66/KOMM XXVI. GP
Kommuniqué
des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem "Eurofighter Typhoon" von Anfang 2000 bis Ende 2017 (1/US XXVI.GP)
Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Wolfgang Peschorn in der 4. Sitzung vom 06. September 2018
Der Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem "Eurofighter Typhoon" von Anfang 2000 bis Ende 2017 hat in seiner 11. Sitzung am 15. November 2018 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VOUA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Wolfgang Peschorn zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.
Wien, 2018 11 15
Mag. (FH) Maximilian Unterrainer Anneliese Kitzmüller
Schriftführer Vorsitzende
Untersuchungsausschuss
zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ von Anfang 2000 bis Ende 2017

Stenographisches Protokoll
4. Sitzung/medienöffentlich
Donnerstag, 6. September 2018
10.03 Uhr – 16.43 Uhr
Lokal 7
Befragung der Auskunftsperson Präsident Dr. Wolfgang Peschorn
Vorsitzender Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Sitzung wird nunmehr medienöffentlich fortgesetzt.
Ich begrüße wieder recht herzlich die Damen und Herren Medienvertreter und darf darauf hinweisen, dass Ton- und Bildaufnahmen nicht gestattet sind.
Wie zuvor darf ich nun das Wort an den Verfahrensrichter zur Belehrung und Durchführung der Erstbefragung weitergeben. – Bitte sehr, Herr Dr. Rohrer.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Herr Präsident Peschorn! Ich darf Sie hier herzlich begrüßen. Sie haben ja mit der Ladung die Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten erhalten. Ich fasse sie daher nur ganz kurz, der guten Ordnung halber, zusammen:
Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ als Auskunftsperson zum Beweisthema I – Unzulässige Zahlungsflüsse – angehört.
Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich darauf hin und betone insbesondere, dass Sie verpflichtet sind, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Weiters weise ich Sie auf die Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin.
Sie haben jetzt die Möglichkeit, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die eine Gesamtdauer von 20 Minuten bitte nicht überschreiten sollte. Wollen Sie das tun? (Die Auskunftsperson bejaht dies.) – Bitte sehr.
Dr. Wolfgang Peschorn: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Verfahrensrichter! Sehr geehrter Herr Verfahrensanwalt! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich meinem Einleitungsstatement ein paar Bemerkungen über meine Person selbst voranstelle. Es sind hier auch neue Gesichter, manche kennen mich vielleicht noch nicht. Außerdem gibt es natürlich immer wieder Dinge, die in der Öffentlichkeit nicht ganz richtig transportiert werden.
Ich bin 53 Jahre alt. Ich bin seit 27 Jahren im Anwaltsdienst in der Finanzprokuratur tätig, habe dort die Rechtsanwaltsprüfung und auch die Prüfung für den Prokuraturdienst abgelegt und bin im 13. Jahr Präsident und Leiter der Finanzprokuratur. In dieser Zeit – nicht nur in den 27 Jahren, sondern vor allem in den bald 13 Jahren – sind sehr viele Dinge vorgefallen. Ich erinnere an die Bawag, die auf meinem Tisch gelandet ist und zu retten war, an das zehnjährige Jubiläum, das wir bald haben, der Lehman-Pleite und das ganze Bankenpaket, das daran angeschlossen hat, und vor allem an viele Dinge im Zusammenhang mit der Causa Hypo, die ja hier bereits im Parlament im Rahmen eines Untersuchungsausschusses aufzuarbeiten versucht worden ist – und in diesem Zusammenhang vor allem an Gerüchte, Unterstellungen und Zuweisungen von Dingen, die angeblich die Finanzprokuratur zu verantworten hatte und, wie sich Gott sei Dank dann im Rahmen des Ausschusses herausgestellt hat, nicht richtig waren.
Das alles gehört zum Job eines Anwalts und Beraters der Republik dazu: dass man auch solche Anschuldigungen, die aus dem Off kommen, wie es so schön heißt, aushält, im Interesse nämlich nicht nur der Republik, sondern insbesondere der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen.
Vor Ihnen sitzt aber kein Mensch, der eindimensional nur ein Jurist ist. Ich habe auch eine Ausbildung zum Klarinettisten durchgemacht und schätze daher die klassische Musik. Ich war jahrelang Kammermusiker und auch Orchestermusiker, hatte leider nicht das Vergnügen, unter dem Herrn Präsidenten zu spielen – möglicherweise hätte das auch gar nicht gut funktioniert angesichts meiner Kenntnisse, aber wie auch immer, die Musik ist ein wichtiger Bestandteil. Es ist daher auch eine große Chance, wenn man nicht nur den Gerichtssaal von innen kennt, sondern auch den Konzertsaal, und weiß, wie es ist, sich zu präsentieren, präsentieren zu müssen.
Das alles ist natürlich auch an meiner Familie nicht spurlos vorübergegangen. Meine drei Töchter haben mich am Abend oft nicht gesehen und manches nur aus den Zeitungen miterlebt oder sind von Freundinnen darauf angesprochen worden. Sie haben mich gefragt: Was ist denn da wirklich los, Papa? Hast du wirklich den großen Fehler bei der Hypo gemacht? – Wir wissen: Wir haben keinen Fehler gemacht; das haben andere getan.
Was sind die Herausforderungen bei der Vertretung der Republik Österreich, der Interessen der Steuerzahler? – Das ist aus meiner Sicht nicht nur spezifisch das Fachwissen über das Regelwerk der Republik selbst – denken Sie ans Haushaltsrecht, denken Sie an andere Voraussetzungen, die gerade im letzten Untersuchungsausschuss der vergangenen Legislaturperiode diskutiert wurden und wo dann Rechtsexperten, die von außen kommen, oft vollkommen ahnungslos sind, nicht deswegen, weil sie fachlich unqualifiziert sind, sondern, weil sie mit diesen Dingen oft praktisch nichts zu tun haben –, aus meiner Sicht ist es auch ganz wichtig, dass der Staat über Einrichtungen verfügt, die gegen Einflussnahmen von außerhalb immun sind. Und solche Einflussnahmen, das kann ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren, habe ich in den letzten Jahrzehnten genug gesehen. Auch auf meine Person wurde Druck auszuüben versucht, aber es ist wichtig, diesem Druck zu widerstehen.
Deswegen habe ich mich durchaus gefreut, als ich die Feststellungen und den Bericht des letzten Untersuchungsausschusses, der eben aufgrund der Beendigung der Legislaturperiode abgeschlossen werden musste, gelesen habe: weil sie sich im überwiegenden Ausmaß mit meiner Erinnerung und mit meiner Wahrnehmung zu den Vorkommnissen in den Jahren 2007, 2008 gedeckt haben.
Ich weiß, dass Interesse an der Frage besteht, was die sogenannte Taskforce Eurofighter getan hat. Wegen des Interesses wurde auch meine Person auf mein Ersuchen hin vom Bundesminister für Landesverteidigung diesbezüglich von der Verschwiegenheit entbunden, sodass ich Ihnen auch diesbezüglich, soweit es um Ihnen bekannte Aktenstücke geht, insbesondere aus dem Akt der Staatsanwaltschaft Wien, Auskunft geben kann und Auskunft geben will.
Jeder in Österreich kennt den Taskforcebericht aus dem Februar 2017, in dem in kompakter Form das zusammengefasst worden ist, was die sogenannte Taskforce Eurofighter in den Monaten davor in sehr aufwendiger Arbeit zusammenzutragen versucht hat.
Mir ist nicht unbekannt, dass manche meinen, na ja, die hat fünf Jahre lang untersucht, das ist vielleicht ein bisschen dürftig, aber das ist nur die eine Seite – ein Bericht hat aus meiner Sicht kompakt und nicht ausschweifend die Dinge darzustellen –; die andere Seite ist, dass man nach Untersuchungen und nach einem solchen Bericht auch Konsequenzen zieht. Die Konsequenz, die gezogen worden ist, war, die Sache den unabhängigen Strafbehörden zu übergeben, mit einer substanziierten Sachverhaltsdarstellung und einem Privatbeteiligtenanschluss. Es ist nun ganz eindeutig Sache der Justiz, in dieser Angelegenheit weiter Licht ins Dunkel zu bringen.
Ich muss trotzdem noch einmal darauf hinweisen: Es ist dies – nämlich das, was die Taskforce Eurofighter, letztendlich unter der Verantwortung des damaligen Bundesministers Mag. Doskozil, getan hat – das erste Mal gewesen, dass in dieser Causa Eurofighter, die seit über 15 Jahren eigentlich immer wieder in wechselhafter Intensität die Öffentlichkeit beschäftigt, auch etwas getan wurde, um bei der Frage weiterzukommen: Hat es da nun wirklich strafrechtlich relevante Vorwürfe gegeben oder nicht?
Sie kennen die Empfehlungen, die im Taskforcebericht enthalten sind. Frage: Wurden diese Empfehlungen umgesetzt? – Ja: erstens Strafanzeige erstattet, zweitens auch ein Projekt namens „Compliance – Saubere Beschaffungen“ gestartet, zu dem zunächst einmal die Finanzprokuratur Überlegungen angestellt hat, die auch heute noch öffentlich abrufbar auf der Homepage des Verteidigungsressorts zusammengefasst sind. Es geht aber weiter. Diese Empfehlungen der Finanzprokuratur sind derzeit im Verteidigungsressort in Umsetzung begriffen.
Wenn ich jetzt mein Einleitungsstatement schließe, dann möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass die Verwaltung und ich als Teil der Verwaltung – Finanzprokuratur, als Anwalt und Berater der Republik – im Rahmen dessen, was möglich ist, seit Jahren bemüht sind, Licht ins Dunkel zu bringen, auch Ansprüche der Republik Österreich durchzusetzen. Sie wissen, es geht hier um 184 Millionen, nach oben offen, sage ich einmal. Das ist natürlich auch eine sehr herausfordernde Aufgabe. Worum ich Sie ersuche, ist, hier bei Ihren Fragen und auch bei Ihren Beurteilungen zu berücksichtigen, dass die Auseinandersetzung mit einem Weltkonzern, um die es hier letztendlich geht, auch erfordert, dass beide Seiten - - und dass daher auch die Seite der Republik Österreich geschlossen auftritt, mit einer Stimme spricht und nicht im Hintergrund vielleicht Dinge laufen, so wie in der Vergangenheit, die letztendlich das Ziel, dem Steuerzahler und der Steuerzahlerin das bestmögliche Ergebnis und eine Schadenswiedergutmachung zu bringen, unterlaufen.
In diesem Sinne freue ich mich auf die Befragung und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Herr Präsident Peschorn, ich danke für Ihr Einleitungsstatement und kann bestätigen, dass ich Ihrer Meinung voll beitrete. Ich bin aber vor allem auch deshalb dankbar für Ihre Worte, weil ich jetzt weiß, dass Sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bereits in der Finanzprokuratur gearbeitet haben. Daher ist meine erste Frage im Rahmen der Erstbefragung, ob Ihrer Erkenntnis nach zur Zeit des Abschlusses des ersten Kaufvertrages beziehungsweise in der Zeit davor die Finanzprokuratur in irgendeiner Form beigezogen wurde.
Dr. Wolfgang Peschorn: Die Finanzprokuratur war damals ganz punktuell zu einzelnen Fragestellungen beigezogen – nicht zur Verhandlung! Auch das habe ich übrigens einem Plenarprotokoll entnommen, dass hier das Thema im Raum stand, dass die Prokuratur damals verhandelt hat. – Nein, das hat sie nicht.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Nur zu einzelnen Rechtsfragen?
Dr. Wolfgang Peschorn: Zu einzelnen ganz konkreten Fragestellungen auf Anruf des Herrn Mag. Wall, der damals diese Verhandlungen für das Bundesministerium für Landesverteidigung geführt hat.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Sie geben mir gleich das nächste Stichwort: diese beiden Einfügungen, offenbar unter der Ägide von Herrn Mag. Wall, in den Kaufvertrag – einerseits die Ersetzungsbefugnis, für Tranche 2 kann man auch Tranche 1 liefern, und andererseits dieser Punkt 4 in den Verhaltensregeln, dass für das Verhalten dritter Personen nicht gehaftet wird.
Meine Frage dazu: Haben Sie während Ihrer Tätigkeit vor allem auch für die Taskforce, aber auch sonst Erkenntnisse gewonnen, wie diese beiden Bestimmungen, die uns –hauptsächlich Ihnen und auch allen anderen – im Nachhinein wirklich viel Arbeit gemacht haben, in diesen Vertrag hineinkamen?
Dr. Wolfgang Peschorn: Zur ersten Bestimmung, Sie meinen die sogenannte Ersetzungsbefugnis: Die Erkenntnis ist die, dass das offenbar auf Zuruf von unserem Vertragspartner Eurofighter Jagdflugzeug GmbH respektive Airbus passiert ist. Der genaue Hergang ist mir unbekannt.
Die zweite Frage, die Sie gestellt haben, war nach den Verhaltensregeln. Dazu kann ich nichts sagen.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Wir haben jetzt auch die Frage der Finanzierung aufgeworfen, die ja mit ein Teil der Bewertungskommission und des Zuschlags an Eurofighter war. Haben Sie sich mit dieser Finanzierung auseinandergesetzt? Und: Sind Sie der Meinung, dass jene Finanzierung, die dann schlussendlich vom Bundesministerium für Finanzen vorgeschlagen und auch durchgeführt wurde, wirklich für die Republik vorteilhaft gewesen wäre?
Dr. Wolfgang Peschorn: Sie sprechen die Frage der sogenannten Vorfinanzierung durch die BAWAG P.S.K. an. Da geht es ja immer wieder darum – oder schwebt im Raum –, dass das Vorfinanzierungskosten sind. Meiner Meinung nach sind das Vorfinanzierungskosten des Herstellers, also des Verkäufers, und nicht der Republik Österreich – denn die Republik Österreich refinanziert sich seit Jahrzehnten, wahrscheinlich seit den 70er-Jahren, regelmäßig am Kapitalmarkt, wie wir mittlerweile wissen auch zu recht guten Konditionen, Triple A – und hat diese Vorfinanzierung letztendlich den Kaufpreis von 1,95 Milliarden mit mehr als 200 Millionen Euro belastet und dem Financier – das ist eben die finanzierende Bank – einen wahrscheinlich marktüblichen, aber durchaus zweistelligen Millionenbetrag als Honorar oder als Zinsertrag gebracht.
Für mich ist diese Wahl der Finanzierung daher grundsätzlich weder wirtschaftlich nachvollziehbar gewesen, noch ist der daran anknüpfende Einredeverzicht für die Republik Österreich vorteilhaft gewesen, weil wir letztendlich natürlich aufgrund der Wahl dieses dreipersonalen Verhältnisses nicht mehr in der Lage waren, Zug um Zug - - und letztendlich Gewährleistungs- und sonstige Einwendungen gegenüber den Verkäufern geltend zu machen.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Wie ist es zu dieser Finanzierung gekommen? Wer war da federführend?
Dr. Wolfgang Peschorn: Das kann ich jetzt natürlich nicht abschließend sagen, aber nach den Unterlagen, die ich gesehen habe, ist es letztendlich unter Einbindung des damaligen Geschäftsführers der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur zu einer für mich nicht nachvollziehbaren Auswahl dieses Geldinstitutes, das ich genannt habe, gekommen.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Das heißt also, dieser Zuschlag an Eurofighter ist eigentlich unter anderem auch durch eine für die Republik schlechte Finanzierungsform erfolgt?
Dr. Wolfgang Peschorn: Die Zuschlagsentscheidung – das ist ja das Interessante an dem ganzen Ablauf – ist ja bereits ein Jahr davor erfolgt. Die Zuschlagsentscheidung, die im Jahr 2002 erfolgt ist, wurde ja im Jahr 2003 finalisiert, und richtigerweise ist vor Vertragsunterfertigung im Sommer 2003 noch diese sogenannte Vorfinanzierung abgeschlossen worden. Auf die Zuschlagsentscheidung selbst hat das in dem Sinn keinen Einfluss gehabt.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Meine letzte Frage: Wir haben hier ein Netzwerk von Brokern und Subbrokern, alles hauptsächlich um die Firma Vector herum, und kein Mensch weiß, wo diese Gelder, diese 185 Millionen Euro insgesamt, hingekommen sind.
Können Sie abschätzen – es hat ja einige wahre Leistungen auch gegeben –, wie das Verhältnis zwischen erbrachten Leistungen und nicht feststellbaren Entgelten, die da geflossen sind, ist?
Dr. Wolfgang Peschorn: Da muss ich nachfragen: Welche Leistungen meinen Sie? Meinen Sie die Leistungen sozusagen der Vermittlungstätigkeit?
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Der Vermittlungstätigkeit.
Dr. Wolfgang Peschorn: Na ja, da muss ich ehrlicherweise sagen, ich habe keine echten Vermittlungsleistungen feststellen können. Es war jetzt auch nicht primär unsere Aufgabe, weil sich die Aufgabe der Taskforce Eurofighter, die im Verteidigungsressort angesiedelt war, auf den Wirkungsbereich des Verteidigungsressorts zu beschränken hatte. Die Gegengeschäfte, die Abwicklung und die Vertragsgestaltung, fielen und fallen in den Bereich des Wirtschaftsressorts. Dort gab es meines Wissens eine eigene Taskforce.
Das, was wir gesehen haben, ist allerdings, dass von dem von der Republik Österreich gezahlten Kaufpreisteilbetrag in der Höhe von 184 Millionen, der direkt zur Eurofighter Jagdflugzeug geflossen ist, letztlich, nachdem die 184 an Airbus überbunden wurden, 114 Millionen von Airbus zum Vector-Netzwerk gegangen sind. Die Staatsanwaltschaft München, die für uns wahrscheinlich hier auch unbestechlich ist, hat von einem Ausschleusen von Geldern gesprochen, deren Gegenleistung unbekannt ist. Wir wissen ja – und das wird noch zur Sprache kommen –, dass letztendlich Airbus dafür ein Bußgeld von 81 Millionen akzeptiert hat.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Letzte Frage: Es ging also diese Verpflichtung zu den Gegengeschäften erst von EF zu EADS und von EADS zu Vector. Der erste Übergang wurde noch mitgeteilt. Wurde der zweite Übergang dieser Gegengeschäftsverpflichtung an Vector irgendeiner Behörde in Österreich mitgeteilt?
Dr. Wolfgang Peschorn: Von der sogenannten Überbindung, wenn man überhaupt davon sprechen will, von Airbus zu Vector hat meines Wissens niemand in Österreich offiziell Kenntnis erlangt. Letztendlich sind diese Dinge bekannt geworden durch Gianfranco Lande, die Verhaftungen et cetera, also alles das, was im Jahr 2012 dann zur Einsetzung der Taskforce Eurofighter durch den damaligen Bundesminister Darabos aufgrund meiner Empfehlung geführt hat.
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Ich danke Ihnen vielmals. (Auskunftsperson Peschorn: Bitte!) Danke, Herr Präsident!
*****
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, herzlichen Dank!
Ich darf nun den Fragereigen beginnen und in der ersten Fragerunde Herrn Abgeordnetem Unterrainer das Wort erteilen. – Bitte sehr.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Verfahrensrichter! Herr Präsident Peschorn! Sie sind seit 1991 in der Finanzprokuratur, wie Sie selbst gesagt haben, und seit 2006 der Leiter dieser. Ab wann sind Sie denn mit der Thematik Eurofighter grundsätzlich beschäftigt gewesen, mehr oder weniger?
Dr. Wolfgang Peschorn: Seit 2007, wie ich schon im letzten Ausschuss mitgeteilt habe. Letztendlich habe ich dem damaligen neuen Minister Darabos und seinem Kabinettchef die Mitteilung gemacht, es gibt die Finanzprokuratur, wir können unterstützen, weil damals ja öffentlich bekannt war, dass man Bestrebungen hat, aus dem Kaufvertrag auszusteigen. Seit diesem Zeitpunkt waren wir in wechselhafter Geschichte in wechselhafter Intensität damit befasst; dazwischen immer wieder draußen.
Für den konkreten Anlassfall der Taskforce war das Jahr 2012 entscheidend. Es werden Medienberichte bekannt, dass Gianfranco Lande über ein Vector-Netzwerk in Italien geplaudert hat. Ich habe ein Gespräch mit Herrn Bundesminister Darabos geführt und ihm in diesem Gespräch empfohlen, dass er diesen Anschuldigungen in seinem eigenen Wirkungsbereich nachgeht. Der Ruf nach den Strafbehörden ist immer sehr einfach, aber wenn man zu Hause einen Einbruch feststellt, dann wird man auch einmal nachschauen, ob Schmuck gestohlen wurde oder nicht, und nicht gleich die Polizei holen, um die den Schmuck zählen zu lassen.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Also man hat einmal festgestellt, dass Schmuck gestohlen worden ist.
Bei der Erstbefragung durch den Herrn Verfahrensrichter haben Sie ja schon festgestellt, dass die Finanzprokuratur sehr wohl bei der Erstellung der Ursprungsverträge, des ersten, des zweiten Vertrages, der Gegengeschäftsverträge mehr oder weniger involviert war beziehungsweise zu bestimmten Punkten befragt wurde und die Meinung der Finanzprokuratur dann auch berücksichtigt wurde.
Glauben Sie, dass sie genügend berücksichtigt wurde, oder wäre es damals schon sinnvoller gewesen, mehr auf die Finanzprokuratur zu hören?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich muss Sie leider in diesem Punkt etwas abändern, um nicht zu sagen, korrigieren. Die Finanzprokuratur wurde bei dem Kaufvertrag nicht in der Weise eingebunden, wie es üblich sein sollte, wenn man einen Anwalt beizieht, den mitverhandeln lässt et cetera. – Das ist der eine Punkt.
Ich glaube – das ist natürlich alles hypothetisch –, niemand ist in der Lage, alle Dinge zu überblicken, aber aus dem Wechselspiel zwischen jemandem, der etwas Bestimmtes will, also einen Kaufgegenstand erwerben will, und einem Anwalt und sonstigen Berater kann man natürlich die Qualität des Vertragswerkes entscheidend verbessern. Ich glaube, da ist bei der Republik Österreich immer Luft nach oben.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Das heißt eigentlich, das Nichteinbinden war fast ein Versäumnis der damaligen Regierung, wenn man so will.
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe in meinem Einleitungsstatement nicht darauf hingewiesen – was mir immer wichtig ist –, was die gesetzlichen Grundlagen für das Einschreiten der Prokuratur sind. Ganz entscheidend ist einmal, dass in der rechtlichen Beratungstätigkeit jedes oberste Organ frei ist; es kann uns beiziehen, muss uns aber nicht beiziehen, weil die Sachkunde selbst vorhanden ist oder weil die Sache es nicht rechtfertigt. Es obliegt nicht mir, hier in diesem Zusammenhang Kritik zu üben.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Aber es wäre aus Ihrer Sicht sinnvoll gewesen? (Auskunftsperson Peschorn: Bitte?) – Es wäre aus Ihrer Sicht wahrscheinlich sinnvoll gewesen?
Dr. Wolfgang Peschorn: Das kann ich jetzt aus der Ex-ante-Sicht, und die ist hier wahrscheinlich angebracht - - Man kann natürlich festhalten, dass bei einem so großen Beschaffungsvorgang grundsätzlich auch eine Beratung durch einen Anwalt gut ist. Auf der anderen Seite, muss ich schon ergänzen, ist natürlich auch immer die Frage der Struktur der Beschaffung eine nicht unentscheidende, und die stellt sich bei jeder Beschaffung, also die Frage – was besonders von Bedeutung ist –: Warum will ich was wann erwerben?
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Kommen wir zu den Gegengeschäften! – Könnten Sie vielleicht – Sie haben ja selbst gesagt, es sind einige Neue mit an Bord – dem Untersuchungsausschuss kurz erklären oder definieren, was eigentlich ein Gegengeschäft ist. Was zeichnet ein Gegengeschäft wirklich aus?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich kann Ihnen erklären, was ich unter Gegengeschäft kennengelernt habe. Was ein Gegengeschäft wirklich ist? – Da gibt es verschiedene Mutationen bis hin wahrscheinlich zur rechtswidrigen und strafrechtlich relevanten Handlung.
Unter Gegengeschäft in dem Zusammenhang versteht man grundsätzlich, dass sich zu einem Volumen, das in irgendeinem Quotienten zum Kaufvertragsbetrag steht, dritte Personen verpflichten, Geschäfte mit vierten Personen zu machen, die dann als sogenanntes Gegengeschäft anrechenbar sein sollen. Im konkreten Fall ging es um ein Volumen von 4 Milliarden.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Was waren die Kriterien dafür, dass ein Geschäft in diesem Vertrag als Gegengeschäft anerkannt worden ist?
Dr. Wolfgang Peschorn: Dazu muss ich sagen, das betrifft leider das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, wie es jetzt heißt. Wir haben uns mit dieser Frage nicht wirklich beschäftigt. Wir haben uns natürlich mit der Frage beschäftigt, inwiefern das Gegengeschäftsvolumen und die vertragliche Vereinbarung einer Pönale, die im Hauptvertrag Auswirkungen hatte, hier im Zusammenhang stehen. Ob jetzt das einzelne Gegengeschäft – wenn Ihre Frage beispielsweise darauf abzielt – anrechenbar ist oder nicht, kann ich Ihnen in dem Zusammenhang schwer beantworten.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Zu den Gegengeschäften: Wie beurteilen Sie das, wenn man seitens des Verkäufers aktiv auf andere Firmen zugeht und quasi bittet, in Form eines allfälligen Geldflusses im Nachhinein, Geschäfte, die getätigt worden sind, im Nachhinein als Gegengeschäfte einzureichen?
Dr. Wolfgang Peschorn: Sie sprechen für mich die allgemeine und sehr wichtige Frage an, was zuerst da war, zuerst das Gegengeschäft oder zuerst der Kaufvertrag, und vielleicht auch die Frage, ob bei bestimmten Machthabern die Typenwahl, die Typenentscheidung von anderen Kriterien, wie zum Beispiel dem Gegengeschäft, beeinflusst wurde. Das ist eine berechtigte Frage und das ist vor allem auch ein Grund für die Strafanzeige, die das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport seinerzeit eingebracht hat, weil man sich beispielsweise auf Gegengeschäftsvolumina bezogen hat, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gegengeschäftsvertrages ganz offensichtlich bereits vereinbart, finalisiert waren.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Wie schätzen Sie überhaupt den Abschluss von Gegengeschäftsverträgen bei staatlichen Beschaffungsaufträgen und im Besonderen bei Rüstungsgeschäften grundsätzlich ein?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe in meinem Einleitungsstatement schon auf die Empfehlungen der Taskforce und die Umsetzung hingewiesen. Sehr rasch nach den Empfehlungen der Taskforce hat es den Auftrag von Bundesminister Doskozil gegeben, hier auch Empfehlungen für sogenannte saubere Beschaffungen und Compliance zu erstellen. Dem Auftrag bin ich dann nachgekommen. Es gibt diesen Bericht von meiner Seite, und wir haben uns als Finanzprokuratur aus rechtlichen Gründen grundsätzlich gegen Gegengeschäfte im militärischen Bereich ausgesprochen. Das ist in dem Bericht auch hoffentlich klar begründet. Es ist insbesondere rechtlich mit den großen Herausforderungen des Unionsrechtes zu begründen, dass in diesem Bereich solche Gegengeschäfte überhaupt rechtlich zulässig sind; sie sind im Kern unzulässig.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Der Bericht der Finanzprokuratur, den Sie gerade erwähnt haben, Compliance, saubere Beschaffung, war vom 26. Mai 2017 und wiederholte die Feststellung der Taskforce Eurofighter, „dass Gegengeschäfte“ – und da zitiere ich jetzt – „eine Quelle für unredliches Verhalten zu Lastender Republik“ waren.
Hätte diese Gefahr einer unzulässigen Beeinflussung im Beschaffungsprozess bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannt sein können oder vielleicht sogar müssen? Wie sehen Sie das?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, das ist ein allgemeines menschliches Phänomen, dass dann, wenn fremde Interessen bei einer Entscheidung eine Rolle spielen, auch eine Beeinflussung damit verbunden sein kann, und um je mehr Geld es geht, umso wahrscheinlicher wird eine solche Beeinflussung. Daher ist es aus meiner Sicht im Interesse der Republik, Beschaffungsvorgänge von solch potenziellen Einflussmöglichkeiten freizuhalten – dazu gehören natürlich auch Gegengeschäfte oder wirtschaftliche Interessen Dritter – und vor allem für Transparenz zu sorgen, warum etwas wie beschafft wird.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Wir legen Ihnen jetzt ein Schriftstück vor, Nummer 34695. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Sagen Sie uns bitte auch die Seitenzahl!
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Seite 89.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bitte Sie, das allen zur Verfügung zu stellen.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Da geht es darum, dass bereits 2001 – darauf bezieht sich dieses Schriftstück – der Zuständige des Finanzministeriums, Herr Ministerialrat Hillingrathner, darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass Gegengeschäfte für die Republik kein Gewinn wären. – Das ist der zweite Absatz dieser Punktation, die dort angeführt wurde.
Nochmals meine vorhergehende Frage: Hätte das damals schon bekannt sein können oder müssen und hätte das berücksichtigt werden können? – Vielleicht lesen Sie es sich kurz durch. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich kann nur nochmals darauf hinweisen, dass ich – wie ich auch in meinem Bericht, in meinen Überlegungen, die ich aufgrund meiner praktischen Erfahrung und juristischen Kenntnisse selber angestellt und niedergeschrieben habe – meine, dass man Gegengeschäfte grundsätzlich unterlassen sollte, weil sie eben die Gefahr in sich tragen – letztendlich muss sich Gefahr nie verwirklichen, aber sie tragen die Gefahr in sich –, dass es zu einem Interessenkonflikt kommt beziehungsweise fremde Interessen einen Kaufvertragsabschluss mitbeeinflussen.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Was glauben Sie, warum wurde dieses Risiko in Kauf genommen, das Risiko dieser Zahlungsflüsse, dieser Unregelmäßigkeiten und Unredlichkeiten? Welche Interessen standen denn über dem Risiko, womöglich über dem Risiko für die Republik an und für sich?
Dr. Wolfgang Peschorn: Das kann ich Ihnen natürlich jetzt nicht sagen, aber wie ich schon in meinem Einleitungsstatement festgehalten habe und wie auch im Taskforcebericht ausgeführt ist, gibt es natürlich ein Berater- und Interessennetzwerk, das permanent da ist; in jedem Staat, auch in der Republik Österreich. Dieses Berater- und Interessennetzwerk versucht, die Interessen von bestimmten anderen Personen durchzusetzen. Das ist in vielen Fällen legitim, in manchen Fällen wird es strafrechtlich relevant und hat die Republik Österreich dann auch Ansprüche, die sie zum Teil gar nicht kennenlernt, weil auch diese Umtriebe und Ränke, wie es zum Beispiel der Gesetzgeber in der Insolvenzordnung formuliert, gar nicht bekannt werden.
Das passiert weiterhin, auch heute und morgen werden solche Dinge passieren, deswegen kann ich Ihnen nur noch einmal sagen: Mein Rat, meine Empfehlung ist, zu versuchen, die Einflussmöglichkeiten so weit wie möglich zurückzudrängen. Das ist schwierig, weil oft jemand unter dem Deckmantel eines Rechtsanwaltes – oder eines Wirtschaftsprüfers oder eines Lobbyisten – solche Empfehlung weitergibt, was sein gutes Recht ist. Die wenigsten, die von mir hier gemeint sind, sind im Lobbyistenregister eingetragen.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Weil Sie gerade von Lobbyisten und so weiter sprechen: Generalmajor Hamberger hat in seiner Befragung erwähnt, dass es zum Vertrag einen Sideletter gegeben hätte, in dem es sinngemäß um Provisionen in der Höhe von 5 Prozent für Steininger und Plattner gegangen ist. – Ist Ihnen das bekannt?
Dr. Wolfgang Peschorn: Nicht jetzt - - Also peripher, ja. Ja, ich weiß, dass Herr Generalmajor Hamberger das sagt, ja.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Aber Ihnen selber ist dieser Sideletter nicht bekannt?
Dr. Wolfgang Peschorn: Mir ist dieser Sideletter nicht persönlich bekannt.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Okay. In einer Plattform, an der das BMWA, also das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, das BMLV, das BMF, die Arbeiterkammer, die Austrian Business Agency, die Industriellenvereinigung, die Wirtschaftskammer Österreich, das Wifo, der Rat für Forschung und Technologieentwicklung sowie ein Forschungsinstitut der WU teilgenommen haben, ist am 21. Mai 2002 der Eurofighter mit 7 : 3 als Bestbieter, und zwar für den Gegengeschäftsvertrag, ermittelt worden. Es waren drei Stimmen dagegen. – Wissen Sie noch, wer das war, wer dagegen gestimmt hat?
Dr. Wolfgang Peschorn: Nein. Ich habe mich, wie gesagt, mit der Sache nicht im Detail beschäftigt, weil es nicht mein Auftrag war.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Das heißt, die Finanzprokuratur wurde in diesen Prozess, in diesen Entscheidungsprozess, nicht wirklich miteingebunden, oder?
Dr. Wolfgang Peschorn: Wir sind in den Gegengeschäftsprozess überhaupt nicht eingebunden worden.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Wäre es sinnvoll gewesen?
Dr. Wolfgang Peschorn: Wir haben die Überzeugung, dass wir in der Lage sind, guten Rechtsrat zu geben, und daher muss ich diese Frage durchaus mit Ja beantworten. Es kann natürlich auch so sein, dass wir dann die Empfehlung abgeben, solche Verträge zu unterlassen. Das hat auch manchmal dazu geführt, dass man uns von Sachen wieder abzieht. Das war so beim Bankenpaket, das war so bei Eurofighter et cetera.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Das heißt, wir hätten heute keine Eurofighter, oder?
Dr. Wolfgang Peschorn: Da muss ich Sie enttäuschen. Ich habe durchaus verhindern können, der Bank Austria UniCredit 3 Milliarden an Partizipationskapital zu geben, aber andere Banken haben Geld bekommen; manche haben es zurückgezahlt, bei manchen haben wir es verloren.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Jetzt ist diese Gegengeschäftsquote, diese 200 Prozent, eine extrem unübliche Quote. Wenn man von üblich im Gegengeschäftsbereich redet, dann spricht man von einer Quote zwischen 80 und 100 Prozent maximal, und das ist schon etwas sehr Kritisches. Ich erinnere an den ehemaligen Minister Mitterlehner, der gesagt hat, wenn es wirklich funktionieren würde, würde er jeden Tag 100 Eurofighter bestellen. Also war der Glaube daran schon ein relativ geringer, auch seitens einer Regierungspartei.
Wie beurteilen Sie die Situation von Wolfgang Natich, der diese Gegengeschäfte geprüft und abgewickelt hat, dem zwei- oder zweieinhalb Mitarbeiter zur Seite standen? War das überhaupt möglich, diese Verträge zu prüfen, oder hat sich das quasi nur auf formal vollständig bezogen?
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Es sind nur mehr 4 Sekunden.
Dr. Wolfgang Peschorn: Dazu kann ich leider nichts sagen, weil ich selber nicht geprüft habe, aber ganz allgemein: Interessant ist natürlich die Frage, ob die Gegengeschäfte stattgefunden haben, und wenn ja, in welchem Umfang, akademisch betrachtet.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Aber Sie geben mir recht, dass das mit zweieinhalb Personen bei diesem Umfang von 4 Milliarden nicht überprüfbar gewesen ist?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, dass man mit eigenen Ressourcen viel machen kann. Auch wir in der Prokuratur sind nicht immer bestausgestattet hinsichtlich der Anzahl an Mitarbeitern, man kann aber durch Motivation viel wettmachen. Ob die zweieinhalb Menschen diese Motivation aufgebracht haben, kann ich nicht sagen.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Präsident Peschorn, ich bin dankbar, dass Sie dem Untersuchungsausschuss heute zur Verfügung stehen, weil Sie neben Generalmajor Hamberger einer derjenigen sind, die den Ablauf der Vertragswerdung und der Vertragsveränderungen doch sehr gut kennen. Als Anwalt der Republik waren Sie auch in die Erstellung der Anzeige vom Februar vergangenen Jahres involviert. Dazu darf ich Ihnen eine Frage stellen und Ihnen das Dokument Nummer 60 494 auszugsweise vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Die Seitenzahlen, bitte.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Die Seiten 67, ist gleich 68, und 94.
Diese 183,4 Millionen sind ja ein wesentlicher Inhalt der Anzeige und auch des Vorwurfs des Betruges. Wir haben von Generalmajor Hamberger gehört, dass es nicht einfach war, diese Summe zusammenzustellen, sie nachvollziehbar zu machen, dass es aber gelungen sei.
In diesem Auszug aus der Anzeige werden auch Aussagen von Personen genannt. Ein Johann Heitzmann, ein Stefan Moser, eine Gerlinde Honold und ein Walter Schön, die diese Summe bestätigen können, werden dort namentlich erwähnt.
Wie ist Ihre Einschätzung der Berechnung dieser Summe in der Anzeige? Wie kamen wir nach Ihrer Auffassung auf diese Summe, und wie ist das untermauert?
Dr. Wolfgang Peschorn: Wie hier unter der Randziffer 174, also auf Seite 68, steht, bezieht sich diese Aussage insbesondere auf den sogenannten Clifford-Bericht. (Abg. Bösch: Ja, Clifford-Bericht!) Das ist ein interner Bericht von Airbus selbst gewesen, der ganz offensichtlich dazu gedient hat, Unzulänglichkeiten im Rahmen der Geschäftstätigkeit, die angeblich nur in der Vergangenheit stattgefunden haben, aufzuarbeiten, um als Airbus und Eurofighter Jagdflugzeug GmbH nachweisen zu können, dass man diese Unzulänglichkeiten beseitigt hat.
Diese Personen, die hier genannt sind, haben in diesen Interviews, die diese internationale Anwaltskanzlei im Auftrag von Airbus veranstaltet hat, diese Aussage getätigt, und es gibt jetzt keine Zweifel daran oder keine Umstände, die daran zweifeln lassen - -, dass diese 183,4 hier falsch angegeben sind.
Wir selbst als Republik haben diese Mitteilung ja nie erhalten, obwohl wir sie – nach Punkt 40 der kommerziellen Ausschreibungsbedingungen, in denen im Rahmen der Ausschreibung durch die Republik Österreich ausdrücklich festgelegt worden war, dass sogenannte Gegengeschäftskosten extra auszupreisen sind – erhalten hätten müssen.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Danke sehr. – Wir haben heute schon über den Vergleich zwischen den beiden Firmen Saab und Eurofighter, auch im Rahmen der Entscheidungsfindung, gesprochen. Darf ich Ihnen dazu ein Dokument, das Dokument Nummer 63515, vorlegen und Ihnen dazu eine Frage stellen? (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt. – Verfahrensrichter Rohrer: Wieder die Seite, bitte!) Pardon, Seite 215.
Das ist ein Gutachten der Rechtsanwälte Wolf Theiss durch Professor Martin Spitzer, und in diesem Gutachten wird von einem „unzulässigen Alternativszenario ,Gripen‘“ gesprochen, weil das keine Fest-, sondern Gleitpreise beinhaltet habe. Können Sie uns das erläutern?
Dr. Wolfgang Peschorn: Dazu muss man einmal festhalten, dass Wolf Theiss die langjährige Anwaltskanzlei von Eurofighter Jagdflugzeuge und Airbus ist und legitimerweise daher, wie es so schön in § 9 RAO heißt, unumwunden alles vorbringt, was dem Mandanten nützt, ihn schützt et cetera. Also unter diesem Gesichtspunkt muss man das einmal sehen. Und dann, bei aller Wertschätzung für den Herrn Universitätsprofessor Spitzer, ist das ein sogenanntes Auftragsgutachten – was nicht daran hindert, dass die Überlegungen nachvollziehbar sind.
Nur, worum geht es denn? – Es geht ja bei der Frage einer Schadensberechnung um den Vergleich des Vermögens der Republik Österreich als vermeintlich oder echter Geschädigter mit der und ohne die schädigende Verhandlung, und zu diesem Zweck muss man auch ein Alternativszenario heranziehen. Mir ist nicht bekannt, dass das richtig ist, was hier drinnen steht, nämlich im Sachverhalt, dass Saab kein Angebot, das rechtswirksam gewesen wäre, abgegeben hat, sondern das Gegenteil.
Ungeachtet dessen müsste man dann, wenn das der Fall wäre, einfach eine objektive Preisberechnung vornehmen und sich die Frage stellen: Was hätte die Republik Österreich sonst gekauft, hätte sie nicht den Eurofighter erworben?
Also eine Schadensberechnung ist in jedem Fall möglich. Wie Sie wissen, sind im Privatbeteiligtenanschluss einmal die 183,4 angegeben worden, denn diese Gegengeschäftskosten sind der Mindestbetrag.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Sie haben sich, Herr Präsident, glaube ich, als Jurist auch gutachterlich mit dem Rücktritt vom Vertrag und der Rückabwicklung der Gegengeschäfte befasst.
Dr. Wolfgang Peschorn: Wir haben uns anwaltlich/gutachterlich natürlich mit der Frage befasst, welches Szenario, das juristisch denkmöglich ist, das Beste für die Republik darstellt.
Und ich bitte jetzt meinen Hinweis aus dem Eingangsstatement zu berücksichtigen: Derartige Erörterungen sind natürlich für die Rechtsposition der Republik Österreich durchaus herausfordernd, weil wir nicht öffentlich unserem Gegner oder unserem Verhandlungspartner unsere Strategie offenlegen sollten.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Gut. – Sie haben auch in Bezug auf die Privatbeteiligtenanschlusserklärung der Republik Österreich eine Position vertreten. In früheren Jahren haben Sie das als ungünstig beurteilt. Darf ich Ihnen das Dokument 39605 vorlegen? (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt. – Verfahrensrichter Rohrer: Welche Seite?) Das ist die Seite 12.
Das ist ein Besprechungsprotokoll der Taskforce vom 8. April 2013, und auf dieser Seite 12 werden Sie mit der Aussage zitiert, dass eine Privatbeteiligtenanschlusserklärung „derzeit nicht sinnvoll“ sei.
Jetzt haben wir eine Privatbeteiligtenanschlusserklärung. Können Sie uns den Unterschied erklären oder uns als Jurist darlegen, wie die Dinge gelaufen sind, damit wir erkennen können, warum das jetzt richtig ist?
Dr. Wolfgang Peschorn: Danke für die Frage. Obwohl ich dieses Protokoll nicht verfasst habe und jetzt nicht gekannt habe, kann man daraus nicht ableiten, dass ich gegen Privatbeteiligtenanschlüsse bin.
Wir schreiben hier das Jahr 2013 – und die Privatbeteiligtenanschlusserklärung des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport ist im Jahr 2016 passiert. Was dazwischen geschehen ist, war das, was ich immer empfehle, nämlich im eigenen Bereich zu untersuchen, substanziiert Beweismittel zu finden, um nicht einfach auf Zuruf die Staatsanwaltschaft mit Dingen zu belasten. Es ist letztendlich die Verantwortung eines jeden obersten Organs oder auch eines sonstigen Organs, in seinem Bereich für Ordnung zu sorgen.
Was hier offensichtlich von mir gemeint war, war: Bitte keinen Privatbeteiligtenanschluss jetzt, der unsubstanziiert ist! Wir standen damals am Anfang unserer Untersuchungen – ich erinnere daran, Ende 2012 hat Herr Bundesminister Darabos meine Empfehlung angenommen. Und Untersuchungen sind auf der einen Seite faktischer Natur – was wir ja getan haben, forensisch: nachschauen, lesen, denken –, und auf der anderen Seite natürlich rechtlicher Natur – wir haben schon gehört: über Verhaltensregeln nachdenken, gibt es Schadenersatzansprüche, Irrtum?; also alle Rechtsgrundlagen durchdenken, analysieren.
Das war der Grund, dass ich hier ja auch zitiert werde mit: „kann auch zum strategischen Problem werden“, „ist derzeit nicht sinnvoll“; wie Sie richtig darauf hinweisen: „derzeit nicht sinnvoll“. – Im Jahr 2016 war er absolut sinnvoll und richtig.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Danke sehr. – Haben Sie sich als Jurist und als Anwalt der Republik auch mit der Verjährung der Pönalzahlungen in Bezug auf die Gegengeschäfte befasst?
Dr. Wolfgang Peschorn: Dazu kann ich Ihnen keine Auskunft geben. (Abg. Bösch: Danke! Keine Fragen mehr!)
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Guten Tag, Herr Präsident Peschorn! Wir hatten ja auch im letzten Untersuchungsausschuss schon das Vergnügen, haben allerdings auch jetzt einen neueren Wissensstand.
Ich möchte mit drei Fragen beginnen, die ich auch bereits mit dem Herrn Generalmajor erörtert habe, weil Sie natürlich mit Ihrer juristischen Kompetenz dann vielleicht auch einen differenzierten Blick darauf haben.
Die erste Frage hängt mit den unzulässigen Zahlungsflüssen insofern zusammen, als sie etwas betrifft, was die Grundlage dafür geschaffen hat. Wir haben von zwei Passagen im Vertrag gehört, bei denen wir nicht wissen, wie sie hineingekommen sind. Das eine war diese Ersatzklausel, und das andere war jene, wonach EADS Eurofighter die Verantwortung für Dritte, die Dienste übernehmen, nicht übernimmt, also ganz konkret: wenn sie die Gegengeschäfte auslagern, dass sie dann auch nicht mehr für etwaige, potenzielle unzulässige Zahlungen haften.
Jetzt wissen wir auch, dass dafür nie jemand zur Verantwortung gezogen worden ist. Also der Vertrag wurde zu unserem Nachteil abgeändert. Jetzt gibt es das, was Sie in Ihrem Bericht und in der Sachverhaltsdarstellung dargestellt haben, aber intern haben wir nie einen Verantwortlichen gefunden. Wie ist Ihr Wissensstand zu dieser Sache aus Sicht der Taskforce?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, das ist ja genau das Thema der Anzeige des Bundesministeriums für Landesverteidigung und der strafrechtlichen Ermittlungen, die derzeit noch im Laufen sind. Eine Medaille hat bekanntlich zwei Seiten, und natürlich ist im Zusammenhang auch die Frage zu stellen, wer diese vertraglichen Regelungen abgeschlossen hat und ob jemand verantwortlich ist. Das ist aus meiner Sicht noch ergebnisoffen in der Form, dass es natürlich auch jemanden gegeben hat, der hier mitgespielt hat. Aber aus Sicht der Taskforce Eurofighter ist ganz klar, dass die beiden Betrugsvorwürfe, die hier formuliert wurden, von Airbus und Eurofighter Jagdflugzeuge zu verantworten sind.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Das ist für mich nachvollziehbar. Nur, wenn Sie sagen, zwei Seiten der Medaille: Die eine Seite war Airbus – da sind wir dran –, die andere Seite wäre dann mutmaßlich das Verteidigungsministerium gewesen, jemand, der dort verantwortlich war. Gab es konkret auch interne Recherchen, wie vonseiten eines Ministeriums, also von Käuferseite, diese Paragraphen nicht gesehen, übersehen werden konnten?
Dr. Wolfgang Peschorn: Natürlich gab es Recherchen – das ist ja gerade die Aufgabe der Taskforce Eurofighter gewesen –, und die Bewertung dieser Rechercheergebnisse ist eindeutig so ausgefallen, dass man betrogen wurde. Und ein Betrug setzt voraus, dass der eine vom anderen getäuscht wird. Ich habe das schon in einem anderen Zusammenhang erlebt, dass man dann dem Getäuschten den Vorwurf macht, er ist daran schuld. Das ist ja leider genau die Crux an einer Täuschung – oder Irrtumsführung, wenn ich es jetzt zivilrechtlich sehe –, dass jemand über den Tisch gezogen werden muss, ohne dass er es merkt.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Und das ist die letztgültige Einschätzung, dass das damals passiert ist?
Dr. Wolfgang Peschorn: Das ist die derzeitige und letztgültige Einschätzung, und die Einschätzung mündet in die Strafanzeige, dass eben hier jemand anderer die Verantwortung hat.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Sie haben in Ihren Antworten bisher schon einmal von Konsequenzen gesprochen. Jetzt meine konkrete Frage:
Wenn unser Weg als Republik erfolgreich ist und am Ende des Tages dieses Unternehmen zur Verantwortung gezogen wird, weil sie uns getäuscht haben, dann hat das ja weitreichende Konsequenzen. Es gibt anscheinend die Feststellung – das ist ausjudiziert –, dass wir dann auch – ich habe mir das notiert: nach § 57 Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012 – diesen Konzern bei unseren Ausschreibungen ausschließen können.
Hätte Ihres Wissens ein solcher Erfolg auch Auswirkungen auf den europäischen oder den US-amerikanischen Markt?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich muss insofern hier eine Ergänzung anbringen, als man meinem juristischen Wissensstand nach deswegen einen Konzern nicht ausschließen kann. (Abg. Bernhard: Wenn er verurteilt ist?!)
Zweitens muss man dazu festhalten, dass natürlich ein Konzern ein sehr unbestimmter Begriff ist. Wir haben es hier mit sehr vielen Einzelunternehmen zu tun. Airbus, so wie wir es heute titulieren, ist das frühere EADS, und Airbus als Konzern hat sehr viele Airbus-Konzerntöchter.
Was man nach dem Bundesvergabegesetz und vor allem nach dem unionsrechtlichen Vergaberegime, das ja uns determiniert, machen kann, ist, dann jemanden als Bieter auszuschließen, wenn er in seiner Leitungsfunktion eine rechtskräftig verurteilte Person hat. Und hier sehen Sie ja die Konsequenz, die Airbus hier offenbar selber gezogen hat, indem man seinerzeit eine Anwaltskanzlei beauftragt hat und seinen eigenen Bereich aufgearbeitet hat. Ich mutmaße hier – aber es wäre nicht verwunderlich –, dass das genau deswegen geschehen ist, um sich hier gegen Vorwürfe zu wappnen: Du hast noch jemanden in deinen Reihen, der ein Problem ist, und deswegen bist du auszuschließen.
Das muss man ganz deutlich sagen, so ist es: Man hat hier die Möglichkeit, sich zu reinigen, wiedergutzumachen – das haben der Unions- und der Bundesgesetzgeber so festgelegt –, und daher wäre ein Ausschluss rechtswidrig. Wir hätten ein Problem, das muss man einfach ganz klar deponieren.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Dort wird ja definiert – was jetzt die österreichische Rechtslage betrifft –: verlässliche Partner. Das heißt, während eines Verfahrens kann man das noch nicht sagen, aber wäre das nach Abschluss eines Verfahrens, wenn es auch tatsächlich eine Urteilsfindung gibt, dann tatsächlich noch immer ein verlässlicher Partner, selbst wenn belegt worden ist, dass wir bei einem früheren Vertrag getäuscht worden sind?
Dr. Wolfgang Peschorn: Im Sinne dieser Bestimmung: ja. So ist es.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Das ist zumindest abenteuerlich.
Ich würde gerne weitergehen zur Taskforce an sich: Hatten Sie als Externer sozusagen, der da in das Ministerium und in die Arbeit dort eingebunden worden ist, von Anfang an den Eindruck, dass Sie ergebnisoffen arbeiten konnten?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ja.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Hat sich das, weil es ja mehrere Minister in Reihe gab, zu irgendeinem Zeitpunkt geändert?
Dr. Wolfgang Peschorn: Nein. Es hat sich nur die Intensität der Aufarbeitung geändert, weil schlicht und ergreifend Herr Bundesminister Doskozil hier Ergebnisse haben wollte. Und das halte ich für eine nicht nur redliche, sondern sehr dankenswerte Aufgabe im Interesse der Republik.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Und der Bericht der Taskforce, der ja – neben der Sachverhaltsdarstellung – der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt worden ist, der ist ja – das habe ich den Herrn Generalmajor auch gefragt – mehr oder weniger die Zusammenfassung der Sachverhaltsdarstellung für die Öffentlichkeit.
Jetzt wäre meine Frage: Welchen Teil des Berichts haben Sie in der Taskforce übernommen? Also auf welche Themen waren Sie konzentriert? Natürlich auf den juristischen Rat, das ist mir schon klar, aber: Gab es Themenschwerpunkte, die Sie recherchiert und aufgearbeitet haben?
Dr. Wolfgang Peschorn: Wenn ich das „Sie“ als „Finanzprokuratur“ deute (Abg. Bernhard: Ja!) – ich kann mich Gott sei Dank auch auf Mitarbeiter sehr gut verlassen, ich habe gute Mitarbeiter –, dann haben wir uns vor allem auch auf den forensischen Teil - -, also wir haben Hunderte, Tausende Seiten gelesen, sie analysiert, darüber nachgedacht. Hier muss man ja auch Fantasie einbringen, weil man letztendlich Lebenssachverhalte nachträglich wieder lebendig machen muss, damit man versteht, was hier abgelaufen ist, auf einer Zeitschiene und mit Trial and Error. Das war unsere Aufgabe.
Aber unsere Aufgabe war insbesondere, über alles, was da passiert, drüberzugehen, beratend zur Seite zu stehen. Daher habe ich natürlich auch den Taskforcebericht in seinem Rohentwurf nicht nur gesehen, sondern auch mitgestaltet.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bitte Sie, wieder fokussiert auf die Zahlungsflüsse - -
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ganz fokussiert – gerade war ich dabei, Herr Präsident. Danke!
Herr Präsident Peschorn, wenn Sie sagen, Sie haben forensisch gearbeitet, kann man sich dann vorstellen, was die Zahlungsflüsse betrifft, dass Sie tatsächlich auf Einzelbelegebene versucht haben, das Geld zu verfolgen, wenn Sie einen Mindestschaden von 184 Millionen angeben, dass Sie sagen: Wie ist es von Vector über einzelne Empfänger und mit welcher Begründung wann angelandet?
Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, das kann man leider nicht sagen, weil wir letztendlich natürlich nur auf den Datenbestand, der uns zur Verfügung gestellt worden ist, zurückgreifen konnten. Und der Datenbestand, auf den wir zurückgreifen konnten, war im Wesentlichen der, den wir einerseits selbst im Bereich des BMLV hatten und den wir auf der anderen Seite durch die Akteneinsicht von der Staatsanwaltschaft Wien erhalten haben.
Was wir allerdings neu gemacht haben – das ist Ihnen sicher vom Herrn Generalmajor schon mitgeteilt worden –, war, einen Datenraum zu errichten und in diesem Datenraum mit einer Suchsoftware alle diese Dinge nach intelligenten Suchworten, die eben vorher ein bisschen Fantasie und ein bisschen Kenntnis der juristischen Problemstellung vorausgesetzt haben, zu durchsuchen. Und dann findet man schon Dinge, die spannend sind – und die muss man dann wieder in einer neuen Schleife mit dem gleichen System durchdenken.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Sie waren ja sozusagen an verschiedenen Ecken dieses Gesamtprozesses, von der Beschaffung bis zum heutigen Tag, involviert. Würden Sie sagen, dass die Intensivierung der Taskforcegruppe in den Jahren 2016, 2017 auch wirklich neue Erkenntnisse, was die unzulässigen Zahlungsflüsse betrifft, ans Tageslicht gebracht hat?
Dr. Wolfgang Peschorn: Die Intensivierung der Taskforce hat alles, was heute wesentlich ist, zutage gebracht, denn nur dadurch waren wir in der Lage, ein viel größeres Bild zu sehen und von dem viel größeren Bild jene Ausschnitte genauer zu betrachten, die aus unserer Sicht relevant waren.
Vorher hat man sich konzentriert auf das Thema – Sie wissen es ja besser als ich – Verhaltensregeln. Das hat man über ein Jahrzehnt gemacht und hat versucht, sich über dieses Thema anzunähern – die Frage Korruption, Bestechung et cetera.
Das Bild, das die Taskforce transparent auf den Tisch gelegt hat, nicht nur mit dem Bericht, sondern auch mit der Strafanzeige, ist ein ganz anderes. Hier macht das alles einen Sinn, hier ist es plausibel. Ob es richtig oder falsch ist, das werden die Gerichte feststellen.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Das bedeutet, das Bild, das Sie heute oder seit 2017 vom Vector-Netzwerk haben, ist ein anderes als jenes, das Sie in den Jahren davor hatten? Kann man das so zusammenfassen?
Dr. Wolfgang Peschorn: Na ja, ich persönlich hatte vor dem Jahr 2012 keine Ahnung von Vector. Nach dem Jahr 2012 bis zum Jahr 2016 hatten wir Vorstellungen über Vector und was es bedeuten hätte sollen und nach der Intensivierung im Sinne der Strafanzeige, die Ihnen ja bekannt ist, einen ganz deutlichen sinngebenden Zusammenhang, wieso es Vector, ein solches Netzwerk und einen Zahlungsfluss von 114 Millionen zu Vector in die Karibik gibt.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich habe dann zu drei Personen tatsächlich die Nachfrage, welche Rolle diese in Ihrer Arbeit bei der Recherche im Datenraum, bei der Forensik in der Taskforce im Allgemeinen gespielt haben. Der Erste ist Herr Siegfried Wolf. Welche neuen Erkenntnisse haben Sie hier in den letzten zwei Jahren gewinnen können?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, dass Herr Siegfried Wolf ja selbst Auskunftsperson ist und er wird dazu selber Auskunft geben können. Er ist eine Person, die im gesamten Vorgang eine Rolle als ein Netzwerker gespielt hat, der viele Menschen kennt. Sonstige Attribute kann ich in dem Zusammenhang nicht geben.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich versuche es dennoch weiter mit Herrn Hubert Hödl, auch der kommt, wenn es uns gelingt, in den Untersuchungsausschuss. Würden Sie Ihn genauso beschreiben, oder?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, bei Hubert Hödl ist ja bekannt, dass auch ein Strafverfahren über ihn behängt, das hat also eine andere Intensität. Er war auch sicher einer, der über viele Kontakte verfügt hat.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Die Dritte im Kreis – ich frage trotzdem nach – war Doris Bund – ganz anders konnotiert, das ist mir klar.
Dr. Wolfgang Peschorn: Spielt eine Rolle, kann ich jetzt nicht einschätzen.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Dann komme ich noch zu einem wesentlichen Punkt zurück, nämlich zu den Unterlagen, die uns die Finanzprokuratur nicht zur Verfügung gestellt hat, die aus der Taskforce heraus kommen. Sie sind für sehr klare Vermerke bei den Akten bekannt, wenn sich da etwas im Tagesgeschäft zuträgt. Was ist der Grund, warum wir diese Unterlagen nicht bekommen haben?
Dr. Wolfgang Peschorn: Bei Fragen, die eine schriftliche Erklärung ermöglichen, bin ich immer ein Freund von solchen schriftlichen Erklärungen, weil man schriftlich genötigt ist, präzise zu formulieren. Deswegen habe ich auf die diesbezügliche Anfrage des Herrn Präsidenten auch schriftlich geantwortet. Um es zusammenzufassen: Es ist aus meiner Sicht der Untersuchungsgegenstand eines Untersuchungsausschusses natürlich auf der einen Seite durch die Beweisbeschlüsse determiniert und hier durch den sachlichen und zeitlichen Zusammenhang, auf den er sich bezieht. Ungeachtet dessen gibt es auch die verfassungsgemäße Interpretation, die wir so benennen, und hier sagt Artikel 53 Bundes-Verfassungsgesetz auch, dass sich der Untersuchungsgegenstand – Klammer auf, ich ergänze, der zulässige Untersuchungsgegenstand, Anmerkung Ende – auf solche Sachverhalte und Vorgänge der Vollziehung beschränken soll, die abgeschlossen sind. Erstes Argument daher: Der Vorgang der Anspruchsdurchsetzung – und das ist der Auftrag an die Taskforce – gegen andere ist noch nicht abgeschlossen.
Der zweite Zusammenhang aus meiner Sicht ist, dass die Arbeit der Taskforce als solche und da vor allem auch die Arbeit der Finanzprokuratur im Beweisbeschluss nicht sachlich genannt wird. Wenn daher Dokumente, die ich selbst errichtet habe – Sie erwähnen Aktenvermerke, Schreiben, Empfehlungen an das Ministerium oder wen auch immer –, von dieser Vorlage gemeint sind, dann ist das aus meiner Sicht nicht sachlich vom Untersuchungsgegenstand umfasst, weil ja nicht die Tätigkeit der Taskforce als solche untersucht wird.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Wenige Sekunden noch!
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich bedanke mich, Herr Präsident.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich möchte mit Ihnen einen ganz anderen Zahlungsfluss erörtern, nämlich diesen Zahlungsfluss über 81,25 Millionen Euro, von Airbus an. Die erste Frage steht im Zusammenhang mit dem Bußgeldbescheid vom 9. Februar 2018. Da bezieht sich die Staatsanwaltschaft München ja genau auf die von uns inkriminierten Zahlungsflüsse und stellt – ich habe ja nur die Presseaussendung – in dieser Aussendung fest: „Mit dem Bußgeld werden die – ggf. auch nur mittelbaren – Vorteile abgeschöpft, die das Unternehmen aus der Verwendung der Gelder mutmaßlich gezogen hat.“
Jetzt habe ich gleich ein paar konkrete Fragen. Erstens: Verfügen Sie über eine Kopie des Bußgeldbescheids?
Dr. Wolfgang Peschorn: Nein. Der wird unter Verschluss gehalten. (Abg. Pilz: Wie?) Der wird ja von der Staatsanwaltschaft München unter Verschluss gehalten.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Wissen Sie, warum er von der Staatsanwaltschaft unter Verschluss gehalten wird?
Dr. Wolfgang Peschorn: Nein.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich gehe davon aus, dass es ein Spezialitätsvorbehalt ist, aber das werden wir ja sehen, was es ist.
Zweitens: Wissen Sie an wen das Bußgeld bezahlt worden ist?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich kenne den konkreten Zahlungsfluss nicht, aber grundsätzlich ist natürlich der Empfänger jene Einrichtung, die die Justiz in Deutschland zu verantworten hat oder erhält. Das sind die Länder, genauso wie das Bußgeld von 1 Milliarde betreffend VW durch die Staatsanwaltschaft Braunschweig wohl dem Staat Niedersachsen zugegangen sein muss.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich gehe auch davon aus, und das kann man eigentlich mit Sicherheit annehmen, dass der Freistaat Bayern dieses Bußgeld bekommen hat. Jetzt bezweifelt die Staatsanwaltschaft München ja überhaupt nicht, dass das Gelder der Republik Österreich sind, dass das österreichische Steuergelder sind. Jetzt ist meine nächste Frage: Welchen Weg sehen Sie, dass man sich dieses Geld nach Österreich zurückholt. Welche Möglichkeiten gibt es da?
Dr. Wolfgang Peschorn: Das ist natürlich jetzt auch noch ein Thema, das offen ist. Ich bitte auch um Verständnis, dass ich jetzt nicht offenlege, was wir für Überlegungen anstellen. Ich kann nur versichern, dass wir Überlegungen anstellen, wie man mit diesem Bußgeldbescheid umgehen kann und umgehen muss und welche Ansprüche die Republik Österreich daraus ableiten kann. Eines ist auf jeden Fall sicher: Das Eingeständnis einer Aufsichtsverletzung durch letztlich unseren Vertragspartner oder die Mutter unseres Vertragspartners Eurofighter Jagdflugzeug GmbH ist natürlich ein ganz ein starkes Argument, dass das, was das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport seinerzeit hier als Sachverhaltsdarstellung vorgebracht hat, stimmt.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, davon gehe ich ja aus, und wenn es dann weitere Feststellungen in München gibt, dann - - Wesentlich für uns – und ich wiederhole das nur, warum wir eigentlich auch für unsere Untersuchungen so dringend den Bußgeldbescheid brauchen – ist ja, dass da einige wichtige Sachverhalte festgehalten sein müssen, zumindest über Airbus, möglicherweise auch über mögliche Beitragstäter, die uns hier noch genauer beschäftigen.
Dr. Wolfgang Peschorn: Dieses Bußgeldverfahren, das wir in Deutschland nun durch den Fall Airbus und durch den Fall VW kennengelernt haben, ist rechtswissenschaftlich interessant und hinterfragungswürdig.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das ist wieder eine andere Geschichte.
Haben Sie ein Ersuchen, einen Auftrag, was auch immer bekommen, hier als Anwalt der Republik ein mögliches zivilrechtliches Verfahren in Bezug auf diese Bußgelder vorzubereiten?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich kann so viel sagen, dass in der Minute der Bekanntwerdung dieses Bußgeldbescheides – und so funktioniert, Gott sei Dank, das Abstimmungsverhältnis mit dem Bundesministerium für Landesverteidigung und auch dem derzeitigen Herrn Bundesminister und dem Kabinett – wir über die Sache telefoniert haben und wir auch Aufträge diesbezüglich definiert haben.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das heißt, da gibt es jetzt die Vorbereitung. Das reicht ja vollkommen.
Dr. Wolfgang Peschorn: Da gibt es vieles.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Es hat ja keinen Sinn, wenn ich Sie in diesem Stadium über Details der Vorbereitung frage. Die andere Geschichte in Bezug auf die 183,4 Millionen Euro ist ja schon genauer erörtert worden, das muss man nicht alles wiederholen. Das sind für mich eigentlich die Fragen, die ich Ihnen zu stellen habe. – Danke.
Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Danke für Ihr Kommen. Ganz allgemein: Sie haben sich ja auch in der Taskforce inhaltlich mit den Gegengeschäften auseinandergesetzt. Vielleicht einmal zu Beginn: Anhand welcher Kriterien haben Sie das Thema Gegengeschäfte beurteilt beziehungsweise bewertet?
Dr. Wolfgang Peschorn: Herr Ottenschläger, ich muss festhalten: Das Thema Gegengeschäfte per se, nämlich welche Auswirkungen Gegengeschäfte auf ein – lassen Sie es mich so sagen – Grundgeschäft haben können, das haben wir uns angeschaut und überlegt und in meinem Bericht auch im Detail sehr nachvollziehbar darzustellen versucht. Die Gegengeschäfte in concreto haben wir uns nicht angeschaut. Das hätte eines Auftrages durch den zuständigen Bundesminister bedurft, und den hat es nicht gegeben. Da gab es eine eigene Taskforce, und das muss man zur Kenntnis nehmen.
Das Ergebnis ist schlicht und ergreifend so, wie ich es schon gesagt habe: dass Gegengeschäfte das Grundgeschäft mit einem Risiko infizieren.
Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sind Ihrer Meinung nach unzulässige Zahlungsflüsse im Zusammenhang mit konkreten Gegengeschäften erfolgt?
Dr. Wolfgang Peschorn: Unzulässige Zahlungsflüsse? – Sie kommen ja aus der Wirtschaft oder sind in der Wirtschaft: Wenn man eine Pönale vereinbart, dann wird man als jemand, der eine Pönalezahlung übernimmt, sich wahrscheinlich ausrechnen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass man die Pönale zahlen muss, weil man nämlich die Verpflichtung, die man vertraglich übernommen hat, nicht schaffen wird. Das wird hoffentlich – denn sonst würde ich Ihnen sagen, Sie meinen eigentlich Ihre Grundverpflichtung, die durch die Pönale besichert ist, nicht ernst – weniger als 50 Prozent sein. Also sprich: Die Pönale sollte weniger - -, Sie werden in Ihrem Preis, den Sie dann verlangen, weniger als 50 Prozent von der Pönale, die Sie für den Fall, dass Sie Ihre Hauptverpflichtung nicht oder nicht zur Gänze erfüllen, versprochen haben, als Risikoaufschlag einpreisen.
Jetzt ist die Rechtfertigung eines Topmanagers von Airbus im deutschen Strafverfahren gewesen, das können Sie nachlesen: Warum haben Sie hier 183,4 eingepreist und in Österreich nicht offengelegt? – Na ja, das ist ja die Pönale! Die Pönale waren 5 Prozent von 4 Milliarden, das ist fast 100 Prozent der Verpflichtung des Gegengeschäftsvolumens.
Was sagt Ihnen das? – Ich sage das jetzt allgemein: Das sagt, da preist jemand etwas ein – was ich wirtschaftlich verstehe –, der es mit seiner Verpflichtung eigentlich nicht ernst meint, weil er sich denkt, unter Umständen findet das gar nicht statt. Also insofern, Ihre Frage – unzulässiger Zahlungsfluss? – unzulässig weit interpretiert: Diese 183,4 hat die Republik Österreich gezahlt.
Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Ich verstehe, was Sie meinen, ich kann Ihnen hier auch zum Teil Recht geben. Auf der anderen Seite ist es, so wie Sie es auch selber beschrieben haben, ja durchaus Usus in der Wirtschaft, Risikokomponenten einzukalkulieren. Man freut sich, wenn das dann nicht eintritt, weil dann mehr überbleibt; also insofern ist es ja auch eine Frage, ob man wirklich von vornherein gedacht hat, dass der Fall eintritt. Das sei jetzt dahingestellt, das ist jetzt Interpretation, die wir hier betreiben.
Ich komme zur nächsten Frage, beziehungsweise abschließend noch zwei Fragen in Richtung Gegengeschäfte ganz grundsätzlich: Hat der Vergleich 2007 aus Ihrer Sicht die Position Österreichs in Bezug auf die Gegengeschäfte verschlechtert? Und noch ein bisschen allgemeiner gefragt: Inwieweit sind aus Ihrer Sicht Gegengeschäfte mit Bezug auf Rüstungsgeschäfte international üblich?
Dr. Wolfgang Peschorn: Na ja, ungeachtet dessen, dass wir eben, wie gesagt, nicht beauftragt waren, zu dem Gegengeschäftsthema Untersuchungen vorzunehmen: Der Gegengeschäftsvertrag hat es grundsätzlich zugelassen, dass es zum sogenannten Vergleich – der ja kein Vergleich ist, das muss man auch noch einmal sagen; das ist schlicht und ergreifend eine Vertragsänderung gewesen – kommen kann. – Punkt. Das ist das eine.
Zweite Frage, wenn ich nur kurz fragen darf?
Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Wie sehen Sie das – weil es oft so dargestellt wird, dass das ein österreichisches Spezifikum ist –: Sind Gegengeschäfte aus Ihrer Sicht auch international üblich?
Dr. Wolfgang Peschorn: Gegengeschäfte waren in der Vergangenheit durchaus international üblich. Meines Wissens sind sie international im Aussterben begriffen und auf europäischer Ebene durch das Unionsrecht, das uns determiniert, praktisch sehr eingeschränkt möglich. Was möglich ist, habe ich in meinen Bericht auch reingeschrieben: eine industrielle Kooperation im Einzelfall; aber das sind keine Gegengeschäfte mehr in dem Sinn, in dem wir im Jahr 2002, 2003 von ihnen sprechen.
Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Das heißt, es ist durchaus üblich, und auch Sie unterscheiden; es kann Gegengeschäfte geben, die Sinn ergeben, die man auch gestalten kann. Man muss sie wahrscheinlich für die Zukunft enger fassen, um solche Dinge hintanzuhalten.
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich muss leider sagen, es war üblich, es ist in Europa meines Wissens nicht mehr üblich, und ich halte Gegengeschäfte, so wie ich es im Bericht ausgeführt habe, für ein Risikopotenzial, das man ohne Not - -, außer man kann es wirklich volkswirtschaftlich begründen; aber bekanntermaßen – ich bin jetzt auch nur Konsument von verschiedenen Meinungen – streiten sich da die sogenannten Experten trefflich darüber.
Das Nächste ist natürlich die Frage: Ist das Gegengeschäft wirklich durch das Grundgeschäft zustande gekommen oder war es schon da? – Das ist ja hier wahrscheinlich eine der zentralen Überlegungen.
Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Das ist sicherlich einer der Punkte, um das für allfällige solche Vorgänge in Zukunft enger zu fassen, dass man das auch genau definiert.
Wenn wir Sie als Spitzenjuristen der Republik hier haben, darf ich Sie auch ein bisschen in die Zukunft gerichtet nach Ihrer Meinung fragen, und zwar: Es wird jetzt oft auch diskutiert, in Zukunft bei Rüstungsgeschäften sogenannte Government-to-Government-Verträge zu machen. Das heißt, die Republik Österreich würde direkt bei einem ausländischen Staat als Vertragspartner Rüstungsgüter kaufen. Da würde mich, weil wir ja auch dazu da sind, um für die Zukunft zu lernen, Ihre Beurteilung hinsichtlich beispielsweise der Prüfung der Preisangemessenheit, des Wettbewerbs et cetera interessieren.
Haben Sie sich dazu schon eine Meinung gebildet?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe die Meinung auch in diesem Bericht, den ich schon zitiert habe, dargelegt. Das ist eine Möglichkeit, um vor allem im Bereich von Rüstungsgeschäften in – vielleicht – Zwangslagen, die sich dadurch ergeben, dass man hier doch internationalen Konzernen gegenübersteht, als nachfragender Staat eine andere Position einzunehmen; aber das ist eine Möglichkeit.
Man muss dann im Einzelfall, je nachdem was man beschafft, alle Möglichkeiten prüfen (Abg. Ottenschläger: Mhm!) und letztendlich abwägen – die beste ergibt sich auch aus einer Beurteilung des Preises, aber auch aus anderen Umständen, dass zum Beispiel eben sichergestellt ist, dass es zu keinen Beeinflussungen kommt – und dann entscheiden.
Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Was für mich in diesem Zusammenhang auch interessant ist: Wie geht man in so einem Fall mit Leistungsstörungen, Gewährleistungsfragen, zivilrechtlichen Anfechtungsgründen, die da genauso vorkommen könnten, um? Wie ist es mit der Durchsetzung von etwaigen Ansprüchen? Von Staat zu Staat stelle ich mir das in der Praxis nicht so easy vor.
Dr. Wolfgang Peschorn: Na ja, Sie haben natürlich vollkommen recht, dass sich letztendlich das, was das Zivilrecht uns bietet – und das ist eine Diskussion, die glaube ich, seit 250 Jahren geführt wird, nämlich die Frage, ob sich zwei Vertragspartner gegenüberstehen, die wirklich gleichberechtigt sind und gleiche Durchsetzungsrechte haben –, natürlich auch zwischen zwei Staaten stellen kann. – Punkt eins.
Punkt zwei: Da gibt es Mechanismen, das in den Griff zu bekommen, und die sind nicht neu erfunden worden, im Bereich der Immobilien zum Beispiel mit einem Haftrücklass, dass ich letztendlich sage, ich habe eine Möglichkeit, hier auch Druck aufzubauen. Das kann man sich auch hier, ohne weiter aus dem Nähkästchen plaudern zu wollen, was wir uns an – vielleicht – Grauslichkeiten für einen potenziell befreundeten Staat überlegt haben, mit dem wir so einen Deal schließen, auch in diesem Bereich überlegen – und andere Dinge.
Also: Ja, ich gebe Ihnen recht, da muss man Vorsorge treffen, dass man letztendlich Gewährleistung, Schadenersatz und solche Dinge durchsetzen kann.
Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Um in diesem Zusammenhang auch noch einmal auf die Zahlungsflüsse zu sprechen zu kommen: Sehen Sie es so, dass bei einem Beschaffungsvorgang, der vielleicht Government-to-Government passiert, solche Zahlungsflüsse, über die wir heute schon lang und breit diskutiert haben, eher vermeidbar sind? Ist das Risiko aus Ihrer Sicht geringer?
Dr. Wolfgang Peschorn: Jede Alternative hat neue Risken. In diesem Zusammenhang ist wahrscheinlich eines der größten Risiken, mit welchem Staat ich kontrahiere, weil die Risiken, die ich ausschließe, sich letztendlich bei dem Staat, mit dem ich in einen Vertrag trete, verwirklicht haben können und man, wenn Sie wollen, dieses Risiko dann quasi in Form des Preises mitnimmt.
Das sollte man sich sehr gut überlegen, mit wem man kontrahiert und wie dort die Standards, Compliancevorschriften et cetera sind.
Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Danke, das war es einmal für die erste Runde.
*****
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Ich möchte gerne meine Befragung in der erste Fragerunde kurz zusammenfassen. Für mich sind drei Dinge wesentlich:
Das Erste ist das gefährliche Potenzial der unzulässigen Beeinflussung im Beschaffungsprozess; das ist durch die Gegengeschäfte bereits bekannt gewesen.
Zweitens hat die Regierung eigentlich diese Gefahr noch potenziert, indem sie die Kompensationsquote verdoppelt hat, also von 100 auf 200 Prozent hinaufgehoben hat.
Drittens ist sie, daraus resultierend, dann auch nicht der Verantwortung nachgekommen, ausreichend Personal bereitzustellen, um diese Dinge auch entsprechend überprüfen zu können.
Zu dem Verdacht, dass die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH diese 200 Millionen Euro, über die wir heute schon öfter gesprochen haben, angeblich als Vorsorge für den Gegengeschäftsvertrag im Kaufpreis bereits aufgeschlagen hat – das war heute schon Gegenstand der Diskussionen und der Befragungen –, habe ich jetzt eine Frage: Sie haben ja die Frage, ob eine neuerliche Auftragsanbahnung der Republik zur Beschaffung von neuen Eurofightern vertretbar ist, eigentlich damit beantwortet, dass ein Ausschluss des Eurofighter-Konzerns rechtswidrig wäre, und zwar laut Unionsrecht, wenn ich das richtig interpretiere, was Sie vorhin als Antwort gegeben haben.
Nun sind ja auf der anderen Seite die Gegengeschäftsverträge eine Bevorteilung eines Konzerns, somit auch eine Bevorzugung im Wettbewerb und verstoßen somit gegen gültiges Unionsrecht. Wie sehen Sie das? Liege ich da richtig?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich versuche, das auseinanderzuklauben. Die Gegengeschäftsverpflichtung, soweit ich sie verstanden habe, ist eine vertragliche Verpflichtung unseres Vertragspartners gewesen, bestimmte Geschäfte, die eben als sogenannte Gegengeschäfte definiert sind, zustande zu bringen. Das ist grundsätzlich einmal eine Verpflichtung, die muss er erfüllen; Bevorzugung sehe ich da nicht.
Das Thema, das relevant war, da pflichte ich Ihnen aus meiner Sicht bei, war, dass eben ein hochrangiger Airbus-Manager in seiner Einvernahme vor einer deutschen Strafbehörde angegeben hat, dass die 183,4 Millionen die Einpreisung für die Pönalverpflichtungen waren. Wie ich schon ausgeführt habe, ist das aus meiner Sicht wirtschaftlich der Ausdruck dessen, dass man vielleicht selber nicht geglaubt hat, dass man die übernommene Verpflichtung, also diese 4 Milliarden, tatsächlich erbringen kann oder will. – Das ist alles.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Hätte es auf der anderen Seite nicht schon früher auffallen müssen, dass die 200 Millionen im Kaufpreis eigentlich drinnen sind, und nicht erst, nachdem ein hochrangiger Airbus-Manager das kundgetan hat?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich wüsste nicht wie, und es ist momentan ja eine sehr plausible Verantwortung in einem Strafverfahren, die aus meiner Sicht eben nicht tragfähig ist, aber zunächst einmal auch von den deutschen Behörden meines Wissens durchaus als nachvollziehbar hingenommen wurde. Ich sehe sie aus wirtschaftlichen Gründen eben nicht als tragfähig an.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Warum verbietet dann die Regierung die Gegengeschäfte nach wie vor nicht?
Dr. Wolfgang Peschorn: Meines Wissens ist das im Jahr 2017 von Herrn Bundesminister Doskozil für sein Ressort gesagt worden. Ich glaube, der Entscheidungsprozess ist noch nicht gänzlich abgeschlossen, die Argumente liegen auf dem Tisch.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Also gehen Sie auch davon aus, dass Gegengeschäfte in Zukunft zu unterlassen sind?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, dass man sich die Dinge immer anschauen soll – so wie ich es schon ausgeführt habe, es gibt immer Alternativen – und nicht dogmatisch an Dingen festhalten soll, aber letztendlich sind die Argumente entscheidend, und die habe ich in meinem Bericht dargelegt. Sie sprechen tendenziell gegen Gegengeschäfte.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Okay.
Generalmajor Hamberger hat in seiner Befragung am Vormittag ausgesagt, dass Sie ja neben der Taskforce Eurofighter auch in der Taskforce Gegengeschäfte mit Ihrer Expertise mit involviert waren. Die Frage, die mich jetzt interessiert: Wie sehr waren Sie dort involviert? Wie stark waren Sie in diese Taskforce Gegengeschäfte involviert?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich war nicht anwesend, ich habe auch keinen Liveticker gelesen, aber das, glaube ich, kann er nicht gesagt haben, das müssen Sie missinterpretiert haben.
Richtig ist, dass wir auch Kontakt mit den Herren und Damen der sogenannten Taskforce Gegengeschäfte hatten, weil das Sinn macht, dass man – als Republik – auch versucht, sich wechselseitig zu informieren. Ich war aber nicht beratend für das – damals – Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft tätig.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Kann sein, dass ich das vielleicht falsch gehört habe. Es hat zumindest einen Austausch zwischen Taskforce Eurofighter und Taskforce Gegengeschäfte gegeben, die sind nicht parallel stur vor sich hingelaufen, sondern haben sich ausgetauscht.
Dr. Wolfgang Peschorn: Das wäre auch alles andere als effizient, wenn man das nicht versucht. Wir haben, so wie jeder es zugelassen hat, wechselseitig Informationen ausgetauscht, das hängt aber von zweien ab.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Wie man ja bei den Gegengeschäften schon gesehen hat.
Bei der Befragung durch den Herrn Verfahrensrichter ist ja auch die Frage der Finanzierungsvarianten angesprochen worden, diese 18-Raten-Geschichte. Sie meinten, dass es für Sie nicht nachvollziehbar ist, wie diese Entscheidung für die 18-Halbjahres-Variante – und zwar ist das ja, wenn ich Sie richtig interpretiere und verstanden habe, eine für die Republik nachteilige Entscheidung – wirklich zustande gekommen ist.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: 10 Sekunden noch.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Würden Sie die Möglichkeit einräumen, dass die unzulässige Vorabinformation eines Mitbewerbers in der Erstellung des Angebotes einen Wettbewerbsvorteil ergeben hat und damit unter Umständen eine unzulässige Beeinflussung bei der Typenentscheidung hätte entstehen können?
Dr. Wolfgang Peschorn: Noch einmal: Vom Ablauf her war die Typenentscheidung ganz am Anfang, die dann, Sie wissen das besser als ich, durch das Hochwasser und die Auflösung der Bundesregierung und Neuwahlen unterbrochen worden ist. Dann ist der Prozess wieder aufgenommen worden, die sogenannten Vertragsverhandlungen, und in diesem langen Zeitraum relativ knapp vor der Vertragsunterfertigung, im Sommer 2003, ist das Thema mit der sogenannten Vorfinanzierung und so weiter auf den Tisch gekommen.
Dann gab es ein für mich aus heutiger Sicht nicht ganz nachvollziehbares Auswahlverfahren für eine finanzierende Bank. Die sogenannten Vorfinanzierungskosten waren - - Es ist immer im Raum gestanden, das sind Vorfinanzierungskosten der Republik. Das sind aber keine Vorfinanzierungskosten der Republik gewesen, sondern letztendlich sind das Vorfinanzierungskosten des Lieferanten, wenn Sie jemandem, bevor er etwas liefert, schon Teilbeträge zahlen. –Das ist es.
Insgesamt hat das – das kann man sich ausrechnen, es steht auch in der Strafanzeige ausführlich drinnen – über 200 Millionen gekostet und der Bank, die das gemacht hat, einen zweistelligen Millionenbetrag an zulässigen Zinsen gebracht. – Das ist es. Daran kann man viele Fragen knüpfen.
Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Leider bleibt mir keine Zeit mehr. – Danke.
Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Grüß Gott! (Auskunftsperson Peschorn: Grüß Gott!)
Ich darf hier anschließen: Sie haben gerade gesagt, ein Manager hat in seiner Einvernahme ausgesagt, dass die 183 Millionen eingepreist waren. Können Sie diese Person namentlich benennen?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich kann das jetzt nicht auswendig sagen, aber es ergibt sich aus den Strafakten.
Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Es gibt einen Aktenvermerk über eine Besprechung mit Kabinettschef Kammerhofer, Ihnen und Generalmajor Hamberger, aus dem hervorgeht, dass Sie auf Ersuchen, einen Rechtswissenschafter zu nennen, Herrn Universitätsprofessor Dr. Rabl benannt haben. Ist das so richtig, und warum haben Sie Professor Rabl benannt?
Dr. Wolfgang Peschorn: Weil aus meiner Sicht für die ausgewählte Beratung der Republik in Rechtsfragen jedenfalls zwei Kriterien entscheidend sind: erstens die höchste rechtswissenschaftliche Expertise in diesem Bereich und zweitens Loyalität und keine zweifelhafte, wie soll ich sagen, Einstellung zur Republik.
Das ist bei Universitätsprofessor Rabl aus meiner Sicht gegeben, insbesondere ist er ein ausgewählter Experte im Zivilrecht, und zum damaligen Zeitpunkt, das hat sich bis heute bestätigt, war ja die Expertise zur vertieften Prüfung von ausgewählten zivilrechtlichen Fragestellungen notwendig.
Herr Professor Rabl war und ist bis heute zur rechtswissenschaftlichen Begutachtung, Befundung von an ihn herangetragenen Sachverhalten an Bord.
Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Er hat mehrere Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Landesverteidigung erstellt, unter anderem jenes zur Möglichkeit der Anfechtung wegen List im Sinne des § 870 ABGB – das wurde in der vorigen Fragerunde vorgelegt, 60688. (Die Auskunftsperson und der Verfahrensanwalt suchen das genannte Dokument.)
Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik: Die FPÖ hat brav abgesammelt, also wir haben keine Dokumente mehr.
Dr. Wolfgang Peschorn: Machen wir es einfach: Ist das ein Gutachten aus dem Jahr 2017?
Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Da zitiere ich nicht daraus. Ich sage sinngemäß, dass Herr Professor Rabl da schreibt, dass Eurofighter niemals willens und in der Lage war, die Eurofighter vertragsgemäß zu liefern, weder zum Zeitpunkt noch im jeweiligen Bauzustand.
Dr. Wolfgang Peschorn: Wenn Sie das so zitieren, dann sind das Formulierungen, die für mich klar darlegen: Das ist der Sachverhalt, den er seinem Gutachten zugrunde legt. Der Sachverhalt wurde ihm von der Taskforce Eurofighter beziehungsweise vom BMLV mitgeteilt. Dieser Sachverhalt ist derjenige, der sich ja auch in der Sachverhaltsdarstellung wiederfindet.
Ein Rechtswissenschaftler, der ein Gutachten erstellt, muss natürlich irgendwo festen Boden vom Sachverhalt haben, denn sonst kann er über alles schreiben, und das ufert aus.
Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Ja, Frage: Aber die Beweise, auf die er sich da beruft?
Dr. Wolfgang Peschorn: Sind die Beweise, die die Taskforce Eurofighter zutage gebracht hat und die die Staatsanwaltschaft Wien und die Soko Hermes weiter zutage fördern, weil wir ja regelmäßig Akteneinsicht nehmen.
Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Sie arbeiten daran? Verstehe ich das jetzt richtig? Ist die Finanzprokuratur in dieser Frage auch eingebunden?
Dr. Wolfgang Peschorn: In welcher?
Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): In dieser, dass Eurofighter niemals in der Lage war, zu liefern, oder auch nicht liefern wollte.
Dr. Wolfgang Peschorn: Das ist unser Schluss.
Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Wird da von Ihrer Seite geprüft?
Dr. Wolfgang Peschorn: Das ist die Schlussfolgerung, die die Taskforce unter Einbindung der Finanzprokuratur aus den Unterlagen, die wir untersuchen konnten, gezogen hat, ja. Da geht es ganz deutlich um die Frage des Liefergegenstandes, nämlich Tranche 2/Block 8.
Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Eine abschließende Frage noch, Herr Präsident: In der Anzeige wird behauptet, dass von Bieterseite Personen ein unredliches und vertragswidriges Verhalten an den Tag gelegt haben. Können Sie uns das auch noch kurz benennen, was da mit unredlich und vertragswidrig gemeint ist?
Dr. Wolfgang Peschorn: Können Sie mir die Belegstelle sagen? Dann kann ich das in der Anzeige nachlesen und kann Ihnen das besser ausdeutschen.
Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik: Das wäre, glaube ich, für die Zukunft wirklich wichtig, die Dokumente so vorzulegen, wie es in der Verfahrensordnung steht, auch wegen der Klassifizierung.
Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Es ist 94, wir haben es auch schon vorgelegt.
Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik: Aber Sie haben es wieder eingesammelt.
Dr. Wolfgang Peschorn: Wenn Sie mir die Randziffer sagen! Wenn es die Sachverhaltsdarstellung ist: Ich bin selber ausgestattet mit ihr. (Abg. Brückl blättert in seinen Unterlagen.) Randziffer!
Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Die Randnummer 8 ist es: ein unredliches und vertragswidriges Verhalten.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Welche Seite?
Dr. Wolfgang Peschorn: Das ist die Seite 5, und es die Randziffer 8, die gemeint ist. Also ich halte es für die Gerichte und die öffentlichen Behörden für sinnvoll, wenn jemand, der ein Schriftstück einbringt, das länger ist – und Sie wissen ja, dass diese Sachverhaltsdarstellung relativ umfangreich ist –, am Anfang einmal hinstellt, was das Thema ist und was man erwarten kann.
In dieser Randziffer 8 wird daher mit den Worten unredlich und vertragswidriges Verhalten zusammengefasst, was später ausgeführt wird. Was ist denn ein Betrugsvorwurf anderes als unredlich und vertragswidrig, weil ich mich mit dem Vertrag ja nicht dazu verpflichtet habe, einen Betrug zu tolerieren? – Also das ist der Punkt.
Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): In der Anzeige werden diese Punkte dann dezidiert nicht mehr genannt.
Dr. Wolfgang Peschorn: Na selbstverständlich! Die Unredlichkeit und Vertragswidrigkeit ist ja nur der Sammelbegriff, der zum Beispiel List, Irrtum, Irrtumsführung, Betrug oder was auch immer beinhaltet. Nochmals: Da wird aus meiner Sicht zu Recht einmal hingestellt, was das Thema dieser Sachverhaltsdarstellung ist, und in weiterer Folge werden die beiden Betrugsvorwürfe detailliert ausgeführt, nämlich Betrug über den Liefergegenstand und Betrug über den Wert des Fliegers.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich habe ganz konkret drei Fragen.
Ich beginne mit meiner ersten Frage: In der Sachverhaltsdarstellung haben Sie ja von zwei Themenkomplexen gesprochen: Bei dem einen – den haben wir vorher schon gehabt – ging es um die unzulässigen Zahlungsflüsse an sich, der zweite war die Täuschung über die Lieferfähigkeit bei Vertragsabschluss.
Meine Frage, weil Sie ja auch in den Vergleichsverhandlungen 2007 schon teilweise involviert waren – ich erinnere mich noch an die Schilderung, wie Sie dann wieder ausgeschlossen worden sind –: Handelt es sich bei der Erkenntnis über die Täuschung um eine neue Erkenntnis aus den Jahren 2016 plus oder sind das Informationen, die uns schon früher zur Verfügung gestanden sind?
Dr. Wolfgang Peschorn: Nur zur Klarstellung: In der Sachverhaltsdarstellung gibt es zwei Betrugsvorwürfe. Wie ich schon gesagt habe: erstens Betrug über die Lieferfähigkeit Tranche 2/Block 8 und zweitens über den Wert, weil die 183,4 Millionen eingepreist waren und dadurch die Republik Österreich über den wahren Wert der Flieger getäuscht wurde.
Das ist ja genau die große Herausforderung eines Betrogenen, nämlich dass er im Nachhinein herausfinden muss, ob er über Informationen nicht verfügt hat oder ob er Informationen nicht erhalten hat und dadurch nicht in der Lage war, die Täuschung zu erkennen. All diese Informationen sind ja aus der Vergangenheit. Die Frage ist nur: Wann lagen sie vor? Wann machen sie einen neuen Sinn? Das war ja genau die Leistung der Intensivierung der Taskforcearbeit ab dem Jahr 2016, dass man zum Teil vorhandene Informationen, die aber für sich gesehen unschädlich waren und diesen Vorwurf alleine nicht hätten stützten können, mit neuen Informationen, die von außen kamen, gematcht hat und letztendlich zu dem Ergebnis gekommen ist.
Aus dieser Sicht macht natürlich das, was Eurofighter Jagdflugzeug im Jahr 2007 veranstaltet hat, Sinn.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Soweit verstanden: Intensivierung. Ich habe auch vorher das mit Doskozil notiert, das ist mir so weit klar. Das ist aber relativ oberflächlich beschrieben, Sie waren ja damals vor neun Jahren auch dabei. Danach gab es anscheinend lange Zeit keinen anderen Kenntnisstand.
Was aber war neu? Von wo kamen diese Informationen, waren das jene aus Italien? München kann es noch nicht gewesen sein. Welche neuen Informationen sind Ihnen über welchen Kanal zur Verfügung gestellt worden, damit Sie diese neuen Erkenntnisse gewinnen konnten?
Dr. Wolfgang Peschorn: Das sprengt jetzt nicht nur den Rahmen, nämlich den Rahmen dieses heutigen Ausschusses, sondern würde jetzt zweifellos auch meine Entbindung sehr belasten, wenn ich da auf jedes Detail eingehe.
Das sind viele Informationen gewesen. Es waren Aussagen zum Beispiel aus diesem Clifford-Bericht. Wenn Sie diesen Clifford-Bericht lesen: Da sind sehr viele Themen enthalten, die Einfluss genommen haben. Letztendlich waren Informationen da, die das, was ich Ihnen schon im seinerzeitigen Ausschuss dargelegt habe, ex post gestützt haben, dass eben die Lieferfähigkeit bei Airbus nicht gegeben war.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Dann frage ich nicht weiter nach, wenn es sozusagen an die Grenze der Entbindung stößt.
Ich möchte jetzt einen zweiten Punkt benennen, das war für mich nicht ganz klar. Mir ist klar, wenn die Taskforce strafrechtlich relevante Erkenntnisse hat, muss sie zur Anzeige schreiten; so weit ist mir das bewusst. Herr Generalmajor Hamberger hat gesagt, dass ein zivilrechtliches Vorgehen zeitgleich sozusagen wenig Sinn gemacht hätte, dass man das auch geprüft hätte, aber das Risiko – entweder das Risiko des Prozessausganges oder der Kosten – zu hoch gewesen wäre.
Können Sie dazu etwas mehr sagen, warum man zivilrechtlich zurückgesteckt hat und sich dann sozusagen am strafrechtlichen Prozess anhängt?
Dr. Wolfgang Peschorn: Da muss man bei den Begriffen natürlich wirklich sehr präzise sein (Abg. Bernhard: Ich bitte darum!), was ich Ihnen nicht vorhalte, sondern für alle, die mitschreiben und berichten, ist das ein wesentlicher Hinweis. Erstens einmal: Es hätte nicht eines Griss-Berichts bedurft, dass verantwortungsvolles Beraten für die Republik bedeutet, dass man alle Alternativen, die denkmöglich sind, auflistet und sie mit Kriterien bewertet. Das ist jetzt kein großes Geheimnis. Eine der Alternativen wäre eine Zivilklage, eine der Alternativen allerdings, um einen privatwirtschaftlichen, privatrechtlichen Anspruch durchzusetzen, bietet unsere Rechtsordnung durch einen sogenannten Privatbeteiligtenanschluss. Das nennt die Rechtswissenschaft Adhäsionsverfahren. Da gibt es viele Überlegungen, die wir angestellt haben, warum wir den Weg eines Privatbeteiligtenanschlusses gewählt haben. Er ist unter Anwendung aller Entscheidungskriterien nicht nur der kostengünstigste, sondern vor allem der effizienteste für die Republik Österreich. Ich erinnere nur an den Artikel 126b B-VG: Da sind wir natürlich angehalten, effizient und kostengünstig zu arbeiten, und daher ist es der richtige Schritt gewesen.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich frage deswegen nach, weil ich zwar selbst kein Jurist bin, es aber einfach Juristen gibt, die auch eine andere Meinung vertreten haben. Ich weiß nicht, wieweit Ihnen das bekannt ist, aber in einem Fachjournal „Anwalt aktuell“, hat sich damals ein emeritierter Rechtsanwalt, Dr. Johannes Sääf, zu Wort gemeldet und einfach gesagt, ein gelernter Wirtschaftsjurist hätte zunächst versucht, den Schaden nachvollziehbar darzustellen und im Wege einer Zivilklage geltend zu machen. Jetzt lautet anscheinend die Frage: Gibt es da mehrere Rechtsmeinungen? Deswegen war meine Frage an Sie, wie die Ihre ist.
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich möchte nur kurz festhalten: Herr Dr. Sääf ist mir als Person bekannt, er hat zu dem Sachverhalt, glaube ich, nie Kenntnis erlangt – und ganz generell sollte man sagen, man sollte von Dingen sprechen, die man kennt.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich werde versuchen, es ihm auszurichten. (Auskunftsperson Peschorn: Bitte!) Meine letzte Frage für diese Runde ist eine, die wir auch Generalmajor Hamberger davor schon gestellt haben: Der Bericht, den Sie abgeliefert haben, ist in unserer Wahrnehmung nicht neutral, was die Hersteller betrifft. Wenn EADS Eurofighter hätte zurücklegen müssen, weil man damals die Täuschung schon erkannt hätte, wären ja zwei Optionen möglich gewesen: entweder neu auszuschreiben oder den Zweitbieter sozusagen, der noch im Rennen war, zu nehmen. Sie schreiben im Bericht an mehreren Stellen von Saab oder Gripen; das heißt, es wirkt recht parteiisch, was die Alternativen betroffen hätte. Hatten Sie mit diesen Bezeichnungen in dem Bericht Probleme?
Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, weil ich zum Zeitpunkt des Berichtes die Information, die für mich nach wie vor neu ist – und ich kann nicht nachvollziehen, dass es da kein rechtswirksames Angebot gegeben hatte –, nicht hatte.
Abgesehen davon – nochmals – war keine Parteilichkeit beabsichtigt, sondern dieser Bericht sollte schlicht und ergreifend sehr lesbar für jedermann – deswegen wurde er ja auch für jedermann ins Internet gestellt – darlegen, was die Konsequenzen sind und wie sich die Konsequenzen beispielsweise beim Schaden berechnen.
Wenn man jetzt zu dem Ergebnis kommt, Saab oder Gripen wäre selbst, weil nicht rechtswirksam, keine Alternative gewesen, dann kann man das nachziehen, aber Parteilichkeit ist da keine beabsichtigt gewesen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich habe nur noch eine kurze Nachfrage zum Bußgeldbescheid. Ist Ihnen bekannt, ob das Bundesministerium für Landesverteidigung versucht hat, vom Justizministerium diesen Bußgeldbescheid zu bekommen?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ist mir nicht bekannt.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Haben Sie einen derartigen Versuch unternommen?
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich mache keine eigenständigen Versuche, sondern nur im Zusammenspiel mit meinen Klienten/Mandanten. Diesen Versuch haben wir nicht unternommen, weil wir derzeit andere Mittel und Wege prüfen.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich verstehe nur den Punkt nicht, weil es aus meiner Sicht doch zumindest einen Versuch wert wäre, den Justizminister zu ersuchen, eine Kopie des Bußgeldbescheides zur Verfügung zu stellen.
Dr. Wolfgang Peschorn: Die Frage?
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich versuche jetzt eh, Komplikationen zu vermeiden. Lassen wir es! Es ist nicht so schlimm. Es tut nicht weh. (Allgemeine Heiterkeit.)
Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Ich beziehe mich auf die Dokumentennummern 63550 – wir legen es sicherheitshalber noch einmal vor – und 63515. Das eine ist die Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien und das andere die Niederschrift der Staatsanwaltschaft.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Lässt du uns das austeilen und sagst uns genau, wo wir die Stellen finden?
Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Selbstverständlich! Seite 101, da gibt es die Richtziffer 236.
Da geht es um folgenden Absatz „Wären diese Kosten von EF und Airbus gegenüber der Republik Österreich bekanntgegeben worden,“ – bezugnehmend auf diese berühmten 183,4 Millionen – „so hätte die Republik Österreich von einem Vertragsabschluss mit EF Abstand genommen und sich stattdessen für den von SAAB angebotenen Gripen entschieden.“
Auf Seite 241 des Dokuments 63515: „Die Behauptung, dass die Typenentscheidung in Kenntnis dieses Umstandes zugunsten von SAAB ausgefallen wäre und man vom Ankauf der Eurofighter Abstand genommen hätte, ist im Hinblick darauf, dass der Typenentscheidung lange und intensive Evaluierungsvorgänge vorangingen, bei denen nicht die reine Preisbildung, sondern der Preis in Relation zur Ausstattung bewertet wurde, rückblickend nicht zu verifizieren.“
Dazu jetzt meine konkrete Frage an Sie, Herr Präsident: Was war eigentlich die sachliche Begründung, diese Behauptung in der Strafanzeige so zu dokumentieren?
Dr. Wolfgang Peschorn: Sagen Sie uns noch einmal die Seite bitte? (Die Auskunftsperson blättert und liest in den Unterlagen.) Wir haben es, ich muss es nur lesen, denn sinnerfassendes Lesen ist einmal sowieso schwierig, dann muss man noch den systematischen Zusammenhang verstehen, und dann kann ich Ihnen sofort mit aller Präzision Auskunft geben. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.) – Also das ist ja kein Sudoku, man kann es ja erklären.
Das eine Dokument, das Sie vorgelegt haben – entschuldigen Sie, wenn ich das wiederhole, damit das auch jeder hier im Raum versteht –, ist die Sachverhaltsdarstellung des Bundesministeriums für Landesverteidigung. Das andere Dokument ist offensichtlich ein Dokument einer Dienstbesprechung, wo intern, Staatsanwaltschaft, Überlegungen angestellt werden, und aus dem haben Sie zitiert. Jetzt Ihre Frage: Wie kommt die Republik Österreich, Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport, dazu, hier in der Randziffer 236 der Strafanzeige davon auszugehen, dass sie, wenn sie gewusst hätte, dass die 183,4 Millionen eingepreist sind, vom Kauf Abstand genommen hätten?
Dazu sind wir mit ganz einfachen Überlegungen gekommen, die durch die Ermittlungsergebnisse auch nicht widerlegt wurden, und keiner der Betroffenen hat gesagt: Nein, nein, das war anders.
Erstens: In Punkt 40 der kommerziellen Ausschreibungsbedingungen, die den Angeboten sowohl von EF als auch von Saab als auch von Lockheed unterstellt waren, stand ausdrücklich drinnen, dass Gegengeschäftskosten explizit auszupreisen sind. Das war, wie jeder weiß, bei dem Eurofighter nicht der Fall. Lockheed zum Beispiel hat die Gegengeschäftskosten ausgepreist.
Zweitens – und das ist jetzt ein logischer Schluss, weil wir Organwaltern der Republik Österreich, die Verantwortung haben und selbst strafrechtlich verantwortlich werden würden, nicht unterstellen, dass sie sich selbst vertragswidrig oder gesetzeswidrig verhalten – sind wir davon ausgegangen – und es hat auch, wie gesagt, keine anderen Beweisergebnisse gegeben –, dass sich, wäre man draufgekommen, dass hier etwas eingepreist ist, was schon nach den kommerziellen Angebotsbedingungen ausgeschlossen ist, die Organwalter der Republik Österreich dann natürlich gesetzes- und rechtskonform verhalten hätten und den Vertrag nicht abgeschlossen hätten.
Der dritte Punkt, wieso hier Saab steht, ist, wie gesagt, nochmals: Das war aus der Informationslage – und für mich bis heute – jenes Angebot, das dann zum Zug gekommen wäre.
Zweitens, auf Ihr weiteres Dokument: Da werden ganz offensichtlich – ich war ja nicht Teilnehmer dieser Besprechung – Überlegungen von den beigezogenen Staatsanwälten angestellt, und die meinen halt, dass die Typenentscheidung – und die Typenentscheidung ist ja tatsächlich viel früher passiert – nicht rückgängig gemacht worden wäre. Das mag schon sein, das widerspricht dem aber nicht. Spätestens in dem Moment, wo das bekannt geworden wäre – nämlich der Umstand, dass widerrechtlich, also gegen die Ausschreibungsbedingungen, 183,4 Millionen eingepreist worden sind –, hätte wohl die Republik Österreich den Kaufvertrag, der noch immer notwendig war, obgleich die Typenentscheidung gefallen war, nicht abgeschlossen.
Also insofern sehe ich überhaupt keinen Widerspruch, sondern das eine sind staatsanwaltschaftliche Überlegungen, und auf der anderen Seite ist es eine meiner Meinung nach zielgerichtete, den Denkgesetzen entsprechende Schlussfolgerung.
Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Für uns und ein paar Abgeordnete von uns – wir haben das heute auch schon mit Herrn Generalmajor Hamberger besprochen und jetzt auch mit Ihnen – ist nicht ganz verständlich, dass eben beispielsweise in dem Taskforcebericht der Mitbewerb immer so namentlich dokumentiert wird.
Da wir uns ja heute schon darüber ausgetauscht haben, wie es vielleicht in anderen Branchen ist, möchte ich dann doch aus meiner Erfahrung anmerken: Wenn solche, nennen wir es einmal, fast gutachterliche Expertisen auch von neutraler Stelle in gemeinschaftlicher Arbeit erstellt werden, ist es gerade bei Juristen eher üblich, sehr vorsichtig zu dokumentieren. Da redet man vielleicht vom Mitbewerber oder vom Zweitbieter oder wie auch immer. Das, glaube ich, ist etwas, was in Summe, wenn man diese vielen Akten studiert, einfach auffällig ist – nicht mehr und nicht weniger.
Dr. Wolfgang Peschorn: Wissen Sie – wenn mir eine Bemerkung gestattet ist –, es ist schon alleine eine Herausforderung in einer laufenden Sache, die natürlich hohes Interesse hat und wo fast schon jedes Kind weiß, da gibt es den einen und den anderen Flieger, einen Taskforcebericht zu machen, der dann nicht vielleicht kritisiert wird, weil er angeblich zu kurz ist oder weil er zu wenig Inhalte hat.
Also diese Herausforderung hat man nicht nur angenommen, sondern aus meiner Sicht auch bravourös bewältigt. Dass man sich jetzt vielleicht an der Nennung von Namen stößt, kann ich schon nachvollziehen, auf der einen Seite. Auf der anderen Seite muss ich sagen, das weiß jeder, welche Flugzeuge da im Rennen waren.
Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Das ist grundsätzlich richtig, aber Sie haben mir schon ein bisschen recht gegeben: Es ist nicht immer üblich. – Sagen wir es einmal so.
*****
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Dann kommen wir in die letzte Fragerunde. Ich darf Herrn Abgeordneten Unterrainer um seine Fragen ersuchen. – Bitte.
Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Eine Frage zu den Serviceverträgen, zu diesem Bereich, und zwar: Es werden ja mehrjährige Serviceverträge abgeschlossen, im Rhythmus von fünf bis acht Jahren, und es wird trotzdem seitens des BMLV immer eine jährliche Kündigung angestrebt. Eine jährliche Kündigungsklausel führt ja normalerweise zu erhöhten Kosten. Warum macht man denn so etwas?
Dr. Wolfgang Peschorn: Das kann ich Ihnen nicht beantworten. Ich habe diese Verträge nicht abgeschlossen. Auf der anderen Seite muss man ganz global sagen: Wenn Sie keine Kündigungsmöglichkeit vorsehen, werden Sie sich möglicherweise auch dem Vorwurf aussetzen, dass das ein Rechtsverzicht ist, der üblich ist. Also bei Dauerverträgen, Dauerschuldverhältnissen sind Kündigungsmöglichkeiten grundsätzlich üblich, ja.
Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Na ja, die Alternativen sind ja sehr eingeschränkt. Aber ich möchte noch – nur ganz kurz – dabei bleiben: Welche Überlegungen hat es denn gegeben, warum man diese Updates nicht bereits in den Ursprungsverträgen berücksichtigt hat? Dort hätten Sie ja eigentlich hingehört, oder? Die Kosten dieser - -
Dr. Wolfgang Peschorn: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Das kann ich Ihnen nicht sagen, wenn die Frage so lautet, warum man nicht sozusagen in einem Schritt alle Vertragsverhältnisse verhandelt und finalisiert hat. Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich war nicht dabei.
Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Okay. Ich möchte noch ganz, ganz kurz auf das zurückkommen, was ich zuerst angeschnitten habe, weil mich interessieren würde, ob Sie dazu eine Wahrnehmung haben, und zwar: Es haben ja Steininger und Plattner – also zumindest laut Aussage von Herrn Generalmajor Hamberger – in einem Sideletter 5 Prozent des gesamten Kaufpreises als Provision vereinbart gehabt, und 2009 – ich sage das jetzt so salopp, wie ich die Worte des Generalmajors in Erinnerung habe – sind dann Steininger/Plattner gekommen, haben diesen Sideletter vorgelegt und gemeint, es ist Zahltag. Es wäre um sehr viel gegangen.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bitte Sie, zum Ende zu kommen.
Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Mache ich. – Dann hat man sich darauf verständigt, das sind Abschlagzahlungen, und gibt 5,3 Millionen an Herrn Steininger und 2 Millionen an Herrn Plattner, mit der Auflage, dass Plattner bei den folgenden Serviceverträgen wiederum als Konsulent mit 5 Prozent beteiligt wird. Haben Sie dazu eine Wahrnehmung?
Dr. Wolfgang Peschorn: Also jetzt verstehe ich die Frage, die ich vorher nicht verstanden habe. Gemeint ist das Rechtsverhältnis nicht zwischen der Republik und jemand anderem, sondern das Rechtsverhältnis von einem Verkäufer zu Provisionären. Diesen Hinweis gibt es, dass es da zu einem Vergleich oder zu einer Abschlagszahlung gekommen sein soll.
Das Problem liegt aber woanders, oder: Das Problem liegt tiefer. Ich habe versucht, das in meiner Darstellung zu sauberer Beschaffung, Compliance darzulegen. Das Thema ist: Wir können gar nicht verhindern, dass einer, mit dem wir kontrahieren, einen Anwalt, einen Steuerberater, einen Lobbyisten, wen auch immer, nimmt. Das geht nicht. Nur: Wenn wir mit dieser Person, nämlich mit unserem Partner, nicht mit dem Herrn SD oder PL, sondern mit unserem Vertragspartner, bevor wir in rechtsgeschäftlichen Kontakt treten, vorher klar regeln, dass wir derartige Dinge nicht wollen, und er sich daher verpflichtet, beispielsweise Umtriebe und Ränke von solchen Personen in seinen Verantwortungsbereich zu nehmen: Genau das ist einer der Lösungsvorschläge, die ich mit dem Bericht aus dem Jahr 2017 gemacht habe: dass das vertraglich vereinbart wird. Wir nennen das terms of good conduct. – Und das ist es.
Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Den Namen des hochrangigen Airbus-Managers haben Sie uns noch nicht genannt. (Auskunftsperson Peschorn: Was?) – Den Namen des Airbus-Managers.
Dr. Wolfgang Peschorn: Ich hab es schon gesagt: Es tut mir leid. Ich bin immer neutral. Ich kann mich jetzt nicht erinnern, ich kann es Ihnen nicht sagen. Aber wir können ihn gerne nachliefern.
Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Bitte, ja.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident, ich möchte zuerst meinen Eindruck wiedergeben, weil ich glaube, der ist wichtig: Ich habe extrem hohe Achtung vor Ihrer Kompetenz und jener Ihrer Institution, aber am heutigen Tag nicht den gleichen positiven Eindruck wie beim letzten Untersuchungsausschuss.
Wir haben die Situation, dass Sie uns Akten nicht zur Verfügung gestellt haben, die wir gerne gehabt hätten. Wir haben die Situation, dass Sie dem Kollegen Pilz Fragen nicht beantworten, wenn es um den Bußgeldbescheid geht, der eine wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung auch unseres Kenntnisstandes ist, und Sie haben mir dahin gehend nicht geantwortet, auf Basis welcher Unterlagen Sie die Schlüsse in der Phase der Intensivierung der Taskforce gezogen haben. Können Sie mir abschließend vielleicht sagen: Gibt es etwas, das wir als Untersuchungsausschuss wissen sollten, das die Ursache für diese, sagen wir, etwas zurückhaltendere Vorgehensweise ist?
Dr. Wolfgang Peschorn: Meine Funktion sieht auch vor, dass ich Positionen nicht nur einnehme, sondern auch verteidige – sachlich. Ich muss Sie fragen: Wie kommen Sie zu diesen Feststellungen, die sich jetzt im Protokoll finden? – Ich habe alle Fragen, die ich beantworten kann, beantwortet. Ich habe alle Unterlagen, die ich gesetzesmäßig vorzulegen habe, vorgelegt. Ich habe darüber hinaus – aufgrund meiner Eigeninitiative – dafür gesorgt, dass ich Ihnen über weite Strecken etwas mitteilen kann, was aus meiner rechtlichen Sicht dem Untersuchungsgegenstand nicht unterliegen würde, nämlich zum Beispiel die gesamte Arbeit der Taskforce. Deswegen konnten wir uns jetzt einige Zeit lang sehr gut unterhalten. Ich verstehe Kritik, aber ich verstehe Kritik nicht, wenn sie nicht nachvollziehbar ist. Deswegen frage ich Sie: Woher nehmen Sie diese Kritik?
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich glaube, das ist zwar nun die umgekehrte Rolle, aber ich gehe gerne auf die Frage ein - -
Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, Sie fragen mich, und Sie haben ein Fragerecht.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich gebe das gerne weiter. Das mit den Unterlagen: Sie wissen, dass es zu der Situation hinsichtlich der Aktenlieferung zwei Rechtsmeinungen gibt – das wird noch zu klären sein.
Der Bußgeldbescheid ist relativ einfach: Kollege Pilz hat Sie gefragt, ob sich das Ministerium oder die Taskforce um den Erhalt des Bußgeldbescheids bemüht haben, also etwas in diese Richtung veranlasst haben. Sie haben das verneint, und auf die Nachfrage, weshalb nicht, haben Sie wohl einfach geschwiegen. Sie haben gesagt, dass Sie dazu nichts weiter sagen können. Aus meiner Sicht haben Sie das nicht ausreichend beantwortet.
Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, Entschuldigung, Ihre Frage war eine ganz - - Die Frage des Herrn Dr. Pilz war eine andere. Die Frage war, ob der Herr Bundesminister für Landesverteidigung beim Herrn Bundesminister für Verfassung, Deregulierung, Reformen und Justiz nachgefragt hat, ob er diesen Bußgeldbescheid besorgen kann. Und ich habe darauf geantwortet, dass ich das nicht weiß – es stimmt, dass ich dann wissend oder unwissend gelächelt habe –, und den Hinweis darauf gegeben, dass das eine Sache ist, die im Laufen ist, und eine Auseinandersetzung, die im Interesse der Republik wohl nicht öffentlich und publik gemacht werden soll.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Genau aus diesem Grund habe ich Sie abschließend gefragt, ob Sie weitere Informationen für uns haben.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sie haben Ihre Zeit schon sehr weit überschritten. Bitte, Herr Abgeordneter Pilz!
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Herr Kollege Bernhard, wenn ich wirklich nicht weiterweiß, sind Sie sicherlich der Erste, den ich mit meiner Vertretung beauftrage, aber im Moment geht es noch!
Wir werden auf andere Art und Weise klären, ob der Verteidigungsminister versucht hat, den Bußgeldbescheid oder eine Kopie davon vom Justizminister zu bekommen. Es gibt ja auch nach dem heutigen Tag noch ein Fragerecht an andere Personen, und damit hat sich die Geschichte. Und ich kann das genauso gut im Wege einer schriftlichen Anfrage machen.
Ich gebe dem Herrn Präsidenten vollkommen recht, das ist schon in Ordnung, wie das beantwortet worden ist. Damit ist die Geschichte für mich für den heutigen Tag auch soweit erledigt. – Danke, keine weiteren Fragen.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Der Letzte in der Runde: Herr Abgeordneter? (Abg. Ottenschläger: Ich bedanke mich!)
Darf ich den Herrn Verfahrensrichter fragen, ob es noch eine Frage gibt – da wir die Befragungsdauer noch nicht ausgeschöpft haben? (Der Verfahrensrichter verneint dies.)
Es gibt keine Fragen mehr, daher darf ich die Befragung der Auskunftsperson Dr. Peschorn für beendet erklären. Ich darf mich recht herzlich für Ihre Ausführungen bedanken.