63511, die Seite 32. Das ist das dritte Blatt des Auszugs. Dort schreiben Sie: „Zuletzt ist davon auszugehen dass im Rahmen des EADS-Konsortiums eine kriminelle Vereinigung gegründet wurde, um über Scheinverträge Gelder aus den Partnerunternehmen abzuziehen und für korrupte Zwecke verfügbar zu machen.“
Hat sich dieser Anfangsverdacht erhärtet durch die Ermittlungen, die Sie in den letzten Jahren zu diesem Fall geführt haben?
Mag. Michael Radasztics: Ich würde sagen, zum Status quo zum gegenständlichen Zeitpunkt hat er sich zwar nicht erhärtet, aber er ist auch nicht ganz weg. Es ist für mich immer noch – und das ist die ganz grundsätzliche Frage dieses Verfahrens – die Implementierung von Vector aus einer rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise heraus als Wirtschaftsstaatsanwalt nicht nachvollziehbar. Die muss also irgendwelche anderen Gründe haben. Über diese Gründe kann ich sozusagen derzeit spekulieren. Da kann ich bestimmte Mutmaßungen anstellen. Bindend beurteilen möchte ich sie derzeit vor Abschluss aller Ermittlungen noch nicht. Ich muss die Beantwortung so stehen lassen.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Ich danke Ihnen sehr. – Darf ich Ihnen das Dokument 39548 vorlegen? (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Dabei handelt es sich um ein Gedächtnisprotokoll einer Besprechung zwischen Ihnen, Hamberger, Duller und Peschorn. Wenn Sie auf dieser ersten Seite hinuntergehen, dann wird dort Folgendes festgehalten: „Es gibt eine Fülle von Ermittlungssträngen, die unterschiedlich weit vorangeschritten sind. Bei 2-3 Gegengeschäften ist der Ermittlungsstand so weit fortgeschritten, dass Anklagen bald möglich sein werden. Dies betrifft DANA und AMES“. – Können Sie sich an diese Besprechung und an diese Fälle erinnern und warum wurde hier noch keine Anklage erhoben?
Mag. Michael Radasztics: Ich kann mich an die Besprechung konkret nicht erinnern. Es gibt immer wieder mit vielen Verfahrensbeteiligten unterschiedliche Besprechungen. In einem solchen Verfahren muss man das auch machen, weil man versuchen muss, die entsprechenden Player mit ins Boot zu holen, beziehungsweise auch, um einen Informationsfluss an sich selbst möglichst nachhaltig zu erwirken. An die konkrete Besprechung kann ich mich nicht erinnern, es mag aber grundsätzlich sein, dass sie stattgefunden hat. Es ist durchaus so, ich kenne selbstverständlich diese Fakten, die hier angesprochen sind, also Dana und Ames. Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass man in einem Großverfahren wie diesem eigentlich keine Prognosen abgeben sollte. Insofern tue ich mir ja auch ein bisschen schwer.
Es war damals davon auszugehen, dass das Gutachten Konezny früher kommt, als es dann tatsächlich eingelangt ist. Das ist immer eine Prognose, wo ich sehe: Okay, jetzt könnte da etwas kommen und dann bin ich damit fertig. – Dann tritt einfach irgendein Sachverhalt ein oder auf, wo sich die Einschätzung und Prognose des Erledigungshorizontes wieder nach hinten verschiebt. Das ist eine - - In vielen Großverfahren erlebe ich so einen Fluss an Entwicklungen. Das kann man leider nicht hintanhalten, aber ich lerne aus solchen Dingen auch und versuche, meine Prognosen möglichst hintanzuhalten.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Ich danke Ihnen. – Für diese Runde ist das alles, Herr Vorsitzender.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Staatsanwalt, ich möchte das Ermittlungsverfahren gegen Gernot Rumpold wegen Missbrauchs der Amtsgewalt ansprechen. Da ging es vor allem um verdeckte Parteienfinanzierung im Vorhalt. Dieses wurde damals 2009 vom ermittelnden Staatsanwalt Mag. Hans-Peter Kronawetter eingestellt. In der Begründung wurde darauf verwiesen, dass die Rumpolds schon im Untersuchungsausschuss 2007 befragt wurden und eine weitere Einvernahme nicht mehr nötig ist. Es wurde auch darauf verwiesen, dass weitere Erhebungen nicht zielführend erscheinen. In weiterer Folge wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt. Man hätte davon ausgehen können, dass mindestens eine persönliche Befragung durch den Staatsanwalt und weitere Schritte, wie eine Kontoöffnung, durchaus sinnvoll gewesen wären.
Mittlerweile weiß man, dass die Initiative, die 100 % Communications von Rumpold zu beauftragen, um für EADS PR-Leistungen zu erbringen, vonseiten der FPÖ kam – namentlich Jörg Haider, Karl-Heinz Grasser und Sichrovsky. Aus Notizen von EADS und Eurofighter wurde auch ersichtlich, dass Mitarbeiter von EADS darum gebeten haben, Abstand von der Beauftragung von 100 % Communications zu nehmen, wegen illegaler Parteienfinanzierung. All die Dinge, die wir hier vorliegen haben – und ich lege hier das Dokument 62912 vor (der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt) – zeigen ein ähnliches Szenario wie bei der Telekom-Affäre, wo es zu einer Verurteilung von Herrn Rumpold gereicht hat. Jetzt ist meine Frage – wenn wir ganz konkret Indizien haben, die ein ähnliches System aufzeigen, wo es zu einer Verurteilung reicht –: Warum hat es da nicht einmal zu einer Einvernahme gereicht?
Mag. Michael Radasztics: Ich fange vielleicht einmal so an: Als ich in diesem Verfahren 2011 begonnen habe – und das betrifft konkret das Vector-Verfahren –, habe ich den Akt Rumpold gewissermaßen im historischen Rechtsbestand der Staatsanwaltschaft Wien vorgefunden. Ich hatte mit den Ermittlungen damals überhaupt nichts zu tun. Ich kann es Ihnen nicht beantworten. Ich weiß nicht, welche Überlegungen der damals zuständige Kollege konkret angestellt hat. Da kann ich nur spekulieren und das möchte ich in diesem Zusammenhang nicht.
In weiterer Folge könnte es natürlich hypothetisch sein, dass man – wenn einem in einem anderen Ermittlungsverfahren dann neue Ermittlungsergebnisse zur Kenntnis gelangen – prüft, ob eine Fortführung des früheren Verfahrens oder eine Wiederaufnahme in irgendeiner Form in Betracht kommt. Tatsache ist, dass es zwar gewisse Ermittlungen in Richtung Rumpold gegeben hat – wenn Sie im Stammverfahren nachsehen, werden Sie auch finden, dass es da sogar einmal eine Hausdurchsuchung gegeben hat, die dann zu einem Verfahren geführt hat –, nur hat man da einfach zusätzlich nichts gefunden, was eine geänderte Betrachtung der damaligen Sachlage gerechtfertigt hat.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Meine Frage an Sie als Staatsanwalt: Wären mit dem heutigen Wissensstand aus Ihrer Sicht weitere Ermittlungsschritte sinnvoll gewesen?
Mag. Michael Radasztics: Sie wollen von mir, dass ich jetzt mit dem Wissen ex post beurteile, was man ex ante, früher hätte tun sollen. Es tut mir leid, aber das ist mir ein bisschen zu spekulativ, das kann ich nicht beantworten.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Es ist jedenfalls aus dem Wissens- und Sachbestand, den wir hier vorliegen haben, nicht nachvollziehbar, warum es nicht einmal zu einer Befragung gekommen ist und warum keine Ermittlungen eingesetzt worden sind, die so dauerhaft gewesen wären, wie es beim Telekom-Skandal der Fall war.
Ich möchte in aller Kürze noch zu einem anderen Fragenkomplex kommen. Wir haben immer wieder im Untersuchungsausschuss die Problematik, dass Auskunftspersonen sich entschlagen und ganz besonders, dass Auskunftspersonen sich nicht mehr erinnern können. Jetzt ist das alles schon etwas länger her, dennoch wirkt das mitunter etwas abenteuerlich und wenig glaubwürdig. Wir haben gesehen – aufgrund eines Dokuments der Staatsanwaltschaft –, dass zentrale Personen unserer Untersuchung, nämlich Alfred Plattner, Frank Walter Petmecky und auch Klaus-Peter Kaindleinsberger nie zu einer Einvernahme geladen wurden – entsprechend dem Dokument, das uns vorliegt –, weil diese schon im Vorfeld angekündigt haben, nicht aussagen zu wollen.
Meine erste Frage ist: Können Sie uns erklären, wieso diese Personen nie zu einer Einvernahme geladen wurden?
Mag. Michael Radasztics: Ja, das kann ich – und Sie haben die Begründung eigentlich in der Frage schon vorweggenommen –: weil diese Personen vorab erklärt haben, dass sie nicht bereit sind, am Verfahren mitzuwirken. Sie müssen da die Verfahrensordnungen, die hier im Spiel sind, ein bisschen unterschiedlich sehen. Sie sind hier in der durchaus glücklichen Lage, dass es für sämtliche Auskunftspersonen kein generelles Auskunftsverweigerungsrecht gibt. Sie können Fragen stellen, und im Einzelfall ist zu diskutieren, ob die Frage zulässig ist oder nicht. Diese Möglichkeit sieht die Strafprozessordnung nicht vor. Dort ist vielmehr – auch basierend auf der Menschenrechtskonvention – vorgesehen, dass der Beschuldigte ein grundsätzliches Recht hat, am Verfahren überhaupt nicht mitzuwirken. Er hat daher ein generelles Auskunftsverweigerungsrecht, und wenn er erklärt, dass er von diesem Recht Gebrauch macht, dann ist eine Ladung dieser Person im Wesentlichen sinnfrei.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Meine Nachfrage - -
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Ihre Redezeit ist erschöpft, Sie können das in der anschließenden - -
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Die ist glaube ich nicht erschöpft, Herr Vorsitzender, aber bitte schön.
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Nein, die Redezeit ist erschöpft. Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Zu den Gegengeschäften und der ausländischen Wertschöpfung habe ich die Zahlen vorgetragen, mehr ist dazu im Moment nicht zu sagen. Ich hoffe, dass die alle eingesperrt werden, aber das ist eine persönliche Bemerkung.
Am Ende des Gutachtens, Teil III, gibt es so eine Zusammenfassung. Ganz zum Schluss ist der Punkt (v): „Die Vermittlung durch individuelle Initiative, die zur Anrechnung von Geschäften mit ‚nicht qualifizierten Dritten‘ als Gegengeschäfte vorausgesetzt wird, konnte nur in wenigen in die Befundaufnahme einbezogenen Fällen nachvollzogen werden. In den überwiegenden ‚Vermittlungsfällen‘ konnte nicht festgestellt werden, welche Leistungen erbracht wurden, die den Anforderungen einer Vermittlung genügten. Als Grundlage liegen nur sehr allgemein gehaltene Angaben vor. Es konnten zwar teilweise Schreiben festgestellt werden, in denen sich Vertreter österreichischer Unternehmen für die ‚erfolgreiche Vermittlung‘ bedanken, doch konnten die Aussteller dieser Schreiben sich an diese Schreiben nicht erinnern oder gaben an, dass dieser Dank auf Vermutungen, aber jedenfalls nicht auf eigenen Wahrnehmungen einer konkreten Vermittlungsleistung basierte.“
Mir sind beim Gutachten ein paar Sachen aufgefallen, und ich frage Sie, ob Sie das auch festgestellt haben. Ist Ihnen aufgefallen, dass die Dankesschreiben etlicher Unternehmen wortgleich und offensichtlich standardisiert vorgefertigt waren?
Mag. Michael Radasztics: Das dürfte so gewesen sein, ja.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Das heißt, da sind gar keine Gegengeschäfte zustande gekommen, das Unternehmen weiß auch nichts davon. Die Unternehmer sagen meistens ganz ehrlich: Nein, war eh nichts, und dann gibt es offensichtlich bausteinartige Dankesschreiben, die dann an die jeweiligen Vermittler, die dafür Provisionen kassieren, obwohl sie nichts getan haben, gerichtet werden. Entspricht das ungefähr den Tatsachen?
Mag. Michael Radasztics: Ich sehe das grundsätzlich schon auch so, dass es hier tatsächlich gewisse Schimmelbriefe, die Verwendung gefunden haben, gegeben hat, Musterbriefe gewissermaßen. Das ist natürlich ein gewisses Indiz, und das geht jetzt wieder tief in die Beweiswürdigung hinein. Es heißt aber natürlich jetzt auch noch nicht zwingend, dass die Vermittlung nicht stattgefunden hätte, nur weil man einen Standardbrief verwendet. Da muss man vorsichtig sein.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Nein, aber wenn man Schimmelbriefe verwendet und sich der Unternehmer an kein Gegengeschäft erinnern kann, dann liegt doch der Schluss nahe, dass es sich hier um kein Gegengeschäft handelt. (Heiterkeit des Fragestellers.)
Mag. Michael Radasztics: Unter Umständen ja, aber da muss man wirklich immer den Gesamtfall mit allem Für und Wider betrachten. Es ist jedenfalls notwendig, dass man das einer gesamthaften Betrachtung zuführt.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Bei diesem System – ich bezeichne es als Gegengeschäftsfälschungssystem –: Sind Sie bei Ihren Ermittlungen draufgekommen, wer diese Schimmelbriefe – also praktisch die Muster für diese Schimmelbriefe – verfasst hat? Diese Bausteine muss ja irgendwer geschrieben haben.
Mag. Michael Radasztics: Ist mir jetzt nicht in Erinnerung, das müsste ich nachforschen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Wo tauchen diese Schimmelbriefe zum ersten Mal auf?
Mag. Michael Radasztics: Soweit ich mich erinnern kann, ist das erstmals bei der Prüfung von Gegengeschäften durch den Sachverständigen zutage getreten, weil er einfach von den jeweiligen Gegengeschäftspartnern Unterlagen angefordert hat. Er hat ihnen jeweils die gesamten Unterlagen zu den Geschäftsfällen abgefordert, und da waren derartige Schreiben enthalten.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Die Beamten des Wirtschaftsministeriums haben das alles nicht angefordert?
Mag. Michael Radasztics: Das kann ich im Einzelnen nicht sagen. Was ich schon in der vorherigen Runde gesagt habe: Es hat Überprüfungen gegeben, und es hat auch Beanstandungen gegeben. In welcher Intensität da nachgeforscht wurde und ob diese Schreiben überhaupt vorgelegt wurden, kann ich Ihnen nicht genau sagen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich kann es Ihnen schon sagen: Wir sind seinerzeit bei unseren Recherchen auf die absurdesten Geschichten, zum Beispiel Ramonda, draufgekommen. Daraufhin haben wir das dem Wirtschaftsminister gezeigt, der sich an den Kopf gegriffen und gesagt hat: Das ist doch wohl nicht möglich! – Da er versucht hat, das wirklich korrekt zu überprüfen, hat er seinen Beamten gesagt: Bitte, schaut euch das an! – Dann sind seine Beamten plötzlich draufgekommen, dass es möglicherweise doch nicht passt. Damit ich das Handeln der Beamten beurteilen kann, interessiert es mich einfach: Sind denen diese Schimmelbriefe vorgelegen? Die hätten ja sehen müssen, dass die von verschiedenen Firmen alle ident – wortident – sind, im Sinne von: Ich bedanke mich für das segensreiche Gegengeschäft, das ich den tollen Eurofighter-Flugzeugen zu verdanken habe.
Mit solchen Schimmelbriefbausteinen - -
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist vorbei.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Geben Sie mir noch ein bisschen mehr, das ist total spannend. (Allgemeine Heiterkeit.)
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Die Auskunftsperson ist am Wort.
Mag. Michael Radasztics: Ich versuche, da zwei Fragen rauszusehen. Die eine Frage jetzt im Zusammenhang mit Ramonda und Anrechnungen: Ramonda ist, wie Sie wissen, ein eigenes Verfahren bei uns; wobei das etwa schon ein Beispiel ist, wo die Anrechnung zumindest einmal in einem ersten Schritt hinterfragt wurde und nicht alles, was eingereicht wurde, auch angerechnet wurde (Abg. Pilz: In einem späten Schritt!), nämlich, ich glaube, zur Hälfte. Ich habe aber keine konkrete Aktenkenntnis, ob Beamte des Wirtschaftsministeriums diese Briefe kannten oder nicht kannten.
*****
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Herr Abgeordneter Gerstl – letzte Fragerunde.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Staatsanwalt, der Gutachter Dr. Konezny kommt in seiner Schlussfolgerung zur Ansicht, dass es eine Rechtsfrage wäre, wie die Bestimmungen des Gegengeschäftsvertrages auszulegen wären. Wie gehen Sie mit dieser Rechtsfrage um?
Mag. Michael Radasztics: Na ja, das ist vor allem eine Frage, die dann hineinspielt - -Ich darf die Antwort vielleicht zweiteilen. Der eine Teil betrifft die Frage, wie der Begriff etwa der Vermittlung auszulegen ist. Da hat der Gutachter recht, wenn er das als Rechtsfrage bezeichnet – auch vor dem Hintergrund, dass dieser Begriff juristisch aufgeladen ist. Das ist kein rein betriebswirtschaftlicher Begriff, sondern er ist juristisch aufgeladen. Er wird in verschiedenen Gesetzen verwendet, beispielsweise in diversen Maklergesetzen und Verordnungen. Das ist also ein Rechtsbegriff, den der Gutachter als solcher tatsächlich sozusagen anreißen kann und seine Sicht der Darstellung geben kann, der aber letztlich in der Beurteilung bei den Justizorganen liegt.
Es ist völlig richtig, dass man diese Frage letztlich wird beurteilen müssen, und dies vor allem – und das ist jetzt der zweite Teil meiner Antwort – auch vor dem Hintergrund der subjektiven Tatseite, weil man natürlich auch beurteilen muss, wie und inwieweit sich die Vorsatzebene hier auf einen allfälligen Betrug auch im Zusammenhang mit Vermittlungsleistungen erstreckt.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Wirkt sich das vorliegende Gutachten Konezny auf das Ermittlungsverfahren gegen Mag. Darabos aus?
Mag. Michael Radasztics: Das Konezny-Gutachten? Das würde ich jetzt einmal auch - - Ohne es abschließend beurteilen zu können und zu wollen, nach der Status-quo-Frage würde ich sagen: Nein.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Das Weber-Gutachten?
Mag. Michael Radasztics: Das Weber-Gutachten hat natürlich auch für das Darabos-Verfahren gewisse Implikationen, etwa jetzt, was die Frage einer allfälligen Schadenshöhe betrifft. Da aber das Weber-Gutachten, wie ich vorher schon dargestellt habe, ja eigentlich noch nicht – unter Anführungszeichen gesetzt – „fertig“ ist, werden wir das erst wirklich beurteilen können, wenn es letztlich unbeanstandet am Tisch liegt.
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Letzte Frage zur Strafanzeige des Verteidigungsministeriums: Welche Tatbilder der objektiven Tatseite beziehungsweise der subjektiven Tatseite liegen derzeit vor?
Mag. Michael Radasztics: Das ist wieder eine rechtliche Einschätzung. Also abschließend kann ich es nicht beurteilen, es ist in alle Richtungen ermittlungsgegenständlich. Das heißt, wir prüfen sowohl die objektive Ebene und haben damit nicht vollständig abgeschlossen; wir müssen aber natürlich auch die subjektive Ebene noch ergänzend prüfen, die wir letztlich, da die Beschuldigten nicht mitwirken, aus den Unterlagen herausfiltern müssen. Es ist beides noch verfahrensgegenständlich.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Sehr geehrter Herr Staatsanwalt, ganz allgemein: Wie beurteilen Sie den bisherigen Verlauf der Verfahren? Sind da Prozesse aus Ihrer Erfahrung auffallend in die Länge gezogen oder durch andere Erschwernisse belastet worden?
Mag. Michael Radasztics: Ich habe schon einige Großverfahren begleitet beziehungsweise auch alleine geführt. Es sind hier Probleme, die in vielen Großverfahren immer wieder auftreten, zu beobachten. Durch die Notwendigkeit, aus dem Ausland Unterlagen beizuschaffen, ergeben sich immer gewisse Verzögerungen und Verzögerungsmomente, die vorab von uns überhaupt nicht einzuschätzen sind.
Es ist auf der anderen Seite auch - - Wenn man etwa den heute schon angesprochenen Herrn Kaindleinsberger ansieht, der Steuerberater ist oder zumindest war: Da haben wir eine Hausdurchsuchung durchgeführt, die letztlich zu einer Sicherstellung von Unterlagen geführt hat. Der Herr Beschuldigte hat seinen Rechten entsprechend einen Widerspruch gegen diese Sicherstellung erhoben. In weiterer Folge ist das Regime dieses Widerspruchsverfahrens in Gang gesetzt worden. Das ist in § 112 Strafprozessordnung geregelt, einer, wie ich an mehreren Stellen schon deponiert habe, praxishinderlichen Regelung, die dazu führt, dass die Sichtung von sichergestellten Unterlagen letztlich über mehrere Jahre – man muss es so sagen, es sind Jahre – aus rechtlichen Gründen unterbleibt.
Das funktioniert so – wenn ich es nur ganz kurz darstellen darf –: Zunächst muss der Beschuldigte bezeichnen, welche Unterlagen seiner Ansicht nach nicht verfahrensrelevant sind. Das ist, wenn Sie einen Exchange-E-Mail-Server mit, ich weiß nicht, drei Gigabyte sicherstellen, schon einmal eine Herausforderung. In weiterer Folge hat das Gericht zu beurteilen, ob es sein könnte, dass hier berufliche Verschwiegenheitspflichten greifen, und erst dann in weiterer Folge – mit Instanzmöglichkeit zum OLG – sieht die Staatsanwaltschaft erstmals diese Unterlagen. Da haben wir Verfahren, bei denen das drei, vier Jahre dauert. In der Zeit sehen Sie als Staatsanwalt keine Unterlagen.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Haben Sie auch einen Einblick in die Tätigkeit Ihrer Vorgänger?
Mag. Michael Radasztics: Na ja, natürlich! Ich kann mir einen Akt konkret beischaffen, den kann ich lesen, und dann sehe ich, was der Vorgänger gemacht hat, nicht.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Ja, danke! – Gab es da allgemein vielleicht auch so auffällige Ermittlungserschwernisse oder Verzögerungen?
Mag. Michael Radasztics: Ich muss Ihnen sagen, ich habe jetzt nicht Akten von Kollegen, alte Akten, dahin gehend überprüft. Das weiß ich jetzt nicht.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Aber keine etwaigen Verfehlungen oder so etwas in diese Richtung?
Mag. Michael Radasztics: Es ist mir in diese Richtung jetzt nichts untergekommen oder geläufig.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Können Sie uns vielleicht mitteilen, ob sich Airbus oder Eurofighter beziehungsweise EADS bei den laufenden Strafverfahren kooperativ gezeigt haben?
Mag. Michael Radasztics: Na ja, kooperativ? – Ich möchte es ein bisschen ausführlicher beantworten, damit nicht ein reines Ja oder Nein stehenbleibt.
Kooperativ gezeigt haben sie sich nicht, nur – auf der anderen Seite – müssen sie das auch nicht. Ich kann - - Für mich hat das keinerlei Erklärungswert, wenn jemand von einem Verfahrensrecht Gebrauch macht. Der kann etwas sagen, der kann nichts sagen – für mich unterliegt das keiner bestimmten Würdigung. Ich kann nur sagen, sie beteiligen sich nicht am Verfahren, und das müssen sie nicht. – Punkt.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Ja, vielen Dank. – Sind seit April dieses Jahres vielleicht neue, den Untersuchungsgegenstand betreffende Verfahren eingeleitet worden? Oder generell: Haben Sie eine aktuelle Übersicht zu den Verfahren, die Sie vielleicht dem Ausschuss zur Verfügung stellen dürfen?
Mag. Michael Radasztics: Also ich habe keine derartige Übersicht mit. Die grundsätzliche Übersicht haben Sie. Es ist, wenn ich mich jetzt richtig erinnere, kein weiteres Verfahren mit einer neuen Zahl eingeleitet worden. Wir haben durch die Sachverhaltsdarstellung gegen Frau Mag. Bund im Verfahren Hödl – die von Herrn Abgeordneten Bernhard eingebracht wurde – Frau Mag. Bund als Verdächtige nachgetragen. Das ist, glaube ich, das was seit dem letzten Stichtag, seit der letzten Aktenvorlage dazugekommen ist. Ich hoffe, das stimmt so.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Ja, danke schön! – Ich weiß jetzt nicht, ob Sie das so sagen dürfen, aber uns stellt sich noch die Frage, ob sich Verfahren aus dieser Eurofighter-Causa dem Ende nähern, sodass wir eventuell noch in der Periode des laufenden Untersuchungsausschusses mit Ergebnissen rechnen könnten?
Mag. Michael Radasztics: Ich komme jetzt auf das zurück, wo mir vorher Herr Abgeordneter Bösch zurecht vorgehalten hat, dass ich 2014 irgendeine Einschätzung abgegeben hätte. Ich lerne auch dazu und bin vorsichtig.
Sie müssen in dem Zusammenhang auch bedenken: Wir haben eine Berichtspflicht. Die Berichtspflicht ist also so, dass ich mein Vorhaben der Oberstaatsanwaltschaft Wien vorzulegen habe, die das mit einer Stellungnahme ans Bundesministerium weiterleitet und letztlich dort der Entscheidungsprozess unter Zuziehung des Weisungsrates abgeschlossen wird – und dann geht es wieder retour.
Das ist sozusagen – abgesehen von meiner eigenen Einschätzung – auch noch etwas, was man nicht wirklich prognostizieren kann, wie lange es dort dauert, bis dann über einzelne Verfahrensabschnitte effektiv entschieden werden kann. Versprechen kann ich es leider nicht.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Vielen Dank, Herr Staatsanwalt, für die Beantwortung unserer Fragen! Wir überlegen, ob wir Sie nicht eventuell auch nach Beendigung der Verfahren, wenn es Ergebnisse gibt, zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal einladen dürfen, und wären sehr froh, wenn Sie dann auch dieser Einladung folgen würden.
Mag. Michael Radasztics: Sehr gerne.
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Vielen Dank!
Mag. Michael Radasztics: Meinen Sie jetzt, auf einen Kaffee oder - - (Allgemeine Heiterkeit.)
Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Wenn Sie der Einladung Folge leisten, wäre das schon genug. – Danke schön!
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Staatsanwalt, wir sind in den Akten der Oberstaatsanwaltschaft wieder auf den Namen Franz Borth gestoßen. Franz Borth war ein Beamter des Wirtschaftsministeriums in der Phase der Vertragserstellung und hat dort interne und vertrauliche Informationen direkt aus dem Wirtschaftsministerium an EADS geliefert. Wir hatten ihn im vorigen Untersuchungsausschuss als Auskunftsperson vor uns sitzen. Ist Ihnen dieser Fall bekannt und haben Sie ihn strafrechtlich gewürdigt?
Mag. Michael Radasztics: Ja, der Sachverhalt ist mir bekannt, und ich habe ihn strafrechtlich gewürdigt, ja.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Was war das Ergebnis?
Mag. Michael Radasztics: Das Ergebnis war, dass es zu einer Einstellung des Verfahrens gekommen ist. Wenn ich mich richtig erinnere – aber das müssten Sie im Stammverfahren haben –, war der Grund letztlich eine Würdigung des gesamten Geschehens möglicherweise als § 310 StGB, also als Geheimnisverrat, der allerdings zu dem Zeitpunkt, als wir auf die Sache gestoßen sind, schon verjährt war.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Ich danke sehr. Keine weiteren Fragen.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Abschließende Frage meinerseits, das Thema Vector-Netzwerk betreffend: Hier hatten wir heute mehrfach die Thematik, ob Rechnungen zu Recht oder zu Unrecht gestellt worden sind.
Das konkrete Beispiel war Columbus, das Rechnungen an Vector für die Vermittlung der Gegengeschäfte an FACC gestellt hat, während der Geschäftsführer von FACC, nämlich Walter Stephan, damals angab, dass es nie Vermittlungen gab. Die Summe der angegebenen Provisionen beträgt hier mehrere Millionen Euro.
Meine ganz konkrete Frage ist: Haben Sie Kenntnis, wo am Ende des Tages, bei welchen Privatpersonen diese Provisionszahlungen tatsächlich gelandet sind?
Mag. Michael Radasztics: Teilweise, wir sind noch nicht vollständig mit sämtlichen Kontenöffnungen und Analysen durch. Teilweise haben wir diese Kenntnis. Es ist eine buntgefächerte Palette, wo man teilweise aber noch weitere Ermittlungen machen muss – etwa über die letzte Tranche der Vector-Gelder, die ja letztlich in die Mongolei gegangen sein dürfte oder vielleicht auch nicht. Da sind wir mit den Ermittlungen noch nicht ganz am Ende, aber teilweise konnten wir die Zahlungen und wo sie gelandet sind zuordnen.
Das ist teilweise sozusagen – jetzt ohne dass es weiteren Ermittlungsbedarf gibt - - Wenn ich als Beispiel Zahlungen nenne, die sich Lande einbehalten hat: Das hat er einbehalten und ist dann allenfalls Teil des italienischen Verfahrens, aber daraus ergibt sich dann für uns sozusagen kein weiterer Ermittlungsbedarf.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Meine abschließende Nachfrage genau zu diesem Komplex: Besteht für Ihre Behörde die Möglichkeit, Vermögenswerte der Beschuldigten zu beschlagnahmen, damit sich später die Republik daran auch schadlos halten kann, wenn Ihre Ermittlungen ergeben, dass für diese Provisionszahlungen keine Geschäftsgrundlage besteht, und dann dadurch möglicherweise auch eine Betrugsabsicht festgestellt wird?
Mag. Michael Radasztics: Wenn eine ausreichende Verdachtslage vorliegt, dann sind Sicherstellungen und nachfolgende Beschlagnahmungen grundsätzlich rechtlich möglich, ja.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ist das auf Stand der Ermittlungen derzeit noch im Bereich des Möglichen?
Mag. Michael Radasztics: Ja, natürlich, so etwas ist grundsätzlich immer im Bereich des Möglichen, ja.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Vielen Dank!
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich habe eigentlich nur noch eine kleine Nachfrage: Der Gutachter Konezny ist ja nicht von der Amtsverschwiegenheit befreit worden, deswegen können wir ihn heute Nachmittag auch nicht befragen. Wie weit war das Justizministerium in diese Entscheidung, ihn nicht von der Amtsverschwiegenheit zu entbinden, einbezogen?
Mag. Michael Radasztics: Das Justizministerium war insoweit eingebunden, als mich der Sachverständige Konezny von der Ladung in Kenntnis gesetzt hat, und er mir auch ein Schreiben geschickt hat, ob ich ihn von der ihn treffenden Verschwiegenheitspflicht entbinde.
Ich habe dieses Schreiben im Berichtsweg an die Oberstaatsanwaltschaft weitergeleitet – und es ist, nehme ich an, auch weiter ans Ministerium gegangen –, in dem ich den Standpunkt vertreten habe, dass ich keine Rechtsgrundlage dafür finden kann, ihn zu entbinden, weil sich diese gesetzliche Verschwiegenheitsverpflichtung rein und nackt aus dem Gesetz selbst ergibt und ihm von mir nicht im Bestellungsakt überbunden wurde. Daher war ich der Auffassung, ich kann das nicht rückgängig machen. Ich habe diese Rechtsansicht gegenüber den Oberbehörden vertreten, die dem beigetreten sind und dem nicht widersprochen haben.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Sie wissen ja, dass bei uns, ich glaube, der Verfahrensrichter eine etwas andere Rechtsauffassung hat. Das ist eine Rechtsfrage, die wir hier nicht ausdiskutieren können.
Aber: Haben Sie nicht erwogen, nach Rückfrage auch mit uns als Anfordernden zu versuchen, gemeinsam diese Rechtsfrage zu klären und einmal zu schauen, ob der Weg über die OStA möglich ist, diese Entbindung zu erreichen?
Mag. Michael Radasztics: Ich bin davon in Kenntnis, dass das schon grundsätzlich der Herr Sachverständige versucht hat, indem er mit dem Herrn Verfahrensanwalt diesbezüglich konferiert hat; ob mit dem Herrn Verfahrensrichter konkret, weiß ich nicht. Ich hatte in diesem Zusammenhang auch ein Telefonat mit dem Herrn Verfahrensrichter, in dem er mir seine Ansicht dargelegt hat und ich ihm meine Ansicht dargelegt habe.
Sie haben recht, das ist eine Rechtsfrage, aber wenn ich der Rechtsauffassung bin, dass ich eigentlich nicht entbinden kann, dann ist es mir nach meinem Rechtsverständnis einfach verwehrt, dass ich da trotzdem versuche, das irgendwie zu umgehen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Okay. Danke.
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Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Da die Befragungszeit noch nicht erschöpft ist, frage ich den Herrn Verfahrensrichter, ob er noch eine Frage an die Auskunftsperson hat.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Danke, Herr Vorsitzender! – Herr Staatsanwalt! Sie haben während Ihrer Anhörung gesagt, dass Werner als Berechtigter von City Chambers bei Ihren Erhebungen doch Angaben gemacht hat (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!), wo allerdings wieder unser Spezialitätsproblem zum Tragen kommt.
Was mich jetzt interessiert – und das kann davon, glaube ich, nicht erfasst sein –: Hat er die Höhe und überhaupt die Ursache des Honorars erklären können? Hat er es zumindest versucht?
Mag. Michael Radasztics: Es hat eine Erklärung von seiner Seite gegeben, die - - Also er hat umfänglich ausgesagt und hat grundsätzlich ein Erklärungsmuster gegeben, das wir letztlich im Wege der Beweiswürdigung sozusagen zu würdigen haben werden, ob wir ihm in dieser Verantwortung folgen oder nicht.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Was hat er da so im Groben gesagt?
Mag. Michael Radasztics: Ganz im Groben hat er gesagt, dass die Beauftragung eigentlich schon zu einem viel früheren Zeitpunkt stattgefunden hat, als letztlich die schriftliche Vertragswerdung war, und dass seine Leistungen, nämlich Beratungsleistungen, auch schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt, nämlich vor Vertragsabschluss, erfolgt sind und natürlich aus seiner Sicht der Dinge vollständig rechtlich gedeckt und vertraglich gedeckt erfolgt sind.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Jawohl. – Uns beschäftigt noch ein Problem: Wie kam diese Ersetzungsbefugnis in den Vertrag? Wir wissen, es war ursprünglich nicht vorgesehen. (Auskunftsperson Radasztics: Mhm!) Es sollte zwar einmal eine Übergangslösung angeboten werden, es wurde dann aber nicht weiter angedacht; und Bergner hat uns bei seiner Befragung gesagt, Wall habe schlicht und ergreifend dann gesagt, er könne sich nicht mehr erinnern.
Haben Sie Erkenntnisse, wie im wirklich letzten Moment diese Ersetzungsbefugnis in das Vertragswerk gekommen ist, offenbar unter Umgehung dieser zahllosen Kommissionen, die ja vorhanden waren – ich glaube, fünf waren es insgesamt –, um das Vertragswerk zu begutachten?
Mag. Michael Radasztics: Ich kann es Ihnen jetzt aus der Erinnerung an die Aktenlage nicht beantworten. Die Frage ist ja schon zuvor in der Befragung angeklungen. Ich kann mich so viel an die Befragungen erinnern, dass es auf jeden Fall auf Wunsch des Herstellers passiert ist, vor dem Hintergrund, dass eben noch nicht ganz klar war, wann tatsächlich faktisch mit der Produktion von T2-Maschinen begonnen werden kann.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Aber wer das dann faktisch dort hineingebracht hat - -
Mag. Michael Radasztics: Habe ich leider im Augenblick keine - -
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Wissen Sie auch nicht?
Mag. Michael Radasztics: Nein.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Jetzt eine letzte Frage: Ich denke, Vector ist ja im Endeffekt auch ein Kind von EADS, und EADS kann meiner Meinung nach kein Interesse daran gehabt haben, dass 183 Millionen Euro sozusagen auf einzelne Privatpersonen verteilt werden.
Die Frage ist also jetzt – und darüber denken wir alle hier und Sie selbstverständlich auch nach –: Gibt es einen größeren erkennbaren Zweck hinter diesem Netzwerk? Das kann einerseits sein, um Geld für korrupte Zwecke zu beschaffen; da haben wir aber bis jetzt gehört, Sie haben keinen Anhaltspunkt zu Zahlungsflüssen an Entscheidungsträger.
Die zweite Frage, die ich jetzt nur aufgrund eines Medienberichtes – ich glaube, „Der Spiegel“ war es – ins Spiel bringe, ist jene der schwarzen Kassen. Sollte da für andere Korruptionsfälle so quasi eine schwarze Kasse geschaffen werden? Gibt es da im Verfahren irgendeinen Anhaltspunkt dazu?
Mag. Michael Radasztics: Wieder muss ich mich ein bisschen auf eine spekulative Ebene begeben. Ich kann – und das habe ich, glaube ich, heute schon gesagt – auf einer rein betriebswirtschaftlichen Ebene nicht nachvollziehen, warum es diesen Vertrag und diese Zahlung mit Vector gegeben hat.
Ich will nur ein paar Punkte herausgreifen: Beispielsweise war der erste Meilenstein an Gegengeschäften eigentlich schon in trockenen Tüchern, als es zur Vertragswerdung kam. EADS Deutschland hatte eine eigene Gegengeschäftsabteilung, die durchaus in der Lage war – personell besetzt –, die Vermittlung von Gegengeschäften anzugreifen und aufzugreifen. Also eine wirkliche Notwendigkeit der Bestellung von Vector habe ich 2011 nicht gesehen und sehe sie bis heute nicht. Wie letztlich die Zahlungen verteilt wurden und welchen eigentlichen Zweck das hatte, ist für mich immer noch ein Gegenstand, der im Dunklen liegt, und Gegenstand von Mutmaßungen.
Es sind bestimmte Dinge feststellbar: Es ist feststellbar, dass sich bestimmte Leute sozusagen, ich will nicht sagen bereichert haben, das klingt so unredlich, aber dass sie die Gelegenheit erkannt haben, dass hier Geld auf der Straße liegt, das man mitnehmen könnte. Was aber jetzt der wirkliche Zweck dieser Konstruktion war, aus Vector- und EADS-Sicht, das kann ich Ihnen leider nicht beantworten. Ich wüsste es auch gern und ich wäre dankbar, wenn es diesem Untersuchungsausschuss gelingt, diese Frage zu klären.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Wir bleiben diesbezüglich in Kontakt. (Heiterkeit. – Abg. Plessl: Wir sind politisch verantwortlich!) – Ich danke Ihnen vielmals.
Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Da keine weiteren Fragen mehr vorliegen, erkläre ich die Befragung der Auskunftsperson für beendet. Ich bedanke mich für Ihr Erscheinen, Herr Mag. Radasztics.