Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Mit der vorliegenden Novelle sollen im Rahmen der Gesamtstrategie für qualifizierte Zuwanderung laut Regierungsprogramm ein Aufenthaltstitel zur Absolvierung einer Lehrausbildung geschaffen und die Voraussetzungen für den Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot-Karte einschließlich einer Senkung der Gehaltsgrenzen für die Zulassung von Schlüsselkräften aus Drittstaaten angepasst werden.

Darüber hinaus sollen die bisher in der Niederlassungsverordnung der Bundesregierung festgelegten Höchstzahlen für ausländische Saisoniers und Erntehelfer und die entsprechende Verordnungsermächtigung im § 13 Abs. 4 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) in den Regelungskreis des Ausländerbeschäftigungsgesetzes übernommen werden.

Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes)

Zu Z 1 und 2 (§ 5 Abs. 1 und 2a):

Ausländische Saisoniers und Erntehelfer sind im Unterschied zu Ausländern, die sich jährlich im Rahmen der Familienzusammenführung niederlassen, nicht zuwanderungsrelevant, zumal sie lediglich befristet zu einer Beschäftigung zugelassen und nur für die Dauer dieser Beschäftigung zum Aufenthalt berechtigt sind bzw. keinen Aufenthaltstitel nach dem NAG erhalten. Es ist daher sinnvoll, die bisher in der jährlichen Niederlassungsverordnung festgesetzten Höchstzahlen für diese Arbeitskräfte aus dem Regelungskreis des Niederlassungsrechts herauszulösen und in das Ausländerbeschäftigungsrecht zu transferieren. Die Höchstzahlen sollen künftig der bisherigen Praxis entsprechend auf Vorschlag der Arbeitsministerin im Rahmen einer Verordnung der Bundesregierung festgelegt werden.

Zu Z 3 (§ 12b Z 1):

Künftig muss sonstigen Schlüsselkräften bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres ein Bruttoentgelt geboten werden, das mindestens 40 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des ASVG zuzüglich Sonderzahlung beträgt (für 2019: € 2.088 bto/Mo). Schlüsselkräfte ab Vollendung des 30. Lebensjahres müssen künftig ein Bruttoentgelt von mindestens 50 vH zuzüglich Sonderzahlungen erhalten (für 2019: € 2.610 bto/Mo). Diese Bruttoentgelte sind als nicht unterschreitbare Grenze zu verstehen und unabhängig vom Beschäftigungsausmaß zu gewähren. Teilzeit-Schlüsselkräfte mit einer aliquoten Entlohnung können daher ebenso wenig zugelassen werden wie Schlüsselkräfte, die nur mit zwei oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen auf das vorgegebene Mindest-Bruttoentgelt kommen würden. Auch die Bestimmungen des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes bleiben unberührt. Neu angeworbene Schlüsselkräfte haben zwingend Anspruch auf das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt. Mit dem unverändert geltenden Verweis auf § 4 Abs.1 Z 2, wonach der Arbeitgeber jedenfalls die geltenden Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhalten muss, gebührt der Schlüsselkraft eine Entlohnung, die dem konkret anzuwendenden Kollektivvertrag entspricht. Hat daher die Schlüsselkraft entsprechend ihrer Qualifikation, Alter oder sonstiger beschäftigungsrelevanter Umstände Anspruch auf eine Entlohnung, die nach dem konkret anzuwendenden Kollektivvertrag höher ist als das gesetzlich vorgesehene Mindest-Bruttoentgelt, so ist der Schlüsselkraft diese kollektivvertraglich höhere Entlohnung zu gewähren. Das AMS wird daher bei jedem Antrag zu prüfen haben, ob die vom Arbeitgeber gebotene Entlohnung dem anzuwendenden Kollektivvertrag entspricht.

Mit der gebotenen Entlohnung muss schon aufgrund der allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln gewährleistet sein, dass der Aufenthalt des Ausländers im Sinne des § 11 Abs. 2 Z 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte.

Die Absenkung der Gehaltsgrenzen soll nur befristet auf drei Jahre gelten. Während dieser Zeit ist zu prüfen, ob sich diese Maßnahme quantitativ und qualitativ positiv auf die Zulassung der Schlüsselkräfte und auf die Lohnentwicklung im qualifizierten Beschäftigungsbereich ausgewirkt hat.

Zu Z 4, 5, 6 und 7 (§ 12d, Überschrift vor § 20d, § 20d Abs. 1 und § 32a Abs. 9):

Jugendliche Ausländer, die bereits vor Vollendung des 24. Lebensjahres im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung als Schüler sind, sollen auf die neu geschaffene Aufenthaltsbewilligung als Lehrling umsteigen können, wenn sie einen konkreten Arbeitgeber mit einer Lehrstelle in Aussicht haben und alle allgemeinen Voraussetzungen für die Zulassung einer Beschäftigung, wie sie im § 4 Abs. 1 und 2 festgelegt sind, vorliegen. Dazu gehört auch die Arbeitsmarktprüfung im konkreten Einzelfall. Das Arbeitsmarktservice hat das Vorliegen aller Voraussetzungen der Aufenthaltsbehörde mitzuteilen, die ihrerseits im Rahmen eines Zweckänderungsverfahrens den Aufenthaltstitel Lehrling erteilt.

Um kroatische Staatsangehörige, die noch geltenden Übergangsbestimmungen für den Arbeitsmarktzugang unterliegen, nicht schlechter zu stellen, sollen auch kroatische Jugendliche unter denselben Voraussetzungen zu einer Lehre zugelassen werden können. Nachdem sie bereits Niederlassungsfreiheit haben und keine Aufenthaltstitel erhalten, soll ihnen ersatzweise eine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden.

Zu Z 8 (§ 34 Abs. 49):

Die Neuregelungen sollen gleichzeitig mit der korrespondierenden Änderung des NAG am xx. xx 2019 in Kraft treten.

Zu Art. 2 (Änderung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes)

Zu 2 und 3 (§ 13 Abs. 1 und 4):

Die Bestimmungen zur Festlegung der Höchstzahlen für befristet beschäftigte Fremde (Saisoniers) und Erntehelfer (§ 5 Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975) sollen künftig in sachgerechter Weise ausschließlich im AuslBG geregelt werden. Die Wendung „sowie die Höchstzahl der Beschäftigungsbewilligungen für befristet beschäftigte Fremde“ in § 13 Abs. 1 sowie § 13 Abs. 4 haben daher ersatzlos zu entfallen.

Zu Z 4 (§ 41 Abs. 1 und 2)

In Umsetzung des Regierungsprogramms soll die Voraussetzung des Nachweises eines Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft als allgemeine Erteilungsvoraussetzung bei Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte“ künftig entfallen. Diese Regelung hat sich beim Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU“ und der „Niederlassungsbewilligung – Forscher“, die beide wie die „Rot-Weiß-Rot – Karte“ an qualifizierte Migranten gerichtet sind, bewährt und wird daher übernommen. Schließlich ist dies auch ein Beitrag zur Entbürokratisierung des Verfahrens zur Erlangung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte“.

Unbeschadet dessen sind regelmäßige finanzielle Aufwendungen, die durch die Unterkunftnahme in Österreich entstehen, im Rahmen der nach wie vor vorgesehenen Prüfung im Sinne des § 11 Abs. 2 Z 4 zu berücksichtigen und werden daher entsprechende Angaben im Verfahren auch hinkünftig erforderlich sein.

Zu Z 1 und 5 (Zum Inhaltsverzeichnis und § 68):

In Umsetzung des Regierungsprogramms soll ein eigener Aufenthaltstitel zur Absolvierung einer Lehrausbildung eingeführt werden. Der Systematik des NAG und dem befristeten Aufenthaltszweck der Lehrausbildung folgend, soll es sich um eine Aufenthaltsbewilligung handeln, die in § 68 eingefügt werden soll.

Die Aufenthaltsbewilligung ist nicht als Erstzuwanderungsinstrument nach Österreich konzipiert, sondern soll lediglich eine derzeit bestehende Lücke bei den für Ausbildungszwecke vorgesehenen Aufenthaltstiteln schließen. Da eine Lehrausbildung nämlich zu einem nicht unwesentlichen Teil auch Erwerbscharakter hat, ist es derzeit nicht zulässig, eine Aufenthaltsbewilligung „Schüler“ zur Absolvierung einer Lehre zu erteilen. Das bedeutet, dass Drittstaatsangehörige, die mit einer Aufenthaltsbewilligung „Schüler“ eine Schulausbildung absolvieren und dann – typischerweise nach dem Ende der Pflichtschule – keine weiterführende Schule besuchen wollen oder können, sondern eine Lehre beginnen wollen, dieser Weg verwehrt bleibt. Wiewohl diese Situation nicht oft eintritt, weil der überwiegende Teil der Drittstaatsangehörigen, die eine Pflichtschule besuchen, sich im Rahmen der Familienzusammenführung in Österreich befinden und daher typischerweise über eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ verfügen, mit welchem sie freien Arbeitsmarktzugang und somit auch Zugang zu einer Lehre haben, führt sie bisweilen doch zu ungerechtfertigten Härtefällen, die mit gegenständlicher Aufenthaltsbewilligung vermieden werden können. Dementsprechend sieht die Regelung vor, dass die Aufenthaltsbewilligung „Lehrling“ nur im Anschluss an eine Aufenthaltsbewilligung „Schüler“ erteilt werden darf. Des Weiteren ist vorgesehen, dass die zur Lehrausbildung führende Schulausbildung durch den Antragsteller spätestens vor Vollendung seines 24. Lebensjahres begonnen werden musste. Wenngleich für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung „Schüler“ im Allgemeinen kein Höchstalter vorgesehen ist, so ist die hier vorgenommene Einschränkung zur Betonung der typischerweise an Jugendliche gerichtete Lehrausbildung im Anschluss an die Pflichtschule gerechtfertigt, zumal die immer beliebter werdende Lehre nach Absolvierung der Sekundarstufe („Lehre nach Matura“) dadurch nicht ausgeschlossen wird.

In verfahrensrechtlicher Sicht ist anzumerken, dass entsprechend den Vorgaben der Richtlinie 2011/98/EU über ein einheitliches Verfahren zur Beantragung einer kombinierten Erlaubnis für Drittstaatsangehörige, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufzuhalten und zu arbeiten, sowie über ein gemeinsames Bündel von Rechten für Drittstaatsarbeitnehmer, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, ABl. Nr. L 343 vom 23.12.2011 S. 1 („Rahmen-Richtlinie“), ein „One-Stop-Shop-Verfahren“ vorzusehen ist. Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis müssen daher in einem Dokument erteilt werden, weshalb ein Zulassungsverfahren unter Einbindung des Arbeitsmarktservices, analog zur Aufenthaltsbewilligung „ICT“ und zur „Rot-Weiß-Rot – Karte“, vorzusehen ist.

Ähnlich wie bei den Aufenthaltsbewilligungen für Schüler und Studenten soll auch hier eine Verlängerung des Aufenthaltstitels nur dann zulässig sein, wenn ein entsprechender Lehrerfolg im vorangegangen Jahr nachgewiesen werden kann.

Zu Z 6 (§ 69 Abs. 2):

Analog zur Aufenthaltsbewilligung „Schüler“ soll ein Familiennachzug zu Inhabern einer Aufenthaltsbewilligung „Lehrling“ nicht möglich sein.

Zu Z 7 (§ 82 Abs. 29):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten. Der Entfall des Nachweises eines Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft als allgemeine Erteilungsvoraussetzung bei Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte“ soll – wie auch die Änderung im AuslBG betreffend die Herabsenkung der Gehaltsgrenzen –zunächst befristet für 3 Jahre erfolgen. In diesem Zeitraum sollen die Auswirkungen dieser Änderungen evaluiert und basierend auf den Ergebnissen gegebenenfalls eine Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Änderungen erfolgen.