180/KOMM XXVI. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem "Eurofighter Typhoon" von Anfang 2000 bis Ende 2017 (1/US XXVI. GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Stephan Hutter in der 20. Sitzung vom 7. März 2019

Der Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem "Eurofighter Typhoon" von Anfang 2000 bis Ende 2017 hat in seiner 26. Sitzung am 23. Mai 2019 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Stephan Hutter nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

Wien, 2019 05 23

 

                Mag. (FH) Maximilian Unterrainer                                                  Johann Rädler

                                     Schriftführer                                                               Vorsitzender-Stellvertreter


 





 

Untersuchungsausschuss

zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ von Anfang 2000 bis Ende 2017

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

20. Sitzung/medienöffentlich

Donnerstag, 7. März 2019

Gesamtdauer der 20. Sitzung

10.02 Uhr – 17.56 Uhr

Lokal 7


Befragung der Auskunftsperson Dr. Stephan Hutter

Vorsitzender Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Sitzung wird medienöffentlich fortgesetzt. Ich begrüße die Damen und Herren Medienvertreter und darf das Wort an den Herrn Verfahrensrichter zur Belehrung und zur Erstbefragung übergeben. – Bitte sehr, Herr Dr. Rohrer.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Herr Dr. Hutter, mein Name ist Dr. Rohrer, ich bin der Verfahrensrichter. Ich darf Sie auch im eigenen Namen begrüßen und Sie im Namen und im Auftrag des Herrn Präsidenten über Ihre Rechte und Pflichten belehren.

Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ als Auskunftsperson zum Thema I des Untersuchungsgegenstandes – unzulässige Zahlungsflüsse – angehört.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich auf diese schriftliche Belehrung hin und betone insbesondere, dass Sie verpflichtet sind, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 1 und 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.

Weiter weise ich Sie auf die Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Alle im Untersuchungsausschuss vorgelegten Unterlagen dürfen von der Auskunftsperson nach Beendigung der Befragung nicht an sich genommen werden, sondern haben auf dem Platz zu verbleiben.

Herr Dr. Hutter, Sie sind berechtigt, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, deren Gesamtdauer bitte 20 Minuten nicht überschreiten sollte. Wollen Sie so etwas tun? (Auskunftsperson Hutter: Ja, bitte!) – Bitte.

Dr. Stephan Hutter: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Verfahrensrichter! Sehr geehrter Herr Verfahrensanwalt! Ich möchte gerne die mir für eine Einleitung zugewiesene Zeit nutzen, um mich kurz vorzustellen und um Ihnen vielleicht auch vorab kurz so ein bisschen die US-amerikanische rechtliche Situation zu erklären, in der wir uns mit unserer Tätigkeit bewegt haben.

Ich bin 57 Jahre alt, verheiratet, habe zwei Kinder, komme ursprünglich aus Vorarlberg, habe in Wien studiert, habe nach meinem Studium in Wien ein Postgraduatestudium in Amerika absolviert,[1] bin 1987 in New York als Anwalt zugelassen worden, habe 25 Jahre für eine andere amerikanische Anwaltskanzlei, Shearman & Sterling, gearbeitet, die ersten acht Jahre davon in New York, und als ich Partner wurde, wurde ich damals nach Frankfurt versetzt, um dort ein Büro für die Kanzlei zu eröffnen. Ich bin jetzt seit sieben Jahren bei Skadden, Arps, einer ebenfalls amerikanischen Kanzlei, und ich bin dort, wie auch bei meiner alten Kanzlei, unter anderem für unser Geschäft in Österreich und in der Schweiz zuständig.

Ich habe mich von meinem Tätigkeitsgebiet früh auf Wirtschaftstransaktionen, Unternehmensübernahmen und große Finanzierungen und in dem Zusammenhang auf Corporate-Governance-, Compliance-Themen, insbesondere immer an der Schnittstelle zwischen Europa – Deutschland, Schweiz, Österreich – und den USA, spezialisiert.

In Österreich habe ich seit Mitte der Neunzigerjahre relativ viel, immer wieder Geschäft gemacht. In den Neunzigerjahren waren die Privatisierungen – Telekom Austria, ÖMV, Austria Tabak –, es wurden viele Börsengänge für Unternehmen wie AT&S und Zumtobel betreut und zuletzt wurde für die Republik Österreich 2014, 2015 zunächst die Republik und dann das Land Kärnten bei der Schuldenregulierung der ehemaligen Hypo Alpe-Adria beraten. Wir haben diese ganzen Anleiherückkäufe und so weiter federführend anwaltlich begleitet.

Vielleicht noch ein Wort zu Skadden: Skadden ist eine der führenden internationalen Anwaltskanzleien mit Hauptsitz in New York. Wir haben etwa 1 700 Anwälte weltweit, und unser Geschäft gliedert sich eigentlich in zwei Säulen. Die eine ist, was wir Transactions nennen – das ist all das, was ich jetzt erwähnt habe: Finanzierungen, Unternehmenstransaktionen, Restrukturierungen –, und die zweite nennt sich bei uns Controversy – das ist alles, was mit Rechtsstreitigkeiten, auch mit regulatorischen Themen und Compliance-Themen zu tun hat.

Wir sind in den USA, ich will jetzt nicht sagen die führende, aber eine der führenden Kanzleien für Themen wie Compliance und Corporate Governance. Warum ist das so? – Das ist so, weil wir auch die führende Kanzlei für große Wirtschaftstransaktionen in den USA und für diese regulatorischen Themen sind – insbesondere Themen, die mit Korruption, mit Geschäften in sanktionierten Ländern und mit Restriktionen von Investitionen aufgrund von Sicherheitsinteresse zu tun haben. Das ist ein großer Teil unseres Transaktionsgeschäfts.

Bevor ich auf unsere Tätigkeit konkret eingehe, wollte ich vielleicht noch einmal ganz kurz voranstellen: Wie kommt es überhaupt, dass bei einer Transaktion zwischen zwei europäischen Vertragspartnern, nämlich einem aus Österreich und einem aus Deutschland, amerikanisches Recht zur Anwendung kommt und berührt ist?

Meine Damen und Herren, da muss man wissen, es gibt heute wahrscheinlich weltweit keine große Unternehmenstransaktion und keine große Finanzierung, bei der nicht direkt oder indirekt irgendwo US-amerikanisches Recht berührt oder impliziert ist. Warum ist das so? – Das ist so, weil der US-amerikanische Kapitalmarkt und der US-amerikanische Finanzierungsmarkt der größte Markt auf der Welt ist und weil heute alle Kapitalmärkte und alle Finanzierungsmärkte und auch Refinanzierungsmärkte, Settlement-Strukturen global vernetzt sind. Das ist auch so, weil in den USA viele der größten Finanzierer, Börsen und Abrechnungszentren stehen und weil es kaum eine große Transaktion gibt, bei der nicht eine US-amerikanische Bank, ein US-amerikanischer Private-Equity-Investor oder ein US-amerikanischer Kreditgeber involviert ist, und weil der amerikanische Regulator seinen vermeintlich größten und wichtigsten Markt auch über seine Grenzen hinaus schützen will, er vor allem in der heutigen Zeit der Vernetzung, der digitalen Kommunikation verhindern will, dass indirekt aus Ländern, die aus seiner Sicht nicht ein entsprechend anspruchsvolles Regularium haben, Verhaltensweisen indirekt Einfluss auf diesen aus seiner Sicht schützenswerten US-amerikanischen Markt haben, sodass er aus dem Selbstverständnis der Amerikaner heraus dann sagt: Dann finden meine Regularien eben auch außerhalb der USA Anwendung, wenn ich argumentieren kann, dass ich dadurch praktisch indirekt meinen Markt in den USA schütze.

Das ist der Grund, warum Sie, wenn Sie in Österreich einen Börsengang machen oder wenn Sie in Österreich eine Finanzierung oder einen großen Beschaffungsvorgang haben, immer aufpassen müssen, ob Sie irgendwo einen Nexus zu den USA haben und  – ich komme jetzt gleich dazu, wie die Amerikaner das auslegen, nämlich relativ weit – dadurch, ohne dass Sie es möglicherweise wissen oder wollen, auch US-amerikanische rechtliche Bestimmungen berührt sind.

Unsere Tätigkeit in diesem ganzen Projekt umfasste im Wesentlichen die Untersuchung genau dieser Themen und die Untersuchung besonderer Aspekte des zugrundliegenden Sachverhalts nach US-amerikanischem Recht. Da der Beschaffungsvorgang und auch die damit in Zusammenhang stehenden Geschäftsbeziehungen internationale Berührungspunkte hatten und nicht auszuschließen war, dass es an der einen oder anderen Stelle eben auch einen Bezug in die USA gab, war naheliegend, zumindest einmal zu prüfen, ob das so war und, wenn es so war, ob möglicherweise US-amerikanische Bestimmungen verletzt wurden. Da haben wir ganz konkret ein Gesetz im Visier gehabt. Das war das Mandat, das wir vom Verteidigungsministerium erhalten hatten: zu prüfen, ob hier möglicherweise eine Verletzung des sogenannten US Foreign Corrupt Practices Act – das ist das US-Antikorruptionsgesetz, kurz FCPA – vorliegt, und eben zu prüfen, ob hier ein möglicher Verstoß vorlag.

Wir haben nicht geprüft, ob die Gegengeschäfte gut oder schlecht waren, ob die ordentlich zustande gekommen sind, ob das überhaupt Gegengeschäfte im eigentlichen Sinn waren, ob die gültig sind oder rückabgewickelt werden, was zum Teil jetzt die Frage ist. Das war alles nicht unser Thema. Unser Thema war auch nicht, ob beim Vergabeprozess alles mit rechten Dingen zuging.

Unser Fokus war – ganz wichtig –: Identifizierung und Auswertung von Berührungspunkten zu diesem US-rechtlichen Thema FCPA, und wir haben bei unserer Prüfung maßgeblich die Sachverhaltsdarstellung zugrunde gelegt, die letztlich Grundlage der Strafanzeige und des Taskforceberichts war, und auch die Unterlagen, die in diesen Sachverhaltsdarstellungen und Unterlagen wieder weiter referenziert waren, bis hin natürlich zu den Ermittlungsunterlagen sowohl der Staatsanwaltschaft in Wien als auch der Staatsanwaltschaft in München.

Vielleicht noch einmal ganz kurz zu diesem FCPA (aus den Unterlagen vorlesend): Dieses Gesetz verbietet  „jede Handlung, welche in der Förderung“ einer „Zahlung,“ eines „Angebots oder“ eines „Versprechens eines Geldbetrags oder eines werthaltigen Vorteils [...] an einen ausländischen Amtsträger, eine ausländische [...] Partei oder Funktionär, einen Bewerber für ein [...] Amt“ – und so weiter – „in korrupter Weise mit dem Zweck erfolgt, amtsbezogene Handlungen, Entscheidungen oder Unterlassungen“ dieser „Personengruppen zu beeinflussen oder diese zu veranlassen, amtsbezogene Handlungen“ oder „Entscheidungen Dritter zu beeinflussen“, jeweils mit dem Ziel, „ein Geschäft abzuschließen oder ein bestehendes“ Geschäft „zu behalten“. – Das ist der Gesetzestext dieses ominösen FCPAs auf Deutsch.

Wie ich eingangs sagte, findet dieses Gesetz natürlich zunächst einmal auf amerikanische Unternehmen in den USA und auf Leute, die sich in den USA aufhalten und dort Handlungen setzen, die eben diesem Gesetz widersprechen, Anwendung.

Es ist aber in diesem Zusammenhang sehr wichtig, zu verstehen, dass das US-amerikanische Justizministerium, Department of Justice oder kurz DOJ, seine Zuständigkeit seit jeher sehr weit auslegt, um insbesondere diesen Antikorruptionsvorschriften auch außerhalb der USA Geltung zu verschaffen. Und so finden diese Bestimmungen Anwendung, wenn nachgewiesen werden kann, dass im Zusammenhang mit einem Geschäft – da gibt es eine Bestimmung, die besagt – US-Post verwendet wird. Das ist natürlich heute so auszulegen: wenn E-Mails in die USA geschickt werden, wenn Telefonate in die USA oder aus den USA heraus im Zusammenhang mit einer Transaktion in Europa gemacht werden, wie gesagt E-Mail-Verkehr oder sonstige Berührungspunkte dieser Art. Zahlungsflüsse: Wenn also irgendwo eine Zahlung in die USA gemacht wird oder sogar wenn eine Zahlung in Europa gemacht wird, die aber aus irgendeinem Grund wieder in den USA refinanziert oder irgendwo gesettelt wird, kann das DOJ seine Zuständigkeit begründen und tut dies dann auch, um die Anwendbarkeit dieses FCPA zu begründen.

So gesehen, muss man das einfach im Hinterkopf behalten. Genauso bei der Definition, was ein ausländischer Amtsträger ist: Auch da gibt es eine ganz, ganz breite Definition. Das ist jetzt nicht irgendwie nur ein Politiker oder ein Abgeordneter, sondern das geht von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Behörden, Unterbehörden und auch internationalen Organisationen bis hin zu Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern von Unternehmen, an denen der Staat eine kontrollierende Beteiligung hält, so nach dem Motto: Auch wenn das eigentlich privatwirtschaftlich agierende Unternehmen sind, wenn zum Beispiel der Staat eine kontrollierende Beteiligung hat, sieht das DOJ die dort Tätigen potenziell auch als Amtsträger an. Das heißt, das ist auch wieder eine sehr, sehr breite Definition.

Ganz kurz noch zwei Worte zum Thema Verjährung: Jetzt liegen natürlich diese ganzen Sachverhalte schon relativ lange zurück. Eine Aufgabe für uns war es auch, zu prüfen: Ist denn das innerhalb der für den FCPA relevanten Fünf-Jahres-Verjährungsfrist überhaupt noch relevant, denn es liegt ja zum Teil nicht fünf, sondern 15 Jahre zurück?

Jetzt ist es so, dass es auch – ich glaube, in Österreich gibt es irgendwie kriminelle Vereinigung oder irgendwie so eine Art – in den USA so etwas wie eine Verschwörung, Conspiracy, gibt. Wenn es eine systematische Vorgehensweise dergestalt ist, dass man argumentieren kann oder könnte, dass es sich um eine Art Conspiracy handelt, weil das ein Vorgang ist, der sich über eine lange Zeit hinzieht und  mit einer gewissen Systematik alles bespielt wurde, wie das zum Teil in dem einen oder anderen Ermittlungsakt zumindest den Anschein haben könnte, dann gilt auch diese Verjährungsfrist.

Die beginnt erst dann zu laufen, wenn, sagen wir einmal, der letzte Akt in diesem Verschwörungskonstrukt gesetzt worden ist, und der muss halt innerhalb von fünf Jahren sein. Dann kann aber das DOJ auch noch 15 Jahre alte Dinge überprüfen, solange der letzte Anknüpfungspunkt zum Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit durch das DOJ innerhalb dieses Fünfjahreszeitraums ist. – Ich sage das nur, weil das einfach in dem Zusammenhang auch noch wichtig ist.

Als letzten einleitenden Punkt nur ganz kurz noch ein paar Worte zum Verfahren: Was passiert da eigentlich bei dem FCPA-Verfahren und bei einem Verstoß? Wie gesagt, ich habe mir ja die Protokolle meiner Vorgänger zum Teil durchgelesen, da ist immer wieder so ein bisschen Verwirrung.

Der FCPA kennt kein Klagerecht und kein Gerichtsverfahren, so wie das jetzt hier in Österreich im Raum steht, und auch kein Privatklagerecht, sondern diese Verfahren laufen in den USA so ab: Das DOJ ermutigt Personen und Unternehmen, wenn ihnen Verstöße zu Ohren kommen oder wenn sie glauben, Anhaltspunkte für Verstöße zu haben, das dem DOJ anzuzeigen.

Diese Anzeige, das ist eine Einbahnstraße. Man schickt dort eine - - Das ist wie eine Art Anzeige, man schickt da etwas hin, aus dem sich schon professionell aufbereitet ergibt, dass es Anhaltspunkte für einen Verstoß gibt, den jemand glaubt eben melden zu müssen oder melden zu wollen. Das Verfahren läuft dann so: Der Überbringer der Information erfährt dann aber nicht, was mit der Information passiert, sondern dann obliegt es der Diskretion des DOJ, zu entscheiden: Mache ich etwas, mache ich nichts, warte ich noch und schaue, wie in anderen Ländern sich gewisse Dinge entwickeln, und mache dann etwas?

Sie können da auch nicht nachfragen. Sie werden auch nicht gebeten, noch zusätzliche Informationen zu liefern, sondern das DOJ, wenn es denn das Thema aufgreift, würde sich dann an das betroffene Unternehmen wenden, und das DOJ hat natürlich ganz andere Möglichkeiten, auch noch zu Informationen zu kommen. Die würden natürlich über Rechtshilfe und Amtshilfe und über einstweilige Verfügungen - -Das Drohpotenzial, sagen wir einmal, gegenüber dem DOJ – wenn die wirklich noch zusätzliche Informationen haben wollen – ist relativ groß.

Was aber ganz wichtig ist: Was immer das DOJ macht, das ist alles streng vertraulich, das heißt, das erfahren Sie in der Regel nicht, außer in einem Worst Case, wenn es dann am Schluss zu einer Anklage in den USA kommt. Die meisten dieser DOJ-Verfahren – wir können später noch einmal darüber reden – werden aber einvernehmlich irgendwie mit dem DOJ bereinigt, das heißt, Sie erfahren da nichts.

Das DOJ ermittelt im Hintergrund oder auch nicht, und – eben ganz wichtig – das ist ein vertrauliches Verfahren und es ist - - Ich weiß, dass da immer wieder, auch während unserer fast einjährigen Tätigkeit, immer wieder die Frage war: Können wir dazu etwas sagen? Wir müssen dazu etwas sagen! Wir wollen dazu etwas sagen! – Das ist nicht üblich, auch nicht zulässig, auch nicht im Interesse unserer Mandantin und auch nicht der Gegenseite, dass man praktisch der Behörde über die Medien jetzt irgendwas ausrichtet, so nach dem Motto: Seid ihr jetzt endlich schon dran?, oder: Wo steht ihr, und wieso geht das so langsam?, oder: Macht ihr etwas oder macht ihr nichts? – Das macht man nicht, sondern das läuft im Hintergrund, damit auch das DOJ sich nicht unter Druck gesetzt fühlt, und, wie gesagt, das DOJ macht im Hintergrund ja auch, sagen wir - -, die arbeiten ja auch wieder mit anderen Justizministerien in anderen Ländern zusammen. Dieser ganze Prozess ist von einer großen Vertraulichkeit gekennzeichnet und von einer großen Diskretion, und darum haben wir auch unsere Mandantin bis heute da entsprechend beraten, dass diese Vertraulichkeit im Interesse aller Beteiligten zu wahren ist.

Der allerletzte Punkt: Wie gehen solche DOJ-Verfahren aus? – Also erstens einmal dauern diese Verfahren in der Regel relativ lang, und bei diesen Verfahren gibt es eigentlich vier Möglichkeiten: Entweder – erste Möglichkeit – das DOJ macht gar nichts, fängt auch gar nicht zu ermitteln an und stellt das Ganze ein.

Zweite Möglichkeit ist, es gibt ein sogenanntes Non-Prosecution Agreement, ein NPA, das heißt, dann wird zwischen dem DOJ und dem betroffenen Unternehmen ein Vertrag abgeschlossen, wo sich das Unternehmen verpflichten muss, die Dinge, die da zur Diskussion standen, abzustellen, Richtlinien zu implementieren, dass das in Zukunft nicht mehr passiert, möglicherweise kriegen sie irgendeinen Beobachter ins Unternehmen gesetzt, der für ein Jahr genau schaut, dass da alles ordentlich umgesetzt wird und so weiter. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, weiß nicht - - Das ist eine Möglichkeit.

Dritte Möglichkeit ist ein sogenanntes Deferred Prosecution Agreement, DPA, da wird vom DOJ praktisch schon eine Klage gegen das Unternehmen bei Gericht eingereicht. Die wird fertig eingereicht, und wenn sich das Unternehmen nicht an bestimmte Auflagen hält, dann wird die scharf geschaltet. Der Unterschied zum NPA – da gibt es noch keine Klage – ist, da ist die Klage praktisch schon fertig. Die liegt irgendwo deponiert. Das ist natürlich für das Unternehmen riskanter, weil wenn dann irgendwas schiefgeht und sie sich nicht an die Auflagen halten, dann wird das sofort scharf geschaltet, und dann wird es auch öffentlich.

Und der letzte, der vierte Erledigungsweg, ist ein sogenanntes Plea Agreement – Entschuldigung, dass das jetzt so detailliert wird. Das Plea Agreement ist dann wirklich ein Vertrag zwischen dem DOJ und dem Unternehmen, wo das Unternehmen sich zu einigen Anklagepunkten sozusagen schon schuldig bekennt. Das ist dann sehr ähnlich wie ein Gerichtsverfahren, und dafür lässt dann das DOJ vielleicht den einen oder anderen Anklagepunkt fallen. Das ist aber dann ein richtiges Plea Agreement, das wird veröffentlicht, und dann weiß man, das Unternehmen hat sich auch zu bestimmten Themen schuldig bekannt, und dann – wieder gegen Auflagen – werden bestimmte Dinge vielleicht fallen gelassen.

Sorry, dass das jetzt so ein bisschen technisch war, aber ich wollte Ihnen einfach mal so ein bisschen das Spielfeld beschreiben, weil das wahrscheinlich für Ihre Fragen relevant ist.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Herr Dr. Hutter, ich danke vielmals, ich habe in kurzer Zeit unheimlich viel gelernt. Herzlichen Dank, das war ungeheuer informativ. Meine erste Frage – wobei ich, wie gesagt, immer auf Sie zähle, wenn irgendjemand in die Vertraulichkeit, die Sie aus amerikanischen Rücksichten wahrzunehmen haben, hineinkommt, ich verlasse mich da auf Sie – ist: Was waren Ihre konkreten Anknüpfungspunkte in unserem, uns hier interessierenden Eurofighter-Fall, um also diese amerikanische Zuständigkeit zu bejahen oder zumindest zu vermuten?

Dr. Stephan Hutter: Na ja, wir haben uns in erster Linie die Geschäftsbeziehungen der beteiligten Parteien angeschaut, auch im Gegengeschäftsbereich, weil wir letztlich nach Lieferbeziehungen oder Zahlungsflüssen oder – in diesem großen Konstrukt der Vector-Plattform – nach Anhaltspunkten gesucht haben, wo es US-Anknüpfungspunkte gibt. Wie ich das eingangs erklärt habe: Für die Anwendbarkeit des FCPA ist die Schwelle relativ niedrig, das heißt, ich muss einfach ein paar wirklich glaubhafte Berührungspunkte mit den USA finden. Dieser Berührungspunkt bedeutet überhaupt nicht, dass da in dem Geschäft irgendetwas schiefgelaufen sein muss, das ist für die Zuständigkeit nicht erheblich. Es reicht, wenn in der Gesamttransaktion bestimmte Anknüpfungspunkte zu den USA da waren. Das alleine eröffnet dann die Zuständigkeit und von da weg würde man dann weiter untersuchen.

Unser Fokus aber war, aufbauend auf der Sachverhaltsdarstellung, die ja von unseren österreichischen Kollegen und auch von der Finanzprokuratur maßgeblich erstellt wurde, nach Anhaltspunkten zu suchen oder zu schauen, ob es Anhaltspunkte gibt, ob überhaupt eine US-rechtliche Befassung hier in dem Fall angezeigt ist. Das war ja am Anfang nicht klar, das war ja - - Ich weiß nicht, vielleicht kommen wir noch darauf. Unser Mandat lief ja in mehreren Phasen, weil man ja am Anfang nicht wusste, ob da überhaupt etwas Sinnvolles dabei herauskommt.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Sie sind dann aber zu dem Ergebnis gekommen, dass es diese Zuständigkeit geben kann. Ich habe jetzt schon vernommen und verstanden, dass man also von diesem Department of Justice keine Auskunft bekommt, aber haben Sie irgendeine Ahnung, wie Ihr Antrag dort aufgenommen worden oder angekommen ist?

Dr. Stephan Hutter: Nein.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Überhaupt nicht?

Dr. Stephan Hutter: Wir haben wirklich überhaupt keine Ahnung.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Also da gibt es auch keine Indizien, irgendwie?

Dr. Stephan Hutter: Nein, da gibt es auch keine Indizien und, ehrlich gesagt, das ist auch nicht unüblich, dass es da keine Indizien gibt. Wir wissen, wie gesagt, nicht einmal, ob das DOJ ermittelt. Jetzt kann man sagen, es gibt natürlich medial - -

Vielleicht ermitteln die, auch aufgrund von gewissen Vorkommnissen in anderen Ländern, aber wir wissen nicht, selbst wenn sie ermitteln, ob sie auch in unserem Sachverhalt ermitteln oder ob sie nur in irgendeinem –  weiß ich – englischen oder anderen Sachverhalt ermitteln. Also wir haben wirklich keine Informationen.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Haben Sie in Ihrer Darstellung auch auf derartige Sachverhalte in anderen Ländern - - Es ist ja da offenbar Frankreich und England auch irgendwie im Gespräch hinsichtlich Airbus beziehungsweise Eurofighter. Haben Sie da irgendwelche Anhaltspunkte in Ihrem Antrag dargestellt?

Dr. Stephan Hutter: Nein. Wir haben uns ausschließlich mit dem FCPA, diesem Antikorruptionsgesetz, beschäftigt. Wir haben uns auch nicht mit dem Thema Geldwäsche beschäftigt, sondern wir haben uns auf - - (Verfahrensrichter Rohrer: Auf die Amtsträger!)

Unser Auftrag war zu Beginn, ergebnisoffen zu prüfen, ob der gesamte Vorgang Schnittstellen zu den USA hat, die möglicherweise eine Verletzung der dortigen Antikorruptionsbestimmungen mit sich bringen.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Da brauchen wir jetzt aber natürlich auch Amtsträger – in diesem weiten Sinn –, wo zumindest der Verdacht im Raum steht.

Dr. Stephan Hutter: Genau.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Sind Sie da ausschließlich der Sachverhaltsbekanntgabe des Ministeriums gefolgt oder haben Sie eigene Erhebungen?

Dr. Stephan Hutter: Da sind wir ausschließlich in der Sachverhaltsdarstellung – darum sagte ich das eingangs auch –, wir haben das nicht noch einmal hinterfragt und haben jetzt noch einmal nach neuen Amtsträgern gesucht, sondern wir haben das Verdachtsmoment aufgegriffen, haben das natürlich - - Ich meine, wir haben uns selber viele Tausende Seiten der ganzen Ermittlungsakten auch angesehen, auch der Staatsanwaltschaften, wo ja gewisse Verdachtsmomente enthalten waren. Das haben wir auch in unserer Stellungnahme entsprechend referenziert, aber nicht als eigene Erarbeitung des Sachverhalts, sondern eben in der Annahme, dass diese Verdachtsmomente dieser Sachverhaltsdarstellung Gültigkeit haben, Anhaltspunkte definiert.

Man muss sich, nochmals, das so vorstellen: Es ist dann die Aufgabe des DOJ. Wenn die der Meinung sind, diese Anhaltspunkte sind solide genug und belastbar genug, dann wird das DOJ von Amts wegen selber tätig. So läuft der Prozess.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Sie waren aber doch sehr in diesen Problemkreis eingebunden, der uns ja jetzt schon eine ganze Weile beschäftigt. Daher meine Standardfrage: Haben Sie auf welche Art auch immer Kenntnis von Zahlungsflüssen, Geschenken, Einladungen an Entscheidungsträger, Beamte, andere Personen oder natürlich Politiker? Haben Sie bei Ihrer Tätigkeit solche Erkenntnisse gewonnen?

Dr. Stephan Hutter: Wir haben bei unserer Tätigkeit keine Erkenntnisse gewonnen, die über die Information in der der Strafanzeige zugrundeliegenden Sachverhaltsdarstellung hinausgehen.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Eine zweite Frage ist, und das schwebt auch immer irgendwie im Raum, die Frage des Befüllens schwarzer Kassen. Haben Sie da insofern irgendwelche Erkenntnisse gewonnen, dass diese Gelder, die hier hauptsächlich aus dem Vector-Netzwerk stammen, möglicherweise zu diesem Zweck verwendet wurden?

Dr. Stephan Hutter: Da haben wir keine Wahrnehmungen und keine Erkenntnisse gewonnen.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Ich danke vielmals.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Die Befragung setzt Herr Abgeordneter Bernhard fort. – Bitte.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Dr. Hutter, herzlich willkommen im Untersuchungsausschuss! Ich habe eine Reihe von Fragen, aber die erste Frage, die sich durch diese ausführliche und sehr hilfreiche Schilderung stellt, ist das Warum. Sie haben also den Auftrag bekommen, herauszufinden, ob es Schnittstellen gibt, dass man diese Eingabe beim Department of Justice durchführen kann. Warum aber hat die Republik Österreich ein Interesse daran, beim Department of Justice eine Eingabe zu machen? Welchen Vorteil hat das für die Republik?

Dr. Stephan Hutter: Das war jetzt nicht eine Frage, mit der wir uns befasst haben. Ich meine, wir haben - - Ich glaube, dass es der Mandantin darum ging, im Rahmen der Taskforce in einer Gesamtschau diesen Komplex noch einmal zu durchleuchten. Ich denke, dass die Taskforce da auch ordentlich gearbeitet hat.

Was die US-Seite betrifft: Ich meine, man darf nicht vergessen, es ist ja so, dass die Republik Österreich, wie andere Länder auch, im Rahmen von internationalen Abkommen – auch was die Korruptionsbekämpfung betrifft, auch OECD-Level-seitig –, ja, sagen wir einmal, auch zwischen Regierungen gewisse – wie soll ich das jetzt sagen? – Gepflogenheiten hat. Es besteht auch ein Verständnis zwischen Ländern, dass man sich international, wenn Anhaltspunkte und Verdachtsmomente für korruptives Verhalten vorliegen, austauscht und dass man da untereinander entsprechende Transparenz pflegt.

So gesehen war auch – sage ich jetzt einmal –, aus diesem Aspekt heraus, die Anzeige, wenn man es jetzt einmal so nennen will, an das DOJ folgerichtig und sachlich eigentlich schlüssig, als man auf der österreichischen Seite ja den Sachverhalt ausgearbeitet hatte und danach eben diese US-amerikanische Analyse dann noch draufgesetzt hat.

Noch einmal: Dieses Verfahren ist ja vertraulich. Ich meine, es war ja nicht so und ist bis heute nicht so, dass man jetzt irgendwie taktisch versucht hätte, diese US-Geschichte irgendwie gegen Airbus zu verwenden, sondern man hat - - Ich meine, Sie werden im Internet, glaube ich, sehr wenig dazu finden.

Wir haben da sehr darauf geachtet – auch unsere Mandantin hat da sehr darauf geachtet –, dass das eben nicht jetzt irgendwie so ausschaut, dass man da irgendwie im Schnellschuss jemanden in den USA anpatzen will, sondern man hat das sehr professionell abgearbeitet und hat sich da eigentlich an die Spielregeln gehalten. Das haben wir immer so vertreten. Ich denke, das wurde bis heute auch so umgesetzt.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Das bedeutet, wenn Sie Gepflogenheit sagen, es ist jetzt nicht eine rechtliche Notwendigkeit, aber eben etwas durchaus Übliches, das in einem internationalen Rechtsstreit gemacht wird, dass man dann das DOJ ebenfalls einschaltet, wenn man der Meinung ist, dass es Sinn macht. Also es ist nicht unüblich, sondern eher üblich in einer solchen Angelegenheit.

Dr. Stephan Hutter: Nein, das ist nicht unüblich. Gut, jetzt komme ich aus dem US-rechtlichen Bereich, dort ist vielleicht manches üblicher als hier. Das DOJ ermutigt aber ausdrücklich auch auf - - Wenn Sie auf die Webseite dieser FCPA Unit gehen: Die ermutigt Unternehmen und auch Einzelpersonen, Verstöße anzuzeigen. Und ich meine, umso mehr, sage ich einmal, ist das, wie ich sagte, auch zwischen Ländern Usus, dass man diese Eingaben macht, zumal ja eben durch die Vertraulichkeit sichergestellt ist, dass das jetzt nicht irgendwie zu einem medialen Pingpongspiel wird, sondern das läuft dann wirklich hinter den Kulissen ab; und in den meisten Fällen erfährt die Öffentlichkeit nie, was eigentlich letztendlich das DOJ mit dem betroffenen Unternehmen ausgehandelt hat.

Ein NPA oder ein DPA, das sind die beiden häufigsten Erledigungsformen, das sind Verträge, wo eben hinter verschlossenen Türen den Unternehmen ins Pflichtenheft geschrieben wird, wie sie sich in Zukunft zu verhalten haben. Da kommt möglicherweise, wie gesagt, ein externer Monitor, das sind Wirtschaftsprüfer, Anwälte, whatever, die dann ein Jahr lang aufpassen, dass das alles so umgesetzt wird, wie das DOJ sich das vorstellt, und dann ist es nach ein, zwei Jahren vorbei. Es gibt dann noch Geldzahlungen und whatever, aber das läuft eigentlich alles im Hintergrund.

Das ist der Usus und so muss das auch sein. Das DOJ würde das äußerst befremden, es als befremdlich empfinden, wenn einer eine Eingabe macht und zur gleichen Zeit eine Pressekonferenz organisiert und sagt: Und im Übrigen habe ich das jetzt beim DOJ eingebracht, und jetzt ruft einmal alle beim DOJ an und fragt, wann die denn jetzt endlich zu ermitteln beginnen. – So läuft das da nicht.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Sie haben vorher bei der Konsequenz diese vier möglichen Erledigungswege einer Eingabe beschrieben, einer davon war auch eine Geldzahlung, eine Strafzahlung, hätte ich jetzt so verstanden. Welche Auswirkung hat das für den Geschädigten? Das ist der Raum der Interpretation, aber ich möchte trotzdem dieses Beispiel nennen: Wenn man beim DOJ draufkommt, dass das, was Sie als Eingabe dorthin gesendet haben, tatsächlich sehr viel Fundament hat, und sich dann mit dem betroffenen Konzern auf eine Strafzahlung einigt, dann hat das, wenn ich das richtig verstehe, auch keine Auswirkungen auf die Republik Österreich.

Wir würden auch dann nicht als quasi Geschädigte in irgendeiner Form einen Ausgleich haben, sondern das bleibt ausschließlich in Österreich, in Deutschland, das hat dann nichts mit uns als Geschädigte zu tun. Ist das so richtig?

Dr. Stephan Hutter: Das ist so richtig. Das hat nichts mit uns als Geschädigter zu tun, weil wir eben dort - - Das ist nicht – noch einmal – ein Prozess, wo wir als Privatbeteiligter uns jetzt in den USA noch einmal irgendein Geld von jemandem holen wollen, sondern das ist letztlich eine einseitige Anzeige, in dem Fall von Ministerium zu Ministerium, wo man sagt: Wir sind hier im Rahmen unseres lokalen österreichischen Prüfungsprozesses auf gewisse Dinge gestoßen, die auch die USA betreffen könnten. Hier sind unsere Findings. Und im Grunde macht das DOJ dann damit, was es damit macht, oder es macht nichts damit.

Diese Geldzahlungen, das sind Strafzahlungen in den USA, die einfach das DOJ verhängt. Da hängt es dann auch davon ab: Wie kooperativ ist das Unternehmen? Sind die bereit, zusätzliche Unterlagen zu liefern? Und sind die wirklich kooperativ oder nicht? Je kooperativer sie sind, umso schneller geht es, umso weniger an Strafen gibt es und umso milder sozusagen dann auch die Einigung mit dem DOJ. – Aber, wie gesagt, Sie erfahren auch nicht, wie viel die zahlen müssen.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Sie haben eingangs geschildert, dass die Grundlage Ihrer Eingabe beim DOJ die Sachverhaltsdarstellung beziehungsweise Strafanzeige in Österreich war, die ja wiederum von der Finanzprokuratur erstellt worden ist, maßgeblich von Dr. Peschorn.

Jetzt meine Frage: Unterscheidet sich die Eingabe an das DOJ inhaltlich an manchen Punkten von jener, die wir in Österreich kennen, also von der Sachverhaltsdarstellung?

Dr. Stephan Hutter: Ja, die unterscheidet sich deswegen, weil unser Fokus ein ganz anderer war als der Fokus, der der Strafanzeige zugrunde lag, mit der Republik als Geschädigtem und der Frage, ob diese 183 Millionen eingepreist waren oder nicht eingepreist waren. Das war alles nicht unser Thema.

Unser Thema war, dass wir an die Aspekte der Sachverhaltsdarstellung angeknüpft haben, die eben einen US-Bezug aufwiesen, und dann das subsumiert haben und versucht haben, wieder als Mosaikbausteine zusammenzusetzen, nach den Faktoren des FCPA, die ich vorher genannt hatte, dass man eben sagen kann, wir haben Anhaltspunkte für US- -, sagen wir einmal: US-Zuständigkeit, und dann über die Kaskade mit Zahlungsflüssen, Amtsträger und Korruption. Und dann ist aus US-Sicht eben auch dieser Aspekt der Conspiracy noch ganz wichtig, weil das aus US-Sicht natürlich auf der Zeitschiene wichtig war, dass man da dann - - Das war unser Fokus.

Aber ich sage einmal - - Wir haben jetzt in unserer Stellungnahme nicht noch einmal die ganze Sachverhaltsdarstellung wiederholt, unsere Stellungnahme baut inhaltlich auf dieser Strafanzeige und auch auf dem Taskforcebericht vom Februar 2017 auf.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Gibt es einen Grund, der Ihnen bekannt ist, warum wir als Untersuchungsausschuss dieses Dokument nicht vorliegen haben? Einerseits ist uns die Sachverhaltsdarstellung bekannt, die Befragungen durch die Staatsanwaltschaft sind uns bekannt, die Verträge sind uns bekannt, all die Dinge, die die Grundlage Ihrer Eingabe waren, sollten uns ebenfalls bekannt sein, aber dieses Dokument wird uns mit Verweis auf ein laufendes Verfahren, das jetzt aus meiner Perspektive eigentlich gar kein Verfahren im engeren Sinne ist, vorenthalten. Gibt es dafür bedeutende Gründe?

Dr. Stephan Hutter: Ich glaube, ich habe versucht, die Gründe schon zu nennen. Diese DOJ-Verfahren sind besonders vertrauliche Prozesse. Sie haben recht, wir wissen nicht, ob im Hintergrund ein DOJ-Verfahren anhängig ist oder nicht, aber es ist auch nicht auszuschließen, dass es anhängig ist.

Diese ganzen Entscheidungen und Prozesse laufen da in den USA hinter verschlossenen Türen ab, Diskretion ist sehr wichtig. Wir haben unsere Mandantin beraten, Vertraulichkeit sicherzustellen. Ich meine, wir haben uns in dem ganzen Prozess wirklich sehr, sehr bemüht, auch unter Hinzuziehen von PR-Beratern, die Kommunikation so zu strukturieren, dass da wirklich nichts nach außen dringt, weil es aus US-Sicht kontraproduktiv wäre – sowohl für die Republik, aber ehrlich gesagt auch für die andere Seite. Das macht man nicht, als Republik schon gar nicht, aber das macht man auch nicht, wenn man nicht Republik ist, dass man hier praktisch versucht, über die Medien, über die Banden ein DOJ in irgendeiner Art und Weise da öffentlich zu irgendeiner Stellungnahme zu zwingen.

Das sind eigentlich, das sage ich jetzt einmal aus meiner Sicht, die Leitplanken. – Was das Ministerium bewegt, die Stellungnahme herauszugeben oder nicht herauszugeben, dazu kann ich nichts sagen. Ich kann nur sagen: Was immer mit dieser Stellungnahme passiert, es sind alle Beteiligten gut beraten, dass es da keine Leaks gibt und, sagen wir einmal, dass es nach all den Monaten, wo das sehr professionell bearbeitet wurde, keinen Bruch dieser Vertraulichkeit gibt.

So gesehen ist das mein wichtigster Punkt, das muss sichergestellt sein.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Wir unterscheiden ja verschiedene Formen der Klassifizierung der Geheimhaltung im Untersuchungsausschuss und es gäbe ja die Möglichkeit, ein solches Dokument beispielsweise nur einsehen zu können, es aber nicht selbst zu besitzen.

Jetzt ist für mich einfach das Überraschende, dass unser Ministerium die US-amerikanische Justiz in einer höheren Relevanz sozusagen rankt, als es die österreichische Justiz und die Unterlagen, die wir dorthin übermitteln, einschätzt, und die Frage , wie das begründet ist.

Meine Annahme war, deswegen habe ich auch zuvor nachgefragt, dass Sie inhaltlich andere Schwerpunkt in Ihrer Eingabe haben, die möglicherweise auch für das Vorgehen in Österreich oder in Deutschland noch eine Relevanz haben. Ist aus Ihrer Sicht aber nicht - -

Dr. Stephan Hutter: Nein, das ist aus meiner Sicht nicht so. Also, sage ich jetzt einmal, das ist aus meiner Sicht nicht so. Da sind keine neuen Sachverhaltselemente enthalten, die nicht auch - -, und das wird auch auf keine anderen Sachverhaltselemente referenziert, auch nicht aus dem Ermittlungsakt, die nicht auch in der Sachverhaltsdarstellung referenziert werden, in der sehr umfassenden, noch umfassenderen, deutlich umfassenderen Darstellung, die der Strafanzeige zugrunde liegt.

Aber ich bitte um Verständnis, ich habe - - Ich glaube, die Frage der Vorlage unserer Stellungnahme vor diesem Ausschuss ist wirklich eine Entscheidung, die unsere konkrete Mandantin, in dem Fall das Verteidigungsministerium, treffen muss.

Ich versuche, es jetzt nur noch zu erklären: Sicherlich sind dort alle nach wie vor der Meinung, auch von uns immer wieder beraten, dass der professionelle Weg hier ist, alles dafür zu tun und dafür Sorge zu tragen. – Sie können mir glauben, das war damals, im Februar 2017, gar nicht so einfach, weil da gab es natürlich eine ganze Reihe von medialen Ansinnen, auch an uns, dass irgendwie da die eine oder andere Seite irgendwo vom Laster fällt und man die irgendwo publizieren kann. Da haben wir mit allen Mitteln dagegengehalten und das hat auch funktioniert.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Wenn Sie sagen, es ist möglicherweise jetzt ein laufendes Verfahren und möglicherweise auch nicht – das kann man ja so in der Gegenwart akzeptieren –, aber wann ist es denn definitiv nicht mehr möglicherweise ein laufendes Verfahren? Also ab wann hat ein Abgeordneter der Republik, der eine Untersuchung vornimmt, ein Anrecht auf Transparenz? Wann kann er davon ausgehen, dass er etwas sieht, was derzeit nicht gesehen werden soll?

Dr. Stephan Hutter: Ich weiß nicht, ob ich Ihnen die Frage jetzt - - Ich verstehe, dass Sie da - - Das ist ein bisschen ein Dilemma. Es gibt da keine zeitliche Periode, wo man sagt: Wenn das DOJ sich in einem Jahr nicht gerührt hat, dann darf es sich nicht mehr rühren. Ich meine, es kann auch sein, dass die in einem solch komplexen Fall - -Ich habe da keine besonderen Informationen, aber aus den Medien - - Ich meine, in so einem Konzern wie Airbus gibt es alle möglichen Dinge, die da laufen. Da gibt es wahrscheinlich irgendwie Untersuchungen – so läuft das, in anderen Fällen –, die dann zusammengelegt werden. Da kann es auch sein, dass das Thema Eurofighter in Österreich jetzt im Moment nicht das allerwichtigste Thema für die ist, sondern dass die das einmal beiseiteschieben und sagen: Jetzt machen wir zuerst etwas anderes. Und dann kommt es irgendwann dazu und sie sagen: Wait a second, da hatten wir ja noch etwas!, und dann kommt das irgendwie.

Man kann auch nicht sagen, wie lange das dauert. Ich meine, das dauert eher Jahre als Monate.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Also kann man davon ausgehen, dass, wenn es eine Entscheidung zur Geheimhaltung gibt, das eine relativ dauerhafte und keine, die man jetzt temporär überblickt, ist.

Ich würde gerne noch zur Frage der Konsequenz, wenn das DOJ zur Erkenntnis kommt, dass da mehr dran ist, etwas nachfragen. Es ist ja durch die Medien gegeistert, dass eine Konsequenz einer Verurteilung in den Vereinigten Staaten wäre, dass Airbus nicht mehr an öffentlichen Ausschreibungen am US-amerikanischen Markt teilnehmen kann. Ist das eine mögliche Konsequenz, eine realistische mögliche Konsequenz?

Dr. Stephan Hutter: Also das ist sehr schwer, das jetzt von außen betrachtet zu beurteilen, ich meine, Sie sagen jetzt: Verurteilung. – Zunächst einmal: Ich hatte Ihnen ja diese vier, oder sagen wir drei Erledigungsvarianten kurz skizziert. Zwei von denen sind ja keine Verurteilung, es sind ja alle drei keine Verurteilungen, sondern alle drei sind konsensuale Erledigungen, die vertraglich erfolgen – und die beiden ersten, die häufigsten, genau mit dem Ziel, eben den Reputationsschaden - - , und das ist ja eigentlich in Wahrheit - - Was passiert denn, wenn so ein Verfahren läuft? Für ein Unternehmen ist das natürlich ein Reputationsrisiko, wenn das nach außen dringt. Es ist ein Kostenthema, weil die müssen sich Berater nehmen, es ist zeitaufwendig, bis zum Vorstand hinauf müssen die sich mit Themen beschäftigen, die nichts mit deren wirklichem Geschäft zu tun haben, sondern die müssen Compliance-Richtlinien umsetzen und so weiter.

Das heißt, das ist schon ein sehr unangenehmer Prozess. Und natürlich, ich meine, wenn es – Worst Case – zu einer Verurteilung käme, wo dann praktisch in der Öffentlichkeit, in der medialen Öffentlichkeit tatsächlich das DOJ in die Öffentlichkeit ginge und hier so quasi auf dem Marktplatz ein Unternehmen entsprechend beschuldigt, ist das weder für ein amerikanisches noch für ein ausländisches Unternehmen ein unbedingt positiver Faktor, wenn es dann darum geht, in Zukunft staatliche Aufträge zu bekommen.

Aber ich kann jetzt - - Konkret zu dem Fall Airbus gibt es dazu überhaupt keine Anhaltspunkte, in welchem Stadium das ist, in welche Richtung das geht. Ich bin auch nicht der Meinung - - Das wird ja oft so gesagt: Ja, nicht amerikanische Unternehmen werden jetzt besonders bestraft. Das kann ich jetzt aus meiner anwaltlichen Tätigkeit so nicht bestätigen. Die Amerikaner sind da, wenn es um Korruption geht, genau so, wie wenn es um sanktionierte Länder geht.

Und ich habe es vorher eingangs gesagt: Auch das ganze Thema – CFIUS, nennt sich das – mit diesen ganzen Transaktionen, die verboten werden, weil vermutlich irgendwelche nationalen Sicherheitsthemen berührt sind, ist ein Thema, das letztlich mit unserem Thema zunächst einmal nichts zu tun hat.

Wie gesagt: Ich glaube, die meisten Fälle werden zwischen dem DOJ und dem betroffenen Unternehmen so geregelt, dass auch das betroffene Unternehmen – und das ist ja der Sinn dieses Verfahrens – nach Einigung mit dem DOJ auch wieder auf Augenhöhe Geschäfte machen kann.

Ziel dieses Verfahrens ist es ja nicht, jemanden dauerhaft am Marktplatz aufzuknüpfen und zu beschädigen, sondern wenn die Unternehmen kooperieren und gewisse Auflagen akzeptieren, dann wird in den meisten Fällen die Erledigung so sein, wie ich es beschrieben habe.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Was würde passieren, wenn ein Unternehmen nicht kooperiert?

Dr. Stephan Hutter: Ja, wenn ein Unternehmen nicht kooperiert, dann ist es natürlich auch möglich - - Ich meine, ich sagte ja eingangs, das FCPA ist kein Privatklagegericht, aber das DOJ kann auf der Basis eines Verstoßes dieser Korruptionsbestimmungen durch ein nicht kooperatives Unternehmen oder auch durch eine Einzelperson einen Prozess dagegen führen. Das ist dann so ähnlich wie der Prozess, den wir in Österreich haben. Das ist dann ein richtiger Prozess, aber das ist eher ungewöhnlich.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Habe ich angenommen.

Vielen Dank für diese Runde.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Sehr geehrter Herr Dr. Hutter! Ich möchte gleich bei den Fragen meines Vorredners anschließen und mich auch für die Transparenz bedanken, die da von Ihrer Seite betreffend Verfahren hier im Untersuchungsausschuss geschaffen worden ist.

Es haben sich schon einige Fragen aufgeklärt. Trotz dieses Dilemmas, das Sie auch sehen, in dem wir als Untersuchungsausschuss stecken, möchten wir uns natürlich gerne mit dem konkreten Vorwurf, dem konkreten Wortlaut dieser Eingabe, die beim DOJ gemacht worden ist, befassen. Es ist uns aber nicht möglich. Also wir hanteln uns somit am Gesetzestext des FCPA entlang: Geld für Amtsträger, um dementsprechend Handlungen zu beeinflussen, die das eigene Geschäft unterstützen oder positiv beeinflussen.

Jetzt ist die Frage schon eine konkrete, weil wir uns ja auch auf die Taskforce und den Bericht der Taskforce beziehen, der unter anderem auch sagt, dass es durch die Einbeziehung von US-amerikanischen Geschäftspartnern oder – wie Sie ausgeführt haben, durch E-Mail-Verkehr – zu Zahlungsflüssen auf dem US-amerikanischen Markt, aber auch auf dem angloamerikanischen Markt gekommen ist, weshalb diese Eingabe gemacht wird.

Gibt es Ihres Wissens nun auch eine Eingabe auf britischer Seite, das heißt betreffend Bribery Act, oder ist da überhaupt nichts passiert?

Dr. Stephan Hutter: Auf der britischen Seite ist nichts passiert.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Rein US-amerikanisch?

Dr. Stephan Hutter: Da gibt es keine Eingaben auf der britischen Seite beim Serious Fraud Office. Es ist eine ausschließlich auf die USA beschränkte und in den USA auf diesen FCPA beschränkte Eingabe.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Warum ist die Entscheidung rein auf den US-amerikanischen Markt gefallen? Die Taskforce Eurofighter hätte ja potenziell beide, das heißt US-amerikanisch wie angloamerikanisch, gesehen.

Dr. Stephan Hutter: Da tue ich mir jetzt schwer, das zu beantworten. Das müssten Sie, glaube ich, wirklich die Damen und Herren vom Ministerium - -

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Wo wurde die Entscheidung getroffen?

Dr. Stephan Hutter: Also das war nie ein Thema, wir haben das - - Ich bin da jetzt auch ehrlich gesagt im englischen Recht nicht ganz so firm. Ich meine, dass es auch in England vor ein paar Jahren irgendwie eine Gesetzesänderung gegeben hat, da haben sich einige Dinge geändert, ich weiß es jetzt nicht. Das haben wir aber nicht geprüft.

Also das war für uns - - Wir waren von Anfang an mandatiert, anfangs, um einfach zu schauen, gibt es in den USA etwas oder nicht. Ich meine, das hängt vielleicht auch zusammen - - Ich habe es ja eingangs gesagt: Diese extraterritoriale Anwendung des amerikanischen Rechts ist schon eine Besonderheit. Ich meine, das machen ja die Engländer so nicht und auch andere Länder so[2] nicht.

Das heißt, Sie haben bei vielen Transaktionen - - Ich meine, wenn Sie größeren Transaktionen in Österreich oder in Deutschland machen, gibt es ein ausländisches Recht, das immer irgendwo wie ein Damoklesschwert noch über allem hängt, das ist das amerikanische. Und so gesehen war das schon am nahe liegendsten, dass man, wenn man etwas Ausländisches prüft, zunächst einmal das prüft, weil die einfach auch die – sagen wir einmal expansivsten Regelungen haben, die bis nach Österreich rein reichen können.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): War es Ihre Vorgabe, sich rein auf den amerikanischen Markt und dieses Recht zu beziehen?

Dr. Stephan Hutter: Ja, ja.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Okay!

Ganz konkret zu Vector selbst, da das ja der begründende Punkt oder Anhaltspunkt gewesen ist, die Beiziehung von Vector durch Eurofighter und Airbus: Ist es Ihnen irgendwie möglich – Sie müssen sich, was jetzt konkret den Wortlaut und den konkreten Vorwurf, betrifft auch in einem gewissen Bereich bewegen: was dürfen Sie dem Untersuchungsausschuss sagen, was nicht? –, uns etwas mitzuteilen, das den Untersuchungsausschuss in den Ladungen, Befragungen weiterbringen könnte? Gibt es einen neuen Anhaltspunkt, den Sie uns geben könnten?

Dr. Stephan Hutter: Schauen Sie! Ich meine - - Wie Sie der Sachverhaltsdarstellung, die der Anzeige zugrunde liegt, ja entnehmen können: Dieses Konstrukt Vector war ein Netzwerk von über 100 Brokern auf der ganzen Welt und in Jurisdiktionen, die man sich alle einmal angeschaut hat.

Über dieses Netzwerk liefen, ich weiß nicht, wie viele Zahlungsströme. Wir hatten damals Grafiken. Sie konnten praktisch das Blatt vor lauter Grafiken nicht mehr erkennen, so viele Striche und Connections gab es da zwischen den verschiedenen Entities. Da gab es auch Anhaltspunkte, aber da sage ich Ihnen jetzt nichts Neues, das ist auch in der Sachverhaltsdarstellung der Strafanzeige und in den Ermittlungsakten drinnen. Natürlich gab es auch Anhaltspunkte, dass über diese Vector-Plattform möglicherweise auch Zahlungsströme gelaufen sind, auch wenn wir nicht in der Lage sind, jetzt wirklich die Zahlungs-, sagen wir einmal, die Kontobewegungen nachzuvollziehen. Das war auch nicht unsere Aufgabe.

Wenn Sie aber natürlich ein System haben, wo Sie - - Jetzt einmal alleine im Gegengeschäftsbereich: Sie haben auf der einen Seite österreichische Unternehmen, deutsche Unternehmen, auf der anderen amerikanische Unternehmen. Dass da irgendwo aus den Produktlieferungen oder aus irgendwelchen Beziehungen auch US-Konten oder US-Zahlungsflüsse möglicherweise involviert waren, das konnte man – und das war unsere Aufgabe – schon irgendwo nachvollziehen.

Wobei, wie gesagt, das einzelne Geschäft war wahrscheinlich ein ganz normales Geschäft, aber wenn man sagt, diese Plattform wurde systematisch für eine Transaktion zwischen einem österreichischen und einem deutschen Unternehmen mit über 100 Gesellschaften all over the place gebaut, dann kann man schon zum Schluss kommen, dass es Anhaltspunkte gibt, dass es hier vielleicht noch andere Beweggründe gab. (Vorsitzender-Stellvertreter Rädler übernimmt den Vorsitz.)

So gesehen ist unsere Stellungnahme nicht so – ich weiß nicht, wie ich das entmystifizieren kann, ohne dass Sie die Stellungnahme kennen , dass da jetzt irgendwie von der Sachverhaltsseite her neue Elemente drinnen sind. 

Wir haben das nur anders verpackt und wir haben es anders dargestellt, weil wir es einfach in dieses Regularium des FCPAs gepackt haben und dann geschaut haben, reicht das oder reicht das nicht, um professionell und belastbar sagen zu können, dass wir der Meinung sind, dass es Anhaltspunkte gibt.

Mehr sagt auch unsere Stellungnahme nicht, und so haben wir es ja in dem Taskforcebericht – ich schaue jetzt gerade noch einmal –; im Taskforcebericht vom 12. Februar steht drinnen, dass wir eine Reihe von Anhaltspunkten gefunden haben, die die Anwendbarkeit oder Verletzung des FCPAs nahelegen, so sinngemäß. (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Mhm!)

Wenn das zum DOJ geht, dann, wie gesagt, dann schaut sich das DOJ das an, and they take it from there, und die haben eben auch noch einmal andere Möglichkeiten ein Unternehmen dazu zu bewegen, vielleicht auch die Mosaikbausteine, die wir, obwohl wir fünf Terabyte an Dokumenten gesichtet haben, trotzdem noch nicht haben. Die liegen aber vielleicht irgendwo bei dem Unternehmen, und diese Unterlagen kann sich das DOJ dann holen, wenn sie wollen.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Ist jetzt rein das Landesverteidigungsministerium in diese Erstellung dieser Stellungnahme oder Eingabe miteinbezogen worden oder auch die Finanzprokuratur, ganz konkret Herr Dr. Peschorn?

Dr. Stephan Hutter: Ach so, jetzt weiß ich nicht, ich gehe davon aus, dass Sie über den Ablauf der Taskforce - - Ich meine, die Finanzprokuratur und Dr. Peschorn waren also zunächst mal ganz am Anfang schon maßgeblich in der Strukturierung der verschiedenen Arbeitspakete involviert, als wir ja noch am Anfang in einer Phase waren: Führt das überhaupt zu etwas? Da gab es eine erste Phase, wo man einfach einmal geschaut hat, dass man diesen riesigen Datenwust einfach einmal durchgearbeitet hat, und dann hat man Phase für Phase definiert: Lohnt es sich weiterzumachen, lohnt es sich nicht?

Also Dr. Peschorn und sein Team waren da sehr federführend, maßgeblich beteiligt, zusammen mit Dr. Zink, aber Peschorn war da sehr – ich würde das jetzt einmal aus meiner Wahrnehmung sagen –, natürlich zusammen mit dem Kollegen Zink, maßgeblich an der Strukturierung und an der Erarbeitung der Sachverhaltsdarstellung beteiligt.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Jetzt haben Sie geschildert – sollte es nach so einer Eingabe durch das DOJ weiterverfolgt werden –, dass es im Anschluss eine Kontaktaufnahme mit dem entsprechenden Unternehmen geben würde.

Dr. Stephan Hutter: Mit dem betroffenen Unternehmen.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Mit dem betroffenen Unternehmen, genau, jetzt konkret Airbus, Eurofighter.

Haben wir irgendwelche Kenntnisse darüber, dass das dementsprechend schon erfolgt wäre? Würden wir davon Erkenntnis erlangen können?

Dr. Stephan Hutter: Also ich glaube nicht, dass wir Kenntnis haben. Jetzt weiß ich nicht, wer welche Gespräche mit Airbus führt, aber normalerweise würde man davon nichts erfahren, denn, wie gesagt, das Verfahren ist auch zum Schutz des Unternehmens vertraulich. Das ist etwas bilaterales, was zwischen dem DOJ und in dem konkreten Fall Airbus und den Anwälten von Airbus verhandelt wird.

Ich meine, wenn Airbus dazu nicht Stellung nimmt, würden Sie das nicht erfahren. Wenn, dann müssten Sie es von Airbus erfahren, aber das wäre ja ungewöhnlich, dass die Gesellschaft jemandem und schon gar nicht jemandem gegenüber, der möglicherweise mit dazu beigetragen hat, dass dieses ganze Verfahren läuft - -

Das erfahren Sie nicht über die - - Ich meine, der einzige Weg, wo Sie es erfahren, ist, wenn es irgendwo ein Leak gibt, aber normalerweise erfährt man das nicht.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Dann verstehe ich das richtig: Wir machen als Republik eine Eingabe, sind eventuell die Geschädigten, je nachdem, was sich dann am Ende des Tages herausstellen wird, und die USA profitieren schlussendlich von Strafzahlungen, die durch Unternehmen geleistet werden müssten – und Österreich schaut durch die Finger.

Dr. Stephan Hutter: Wenn Sie das so - - Ja, ja, ja, ich verstehe, was - -

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Gibt es überhaupt nie Möglichkeiten, als Geschädigte von diesen Strafzahlungen irgendwie einen Anteil zu erhalten?

Dr. Stephan Hutter: Nein, nein, nein. So gesehen, haben Sie recht, aber das gilt, wie gesagt, wenn Sie beim DOJ in diesem Verfahren mit Korruption - - Ich meine, man muss sich das - - Das ist jetzt nicht eins zu eins anwendbar, aber das ist so ein bisschen aus der amerikanischen Sicht – nicht? – das Konzept (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Der Weltpolizei!) des Whistleblowers. Das ist jetzt eine Vereinfachung. Das ist natürlich kein Whistleblowersystem hier, aber das ist - - Sie haben in den USA - -, und das ist für uns schwer verständlich, da sagen wir: Na ja, das ist ja nicht - -, das muss ich ja nicht machen, und dann mach ich es auch nicht, weil wo kommen wir da hin, dass wir uns da gegenseitig - -

Das ist halt vom System her anders, und in den USA passiert das auch. In den USA ist es auch so: Wenn Sie als großes Unternehmen, ob Sie an der Börse sind oder nicht, in Ihrem Geschäftsgebaren in den USA auf solche Themen draufkommen und merken, dass irgendein anderer in Ihrem Ding hier möglicherweise gegen diese Gesetze verstoßen hat, dann machen Sie auch als Unternehmen in den USA eine solche Eingabe beim DOJ.

Sie können sich darauf verlassen, dass das vertraulich bleibt und es ist einfach Teil dieses dort selbstregulierenden Systems, wenn Sie wollen, dass sich eben die Marktteilnehmer dort entsprechend dieses Instrument zunutze machen – und ehrlich gesagt: die Amerikaner erwarten sich das. Dass das bei uns nicht funktionieren würde, ist ein anderes Thema.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Vielleicht abschließend noch: Es gibt jetzt seit dieser Eingabe, die erfolgt ist, natürlich laufende Ermittlungen in Österreich, in Deutschland. Wie erhält das DOJ von diesen laufenden Ermittlungen Kenntnis? Gibt es weitere Eingaben? Sind weitere Eingaben geplant? Wie schaut die aktuelle und zukünftige Arbeit diesbezüglich aus?

Dr. Stephan Hutter: Also wir haben im Oktober 2017 unsere Stellungnahme erstellt, die im Anschluss vom Verteidigungsministerium beim DOJ eingebracht wurde, und damit ist dieser Teil der Arbeit abgeschlossen. Und dann Ende 2017 war auch unsere Tätigkeit für die Taskforce abgeschlossen, also wir haben keine weitere Tätigkeit. Da gibt es auch keine Notwendigkeit mehr, wenn das einmal eingereicht ist, dann wie ich schon sagte ist das dort und das DOJ, ich sage es jetzt salopp, macht dann damit, was es will oder nichts. Da wird aber nichts nachgereicht, da wird auch nichts upgedatet und da kommen auch keine Rückfragen vom DOJ an denjenigen oder diejenige, der oder die da etwas eingereicht hat, sondern das ist halt so, wie das System dort funktioniert.

Das DOJ ist dann von Amtswegen frei, mit vielen Möglichkeiten etwas zu tun oder nichts zu tun, aber da können Sie als der Überbringer dieser Information auch nichts aktualisieren, da gibt es keine Interaktion – es sei denn, Sie kommen auf einen neuen Korruptionssachverhalt drauf und machen dann eine neue Eingabe , aber das Verfahren, also der Prozess ist geschlossen.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Dazu bräuchte es einen neuen Auftrag an Sie?

Dr. Stephan Hutter: Ja, aber das, da gibt es ja - - (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Ja!) Da müsste es jetzt neue Erkenntnisse geben.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Vielleicht noch ganz zum Schluss: Jetzt haben Sie sich lange mit den Unterlagen und mit diesen fünf Terrabyte beschäftigt, haben Untersuchungen durchgeführt.

Nur für uns als Untersuchungsausschuss: Geht es jetzt um die Gegengeschäfte, geht es um Zahlungen in diesem Zusammenhang, geht es um Zahlungen an Amtsträger, die ja sehr weit gefasst sind und was Sie sich auch dementsprechend weit ansehen haben müssen? Gibt es Erkenntnisse oder Wahrnehmungen außerhalb der Eingabe, von denen Sie sagen, die wären für den Untersuchungsausschuss und für die weiteren Untersuchungen wertvoll?

Dr. Stephan Hutter: Ich fürchte, dass ich Ihnen nur noch einmal die gleiche Antwort geben kann, die ich vorher schon gegeben habe: Wir haben keine über die der Strafanzeige zugrunde liegende Sachverhaltsdarstellung hinausgehenden Erkenntnisse. Es war auch nicht unser Mandat, nach zusätzlichen Smoking Guns zu suchen, die nicht irgendwo sowieso schon - -

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Die Frage zielte ganz offen in die Richtung, dass Sie dies, wenn man darauf gestoßen wäre, und das ja nicht Sinn und Zweck der Eingabe gewesen wäre, dem Untersuchungsausschuss mitteilen. Wenn es das nicht gegeben hat, dann muss ich das so akzeptieren.

Dr. Stephan Hutter: Nein, wenn es das gegeben hätte, dann würde ich das sagen. Wobei: Wenn es das gegeben hätte – und so gesehen waren wir ja zwar nicht verantwortlich für das Erstellen der Darstellung, aber wir waren natürlich von Anfang an mit eingebunden und haben natürlich auch mit unserer US-Brille nach den Themen gesucht, die für uns als US-Anwälte relevant waren –, wenn wir da noch andere Dinge gefunden hätten, dann wäre das in die Sachverhaltsdarstellung, die Sie kennen, eingeflossen.

 Also Sie können und müssen davon ausgehen, das ist vielleicht noch ein wichtiger Punkt, dass, auch wenn wir nicht für die Erstellung dieser Sachverhaltsdarstellung verantwortlich waren, sozusagen auch unsere Erkenntnisse aus dem Datensichtungsprozess in diese Sachverhaltsdarstellung mit eingeflossen sind. Es ist nicht so, dass wir da jetzt irgendwie eine separate Darstellung haben, die jetzt nur in Richtung USA geht, sondern wir haben uns das ja in der Taskforce gemeinsam als Team erarbeitet, und wir haben dann auf den Elementen aufbauend, die halt für die US-rechtliche Analyse relevant waren, geschaut, ob man da einen seriösen, belastbaren Verdachtsmoment findet oder nicht.

Eines muss ich auch sagen: Als große amerikanische Kanzlei, die viele Leute aus unserer Kanzlei beim DOJ haben, die also dahin gehen und danach wieder zu uns zurückkommen, würden wir es uns nicht leisten wollen, eine Eingabe beim DOJ zu machen, auch wenn das kein Gerichtsverfahren ist, die die sich dann unter dem Heading Skadden anschauen und sagen: What the hell did they think!, ja, sondern das muss schon ein bestimmtes Niveau haben.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Vielen Dank.

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Dr. Hutter! Zuerst einmal ein herzliches Dankeschön, dass Sie uns heute hier im Untersuchungsausschuss zur Verfügung stehen, auch ein herzliches Dankeschön für das sehr, sehr ausführliche Eingangsstatement, das schon sehr, sehr viele Fragen beantwortet hat. Darum bleiben von unserer Seite nur noch ein paar wenige Fragen übrig.

Die erste Frage: Waren in die Arbeit der Taskforce neben Ihnen noch weitere Vertreter der Kanzlei Skadden involviert?

Dr. Stephan Hutter: Ja, da waren noch andere Vertreter meiner Kanzlei involviert. Wir arbeiten in Teams, wobei ich die Federführung hatte.

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Sie waren der Hauptverantwortliche?

Dr. Stephan Hutter: Ich war der Hauptverantwortliche. Ich war auch der Hauptverantwortliche für das Erstellen der Stellungnahme, aber es gab noch weitere Partner, sowohl einen Kollegen in Deutschland als auch weitere Partner in den USA, auch in Washington, und eine Reihe von Associates. Unser Mandat hatte wie gesagt verschiedene Phasen. In der ersten Datensichtungsphase, wenn ich die einmal so nenne, waren natürlich mehrere Leute involviert. Das waren ein halbes Dutzend Leute in der sehr aktiven Phase, denn da mussten sehr viele Dokumente in kurzer Zeit gesichtet werden. Dann in der späten oder entscheidenden Phase der Erstellung der Stellungnahme, bei den wirklich – sage ich jetzt einmal – intellektuellen und rechtlichen Ausarbeitungen waren wir zu zweit, zu dritt, aber eben schon sehr auf einer Senior-Partner-Ebene, weil das ja doch auch sehr viel Erfahrungs- und technisches Wissen war, das da eingebracht werden musste.

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Eine Frage, die mich noch interessieren würde, wäre, ob Sie uns sagen können, wer Sie für die Arbeit in der Taskforce vorgeschlagen hat. Wie sind Sie zu dieser Aufgabe gekommen? Hat es eine Ausschreibung gegeben oder wurde das freihändig vergeben?

Dr. Stephan Hutter: Also, formale Ausschreibung - - Also ganz ehrlich: Ich glaube, dass wir von der Finanzprokuratur vorgeschlagen wurden, konkret von Präsident Dr. Peschorn. Wir kannten uns vor allem aus meiner Tätigkeit in Sachen Heta und Hypo Alpe-Adria, die sehr intensiv war. Da hatten wir zunächst 2014 das Finanzministerium, die Republik bei der Klärung von irgendwelchen Vorfragen beraten, und dann später das Land Kärnten. Das war eine relativ lange Befassung, und wir kannten uns. Er hat uns also, glaube ich, vorgeschlagen. Ich glaube aber beziehungsweise ich gehe davon aus, dass auch noch andere Kanzleien gefragt wurden, das weiß ich nicht. Wir mussten uns bewerben. Ich bin dann zu so einer Art Beauty Contest mit Peschorn, mit Herrn Hamberger, und auch andere aus dem Ministerium waren da. Wir haben uns beworben, haben dann ein schriftliches Angebot mit unseren Credentials, mit Stundensätzen und Budgets und so weiter abgegeben, wie das halt immer ist. Dann sind wir, ich gehe einmal davon aus, aufgrund unserer Erfahrung und eines vernünftigen Kosten-Nutzen-Pakets mandatiert worden.

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Können Sie mir noch mitteilen beziehungsweise sagen, wer vonseiten des Bundesministeriums für Landesverteidigung den Beratervertrag unterschrieben hat? (Auskunftsperson Hutter: Wer den Beratervertrag unterschrieben hat?) – Ja. Sie haben ja gesagt, es hat einen schriftlichen Vertrag gegeben.

Dr. Stephan Hutter: Ja, ja. Es hat mehrere, es hat viele Verträge gegeben, weil wir wie gesagt in Phasen mandatiert wurden. Es gab, glaube ich, fünf oder sechs Phasen. Wenn Sie das genau interessiert, ich habe das irgendwo. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Da wurde ein Vertrag unterschrieben. Ich meine, die erste Phase. Das begann irgendwann im Juni 2016. Ich glaube, die erste Phase war bis Ende Juni oder bis Juli, ich weiß es jetzt nicht mehr genau. Die zweite Phase ging dann über den Sommer, die dritte Phase war dann im September, und für jede Phase gab es ein Budget. Unser Auftrag war ja, dass wir am Ende jeder Phase schauen: Haben wir genügend Anhaltspunkte, um zu glauben, dass das eine sinnvolle weitere Beschäftigung ist, oder sind wir der Meinung, dass das wahrscheinlich eher nicht sinnvoll ist, weil es zum Beispiel verjährt ist, ja, jetzt nur als Beispiel. Das haben wir geprüft, und darum haben wir das auch so strukturiert, dass wir die Dinge, die wir - -

Zum Beispiel Verjährung: Da haben wir eher früher danach gesucht, weil wir gedacht haben: Wenn wir da nichts finden, was mindestens ins Jahr 2012 hineinreicht, dann brauchen wir die anderen Dinge auch nicht mehr zu klären. So sind wir vorgegangen, und dafür gab es Budgets. Die Arbeitspakete hat, glaube ich, Herr Hamberger mit Hilfe des Kollegen Peschorn definiert. Die waren sehr präzise definiert, wie ich mich erinnere. Ich würde jetzt einmal sagen: Der Vertrag wurde entweder von Herrn Hamberger oder von Herrn Aggermann aus dem Ministerium unterschrieben.

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Wie hoch waren die von Ihnen gestellten Rechnungen insgesamt? (Auskunftsperson Hutter: Bitte?) Wie hoch waren die von Ihnen gestellten Rechnungen insgesamt?

Dr. Stephan Hutter: Dazu würde ich mich jetzt - -

Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik: Ja, das wäre, glaube ich, ein Thema, wo § 43 - -

Dr. Stephan Hutter: Was ich aber sagen möchte: Ich möchte jetzt nicht den Eindruck erwecken, dass wir hier - - Also Sie können davon ausgehen, dass die Stundensätze und die Budgets, die wir gemacht haben, der Komplexität und dem Aufwand entsprechend angemessen waren. Und ich sage noch einmal: Wir haben ja auch schon bei anderen Tätigkeiten für die Republik Österreich Bekanntschaft mit dem Rechnungshof gemacht, das heißt - - (Abg. Zarits: Ich habe da überhaupt nichts andeuten wollen!) – Ich möchte es nur sagen, weil bei amerikanischen Anwälten ja oft so ein bisschen im Raum steht, dass wir hier - - Also das ist alles sehr kompetitiv und ordentlich abgelaufen.

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Danke, das war es für die erste Runde.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Auch vonseiten der Sozialdemokratie einen herzlichen Dank fürs Kommen und vor allem für den umfassenden Eingangsbericht Ihrerseits. Es bleiben jedoch noch einige Fragen für uns, wenn es auch nur wenige sind.

Gehe ich richtig in der Annahme, Sie erwähnten es in Ihrem Eingangsstatement, dass Sie oder Ihre Kanzlei ähnliche Fälle, also die rechtliche Beratung staatlicher Behörden, schon mehrmals behandelt haben?

Dr. Stephan Hutter: Ja, schon mehrfach, und zwar sowohl in Österreich als auch in Deutschland, in der Schweiz und in anderen Ländern. Ja.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Ich weiß nicht, ob ich es jetzt überhört habe, aber unterstützen Sie weiterhin, also auch derzeit das BMLV beziehungsweise die Taskforce Eurofighter noch mit Ihrer Arbeit?

Dr. Stephan Hutter: Nein. Unser Mandat war Ende 2017 mit der Erstellung unserer Stellungnahme vom Oktober 2017 beendet.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Würden Sie sagen, dass die Taskforce ein geeignetes Instrument zur Behandlung des Themas Eurofighterbeschaffung war?

Dr. Stephan Hutter: Ich meine, mir fehlt jetzt der Vergleich zu anderen Taskforces in Österreich, aber wenn ich es mit ähnlichen gremialen Tätigkeiten vergleiche, die wir im wirtschaftsrechtlichen Bereich haben, war das – muss ich sagen – schon eine sehr produktive und konstruktive Zusammensetzung. Sie müssen bedenken, da sind ja wirklich unterschiedlichste Charaktere zusammengekommen, die ja so vorher nie zusammengearbeitet haben. Ich meine, da hatten Sie Leute aus dem Verteidigungsministerium, es waren Militärs dabei, es waren PR-Berater dabei, es waren Wirtschaftsprüfer dabei, es war die Finanzprokuratur dabei, es waren lokale österreichische Anwälte, dann noch amerikanische Anwälte und Universitätsprofessoren dabei. Das heißt, das war schon beeindruckend.

Es gab seitens des damaligen Ministers auch immer eine sehr professionelle Ansage, nämlich dass man sehr pragmatisch, ohne Befindlichkeiten als Team zusammenarbeitet. Ich fand das sehr vergleichbar mit dem, was wir in unserem wirtschaftsrechtlichen Beratungsumfeld sehen, und gar nicht das, was man jetzt, sage ich einmal, erwarten würde, wenn man mit Ministerien zu tun hat, sondern das war sehr effizient, sehr teamfokussiert. Auf die Vertraulichkeit habe ich schon hingewiesen. Ich denke, wenn man das Ergebnis sieht, dann würde ich Ihre Frage mit Ja beantworten.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Haben oder hatten Sie jemals politische Vorgaben in oder bei Ihrer Arbeit? (Auskunftsperson Hutter: Das habe ich jetzt nicht verstanden!) – Haben oder hatten Sie jemals politische Vorgaben bei Ihrer Arbeit? (Auskunftsperson Hutter: Politische Vorgaben?)  Mhm. (Auskunftsperson Hutter: Würden Sie noch einmal kurz - - Was meinen Sie mit politischen Vorgaben?) – Na ja, ob beispielsweise ein Minister Ihnen etwas angewiesen hat. (Auskunftsperson Hutter: Das habe ich jetzt ganz schlecht verstanden! Angewiesen?) – Ja.

Dr. Stephan Hutter: Nein. Vorgaben: Also wir hatten natürlich ein Mandat, und in dem Mandat war von Phase zu Phase, auch am Anfang schriftlich definiert, worin unser Prüfungsauftrag lag. Abgesehen davon, dass unser Prüfungsauftrag definiert war und dass wir auch angehalten waren, so kosteneffizient wie möglich zu arbeiten, gab es keine, also inhaltlich sowieso nicht. Wir würden auch als amerikanische Kanzlei ehrlich gesagt, aber das gilt wahrscheinlich für meine anderen Kollegen auch, wir sind ja - - Wenn jemand Skadden oder so eine Kanzlei mandatiert, dann mandatiert man uns und ist auch bereit, die Kosten zu übernehmen, weil man sagt: Da gibt es jemanden, das ist eine große Kanzlei mit viel Erfahrung, und wenn die sich darum kümmern, dann können wir sicher sein, wenn es da etwas zu finden gibt, dann finden die was, dann wird es ordentlich, professionell abgearbeitet. – So gesehen würden wir sowieso nur Mandate bearbeiten, in denen wir ohne Anweisungen ergebnisoffen arbeiten können.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Danke schön.

Die Tätigkeit der Taskforce Eurofighter wurde streckenweise durch die Zuarbeit der Taskforce Gegengeschäfte des Wirtschaftsministeriums unterstützt. Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Wirtschaft?

Dr. Stephan Hutter: Ich hatte oder wir hatten im Rahmen unserer Tätigkeit für die Taskforce keinerlei Kontakt und haben auch keinerlei Wahrnehmung, ob es - - Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich weiß gar nicht, ob es da Kontakt gab, mit wem es Kontakt gab; wir waren da jedenfalls nicht involviert. Mir ist es nicht bekannt, dass wir - - Was ich weiß und was uns von Anfang an gesagt wurde, ist, dass es dabei nicht um die Gegengeschäfte geht, weil die Gegengeschäfte in die Zuständigkeit des Wirtschaftsressorts fallen. Darum, also auch aus diesem Grund war das für uns auch nie ein Prüfungsthema, weil das eben ein anderer Bereich war. Wir hatten zu keinem Zeitpunkt irgendeinen Berührungspunkt mit dieser Taskforce, von der ich allenfalls einmal gehört habe, aber da gab es keinen Kontakt.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Und wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit der Soko Hermes?

Dr. Stephan Hutter: Mit der Soko Hermes hatte ich auch überhaupt keinen Kontakt. Also ich glaube, die Soko Hermes lief, würde ich einmal sagen, über Peschorn und Kollegen Zink, aber da waren wir völlig außen vor. Und diese Themen, die Sie jetzt ansprechen, also diese Taskforce im Wirtschaftsressort war auch nicht Teil, sage ich jetzt einmal, des Plenums der Taskforce, so wie ich sie wahrgenommen habe. Das muss irgendwie separat gelaufen sein.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Danke schön.

Wir durften ja Ihren Kollegen Johannes Zink befragen, und er erklärte uns definitiv, dass es einen Bruch zumindest der US-Compliance-Vorschrift gibt, dass jedenfalls er das so sieht. Wie genau der Inhalt dieser Eingabe war, können, wollen oder dürfen Sie uns hier ja nicht berichten, aber können Sie global sagen, welcher Paragraf, welches Gesetz hier verletzt wurde?

Dr. Stephan Hutter: Also ich habe - - Ich hoffe, dass ich das richtig verstanden habe. Sie sagen, Kollege Zink hat gesagt, es gab einen Bruch?

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Es gab einen Bruch von internationalen oder zumindest von US-Compliance-Vorschriften. (Auskunftsperson Hutter: Gut, jetzt kann ich da - -!) – Er hat es, glaube ich, so formuliert: Es gibt Anhaltspunkte dafür.

Dr. Stephan Hutter: Genau, ich kann mir das auch nur so vorstellen, dass Kollege Zink das wahrscheinlich nicht so wörtlich gemeint hat, sondern dass - - (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) Das ist es jetzt nicht. Ich habe es vorhin schon gesagt: Unsere Stellungnahme spricht nicht von einem Bruch. Also erstens, es geht bei uns, wie ich es erwähnt habe, ausschließlich um diesen Foreign Corrupt Practices Act. Es geht auch nicht um andere internationale Vorschriften, sondern um diesen FCPA, und unsere Stellungnahme kommt zu dem Schluss, der auch im Bericht der Taskforce enthalten war, nämlich dass wir glauben, Anhaltspunkte in der entsprechenden Detaillierungstiefe identifiziert zu haben, die eine Verletzung dieses Gesetzes nicht ausschließen, möglicherweise nahelegen, nicht aber, dass wir sagen: Da gibt es einen Bruch!, denn um sagen zu können, da gibt es einen Bruch, muss irgendjemand dann noch die zusätzlichen Sachverhaltsbausteine dazu liefern, die es dann braucht – aber das war nicht unsere Aufgabe.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Würden Sie eine Einschätzung wagen, bis wann wir Ergebnisse von der Eingabe erhalten könnten, eine vage Einschätzung?

Dr. Stephan Hutter: Das würde ich lieber nicht wagen, weil ich es wirklich nicht weiß. Ich weiß es wirklich nicht, und das ist jetzt auch nicht - - Das wurde vorhin schon gefragt. Wir haben keine Information, wir wissen es nicht.

Es ist aber auch so: Sie können da nicht einfach beim DOJ anrufen und fragen: Jetzt sitzt ihr seit einem Jahr auf der Eingabe. Was ist denn jetzt? – So läuft das nicht, sondern die sind da sehr selbstbewusst und vertraulich und machen das so, wie sie es für richtig halten, bilateral mit den betroffenen Unternehmen, und da gibt es leider keine Möglichkeit, einen Verfahrensstand zu erfragen.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Sie sind ja Experte. Dauert das erfahrungsgemäß länger als fünf Jahre, länger als zehn Jahre, oder welchen Zeitrahmen in etwa dürfen wir uns da vorstellen?

Dr. Stephan Hutter: Das dauert normalerweise nicht länger als fünf Jahre, aber es dauert auch nicht fünf Monate. Das hängt aber natürlich - - Schauen Sie, normalerweise dauert das wie gesagt nicht länger als fünf Jahre, aber es dauert natürlich je nach Komplexität des Falles unter Umständen auch länger oder nicht so lange.

Und diese Verfahren - - Ich meine, wir sind da ja oft auf der anderen Seite, also wir sind ja sehr oft, meistens eigentlich auf der Seite der betroffenen Unternehmen und vertreten diese Unternehmen in den Prozessen mit dem DOJ. Noch öfter sind wir auf der Seite von Unternehmen und implementieren präventive Maßnahmen und Richtlinien, damit das Unternehmen für den Fall, dass es einmal so ein Thema gibt, eben schon die entsprechenden Strukturen hat oder es möglicherweise erst gar nicht dazu kommt.

Wenn ich das jetzt aus dem Blickwinkel des Anwalts betrachte, der ein Unternehmen wie Airbus vertritt, dann hängt natürlich die Geschwindigkeit eines solchen Verfahrens davon ab, was das DOJ von mir will: Wie viel Geld wollen die? Wie viele Unterlagen wollen die? Habe ich die Unterlagen? Was kostet es mich, die Unterlagen zu besorgen? Wie lange dauert es, diese Unterlagen zu besorgen? Wie viele Verfahren auf der Welt, die möglicherweise damit zusammenhängen, habe ich noch? Das heißt, das ist sehr sachverhaltsbezogen, das kann man nicht so einfach sagen.

Was man sagen kann, ist, dass Unternehmen wie Airbus alles tun werden, um diese Art von Vorwürfen, wenn sie denn überhaupt gerechtfertigt waren, einvernehmlich zu bereinigen – und das im Zweifel eher früher als später, weil das in diesen Organisationen große Unruhe und für sie natürlich immer ein latentes Reputationsrisiko birgt.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Danke schön.

Würde das DOJ neue Erkenntnisse zu Tage bringen, würde das dann eventuell der österreichischen Staatsanwaltschaft im Sinne eines Rechtshilfeverfahren zur Verfügung gestellt werden oder dergleichen? Ist das möglich?

Dr. Stephan Hutter: Dazu kann ich jetzt auch nichts sagen. Das hängt ganz davon ab, um welche neuen Erkenntnisse es sich handelt.

 Ist es theoretisch denkbar, dass ein Ministerium, wenn es jetzt im Zusammenhang mit der Aufklärung eines Sachverhalts auf zusätzliche Sachverhaltselemente stößt, wo das ausländische Justizministerium der Meinung ist, dass das dem österreichischen Ministerium in seinem eigenen Prozess helfen könnte - - Gibt es da intergovernmentale Kanäle? Ich würde sagen, die Kanäle gibt es, wie eingangs erwähnt, das sind genau die nicht zu unterschätzenden – wie soll ich sagen? – auf Regierungsebene und Länderebene bestehenden OECD- und anderen Kooperationsabkommen. Das würde ich nicht ausschließen, aber dazu habe ich keine Informationen.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Aber es gibt solche Beispiele? In der Vergangenheit gab es solche Beispiele?

Dr. Stephan Hutter: Ich kenne jetzt kein Beispiel aus Österreich, aber grundsätzlich, ja, gibt es solche Beispiele.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): In anderen Ländern, gut.

Welche Implikationen können die Untersuchungen beziehungsweise die Ereignisse gegen Airbus in den USA für Österreich haben?

Dr. Stephan Hutter: Na gut, da würde ich jetzt anknüpfen, ich glaube, das war zum Teil schon einmal Gegenstand einer anderen Frage.

Die Implikationen hängen natürlich davon ab, erstens einmal, ob es überhaupt so ein Verfahren gibt und wie das Verfahren ausgeht. Grundsätzlich, noch einmal, werden diese Verfahren vertraulich bilateral zwischen dem DOJ und diesem Unternehmen bearbeitet und erledigt, und es ist nicht Ziel dieser Prozesse, Unternehmen aus dem Wirtschafts-, aus dem Geschäftsgebaren auszuschließen, sondern diese Unternehmen sind dann auch weiter tätig. Also ich habe da keine Anhaltspunkte und auch keine Wahrnehmung, ob das jetzt den betroffenen Unternehmen, inwieweit das denen schaden würde – in den USA oder in Europa oder sonst wo.

Ich glaube, dass es generell – das sagte ich vorher schon einmal – natürlich kein, sagen wir einmal, Prädikatsmerkmal ist, wenn man mit einem Korruptionsverfahren konfrontiert ist, aber auf der anderen Seite: Wenn alle Unternehmen, die mal so ein Verfahren hatten, nicht mehr wirtschaftlich tätig werden, dann wäre das auch - - Davon würde ich jetzt nicht ausgehen, dass das betroffene Unternehmen automatisch vom Geschäft ausschließt.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Wie wirkt sich die Strafanzeige derzeit international auf die laufende Zusammenarbeit mit der Airbus Group aus? Haben da bereits einige Länder Position bezogen?

Dr. Stephan Hutter: Dazu habe ich keine Wahrnehmung. Ich gehe aber davon aus, dass eine Anzeige allein jetzt nicht dazu führt, dass Länder mit Airbus keine Geschäfte mehr machen. Ich weiß es aber nicht. Ich habe dazu keine Wahrnehmung.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Danke schön.

Inwieweit waren Sie bei der Erarbeitung der Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft eingebunden?

Dr. Stephan Hutter: Na gut, wie ich eingangs schon sagte: Die Sachverhalts- - Wir waren nicht verantwortlich für die Erstellung der Sachverhaltsdarstellung, die sowohl der Anzeige als auch dem Taskforcebericht zugrunde lag. Wir haben als Mitglied der Taskforce allerdings bei der sehr umfassenden Sichtung der Daten mitgearbeitet. Wir haben auch sehr fokussiert nach Zusammenhängen gesucht oder geprüft, ob solche Zusammenhänge bestehen, die mit den USA in Verbindung standen. Sofern wir Erkenntnisse gewonnen haben, sind die in die Erstellung der Sachverhaltsdarstellung eingeflossen, aber die Erstellung der Sachverhaltsdarstellung für die Anzeige war federführend, auch von der Mandatierung her, im Verantwortungsbereich der Finanzprokuratur beziehungsweise von Herrn Kollegen Zink.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Okay.

Ich möchte Ihnen nun das Dokument mit der Nummer 50601, Seite 1 von 1, vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da sehen Sie ein Organigramm mit der Struktur des Projekts Minerva. In der Mitte der Seite steht „Entwürfe außerger./gerichtl.“ – außergerichtlich, gerichtliche – „Rechtsdurchsetzung“. Mich würden nun Ihre Bemühungen um eine außerordentliche Rechtsdurchsetzung interessieren.

Der Leiter der Taskforce, Herr Hamberger, hat uns diesbezüglich bereits bei seiner letzten Befragung im Untersuchungsausschuss mitgeteilt, dass es den Versuch gegeben habe, mit der Gegenseite, dem Konzern Airbus, in ein Gespräch zu treten. Können Sie uns beschreiben, wie dieser Versuch vonstattengegangen ist, wie das Gespräch verlaufen ist?

Dr. Stephan Hutter: Entschuldigung, jetzt suche ich gerade noch einmal. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) – Okay, ich finde das jetzt gerade nicht.

Als Transaktionsanwälte, vielleicht einmal vorausschickend, sind wir sowieso grundsätzlich einmal immer daran interessiert, auszuloten, ob es in so einer Situation, wie wir sie hatten, nicht eine Möglichkeit gibt, auf die Gegenseite zuzugehen und einmal auszuloten, natürlich auch vertraulich, ob es Möglichkeiten gibt, ins Gespräch zu kommen und über die Themen zu reden.

Jetzt war das natürlich alles ein sehr emotionalisierter Prozess, vor allem nach der Anzeige im Februar 2017, aber dennoch haben wir, das ist richtig, oder habe ich die Gelegenheit gesucht, und das kam zustande über einen Kollegen von mir in einem anderen Skadden-Büro, der den Chefjustitiar von Airbus noch aus seiner früheren Tätigkeit kannte. Da habe ich mich einmal sehr vertraulich mit meinem Kollegen in Verbindung gesetzt und ihn gefragt, ob er denn nicht einmal bei dem General Counsel[3] von Airbus vorfühlen könnte, ob es denkbar wäre, dass man sich mal sehr vertraulich trifft, um einfach mal einen Gesprächskanal aufzumachen.

Dieses Gespräch kam dann zustande, das war im Juni 2017. Auf unserer Seite war ich da involviert, und wir haben uns in Paris getroffen, auf neutralem Boden, vertraulich. Ich möchte also auch da - - Wir haben damals vereinbart, dass über den Inhalt des Gesprächs Vertraulichkeit vereinbart wird. Das möchte ich auch so handhaben, weil wir, beide Seiten, über dieses Gespräch nicht öffentlich in größerer Runde berichtet haben.

Ich meine aber, es ist auch kein Geheimnis. Was war der Grund für das Gespräch? Der Grund für das Gespräch war der Versuch, und das war eben im Juni - - Da sehen Sie vielleicht auch noch einmal, es ist ja nicht so, dass man jetzt im Februar nach der Anzeige gleich gesagt hat: So, und jetzt noch USA und jetzt noch alles andere!, sondern man hat versucht, nachdem die Fakten auf dem Tisch lagen, mit der Gegenseite noch einmal ein Gespräch zu suchen, hat auch versucht, zu evaluieren, könnte es ein Gespräch auf alleroberster Ebene geben, weil uns allen klar war: In diesem Komplex könnte nur ein Gespräch der Topebene überhaupt irgendeine Art von Dynamik entfalten, dass dann die verschiedenen Ebenen darunter konstruktiv miteinander zusammenarbeiten.

Das ist leider nicht gelungen, und so gesehen sind wir dann wieder auseinandergegangen. Es gab dann im Anschluss daran auch noch verschiedene Telefonate, die ich mit dem General Counsel[4] geführt habe. Wir haben dann kurz - - Also, auch noch im September, glaube ich, gab es das letzte Gespräch, wo wir immer wieder versucht haben, zu sehen: Gibt es noch irgendwie vielleicht einen Kanal? Es war aber dann auch – ich weiß jetzt nicht mehr genau – relativ klar, dass es auch, glaube ich – ich weiß nicht mehr genau, wann das war –, einen Wechsel in der Regierung geben wird. Zu dem Zeitpunkt gab es einfach auch keine Dynamik mehr.

So gesehen hat das leider nicht funktioniert. Wir hätten das gerne begleitet und mit beigetragen, dass sich da irgendwie ein Gesprächskanal eröffnet, aber das hat leider nicht stattgefunden. Die Gespräche waren respektvoll und wie sie halt so sind, aber leider nicht von Erfolg gekrönt.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Sie haben ja sicher in Ihrer beruflichen Laufbahn schon sehr, sehr viele solche Gespräche geführt. Würden Sie das Gespräch mit dem Konzern vergleichbar zu Gesprächen mit anderen Konzernen sehen, oder würden Sie es als eher unkooperativ bezeichnen?

Dr. Stephan Hutter: Ich würde es nicht als, also, ich würde es nicht als - - Es ist so verlaufen, wie es zu befürchten war, dass es angesichts der Gemengelage zu dem Zeitpunkt verlaufen kann, aber es war nicht in dem Sinne unkooperativ, dass man sich gegenseitig Bosheiten persönlicher Natur an den Kopf geworfen hätte.

 Wir haben uns sachlich ausgetauscht, es gab offensichtlich natürlich eine andere Sicht der Dinge. Natürlich war die Gegenseite not amused, dass es diese Anzeige gab. Auf der anderen Seite gab es zu dem Zeitpunkt auf der US-Seite noch keine Eingabe. Aber es war letztlich einfach - - Da fehlte so ein bisschen die Dynamik, und es war leider nicht von Erfolg gekennzeichnet.

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Vielen Dank. – Vorerst keine Fragen mehr.

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Grüß Gott, Herr Dr. Hutter! Ja, sehr viele Fragen sind schon gestellt worden, es ist von meiner Seite eigentlich wirklich nicht mehr viel übrig geblieben. Ein bisschen etwas aber hätte ich schon noch.

Die Firma Skadden ist eine der renommiertesten US-Anwaltsfirmen und vertritt unter anderem General Electric. General Electric ist ein weltweit tätiger Mischkonzern mit einer großen Aviationabteilung. Die Aviationabteilung stellt unter anderem Triebwerke für das amerikanische Kampfflugzeug F-16 her. Die F-16 steht in direkter Konkurrenz zum Eurofighter. Wenn Ihre Kanzlei auch General Electric vertritt, gibt es da nicht einen Interessenkonflikt?

Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik: Kurzer Einwand, nur damit das auch im Protokoll steht: Die Auskunftsperson hätte da natürlich das Recht, sich zu entschlagen, weil sie über andere Mandatsbeziehungen nicht sprechen muss.

Dr. Stephan Hutter: Ja, wobei, ich sage einmal: Ich beantworte das jetzt so, wie ich das spontan für richtig halte.

Ich meine, natürlich ist eine Kanzlei wie Skadden - - Wir vertreten weltweit eine ganze Reihe von Unternehmen in dem ganzen Bereich Aerospace. Ich meine aber, hoffentlich ohne mich da selber jetzt in größere Schwierigkeiten zu bringen, das ist ja Public Knowledge – wenn Sie das googeln würden –: Wir haben zum Beispiel auch die FACC bei deren Börsengang beraten und haben andere Mandate in dem ganzen Aerospacebereich. Ich glaube, dass uns die Tatsache, dass wir diese Industrieerfahrung haben, und zwar nicht nur in den USA, sondern auch in Europa, in Österreich, für ein Mandat wie dieses, sage ich einmal ganz ehrlich, besonders qualifiziert, weil wir, gerade wenn es darum geht, fünf Terabyte an Informationen zu durchforsten und zu wissen, wonach ich suche - - Das ist ja nicht so einfach, dass ich da einfach USA eingebe und dann kommen 25 richtige Verträge, sondern da muss ich sehr genau verstehen, wie solche Verträge strukturiert sind. Ehrlich gesagt ist das eher komplex mit Anlagen zu Anlagen und noch einmal Anlagen und Amendments und hin und her. Long story short: Ich glaube, dass ist zunächst einmal positiv, was General Electric betrifft.

Ich weiß jetzt gar nicht, ich habe das vor Jahren schon einmal irgendwo gelesen, über diesen Vorwurf gibt es, glaube ich, sogar ein Buch. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir wären nicht im Business, wenn wir nicht interne Strukturen hätten, die Konflikte managen, und ehrlich gesagt, eine Kanzlei wie Skadden arbeitet auch - - Da müssen Sie gar nicht bis zu General Electric gehen, es gibt wahrscheinlich auch irgendwo in Asien einen Affiliate von Airbus, wo irgendwie Skadden auch schon mal in einer Geschäftsbeziehung war, das heißt, wir sind es gewohnt, wir haben weltweit professionelle Konfliktmanagementsysteme, sonst wären wir längst out of business. Und ich kann Ihnen versichern, in diesem Projekt spielte das oder irgendwelche anderen Konflikte überhaupt keine Rolle.

Wir hatten ein sehr, sehr eng definiertes Mandat. Da ging es um eine Rechtsfrage in der Sachverhaltsdarstellung, die uns letztendlich, ich sage jetzt einmal nicht: vorgegeben war, aber die wir gar nicht zu verantworten hatten. So gesehen kann ich da nur sagen: Da würde ich Sie jetzt gerne beruhigen, dass es da keinen Konflikt gab und gibt.

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Gut, danke.

Haben Sie in Österreich zu irgendjemandem außer zu Herrn Peschorn und Herrn Hamberger persönlichen Kontakt?

Dr. Stephan Hutter: Wie meinen Sie das?

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Hatten Sie sonst noch persönlichen Kontakt zu österreichischen Beamten oder Regierungsmitgliedern?

Dr. Stephan Hutter: Sie meinen jetzt: bei dem Projekt? (Abg. Kainz: Ja!) – Ja, ja. Gut, bei dem Projekt hatten wir - - Im Rahmen der Taskforce hatte ich mit dem Herrn Minister und auch mit seinem Team regelmäßigen Kontakt. Ich meine Frau Schrefler-König, Herrn Hirsch, Herrn Aggermann, dann Hamberger, dann – ich habe jetzt nicht mehr alle Namen parat, aber da gab es auch Generäle und Militärs, die da in den Sitzungen involviert waren. Da gibt es - - Bei den großen Meetings, die wir hatten, waren ja verschiedene Leute vom Ministerium involviert.

Wenn Sie jetzt aber persönlichen Kontakt meinen: Also ich habe jetzt keinen engen persönlichen Kontakt, sondern einen (Abg. Kainz: Danke!) mandatsbezogenen Kontakt.

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Wo hatten die Sitzungen stattgefunden?

Dr. Stephan Hutter: Die Sitzungen fanden meistens, wenn sie nicht im Ministerium stattfanden, an – wie soll ich das jetzt sagen? – etwas entlegenen, ungewöhnlichen Orten statt, um die Vertraulichkeit - - Sagen wir einmal: für einen Vorarlberger ungewöhnlich. (Allgemeine Heiterkeit.) Nein, also: außerhalb von Wien, Richtung Osten, und in sehr vertraulichem Umfeld, damit halt wirklich nichts nach außen dringt, denn wir haben neun Monate lang gearbeitet, ohne dass etwas nach außen ging. Die Sitzungen waren auch so, dass man keine Telefone verwenden durfte – die mussten in einer Kiste aufbewahrt werden, die mit einem Störsender versehen war. Da wurde schon sehr darauf geachtet.

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Wie hat die Zusammenarbeit mit Österreich funktioniert?

Dr. Stephan Hutter: Die hat sehr gut funktioniert. Ich sagte das schon. Ich muss sagen, ich kannte natürlich die Finanzprokuratur aus anderen Transaktionen, aber ich meine, wir haben uns - - Das war so, wie wenn man auf internationaler Ebene zusammenarbeitet. Es gab zum Teil Phasen, wo sehr viel Arbeit war – bis spät in die Nacht, Wochenende durch –, aber es war ein großes Team, ein großer Team Effort, und die Leute sind - - Was mich, wie gesagt besonders angenehm nicht überrascht, aber beeindruckt hat, ist, wie konfliktfrei und ohne Egotrips und ohne Befindlichkeiten man in dieser unterschiedlichen Konstellation doch fast neun Monate sehr, sehr intensiv zusammengearbeitet hat. Ich kann das nur als sehr konstruktiv, professionell und zielorientiert beschreiben.

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Wie war ihr Mandat definiert, und wie waren die Arbeitsaufträge, falls man das so nennen kann?

Dr. Stephan Hutter: Na ja, wie gesagt, das Mandat war so definiert: Das wurde in Phasen, in Arbeitspakete geschnürt, wobei dann immer eine Phase auf der vorigen Phase aufbaute.

In der ersten Phase mussten wir die Dinge prüfen, wo wir gesagt haben, die müssen wir jetzt einmal auf jeden Fall anprüfen, um sicherzustellen, dass wir ausreichend Anhaltspunkte finden, dass es sich lohnt, in die weiteren Phasen einzutreten, und dass wir nicht nach sechs Monaten oder zwölf Monaten draufkommen, dass wir, wenn wir irgendwelche Themen am Anfang bedacht hätten, dann nicht weiter hätten beraten müssen.

Wir haben dann am Ende einer Phase eine kurze Zusammenfassung gemacht, wo wir stehen; dann haben wir ein Budget für die nächste Phase gemacht, von dem wir geglaubt haben, dass es angemessen ist; dann wurde das noch diskutiert, ob das zu viel, zu wenig oder was immer war; und dann wurde der nächste Vertrag abgeschlossen. So haben wir, wie ich meine, mehr oder weniger monatlich – oder alle zwei Monate – vertraglich weitergearbeitet.

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Wann, in welchem Zeitraum, haben die Sitzungen begonnen?

Dr. Stephan Hutter: Eine Sekunde. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Das Mandat, also unser erster Vertrag, datierte vom 14. Juni – ich glaube, dass wir schon ein paar Tage vorher zu arbeiten begonnen haben –, und das endete dann am 30. Juni. Unsere Arbeit lief in einer sehr intensiven Phase, sage ich einmal, bis Ende 2016. – Das war sicher die intensivste Phase, denn das ganze Aufbereiten des Datenmaterials und das Sichten, auch in enger Abstimmung mit den Kolleginnen und Kollegen, die die Sachverhaltsdarstellung erstellt haben, war schon sehr aufwendig.

Es ging dann weiter im Jahr 2017. Ja, also, ich sage jetzt einmal: Es begann im Juni 2016, und in unserem Fall endete das irgendwann im November, Dezember 2017.

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Wann wurde die Eingabe in den USA gemacht?

Dr. Stephan Hutter: Sekunde mal. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) Unsere Stellungnahme (aus den Unterlagen vorlesend) datierte vom 13. Oktober 2017. Ich schaue jetzt noch einmal (in den Unterlagen blätternd und daraus vorlesend): Die Eingabe wurde dann vom Ministerium am - - Ich meine, die Eingabe fand in zweierlei Hinsicht statt. Es gab zunächst einmal eine Eingabe in Hardcopy, also das war am 24. Oktober, da haben wir in Washington das Dokument auf den Weg gebracht und das wurde dann, ich meine, vom Verteidigungsattaché der Botschaft in Washington physisch dem DOJ überbracht. Im Nachgang dazu – wobei ich da jetzt nicht genau weiß, wann – wurde das dann seitens des Ministeriums auch noch per E-Mail an diese - -, da gibt es eine spezielle E-Mail-Adresse bei dieser FCPA-Unit und da wurde das hingeschickt. Die Details müssten Sie aber Herrn Hamberger noch einmal fragen, weil das war nicht unser- -, also wir haben es physisch da nicht hingeschickt.

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Danke, für diese Runde keine weiteren Fragen.

*****

Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Wir kommen in die nächste Fragerunde. Zu Wort ist Herr Abgeordneter Bernhard gemeldet. – Bitte.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Dr. Hutter, ich habe im Wesentlichen nur noch zwei abschließende Fragen. Sie haben ja jetzt mehrfach in Ihren Ausführungen die Expertise und die Kompetenz, die von Ihrer Seite her in einem solch großen und komplexen Fall bestanden hat, hervorgehoben. Sie müssen mir ein ganz klein wenig glauben – ich weiß, das ist für den Anwalt nicht ganz leicht –: Auf diesem Bild (eine Grafik in die Höhe haltend) befindet sich, Herr Dr. Hutter, eine Zahlungsflussanalyse, wie das Netzwerk rund um Vector Aerospace und Airbus, also damals Eurofighter, ausgesehen hat. Man muss nun nicht die einzelnen Adressen sozusagen erkennen, aber es ist sehr umfassend, es sind mehr als hundert einzelne Wege, wie die Zahlungen geflossen sind, und mehrere Dutzend Personen, die da profitiert haben.

Das, was mich nun interessiert – ich habe schon verstanden, Sie haben diesen Teil in der Form sozusagen nicht so intensiv geprüft –: Ist ein solches Netzwerk, noch dazu ein verstecktes, also ein dem Käufer nicht offenbartes Netzwerk an Briefkastenfirmen und Dutzenden von Personen, die rundherum profitieren, eine übliche Vorgehensweise bei einem Deal in dieser Größenordnung? – Sie haben von Ihrer Erfahrung, die Sie – auch international – haben, gesprochen: Sind wir Österreicher da nur sehr sensibel, weil das plötzlich offenkundig wird, oder ist es etwas so Unübliches, wie es für uns ausschaut?

Dr. Stephan Hutter: Das ist nicht üblich.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Haben Sie ähnliche Netzwerke in Ihrer beruflichen Karriere schon vorgefunden – natürlich jetzt nicht von Mandanten und Verfahren, sondern einfach nur, ob Sie solche Netzwerke in der Vergangenheit schon vorgefunden haben?

Die Antwort ist ja freiwillig, weil sie nicht direkt mit dem Fall zu tun hat, aber da ich jemand so Kompetenten vor mir habe, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie diese Erfahrung mit uns teilen wollen: Haben Sie so etwas schon gesehen?

Dr. Stephan Hutter: Die Antwort ist: Ja. Natürlich gibt es - - Ich glaube, man muss vielleicht jetzt einmal einen Schritt zurück machen. Ich meine, ja, solche Strukturen haben wir schon gesehen, wobei ich jetzt natürlich nicht nachzählen kann, wie viele Unternehmen jetzt hier - - Ohne das jetzt genau zu klären, ich hatte eingangs schon einmal gesagt, wir hatten im Rahmen unserer Datensichtung solche Schaubilder, wo man vor lauter - -, wir nannten das – wir hatten so ein Schaubild, da gab es nur eines – den Todesstern. Da war in der Mitte nur ein großer schwarzer - -, und dann ging das alles so - -

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Er heißt bei uns Vector Aerospace, der Todesstern.

Dr. Stephan Hutter: Ich sage einmal, das ist jetzt ein Kommentar, den ich eigentlich nicht machen möchte, obwohl das - - Diese Vorgänge fanden ja zum großen Teil, wie wir schon gesagt haben, vor 15 Jahren statt. Jetzt wissen wir natürlich alle, es gab zwar schon auch vor 15 Jahren den FCPA, aber ich glaube, wir wissen alle – wir wissen vor allem aus unserer Beratungspraxis –, vor 15 Jahren hatten wir noch keine eigene Abteilung, die die am stärksten wachsende Abteilung ist, nämlich Compliance.

Das hat sich natürlich in den letzten Jahren verstärkt entwickelt, dass viele dieser Dinge, die man vielleicht früher gemacht hat, keine Kavaliersdelikte mehr sind, sondern dass das halt Dinge sind, die man heute anders macht. So gesehen will ich jetzt auch nicht mit der heutigen Brille da hinschauen und sagen: Ja, das ist ganz furchtbar und das gibt es. Das hat es ja wahrscheinlich nicht nur einmal gegeben, sondern es gibt gewisse - -

So gesehen, glaube ich, ich möchte da jetzt nicht irgendwie so einen Kommentar machen: Good Guys, Bad Guys. – Wenn Sie mich fragen: Ist heute so etwas üblich, dass bei einem größeren Vertrag zwischen einer österreichischen und einer deutschen Firma im Hintergrund solche Konstrukte laufen?, dann ist die Antwort: Nein. Ist das State of the Art? – Würde ich sagen: Nein. Gibt es Strukturen, die auch komplex sind – nicht ganz so komplex –, wo man versucht, Steuern zu optimieren, wo man versucht, im Rahmen rechtlich zulässiger Leitplanken mit Offshoregesellschaften auch heute noch gewisse Dinge zu strukturieren? – Ja.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich habe keine weiteren Fragen und bedanke mich noch einmal für Ihre Antworten.

Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Gut, wenn keine weiteren Fragen mehr vorliegen, dann darf ich Frau Abgeordnete Holzinger-Vogtenhuber bitten. Doch keine Fragen? (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Doch!) – Bitte.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Eine abschließende Frage hätte ich schon noch. Ich möchte mich auf das Treffen von Ihnen mit der Seite der Anwälte von Eurofighter beziehen. Sie haben ein Treffen in Paris erwähnt, auf der anderen Seite habe ich von der Befragung von Herrn Hamberger im September in Erinnerung, dass er konkret von zwei Treffen gesprochen hat. Sie sagen, über den Verhandlungsstand selbst wollen Sie nichts berichten beziehungsweise es ist Vertraulichkeit vereinbart worden. Herr Hamberger hat aber damals geschildert, dass anscheinend unzählige Vorwürfe auf den durch Österreich mandatierten Anwalt niedergeprasselt seien und die Anwälte der gegnerischen Seite ihre Coolness abgelegt haben. Ich frage ins Blaue: Können Sie diese Einschätzung des Generalmajors teilen?

Dr. Stephan Hutter: Also zunächst einmal: Ich kenne das, das war ja in seinem Protokoll vom letzten Jahr. Da irrt er sich, es gab nur ein Meeting und das war in Paris. Ich sage einmal, auch seine Wahrnehmung - - Ich glaube, wenn Sie so lange im Geschäft sind, wie ich das bin, und so viele Dinge erlebt haben, da bin ich jetzt nicht so schnell – wie soll ich sagen – von irgendwem eingeschüchtert.

Das war ein Meeting, das leider nicht den Erfolg hatte, den ich mir gewünscht hätte. Natürlich hat die Gegenseite zum Ausdruck gebracht, dass sie das mit der Anzeige für eher unglücklich hielt, aber das war alles im Rahmen dessen, was man von so einem Meeting erwarten muss. Wie gesagt: Da war in der Sache unterschiedliche Meinung, aber respektvoll, sachlich und professionell.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Ohne auf den Inhalt selbst einzugehen: Wurden damals die konkreten inhaltlichen Punkte der US-Eingabe dem Gegenüber transparent gemacht? Das heißt, haben die Anwälte der anderen Seite die konkreten inhaltlichen Punkte unserer Eingabe bei den US-Behörden erfahren?

Dr. Stephan Hutter: Nein, so kann man das nicht sagen. Ich meine, die Gegenseite kannte ja die Sachverhaltsdarstellung aus der Strafanzeige, und die Gegenseite kannte auch den Taskforcebericht. So gesehen kannten sie implizit die von uns anders aufgearbeitete, mit anderen Schwerpunkten versehene Eingabe an die amerikanische Behörde.

Ich habe aber nicht - - Das war ja nicht ein Thema dieses Meetings, dass wir darüber geredet haben, weil ich - - Also es waren uns verschiedene Dinge wichtig, die einfach auch gewisse Gepflogenheiten sind. Das eine war Vertraulichkeit, aber das andere war – hängt ein bisschen zusammen –: Wir wollten auch nie den Eindruck erwecken, dass wir hier irgendwie irgendwelche taktischen Schachzüge spielen und irgendwie eine Eingabe haben, die wir jetzt als irgendeine Art Faustpfand verwenden wollen, sondern wir wollten immer von Sachargumenten getrieben handeln und vorgehen.

So gesehen war die US-Eingabe in dem Meeting nicht konkret ein Thema. Das Thema des Meetings war: Ich hatte vom Herrn Minister damals persönlich den Auftrag, zu sehen, ob es möglich ist, hier einen Gesprächskanal zu eröffnen, und das hat leider so nicht funktioniert.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Vielen Dank.

Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Keine Wortmeldungen mehr, dann ist Herr Abgeordneter Zarits am Wort. – Bitte.

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Danke, keine weiteren Wortmeldungen.

Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann übergehe ich dieses Mal nicht Frau Abgeordnete Ecker. – Sie hat keine Wortmeldung mehr. Herr Abgeordneter Kainz? – Bitte.

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Ich habe noch eine abschließende Frage: Herr Dr. Hutter, wem sind Sie in Österreich aussagepflichtig oder berichtspflichtig?

Dr. Stephan Hutter: Können Sie mir die Frage noch einmal stellen?

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Wem sind Sie bei uns in der Republik aussagepflichtig oder berichtspflichtig? Wen informieren Sie über sämtliche Aufgaben, Tätigkeiten und Erfolge?

Dr. Stephan Hutter: Sie meinen jetzt bei diesem Mandat?

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Ja.

Dr. Stephan Hutter: Das ist ja abgeschlossen, das Mandat ist abgeschlossen. Seit Dezember 2017 haben wir kein weiteres Mandat in diesem Komplex Taskforce Eurofighter. Ich war gegenüber dem Herrn Minister berichtspflichtig, solange unser Mandat lief.

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Danke sehr, keine weiteren Fragen.

*****

Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Es liegen mir keine Wortmeldungen mehr vor. Ich frage den Herrn Verfahrensrichter, ob er noch Fragen hat. (Verfahrensrichter Rohrer verneint dies.) – Es gibt keine Fragen mehr. (Die Abgeordneten Bernhard und Holzinger-Vogtenhuber geben ein Handzeichen.) – Es gibt jetzt doch noch eine Wortmeldung. Zunächst Herr Abgeordneter Bernhard. – Bitte.

Abgeordneter Michael Bernhard (ÖVP): Das ist keine Wortmeldung, sondern die Begründung eines Antrags, den wir eingebracht haben. Bin ich zu diesem Antrag schon zu Wort?

Vorsitzender-Stellvertreter Johann Rädler: Nein, ich darf zuerst die Auskunftsperson wie auch die Medienvertreter verabschieden, und dann werden wir über diesen Antrag diskutieren.

Herr Dr. Hutter, ich danke Ihnen für Ihr Erscheinen. Ich danke ebenso den Medienvertretern.

 

 



[1] Abgelehnte erhobene Einwendungen der Auskunftsperson: „statt Beistrich ein „und

412 weitere derartige Einwendungen der Auskunftsperson zielen ausschließlich auf stilistische Verbesserungen ab, die nicht dem tatsächlichen Gesagten entsprechen. Angesichts der Vielzahl derartiger Einwendungen werden diese im Sinne einer besseren Lesebarkeit nicht im Protokoll berücksichtigt.

[2] Ursprünglicher Text: […] Ich meine, das machen ja die Engländer so nicht und auch andere Länder ao nicht […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: so“ statt „ao“

[3] Ursprünglicher Text: […] Da habe ich mich einmal sehr vertraulich mit meinem Kollegen in Verbindung gesetzt und ihn gefragt, ob er denn nicht einmal bei dem General Council von Airbus vorfühlen könnte, […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: Counsel“ statt „Council“

 

[4] Ursprünglicher Text: [….] Es gab dann im Anschluss daran auch noch verschiedene Telefonate, die ich mit dem General Council geführt habe. […]“

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: Counsel“ statt „Council“