225/KOMM XXVI. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) (3/US XXVI.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Wolfgang Sobotka in der 37. Sitzung vom 7. Mai 2019

Der Untersuchungsausschuss über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 45. Sitzung am 2. Juli 2019 mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, N, J) gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Wolfgang Sobotka zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

Wien, 2019 07 02

 

                                Werner Herbert                                                                    Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende

 


 


 


 

 

 

 

BVT-Untersuchungsausschuss

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

37. Sitzung/medienöffentlich

Dienstag, 7. Mai 2019

Gesamtdauer der 37. Sitzung

10.04 Uhr – 17.45 Uhr

Lokal 7

 


Befragung der Auskunftsperson Präsident des Nationalrates Mag. Wolfgang Sobotka

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich komme nun zur Belehrung der Auskunftsperson.

Herr Präsident Mag. Sobotka, Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss betreffend die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, dem BVT-Untersuchungsausschuss, als Auskunftsperson zu den Beweisthemen 1 – Datenverwendung –, 2 – Extremismus –, 4 – Kooperationen –, 6 – Organisation – und 7 – Auswirkungen – des Untersuchungsgegenstandes angehört.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich auf diese schriftliche Belehrung hin und betone insbesondere, dass Sie verpflichtet sind, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 1 und 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen. Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Ich weise auch Sie auf die Ihnen bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch nach Beendigung der Befragung.

Kopien, Notizen, Auszüge dürfen weder von der Auskunftsperson noch von einer allfälligen Vertrauensperson angefertigt werden. Alle im Untersuchungsausschuss vorgelegten Unterlagen dürfen von der Auskunftsperson nach Beendigung der Befragung nicht an sich genommen werden, sondern haben auf dem Platz zu verbleiben.

Sie sind berechtigt, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, deren Gesamtdauer 20 Minuten nicht überschreiten soll. – Danke schön.

Vorsitzende Zweite Präsidentin Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Strauss.

Herr Präsident Sobotka, Sie haben die Möglichkeit, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die nicht länger als 20 Minuten dauern soll. Möchten Sie davon Gebrauch machen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein, danke.

Vorsitzende Doris Bures: Wenn das nicht der Fall ist, dann beginnen wir gleich mit der Erstbefragung. Ich erteile wiederum Herrn Dr. Strauss das Wort.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Herr Präsident, kennen Sie Frau Dr. R. P. (BVT)?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ja.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wenn ja, in welchem Zusammenhang und woher?

Mag. Wolfgang Sobotka: Sie ist meines Wissens eine Beschäftigte des Innenministeriums gewesen. Ich kenne sie aber schon von früher, schon relativ lange. Sie ist, glaube ich, die Frau des derzeitigen Generalsekretärs des Außenministeriums, früher in der Botschaft in Hanoi gewesen und die Tochter des ehemaligen Landeshauptmannstellvertreters Gabmann.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Halten Sie nach wie vor Kontakt zu Frau Dr. R. P. (BVT) oder ist das nur - -

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich hatte nie einen Kontakt zu ihr und habe auch jetzt keinen Kontakt zu ihr.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich darf jetzt das Dokument mit der Nummer 7932, Seite 40, vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist die Aussage von Frau Dr. R. P. (BVT) vom 16.10.2018 vor dem Ausschuss. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Frau R. P. (BVT) gibt an, Sie zu kennen beziehungsweise mit Ihnen schon gesprochen zu haben. Können Sie das in dieser Form bestätigen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ja, sicherlich – wo auch immer das gewesen sein mag.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wissen Sie auch, aus welchem Grund Sie zuletzt mit Frau R. P. (BVT) gesprochen haben?

Mag. Wolfgang Sobotka: Sie hat sicherlich nie einen Termin gehabt, war nie im Ministerium in meinem Büro. Es kann am Gang, es kann im Zuge von Veranstaltungen des Innenministeriums gewesen sein – in der Zeit als Innenminister.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich darf Ihnen aus demselben Dokument noch die Seite 44 vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Auf die Frage der Frau Abgeordneten Dr. Krisper, was gewesen wäre, wenn Sie in der neuen Regierung wieder Innenminister geworden wären, antwortete R. P. (BVT), dass sie dann zu Ihnen gegangen wäre. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Haben Sie in Ihrer Zeit als Innenminister derartige Gespräche mit Mitarbeitern des Bundesministeriums für Inneres geführt?

Mag. Wolfgang Sobotka: Welche Gespräche?

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Na ja, solche, die Frau Dr. R. P. (BVT) gerne gehabt hätte. (Allgemeine Heiterkeit.) Ich weiß auch nicht, was sie gerne besprochen hätte.

Mag. Wolfgang Sobotka: Was Frau Dr. R. P. (BVT) - - Da sollte man vielleicht sie fragen, das müssen Sie sie fragen. Also ich weiß nicht, warum sie zu mir gegangen wäre.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Haben sich in Ihrer Zeit als Innenminister Mitarbeiter aus dem Bundesministerium für Inneres bei Ihnen über diverse Vorgänge beschwert? Frau Dr. R. P. (BVT) erhebt ja Beschwerde über gewisse Vorgänge.

Mag. Wolfgang Sobotka: Da ist mir derzeit nichts erinnerlich; also sicherlich nicht Frau Dr. R. P. (BVT).

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Haben Sie, wenn solche Gespräche über Missstände geführt worden sind, diese in Aktenvermerken oder anderen Notizen schriftlich festgehalten?

Mag. Wolfgang Sobotka: Solche Gespräche fanden immer in Anwesenheit eines Mitarbeiters meines Kabinetts statt, und der hat die nötigen Schritte zu setzen. Ich lege als Minister keinen Aktenvermerk an. (Verfahrensrichter Strauss: Ja!) Ich bin kein Notar. (Verfahrensrichter Strauss: Ich habe gefragt!) – Tja.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wie kam ein Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin des Bundesministeriums für Inneres zu einem Gesprächstermin bei Ihnen? Wie wäre da vorzugehen gewesen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Dadurch, dass er sich im Vorzimmer anmeldet. Die Termine sind gemeinsam in einer Besprechung mit den Kabinettsmitarbeitern natürlich nach der Dringlichkeit und dem Grund gereiht worden.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wie lange könnte es dauern, bis ein solcher Mitarbeiter/eine solche Mitarbeiterin einen Termin bei Ihnen bekommen hätte?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das hängt auch von der Dringlichkeit ab. Das kann ganz dringend und sehr wesentlich sein, und es kann vielleicht nach hinten geschoben werden. Ich kann da jetzt keine Zeitleiste festsetzen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Zu einem anderen Fragenkomplex lege ich Ihnen nun das Dokument 9018, Seiten 12 und 13, vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist die Aussage der Auskunftsperson S. G. (BVT) vor dem Untersuchungsausschuss am 13.2.2019. Kennen Sie Frau S. G. (BVT)?

Mag. Wolfgang Sobotka: Der Name sagt mir jetzt nichts.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Auf Seite 12 geht es um eine E-Mail von BVT-Direktor Gridling. Es ging darum, dass es vermehrt zu Aufträgen, zu direkter Kontaktaufnahme aus dem Kabinett mit BVT-Mitarbeitern gekommen sei. Gridling ersuchte um Informationen und die Einhaltung der Kommunikationslinie. S. G. (BVT) bestätigt, dass es vermehrt zu „Anfragen aus dem Kabinett SOBOTKA direkt an Mitarbeiter des BVT“ gekommen sei. Auch die Beantwortung sei „direkt, unter Ausschluss des Dienstweges“ erfolgt, wodurch ein „Informationsdefizit im Bereich der Leitung“ entstanden sei.

Haben Sie Wahrnehmungen zu direkten Kontaktaufnahmen mit BVT-Mitarbeitern? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe keine Wahrnehmung. Mich hat auch Direktor Gridling nie darauf aufmerksam gemacht, dass hier der Dienstweg nicht eingehalten worden wäre. Ich habe sogar mit Gridling sehr viel Kontakt gehabt, immer wieder, nicht nur aus aktuellem Anlass, sondern ich habe mich informieren lassen. Das ist mir so jetzt nicht erinnerlich.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Also direkte Kontaktaufnahmen aus dem Kabinett mit BVT-Mitarbeitern sind Ihnen nicht erinnerlich?

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Dann ist es müßig, zu fragen, wer die zuständigen Mitarbeiter gewesen wären. – Gut.

Zu einem weiteren Themenkomplex, die Causa rund um die nordkoreanischen Reisepassrohlinge. Ist Ihnen dieser Fragenkomplex bekannt?

Mag. Wolfgang Sobotka: Der ist mir bekannt.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Inwiefern wurden Sie damals in Ihrer Funktion als Innenminister damit befasst? Wurde Ihnen berichtet?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich erinnere mich, dass es Medienanfragen gegeben hat, mehrerer Journalisten – zumindest ist der Pressesprecher gekommen –, was es damit auf sich hat. Und ich habe erinnerlich wahrscheinlich den Kabinettschef oder seinen Stellvertreter damit beauftragt, der Sache nachzugehen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Also berichtet hat der Kabinettschef? Oder wer hat darüber an Sie berichtet?

Mag. Wolfgang Sobotka: Kann ich mich nicht so genau erinnern, wer es jetzt genau gewesen ist. Für das BVT waren zwei Personen zuständig, das kann aber genauso der Kabinettschef gewesen sein. Jedenfalls ist das aufgrund einer Medienanfrage für mich als solches auch bekannt geworden.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Können Sie mir Namen nennen, damit ich genauer weiß, um welche Personen es sich gehandelt hätte, die da berichtet haben?

Mag. Wolfgang Sobotka: Na ja, in dieser Situation war verantwortlich - - Zu dieser Zeit war es wahrscheinlich schon – da war gerade ein Wechsel – Kabinettschef Achatz – oder Kloibmüller. Ich weiß nicht mehr haargenau, wann das gewesen ist, das war so 2017; irgendwann einmal Ende August, glaube ich, muss das gewesen sein.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Welche Schritte wurden in diesem Zusammenhang von Ihnen in Ihrer Funktion als Innenminister gesetzt?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ja ganz einfach die: Ich möchte die Sache geklärt wissen. Erstens einmal: Stimmt das?, und zweitens: Wo wären die Pässe gewesen, die dort so quasi als Muster genommen worden wären, oder sind das Pässe gewesen? Wir wissen das nicht, denn normalerweise sind im BKA eine ganze Reihe von Pässen, um Vergleiche zu ziehen. Daher wusste ich nicht, woher das kommen könnte, und habe dann gebeten, das dementsprechend zu eruieren.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Danke schön. Ich beende damit meine Erstbefragung, möchte aber, bevor die allgemeine Befragung beginnt, nochmals darauf hinweisen, dass die Auskunftsperson zulässigerweise nur über Vorgänge und Abläufe als Innenminister befragt werden darf. – Danke schön.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Wir kommen zu den Fragen der Abgeordneten. Die Redezeitvereinbarung und die Redereihenfolge ist Ihnen bekannt. Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Jenewein. – Bitte.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident! Auch wenn vielleicht manchen hier jetzt ein Schmunzeln über die Lippen kommt, ist meine Eingangsfrage: Kennen Sie das Konvolut? – Diese sogenannte Zettelsammlung, in der verschiedenste Vorwürfe in Richtung BVT, Mitarbeiter des BVT formuliert wurden, wird gemeinhin als Konvolut bezeichnet.

Mag. Wolfgang Sobotka: Bis zum heutigen Tage nicht.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Bis zum heutigen Tage nicht.

Es ist jetzt ein bisschen schwierig die nachfolgenden Fragen zu formulieren, wenn Sie es nicht kennen. Haben Sie gehört, dass es so etwas geben soll – auch in Ihrer Zeit als Minister –, auch wenn Sie sich jetzt persönlich nicht damit befasst haben? War das jemals Thema, ist das jemals besprochen worden, dass es da irgendetwas geben soll? Es ist ja auch durchaus medial aufgeschlagen. (Auskunftsperson Sobotka: Ja!) Es haben ja manche Medien berichtet, dass es da schwere Anschuldigungen gibt. Haben Sie daran Erinnerungen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Medial wird immer etwas berichtet. Es war eine geübte Praxis, dort, wo es anonyme Schreiben gibt, dort, wo es Anwürfe gibt, die strafrechtlich relevant sind, das sofort weiterzuleiten, und zwar den richtigen Weg zu gehen, entweder über das BKA oder über das BAK. Die haben dann dementsprechend die Maßnahmen zu setzen, die Gerichte dementsprechend einzuschalten.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Wie würden Sie aber die Frage, ob Sie selbst irgendwelche Schritte eingeleitet haben, um dem nachzugehen, beantworten?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das wussten unsere Mitarbeiter des Kabinetts, dass sie dementsprechend zu handeln und das nicht irgendwo zuerst einmal zu diskutieren haben, also: Wenn es dementsprechende Vorwürfe sind, ist sofort dieser Weg einzuhalten.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich gehe auch davon aus, dass Sie dann, nachdem Sie davon Kenntnis erlangt haben, und Sie das jetzt so darstellen, dass Sie auch den Inhalt bis zum heutigen Tage nicht kennen (Auskunftsperson Sobotka: Ja, aus medialen Sachen!), außer peripher das, was medial kolportiert wurde. Das heißt, Sie haben sich nicht weiter berichten lassen, was damit passiert, sondern das war damit für Sie ab dem Zeitpunkt, wo das Richtung Staatsanwaltschaft gewandert ist, abgeschlossen.

Mag. Wolfgang Sobotka: Es war nicht nur nicht abgeschlossen, sondern ich habe mich immer mit anonymen Sachen oder auch mit strafrechtlich relevanten Sachen - - Das ließ ich auch nicht zu mir.

In dem Moment, wo der Minister mit solchen Sachen konfrontiert ist, muss er eine Stellung beziehen. Das ist nicht meine Aufgabe.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Da haben Sie vollkommen recht. Ich kann mir auch vorstellen, dass Sie andere Sachen zu tun hatten. Unabhängig davon, möchte ich Sie jetzt von der Last befreien, nicht informiert worden zu sein. Ich darf das Dokument 760 vorlegen und Sie ersuchen, die Seite 39 aufzuschlagen. Das ist die vorletzte Seite. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Sie sind ja nicht eingeladen, dass Sie sich da jetzt irgendetwas - - Sie können sich das jetzt gerne durchlesen, ich fasse es nur zusammen. Es geht hier um einen Brief an Bürgermeister Schneeberger, der zitiert wird und in welchem schwere Vorwürfe gegen den damaligen Kabinettschef Mag. Kloibmüller formuliert wurden.

Mag. Wolfgang Sobotka: Wer ist der Adressat des Briefes?

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ja, das ist eben eine der Fragen, auf die würde ich dann noch näher eingehen, denn Herr Dr. Lansky hat in seiner Aussage – als er hier als Auskunftsperson gewesen ist – bestätigt, dass er einen solchen Brief auch an Sie gerichtet hat und quasi darüber informiert hat, dass es hier schwere Anschuldigungen gegen Herrn Kloibmüller gibt.

Mir geht es jetzt gar nicht so sehr darum, dass wir jetzt diesen Brief durchziselieren, denn das ist gar nicht Aufgabe des - -

Mag. Wolfgang Sobotka: Also der Brief ist von Lansky und adressiert an Schneeberger oder an mich, oder - -

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Das Ganze ist ans Bundeskanzleramt adressiert worden, wie Sie auf der ersten Seite sehen. Das ist ein Teil dieses Gesamtkonvoluts, von dem ich gesprochen habe, und da ist dieser Brief in einer anonymisierten Form drinnen (Auskunftsperson Sobotka: Mhm!), und zwar ist dieser Brief auf den letzten zwei Seiten Teil davon. Wir brauchen da jetzt gar nicht dezidiert auf die Vorwürfe eingehen, die sind jetzt gar nicht so sehr das, was mich interessiert. Was mich viel mehr interessiert: Haben Sie in Ihrer Zeit als Bundesminister davon gehört, dass Herr Kabinettschef Kloibmüller Dokumente, Briefe, die an Sie gerichtet werden, abgefangen hat, dass er irgendwie auf Ihre Entscheidungsfindung Einfluss genommen hat? Haben Sie dazu jemals Wahrnehmungen gehabt?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich pflege es so, dass ich zu Mitarbeitern ein ausgesprochen gutes Vertrauensverhältnis habe; und wenn ich Grund habe, dass ich ein Vertrauensverhältnis nicht in dieser Form habe, dann würde ich mich vom Mitarbeiter trennen. Daher habe ich nie eine Situation - - Die wussten genau, wie sie zu handeln haben. Dass etwas von mir ferngehalten wurde, was wesentlich für die Amtsführung des Ministeriums wäre, das bezweifle ich – aber der Sache muss man jeweils nachgehen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Herr Lansky hat, als er hier gesessen ist, gesagt, er hat an Innenminister Sobotka einen Brief geschrieben. Er hat allerdings, das möchte ich auch dazusagen, hier nicht ausgeführt, was Inhalt dieses Briefs war. Haben Sie Erinnerungen daran, dass Sie von Herrn Rechtsanwalt Lansky jemals einen Brief mit Vorwürfen, die sich auch auf die Tätigkeit Ihres damaligen Kabinettschefs bezogen haben, bekommen hätten?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich kann weder Ja noch Nein sagen. In der Regel lese ich die Post und gebe sie weiter. Ob dort ein Brief von Lansky in diesen hunderten Aktenstücken dabei war - - Ich kann es nicht sagen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie können es nicht sagen.

Herr Lansky hat hier ebenfalls davon gesprochen, dass er zum damaligen Zeitpunkt – wir sprechen vom Zeitraum 2016, 2017, vor der letzten Nationalratswahl – der Meinung war, dass der Rechtsstaat nicht funktioniert hätte, weil – so die Ansicht des Rechtsanwalts Lansky – Verfahren durch das Innenministerium in ihrem Verlauf und in den Ermittlungstätigkeiten beeinflusst worden wären. Halten Sie das aufgrund Ihrer Erfahrung für denkbar, dass aus dem Innenministerium Verfahren beeinflusst werden?

Mag. Wolfgang Sobotka: Also Sie können nie hundertprozentig sicher sein. Meiner Wahrnehmung nach, habe ich das nie gehabt. Die Beamten haben äußerst korrekt gehandelt. Es ist alles veraktet worden, also ich kann mir das, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, aber überall, wo Tausende in einem Ministerium arbeiten, gibt es vielleicht Sachen, die nicht ordnungsgemäß abgelaufen sind.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Wie hat sich zu der Zeit, als Sie Innenminister waren, die Zusammenarbeit zwischen Innenministerium und Justizministerium gestaltet? Können Sie sich daran erinnern oder – besser gefragt – haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass es jemals zu ressortübergreifenden Interventionen oder Weisungen – auch wenn es da keine Weisungskette gibt – gekommen wäre?

Mag. Wolfgang Sobotka: In welchem Zusammenhang?

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Im Zusammenhang mit Verfahren. Ich schränke das jetzt gar nicht auf ein konkretes Verfahren ein. Das ist einer der zentralen Vorwürfe, die Herr Lansky hier formuliert hat, und ich versuche einfach, dem auf den Grund zu gehen, und frage daher, ob Sie dazu Wahrnehmungen haben.

Mag. Wolfgang Sobotka: Also ich habe keine Wahrnehmungen dazu, denn wenn das Bundeskriminalamt oder das BAK an die Staatsanwaltschaft oder an die Korruptionsstaatsanwaltschaft herangetreten ist, dann war das natürlich dort im Laufen. Dass dort dann immer wieder Ermittlungsaufträge zusätzlich gekommen sind, weil man eben zusätzliche Informationen gebraucht hat, liegt in der Natur der Sache, aber - - Da gibt es natürlich immer wieder dementsprechende Diskussionen, aber die sind ja nicht auf der Ebene des Ministers oder auch nicht – mir erinnerlich – der Kabinette vollzogen worden.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Kommen wir zu einem anderen Komplex, nämlich zum Komplex BVT. Es würde mich interessieren, ob Sie jemals in Ihrer Zeit, als Sie Innenminister waren und mit dem BVT zu tun hatten – in weitester Form – davon Kenntnis erlangt haben, dass das BVT unter Umständen Ermittlungstätigkeiten vollzogen hat, die nicht im vollen Umfang genehmigt waren?

Mag. Wolfgang Sobotka: Pfff! Also das BVT ist eine Polizeieinheit, die natürlich nachrichtendienstliche Tätigkeiten - -, zu ermitteln - -, war in meiner Zeit äußerst erfolgreich gegen die Islamisten – ich erinnere nur an die Aktion Josta.

Es hat aber auch nie etwas gegeben. Wir haben letzten Endes immer wieder auch in den Prüfberichten gesehen, dass die Arbeit in Ordnung gewesen ist. Es mussten ja die dementsprechenden Maßnahmen auch plausibel erklärt werden.

Ich habe weder vom Generaldirektor für öffentliche Sicherheit noch von irgendjemand anderem dort, auch nicht vom Rechtsschutzbeauftragten, der diese Dinge auch letzten Endes in einen Rechtsschutzbericht zusammengefasst hat - -, ganz im Gegenteil: Die haben gesagt, wie hervorragend die Arbeit ist.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Das heißt, Sie hatten auch nie einen Grund zur Annahme, dass Berichte, die das BVT erstellt hat, nicht den Tatsachen entsprechen oder nicht in vollem Umfang den Tatsachen entsprechen? Ich frage Sie nur, ob Sie Wahrnehmungen dazu haben. Ich werte das bewusst nicht (Auskunftsperson Sobotka: Na, ich habe - -!), sondern meine Fragestellung bezieht sich darauf, dass wir ja jetzt schon seit einem Dreivierteljahr da Zeugen einvernehmen.

Mag. Wolfgang Sobotka: Wenn mir etwas spanisch vorgekommen wäre, dass ich nicht in vollem Umfang informiert worden wäre, dann hätte ich natürlich gefragt. Und es waren auch immer Diskussionen: Wissen wir noch mehr?

Ich meine, diese Themenstellungen gerade in diesen Fällen, diesen heiklen Situationen des Jahres 2016 und 2017 - - Auch nach den dementsprechenden Terroranschlägen in ganz Europa gab es natürlich immer Diskussionen, aber - -

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Mussten Sie da, weil Sie es jetzt gerade selber angesprochen haben - -

Mag. Wolfgang Sobotka: Im Gegenteil: Es hat eine exzellente Zusammenarbeit gegeben – auch mit den LVs.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Weil Sie es jetzt gerade selber angesprochen haben: Ist immer sofort berichtet worden oder mussten Sie einmal nachfragen oder Berichte extrem verlangen oder zusätzlich um weitere nachfolgende Berichte ersuchen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Vieles passiert ja auf der Ebene der polizeilichen Arbeit. In dem Moment, wo es keinen Grund gibt, nachzufragen, war dieser Bericht beim Generaldirektor für öffentliche Sicherheit aufgehoben und dann später bei der Generaldirektorin beziehungsweise bei den zuständigen Kabinettsmitarbeitern. Solange aber nicht ein dementsprechendes Agieren des Ministers notwendig gewesen wäre, ist das natürlich auch ganz normale Tätigkeit. Es sind ja Tausende Arbeiten, die dort tagtäglich zu erledigen sind.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie haben sich also immer ausreichend informiert gefühlt?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe mich ausreichend informiert gefühlt, gar keine Frage.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Danke. Ich habe in dieser Runde keine weiteren Fragen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident! Ich möchte Ihnen Dokument 9264 vorlegen und zur Seite 2 kommen. Das ist eine E-Mail-Korrespondenz aus dem Jahr 2017. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da lesen Sie auf Seite 2, unten: Von: M. K. (BVT), „An: Scherscher Manuel (KBM)“, „3. August 2017“, „Betreff: KBM-Auftrag“, „Wichtigkeit: Hoch“.

„Auftragsgemäß darf ich Dir nachstehend die Überlegungen aus dem Bereich II/BVT/1-Recht betreffend ‚Wahlkampfthemen für HBM‘ übermitteln“.

Was ist Ihre Erinnerung an diese Zeit und an Ihre Person? Haben Sie Aufträge dieser Natur an das BVT gegeben? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Wolfgang Sobotka: In dieser Zeit, gerade im Sommer – meiner Erinnerung nach – haben sich die einzelnen Thementeile in der Frage der Sicherheit auch in der Öffentlichkeit abgespielt. Und da ist es von meiner Seite natürlich notwendig, zu wissen: Was wird uns im Wahlkampf erwarten? Es war ja das Thema Sicherheit damals schon ein ganz großes Thema, und meine Intention war natürlich immer wieder – wie ich mich immer auf die Experten verlasse –: Was braucht das Haus? Was ist für das Haus wichtig – auch in der Zukunft –, zu positionieren? Was brauchen wir für gesetzliche Rahmenbedingungen?

Sie wissen, wir haben damals ja eine Reihe von Verhandlungen geführt, die auch nicht zu einem Ende gekommen sind. Es war für mich immer ganz entscheidend, dass ich die Position des Hauses vertreten habe, und da wollte ich auch wissen, wo dementsprechende Sicherheitslücken bei uns sind.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Pardon! Das Haus braucht keine Wahlkampfthemen, eine Partei braucht Wahlkampfthemen.

Dementsprechend ist meine Frage, ob es Ihnen bewusst ist, dass das Einspannen von zahlreichen hohen Beamten in BVT und BMI zu Wahlkampfzwecken mangels Rechtsgrundlage das Delikt des Amtsmissbrauchs bei Vorliegen der subjektiven Tatseite erfüllt.

Mag. Wolfgang Sobotka: Also das Mail ist weder von mir - - Ich kenne das auch nicht in dieser Form. Ich weiß auch nicht, wie es entstanden ist. Das ist aber, glaube ich, ganz wesentlich, dass sich ein Minister informiert: Welche Themen sind im Wahlkampf da? Wie sind sie zu bewerten? Und schlussendlich auch: Was ist dann letzten Endes auch inhaltlich zu tun?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie finden es in Ordnung, wenn ein Innenminister, Mitglied einer Partei, für einen zukünftigen Wahlkampf, einen bestehenden Wahlkampf die Beamten seines Ressorts zu Recherchezwecken einspannt?

Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete! Wir sind für alle, die Informationen gebraucht haben, da, um für jede Partei, für jede Person, wenn sie eine Auskunft wollte, das auch dementsprechend zu organisieren, denn es geht immer wieder um das Sicherheitsinteresse, das das Haus dementsprechend braucht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Für welche andere Partei wurde denn ein Wahlprogramm vom BVT erstellt?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich glaube, es findet sich in unserer Situation nichts. Also ich habe mir daraufhin das Wahlprogramm der ÖVP noch einmal angesehen. Es findet sich nichts von dem wieder, was Sie da - - (die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen), was da geschrieben wird, was mit der Frage der „NAT-Adressen“ beziehungsweise nach dem französischen „Antiterrorgesetz“ - - Da findet sich nichts in irgendeinem Wahlprogramm der ÖVP.

Ich kann den Vorgang nicht beurteilen, was dort passiert ist – mag sein.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es wurden aber vonseiten Ihres Kabinetts Beamte des BVT in ihrer Arbeitszeit dazu beauftragt, das Wahlkampfprogramm der ÖVP mit zu erarbeiten.

Und wenn Sie weiter oben lesen, folgt im November 2017 eine weitere E-Mail: „Ich darf euch ersuchen, auch [...] die nachstehenden Regelungen zu über[...]arbeiten bzw. legistisch auszuformulieren.“ (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Hier wurde also sehr wohl sehr viel Arbeit hineingesteckt. (Auskunftsperson Sobotka: Wo? Wo?) – Weiter oben finden Sie: „13. November 2017“, „An: Völker Tamara [...]“, „Cc: M. K. (BVT)[...]; Grosinger [...]; Achatz [...]“, weiterhin: „Betreff: [...] KBM-Auftrag“, weiterhin: „Wichtigkeit: Hoch“. (Ruf: Welches Dokument?)

Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist das gleiche Dokument, das ist dann oben.

Ja, schauen Sie! In der Phase natürlich dann auch, wo es darum gegangen ist, ein Programm - - Ministerium: Dem Minister und seinen Mitarbeitern stehen natürlich die Ministerien in seiner Funktion zur Verfügung, dementsprechend eben auch Auskunft und Unterstützung. Das ist schon in der Verfassung geregelt. (Abg. Amon: Zur Geschäftsbehandlung!)

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber nicht im Wahlkampf.

Und wenn ich zu der E-Mail an Scherscher Manuel zurückkomme: Wer war denn Scherscher Manuel?

Mag. Wolfgang Sobotka: Scherscher Manuel war ein Mitarbeiter in meinem Kabinett.

Vorsitzende Doris Bures: Jetzt habe ich eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung. – Herr Abgeordneter Amon, bitte.

*****

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich würde noch einmal ersuchen: Ist das das E-Mail vom 13. November? (Abg. Krisper: „2017 12:48“!) – Ja, da geht es um Regierungsverhandlungen, nicht um den Wahlkampf.

*****

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, das ist aufgrund des Datums eh klar. Ja. (Abg. Amon: Das ist der falsche Vorhalt! – Auskunftsperson Sobotka: Ah so, ja!) – Der Vorhalt war das Heranziehen der Ressourcen des Kabinetts. (Abg. Amon: Ja, es ist aber ein Unterschied, ob es um Regierungsverhandlungen oder um einen Wahlkampf geht!)

Mag. Wolfgang Sobotka: In der Situation – ich glaube, das muss man erklären – steht ihm per Verfassung zu, dass ein Minister auf seine Kabinette und dementsprechend auf die Linie zugreift, um auch dementsprechend die Informationen zu erhalten. Das ist nichts anderes als das, was wir im November auch getan haben, um das auch abzuschätzen.

Es geht immer wieder um das Sicherheitsinteresse Österreichs. Es geht nicht, um einen Wahlkampf oder - - Ich finde auch nichts im Papier: Zeigen Sie mir einmal, wo das dann wirklich auch umgesetzt wird! – Ich finde das nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege Dokument 9268 vor, eine E-Mail von Michaela Kardeis an Ursula Pinter. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Betreff wiederum: „Auftrag FGD“ – Frau Generaldirektorin – „betreffend KBM-Aufträge“.

Das ist zwar vom November, aber da findet sich im zweiten Absatz: „Kurze Hintergrundinfo: Im Juli 2017 erging ein KBM-Auftrag an 1-RE, [...] (legistische) Punkte für das Wahlprogramm zu erarbeiten.“ – Im Juli 2017!

Da die E-Mail damals von M. K. (BVT) an Scherscher erging, ist meine Frage, wer Manuel Scherscher war.

Mag. Wolfgang Sobotka: Das habe ich schon beantwortet, ein Mitarbeiter in meinem Kabinett, den Sie heute am Nachmittag befragen. Ich meine, das wissen Sie.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wussten Sie davon, dass er diesen Auftrag gab?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich kann nicht wissen, welchen Auftrag er gegeben hat. Ich wusste natürlich, dass wir uns in Zeiten der Wahlkämpfe informiert haben: Was kommt auf uns zu? Welche Informationen brauchen wir? Welche Positionen nimmt das Haus ein? – Das war das.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Da Sie das anscheinend für so selbstverständlich und rechtmäßig erachten: Haben Sie den Auftrag gegeben?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe keinen dezidierten Auftrag gegeben. Mir ist es zumindest nicht erinnerlich, dass ich diesen Auftrag gegeben hätte, sondern - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Können Sie es ausschließen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Mir ist es nicht erinnerlich. Für uns ist es, glaube ich, ganz wesentlich, dass wir in Zeiten des Wahlkampfs auch wissen, mit welchen Thementeilen wir konfrontiert sind.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege Dokument 1077 vor und komme zu Seite 45. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Herr Nationalratspräsident, Sie haben vorhin gemeint, dass Sie über die Reisepasscausa erst über die Medienberichterstattung, also Ende Oktober 2017 – ich kann Ihnen sagen, dass das dann war –, erfahren haben.

Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist meine Erinnerung, ja.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, aber in dieser SMS-Korrespondenz geht es schon im August darum, dass Sie - - Auf Sie wird in der SMS von Kloibmüller an B. P. (BVT) – 15.8.2017, August! – Referenz genommen: „Hbm will dass du morgen früh den Schrank aufmachst!!!“ (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Wolfgang Sobotka: Können Sie mir sagen, wo das ist?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Seite 45, wie gesagt.

Vorsitzende Doris Bures: Ganz oben.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ganz oben. (Auskunftsperson Sobotka: Ja, ich sehe es schon!)

„Hbm will dass du morgen früh den Schrank aufmachst!!!“ – Drei Rufzeichen! – „Fürchte du musst für einen tag kommen!!!“ – Drei Rufzeichen! – „Er ist ziemlich sauer“ – Können Sie sich daran erinnern?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich kann mich nicht an das SMS erinnern, weil ich das natürlich nicht geschrieben habe. Aber ich habe es ja gesagt: Ich bin durch Medienanfragen, nicht durch Medienberichte – durch Medienanfragen, noch einmal ganz klar gesagt! –, durch Medienanfragen von mehreren Medien – ich kann es auch nicht genau sagen, wie viele es waren –, durch meinen Pressesprecher letzten Endes informiert worden, dass hier eine Sache anhängig wäre, dass das BVT in irgendeiner Form Pässe besäße und die verschwunden wären.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, die Medienberichterstattung begann Ende Oktober, aber schon im August haben Medien angefragt; aber erst im Oktober berichtet. Sie haben durch die Medienanfragen davon erfahren.

Mag. Wolfgang Sobotka: Da müssen Sie die Medien fragen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die Passaffäre war ja einer der zentralen Vorwürfe der WKStA gegen den Beschuldigten B. P. (BVT). Ihr Kabinettschef schreibt hier also in einer SMS an B. P. (BVT), dass Sie ziemlich sauer gewesen sind. – Warum?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ja, wenn Sie mit Vorwürfen konfrontiert sind, die Sie nicht sofort aufklären können, ist das mit der Zeit ziemlich heikel.

Ich darf aber nur ganz grundsätzlich sagen: Am Ende kommt heraus, dass alle Pässe dort sind, wo sie letzten Endes gewesen sind. Es ist alles aufgeklärt. Es sind auch keine Dokumente gewesen, sondern es sind Muster gewesen. Das generelle Vorgehen meines Hauses ist, gerade was die Nordkorea-Pässe-Affäre betrifft, von namhaften Verfassungsrechtlern damals vollkommen bestätigt und als richtig und als gesetzeskonform angesehen worden. Das ist, soweit erinnerlich, dann auch medial transportiert worden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Können Sie dann verstehen, warum in der BVT-Causa das Thema wieder von der WKStA derart aufgenommen wurde, dass man strafrechtlicher Relevanz nachging und das einer der Gründe für die Hausdurchsuchung war?

Mag. Wolfgang Sobotka: Die WKStA hat das zu begründen, doch nicht ich.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum wollten Sie, dass B. P. (BVT) den Schrank aufmacht?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ist das nicht logisch?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wenn Sie es ausführen könnten!

Mag. Wolfgang Sobotka: Na ja, Sie wollen doch wissen, wenn Ihnen der Vorwurf - - Wenn Journalisten Ihnen mitteilen: Da ist irgendetwas passiert!, dann wollen Sie es wissen, oder nicht? Oder was würden Sie tun in dieser Zeit?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wollten Sie selbst Nachschau halten? (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ.) Wer hat für Sie - - Wie ist das abgelaufen, wenn ich Sie fragen darf? (Abg. Jenewein: Wer weiß, was da sonst - -!)

Mag. Wolfgang Sobotka (erheitert): Frau Abgeordnete! Ich war in meiner ganzen Zeit – ich habe zwar am Anfang Besuche gemacht – natürlich nie im Haus unterwegs, und schon gar nicht in irgendwelchen Abteilungen des BVTs oder sonst etwas.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, aber wie ist es abgelaufen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe noch nie - - Also ich bin kein James Bond, damit kann ich Sie beruhigen, ja.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das ist mir bewusst, ja. Aber wie haben Sie das veranlasst? Wenn Sie das Ihrer Erinnerung nach ausführen könnten!

Mag. Wolfgang Sobotka: Schauen Sie, es ist, glaube ich, ganz - - Meine Erinnerung war: Das schlägt vor dem Wochenende auf, oder es war schon mehr, und ich habe natürlich, wenn mich der Pressesprecher informiert hat: Da droht eine neue Causa auf uns zuzukommen - - Dann ist es klar, dass das Kabinett reagieren muss. Offenbar hat der Kabinettschef gewusst, wen er in diesem Zusammenhang anzurufen hat. Und ich wollte natürlich wissen: Ist das wahr oder ist es nicht wahr? Und es war dann wahr, die Pässe sind letzten Endes alle dort gewesen, wo man sie vermutet hat, und die drei Pässe, die an Südkorea gegangen sind, ebenfalls.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie finden die Antwort von B. P. (BVT) gleich unterhalb. Die kam auch am 15.8., ein paar Stunden später:

„Alles erledigt! Stahlschrank ist offen, Aktenvermerke sind da. Alles kann im Detail nachvollzogen werden. 30 Pässe haben wir bekommen, 5 wurden übergeben. Daten und Zweck sind auch evident! Ich schreibe heute noch eine Zusammenfassung, was wann wo warum und auch ein Briefing hinsichtlich DVRK,“ – also Nordkorea – „was das bvt tut. Bekommt Ihr morgen! Alles ist gut! Lg B. P. (BVT)“

Nur interessehalber: Hier wird von fünf Pässen gesprochen, in Ihrer OTS, in der Sie meinen, das Ganze sei regulär abgelaufen, von drei Pässen. Ist Ihnen erinnerlich, warum es zu diesem Unterschied kommt?

Mag. Wolfgang Sobotka: Weder erinnerlich noch - - Ich kenne den SMS-Verkehr nicht. Ich habe das das erste Mal jetzt gesehen. Meiner Erinnerung nach waren es drei, aber wenn es fünf waren, waren es fünf. Aber es ist dokumentiert, glaube ich, und belegt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Im selben Dokument finden Sie auf Seite 45 wiederum eine Korrespondenz zwischen Kloibmüller und B. P. (BVT). Da beginnt - - (Auskunftsperson Sobotka: Seite 45 oder 46?) – 45, unten. (Auskunftsperson Sobotka: Also auf derselben Seite, ja!)

Da beginnt B. P. (BVT) am 20.10.2017: „Lieber SC!“ – Sektionschef – „Stimmt das, dass Grid bleibt?“ – Wohl Gridling. Es kommt die Antwort: „Na“. – Nächste Seite: „Kennst eh die Standard Meldung von heute...“, schreibt wieder B. P. (BVT). Kloibmüller schreibt: „Ja“. – B. P. (BVT) schreibt: „Ok! Schönes Wochenende!“ – Dann kommt wiederum noch eine SMS von Kloibmüller: „Falsch 3 Monate vor Ende“.

In diesem SMS-Verkehr fragt also B. P. (BVT) bei Ihrem Kabinettschef nach, ob der Bericht des „Standard“ stimmt, wonach Gridling als BVT-Chef verlängert werden soll.

Vorsitzende Doris Bures: Redezeit!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Woher wusste Ihr Kabinettschef, dass dies nicht der Fall sei?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das müssen Sie den Kabinettschef fragen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wussten Sie davon Bescheid, dass Gridling nicht verlängert werden soll?

Mag. Wolfgang Sobotka: Zu dieser Zeit, glaube ich, ist das nicht angestanden, aber mir ist nichts erinnerlich.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): War die Nichtverlängerung von ...

Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, ich mache Sie jetzt auf die Redezeit aufmerksam – nächste Runde!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Sie haben das Dokument 9268 vor sich.

Mag. Wolfgang Sobotka: 9268 – ja.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, das ist dieses Mail von Frau M. K. (BVT) vom 16. November an Gridling, Zöhrer, Kardeis, Birgit Kloibmüller, und ich möchte diese Zeile – Kollegin Krisper hat es erwähnt – jetzt mit Ihnen Punkt für Punkt durchgehen.

Da steht: „Im Juli 2017“ – also noch lange vor der Nationalratswahl – „erging ein KBM-Auftrag“. Was ist ein KBM-Auftrag?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist: Kabinett des Ministers, oder?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja. Ist aber ein KBM-Auftrag eine Weisung aus dem Kabinett?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich glaube, das Kabinett kann der Verfassung nach keine Weisung erteilen, oder?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ein Kabinettsmitarbeiter kann – das ist ein bissel umstritten – eventuell Weisungen im Namen und im Auftrag des Ministers erteilen.

Mag. Wolfgang Sobotka: Meines Wissens nicht.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, das ist schön, dass Sie das sehen. Das haben Innenminister wie Sie früher anders gesehen, aber das diskutieren wir jetzt nicht.

Kennen Sie diesen KBM-Auftrag?

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein, weil ich auch das Mail heute das erste Mal sehe.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Warum konnten Sie dann zur Kollegin Krisper sagen – ich habe das wörtlich mitgeschrieben –: Ich habe mir das Wahlprogramm der ÖVP angesehen. Da findet sich nichts, was hier im Mail steht.

Wie konnten Sie das Kollegin Krisper sagen, wenn Sie das Mail jetzt zum ersten Mal sehen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe ja Ihre Vormeldungen gesehen, Herr Dr. Pilz, was Sie mich befragen werden und dass es im Wahlprogramm der ÖVP steht. Da habe ich mir das Wahlprogramm natürlich mitgenommen. (Abg. Pilz: Ja, also Sie wussten - -!) Ich sehe es im Wahlprogramm (Abg. Pilz: Sie - -!), das kenne ich sehr gut - - (Abg. Pilz: Ich wollte - -!) – Warten Sie, lassen Sie mich vielleicht ausreden! Ich kenne das Wahlprogramm der ÖVP sehr gut und da steht nichts von dem, was ich da drin (die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen) gesehen habe. Da ist es meines Wissens um die Frage der NAT-Adressen und des französischen Antiterrorgesetzes gegangen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Gehen wir es noch einmal durch: Im Juli 2017 erging ein KBM-Auftrag.

Hätte dieser KBM-Auftrag veraktet werden müssen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich sage, es kann keinen KBM-Auftrag geben, aber Sie haben - - Das Kabinett kann keine Weisung erteilen, kann maximal etwas ersuchen. Ich weiß auch nicht, warum das so in dieser Form gemacht wurde. Veraktet werden muss das mit Sicherheit als solches nicht, nur in der Linie muss es veraktet werden. – Das wissen auch Sie.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Es findet sich nirgends, auch nicht in der Linie, ein Schriftstück mit diesem KBM-Auftrag, er ist in den Akten nicht ersichtlich. Es gibt ihn schriftlich nicht oder er ist aus den Akten verschwunden.

Bleiben Sie dabei, dass das in der Linie hätte veraktet werden müssen, wenn in der Linie jemand einen derartigen Auftrag bekommt?

Mag. Wolfgang Sobotka: In der Linie kann nur ich und sonst niemand einen Auftrag geben. Daher ist es in dieser Form für mich auch nicht nachvollziehbar. Ich muss noch einmal sagen: Es geht – das ist mir erinnerlich –, um diese Zeit herum haben ja sehr viele Diskussionen stattgefunden, gerade um dieses Sicherheitspaket, das damals verhandelt wurde und dann nicht fertig verhandelt werden konnte, um sehr viele Positionen und darum, die auch mit den Vorstellungen des Hauses abzugleichen. Das weiß ich, das habe ich dementsprechend auch den Mitarbeitern mitgeteilt.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Gehen wir weiter: „Im Juli 2017 erging ein KBM-Auftrag an 1-RE,“ – das ist die Rechtsabteilung im BVT – „5 (legistische) Punkte für das Wahlprogramm zu erarbeiten.“ Für welches Wahlprogramm?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das müssen Sie letzten Endes den Schreiber fragen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, das werden wir schon machen – unter Wahrheitspflicht.

Es handelt sich ganz offensichtlich um das Wahlprogramm der ÖVP. Haben Sie im Sommer 2017 mit Kabinettsmitarbeitern über Beiträge zum Wahlprogramm oder sachliche Grundlagen und Recherchen für das Wahlprogramm der ÖVP gesprochen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe das schon erklärt, Herr Abgeordneter Pilz. Ich habe die Mitarbeiter auch gebeten, in dieser Situation, da sind sehr viele Diskussionen zustande gekommen, dass wir unsere Positionen klar haben und dass wir das, was für das Haus auch wichtig ist, herausarbeiten, um auch als Minister in dieser Zeit Position beziehen zu können. Es findet sich nur schlicht und ergreifend nichts von dem, was Sie haben, dann letzten Endes im Programm der ÖVP.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich kann mir gerne - -

Mag. Wolfgang Sobotka: Oder zeigen Sie mir das irgendwie! Haben Sie einen - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich zeige Ihnen gar nichts. Ich kann mir gerne - -

Mag. Wolfgang Sobotka: Na ja, Sie machen mir aber den Vorwurf (Abg. Pilz: Herr Magister - -!), dass das im Wahlprogramm steht, aber es steht nichts drinnen, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Zu Vorwürfen kommen wir erst später, Herr Mag. Sobotka. Mir geht es um etwas anderes: Es ist ein Unterschied, ob sachliche Recherchen stattfinden oder ob ein Minister Aufträge gibt, für das Wahlprogramm einer politischen Partei zu arbeiten.

Können Sie ausschließen, dass Sie Aufträge gegeben haben, im Kabinett für das Wahlprogramm der ÖVP zu arbeiten? Können Sie das ausschließen? (Abg. Amon: Zur Geschäftsbehandlung!)

Vorsitzende Doris Bures: Ich habe jetzt eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung. – Herr Abgeordneter Amon, bitte.

*****

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich bitte den Herrn Verfahrensanwalt darum, das zu beurteilen. Es wird ständig unterstellt, dass es hier einen KBM-Auftrag gegeben hat, nur dass sich in der Linie überhaupt keine Dokumentation darüber findet. Das würde ja eher dafür sprechen, dass es keinen Auftrag gegeben hat. (Abg. Krainer: Geh bitte!) Herr Pilz wird aber nicht müde, das ständig zu unterstellen, und das geht so wohl nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Darf ich die inoffizielle Vertrauensperson der ÖVP, also des Präsidenten, also Herrn Amon - - (Abg. Amon: Wessen Vertrauensperson sind dann jetzt Sie, weil Sie sich zu Wort melden?) – Schalten wir uns gegenseitig nicht das Mikro aus! Das wäre sehr höflich. Ich glaube, die Präsidentin entscheidet über das Mikro, darüber, wer gerade spricht, und nicht Sie.

Darf ich die inoffizielle Vertrauensperson von Präsident Sobotka, die ja hier offensichtlich Rederecht besitzt, darauf aufmerksam machen, dass in den gesamten E-Mail-Dokumentationen sehr wohl immer vom KBM-Auftrag die Rede ist, das mit diesem Titel an die Mitarbeiter des Kabinetts geschickt wurde und kein Widerspruch in irgendeiner Art und Weise in dieser E-Mail-Dokumentation da ist, dass es sich dabei nicht um einen KBM-Auftrag handeln würde. Insofern ist der Vorhalt der inoffiziellen Vertrauensperson des Präsidenten vollkommen aus der Luft gegriffen und durch die Dokumente bereits widerlegt.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Also die Aussagen des Abgeordneten Krainer sind auch falsch, weil es nicht die gesamte E-Mail-Dokumentation betrifft, es sei denn, Sie meinen dieses eine E-Mail, das hier vorliegt. Das ist die gesamte Korrespondenz, die es zu dieser Thematik gibt, also ist auch Ihre Aussage inkorrekt, Herr Kollege.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT) (zur Geschäftsbehandlung): Wir haben zahlreiche E-Mails, wo immer steht: „Betreff: KBM-Auftrag“, „Wichtigkeit: Hoch“. – Ich würde jetzt wirklich im Sinne der Geschäftsordnung ersuchen, dass Abgeordneter Amon der Auskunftsperson nicht weiter erklärt, wie man möglicherweise antworten könnte – es wird eh nichts nützen –, sondern dass wir einfach ganz normal die Befragung fortsetzen. Wenn sich aber Präsident Sobotka den Abgeordneten Amon als Vertrauensperson wünscht, müssen wir darüber reden, wie wir das geschäftsordnungsmäßig bewerkstelligen können. Es ist eine etwas ungewöhnliche Situation.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es jetzt noch eine Wortmeldung? Da es jetzt keine Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung mehr gibt, würde ich die Sitzung kurz unterbrechen. Ich bitte die Fraktionsvorsitzenden zu mir.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 11.06 Uhr unterbrochen und um 11.10 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

11.10

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Ich bedanke mich für die kurze Beratung mit den Fraktionsvorsitzenden. Wir haben vereinbart, dass – natürlich außerhalb der Fragezeit – Herr Abgeordneter Dr. Pilz seine Frage wiederholt, dann ersuche ich den Herrn Präsidenten, diese zu beantworten. Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Wir befinden uns immer noch in derselben Zeile, und meine Frage hat gelautet: Können Sie ausschließen, dass Sie im Sommer 2017 an Mitarbeiter des Kabinetts oder an Beamte des Innenministeriums Aufträge zur Mitarbeit an einem ÖVP-Wahlprogramm gegeben haben?

Mag. Wolfgang Sobotka: Mir ist derzeitig so ein Auftrag nicht erinnerlich, mit ganzer Sicherheit nicht an die Linie. Ich habe - - Noch einmal: Ich kann das nur mehr betonen, was für uns das Wesentliche ist, und Sie sehen es ja auch am Inhalt des Schreibens. Hier geht es um eine ganz sachliche Thematik aus dem französischen Antiterrorgesetz und vor allem den NAT-Adressen. Hier geht es ja darum, dass wir eine Situation hatten, dass aufgrund einer IP-Adresse fünf, sechs, sieben User daran hängen und dass es von uns, von der BVT-Seite eben schwer zu verfolgen wäre. Das ist ein rein inhaltliches Thema.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich wiederhole meine Frage – wir können das noch zehnmal machen –: Können Sie das ausschließen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe schon darauf geantwortet: Mir ist es nicht erinnerlich. Noch einmal - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Das ist etwas ganz anderes. Sie können es also nicht ausschließen? Ich sage Ihnen - -

Mag. Wolfgang Sobotka: Noch einmal: Ich kann ausschließen, dass ich einen Auftrag zu einem Wahlprogramm gegeben habe. Ich kann nicht ausschließen, dass ich gesagt habe, im Zuge des Wahlkampfes ist es notwendig, die Informationen zu haben.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Herr Mag. Sobotka, das ist der ganz entscheidende Punkt. Ich habe Sie gefragt: Beiträge zu einem Wahlprogramm?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das kann ich ausschließen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Das können Sie ausschließen.

Das ist ein ganz wichtiger Punkt, denn das widerspricht dem, was hier steht. Dazu müssen wir dann andere Leute fragen.

Ganz entscheidend ist der Schluss dieses E-Mails: „Den schriftlichen Auftrag an die III/1 durch das KBM“ – und so weiter – „findet sich im Anhang.“ – Das heißt, es gibt einen schriftlichen Auftrag vom Kabinett; der findet sich im Anhang, aber nicht in den Akten des Untersuchungsausschusses.

Wissen Sie etwas über diesen schriftlichen Auftrag, der offensichtlich aus den Akten verschwunden oder uns aus irgendeinem Grund nicht geliefert worden ist? Es gibt nachweislich einen schriftlichen Auftrag.

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich weiß nicht, auf was sich der schriftliche Antrag bezieht, und mir ist es auch nicht erinnerlich, weil ich ja heute das erste Mal das Dokument sehe. Ich habe es vorher nicht gehabt.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Der schriftliche Auftrag durch das KBM findet sich im Anhang, und wir haben ihn nicht gekriegt.

Mag. Wolfgang Sobotka: Welcher schriftliche Auftrag?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Für – das wird oben angesprochen –: „KBM-Auftrag“, „Punkte für das Wahlprogramm zu erarbeiten“, „findet sich im Anhang.“ Ist Ihnen ein derartiger schriftlicher Auftrag bekannt? (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Mag. Wolfgang Sobotka: Mir ist ein derartiger schriftlicher Auftrag nicht bekannt. Nur der bezieht sich nach meiner Lesart nicht auf das oben Genannte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, okay.

Jetzt kommen wir zum Dokument mit der Nummer 9262. Ich sage Ihnen nur kurz, warum mir diese Fragen so wichtig sind und warum ich versuche, das lückenlos zu klären: Ist Ihnen klar, wenn Sie einen Auftrag an Mitarbeiter des Innenministeriums oder des Kabinetts erteilt hätten, Beiträge zum Wahlprogramm der ÖVP für die Nationalratswahl 2017 zu erarbeiten, dass dadurch möglicherweise das Delikt des Amtsmissbrauchs begangen worden wäre? Ist Ihnen diese Problematik bewusst?

Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Dr. Pilz, erstens einmal liegt mir das Dokument nicht vor. Ich würde Sie bitten, dass Sie mir das Dokument geben, dann kann ich darauf auch Bezug nehmen (Abg. Pilz: Wir reden die ganze - -!), das 9262.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ach so! Wir kommen jetzt gleich zum Dokument mit der Nummer 9262. Das war nur eine Frage im Vorlauf.

Mag. Wolfgang Sobotka: Dann würde ich gerne bitten, das Dokument, worauf Sie sich beziehen, zuerst zu sehen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Das Dokument liegt vor, das hat die Kollegin Krisper bereits vorgelegt.

Mag. Wolfgang Sobotka: Wo? (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) Nein, da irren Sie sich macht nichts, aber - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Sie kriegen es einfach noch einmal. Das ist überhaupt kein Problem. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das ist wieder ein Mail von Frau M. K. (BVT), Donnerstag, 3. August 2017, an Scherscher – Kabinett –, Gridling, Zöhrer, A. M. (BVT); wieder: „Betreff: KBM-Auftrag“, „Wichtigkeit: Hoch“.

Da steht: „Lieber Manuel!“ also offensichtlich Manuel Scherscher – „Auftragsgemäß darf ich Dir nachstehend die Überlegungen aus dem Bereich II/BVT/1-Recht betreffend ‚Wahlkampfthemen für HBM‘ übermitteln“.

Was heißt da HBM? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) – Das ist auf Seite 2. Das E-Mail von Frau M. K. (BVT). Haben Sie das vor sich?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist ja dasselbe, das bereits Frau Kollegin Krisper (Abg. Krainer: Vorgelegt hat!) vorgelegt hat, nur in einer anderen - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Darauf habe ich Sie ja hingewiesen.

Mag. Wolfgang Sobotka: Nur haben Sie es in einen anderen Zusammenhang gesetzt.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Darauf habe ich Sie ja hingewiesen. (Auskunftsperson Sobotka: Ja!) Macht ja nichts.

Also, „Wahlkampfthemen für HBM“: Was heißt da HBM?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das habe ich Ihnen schon einmal erklärt, aber wenn Sie es vergessen haben: Das heißt Herr Bundesminister, sollten Sie das nicht ...

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Das Wichtige ist, dass Sie es nicht vergessen. Auf mich kommt es da nicht an.

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bin gerne unterstützend.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Wahlkampfthemen für HBM: Welche Wahlkampfthemen für HBM sind im Zusammenhang mit diesem Auftrag erarbeitet worden?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das müssen Sie den Mailersteller fragen. Ich kann es nur mehr wiederholen, Herr Pilz, aber ich tue es gerne noch einmal: In der Zeit des Wahlkampfes war es für das Haus ganz wesentlich, für die unterschiedlichen Positionen die richtigen Informationen zu bekommen, ja.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Das stimmt so nicht! (Auskunftsperson Sobotka: Na ja, schon!) Das ist schlicht und einfach - - (Auskunftsperson Sobotka: Warten Sie! Ich habe Sie auch ausreden lassen und würde die Freundlichkeit - -!) Herr Mag. Sobotka, das ist eindeutig durch die Dokumente widerlegt.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Pilz, jetzt kommt die Antwort.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Bitte.

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich komme darauf noch einmal zurück: In der Frage – und das ist von meinem Kabinett als solches gegangen – wurden sämtliche Informationen für mich aufbereitet: Welche schwierigen Positionen gibt es in diesem Zusammenhang und was ist dort an dementsprechenden Themen zu erwarten? Wir sind in dieser Zeit ja auch in Diskussionen gestanden, und ich musste natürlich auch dort schlussendlich Rede und Antwort stehen können.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Das ist die Geschichte - - (Auskunftsperson Sobotka: Schauen Sie, Herr Doktor - -!) Nein, jetzt bin ich dran. Sie haben halt dieses alte Schriftl-Giftl-Problem. Ich komme wieder auf das Dokument mit der Nummer 9268 zurück. Frau Mag. M. K. (BVT)hat das sehr sauber zusammengefasst, und das passt ja alles zusammen – mit den KBM-Aufträgen, mit „Dringlichkeit: Hoch“, mit „Wahlkampfthemen für HBM“. Sie haben aber vollkommen recht: Die Frage ist immer, wenn man sich das alles anschaut: Na ja, Wahlkampfthemen für den Herrn Bundesminister? – Das kann man sich alles überlegen.

Dann gibt es aber das eine Dokument, worin Frau Mag. M. K. (BVT) aus der Rechtsabteilung des BVT zusammenfasst und sagt:

„Kurze Hintergrundinfo: Im Juli 2017 erging ein KBM-Auftrag [...] Punkte für das Wahlprogramm zu erarbeiten.“ Das Wahlprogramm; das ist der entscheidende Punkt, den werden wir nicht mehr mit Ihnen klären können. Für mich ist eines wichtig, nämlich dass Sie das explizit ausgeschlossen haben. Jetzt können wir unter Wahrheitspflicht die nächsten Auskunftspersonen befragen, die nämlich diese Mails verfasst haben beziehungsweise als Aufträge bekommen haben, und überprüfen, ob das, was Sie uns gesagt haben, stimmt (Auskunftsperson Sobotka: Mhm!) oder möglicherweise nicht stimmt. Das ist ein ganz entscheidender Punkt.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich muss Sie auf die Redezeit aufmerksam machen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Jetzt habe ich dazu eine einzige abschließende Frage: Warum sind diese KBM-Aufträge, die noch dazu schriftlich erteilt worden und dann verschwunden sind, an der Linie vorbei direkt an die Beamten des BVT erteilt worden? Warum ist die Linie vermieden worden? Warum ist der Sektionschef Vogl vermieden worden?

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, das ist jetzt nicht mehr nur eine Frage, die Zeit ist aus. Den Fragenkatalog können Sie in der zweiten Runde noch ergänzen. (Abg. Pilz: Gerne!) – Bitte, Herr Präsident.

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Ihnen die Frage noch beantworten. Noch einmal: Sie finden überhaupt keinen einzigen Hinweis im sogenannten ÖVP-Wahlprogramm, das mir vorliegt, der nur im Entferntesten auf das geht. Das zeigt auch sehr klar, dass es von mir nie einen Auftrag gegeben hat, ein ÖVP-Wahlprogramm zu erarbeiten, sondern immer die klare Diktion, im Wahlkampf auf alle Positionen auch unsere Position ganz klar darzulegen.

In dieser Situation war es ja dann wesentlich – auch auf die anderen Themen bezogen –, warum etwas nicht durchgeführt werden konnte.

Ich sage es noch einmal, die NAT-Adressen waren ein zentraler Punkt, und das wollte natürlich auch wissen - -, denn wir haben das ja auch damals mit dem Kollegen Doskozil lange verhandelt, und das ist dann schlussendlich in dieser Situation nicht gekommen: Welche Positionen gibt es dort noch dazu? – Aus dieser Situation ist das gekommen.

Sie finden – ich habe es hier mit (ein Schriftstück in die Höhe haltend) – nicht einen einzigen identen Teil. Daher schließe ich auch aus, dass irgendwelche Grundlagenarbeiten für dieses Wahlprogramm der ÖVP gemacht wurden. (Abg. Pilz: Das wird der Staatsanwalt ...!)

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ich komme noch einmal auf das Dokument 9262, Seite 2, zurück. Da heißt es eben – wie Kollege Pilz richtig zitiert hat –: „Lieber Manuel! Auftragsgemäß darf ich Dir nachstehend die Überlegungen aus dem Bereich II/BVT/1-Recht betreffend ‚Wahlkampfthemen für HBM‘ übermitteln.“ Ich lese hier nichts von Wahlprogramm.

Ich zitiere weiter aus dem Dokument 9268, zweiter Absatz, wo Herr Dr. Pilz den Anhang vermisst. Hier heißt es: „Montag morgens (13.11.) erging der Auftrag des KBM [...], alle legistischen Vorschläge unverzüglich in Textentwürfe zu kleiden, da diese für Koalitionsverhandlungen benötigt werden [...].“

Und weiter unten heißt es dann: „Den schriftlichen Auftrag“ dazu, der „findet sich im Anhang“. Auch da ist keine Rede von einem Wahlprogramm, sondern von Vorbereitungen für die Koalitionsverhandlungen.

Herr Präsident, daher meine Frage an Sie: Ist es üblich, dass bei Regierungsverhandlungen auf die Expertisen aus dem jeweiligen Ministerium, dem der Minister, der Koalitionsverhandlungen führt, angehört, zugegriffen wird?

Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist selbstverständlich, dass wir im Zuge von Verhandlungen, Koalitionsverhandlungen, Regierungsverhandlungen oder anderen Verhandlungen, natürlich – und das ist auch mein Regierungsverständnis in dieser Zeit gewesen – die Expertise des Hauses in allererster Linie einfließen zu lassen haben, weil aus der Notwendigkeit, aus der täglichen Beschäftigung mit der Arbeit die Leute auch wissen, was sie brauchen, um ihre Arbeit noch effizienter zu machen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ist Ihnen erinnerlich – Sie haben ja eine langjährige politische Erfahrung –, ob anderen Fraktionen angehörige Minister etwa Beamtinnen und Beamte aus deren Ressorts zu Koalitionsverhandlungen mitgebracht haben?

Mag. Wolfgang Sobotka: Es war auch in früheren Regierungsverhandlungen so üblich, dass natürlich die Ressortverantwortlichen bei schwierigen Situationen sogar auch Leute beigezogen haben.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Danke, ich habe keine weiteren Fragen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Mag. Sobotka! Ich wollte noch auf einen Satz zurückkommen. Wir wissen, dass es den Auftrag des Kabinetts gab, für Sie Wahlkampfthemen beziehungsweise für ein Wahlprogramm Punkte zu liefern. Was mich irritiert – Sie haben das Dokument 9268 vorliegen, das ist das, woraus Kollege Amon gerade zitiert hat, wobei er gesagt hat, da steht nichts von Wahlprogramm –, da steht: „Lieber Peter, lieber Wolfgang! In Entsprechung des Auftrages [...]“ et cetera. Zweiter Absatz: „Kurze Hintergrundinfo: Im Juli 2017 erging ein KBM-Auftrag an 1-RE“ – Rechtsabteilung des BVT – „, 5 (legistische) Punkte für das Wahlprogramm zu erarbeiten.“ – Wieso fünf Punkte?

Wieso kriegt die Rechtsabteilung des BVT den Auftrag, fünf Punkte für ein Wahlprogramm zu erarbeiten?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das müssen Sie die fragen, die das Mail geschrieben haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also Sie haben keine Kenntnis davon?

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wissen Sie, ob andere Abteilungen Ihres Ministeriums den Auftrag bekommen haben, fünf Punkte für Ihr Wahlprogramm zu erarbeiten?

Mag. Wolfgang Sobotka: Mir ist diesbezüglich nichts erinnerlich.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist Ihnen nicht erinnerlich?! Das ist eineinhalb Jahre her.

Waren Sie in die Erstellung des Wahlkampfprogramms der ÖVP für den Bereich Sicherheit eingebunden?

Mag. Wolfgang Sobotka: Sie sehen das Ergebnis (eine Schriftstück in die Höhe haltend).

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war nicht meine Frage.

Mag. Wolfgang Sobotka: Kollege Mahrer hat diese Punkte im Wesentlichen beschrieben, und der war dafür auch verantwortlich.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war nicht meine Frage, wer verantwortlich war. Meine Frage war, ob Sie eingebunden waren.

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich war auch eingebunden, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also Sie waren eingebunden. In welchem Zeitraum war das?

Mag. Wolfgang Sobotka: Pfff! Das ist mir nicht erinnerlich (Abg. Krainer: Ist Ihnen nicht erinnerlich! Mhm!), aber eher zu einem späteren Zeitpunkt, also im August oder im September, denn das kam sehr spät.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): August/September ist das passiert.

Mag. Wolfgang Sobotka: Eher September.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm. Und im Juli kam der Auftrag, fünf Punkte für das Wahlprogramm zu erarbeiten, dem wurde im August entsprochen, und im September waren Sie eingebunden in die Erstellung des ÖVP-Wahlkampfprogramms. Deswegen frage ich Sie: Haben Sie von Ihrem Kabinett Unterlagen für dieses Wahlprogramm bekommen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe keine Unterlagen von meinem Kabinett benutzt, weil ich selbst die Unterlagen mit Karl Mahrer erarbeitet habe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben keinerlei Unterstützung Ihres Kabinetts bekommen, keine Unterlagen für die Arbeitsgruppe oder was das auch immer war, für das Sicherheitskapitel des ÖVP-Wahlprogramms 2017?

Mag. Wolfgang Sobotka: In dieser Zeit nicht, weil diese Wahlprogramme mit Karl Mahrer - - Ich weiß gar nicht, wo ich gesessen bin und wir das gemeinsam formuliert haben, ohne Unterlagen aus dem Kabinett – weil das Wahlprogramm, das sehen Sie ja, so ist, wie es ist, und sich das nicht in einer Detailliertheit wiederfindet.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt Sie haben ohne jede Unterstützung Ihrer Kabin- -, die haben Ihnen nie etwas zusammengeschrieben?

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie wollen mir jetzt erzählen, Sie haben einen Kabinettsmitarbeiter, der in Ihrem Namen – denn er kann nur in Ihrem Namen Aufträge vergeben – Aufträge vergibt, jedenfalls an die Rechtsabteilung des BVT, fünf Punkte für das Wahlprogramm zu erarbeiten, und die sind in keiner Art und Weise an Sie berichtet worden, weder mündlich noch schriftlich.

Mag. Wolfgang Sobotka: Noch einmal: Ich habe schon versucht, Ihnen darzulegen, auch dem Abgeordneten Pilz, und tue das gerne noch einmal, welcher Auftrag in diesen Sommermonaten ergangen ist, um hier gerüstet zu sein, insbesondere auch für die Diskussionen. Da ist es schon darum gegangen, sich auch als Innenminister zu positionieren, und so ist das auch zu verstehen. Daher wurde nie ein Bericht darüber gelegt und es gab auch keine schriftlichen Unterlagen – mir ist es zumindest nicht erinnerlich –, die ich bekommen hätte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich darf Ihnen eine Geschäftseinteilung des BMI vorlegen, die uns übermittelt wurde. (Abg. Amon: Kann man bitte die Dokumentennummer erfahren?) – Für das Protokoll: 1066, Seite 194. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Gut. Das ist eine Geschäftseinteilung, Kabinett des Bundesministers. Beschreibt das Ihr Kabinett im September 2017?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich sehe keinen - - (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) 21.11.2017 ist das, ich kann jetzt nicht erkennen, aus welcher Zeit das ist, aber es wird schon irgendwo in dieser - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hat es im Vergleich zum Sommer 2017 große Änderungen gegeben, im Vergleich zu dieser Liste?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich weiß nicht, wann genau Kollege Kloibmüller ausgeschieden ist und Kollege Achatz den Posten des Kabinettschefs übernommen hat. Sonst gibt es, glaube ich - - Den Assistenten weiß ich nicht, das ist mir nicht erinnerlich. Sonst sehe ich kein - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sonst gehen wir es ganz einfach durch: Bei den Referenten stehen hier Takacs und Scherscher untereinander. Wofür war Herr Takacs zuständig?

Mag. Wolfgang Sobotka: Die Frage ist: Ist das im Zusammenhang mit dem BVT gedeckt? (Die Auskunftsperson berät sich mit Verfahrensanwalt und Verfahrensrichter.) Ich möchte wissen, ob diese Sache - -

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ja bitte, Herr Abgeordneter, stellen Sie den Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand her! – Danke.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich meine, das ist eine Kabinettsliste. Ich will wissen, wer wofür zuständig war. Nur aufgrund der Antwort weiß ich, ob diese Person fürs BVT, für LVTs oder dergleichen zuständig war.

Mag. Wolfgang Sobotka: Fürs BVT war Kollege Scherscher zuständig.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut. Und wofür waren die anderen zuständig? Wofür war Herr Takacs zuständig?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich glaube, das ist im Rahmen des Untersuchungsausschusses nicht zu beantworten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das hängt von Ihrer Antwort ab. Wollen Sie mir jetzt ernsthaft sagen, dass Sie mir nicht beantworten wollen, wofür ein Mitglied Ihres Kabinetts zuständig war?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe Ihnen schon gesagt, für das BVT war Kollege Scherscher zuständig.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Meine Frage war, wofür Herr Takacs zuständig war. (Die Auskunftsperson berät sich mit Verfahrensanwalt und Verfahrensrichter.) Ich bin grundsätzlich imstande, intellektuell einen Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand herzustellen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Bitte, dann tun Sie das!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also die LVTs unterstehen dem BKA, insofern hat alles, was mit dem BKA zu tun hat, auch etwas mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun, weil die LVTs zum BKA gehören. So, reicht das intellektuell? Oder soll ich noch ein paar Übungen von mir geben? (Zwischenrufe des Abg. Amon sowie bei der FPÖ.)

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Die intellektuelle Herleitung des Herrn Abgeordneten ist ausreichend. Bitte beantworten Sie diese Frage! (Abg. Amon: ... ist falsch!)

Mag. Wolfgang Sobotka: Schauen Sie, Kollege Takacs ist meiner Erinnerung nach für die Polizeiagenden zuständig gewesen, aber das hat nichts mit dem BVT zu tun.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Franziska Kandolf?

Vorsitzende Doris Bures: Damit es kein Missverständnis gibt, würde ich Sie, Herr Dr. Strauss, noch einmal bitten, den Untersuchungsgegenstand zusammenzufassen, denn er ist natürlich breit. Daraus ergibt sich dann auch, dass die Fragestellungen, denke ich, im Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand stehen. Ich würde Sie bitten, Herr Dr. Strauss, noch einmal in Erinnerung zu rufen, welchen Untersuchungsgegenstand wir hier haben und warum das möglicherweise im Zusammenhang mit einem Kabinett steht. – Bitte, Herr Dr. Strauss.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ja, also es geht hier um die Aufklärung des Verdachts der „abgestimmten, politisch motivierten Einflussnahme“ auf verschiedene Themen: „Datenverwendung“, „Extremismus“, „Kooperationen“, „Organisation“ und „Auswirkungen“. Und politische Motivationen können selbstverständlich oft nur festgestellt werden, wenn man weiß, wer die handelnden Personen waren und wofür die zuständig sind. Daher glaube ich, dass das durchaus zum Untersuchungsausschussthema und -themenkreis gehört. – Danke schön.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals.

Dann würde ich Sie, Herr Abgeordneter Krainer, bitten, die Frage noch einmal zu wiederholen, und Sie, Herr Präsident, sie dann zu beantworten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wofür war Mag. Franziska Kandolf zuständig?

Mag. Wolfgang Sobotka: Für die Außenpolitik.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dr. Monika Lemmerer?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ebenfalls.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gernot Maier?

Mag. Wolfgang Sobotka: Fürs BVA.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dr.in Dagmar Hinghofer-Szalkay?

Mag. Wolfgang Sobotka: Für die Sektion III.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mag. Peter Neurauter?

Mag. Wolfgang Sobotka: Für die Verwaltungsagenden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Anna Polz?

Mag. Wolfgang Sobotka: Meine Assistentin in der Organisation.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Martina Berger?

Mag. Wolfgang Sobotka: Für Social Media.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Katharina Nehammer?

Mag. Wolfgang Sobotka: Für die Presse.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und Andreas Achatz?

Mag. Wolfgang Sobotka: Na, steht ja dort, Kabinettschef.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und bevor er Kabinettschef war?

Mag. Wolfgang Sobotka: War er auch für die Polizeiangelegenheiten zuständig.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gemeinsam mit Takacs, oder?

Mag. Wolfgang Sobotka: Na, das ist unterschiedlich. Es gibt ja eine dementsprechende Organisation der Cobra, für die Einsatzeinheiten - - Puh, ich weiß nicht, wofür er alles zuständig war. Ich weiß: für die Cobra, für einen Teil der Landespolizeidirektionen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Für die LPDs, gut.

Ich komme noch einmal zurück. Also das BVT hat offensichtlich einen Auftrag bekommen, fünf Punkte für das Wahlprogramm zu erarbeiten – im Juli. Im August wurde dem entsprochen; und Sie sagen, Sie haben weder mündlich noch schriftlich jemals davon erfahren. Habe ich das richtig verstanden?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe - - Das Mail kenne ich nicht (Abg. Krainer: Das war nicht meine Frage!), daher habe ich auch vom Inhalt des Mails nichts erfahren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war nicht meine Frage.

Mag. Wolfgang Sobotka: Was war dann Ihre Frage?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Meine Frage war: Sie haben nie, weder mündlich noch schriftlich, eine Meldung von Ihrem Kabinett bekommen - -

Mag. Wolfgang Sobotka: Wenn ich sage, ich habe - - Das ist ja doch auch klar, wenn ich sage, ich habe den Inhalt erst jetzt - - habe ich vorher auch nicht erfahren. Das ist deduktiv herleitbar, wenn man sich bemüht. (Abg. Krainer: Bitte?) –Das ist deduktiv herleitbar, nicht?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, denn es kann die Kommunikation auch noch mündlich ergänzt gewesen sein. Wir haben hier nur ein E-Mail. Es kann sieben E-Mails geben, von denen wir sechs nicht haben. Es kann mündliche Kommunikation gegeben haben. Wir wissen es nicht. Es gab aber offensichtlich einen Auftrag ans BVT, fünf Punkte fürs Wahlprogramm zu erarbeiten.

Mag. Wolfgang Sobotka: Das weiß ich nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und dieser Bitte oder diesem Auftrag wurde entsprochen. Haben Sie Kenntnis, dass andere Organisationsteile des BMI ebenfalls den Auftrag bekommen haben, fünf Punkte fürs Wahlprogramm der ÖVP zu erarbeiten?

Mag. Wolfgang Sobotka: Es hat von mir nie jemand einen Auftrag bekommen, ein Wahlprogramm für die ÖVP zu erarbeiten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war nicht meine Frage. Ich habe nicht gefragt, ob Sie jemandem den Auftrag gegeben haben, sondern ob Sie wissen, ob andere Organisationseinheiten des BMI - -

Mag. Wolfgang Sobotka: Ist mir nicht erinnerlich.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist Ihnen nicht erinnerlich.

Mag. Wolfgang Sobotka: Keine Wahrnehmung dazu.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wahrnehmung haben Sie auch keine dazu? (Auskunftsperson Sobotka: Nein!) – Das heißt, Sie haben niemals in irgendeiner Art und Weise eine Rückmeldung von Ihrem Kabinett bekommen, von fünf Punkten, die einzelne Organisationsteile Ihres Kabinetts quasi innerhalb des BMI eingesammelt haben (Auskunftsperson Sobotka: Nein, ich versuche es noch einmal zu erklären!), weder mündlich noch schriftlich.

Mag. Wolfgang Sobotka: Noch einmal: Ich habe - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie brauchen mir nichts zu erklären. Es reicht, wenn Sie auf die Fragen antworten.

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich versuche, es noch einmal zu erklären, und vielleicht ist darin die Antwort zu finden. Es war notwendig, die Positionen, die im Wahlkampf von den unterschiedlichen Parteien dementsprechend gepflogen wurden, auch von Expertenseite zu untermauern. Da habe ich gebeten, Positionen, die für uns wesentlich sind, für das Haus wesentlich sind, auszuarbeiten, da das auch für mich in der Diskussion immer wieder notwendig gewesen ist. Ob das jetzt - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wieso dann die Beschränkung auf fünf?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe nicht fünf vorgesehen, ich habe gesagt die Positionen - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Da steht fünf.

Mag. Wolfgang Sobotka: Das müssen Sie den Schreiber fragen!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, aber das ist nicht logisch. Das, was Sie sagen, führt nicht zu diesem E-Mail.

Mag. Wolfgang Sobotka: Ihre Logik ist nicht meine - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ihre Erklärung ist nicht nachvollziehbar.

Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Kollege, Ihre Logik kann ich jetzt auch nicht nachvollziehen. Ich habe Ihnen gesagt, ich habe von dem E-Mail keine Kenntnis gehabt, weder wie das geschrieben wurde noch welche Ergebnisse nachher vielleicht herausgekommen sind. Ich weiß nur sehr, sehr klar und ich kann das noch einmal organisieren, dass es notwendig war, in Wahlkampfzeiten Positionen des Hauses zu haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm. Diese E-Mails, die wir hier sehen, die Ihnen ja vorliegen, die sind ja auch allesamt an Mitglieder Ihres Kabinetts ergangen.

Mag. Wolfgang Sobotka: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wieso haben Sie uns diese bei der Aufforderung, alle Unterlagen, die mit dem Untersuchungsgegenstand im Zusammenhang stehen, zu übermitteln, nicht übermittelt?

Mag. Wolfgang Sobotka: Die Unterlagen, die im Zusammenhang mit dem BVT übermittelt worden sind, sind durch meinen ehemaligen Kabinettschef im Staatsarchiv ausgehoben worden. Und wenn sie im Zusammenhang mit dem BVT stehen, sind sie auch dementsprechend, auch wenn sie veraktet gewesen sind, übermittelt worden – alle.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist dieses E-Mail übermittelt worden?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das entzieht sich meiner Kenntnis.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, Sie wissen nicht, welche Unterlagen Sie als Person uns übermittelt haben?

Mag. Wolfgang Sobotka: Schauen Sie, ich habe das ganze Konvolut - - Das sind insgesamt 89 Ordner, die Kollege Achatz sich in meinem Auftrag, auf mein Ersuchen durchgesehen hat. All das, was zum BVT da war, ist dementsprechend dem Ausschuss übermittelt worden und es ist sogar nachher dann noch einmal nachgesucht worden, ob noch etwas kommt.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Damit kommen wir zur zweiten Fragerunde. – Herr Abgeordneter Jenewein.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Danke vielmals. Herr Nationalratspräsident, ich möchte – es ist eingangs schon kurz vom Herrn Verfahrensrichter in seiner Erstbefragung angesprochen worden; ich möchte das noch ein bisschen intensivieren – auf die nordkoreanischen Reisepässe, die ja einem breiten medialen Feld anheimgefallen sind, zurückkommen. (Vorsitzende-Stellvertreter Feichtinger übernimmt den Vorsitz.)

Wissen Sie, ob es eine Genehmigung für die Weitergabe von Reisepässen an die Behörden Südkoreas gegeben hat? Wissen Sie, ob das einen offiziellen Dienstweg gegangen ist? Haben Sie Wahrnehmungen dazu?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das BVT arbeitet in seinem eigenen Verantwortungsbereich. Es gab weder eine Anordnung, schon gar keine - -; jede Anordnung eines Ministers ist ja eine Weisung. Ich hatte auch keine Kenntnis bis zu dem Zeitpunkt, wo wir durch die Journalisten hingewiesen worden sind.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Alles klar.

Jetzt im Nachhinein betrachtet: So eine Weitergabe greift ja auch immer in die Rechte jenes Staates ein, um den es da ja eigentlich geht, in dem Fall Nordkorea. Wäre so ein Vorgang, aus Ihrer Verantwortung als ehemaliger Innenminister heraus – wenn Sie es jetzt im Nachhinein betrachten –, Ihrer Meinung nach genehmigungspflichtig gewesen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das BK hat eine Reihe von Pässen, um festzustellen, was ist gefälscht und ist nicht gefälscht. Das ist üblich unter den Diensten, sich gegenseitig auszutauschen. (Abg. Jenewein: Mhm!) Ich bin jetzt überfragt, ob das - -

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Das ist interessant.

Mag. Wolfgang Sobotka: Also sehen Sie (Abg. Jenewein: Ja, ja, ich kann - -!), maximal muss das der BVT-Chef oder die Generaldirektorin - -, aber vom Minister sind solche Sachen sicherlich nicht zu genehmigen oder nicht zu genehmigen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Das ist interessant, das wurde ja im Zuge des allgemeinen Verfahrens erhoben. Bei diesen gegenständlichen Reisepässen handelt es sich ja um Passrohlinge, das heißt ohne Personendaten, ohne Foto, ohne Unterschrift.

Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist ein Muster.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ein Muster.

Inwiefern können Identitätsdokumente, die über keine Seriennummern oder Personalien verfügen, zu Vergleichszwecken beigezogen werden? Ich frage Sie das vor dem Hintergrund, dass die Zuständigen – und zwar waren das Beamte aus dem Innenministerium – in der Einvernahme gesagt haben, solche Vergleichsmuster sind völlig ungeeignet.

Mag. Wolfgang Sobotka: Nachdem ich das weder angeordnet habe, weder gewusst habe, weiß ich auch nicht, ob es geeignet ist oder nicht geeignet ist. Noch einmal: Ich bin nicht Polizist.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie wissen aber, dass das gängige Praxis ist?

Mag. Wolfgang Sobotka: Dass wir Pässe haben? Ich habe mir das ja selbst angeschaut im BKA, im BK, dass das gebraucht worden ist; nur muss ich sagen, welche Typologien – Muster, nicht Muster –, entzieht sich meiner Kenntnis.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Hatten Sie jemals Wahrnehmungen dazu, dass das auch andere Staaten betroffen hat? Ich meine, Nordkorea hat sicherlich eine Sonderstellung unter diesen Staaten, aber es gibt ja noch andere Staaten auf diesem Planeten, die mitunter mit der Österreichischen Staatsdruckerei in Beziehung stehen, wo es auch übergeordnete Interessen – ich formuliere es einmal vorsichtig so – gibt.

Ist Ihnen bekannt, dass es da noch andere Passrohling- oder -musterweitergaben gegeben haben könnte? Ich denke jetzt speziell an den Mittleren oder Nahen Osten; an Staaten - -

Mag. Wolfgang Sobotka: Dazu habe ich keine Wahrnehmung.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Dazu haben Sie keine Wahrnehmungen, gut. Herr Dr. B. P. (BVT) hat in einem Informationsschreiben die Zusammenarbeit zwischen der Staatsdruckerei und den Sicherheitsbehörden sehr gelobt. Haben Sie eine Wahrnehmung dazu, dass die Österreichische Staatsdruckerei öfter Überproduktionen von solchen Dokumenten durchgeführt hat?

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein, keine Wahrnehmung dazu.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Keine Wahrnehmungen dazu. – Ich habe keine weiteren Fragen in dieser Runde.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Präsident! Ich möchte auf die Frage der Aktenübermittlung an den Untersuchungsausschuss zurückkommen. Wir bekamen von Ihnen zwei Leermeldungen, eine im Juni 2018 und eine nach unserer ergänzenden Beweisanforderung im Oktober 2018. (Auskunftsperson Sobotka: Mhm!) Wir bekamen dann im Februar 2019 – dieses Jahres! – doch etwas von Ihnen, und zwar, weil Folgendes passierte: Ich möchte Ihnen ein Dokument aus der Zeugeneinvernahme von Kloibmüller vorlegen, mit der Nummer 7654, Seite 18. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Kloibmüller legte nämlich eine Kopie aus dem Kabinettsakt aus dem Staatsarchiv am 13. Juli bei seiner Einvernahme bei der WKStA vor und führte dort aus, er lege die Beilage vor: „Die Beilage [...] findet sich im Kabinettsakt. Aus diesem habe ich jetzt die Kopie besorgt.“ – Weiter unten sagt er: „Sämtliche Dokumente finden sich im Kabinettsakt [...] Aus diesem Akt habe ich mir jetzt die [...] Kopie besorgt. Der Kabinettsakt selbst ist im Staatsarchiv. Im BMI gibt es keinen Akt mehr, denn mit Abgang eines Ministers werden alle Kabinettsakten archiviert.“ (Auskunftsperson Sobotka: Mhm!)

Meine erste Frage wäre: Wussten Sie, dass Kloibmüller sein Schreiben an die UBS Luxembourg ausheben will? (Auskunftsperson Sobotka: Bitte?) – Wussten Sie, dass Kloibmüller sein Schreiben aus dem Staatsarchiv ausheben möchte?

Mag. Wolfgang Sobotka: Welches Schreiben oder wann, wo?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege es Ihnen gerne vor: Dokument Nummer 9022. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt. – Abg. Amon: Zur Geschäftsbehandlung!)

*****

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich hätte gerne gewusst, wo steht, dass er es aus dem Staatsarchiv ausgehoben hat. Das halten Sie nämlich gerade vor.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Ich habe das gerade aus seiner Einvernahme vorgelesen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Da steht „im Kabinettsakt“, da steht nichts von Staatsarchiv.

*****

Mag. Wolfgang Sobotka: ... mir die Beilage vorgelegt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): „Ich habe es [...] finden sich im Kabinettsakt [...] Aus diesem Akt habe ich [...]“ – es – „besorgt. Der Kabinettsakt selbst ist im Staatsarchiv.“ – Seite 18 (Auskunftsperson Sobotka: Genau!), untere Hälfte.

Mag. Wolfgang Sobotka: Er hat es aber nicht aus dem Kabinettsakt. Da steht nirgends drinnen, dass er aus dem Staatsarchiv - - Im Staatsarchiv war Kollege Kloibmüller meines Wissens nicht, sondern nur Kollege Achatz.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ihres Wissens also nicht?

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein. Schauen Sie, das ist auch relativ leicht erklärlich, wie das Ganze zustande gekommen ist. Sie haben mir gerade das Dokument 9022 vorgelegt. In der Situation - - (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Das ist jetzt ganz etwas anderes, das kenne ich so nicht. Was ist das?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Deswegen habe ich es Ihnen gezeigt, weil Sie sagten, Sie kennen es nicht. Das ist das Schreiben von Kloibmüller an die UBS Luxembourg.

Mag. Wolfgang Sobotka: Das kenne ich nicht, nein. (Abg. Krisper: Ja!) Nein, kenne ich nicht. Ich kenne das Schreiben nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie wollten gerade ausführen, warum es nicht aus dem Staatsarchiv sein kann. – Bitte.

Mag. Wolfgang Sobotka: Die Rückseite! Das erklärt auch, warum sie beim ersten Mal Leermeldung machen, weil das unter Menschenrechte abgelegt war, dieser Bereich. Erst dann durch die staatsanwaltliche Ermittlung wurde eine Aktenzahl angegeben, nachdem wir das gesucht haben.

In dieser Vielzahl der Akten suchen Sie natürlich nur unter abgelegten BVT-Akten. Nachdem das unter Menschenrechte abgelegt wurde, haben wir erst nachdem die staatsanwaltlichen Erhebungen - - Nachdem wir von der Staatsanwaltschaft gebeten worden sind, das dementsprechend nach dieser Nummer auszuheben, haben wir gewusst, was hier dann - - Auf der Rückseite ist es wieder ersichtlich.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dennoch hat es Achatz im Juli ausgehoben und wir haben es erst im Februar bekommen – und in der Zwischenzeit von Ihnen eine zweite Leermeldung.

Mag. Wolfgang Sobotka: Im Juli ist es ausgehoben worden und an die WKStA gegangen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Richtig. Und wir haben es erst bekommen, als es in den Justizakt Eingang fand und demnach klar war, dass es dieses Schreiben gibt. (Auskunftsperson Sobotka: Das ist - -!) Das heißt, wir bekamen eine Sache aus dem Staatsarchiv – die, die nicht zu verhindern war, weil Kloibmüller hier einen Beweis im Rahmen seines Strafverfahrens vorlegen wollte (Auskunftsperson Sobotka: Nein!) – deswegen hierher. Sonst bekamen wir nichts aus dem Staatsarchiv.

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein, noch einmal: Es war nicht klar, dass das im Zusammenhang mit dem BVT steht. Darum hat man es nur an die WKStA übermittelt und erst dann, als es dementsprechend gekommen ist, hat man das selbstverständlich auch dem Ausschuss zur Verfügung gestellt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber auch in einer E-Mail-Korrespondenz zu den Wahlkampfthemen, die aus dem BVT geliefert wurden, findet sich Achatz als Adressat, und es wurde uns nicht aus dem Staatsarchiv übermittelt.

Sie haben vorhin gemeint, alles wird korrekt behandelt, alles wird veraktet. Sie haben gemeint, Sie könnten auch ein Schreiben von Lansky zum Konvolut bekommen haben.

Können Sie sich nicht erinnern? Alles wird bei Ihnen behandelt, alles wird veraktet, daher frage ich mich: Wie kann es sein, dass wir nur ein Dokument erhalten haben, und zufällig das, das im Rahmen eines Strafverfahrens, wo man nicht umhin konnte, vorgelegt werden musste?

Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist ja immer unter einem klaren Verweis auf die Bezugnahme des Schreibens abgelegt worden. Dieses Schreiben ist eben unter Menschenrechte gelaufen und nie unter BVT. Und auch - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, aber die E-Mail-Korrespondenz an Achatz lief unter BVT auftragsgemäß Wahlkampf. Das wäre sehr wohl zu finden gewesen. Deswegen meine Frage: Wie wurde bei der Suche vorgegangen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Die ist auch geliefert worden. Ich weiß nicht, ob das veraktet gewesen ist, ob es in unserem Akt war. Ich glaube nicht, dass es in unserem Akt war, das ist auch nicht von uns gekommen, das ist - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, ja, von Ihnen ist nichts gekommen, ich weiß.

Mag. Wolfgang Sobotka: Na ja, weil es auch bei uns nicht - - Da gibt es keinen Kabinettsakt dazu. Und wenn es nicht veraktet ist, dann kann ich es auch nicht mehr finden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich komme zur Klassifizierung der Personalakten im Untersuchungsausschuss: Haben Sie als ehemaliger Innenminister ein wie auch immer geartetes Interesse, dass gewisse Akten und Unterlagen aus Ihrer Amtszeit oder aus der Amtszeit Ihrer Parteikollegen in einer höheren Klassifizierungsstufe als Stufe 1 verbleiben und dem BVT-Untersuchungsausschuss gar vorenthalten werden?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe überhaupt kein Interesse. (Abg. Amon: Zur Geschäftsbehandlung!)

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Kollege Amon zur Geschäftsbehandlung. (Abg. Krisper: Haben Sie als ehemaliger - -?) – Frau Kollegin Krisper, Kollege Amon hat sich gemeldet.

*****

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich hätte ersucht, eine Fraktionsführerbesprechung einzuberufen, weil ich glaube, dass die Tätigkeiten im Rahmen der Vorsitzführung in der Präsidiale respektive im Haus nicht Gegenstand der Untersuchung sind.

*****

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das habe ich auch nicht gefragt und das wurde schon beantwortet.

Haben Sie als ehemaliger Innenminister zu irgendeinem Zeitpunkt versucht, Einfluss auf die Klassifizierung der dem Untersuchungsausschuss vorgelegten Akten und Unterlagen zu nehmen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Als Innenminister war ich überhaupt nie - - (Abg. Amon: Ich hätte eine Reaktion vom Vorsitz - -!)

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die Akten betreffend Ihre Zeit als Innenminister, die dem Untersuchungsausschuss vorgelegt wurden.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Frau Kollegin Krisper!

Mag. Wolfgang Sobotka: Noch einmal: In der Zeit als Innenminister war keine Veranlassung, Akten zu klassifizieren. (Abg. Amon: Das geht wirklich nicht! Ich habe ..., Herr Vorsitzender!)

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Frau Kollegin Krisper, ich glaube, wir sollten unterbrechen, um uns über die Zulässigkeit dieser Fragen zu unterhalten.

Mag. Wolfgang Sobotka: Die Frage, was nach dieser Zeit, nach dem 18.3. passiert, ist nicht Gegenstand des Untersuchungsausschusses, Frau Kollegin Krisper. Und die Frage der Zulässigkeit von Akten, die ich jetzt als Präsident auch aufgrund - - – das sind Rechtsmeinungen meiner Experten und des Innenministeriums –, das ist eine Frage der Präsidiale.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es geht ja darum, dass Personalakten der Stufe - - (Abg. Amon: Das geht so nicht!)

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Frau Kollegin Krisper, ich unterbreche die Sitzung, um diese Frage zu debattieren.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 11.53 Uhr unterbrochen und um 11.56 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

11.56

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Frau Dr. Krisper ist am Wort. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich wiederhole – bitte nicht auf meine Redezeit rechnen! –: Sehr geehrter Herr Präsident, haben Sie als ehemaliger Innenminister zu irgendeinem Zeitpunkt versucht, Einfluss auf die Klassifizierung dem Untersuchungsausschuss vorgelegter Akten und Dokumente zu nehmen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie als ehemaliger Innenminister alles unternommen, dass dem Untersuchungsausschuss alle Akten und Unterlagen aus Ihrer Zeit als Innenminister in einer Weise vorgelegt werden, die dem öffentlichen Interesse gebührend Rechnung trägt?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ja.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie jemals eine Unterredung mit Ihrem Nachfolger Innenminister Kickl geführt, was die Vorlage und Klassifizierung der Akten betrifft?

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Frau Kollegin, Ihre Redezeit in dieser Runde ist leider abgelaufen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich lege Ihnen Dokument Nummer 8364 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Mag. Wolfgang Sobotka: Nur, damit ich das kläre: Ein Schreiben habe ich als Präsident im Rahmen der Präsidiale an den Innenminister gerichtet, das Ansuchen, es umzustufen – dass das einmal klar ist. Das ist aber öffentlich bekannt.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): So, Sie haben das vor sich, es handelt sich hierbei ab Seite 3 um den sogenannten Kloibmüller-Kabinettsakt. Nur kurz zur Erläuterung: Das ist dieser Kabinettsakt, der gleich auf der zweiten Seite dieses Schreiben von Kloibmüller vom 4. Mai 2016 an die UBS, also die Bank in Luxemburg, enthält, wo Kloibmüller mit dem Siegel und dem Wappen des Innenministeriums eine Bonitätserklärung für einen, na ja, des Betruges im großen Stil Verdächtigen abgibt, nämlich Mauss, der hier unter einem anderen Namen auftritt.

Dazu möchte ich Sie nicht in der Sache befragen, das werden wir bei Herrn Mag. Kloibmüller tun, sondern einleitend eine ganz einfache Frage: Am 18. Oktober 2018 haben wir als Untersuchungsausschuss in Ihrem Namen folgende Mitteilung erhalten: „Ich darf mitteilen, dass sich in den Kabinettsakten aus der Amtszeit des Herrn Präsidenten Mag. Sobotka als Bundesminister für Inneres keinerlei Schriftgut im Zusammenhang mit dem ‚Verlangen auf ergänzende Beweisanforderung‘ befindet.“

Meine Frage, damit wir da jetzt ganz genau vorgehen: Hatten Sie bereits zu diesem Zeitpunkt diesen Kabinettsakt?

Mag. Wolfgang Sobotka: Den Kabinettsakt hatte ich nicht, weil der sofort von Kollegen Achatz an die Staatsanwaltschaft übermittelt worden ist.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ist von Kollegen Achatz eine Kopie oder der Akt, der Ihnen vorlegen ist, an die Staatsanwaltschaft übermittelt worden?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das müssen Sie ihn fragen, aber da der Akt, der Originalakt, im Staatsarchiv liegt, nehme ich an, es muss eine Kopie gewesen sein.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja.

So: Ist eine Kopie dieses Aktes oder ein Exemplar dieses Aktes bei Ihnen im Büro verblieben?

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Seit wann haben Sie gewusst, dass dieser Kabinettsakt im Zusammenhang mit dem BVT-Verfahren steht?

Mag. Wolfgang Sobotka: Seit der Anfrage des Abgeordneten Pilz vom 11.1.2019.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Am 16. Juli 2018 - - Das bezieht sich auf die Seite 1 dieses Aktenstücks, das ist der Amtsvermerk. Ist Ihnen erinnerlich, dass sich am 16. Juli 2018 die ermittelnden Beamten in der BVT-Causa im Namen der WKStA an Sie mit einem Mail gewendet haben und um die Ausfolgung dieses Aktes ersucht haben?

Mag. Wolfgang Sobotka (in den Unterlagen blätternd): Ja, dieses Mail ist mir bekannt. Wir haben ja dort einen Kabinettsakt nach der Kabinettszahl AZ 24029/16. Auch dort ist nichts in irgendeiner Form vom BVT oder in diesem Zusammenhang erwähnt.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Darum geht es überhaupt nicht. Ich würde einmal vorschlagen, diese ständigen Verweise auf den irreführenden Titel zu unterlassen; da geht es um etwas ganz anderes. War Ihnen ab 16. Juli 2018 bekannt, dass dieser Akt Teil der BVT-Ermittlungen der WKStA war?

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: 10 Sekunden noch!

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Warum ist er dann angefordert worden und warum haben Sie ihn den ermittelnden Beamten der WKStA im BVT-Verfahren gegeben?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe ihn der WKStA übermittelt und nicht dem BVT-Beamten.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Es sind die Beamten - -

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Kollege Pilz, die Redezeit in dieser Runde ist leider abgelaufen.

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein, ganz einfach: Schauen Sie, lesen Sie es durch, Herr Kollege Pilz! Es ist ja nett, was Sie alles da sonst noch dahinter sehen. Es ist nichts ersichtlich. Es ist nur die WKStA und die Aktenzahl und - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Nein, es steht hier ganz genau: „Und zwar vor ca. 4-5 Wochen im Zuge der Bestellung des U-Ausschußes“ sind von Ihnen diese Akten aus dem Staatsarchiv beschafft worden.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Herr Kollege Pilz, Ihre Redezeit in dieser Runde ist abgelaufen.

Mag. Wolfgang Sobotka: Stimmt ja nicht! Das stimmt ja nicht, was Sie da behaupten. Lesen Sie (ein Schriftstück in die Höhe haltend) das E-Mail! Lesen Sie das E-Mail! Schauen Sie: Bleiben Sie bei der Wahrheit, würde ich bitten! Da steht nichts anderes drinnen, als dass mich die WKStA auffordert, eine Aktenzahl zu liefern. Dem sind wir nachgekommen und haben den Akt geliefert. Und erst durch Ihre Anfrage im Jänner konnte von unserer Seite der Bezug hergestellt werden. Sie können kein Gschichtl machen. Es hilft nichts. Hilft halt nichts, ja? (Abg. Pilz: Wir kommen auf Ihre Gschichtln zurück!)

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Ich habe nur zwei kurze Nachfragen, und zwar: Ist Ihnen bekannt, wer in der Zeit von Herrn Bundeskanzler Faymann beziehungsweise von Herrn Bundeskanzler Kern die zuständigen Referenten im Kabinett für Sicherheitsfragen waren?

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ist Ihnen bekannt, dass uns aus dem Staatsarchiv weder von Bundekanzler Faymann noch von Bundeskanzler Kern Akten übermittelt worden sind?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist mir auch nicht bekannt.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Haben Sie eine Erklärung dafür, warum uns weder der eine noch der andere Bundeskanzler Akten aus dem Staatsarchiv übermittelt haben?

Mag. Wolfgang Sobotka: Da würde ich Sie bitten, beide, sowohl Bundeskanzler Faymann als auch Bundeskanzler Kern - -

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Das werden wir tun, denn wir haben keine Akten von ihnen bekommen.

Danke. Keine weiteren Fragen.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Herr Präsident! Noch einmal für mein Verständnis zu dieser Aktenlieferung, denn jetzt wird es verwirrend: Sie haben gesagt, Sie haben Herrn Andreas Achatz den Auftrag gegeben, aus dieser WKStA-Anfrage - - oder als der Auftrag gekommen ist, im Staatsarchiv Nachschau zu halten und diesen Akt auszuheben. Ist das richtig?

Mag. Wolfgang Sobotka: So ist es.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Nur für mein Verständnis: Andreas Achatz war zu diesem Zeitpunkt aber nicht mehr Kabinettschef. Wie erfolgt dann die Auftragskette?

Mag. Wolfgang Sobotka: Kollege Achatz hat von mir eine dementsprechende Ermächtigung bekommen, in meinem Namen die Akten zu durchsuchen, weil er das natürlich wusste – oder zumindest damit vertraut gewesen ist –, und natürlich auch mit der verakteten Zahl, die die WKStA hatte, hat er den Akt dann auch gefunden. Der war unter Menschenrechte abgelegt.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Sie haben von 89 Ordnern gesprochen, die gesichtet worden sind, wenn ich das richtig verstanden habe. (Die Auskunftsperson nickt.) – Danke schön. Wer hat diese 89 Ordner gesichtet?

Mag. Wolfgang Sobotka: Kollege Achatz, und zwar sind ja die geordnet und nach den jeweiligen Titeln - - Da der Untersuchungsgegenstand BVT ja klar eingegrenzt war, wurde bei den Aktenstücken gesucht, die also dementsprechend mit dem Inhalt des Untersuchungsausschusses in Verbindung zu bringen sind.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Das heißt, nicht nur im Auftrag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, sondern auch für den Untersuchungsausschuss hat Kollege Achatz diese Aktensichtung vorgenommen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ja.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): In welcher Form hat Ihnen Kollege Achatz berichtet?

Mag. Wolfgang Sobotka: Kollege Achatz hat mir berichtet, dass zuerst einmal zwei Leermeldungen abgegeben wurden, und dann, dass er den Akt gefunden hat und ihn weitergeleitet hat.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Ist Ihnen bekannt, dass der Verfassungsgerichtshof im September 2018 ein Erkenntnis bekannt gegeben hat, nach dem auch abstrakte Zusammenhänge mit dem BVT - -, dass auch diese Akte vorzulegen sind?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich denke, dass es klar war, dass wir auch dann noch einmal nachgesucht haben, ein viertes Mal, um diesen Aufforderungen zu entsprechen.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Also viermal ist nachgesucht worden? Kann ich das so festhalten? Und wann war das vierte Mal? Oder können Sie mir sagen, wann das letzte Mal war?

Mag. Wolfgang Sobotka: 12. Februar 2019.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): 12. Februar 2019. – Das ist der Zeitpunkt, als dieser Kabinettsakt dann auch aufgetaucht ist und vorgelegt worden ist?

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein, der Kabinettsakt ist schon früher gesucht worden, der ist bereits am 18. Juli dementsprechend der WKStA übermittelt worden.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Der WKStA, jawohl, nicht dem Untersuchungsausschuss.

Ich möchte Ihnen ein Dokument vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Es handelt sich um das Tagebuch der Frau Schmudermayer von der WKStA. Es ist ein AV vom 19.1.2018. Das ist das Dokument mit der Nummer 1079, Seite 26.

Ich möchte zum letzten Absatz kommen, und jetzt ist eine Frage von mir: Da steht in der zweiten Zeile des letzten Absatzes: „Es bestehe im BMI ein Achse Treibenreif – Kloibmüller - Kloibmüller (Frau) [...]“. – Haben Sie Wahrnehmungen zu so einer Achse?

Mag. Wolfgang Sobotka: Dass sich Leute durch langjährige Berufserfahrung kennen, ist unbenommen. Was heißt „Achse“? Ich kann mit dem nichts anfangen.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Das ist eine - - Das muss man dazusagen: Dieser Aktenvermerk ist über ein Gespräch des Herrn Mag. Goldgruber mit Frau Schmudermayer und Herrn Mag. Wolfgang Handler. Da stellt er diese Achse fest.

Meine Frage ist: Haben Sie Wahrnehmungen darüber, in welcher Form es Kontakt zwischen diesen Personen gibt?

Mag. Wolfgang Sobotka: Na ja, Treibenreif ist Chef der Cobra und so gesehen ein ganz wesentlicher Exponent der Polizei. Daher gibt es natürlich immer einen Kontakt mit dem Generaldirektor für öffentliche Sicherheit und natürlich auch mit dem Kabinettschef.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Mit dem Kabinettschef ja. Meine Frage ist: Welche Funktion hatte Frau Kloibmüller in Ihrem Kabinett?

Mag. Wolfgang Sobotka: Meines Wissens war sie Assistenz beim Generaldirektor für öffentliche Sicherheit.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Aber nicht in Ihrem Kabinett?

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Ich möchte Sie da noch etwas weiterführen, und zwar beschreibt Goldgruber etwa in der Mitte – er ist jener, der diese Aussagen trifft –: „Er habe den Eindruck, es herrsche“ große „Nervosität im BMI weil abgewartet werde [...].“ Und dann sagt Goldgruber weiter: „Er selbst habe auch gesehen, dass [...] metallkistenweise geschreddertes Papier“ entsorgt wurde, wegtransportiert wurde.

Können Sie uns beschreiben, Herr Präsident, wie diese Amtsübergabe an das neue Kabinett erfolgt ist? Können Sie uns Wahrnehmungen dazu beschreiben, was es mit diesem „metallkistenweise geschreddertes Papier“ auf sich hat?

Mag. Wolfgang Sobotka: Also die Amtsübergabe war, wie es sich ordnungsgemäß gehört, eine sehr feierliche Amtsübergabe. Die Mitarbeiter haben ihre Büros geräumt. Das ist in einer Zeit passiert - - Ich habe keine Wahrnehmung, was geschreddert wurde und was nicht geschreddert wurde oder was transportiert wurde. Ich habe meinen Kasten ausräumen lassen und demensprechend drei oder vier Übersiedlungskisten gepackt, und das war’s.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Kollege Androsch, die Redezeit ist erschöpft.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Schade. – Danke.

*****

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Herr Nationalratspräsident! Eine kurze abschließende Frage: Ihr ehemaliger Kabinettschef Kloibmüller wird im Zusammenhang mit Herrn Möllner, alias Mauss, alias Schneider, und der UBS Luxembourg erwähnt.

Wissen Sie, inwiefern Herr Kloibmüller mit Herrn Möllner zu tun hatte? Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe die Sache jetzt erst in dem Akt gesehen und wusste das auch vorher nicht. Das war genau in dieser Zeit der Amtsübernahme.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Danke. Ich habe keine weiteren Fragen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Haben Sie Wahrnehmungen zu parteipolitisch motivierten Postenbesetzungen im BVT oder zu mit dem BVT in Verbindung stehenden Stellen im BMI während des Untersuchungszeitraums?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich glaube, dass wir immer danach Posten besetzt haben, welche Leute sich beworben haben, Hausbesetzungen externen vorgezogen haben und die Besten zum Zug kommen haben lassen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wie war Ihre Beziehung zu Michael Kloibmüller?

Mag. Wolfgang Sobotka: Sie war und ist eine gute.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Worauf basierte Ihr Vertrauen, das Sie vorher bezüglich Ihrer Beziehung zu Kloibmüller aussprachen?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich hätte mich nie beschweren können, dass ich in irgendeiner Form nicht ins Vertrauen einbezogen worden wäre, er hat gewisse Dinge natürlich als Kabinettschef selbstständig erledigt, - - bei den wesentlichen Dingen immer wieder informiert gewesen. Er hat sehr vieles auf sich genommen, war sehr erfahren. Und er hat daher als Mitarbeiter ein ungeheures Wissen, fachliches Wissen, gehabt. Er war selbst Polizist, hat nachher studiert, war Jurist; also ein exzellenter Mitarbeiter, dem ich auch vertraut habe und vertraue.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sagt Ihnen das Kürzel rot-weiß-rot etwas?

Mag. Wolfgang Sobotka: Na ja, die Fahne für Österreich, aber sonst nichts.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, Sie kennen nicht die umfangreiche Berichterstattung über die von oben bis unten durchorchestrierte Umfärbung des BMI unter der Ära Strasser, an der Kloibmüller wesentlich beteiligt war?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich glaube, zum Untersuchungszeitraum wird das wohl nicht mehr gehören, oder?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber Kloibmüller schon, und er war ja schließlich unter Ihnen auch noch tätig.

Mag. Wolfgang Sobotka: Unter meiner Ägide war er tätig. In meiner Zeit war das aber ein sehr exzellentes Verfahren. Alle Personen, die vorgeschlagen wurden – waren bei manchen Positionen mehrere –, wurden auch letzten Endes sorgfältig ausgewählt und dann besetzt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Natürlich. Aber die Frage ist, wem man sein Vertrauen schenkt. Deswegen wollte ich wissen, ob Sie über diese Berichterstattung informiert waren.

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich denke, ich habe genügend an Erfahrung, dass ich einen Mitarbeiter, der in meinem Kabinett arbeitet, auch einschätzen kann.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wissen Sie, warum er plötzlich nach dem Regierungswechsel das Innenministerium verlassen hat?

Mag. Wolfgang Sobotka: Na, es ist ein Wunsch gewesen, sich zu verändern. Das hat er schon früher einmal von sich gegeben. Er ist ja auch als Kabinettschef gegangen, obwohl kein Grund - - Ich hätte ihn gerne weiterbehalten. Er hat einfach gesagt, ich bin lange genug in dieser Position. Das müssen Sie aber ihn selbst fragen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das Konvolut ist während Ihrer Amtszeit aufgekommen und die WKStA hat während Ihrer Amtszeit begonnen, dazu zu ermitteln. Sie haben gemeint, es ist Ihnen bis heute nicht bekannt.

Mag. Wolfgang Sobotka: Ich weiß auch nicht, welches Konvolut Sie ansprechen. Es wird überall irgendwo zitiert. Ich hätte es gerne einmal (Abg. Krisper: Ja, ich kann es Ihnen schicken!) gesehen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Gerne.

Ich lege das Dokument mit der Nummer 1067, Seite 92, vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: 10 Sekunden noch, Frau Kollegin!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Da schreibt schließlich Achatz am 5. Dezember 2017 an das BMJ und fragt nach, ob das Verfahren zum Konvolut eingestellt ist.

Ist Ihnen ein derartiges Vorgehen bekannt? (Auskunftsperson Sobotka – im vorgelegten Schriftstück lesend –: Moment! Wart! Wart! Moment!) – Sie können gerne lesen.

Mag. Wolfgang Sobotka: Was ist das für ein E-Mail, das Sie mir gegeben haben? Welche Seite betrifft das? 93 oder 92?

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Eine letzte Frage noch!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (erheitert): 92, und es geht um das Verfahren rund um das Konvolut. Es wurde im Dezember 2017 die Frage aus Ihrem Kabinett an das BMJ gerichtet, ob das Verfahren eingestellt ist.

Mag. Wolfgang Sobotka: Wo ist das? Ich kann es nicht sehen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): 12.05 Uhr. (Auskunftsperson Sobotka: Unten stehen - -!) – Niedrist an Pilnacek, 5.12.2017.

Mag. Wolfgang Sobotka: Wer ist die „Liebe Ilse-Maria“? Die ist mir nicht bekannt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ach! Ich stelle die Fragen und habe leider keine Zeit mehr und frage: Ist Ihnen bekannt, abseits des Dokuments - ‑

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Frau Kollegin! Sie haben die Redezeit schon überzogen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ist Ihnen bekannt, dass hier vonseiten Ihres Kabinetts nachgefragt wurde?

Mag. Wolfgang Sobotka: Mir ist das weder bekannt, noch habe ich das jemals gesehen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Kurz und abschließend: Wir haben hier KBM-Aufträge – wir haben das in der ersten Runde besprochen (Auskunftsperson Sobotka: Ja!) – vom 3. August 2017, 13. November, zwei vom 16. November, einen am 20. November, einen am 24. November.

Sind diese KBM-Aufträge, die sich immer auf Programme beziehungsweise Verhandlungsinhalte beziehen, in Ihrem Namen gegeben worden?

Mag. Wolfgang Sobotka: All das, was zu dem Zeitpunkt geschehen ist, als die Wahl vorbei war und es Koalitionsverhandlungen inhaltlicher Natur gegeben hat, ist aus meinem Kabinett gekommen und auch letzten Endes von mir als solches gesehen worden. Und zu der Zeit davor habe ich hinlänglich Auskunft gegeben.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja. – Einzige letzte Feststellung: Sowohl vor der Wahl als auch nach der Wahl können wir anhand der Akten feststellen, dass die Aufträge, die in Ihrem Namen als KBM-Aufträge mit hoher Dringlichkeit erteilt worden sind, allesamt von Beamten des BVT für die ÖVP, für ihr Wahlprogramm und für den Innenminister erfüllt worden sind. – Danke.

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein, das muss ich zurückweisen. Herr Abgeordneter, das stimmt so nicht! In dieser Situation finden Sie weder im Wahlprogramm der ÖVP etwas wieder. Bleiben Sie dabei! Das findet sich nicht wieder. Das findet sich in einem E-Mail, aber keine Außenwirkung in dieser Form. Und es ist ganz klar, dass in der Verantwortung eines Ministers er letzten Endes auf Experten zurückgreift, wenn es darum geht, in Koalitionsverhandlungen inhaltliche Positionierungen dementsprechend zu organisieren.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Kollege Amon, weitere Fragen?

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Keine Fragen.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Herr Kollege Krainer gelangt zu Wort. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ob Sie die Antwort im Wahlprogramm verwenden, ist irrelevant. Die Frage ist, ob Sie den Auftrag erteilen lassen, fünf Punkte für das Wahlprogramm der ÖVP schreiben zu lassen. Das ist ja der Vorwurf.

Kennen Sie den Rechtsschutzbeauftragten im BMI? Haben Sie persönliche Gespräche mit ihm geführt?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das gehört zu meinen Aufgaben dazu.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Regelmäßig?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist mir jetzt nicht erinnerlich in welchen Zeitabschnitten, aber mehrere.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hat er jemals vom BVT, von rechtswidrigen oder nicht ganz rechtlich konformen Vorgehensweisen berichtet?

Mag. Wolfgang Sobotka: Mir erinnerlich ist das Gegenteil, dass er alle Vorgänge immer sehr, sehr positiv beschrieben hat und alle Usancen, die die Rechtsnorm vorschreibt, auch eingehalten wurden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Er hat niemals gegenüber Ihnen geäußert, dass Vorschriften nicht eingehalten wurden?

Mag. Wolfgang Sobotka: Ist mir wirklich nicht erinnerlich. Also ich kann mich nur erinnern, dass - - Und ich habe oft lange mit ihm gesprochen, weil mir das auch wichtig ist, dass der Rechtsschutzbeauftragte hier lückenlos, auch gerade in so sensiblen Situationen wie damals gegen islamistische Einsätze, auch wirklich alles klarlegt. Sie können sich an den Fall Lorenz K. und folgende erinnern. Das war ganz wesentlich, dass das im Abstand – ich glaube, es ist halbjährlich oder jährlich gewesen – dementsprechend auch von ihm überprüft wird.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie waren eineinhalb Jahre Innenminister, stimmt das?

Mag. Wolfgang Sobotka: In etwa.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Im Staatsarchiv sind 89 Ordner von Ihrem Kabinett, stimmt das?

Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist die numerische Zahl, die mir mitgeteilt wurde; ich habe es selbst nicht überprüft.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie persönlich diese Akten durchgesehen, um zu schauen, was dem Untersuchungsausschuss zu liefern ist?

Mag. Wolfgang Sobotka: Nein, ich habe schon angeführt, das hat Kollege Achatz gemacht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wir sind, nachdem das bereits vier Mal durchgesehen wurde, draufgekommen, dass offensichtlich noch immer nicht alle Akten, die den Untersuchungsausschuss betreffen, geliefert wurden. Wieso liefern Sie nicht einfach die 89 Ordner und wir suchen uns das raus, was verfahrensgegenständlich ist?

Mag. Wolfgang Sobotka: Noch einmal: Ich habe alle Akten geliefert, wo mir klar ist, dass sie mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun haben – da ist kein Akt nicht geliefert worden (Abg. Krainer: Wie viele Akten haben Sie persönlich angesehen?) – und die ich dementsprechend auch zu liefern hatte (Abg. Krainer: Wie viele haben Sie persönlich angesehen?), in dieser - -, ab dem 25. - -, ab dem 11.1.2019.

Die Akten, die ich selbst angesehen habe: der letzte Akt, der dann gekommen ist.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Kollege Krainer, die Redezeit ist abgelaufen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist der einzige Akt, den Sie angesehen haben?

Mag. Wolfgang Sobotka: Sonst sind keine gekommen. Ich kann nur einen Akt ansehen, der gekommen ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, Sie können nur bestätigen, dass Sie einen einzigen Akt gesehen haben und von den anderen gar nicht wissen, ob sie verfahrensrelevant sind oder nicht.

Mag. Wolfgang Sobotka: Also ich glaube, das Vertrauen in einen Mitarbeiter zu haben, der letzten Endes auch alles genau vorzulegen hat – das ist wohl klar. Ich muss auch sagen, ich kenne keinen Minister, der selbst Akten ablegt, durchsucht, aber wenn Sie mir einen nennen, werde ich mir gerne ein Beispiel dlaran nehmen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Fekter! Fekter!

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Kollege Krainer, die Redezeit ist abgelaufen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Fekter hat persönlich durchgeschaut und geliefert – daran sollten Sie sich wirklich ein Beispiel nehmen!

Mag. Wolfgang Sobotka: Aus ihrem Handakt. (Abg. Krainer: Nein, aus dem Kabinettsakt!) – Aus einem Handakt. Reden Sie noch einmal mit ihr! (Abg. Krainer: Persönlich die Kabinettsakten durchgegangen!) Reden Sie mir ihr: aus ihrem Handakt, nicht aus den Kabinettsakten. (Abg. Krainer: Sie war persönlich im Staatsarchiv ...!) – Aus ihrem Handakt, ja! Ich habe keinen Handakt gehabt.

*****

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Ich glaube, wir können die Diskussion an dieser Stelle abbrechen.

Da die nach der Verfahrensordnung vorgesehene Befragungsdauer noch nicht erschöpft ist, frage ich abschließend den Herrn Verfahrensrichter, ob er noch ergänzende Fragen an die Auskunftsperson richten möchte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Nein, danke schön.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Danke, Herr Verfahrensrichter.

Da keine weiteren Fragen mehr vorliegen, erkläre ich die Befragung der Auskunftsperson Mag. Sobotka für beendet. – Herr Präsident, ich bedanke mich für Ihr Erscheinen. (Auskunftsperson Sobotka: Gerne!)

*****