Erläuterungen:

Allgemeiner Teil:

Allgemeines:

In der Vergangenheit wurde vermehrt die Forderung nach einer Anpassung des Strafvollzuges an aktuelle Gegebenheiten und einer Reform des Maßnahmenvollzuges erhoben. Zum einen bestehen in der Vollzugspraxis einige Problemstellungen, die im Rahmen der derzeitigen rechtlichen Gegebenheiten nicht befriedigend gelöst werden können, zum anderen erfordern die technische Weiterentwicklung sowie geänderte soziale Bedingungen angemessene, auch legistische Maßnahmen um dieser Entwicklung entsprechend Rechnung tragen zu können. Mit der vorliegenden Novelle soll in einem ersten Schritt den breitgefächerten dringenden Bedürfnissen der Vollzugspraxis umfangreich entsprochen werden. Der Maßnahmenvollzug ist nicht Gegenstand dieser Änderungen, sondern soll vielmehr einem gesonderten Reformvorhaben, nämlich der Schaffung eines eigenen Maßnahmenvollzugsgesetzes, vorbehalten bleiben.

Zur Zielsetzung der Erhöhung der (Rechts-)Sicherheit durch klarere Handlungsanleitungen, soll die Neuregelung der Fesselung, die Änderungen hinsichtlich der vorzeitigen Rückkehr von Personen im Falle eines Absehens vom Strafvollzug wegen eines Einreise- oder Aufenthaltsverbotes sowie die Vereinheitlichung der Strafzeitberechnung dienen.

Aufgrund des Erfolges des elektronisch überwachten Hausarrestes, sieht der Entwurf die Erweiterung dieser Vollzugsform auf (voraussichtlich noch) zu verbüßende Freiheitsstrafen von bis zu 24 Monaten vor. Ausgenommen von dieser Erweiterung bleiben jedoch Strafen, die wegen schwerer Gewalt- oder Sexualverbrechen ausgesprochen wurden.

Die Sicherheit in den Anstalten soll durch die Neuregelung der Durchsuchungsvorschriften, Ermöglichung des Betriebes technischer Einrichtungen zur Auffindung von Mobiltelefonen und Störung von Frequenzen, Erweiterung des Kataloges der Dienstwaffen und Schaffung einer Rechtsgrundlage für den Einsatz von Bodycams erhöht werden.

Den Bedürfnissen der Praxis entsprechend, sollen mit dieser Novelle auch Maßnahmen zur Entlastung der Justizanstalten gesetzt werden. So sollen künftig die Verhandlungen über die bedingte Entlassung – außer in besonders begründeten Einzelfällen – per Videokonferenz durchgeführt werden, um den großen Aufwand, der durch die Ausführungen zum Gericht entstehen, zu verringern. Darüber hinaus soll in einigen Fällen die Vorlage einer Äußerung des Anstaltsleiters in Verfahren über die bedingte Entlassung nicht mehr zwingend sein.

In Anbetracht des Budgetdrucks im Strafvollzug, der angespannten Personalsituation und der hohen Insassenzahlen sind insbesondere die Verwaltungsvereinfachungen und die Erhöhung der Sicherheit durch die klareren Handlungsanleitungen für alle Bediensteten und Insassen dringend umzusetzen.

Zuletzt sollen auch Anliegen zur Unterstützung einer zukunftsorientierten Entlassungsvorbereitung aufgegriffen werden.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

1.      Änderung der Strafzeitberechnung, um eine einheitliche Strafzeit zu gewährleisten;

2.      Einführung einer Frist zur Stellung eines („front door“) Antrages auf Verbüßung einer Strafe im elektronisch überwachten Hausarrest;

3.      Erweiterung der Ermittlungsmaßnahmen in § 3 Abs. 3 StVG;

4.      Einführung einer Frist zwischen Beschlussfassung und Eintritt des relevanten Zeitpunktes in § 4 StVG;

5.      Erweiterung der Zuständigkeit des Vollzugsgerichts auf die Fälle der §§ 4 und 106 Abs. 2a StVG;

6.      Einführung einer Bestimmung über den Schutz der Uniform der Justizwache als § 13b StVG;

7.      Schaffung einer Bestimmung betreffend Forschung zu strafvollzugsrelevanten Themen als § 14b StVG;

8.      Datenschutzrechtliche Anpassungen;

9.      Schaffung einer Regelung zur Einbehaltung von Verfahrenskosten im zweitinstanzlichen Verfahren wegen der Verhängung von Ordnungsstrafen;

10.    Einführung einer expliziten Regelung zur Möglichkeit der Erbringung von Leistungen für den Strafvollzug durch externe Personen;

11.    Einführung der Möglichkeit der Videotelefonie als Vergünstigung;

12.    Einführung einer Genehmigungspflicht des BMVRDJ bei Hausordnungen, wenn subjektive Rechte betroffen sind;

13.    Ausweitung des Geschäftsverbotes auf juristische Personen in § 30 StVG und explizite Aufnahme in die Aufzählung der Ordnungswidrigkeiten in § 107 Abs. 1 StVG;

14.    Flexibilisierung der Regelung hinsichtlich des Bezuges von Bedarfsgegenständen;

15.    Klarstellungen bei Krankenbehandlungen, eine Verwaltungsvereinfachung sowie Begrenzungen überbordender prothetischer Zahnbehandlungen (§§ 68, 71a, 72 und 73 StVG);

16.    Schaffung einer gesetzlichen Möglichkeit hinsichtlich Ausführungen durch Organe der Sicherheitsbehörde und Verwendung von Videokonferenz in § 98 Abs. 1 StVG;

17.    Einführung einer klaren Regelung hinsichtlich der Fesselung von Gefangenen und Ausdehnung auf den Fall der Androhung, Vorbereitung und den Versuch der Selbstverletzung;

18.    Grundsätzliche Verschiebung der Zuständigkeit betreffend die Nichteinrechnung von Strafzeiten vom Vollzugsgericht zu den Vollzugsbehörden erster Instanz;

19.    Einführung eines Missbrauchskorrektives bei der Gewährung von Ausgängen in § 99a Abs. 1 StVG;

20.    Verbot von Mobilfunkgeräten auf dem Gelände von Justizanstalten, sofern sie nicht dienstlich zugelassen sind, und Schaffung einer Möglichkeit zur Betreibung von Anlagen, die u.a. Mobilfunkfrequenzen unterdrücken können;

21.    Präzisierung der Durchsuchungsbefugnisse in Bezug auf Personen, die eine JA betreten, und Schaffung einer Befugnis, Gefangene nach Rückkehr beispielsweise von einem Ausgang routinemäßig zu durchsuchen;

22.    Schaffung einer gesetzlichen Regelung hinsichtlich „Bodycams“ in § 102b Abs. 2a StVG;

23.    Mechanische Fixierung statt Zwangsjacke in § 103 Abs. 2 Z 5 StVG;

24.    Erweiterung der Aufzählung der Dienstwaffen in § 105 StVG;

25.    Schaffung von Ermittlungsbefugnissen der Sicherheitsbehörden bei Flucht; Einführung einer Pflicht der Anstaltsleitung zur Verständigung der Sicherheitsbehörde von Tatsachen, die auf eine konkrete Gefahr bspw. für Leib und Leben anderer Personen schließen lassen;

26.    Streichung der Möglichkeit der Einschränkung von Telefongesprächen mit den in § 90b Abs. 4 bis 6 StVG genannten Personen als Ordnungsstrafe und Erweiterung der Möglichkeit der Einschränkung von Telefongesprächen als Ordnungsstrafe durch die Aufhebung des Missbrauchskorrektives;

27.    Weitere Lockerung des Trennungsprinzips im Hinblick auf die Krankenbetreuung und im Rahmen der erzieherischen Betreuung und Beschäftigung;

28.    Erweiterung des § 129 auf wiederholt verhaltensauffällige Strafgefangene.

29.    Neuregelung des § 133a StVG;

30.    Einführung eines Austausches u.a. zur Vorbereitung von Entscheidungen nach § 144f StVG;

31.    Änderung hinsichtlich des Zeitpunktes der Entlassung in § 148 StVG;

32.    Einschränkung der Verpflichtung zur Vorlage einer Äußerung des Anstaltsleiters in § 152 Abs. 2 StVG;

33.    Schaffung einer gesetzlichen Regelung zur Verwendung von Videokonferenzen in BE Verfahren;

34.    Regelung der Nichteinrechnung von auf Flucht verbrachten Zeiten nach Beschlussfassung über die bedingte Entlassung;

35.    Aufnahme des § 152a in die Aufzählung des § 153 StVG;

36.    Erweiterung der Möglichkeit des elektronisch überwachten Hausarrestes auf eine noch zu verbüßende Strafzeit von 24 Monaten, ausgenommen bei schweren Gewalt- und Sexualdelikten;

37.    Erweiterung der Einschränkung des elektronisch überwachten Hausarrestes bei Taten nach § 107b Abs. 4 erster Satz zweiter Fall StGB;

38.    Anpassungen der Voraussetzungen des elektronisch überwachten Hausarrestes im Hinblick auf den Versicherungsschutz und Einführung der Möglichkeit der Bewegung im Freien auch in dieser Vollzugsform;

39.    Erweiterung des § 29c BewHG auf die Vorbereitung der Entscheidung über die Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest.

Auswirkungen auf die Beschäftigungslage und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Angelegenheiten des Zivil- und des Strafrechtswesens sowie der Justizpflege).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Besonderer Teil:

Zu Artikel 1 (Änderung des Strafvollzugsgesetzes):

Zu Z 1 (§ 1 Z 5 StVG):

Derzeit ist weder in § 1 Z 5 StVG noch in § 46 Abs. 5 StGB oder in einer anderen gesetzlichen Bestimmung eine Reihenfolge für den Fall des Vollzuges mehrerer Freiheitsstrafen festgelegt. In der Praxis wird auf das Einlangen der Strafvollzugsanordnungen in der Justizanstalt abgestellt, wobei sich durch die Unregelmäßigkeit des Kalenders im Bereich der Jahre und Monate jeweils unterschiedlich lange Strafzeiten ergeben können. Es wird daher vorgeschlagen, im Vollzug die in Jahren und Monaten verhängten Freiheitsstrafen in Tage umzurechnen, wobei einem Jahr 365 und einem Monat 30 Tage entsprechen. In der Praxis werden Freiheitsstrafen im Urteil teilweise in unterschiedlicher Form ausgesprochen. So kann z.B. ein Ausspruch zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten oder zu einem Jahr und sechs Monaten erfolgen. Bislang hatte die unterschiedliche Spruchpraxis keinen Einfluss auf die zu verbüßende Strafzeit. Nach der vorgeschlagenen Regelung würde jedoch eine Person, die zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wird, 365 Tage in Haft verbringen, eine Person die zu zwölf Monaten verurteilt wird, jedoch nur zu 360 Tagen (zwölf Mal 30 Tage). Eine unterschiedlich lange Dauer der Freiheitsstrafe je nach konkreter Fassung des Spruchs ist jedoch vom Gericht nicht beabsichtigt, sondern ist mit einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten eine solche von einem Jahr gemeint. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, soll hinsichtlich der für das StVG maßgeblichen Berechnungsart klargestellt werden, dass zwölf Monate einem Jahr und vier Wochen einem Monat entsprechen. Durch diese Änderungen soll eine einheitliche Berechnung aller Freiheitsstrafen erreicht werden.

Da bei der Reihenfolge des Vollzuges mehrerer Freiheitsstrafen auf das Einlangen der Strafvollzugsanordnungen abgestellt wird, kommt es immer wieder zu Schwierigkeiten bei Ersuchen um Strafvollstreckung durch den Heimatstaat bei ausländischen Verurteilten. Der Rahmenbeschluss 2008/909/JI des Rates vom 27.11.2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union, ABl. L 2008/327, 27, sieht in Art. 9 Abs. 1 Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung vor. Die häufigsten Gründe für eine Ablehnung in diesem Zusammenhang in der Praxis sind, dass eine Tat nach dem Recht des Heimatstaates des Verurteilten nicht strafbar ist (Art. 9 Abs. 1 lit d) oder zum Zeitpunkt des Eingangs des Urteils bei der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaats weniger als sechs Monate der Sanktion noch zu verbüßen sind (Art. 9 Abs. 1 lit h). Auch von Nicht-EU-Staaten wird die Übernahme der Strafvollstreckung abgelehnt, wenn die Tat in diesem jeweiligen Staat nicht strafbar wäre. Um diese Probleme zu beseitigen wird vorgeschlagen, die Reihenfolge des Vollzuges mehrerer Freiheitsstrafen ebenfalls einheitlich zu regeln, wobei die kürzeren vor den längeren Freiheitsstrafen zu vollziehen sein sollen. Unter Freiheitsstrafen sind auch Strafreste und solche Freiheitsstrafen zu verstehen, die aufgrund eines Widerrufs (§§ 494a, 495 StPO) zu vollstrecken sind. Wurde mit dem Vollzug einer Freiheitsstrafe bereits begonnen und wäre eine kürzere zu vollziehen (beispielsweise, weil eine bedingte Nachsicht widerrufen wird oder der Verurteile während der Haft neuerlich eine Straftat begeht), so ist aus Anlass der Erwirkung einer Strafvollstreckung durch das Ausland der Vollzug der längeren Freiheitsstrafe zu unterbrechen und zunächst die kürzere zu vollziehen. Dieses Vorgehen bedarf keines weiteren Beschlusses eines Gerichtes. Eine Anrechnung der kurzen Strafe auf die bereits verbüßte längere Strafe ist nicht zulässig. Ersatzfreiheitsstrafen sollen künftig als letzte vollzogen werden. Dies eröffnet den Gefangenen die Möglichkeit, die Geldstrafe beispielsweise mit dem zur Verfügung stehenden Hausgeld zu begleichen und somit die Haftzeit zu verringern. Zudem könnte dadurch der kostenintensive Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen reduziert werden.

Anregungen aus der Praxis entsprechend soll eine Definition des Begriffes Haftblock (=Strafblock) in § 1 Z 5 aufgenommen werden. Dieser Begriff entspricht inhaltlich § 46 Abs. 5 StGB:

„Verbüßt ein Verurteilter mehrere Freiheitsstrafen, Strafteile oder Strafreste, so ist ihre Gesamtdauer maßgebend, sofern sie unmittelbar nacheinander verbüßt oder lediglich durch Zeiten unterbrochen werden, in denen er sonst auf behördliche Anordnung angehalten wird. ... Wurde auf eine Zusatzstrafe erkannt (§§ 31, 40), so sind auch bei unterbrochenem Vollzug alle Strafen maßgebend, auf die beim Ausspruch der Zusatzstrafe Bedacht zu nehmen war; wurde der Verurteilte aus einer dieser Strafen bedingt entlassen, so ist bei Berechnung des Stichtages (§ 46 Abs. 1 und 2) sowie der noch zu verbüßenden Strafzeit die tatsächlich in Haft zugebrachte Zeit in Abzug zu bringen. Eine frühere Strafe, zu der eine Zusatzstrafe verhängt wurde, hat jedoch außer Betracht zu bleiben, soweit der Verurteilte daraus vor Verbüßung der Hälfte der Strafzeit entlassen wurde.“

Der Haftblock endet somit insbesondere durch (bedingte) Entlassung oder Begnadigung. Folgen unmittelbar anschließend jedoch Zeiten behördlicher Anhaltung (Untersuchungshaft, Schubhaft nach dem FPG, Auslieferungshaft etc.) und ist danach eine neuerliche Strafhaft zu verbüßen, so gilt der gesamte Zeitraum als ein Haftblock. Ein Sonderfall stellt die Verbüßung von Zusatzstrafen dar. Hier liegt selbst bei zwischenzeitiger Entlassung aus der Haft und anschließender Verbüßung der Zusatzstrafe hinsichtlich der gesamten in Haft verbrachten Zeit nur ein Haftblock vor.

Zu Z 2 (§ 3 Abs. 1 StVG):

Mit dem Zusatz in § 3 Abs. 1 StVG soll klargestellt werden, dass nicht nur eine Abschrift eines Gutachtens, sondern auch des Befundes zu übermitteln ist.

Zu Z 3 und 79 (§ 3 Abs. 2 und § 156d Abs. 4 StVG):

Nach geltender Rechtslage sieht § 156d Abs. 4 StVG vor, dass – wenn nicht über den Antrag innerhalb der Frist des § 3 Abs. 2 StVG entschieden werden kann – die Anordnung des Vollzuges bis zur rechtskräftigen Entscheidung vorläufig zu hemmen ist, wenn der Antrag nicht offenbar aussichtslos ist. Es gibt daher derzeit keine Frist, die eine Stellung des Antrages auf elektronisch überwachten Hausarrest innerhalb der Monatsfrist zum Strafantritt vorsieht. In der Praxis traten Fälle sehr später Antragstellung – teilweise nach der Monatsfrist – auf. Um zu verhindern, dass (auf den ersten Blick nicht völlig aussichtslose) Anträge lediglich zur Verzögerung der Einleitung des Strafvollzuges gestellt werden, wird vorgeschlagen, die Antragsfrist auf die ersten drei Wochen nach Erhalt der Strafantrittsaufforderung zu beschränken. Zugleich soll eine Information über die Möglichkeit der Stellung eines Antrages auf Verbüßung der Haft im elektronisch überwachten Hausarrest samt den erforderlichen Voraussetzungen dafür in die Strafantrittsaufforderung aufgenommen werden.

Zu Z 4, 5 und 50 (§ 3 Abs. 3 und § 106 Abs. 2a StVG):

Mit dem Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2018, BGBl. I Nr. 27/2018, wurden neue Ermittlungsmaßnahmen u.a. die Lokalisierung technischer Einrichtungen (§ 134 Z 2a StPO) und die Anlassdatenspeicherung (§ 134 Z 2b StPO) in das 8. Hauptstück der StPO aufgenommen. Die neuen Ermittlungsmaßnahmen erscheinen auch im Falle der Flucht eines Strafgefangenen bzw. wenn der Verurteile die Strafe antreten soll aber unbekannten Aufenthaltes ist, zweckmäßig. Es wird daher vorgeschlagen, die Lokalisierung technischer Einrichtungen und die Anlassdatenspeicherung in die Aufzählung des § 3 Abs. 3 und des § 106 Abs. 2a StVG aufzunehmen. Diese sollen jedoch nur dann zulässig sein, wenn das Vorsatzdelikt, welches der Verurteilung zugrunde liegt, mit einer über einjährigen Freiheitsstrafe bedroht ist.

Bislang bestand in der Praxis Unsicherheit darüber, ob die in § 3 Abs. 3 StVG genannten Ermittlungsmaßnahmen auch bei einer Flucht (§ 106 StVG) zum Tragen kommen können. Es wird daher vorgeschlagen, einen neuen Abs. 2a in § 106 StVG aufzunehmen, welcher inhaltlich dem § 3 Abs. 3 StVG entspricht.

Zu Z 6 und 61 (§ 4 und § 133a Abs. 5 StVG):

Derzeit enthält weder § 4 StVG noch § 133a StVG eine zeitliche Beschränkung hinsichtlich der Beschlussfassung und dem tatsächlichen Zeitpunkt des Absehens vom Strafvollzug wegen Auslieferung, Einreise- oder Aufenthaltsverbotes. Es gibt daher Fälle, in denen der Beschluss hinsichtlich des Absehens vom Strafvollzug bereits Jahre vor dem tatsächlichen Zeitpunkt des Absehens gefasst wird. Dies führt jedoch dazu, dass in der Praxis beispielsweise ein Ersuchen um Übernahme der Strafvollstreckung in solchen Fällen einem derartigen Beschluss zuwiderlaufen würde und daher nicht gestellt werden kann. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, in § 4 StVG einen neuen Abs. 2 einzufügen, wonach künftig zwischen dem Zeitpunkt der Beschlussfassung und dem Zeitpunkt des tatsächlichen Absehens vom Strafvollzug wegen Auslieferung nicht mehr als sechs Monate liegen dürfen. In § 133a Abs. 5 StVG soll in Anlehnung an diese Regelung eine Antragstellung oder Beschlussfassung nach Abs. 1 und 3 dieser Bestimmung frühestens sechs Monate vor Erreichung der zeitlichen Voraussetzungen möglich sein.

Zu Z 7, 13 und 16 (§§ 7 Abs. 1 bis 3, 16 Abs. 2 Z 2 und 17 Abs. 1 Z 4 StVG):

Nach § 4 StVG erster Satz ist vom Vollzug einer Freiheitsstrafe vorläufig abzusehen, wenn der Verurteilte an eine ausländische Behörde ausgeliefert wird, sofern es nicht aus besonderen Gründen des unverzüglichen Vollzuges bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Mit der Verschiebung der Zuständigkeit vom Urteils- auf das Vollzugsgericht für alle Entscheidungen nach § 4 StVG soll die Koordinierung – insbesondere mit anderen haftbeendenden Entscheidungen – durch die Konzentration der Entscheidungskompetenz beim Vollzugsgericht erleichtert werden. Auch für das Verfahren nach § 4 StVG gilt die StPO sinngemäß, wobei dem Verurteilten die Rechte des Beschuldigten zukommen (§ 17Abs. 1 Z 3 StVG).

Zu Z 8 (§ 13b StVG):

Nach § 83a des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) ist das Tragen der Uniform der Polizei bzw. von Uniformen, die auf Grund ihrer Farbgebung und Ausführung den Anschein erwecken, dieser ähnlich zu sein, bei Strafe untersagt. Eine vergleichbare Regelung existiert derzeit hinsichtlich der Uniform der Justizwache nicht. Die vorgeschlagene Bestimmung soll daher die Dienstkleidung (Uniform) oder Ausrüstungsgegenstände, sowie das Dienstabzeichen (Kokarde) der Justizwache einem vollzugsspezifisch erhöhten Schutz vor missbräuchlicher Nutzung durch Personen, welchen das Tragen nicht gestattet ist, unterstellen. Dies gilt auch für Bekleidung, Ausrüstungsgegenstände und Dienstabzeichen, die auf Grund ihrer Farbgebung und Ausführung objektiv geeignet sind, den äußeren Anschein einer gemäß § 13b Abs. 1 und 2 bezeichneten Uniform, Uniformteiles oder Dienstabzeichens zu erwecken.

Zu Z 9 (§ 14b StVG):

Im Rahmen des Strafvollzugsreorganisationsgesetzes 2014 (BGBl. I. Nr. 13/2015) erfolgte eine Neufassung des § 13 StVG. Dabei wurde aufgrund eines redaktionellen Versehens § 13 Abs. 3 alt, der auch als Grundlage des strafvollzugsrechtlichen Forschungswesens diente, nicht fortgeschrieben. Dies soll mit § 14b korrigiert werden. Die Verhängung und Vollziehung von Freiheitsstrafen stellt in einer demokratischen Gesellschaft europäischer Prägung die schärfste Reaktion auf Straftaten dar, die dem Staat zur Verfügung steht. Alleine schon dieser Umstand verpflichtet den Staat zum einen, das Instrument der Freiheitsstrafe möglichst sparsam und mit Augenmaß einzusetzen, zum anderen dort, wo nicht auf Freiheitsstrafen verzichtet werden kann, den Vollzug derselben so zu gestalten, dass die gesetzlich angestrebten Vollzugszwecke (§ 20 Abs. 1 StVG) in bestmöglicher Weise erreicht werden. Daraus resultiert die Notwendigkeit, die Erreichung oder Nichterreichung der Vollzugszwecke und Vollzugsziele möglichst objektiv und vorurteilsfrei empirisch zu überprüfen und zu evaluieren. Es geht also vor allem um Behandlungsforschung und Wirkungsforschung im Hinblick auf die vielfältigen im Strafvollzug gesetzten Interventionen. Dies kann ausschließlich auf der Basis wissenschaftlich fundierter Vorgangsweise unter Berücksichtigung der Gütekriterien empirischer Forschung geleistet werden. Allein dieser Umstand spricht schon für die Verankerung wissenschaftlicher, insbesondere empirisch-kriminologischer, Forschung im Strafvollzugsgesetz (vgl. auch § 166 dStVollzG).

Gerade vor dem Hintergrund zunehmend knapper werdender öffentlicher Ressourcen wird auch die Strafvollzugsverwaltung künftig zunehmend gefordert sein, Output und Outcome ihrer Leistungen klar und nachvollziehbar darstellen zu können. Dazu sind Ergebnisse wissenschaftlich haltbarer Forschungsarbeiten unverzichtbar. Auch dies spricht für die Festschreibung der Notwendigkeit wissenschaftlicher Forschung im Strafvollzugsgesetz. Umgekehrt sollte die gesetzliche Verankerung der Vollzugsforschung es erleichtern, einen eigenen Budgetposten für Forschungsaufgaben einzurichten und somit Planungssicherheit für diesen Bereich zu schaffen.

Im Rahmen der Beiziehung nach Abs. 2 können an externe Experten umfassende Aufträge erteilt oder auch nur einzelne Sachfragen herangetragen werden. Die Datenverarbeitung zu Forschungszwecken im Sinne des § 14b StVG erfolgt auf Grundlage des § 15b Abs. 5 StVG.

Zu Z 10 und 11 (§ 15a Abs. 2 StVG):

Seit dem Inkrafttreten der Novellierung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen des StVG hat sich in der Praxis ein Bedarf um Ergänzung des Kreises jener Personen im Umfeld des Strafvollzuges ergeben, deren Daten verarbeitet werden können sollen (z.B. im Hinblick auf wirtschaftliche Kontakte zu Privatpersonen, die keine Unternehmer sind, oder auf über Ansuchen eines Strafgefangenen beigezogenen Arztes). Es wird daher eine entsprechende Ergänzung des § 15a Abs. 2 Z 1 StVG vorgeschlagen.

Zu Z 12 (§ 15d StVG):

Um die den Vollzugsbehörden übertragenen Aufgaben hinsichtlich der in ihrer Gewahrsame angehalten Personen zu besorgen, ist es erforderlich auch diese Personen betreffende Daten verarbeiten zu können, über die andere Behörden und Institutionen rechtmäßig verfügen. Um die Nutzungsmöglichkeit dieser Daten im Interesse der Vollzugsbehörden zu Erfüllung der Zwecke des Strafvollzuges sicherzustellen, wird vorgeschlagen eine explizite Verpflichtung zur Übermittlung dieser personenbezogenen Daten auf Anfrage der Vollzugsbehörden gesetzlich zu verankern. Zudem sollen andere Behörden und Institutionen ermächtigt werden, von sich aus entsprechende Daten an die Vollzugsbehörden zu übermitteln.

Zu Z 15 (§ 16 Abs. 2 Z 8 StVG):

Nach dem allgemeinen Grundsatz, dass – soweit nicht die Zuständigkeit des Urteilsgerichtes ausdrücklich normiert ist – ab dem Zeitpunkt des Strafantritts die gerichtlichen Aufgaben vom Vollzugsgericht wahrzunehmen sind, soll in § 16 Abs. 2 Z 8 StVG ausdrücklich klargestellt werden, dass für Entscheidungen über die Erwirkung der Fahndung und Auslieferung von geflohenen und nicht zurückgekehrten Strafgefangenen sowie die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls das Vollzugsgericht zu entscheiden hat.

Zu Z 14, 36, 38 und 65 (§ 16 Abs. 2 Z 3 und 3a, § 99 Abs. 6, 99a Abs. 4 und 147 Abs. 4 StVG):

Gemäß § 99 Abs. 4 StVG auf den die §§ 99a und 147 StVG verweisen – ist im Falle eines Widerrufes der Unterbrechung oder eines nicht rechtzeitigen Strafantrittes die außerhalb der Strafhaft verbachte Zeit nicht in die Strafzeit einzurechnen. Derzeit obliegt die Entscheidung hinsichtlich der Nichteinrechnung von Zeiten, in denen ein Strafgefangener von einer Unterbrechung oder einem Ausgang nicht zurückgekehrt ist, dem Vollzugsgericht. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung wird vorgeschlagen, die Kompetenz zur Nichteinrechnung von Zeiten im Zusammenhang mit diesen Bestimmungen der Vollzugsbehörde erster Instanz zu übertragen. Eine Beeinträchtigung des Rechtsschutzes ist durch die Änderung nicht zu erwarten, weil die Entscheidung der Vollzugsbehörde erster Instanz im Rechtsmittelweg vom Vollzugsgericht und vom OLG Wien überprüft werden kann (§§ 120 ff StVG)

Zu Z 17 (§ 17 Abs. 2 Z 2 StVG):

Mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 wurde § 51 Abs. 7 VStG aufgehoben. Die Nachfolgebestimmung ist nunmehr in § 43 VwGVG normiert. Der Verweis in § 17 Abs. 2 Z 2 StVG war daher entsprechend anzupassen.

In der Praxis traten vermehrt Probleme bei der Vollstreckung des vom Vollzugsgericht (§ 16 Abs. 3 Z 1 StVG) im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens wegen eines im Ordnungsstraferkenntnis festgesetzten Verfahrenskostenbeitrages auf. Die derzeit anzuwendende Bestimmung des § 52 Abs. 6 VwGVG verweist zur Vollstreckung auf die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG. Diese Bestimmungen beziehen sich allerdings auf die Einbringlichmachung von Geldstrafen und tragen der besonderen Konstellation im Hinblick auf die weitgehend exekutionsgeschützten Gelder von Gefangenen (siehe §§ 41 Abs. 3 StVG; §§ 290 Abs. 1 Z 16, 291a, 291d EO) nicht ausreichend Rechnung. Das GEG ist für diese Fälle nicht anwendbar, da die Kosten nicht unter § 1 Z 4 GEG subsumiert werden können.

Eine vergleichbare Situation bestand auch hinsichtlich des Verfahrenskostenbetrages des erstinstanzlichen Ordnungsstrafverfahrens bis zum Budgetbegleitgesetz 2009 (BGBl. I Nr. 52/2009), womit in § 107 Abs. 4 (in Anlehnung an § 113 StVG) die „Einbehaltung des Verfahrenskostenbeitrages vom Hausgeld, gegebenenfalls in Teilbeträgen“ vorgesehen wurde, was sich in der Praxis bewährt hat. Es wird daher vorgeschlagen, eine gleichartige Regelung für die Verfahrenskostenbeiträge des vollzugsgerichtlichen Verfahrens in § 17 Abs. 2 Z 2 aufzunehmen.

Zu Z 18 (§ 20a StVG):

Das Strafvollzugsgesetz überträgt den Vollzugsbehörden die Aufgabe, die zur Erreichung der Zwecke des Strafvollzuges erforderlichen Betreuungs- und Ausbildungsmaßnahmen gegenüber den in den Strafvollzug übernommenen Personen zu veranlassen. Hierzu stehen den Vollzugsbehörden primär die Strafvollzugsbediensteten und die strafvollzugsbehördliche Infrastruktur zur Verfügung. Daneben kann es aber erforderlich werden, auch externe Personen oder Stellen mit der Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zu betrauen. Eine ausdrückliche Ermächtigung, vollzugsbehördliche Aufgaben durch Dritte besorgen zu lassen, besteht jedoch grundsätzlich nicht. Der gegenständliche Gesetzesvorschlag (Abs. 1) soll diese seit Jahrzehnten unverzichtbare Vollzugspraxis aus Anlass der Notwendigkeit, die dazu erforderliche Übermittlung personenbezogener Daten der Strafgefangenen datenschutzkonform zu regeln (Abs. 2), auf eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage stellen.

Da die beigezogenen Dritten im Rahmen der Leistungserbringung als Auftragsverarbeiter iSd § 36 Abs. 2 Z 9 DSG die personenbezogenen Daten der leistungsbegünstigten Strafgefangenen auch verarbeiten (müssen), ergeben sich die datenschutzrechtlichen Vorgaben aus dem 3. Hauptstück des Datenschutzgesetzes (§§ 36 bis 61 DSG).

Zu Z 19 (§§ 24 Abs. 3 Z 1 StVG):

Derzeit wird im Rahmen des Projektes „Videotelefonie für Insassen“ ein Testlauf in drei Projektanstalten (Graz-Karlau, Garsten und Suben) mit Erfolg durchgeführt, wobei aktuell an einer adäquateren und kostengünstigeren Softwarearchitektur gearbeitet wird.

Das Gesetz differenziert bei den Außenkontakten von Insassen zwischen Besuch iSd § 93 StVG und Telefongespräch iSd § 96a StVG. Die Strafgefangenen erhalten damit die Möglichkeit der fernmündlichen Kommunikation und der unmittelbaren Kommunikation mit physisch Anwesenden. In der Praxis gab es bislang Unsicherheiten betreffend die Frage, ob die Videotelefonie als Besuch oder als Telefongespräch im Sinne des StVG zu werten ist. Durch die Videotelefonie besteht die Möglichkeit sein Gegenüber zu sehen, ohne dass dieses physisch anwesend ist, wodurch auch eine nonverbale Kommunikation stattfinden kann bzw. stattfindet. Dennoch unterscheidet sich die Intensität dieses Kontaktes deutlich von jener bei einem unmittelbaren physischen Kontakt. In gewisser Weise vergleichbar mit der Videotelefonie wirkt der Sicherheitsbesuch durch die Abtrennung mittels Glasscheibe und Gesprächsführung über das Telefon, jedoch kann auch hier die tatsächliche physische Anwesenheit des Besuches nicht durch die Videotelefonie ersetzt werden. Das gilt umso mehr für den Tischbesuch. Die Videotelefonie als technologieunterstützter Kontakt zwischen dem Insassen und einer anderen Person nimmt damit eine Art Zwischenstellung zwischen Besuch und Telefonat ein. Eine explizite gesetzliche Regelung zur Nutzung von Videotelefonie für Insassen erscheint somit zweckmäßig.

Dabei geht der Entwurf dem natürlichen Wortsinn entsprechend davon aus, dass es sich auch bei einem Telefonat mit Bildübertragung letztlich um ein Telefonat und nicht um einen Besuch handelt. Im Hinblick auf die erforderlichen technischen bzw. administrativen Vorkehrungen erscheint es jedoch derzeit nicht indiziert, die Videotelefonie einfach unter § 96a StVG zu subsumieren, sondern als Vergünstigung auszugestalten. Dem stehen insofern keine grundrechtlichen Bedenken entgegen, als der Kontakt mit der Außenwelt bereits durch die bestehenden Regelungen ausreichend sichergestellt scheint.

Zu Z 20 (§ 25 Abs. 1 StVG):

Im Zuge der Reorganisation der Strafvollzugsverwaltung (BGBl. I Nr. 13/2015) wurden unter dem Aspekt der Verwaltungsvereinfachung einzelne Agenden, deren Besorgung vormals in der Zuständigkeit der Vollzugsdirektion angesiedelt war (u.a. die Genehmigung der von den Anstaltsleiten konzipierten Hausordnungen), nicht mehr der Generaldirektion übertragen.

Um die mit der letzten Reform beabsichtigte Stärkung der Kontrollmechanismen auszubauen, erscheint es auch unter Berücksichtigung einer entsprechenden Anregung des vormaligen parlamentarischen Gesetzgebungsprozesses zweckmäßig, eine Genehmigungspflicht eingeschränkt auf Änderungen von Bestimmungen der Hausordnung, die subjektive Rechte betreffen, durch das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen) weiterzuführen. Damit wird eine bundesweit einheitliche Administration der im Strafvollzugsgesetz begründeten subjektiven Rechte gewährleistet und gleichzeitig durch die präventive Kontrolle allfälliger durch Beschwerdeführung nachfolgend verursachter Verwaltungsaufwand vermieden. Die von der Genehmigungspflicht betroffenen Rechtsbereiche können bei Bedarf im Erlassweg einer Präzisierung zugeführt werden.

Zu Z 21 und 53 (§§ 30 Abs. 1 und 107 Abs. 1 Z 2a StVG):

Erfahrungen aus der Vollzugspraxis zeigen, dass es der ausdrücklichen Ausdehnung des Geschäftsverbotes auf juristische Personen bedarf, um zu verhindern, dass eine Umgehung des Geschäftsverbotes mittels entsprechender Konstruktionen (z.B. Ein-Personen-GmbH oder Vereine) erfolgt. Der Geschäftsabschluss soll aber nur mit juristischen Personen verboten sein, wenn ein Insasse einen entscheidenden Einfluss auf die juristische Person hat, oder in besonderer Weise für die juristische Person tätig wird (z.B. Anwerben von Mitgliedern). Diese Ausdehnung soll auch Geschäfte mit Strafvollzugsbediensteten umfassen, wenn diese eine solche Stellung in der juristischen Person einnehmen. Geschäftsabschlüsse mit einer juristischen Person, in der Strafvollzugsbedienstete in der beschriebenen Weise mitwirken, sollen allerdings zulässig sein, wenn diese (ausnahmsweise) nicht gegen die Zwecke des Strafvollzugs verstoßen (z.B. Verein für soziale Integration).

Zur ausdrücklichen Klarstellung, dass es sich bei einem Verstoß gegen das Geschäfts- und Spielverbot um eine Ordnungswidrigkeit nach § 107 StVG handelt, wird vorgeschlagen, in dessen Abs. 1 eine entsprechende Z 2a einzufügen.

Zu Z 22 (§ 34 Abs. 1 StVG):

Die Strafgefangenen sind nach § 34 Abs. 1 StVG berechtigt, unbeschadet der §§ 112 Abs. 2 und 114 Abs. 2 StVG einmal in der Woche auf eigene Kosten vom Anstaltsleiter zugelassene Nahrungs- und Genussmittel sowie Körperpflegemittel und andere einfache Gegenstände des täglichen Bedarfs durch Vermittlung der Anstalt zu beziehen. In großen Justizanstalten ergeben sich jedoch in Wochen, in die mehrere Feiertage fallen, praktische Probleme bei der Umsetzung, weil die Durchführung des Bezuges von Bedarfsgegenständen aufgrund der Zahl der Insassen 3 bis 4 Tage dauern kann. Um eine gewisse Flexibilisierung der Regelung zu erreichen, gleichzeitig jedoch das Recht der Insassen auf den Bezug von Bedarfsgegenständen nicht einzuschränken, wird vorgeschlagen, den Bezug zweimal innerhalb von 14 Tagen vorzusehen.

Zu Z 23 (§ 42 Abs. 3 StVG):

Gem. § 42 Abs. 2 erster Satz StVG sind die Strafgefangenen angehalten, ihren Körper zu pflegen, wie es die Gesundheit und Reinlichkeit erfordern. Die dazu erforderlichen Pflegemittel werden entweder bei Bedarf von der Vollzugsverwaltung (§§ 31, 132 Abs. 1 StVG: „die zur einfachen Körperpflege erforderlichen Gegenstände“) zur Verfügung gestellt, oder sie können von den Strafgefangenen im Rahmen des Bezuges von Bedarfsgegenständen (§ 34 Abs. 1 StVG „u.a. Körperpflegemittel“) bislang grundsätzlich nur auf eigene Kosten, worunter das Gesetz ausnahmslos die Verwendung des Hausgeldes versteht, erworben werden.

Bereits nach der geltenden Rechtslage (§ 34 Abs. 2 StVG) können Strafgefangenen aber im Ausnahmefall nach einer Aufnahme (§ 132 StVG) oder einer Strafvollzugsortsänderung (§ 10 StVG) beim Erstbezug von Bedarfsgegenständen (u.a. Körperpflegemittel) auch Eigengeld (Gelder, die ihnen sonst für die Verschaffung von Leistungen im Strafvollzug nicht zur Verfügung stehen) verwenden.

Um die hohen Bedeutung eines positiven hygienischen Körperbewusstseins im gesundheitsorientierten aber auch resozialisierenden Interesse zu unterstützen, wird vorgeschlagen, die bisherige Ausnahmeregelung des § 34 Abs. 2 StVG zur Zulässigkeit der Verwendung von Eigengeld zum Bezug von Körperpflegemittel auf den grundsätzlichen Bezug von Körperpflegemitteln auszudehnen.

Zu Z 24 und 25 (§ 68 StVG):

Durch den vorgeschlagenen neuen Abs. 1 sollen die Zwecke der Krankenbehandlung an die Vorgaben des ASVG angeglichen werden. Die Erwähnung des Strafgefangenen im vorliegenden Kontext soll auch zum Ausdruck bringen, dass diesen auch eine Eigenverantwortung an der Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit trifft. Eine umfängliche oder qualitative Änderung der Krankenbehandlung ist mit dieser Änderung nicht verbunden.

Zu Z 26 (§ 71a StVG):

Durch die vorgeschlagene Ergänzung soll der Entwicklung Rechnung getragen werden, dass sich auch im Strafvollzug ein vermehrter Bedarf an Rehabilitationsbehandlungen ergeben hat. Rehabilitationsbehandlungen sind – wie Akutbehandlungen – grundsätzlich in der Anstalt durchzuführen, in der Betroffene angehalten wird. Wenn eine notwendige Rehabilitationsbehandlung jedoch nicht möglich ist, ist der Betroffene in die nächste Anstalt zu überstellen, die über Einrichtungen zur Rehabilitationsbehandlung verfügt. Eine Überstellung in nichtvollzugliche Rehabilitationseinrichtungen ist nicht möglich. Ambulante Rehabilitationsmaßnahmen sind schon nach geltendem Recht im Rahmen des gelockerten Vollzugs möglich (§ 126 Abs. 2 Z 3).

Zu Z 27 und 28 (§ 72 StVG):

Wie bisher sollen im Rahmen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder des Ablebens eines Strafgefangenen die von diesem genannten Personen verständigt werden. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung soll jedoch eine Nachforschungspflicht für den Fall, dass ein Strafgefangener keine oder keine ausreichend bestimmte Person bezeichnet hat, entfallen.

Zu Z 29 und 30 (§ 73 Abs. 1 und 2 StVG):

Im Abs. 1 soll durch die Ergänzung, dass nicht nur auf die Notwendigkeit, sondern auch auf die Zweckmäßigkeit der Zahnbehandlung abgestellt werden soll, die nötige Flexibilität hergestellt werden, um insbesondere bei nur kürzere Freiheitsstrafen verbüßenden Insassen, aber infolge des Verweises in § 182 Abs. 4 StPO auch bei Untersuchungshäftlingen auf die voraussichtliche Behandlungsdauer besser Bedacht genommen werden kann.

Im Abs. 2 soll klargestellt werden, dass – wie bei der konservierenden Zahnbehandlung – auch bei der prothetischen Zahnbehandlung, sofern sie subsidiär durch den Bund finanziert wird, nur eine Ausführung in einfacher Form (abnehmbare Kunststoffprothese, Tragedauer grundsätzlich sechs Jahre) vorgesehen ist, und somit überbordende prothetische Zahnbehandlungen, wie sie die Vollzugspraxis immer wieder moniert, begrenzt werden sollen.

Zu Z 31 und 64 (§§ 75 Abs. 4 und 146 Abs. 2 StVG):

Die Vollzugsbehörden sind verpflichtet, die Strafgefangenen anzuleiten, rechtzeitig Vorsorge zu treffen, dass ihnen nach ihrer Entlassung eine geeignete Unterkunft und Arbeit zur Verfügung stehen.

Nach § 75 Abs. 4 StVG sind ihre darauf gerichteten Bemühungen auf ihr Ansuchen im Zusammenwirken mit den für die Berufsberatung und Arbeitsvermittlung zuständigen Behörden sowie den Stellen der freien Wohlfahrtspflege mit Rat und Tat zu unterstützen. Gemäß § 146 Abs. 2 StVG sind zudem die Bemühungen der Strafgefangenen im Zusammenwirken mit den Landesarbeitsämtern sowie mit den öffentlichen und privaten Fürsorgestellen mit Rat und Tat zu unterstützen.

Zu diesem Zweck müssen personenbezogene Daten der Strafgefangenen im (unbedingt) erforderlichen Umfang in deren deklarierten Interesse den im Gesetz genannten Kooperationsbehörden und Stellen zur Verfügung gestellt werden. Gemäß § 40 DSG muss die Übermittlung von Daten die im Anwendungsbereich des § 36 DSG verarbeitete wurden an einen anderen Verantwortlichen für einen (anderen) von § 36 DSG umfassten Zweck gesetzlich, bzw. für einen nicht in § 36 DSG genannten Zweck, gesetzlich ausdrücklich vorgesehen sein. Um in diesem Zusammenhang einen DSG-konformen Rechtsbestand des Strafvollzugsgesetzes herzustellen wird vorgeschlagen, eine entsprechende Grundlage für die Verarbeitung dieser Daten in die §§ 75 Abs. 4 und 146 Abs. 2 StVG aufzunehmen.

Zu Z 32 (§ 96a StVG):

Als Personen, mit denen den Strafgefangenen Telefonkontakte zu ermöglichen sind, nennt das Gesetz u.a. noch die „Sachwalter“. Im Lichte der jüngeren Rechtsentwicklung im Bereich des Rechts der gesetzlichen Vertretung, insbesondere durch das 2. Erwachsenenschutz-Gesetz, BGBl. I Nr. 59/2017, wird vorgeschlagen, stattdessen auf den Begriff der „gesetzlichen Vertreter“ umzustellen. Gesetzliche Vertreterinnen sind nach § 1034 ABGB für Minderjährige die Obsorgeberechtigten (oder sonst im Einzelfall gesetzlich mit der Vertretung Betrauten), im Übrigen Vorsorgebevollmächtigte, ErwachsenenvertreterInnen und KuratorInnen.

Zu Z 33 (§ 98 Abs. 1 StVG):

Derzeit ist die Ausführung von Strafgefangenen beispielsweise zum Bundesamt für Fremdenangelegenheiten (BFA) oder zu Vernehmungen bzw. Befragungen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nur im Wege der Amtshilfe möglich. Mit der Ergänzung des § 98 Abs. 1 StVG soll eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für Ausführungen aufgrund eines Ersuchens einer inländischen Behörde oder Sicherheitsdienststelle auch durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes geschaffen werden. Da die Verwendung von technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung grundsätzlich weniger Ressourcen in Anspruch nimmt als eine Ausführung, soll dieser der Vorzug gegeben werden. Übernehmen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Ausführung nicht und ist die Verwendung von technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung nicht möglich, so trifft die Verpflichtung zur Ausführung wie bisher die Justizanstalt. Um den Grundgedanken des Art. 13 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (Gewährleistung eines unparteiischen Verfahrens, Schutz vor Einschüchterung) Rechnung zu tragen, wird zudem eine Ausführung oder Überstellung (§ 97, § 98 Abs. 1 StVG iVm § 184 StPO) eines Untersuchungshäftlings, der einen nicht offenbar haltlosen Misshandlungsvorwurf gegen Organe einer Sicherheitsbehörde erhoben hat, in ein Amtsgebäude dieser Dienststelle der Sicherheitsbehörde im Regelfall nicht in Betracht kommen.

Da die Regelung des § 105 StVG hinsichtlich des Waffengebrauches von jenen des § 7 WaffengebrauchsG abweicht, soll ausdrücklich klargestellt werden, dass die Regelung des § 105 StVG in solchen Fällen auch für Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gilt.

Zu Z 34 (§ 98 Abs. 3a StVG):

§ 103 Abs. 2 Z 5 StVG sieht als eine der in dieser Bestimmung geregelten besonderen Sicherungsmaß-nahmen u.a. die Anlegung von Fesseln vor. § 103 Abs. 1 StVG legt fest, unter welchen allgemeinen Bedingungen die Anordnung besonderer Sicherheitsmaßnahmen in Betracht kommt. Danach sind die erforderlichen besonderen Sicherheitsmaßnahmen gegen Strafgefangene anzuordnen, bei denen Fluchtgefahr, die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr eines Selbstmordes oder der Selbstverletzung besteht oder von denen sonst eine beträchtliche Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung ausgeht. § 103 Abs. 4 StVG konkretisiert diese allgemeinen Voraussetzungen für besondere Sicherheitsmaßnahmen in Bezug auf Fesseln dahingehend, dass einem Strafgefangenen Fesseln außer bei Ausführungen und Überstellungen nur angelegt werden dürfen, wenn er Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, Selbstmord oder Flucht androht, vorbereitet oder versucht hat, die ernste Gefahr einer Wiederholung oder Ausführung (solcher Handlungen) besteht und andere Sicherheitsmaßnahmen den Umständen nach nicht möglich sind oder nicht ausreichen. § 98 StVG, der die Ausführungen und Überstellungen im Übrigen regelt, enthält keine besonderen Regelungen über Fesseln. Die Frage nach den Voraussetzungen für die Anlegung von Fesseln bei Ausführungen und Überstellungen wird (daher) nach einhelliger Meinung (vgl. Drexler, StVG4 § 103 Rz 20, Pieber in Höpfel/Ratz, WK² StVG § 103 Rz 10, jeweils gestützt auf die ständige Rechtsprechung des VwGH, z.B. GZ 99/20/0105) dahin gelöst, dass das Anlegen von Fesseln bei Ausführungen und Überstellungen zwar nicht an die besonderen Voraussetzungen des Abs. 4, wohl aber an die allgemeinen Voraussetzungen des Abs. 1 gebunden ist.

Die Anordnung trifft (da diese Prognoseentscheidung noch vor Beginn der Ausführung oder Überstellung zu treffen ist) der Anstaltsleiter bzw. der von ihm damit beauftragte Strafvollzugsbedienstete. Der aufsichtführende Strafvollzugsbedienstete (Eskorte) kann daher nur fesseln, wenn es angeordnet wurde oder wenn während der Eskorte eine Änderung eintritt, die diese besondere Sicherheitsmaßnahme rechtfertigt. Eine vergleichbare Regelung gibt es für die Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit Festnahmen nicht. Vielmehr ist nach § 26 Abs. 2 Z 3 iVm Abs. 3 AnhO die Anlegung von (Hand)Fesseln bei einem Festgenommenen dann zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, der Betroffene werde flüchten, was insbesondere dann als gegeben anzusehen ist, wenn der Festgenommene im Verdacht der Begehung eines Verbrechens steht oder bei Ausführungen oder Überstellungen eine für die Flucht günstige Situation nützen könnte und nicht besondere Gründe einen Fluchtversuch unwahrscheinlich machen.

In der Praxis erweist sich die derzeitige Rechtslage im StVG als vergleichsweise aufwendig und schwierig und führt zu einer unterschiedlichen Handhabung. Eine klarere Reglementierung für die handelnden Organe erscheint angezeigt. Es wird daher vorgeschlagen, in Form einer Ergänzung des § 98 StVG um einen neuen Abs. 3a bei Ausführungen und Überstellungen von Strafgefangenen, die zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt wurden, in Form einer gesetzlichen Vermutung der Fluchtgefahr die Anlegung von Fesseln als Regelfall vorzusehen. Der Vorbehalt des § 103 Abs. 4 StVG würde dadurch nicht mehr nur auf § 103 Abs. 1 StVG, sondern für die von § 98 Abs. 3a StVG umfassten Fälle auf diese Sonderregelung zielen. Zur Wahrung der Verfassungskonformität soll es sich dabei jedoch um eine widerlegliche Vermutung handeln: in Fällen, in denen Freiheitsmaßnahmen im Sinne der §§ 99, 99a, 126 Abs. 2 Z 2 bis 4 oder 147 StVG bereits ohne Beanstandung durchgeführt wurden, soll von einer Fesselung abgesehen werden können. Die diesbezügliche Entscheidung kommt der Vollzugsbehörde erster Instanz, d.h. dem Anstaltsleiter oder einem von ihm beauftragten Strafvollzugsbediensteten, zu. Im Fall der Untersuchungshaft kommt die Entscheidung darüber, ob dem Untersuchungshäftling bei der Ausführung Fesseln anzulegen sind gemäß § 189 Abs. 1 StPO der Staatsanwaltschaft bzw. dem Gericht zu. Bei internationalen Überstellungen soll das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (Generaldirektion für den Strafvollzug) über die Fesselung entscheiden.

In den nicht von § 98 Abs. 3a StVG umfassten anderen Fällen von Ausführungen und Überstellungen soll für die Fesselung wie bisher § 103 Abs. 1 StVG gelten.

Da es sich bei § 98 Abs. 3a StVG lediglich um eine gesetzliche Vermutung der Fluchtgefahr aufgrund der verhängten Freiheitsstrafe handelt, soll über das Tragen eigener Kleidung (Abs. 3) trotz Fesselung nach dieser Bestimmung losgelöst davon entschieden werden.

Zu Z 35 (§ 99 Abs. 1 StVG):

Nach der bisherigen Rechtslage ist eine Unterbrechung der Freiheitsstrafe nach § 99 StVG nur bis zu einer Höchstdauer von 8 Tagen und ausschließlich zur Regelung wichtiger familiärer oder persönlicher Angelegenheiten oder im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Unterbrechung für einen Wirtschaftsbetrieb in dem der Strafgefangene tätig war, möglich. Eine Aneinanderreihung von mehreren Unterbrechungen wird für unzulässig erachtet, da hierdurch das Verbot einer längeren als in Abs. 1 genannten Unterbrechung umgangen würde (Drexler, StVG4 § 99 Rz 6). Eine Ausnahme besteht hier nur für untergebrachte Personen. Nach § 166 Z 2 lit b StVG darf eine Unterbrechung, wenn sie zur Behandlung des Zustandes des Untergebrachten oder zur Vorbereitung auf das Leben in Freiheit notwendig oder zweckmäßig ist, bis zu einem Monat betragen. In diesen Fällen wird von der Zulässigkeit mehrerer aufeinanderfolgender Unterbrechungen der Unterbringung ausgegangen (Drexler, StVG4 § 166 Rz 2), weil beispielsweise bei einer Unterbringung in einer Betreuungseinrichtung zur Vorbereitung auf eine bedingte Entlassung eine lediglich einmalige kurze Unterbrechung dem Zweck der Vorbereitung auf ein Leben in einer Nachsorgeeinrichtung zuwiderlaufen würde.

In der Praxis nimmt die geriatrische und gerontopsychiatrische Insassengruppe aus dem Bereich der Strafhaft stetig zu. Für diese Gruppe gibt es nach derzeitiger Gesetzeslage noch keine Unterbrechungsregelung zur Vorbereitung einer Unterbringung in externen Nachsorgeeinrichtungen. Da auch für diese Gruppe eine mehrmalige unmittelbar aufeinanderfolgende Unterbrechung der Unterbringung im Sinne einer Vorbereitung auf eine Entlassung in eine geeignete Einrichtung zweckmäßig erscheint, wird vorgeschlagen, eine Unterbrechung zu diesem Zweck für eine Dauer von bis zu 14 Tagen zu ermöglichen, wenn dies zur Vorbereitung im Entlassungsvollzug notwendig ist. In einem solchen Fall soll auch eine mehrmalige Unterbrechung der Unterbringung zulässig sein. Die weiteren, in § 99 StVG vorgesehenen Voraussetzungen, müssen auch in diesem Fall gegeben sein.

Zu Z 37 (§ 99a Abs. 1 StVG):

Die Bestimmung über den Ausgang nach § 147 StVG enthält in Abs. 1 ausdrücklich als Voraussetzung, dass ein Missbrauch durch den Strafgefangenen nicht zu erwarten ist. In § 99a Abs. 2 StVG wird lediglich auf die Bestimmung des § 99 Abs. 2 StVG verwiesen. Zur Klarstellung, dass auch beim Ausgang nach § 99a StVG eine Bewilligung dann nicht zu erfolgen hat, wenn zu erwarten ist, dass der gewährte Ausgang missbraucht wird, soll § 99a Abs. 1 StVG entsprechend ergänzt werden.

Zu Z 39 und 40 (§§ 101 Abs. 4 und 5 und 101b StVG):

Nach § 101 Abs. 4 StVG sind derzeit nur jene Personen zu durchsuchen, die im begründeten Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach § 180a StVG stehen oder bei denen sonst aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie Gegenstände bei sich haben, von denen eine Gefahr ausgeht. Taschen, Fahrzeuge und sonstige Behältnisse sind zumindest stichprobenweise zu durchsuchen. Diese Regelung sieht daher nur in eingeschränkten Fällen die Möglichkeit einer Durchsuchung vor.

In der Vergangenheit wurden vermehrt Fälle von unerlaubt in Justizanstalten eingeschmuggelten Gegenständen bekannt. Es wird daher vorgeschlagen, die Durchsuchungen bei Betreten der Justizanstalten insgesamt neu zu regeln. Eine umfassende Regelung in einem neuen § 101b StVG soll die bisherigen Abs. 4 und 5 des § 101 StVG ersetzen. Hinsichtlich der Taschen, Fahrzeuge und sonstigen Behältnisse wird die bisherige Regelung der zumindest stichprobenartigen Kontrolle beibehalten. Darüber hinaus sollen nun auch Durchsuchungen der Kleidung einer Person und der mitgeführten Gegenstände ohne weitere Voraussetzungen zulässig sein. Bei Strafvollzugsbediensteten bedarf es für diese Durchsuchung jedoch eines begründeten Verdachts nach Abs. 3 erster Satz StVG sowie einer Anordnung durch den Anstaltsleiter oder einen damit besonders beauftragten Strafvollzugsbediensteten.

Eine Besichtigung des unbekleideten Körpers und Durchsuchung von Körperöffnungen soll stets nur in den in Abs. 3 angeführten Ausnahmefällen zulässig sein. Letztere darf nur von einem Arzt durchgeführt werden.

Die Personendurchsuchungen sollen grundsätzlich von Personen des gleichen Geschlechtes der zu durchsuchenden Person durchgeführt werden, wobei es der Entwurf unternimmt, in Anlehnung an einschlägige Regelungen im Bereich des SPG, insbesondere § 5 Abs. 3 der Richtlinien-Verordnung, für die notwendige Flexibilität in Ausnahmefällen zu sorgen. Unmittelbarer Zwang soll ausgeübt werden dürfen, wenn eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung nicht mit anderen Mitteln abgewendet werden kann. Verweigert somit beispielsweise ein Besucher die Durchsuchung und steht er im begründeten Verdacht, unerlaubte Gegenstände in die Anstalt einbringen zu wollen, so ist dieser Person der weitere Zutritt zur Anstalt zu verwehren. Die Ausübung unmittelbaren Zwanges zur Durchsetzung einer Durchsuchung kommt in Fällen, in denen sich diese Person bereit erklärt, die Anstalt zu verlassen, nicht in Betracht, weil in solchen Fällen die Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Strafvollzuges durch die Verwehrung des Zugangs bereits abgewendet werden kann. In diesen Fällen ist nach § 180a Abs. 3 bis 5 StVG vorzugehen.

Zu Z 40 (§ 101a StVG):

Aufgrund der bestehenden Problematik des unerlaubten Gebrauches von Mobiltelefonen in den Justizanstalten wird vorgeschlagen, eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für das Betreiben von technischen Geräten, welche zum einen das Auffinden von Geräten zur funkbasierten Übertragung von Daten ermöglichen und zum anderen auch Frequenzen unterdrücken oder stören können, aufzunehmen. Eine ähnliche Regelung kann dem Justizvollzugsgesetz des Bundeslandes Sachsen-Anhalt entnommen werden, welche Anfang 2016 in Kraft getreten ist. Zukünftig sollen grundsätzlich überhaupt keine Geräte zur funkbasierten Übertragung von Daten auf dem Anstaltsgelände zulässig sein. Einzige Ausnahme sollen dienstlich zugelassene Geräte darstellen. Für den Strafvollzug in gelockerter Form sollen – den jeweiligen Bedürfnissen in der Praxis entsprechend – Ausnahmen durch das BMVRDJ zugelassen werden können. Der Betrieb eines Gerätes zur Störung oder Unterdrückung von Frequenzen bedarf einer Bewilligung nach § 74 Abs. 2 TKG. Den Antrag auf Erteilung dieser Bewilligung hat der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz zu stellen. Die Störung von Frequenznutzungen außerhalb des Anstaltsgeländes (insbesondere auf Nachbargrundstücken) würde einer Bewilligung entgegenstehen.

Zu Z 41 (§ 102 Abs. 2 StVG):

Derzeit ist eine Durchsuchung der Strafgefangenen, ihrer Sachen sowie der Hafträume als Standardkontrolle von Zeit zu Zeit, als besondere Sicherheitsmaßnahme, sowie bei Aufnahme, Ausführung/Überstellung und Entlassung vorgesehen. Die Durchsuchung bei begründetem Verdacht ergibt sich aus § 102 StVG. Zur Klarstellung soll nunmehr auch dieser Fall explizit in § 102 Abs. 2 StVG aufgenommen werden.

Um das Einschmuggeln von verbotenen Gegenständen zu verhindern, soll zudem künftig die Durchsuchung nicht nur bei Ausführungen und Überstellungen, sondern auch im Falle einer Unterbrechung der Freiheitsstrafe, eines Ausganges nach § 99a StVG, im Strafvollzug in gelockerter Form (§ 126 StVG), sofern ein Strafgefangener die Anstalt verlässt, oder im Falle eines Ausganges nach § 147 StVG vor und nach der Rückkehr möglich sein. Hinsichtlich der Durchsuchung gilt die neue Regelung des § 101b StVG entsprechend, wobei zur Klarstellung nunmehr ausdrücklich im Gesetz festgehalten werden soll, dass für die Besichtigung der Mundhöhle die Beiziehung eines Arztes nicht erforderlich ist, weil es sich hierbei nicht um die Durchsuchung des Körpers an sich handelt, die mit einer Berührung desselben verbunden ist und daher eine hohe Eingriffsintensität aufweist. Die Betrachtung der Mundhöhle stellt einen wesentlich geringeren Eingriff dar, weshalb diese bei Rückkehr von Strafgefangenen in die Anstalt auch ohne begründeten Verdacht iSd § 101b Abs. 4 StVG zulässig sein soll.

Zu Z 42 und 43 (§ 102b Abs. 2a und 3 StVG):

Für den Einsatz von Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten zur Dokumentation von Amtshandlungen, bei denen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes Befehls- und Zwangsgewalt ausüben, wurde mit BGBl. I Nr. 5/2016 eine eigene Rechtsgrundlage geschaffen. Zum einen soll dadurch die Verfolgung strafbarer Handlungen erleichtert, zum anderen aber auch die Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer Amtshandlung ermöglicht werden. Die Bestimmung trat mit 1.3.2016 in Kraft. In der Praxis haben sich positive Entwicklungen aufgrund des Einsatzes der Bild- und Tonaufzeichnungsgeräte gezeigt. So wird insbesondere die deeskalierende Wirkung der Aufzeichnungen hervorgehoben, wodurch teilweise der Einsatz von unmittelbarem Zwang vermieden werden konnte.

Aufgrund dieser positiven Bilanz und ähnlicher Problemstellungen bei Amtshandlungen durch Justizwachebedienstete wird vorgeschlagen, eine dem § 13a SPG nachgebildete gesetzliche Grundlage für den Einsatz der Bild- und Tonaufzeichnungsgeräte auch im Strafvollzug zu schaffen.

Die vorgeschlagene Bestimmung soll zum einen den schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen und der Achtung der Privatsphäre der Betroffenen Rechnung tragen, zum anderen aber auch dem Interesse des Staates an der Kontrolle der Rechtmäßigkeit und der Verfolgung von Straftaten dienen.

Der Einsatz von Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten zum Zweck der Dokumentation kommt nur bei Amtshandlungen, bei denen die Ausübung unmittelbaren Zwanges zu erwarten ist, sowie im Rahmen von Zwangsbehandlungen in Betracht. Ein dauernder Einsatz ist zur Wahrung der Privatsphäre der Gefangenen nicht zulässig.

Vor Beginn der Aufzeichnung ist den Betroffenen der Einsatz in verständlicher Weise anzukündigen. Nach bisherigen Erfahrungen dient die Ankündigung insbesondere präventiven Zwecken, zumal sich das Verhalten der Betroffenen im Wissen, dass eine Ton- und Videoaufzeichnung erfolgt, oftmals deutlich zum Positiven verändert.

Die Auswertung der Aufzeichnungen ist nur zur Verfolgung von strafbaren Handlungen und zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Amtshandlung zulässig.

Die Sicherung der Daten hat gem. § 54 DSG zu erfolgen. Die Aufbewahrungsfrist wird – angelehnt an die Bestimmung im SPG – mit sechs Monaten festgelegt. Die Frist ermöglicht die Verwendung in Rechtsschutzverfahren, begrenzt aber gleichzeitig die Dauer der Aufbewahrung auf einen angemessenen Zeitraum. Durch diese Regelung soll zudem der Eindruck, die Behörde könne nach Ermessen die Aufzeichnungen löschen, entgegengewirkt werden.

Auch beim Einsatz dieser Maßnahme ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Das in Abs. 3 normierte Verbot der Videoüberwachung bestimmter Bereiche, wie gewöhnlicher Hafträume und Sanitärräume, gilt nicht für den Einsatz der Ton- und Bildaufzeichnungsgeräte gemäß Abs. 2. Diese dürfen ihrem Zweck entsprechend an allen Orten nach Maßgabe des Abs. 2 verwendet werden.

Zu Z 44 und 45 (§ 103 Abs. 2 Z 5 und Abs. 4 StVG):

Die Anlegung einer Zwangsjacke stellt die intensivste Form einer Fesselung überhaupt dar. und darf als ultima ratio nur dann zur Anwendung gelangen, wenn alle anderen Formen der Fesselung nicht möglich sind oder nicht ausreichen, um das Ziel zu erreichen (vgl. auch Pieber in WK2 StVG § 103 Rz 11). Regelmäßig wird in den Anwendungsfällen einer Zwangsjacke eine sofortige psychiatrische Intervention indiziert sein. In der Praxis findet die Zwangsjacke bereits seit längerem keine Anwendung mehr. Dies ist darauf zurückzuführen, dass schon das Anlegen an sich mit erhöhter Verletzungsgefahr verbunden ist, die Zwangsjacke die Atmung behindern und bei Gegenwehr des Insassen nur sehr schwer angelegt werden kann. Außerdem entspricht die Zwangsjacke nicht mehr dem Stand der Pflegewissenschaften. Umgekehrt hat sich in der Praxis gelegentlich der Bedarf anderer Formen der Fixierung (z. B. Fünfpunkt-Fixierung) ergeben. Es wird daher vorgeschlagen, die Zwangsjacke in der Aufzählung des § 103 Abs. 2 Z 5 StVG durch die mechanische Fixierung zu ersetzen.

Nach § 103 Abs. 1 StVG sind besondere Sicherheitsmaßnahmen bei Strafgefangenen zulässig, bei denen Fluchtgefahr, die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr eines Selbstmordes oder der Selbstbeschädigung besteht oder von denen sonst eine beträchtliche Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung ausgeht. Nach Abs. 4 ist eine Fesselung darüber hinaus – außer im Falle der Ausführung und Überstellung – nur dann zulässig, wenn Gefangene Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, Selbstmord oder Flucht androhen, vorbereiten oder versucht haben, die ernste Gefahr einer Wiederholung oder Ausführung besteht und andere Sicherheitsmaßnahmen den Umständen nach nicht möglich sind oder nicht ausreichen.

Die Selbstverletzung ist nicht explizit in Abs. 4 enthalten und damit kein vom Gesetz vorgesehener Fesselungsgrund. Da in der Praxis allerdings nur schwer einzuschätzen ist, ob im konkreten Fall eine Selbstverletzung oder ein Suizid beabsichtigt ist und die Folgen einer solchen nicht selten das Ausmaß einer schweren Körperverletzung erreicht, wird vorgeschlagen, auch die Selbstverletzung als Fesselungsgrund in Abs. 4 aufzunehmen.

Zu Z 46 und 47 (§ 105 Abs. 1 bis 3 StVG):

Mit den vorgeschlagenen Änderungen des § 105 Abs. 1 bis 3 StVG soll das Waffengebrauchsrecht der Justizwache zeitgemäßer und stärker am Waffengebrauchsrecht der Polizei orientiert neu geregelt werden.

In Abs. 1 soll klargestellt werden, dass es die Organe der Justizwache sind, die (bei Ausführungen, Überstellungen sowie zur Sicherung der Abschließung und der Ordnung in der Anstalt) (Dienst)Waffen führen. Dass sie dazu „ermächtigt sind“, ändert an der geltenden Rechtslage insofern nichts, als die Verpflichtung schon derzeit nicht uneingeschränkt gilt, sondern nur unter den weiteren Voraussetzungen des Abs. 1.

Da in der Praxis zur Sicherung auch andere Vollzugsbedienstete gelegentlich Waffen führen (beispielsweise bei begleiteten Ausgängen), soll die Art der Waffen und die Bedienstetengruppen, die sie führen, in einer eigenen Verordnung näher festgelegt werden.

Abs. 2 zählt die in Frage kommenden Dienstwaffen nach dem Vorbild des § 3 Waffengebrauchsgesetz auf. Die Z 1 umfasst beispielsweise auch den derzeit in Erprobung stehenden Teleskopeinsatzstock, die Z 2 insbesondere auch den Pfefferspray und die Z 3 neben Faust- und Langfeuerwaffen auch den Taser. Für Wasserwerfer (§ 3 Z 3 Waffengebrauchsgesetz) besteht kein Bedarf. Dienstwaffen können den Strafvollzugsbediensteten vom Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz oder der Justizanstalt zugewiesen werden. Es soll klargestellt werden, dass auch Distanz-Elektroimpulswaffen unter den Begriff der Schusswaffe fallen.

In Abs. 3 soll die Regelung, wonach von Dienstwaffen, die nicht Gummiknüppel, Faustfeuerwaffen oder Langfeuerwaffen sind, nur auf Anordnung des Anstaltsleiters bzw. subsidiär des ranghöchsten Strafvollzugsbediensteten Gebrauch gemacht werden darf, mangels Praktikabilität ersatzlos gestrichen werden. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wie er in den Abs. 4 bis 7 detailliert ausformuliert ist, bleibt unverändert und kann als ein hinreichendes Korrektiv gegenüber der allfälligen Gefahr eines womöglich unangemessenen Waffengebrauchs angesehen werden.

Zu Z 48 (§ 106 Abs. 1 StVG):

Die Änderung dient der Beseitigung von Redaktionsversehen.

Zu Z 49 bis 51 (§ 106 Abs. 2 bis 3 StVG):

Derzeit ist im Falle einer Flucht nach § 106 StVG vorgesehen, dass – wenn die Nacheile erfolglos ist – der Anstaltsleiter im Wege der nächsten Sicherheitsbehörde oder –dienststelle die Fahndung und Ausschreibung der Festnahme zu beantragen hat. Zur Klarstellung, dass es für die Ausschreibung keines Antrages der Staatsanwaltschaft bedarf, sondern diese vom Anstaltsleiter unverzüglich im Wege der nächsten Sicherheitsbehörde oder –dienststelle zu erwirken ist, soll die Diktion in Abs. 2 entsprechend angepasst werden.

Bisher war keine explizite Grundlage für Ermittlungsmaßnahmen der Sicherheitsbehörden in § 106 StVG verankert. Dies führte in der Praxis in Fällen zu Problemen, in denen keine neue Straftat vom Strafgefangenen gesetzt wurde (und daher die in der StPO vorgesehenen Ermittlungsmaßnahmen nicht zulässig waren) und die Ausschreibung allein nicht zur Ergreifung des Entflohenen führte. Insbesondere bei Entflohenen, die eine Gefahr für dritte Personen darstellen, sind Ermittlungsmaßnahmen wie Observation und verdeckte Ermittlung, Sicherstellungen und optische und akustische Überwachungen erforderlich. In § 3 StVG sind für den Fall, dass die Vorführung zum Strafantritt nicht vollzogen werden kann, weil der Verurteile flüchtig oder sein Aufenthalt unbekannt ist, entsprechende, nunmehr um die Lokalisierung technischer Einrichtungen und die Anlassdatenspeicherung ergänzte, Ermittlungsmaßnahmen zulässig. Es wird in Anlehnung an diese Bestimmung vorgeschlagen, einen neuen Abs. 2a in § 106 StVG einzufügen, wobei die Bewilligung derartiger Ermittlungsmaßnahmen dem Vollzugsgericht obliegen soll (§ 16 Abs. 2 Z 8 StVG). Ist aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten, dass der Geflohene eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit, die Freiheit oder das Vermögen einer bestimmten Person darstellt, so hat der Anstaltsleiter die Sicherheitsbehörde unverzüglich darüber zu informieren. Allfällige vorhandene Kontaktdaten der gefährdeten Person sind ebenfalls den Sicherheitsbehörden bekannt zu geben. Die Verständigung soll sicherstellen, dass die Sicherheitsbehörde prüfen kann, ob Anlass zur Ergreifung von Maßnahmen zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 22 Abs. 4 SPG besteht. Stellt sich aufgrund der Flucht des Verurteilten für die Sicherheitsbehörde eine Aufgabe nach § 22 Abs. 4 SPG, hat diese das potentielle Opfer vom Bestehen einer konkreten Gefahr für einen gefährlichen Angriff gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Vermögen zu verständigen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu treffen, wenn derjenige, dessen Rechtsgut gefährdet ist, selbst dazu nicht in der Lage ist oder auf den Schutz nicht ausdrücklich verzichtet, sofern die Hinnahme der Gefährdung nicht gegen die guten Sitten verstößt.

Bei der Verständigung des Vollzugsgerichtes von der Flucht des Strafgefangenen durch den Anstaltsleiter sollte von diesem zeitgleich eine Kopie der Urteilsausfertigung an das Gericht übermittelt werden, um die Bewilligung der Ermittlungsmaßnahmen – welche auch von der Strafhöhe abhängen – zu erleichtern. Das Vollzugsgericht hat nach § 210 Abs. 3 StPO vorzugehen, das heißt, dass an die Stelle einer Anordnung der Staatsanwaltschaft ein gerichtlicher Beschluss tritt; durchzuführen sind die Ermittlungsmaßnahmen in sinngemäßer Anwendung der StPO durch die Kriminalpolizei.

Zu Z 52 (§ 106 Abs. 5 StVG):

Entsprechend der Verschiebung der Zuständigkeit über die Entscheidung der Nichteinrechnung von Zeiten, in denen ein Strafgefangener von einer Unterbrechung oder einem Ausgang nicht zurückgekehrt ist, soll klargestellt werden, dass auch in Fällen der Flucht die Entscheidung über die Nichteinrechnung dem Anstaltsleiter zukommt

Zu Z 54 (§ 107 Abs. 4 StVG):

Gemäß § 107 Abs. 4 StVG sind im Ordnungsstrafverfahren erster Instanz die allgemeinen Bestimmungen sowie die §§ 31, 32, 38, 44a Z 1 bis 3 und 5, 45, 52, 55 und 64 des Verwaltungsstrafgesetzes anzuwenden. § 64 Abs. 3 VStG sieht einen Ersatz von Barauslagen vor. Dabei stellt sich letztlich aber dieselbe Problematik wie vormals beim Verfahrenskostenbeitrag (§ 107 Abs. 4 StVG idF BGBl. I Nr. 52/2009), der bis zur Gesetzesänderung nicht in das Hausgeld vollstreckt werden konnte, sohin aus rechtlicher Sicht faktisch uneinbringlich war. Dies wurde mit der genannten Novelle saniert.

Es wird vorgeschlagen eine ähnliche Regelung wie beim Verfahrenskostenbeitrag auch für den Ersatz von Barauslagen zu schaffen, wobei sich die Höhe des Ersatzes im Sinne der Verhältnismäßigkeit an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Strafgefangenen zu orientieren hat.

Zu Z 55 und 56 (§ 112 Abs. 1 und 4 StVG):

Gemäß § 109 Z 3 StVG ist derzeit als Ordnungsstrafe auch der Entzug der Rechte auf Verfügung über das Hausgeld (§ 54 StVG), Fernsehempfang (§ 58 StVG), Briefverkehr (§ 87 StVG), Besuchsempfang (§ 93 StVG) oder Telefongespräche (§ 96a StVG) vorgesehen (§ 112 Abs. 4 StVG). Zudem sind diese Rechte auch bei Verhängung des Hausarrestes nach § 114 StVG zu entziehen, sofern nicht bei einfachem Hausarrest einzelne Rechte ausdrücklich davon ausgenommen werden. Das Recht auf Schriftverkehr mit öffentlichen Stellen, Rechtsbeiständen und Betreuungsstellen (§ 90b StVG) sowie auf Besuche von VertreterInnen dieser Stellen oder Rechtsbeiständen (§ 96 StVG) ist hiervon nicht umfasst und darf daher weder als Ordnungsstrafe, noch im strengen oder einfachen Hausarrest entzogen werden. Dies gilt nach bisherigem Recht nicht für Telefongespräche mit den genannten Stellen und Personen. Aufgrund der Bedeutsamkeit des subjektiv-öffentlichen Rechts auf Kontakt mit diesen Stellen und Personen wird vorgeschlagen, die Beschränkung und den Entzug dieses Rechtes nicht mehr als Strafe für Ordnungswidrigkeiten vorzusehen. So kann das Recht auf Telefonkontakt mit öffentlichen Stellen, Rechtsbeiständen und Betreuungsstellen künftig auch im Hausarrest nicht mehr entzogen werden. Hingegen ist die Beschränkung oder der Entzug des Rechtes auf Telefonkontakte mit anderen Personen weiterhin als Strafe für Ordnungswidrigkeiten vorgesehen.

Die Praxis hat wiederholt den Bedarf an einer Verbreiterung des Ordnungsstrafenkataloges geäußert. Ein Vergleich mit dem dt. Strafvollzugsrecht (vgl. Arloth/Krä, Strafvollzugsgesetze Bund und Länder4, StVollzG§ 103; BayStVollzG Art. 110) zeigt, dass auch dort lediglich ein nahezu identer Katalog von Disziplinarmaßnahmen wie im österreichischen StVG zur Verfügung steht, was nahelegt, dass die disziplinarrechtlichen Instrumentarien aus den faktischen Gegebenheiten nur beschränkt erweiterbar erscheinen. Um zeitlich schon vor weiterführenden grundsätzlich erforderlichen Überlegungen dennoch der Vollzugspraxis bereits ein zusätzliches Ordnungsstrafinstrument zur Verfügung zu stellen, wird vorgeschlagen, das Recht auf Besuchsempfang oder Telefongespräche von der bisherigen Bindung an einen vorangegangenen Missbrauch dieses Rechtes zu lösen Der Entzug oder eine Beschränkung des Rechtes auf Briefverkehr bleibt so wie bisher an einen Missbrauch des Rechtes gebunden, um die Aufrechterhaltung der sozialen Kontakte (mit Ausnahme der Missbrauchssituation) weiterhin sicherzustellen. Die maximalen Beschränkungen des Rechtes auf Besuchsempfang und Telefongespräche ergeben sich weiterhin unverändert aus § 112 Abs. 2 StVG.

Zu Z 57 (§ 116 Abs. 6 StVG):

Nach der bisherigen Rechtsprechung endet die Verfolgbarkeit und Vollstreckbarkeit einer während eines Strafblocks begangenen Ordnungswidrigkeit bzw. einer verhängten Ordnungsstrafe mit Ende des Strafblocks innerhalb derer die Ordnungswidrigkeit begangen wurde. Dies gilt auch für unmittelbar anschließende Untersuchungshaften, weil sie keine Strafzeit im Sinne des § 1 Z 1 StVG darstellen. Da ein Untersuchungshäftling von gewissen Ausnahmen abgesehen (§ 107 Abs. 1 Z 7, 8 und 10 iVm § 26 Abs. 2 StVG hinsichtlich der Verwirklichung der Grundsätze des Strafvollzugs und Abs. 4) im Übrigen aber denselben disziplinären Verhaltensvorgaben wie ein in Strafhaft befindlicher Gefangener unterliegt, wurde seitens der Praxis der Bedarf geäußert, auch in einer zuvor verbüßten Strafzeit verhängten Disziplinarmaßnahme in diesem erweiterten Sinn während jeder anderen unmittelbar anschließenden Haftzeit vollziehen zu können. Es wird daher vorgeschlagen, neben der Aufnahme einer Definition des Begriffes „Strafblock“ in § 1 Z 5 StVG, in § 116 Abs. 6 StVG explizit klarzustellen, dass die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und die Vollstreckung von verhängten Ordnungsstrafen während der Dauer eines Strafblocks und daran unmittelbar anschließender Zeiten einer Untersuchungshaft oder sonstiger behördlicher Anhaltungen nach § 173 Abs. 4 StPO zulässig ist. Als Korrektiv zur verlängerten Verfolgbarkeit und Vollstreckbarkeit bzw. als Anreiz zur raschen Effektuierung wird ergänzend vorgeschlagen, dass die verhängte Ordnungsstrafe unter Anwendung der in Abs. 7 vorgegebenen Kriterien dann neu festzusetzen ist, wenn die Vollstreckung nicht innerhalb von 6 Monaten ab Rechtskraft begonnen wurde.

Zu Z 58, 59 und 80 (§§ 127 Abs. 2 und 2a, 167 Abs. 1, 170 und 178 StVG):

Das Trennungsprinzip folgt dem Grundgedanken, eine negative Beeinflussung von Personen im Erstvollzug durch bereits mehrfach zu einer Haftstrafe verurteilte Personen vorzubeugen. Von der Trennung ist nach § 127 Abs. 2 StVG bei der Bewegung im Freien, bei der Arbeit, beim Gottesdienst und bei Veranstaltungen abzusehen, soweit diese nach den zur Verfügung stehenden Einrichtungen nicht möglich ist. Bei Untersuchungsgefangenen ist in diesem Fall darüber hinaus die Krankenbetreuung vom Trennungsprinzip ausgenommen. Da in den Justizanstalten nicht mehrere Krankenabteilungen eingerichtet werden können, wird vorgeschlagen, die Krankenbetreuung in die Aufzählung der Ausnahmen in § 127 Abs. 2 StVG aufzunehmen. Des Weiteren soll künftig auch bei erzieherischen und Betreuungsmaßnahmen vom Trennungsprinzip abstandgenommen werden können, wenn eine negative Beeinflussung der Gefangenen untereinander nicht zu erwarten ist. Dies gilt nur dann, wenn die erzieherische oder Betreuungsmaßnahme unter unmittelbarer Beaufsichtigung der Strafgefangenen stattfinden (wie z.B. bei Sprachkursen in Anwesenheit eines Lehrers).

Die Auflockerung des Trennungsprinzips iSd § 127 Abs. 2a StVG soll jedoch nicht für die besonderen Vollzugsbedingungen im Maßnahmenvollzug gelten, weshalb dieser Teil in § 167 Abs. 1 StVG ausgenommen wird. Das gilt auch für Untergebrachte in Anstalten für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher oder gefährliche Rückfallstäter.

Zu Z 60 (§ 129 StVG):

Die Vollzugspraxis sieht sich seit geraumer Zeit vermehrt mit Personen in Haft konfrontiert, die durch besonders auffälliges Verhalten (wie der grundsätzlichen Ablehnung einfachster Kommunikationsregeln oder der Verweigerung jeglicher Kooperationsbemühungen, stattdessen höchste Konfrontationsbereitschaft) schon die einfachsten Abläufe in der Vollzugsgestaltung und -abwicklung massiv stören. Personen, mit derartigen Verhaltensweisen nehmen die Personalkapazitäten der Vollzugsbehörden mitunter derart überproportional in Anspruch, dass dadurch sowohl Sicherheit und Ordnung als auch nicht zuletzt der subjektiven Versorgungs- und Betreuungsanspruch aller anderen der Vollzugsverwaltung überantworteten Insassen langfristig beeinträchtigt werden können.

Wenngleich diesen Verhaltensweisen, sofern sie in Akutsituationen gepaart mit Aggressionshandlungen in Erscheinung treten, durch die Anordnung von Sicherheitsmaßnahmen (insb. gem. § 103 Abs. 1 Z 1a bzw. Z 4 StVG) begegnet werden kann, erweist sich die dazu derzeit vorhandene Infrastruktur sowohl von den bislang auf die Einzelfallausrichtung dimensionierten Kapazitäten als auch im Hinblick auf die Betreuungskomponente für gleichzeitige und längerfristige Anhaltungen eine größere Anzahl verhaltensauffälliger Insassen nicht geeignet.

Um dieser neu entstandenen Herausforderung und der damit verbundenen Belastung der Vollzugsressourcen zu begegnen, wird vorgeschlagen, die bislang ausnahmslos für die getrennte Anhaltung von Personen, die sich wegen psychischer Besonderheiten nicht für den allgemeinen Strafvollzug eignen, gewidmete Vollzugsform des § 129 StVG nunmehr auf den Vollzug von Personen, die sich wegen wiederholter Verhaltensauffälligkeiten im Sinne des § 103 Abs. 1 StVG nicht für den allgemeinen Strafvollzug eignen, zu erweitern, um sie dort getrennt vom allgemeinen Strafvollzug anzuhalten und damit präventiv eine Störung des allgemeinen Strafvollzuges hintanzuhalten. Um das Ziel einer (Wieder)Heranführung dieser Personen an den allgemeinen Strafvollzug zu fördern, wird in diesen Abteilungen entsprechende Betreuung zu leisten sein.

Durch den Verweis auf § 103 Abs. 1 StVG wird zum Ausdruck gebracht, dass nicht Verhaltensauffälligkeiten an sich, sondern nur solche erfasst werden sollen, die mit einer beträchtlichen Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung einhergehen. Ob sie auf psychischen Besonderheiten beruhen oder nicht, ist für diese Personengruppe irrelevant.

Die Beurteilung im Einzelfall erfolgt durch ein im Organisationsgefüge Anstalten eingerichtetes Fachteam, wodurch eine qualifizierte Einschätzung zum Vorliegen der Voraussetzungen zur Zuweisung in diese Vollzugsform gewährleistet ist. Im Unterschied zur Anhaltungsform der besonderen Sicherheitsmaßnahmen orientiert sich die zeitliche Komponente einer allfälligen Einzelunterbringung so wie bisher für § 129 StVG vorgesehen, an den §§ 124, 125 StVG.

Dadurch, dass das Gesetz die Zuweisung dieser Vollzugsform „nach Möglichkeit“ anordnet, soll auf die aktuell vorhandene bzw. künftig erforderliche Infrastruktur und Ressourcenlage Rücksicht genommen werden.

Zu Z 61 (§ 133a StVG):

In den letzten Jahren bereitete die Anwendung des § 133a StVG in der Praxis immer wieder Probleme. Die Verflechtung des § 133a StVG mit dem Aufenthaltsrecht stellt sich– auch im Hinblick auf unionsrechtliche Vorgaben – zunehmend als schwierig dar. Das zeigte sich insbesondere nach dem Urteil des EuGH vom 19. September 2013 im Fall Filev und Osmani. In dieser Entscheidung wurde festgestellt, dass die für Drittstaatsangehörige geltende Rückführungs-RL keine Übergangsbestimmungen enthalte und bei nicht fristgerechter Umsetzung in das innerstaatliche Recht für alle vor dem Zeitpunkt der Umsetzung erlassenen Einreiseverbote unmittelbar gelte. Das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 trat in Österreich am 1. Juli 2011 in Kraft, somit – wie im Falle Filev und Osmani in Deutschland – nach Ende der Frist zur Umsetzung der Rückführungs-RL.

Nach § 133a Abs. 5 idgF ist eine Person, die trotz aufrechtem Einreiseverbot wieder zurückkehrt unverzüglich in Haft zu nehmen und in die nächstgelegene Justizanstalt zu überstellen. Der Anstaltsleiter hat die Person zu übernehmen, wobei die Haft ohne weiteren formellen Akt ex lege fortgesetzt wird. Eine Übernahme ist aber nur dann zulässig, wenn das Einreise- oder Aufenthaltsverbot tatsächlich noch aufrecht ist. Die Prüfung dieses Umstandes durch den Anstaltsleiter – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – bereitet schon aufgrund der Notwendigkeit einer raschen Entscheidung Schwierigkeiten, zumal es sich in Fällen, in denen das Einreise- und Aufenthaltsverbot bereits abgelaufen/aufgehoben wurde, um Fälle ungerechtfertigter Haft handeln würde. Es wird daher vorgeschlagen, die in § 133a Abs. 2 StVG enthaltene Frist, während der die verurteilte Person nicht nach Österreich zurückkehren darf, vom Bestehen einer Einreise – oder Aufenthaltsverbotes unabhängig festzusetzen. Grundsätzlich soll die Frist nach Abs. 2 zeitlich jener des Einreise- bzw. Aufenthaltsverbotes entsprechen. Bei einem noch zu verbüßenden Strafrest von bis zu einem Jahr, soll der Zeitraum jedoch zumindest fünf Jahre, bei einem Strafrest von mehr als einem aber höchstens drei Jahren, zehn Jahre und bei einem Strafrest von mehr als drei bis zehn Jahre, zumindest fünfzehn Jahre betragen.

Dadurch entfällt bei vorzeitiger Rückkehr in das Bundesgebiet die Prüfung hinsichtlich des Bestehens eines Einreise- und Aufenthaltsverbotes, weil nur noch die ursprünglich ausgesprochene Dauer desselben, bzw. die Mindestfristen in Abs. 1a relevant sind. Somit kann die Entscheidung über die Fortsetzung der Haft durch Einsichtnahme in den Beschluss nach § 133a StVG und die Unterlagen über die erfolgte Ausreise rasch getroffen werden.

Die in Abs. 2 normierten Mindestfristen kommen bei Beschlussfassung über das vorläufige Absehen nach § 133a StVG nur dann zur Anwendung, wenn das Einreise- oder Aufenthaltsverbot früher ablaufen würde. Sie sind als fixe, gesetzliche Fristen zu verstehen. Besteht beispielsweise ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot von zwei Jahren und hätte der Strafgefangene zum Stichtag nach Abs. 1 oder 3 noch eine Strafzeit von bis zu einem Jahr zu verbüßen, so ist die Dauer im Beschluss gemäß Abs. 2 mit fünf Jahren festzusetzen.

Wird das Einreise- oder Aufenthaltsverbot nach Ausreise aufgehoben, so hat die verurteilte Person das Recht, einen Antrag auf Neufestsetzung der Frist nach § 133a Abs. 2 StVG zu stellen. Dieses Recht kann nur aus dem Ausland wahrgenommen werden. Bei Einreise vor Antragstellung erlischt das Antragsrecht und der bislang aufgeschobene Strafrest ist zu vollziehen (Abs. 7). Wurde das Einreise- oder Aufenthaltsverbot vor Ablauf der nach Abs. 2 Z 1 bis 3 festgesetzten Fristen aufgehoben, so sind diese Fristen für die Neufestsetzung heranzuziehen. Hierbei ist zu beachten, dass diese Fristen bei der Neuberechnung ebenso mit der Ausreise zu laufen beginnen. Wurde also beispielsweise ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot von zehn Jahren bereits nach zwei Jahren aufgehoben und hätte der Verurteilte zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über das Absehen gem. § 133a StVG noch eine Reststrafe von sechs Monaten zu verbüßen gehabt, so ist für die neue Berechnung die Frist des Abs. 2 Z 1 maßgeblich. In dem Fall würde sie somit fünf Jahre nach Ausreise abgelaufen sein.

Ist sowohl das Einreise- oder Aufenthaltsverbot nicht mehr aufrecht, als auch die Mindestfrist nach Abs. 2 Z 1 bis 3 StVG abgelaufen, so hat das Vollzugsgericht auf Antrag auszusprechen, dass die Strafe mit Rechtskraft des Beschlusses über die Neufestsetzung als vollzogen gilt (Abs. 9).

Mit dem Zusatz in Abs. 7 sollen Unklarheiten beseitigt werden. Die Strafe gilt nur dann als vollzogen, wenn der Verurteilte seiner Ausreiseverpflichtung nachgekommen und nicht vor Ablauf der in Abs. 2 festgesetzten Dauer wieder in das Bundesgebiet eingereist ist. Ein Ablauf des Aufenthaltsverbotes nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet ist für den weiteren Vollzug ohne Belang. Im Falle der Neufestsetzung gemäß Abs. 9 ist eine Einreise erst nach der Rechtskraft der Entscheidung über die Neufestsetzung zulässig. Eine Einreise während laufenden Verfahrens ist nicht zulässig und führt zum Vollzug des bislang aufgeschobenen Strafrestes.

Abs. 8 soll klarstellen, dass eine neuerliche Anwendung des § 133a StVG für den Vollzug der Restfreiheitsstrafe nicht in Betracht kommt.

Zudem wird – um einen Missbrauch der Bestimmung hintanzuhalten – in Abs. 1 Z 2 als weitere Voraussetzung der Gewährung des vorläufigen Absehens normiert, dass die verurteilte Person sich bereit erklärt, für die in Abs. 2 angeführte Dauer nicht wieder in das Bundesgebiet einzureisen und zu erwarten ist, dass sie dieser Verpflichtung auch tatsächlich nachkommen wird (Abs. 1 Z 3).

Zu Z 62 (§ 144 Abs. 3 StVG):

In der Praxis kommt es vermehrt zur Stellung von Anträgen auf bedingte Entlassung, wenn diese noch völlig aussichtlos sind, um die Ansicht des Vollzugsgerichtes zu einer bedingten Entlassung zu einem späteren Zeitpunkt bzw. dessen Voraussetzungen zu erfahren. In manchen Fällen scheint zudem die Beurteilung, wann mit den Entlassungsvorbereitungen im Zusammenhang mit einem Antrag auf bedingte Entlassung begonnen werden soll, schwierig zu sein. Zur Optimierung der Entlassungsvorbereitungen und um der Stellung aussichtsloser Anträge entgegenzuwirken, wird vorgeschlagen, in einem neuen Abs. 3 einen Informationsaustausch zwischen Vollzugsbehörde erster Instanz, Staatsanwaltschaft und Vollzugsgericht vorzusehen. Danach soll ein Runder Tisch zumindest vierteljährlich stattfinden, wobei in diesem Rahmen sowohl Einzelfälle als auch grundsätzliche Fragestellungen – beispielsweise die Einschätzung der Generalprävention bei spezifischen Deliktsgruppen im Gerichtssprengel – erörtert werden können. Die Möglichkeit, auch Einzelfälle zu besprechen, bedeutet in diesem Zusammenhang jedoch nicht, dass das Gericht eine Prognoseentscheidung hierzu trifft.

Durch den Austausch könnte die Anzahl der aussichtslosen Anträge reduziert werden, weil die Vollzugsbehörden erster Instanz die Möglichkeit einer bedingten Entlassung besser einschätzen und die Information an die Strafgefangenen weitergeben könnten. Der Austausch soll aber auch Gelegenheit bieten, die Wahrscheinlichkeit der bedingten Entlassung im Hinblick auf andere Entscheidungen, für die sie von Bedeutung ist, zu erörtern (beispielsweise bei der Frage der Bewilligung des eüH). Um zu vermeiden, dass durch den Runden Tisch ein unnötiger Aufwand entsteht, ist vorgesehen, dass er jeweils nur dann vierteljährlich einzuberufen ist, wenn eine der beteiligten Justizbehörden dies für erforderlich erachtet.

Zu Z 63 (§ 145 Abs. 1 StVG):

Bei Strafgefangenen, welche eine lange Freiheitsstrafe verbüßen, stellt sich in der Praxis die Vorbereitung auf die (bedingte) Entlassung teilweise als schwierig dar. So wird insbesondere der Zeitraum von drei Monaten bis zu einem Jahr für die Vorbereitung von Personen, die viele Jahre in Haft verbracht haben, als zu kurz angesehen. Vor dem Entlassungsvollzug sind Freiheitsmaßnahmen nach § 147 StVG nicht möglich. Strafgefangene, die eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßen, können auch nicht im gelockerten Vollzug angehalten werden. Da aber positiv absolvierte Freiheitsmaßnahmen bei der Entscheidung über eine bedingte Entlassung oftmals eine große Rolle spielen und die Vorbereitung auf die Entlassung gerade bei Strafgefangenen, die eine (lebens-)lange Freiheitsstrafe verbüßen auch einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt, wird vorgeschlagen, den Zeitraum des Entlassungsvollzuges von zwölf Monaten auf vierundzwanzig Monate auszudehnen. Dadurch soll eine flexible und auf den jeweiligen Einzelfall bezogene, sachgerechte Vorbereitung ermöglicht werden.

Zu Z 66 und 73 (§ 148 Abs. 2 und § 156 Abs. 2 StVG):

Am Karfreitag, 2. November, 24. und 31. Dezember finden in Anlehnung an das traditionelle gesellschaftliche Verständnis sogenannter „Halbfeiertage“ Amtsstunden im behördlichen Verkehr nur in reduziertem Ausmaß (üblicherweise nur bis Mittag) statt. Personen, die an einem solchen Tag nach Verbüßung einer Haftstrafe entlassen werden, laufen Gefahr, Dienststellen der auf Bundes-, Landes- oder Gemeindeebene eingerichteten Sozialbehörden nicht in der nach der Entlassung noch verbleibenden Zeit rechtzeitig zu erreichen. Je nach den kalendermäßigen Gegebenheiten können durch an die genannten Tage anschließende Feiertage oder Wochenenden mehrtägige Zeiträume (bis zu maximal 5 Tagen) ohne behördliche Kontaktmöglichkeit begründet werden. Der daraus sich ergebenden Gefahr, aus sozialer Notlage in rückfallsgeneigte Konfliktsituationen zu geraten, soll, wie vergleichsweise auch im Rechtsbestand des deutschen Strafvollzuges, nunmehr auf gesetzlicher Ebene begegnet werden. In diesen Fällen soll künftig die Entlassung am letzten vorangegangenen Werktag erfolgen, an dem üblicherweise Amtsstunden bei Behörden und Ämtern auch am Nachmittag stattfinden.

Durch die vorgeschlagene Regelung kann sich die tatsächlich in Haft verbrachte Zeit um wenige Tage verkürzen. Dies scheint bei kurzen Freiheitsstrafen jedoch sachlich nicht gerechtfertigt, weshalb die Regelung nicht für Freiheitsstrafen bis zu einem Monat gelten soll.

Zu Z 67 (§ 148 Abs. 3 StVG):

Gemäß § 148 Abs. 1 StVG ist ein Strafgefangener, der die Strafzeit abzüglich des davon etwa unbedingt oder bedingt nachgesehenen oder nachgelassenen Teiles in Strafhaft zugebracht hat, zu entlassen. Grundsätzlich hat die Entlassung jeweils innerhalb der ersten beiden Amtsstunden des Entlassungstages zu erfolgen. Endet die Strafzeit (Abs. 1) jedoch vor dem Beginn der Amtsstunden oder an einem Tag, an dem keine Amtsstunden abgehalten werden, so ist so vorzugehen, als ob die Strafzeit an dem letzten vorangehenden Tag endete, an dem Amtsstunden abgehalten werden.

Nach § 149 Abs. 2 und 3 StVG ist die Entlassung in den dafür besonders vorgesehenen Räumen durchzuführen. Die Strafgefangenen haben sich zu entkleiden und sind körperlich zu durchsuchen. Die Strafgefangenen haben ein Bad (§ 42 Abs. 3 StVG) zu nehmen. Die Anstaltskleidung und die übrigen den Strafgefangenen zum Gebrauche überlassenen Anstaltssachen sind ihnen abzunehmen. Darüber hinaus sind sie vor der Entlassung ärztlich zu untersuchen.

§ 182 Abs. 4 StPO verweist hinsichtlich des Vollzuges der Untersuchungshaft auf die Bestimmungen des StVG über den Vollzug von Freiheitsstrafen, deren Strafzeit 18 Monate nicht übersteigt. Für den Vollzug dieser Strafen sind auch die §§ 148 und 149 StVG anwendbar.

Die Frage, ob eine Person bei Enthaftung auf richterliche Anordnung unmittelbar als Freiheitsperson anzusehen ist oder gegebenenfalls auch noch unter Zwang zur Durchführung der Entlassungsformalitäten in die Justizanstalt zurückgebracht werden darf, stellte sich in der Praxis immer wieder.

Der Verfassungsgerichtshof hielt dazu in seinem Erkenntnis vom 26.9.1986 fest: „Es ist ausgeschlossen, einen (Untersuchungs-)Häftling im selben Augenblick, in dem der Richter die Enthaftung anordnet, tatsächlich aus der Haft zu entlassen. Die richterliche Anordnung ist daher so zu verstehen, daß die zur Enthaftung erforderlichen Maßnahmen ohne Aufschub in Angriff zu nehmen und dann möglichst rasch durchzuführen und abzuschließen sind. Rechtsgrundlage der (weiteren) Anhaltung während dieses Zeitraumes ist der richterliche Auftrag; die Anhaltung ist sohin dem Richter zuzurechnen…“ (VfGH 26.9.1986, B251/86, B252/86). Ebenso beurteilte der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf die obige Entscheidung des VfGH einen Fall, in dem der Beschluss zur Enthaftung des freigesprochenen Beschwerdeführers um 10:45 Uhr gefasst, die tatsächliche Enthaftung aber aufgrund des Rücktransportes erst ca. zwei Stunden später erfolgte. Diese Dauer des Rücktransportes und der Abwicklung wurde noch nicht als unangemessen lange beurteilt (VwGH 16.9.1993, 92/01/0940).

Zur Klarstellung wird daher im Sinne dieser Rechtsprechung vorgeschlagen, in § 148 StVG eine explizite Regelung aufzunehmen, wonach der Strafgefangene zur Durchführung der unbedingt erforderlichen Entlassungsformalitäten wieder in die Justizanstalt zurückzubringen ist. Zur Sicherstellung einer raschen Durchführung in diesen Spezialfällen, sollen die Entlassungsformalitäten allerdings in der nächstgelegenen Justizanstalt erfolgen und so rasch wie möglich abgewickelt werden, erforderlichenfalls auch außerhalb der Amtsstunden.

Zu Z 68 (§ 152 Abs. 2 StVG):

Zur Vorbereitung der bedingten Entlassung hat das Gericht nach § 152 Abs. 2 StVG eine Äußerung des Anstaltsleiters einzuholen. Dieser hat insbesondere dazu Stellung zu nehmen, welche Anhaltspunkte sich aus der Person des Strafgefangenen, seiner Aufführung im Vollzug und aus den zu erwartenden äußeren Umständen im Zeitpunkt einer allfälligen Entlassung für die Lebensführung des Verurteilten in Freiheit ergeben. Für die Erstellung der Äußerung werden auch die Stellungnahmen der Fachdienste eingeholt. Dies bindet in der Praxis nicht unerhebliche Kapazitäten. In jenen Fällen, in denen eine bedingte Entlassung bereits aus generalpräventiven Gründen oder aufgrund einer massiven Vorstrafenbelastung nicht in Betracht kommt, erscheint die Äußerung des Anstaltsleiters für die Frage der Gewährung einer bedingten Entlassung entbehrlich. Um künftig den Aufwand für die Erstellung einer Äußerung in solchen Fällen zu vermeiden, soll die Möglichkeit geschaffen werden, auf die Einholung der Äußerung des Anstaltsleiters zu verzichten. Dies erscheint auch im Hinblick auf die Tatsache, dass das Gericht ohnehin in den Personalakt des Strafgefangenen Einsicht zu nehmen hat, zweckmäßig. Der Einsichtnahme in den Personalakt entspricht auch die Einsichtnahme lediglich in bestimmte Teile desselben. Diese Neuregelung stellt eine nicht unerhebliche Vereinfachung des Verfahrens dar.

Zu Z 69 (§ 152a StVG):

Derzeit bindet die Vorführung von Strafgefangenen zu den Anhörungen über die bedingte Entlassung vor das Vollzugsgericht nicht unerhebliche Kapazitäten der Justizanstalten. Da zu derartigen Anhörungen nicht nur Strafgefangene aus gerichtlichen Gefangenenhäusern, sondern vor allem aus Strafvollzugsanstalten, die nicht immer im nahen Umfeld des Vollzugsgerichtes situiert sind, vorgeführt und dabei von zwei Justizwachebeamtinnen oder -beamten begleitet werden müssen, belasten diese Aktivitäten die Justizanstalten zusehends. Besonders im Wiener Raum sind das gerichtliche Gefangenenhaus Wien- Josefstadt und die Strafvollzugsanstalt Wien-Simmering in einem Ausmaß mit diesen Vorführungen belastet, die die in Anbetracht der aktuellen Überbelagssituation dieser Anstalten ohnehin angespannte Personalsituation an ihre Grenzen bringt.

Gemäß § 152a StVG hat das Gericht vor der Entscheidung über die bedingte Entlassung den Strafgefangenen zu hören, es sei denn, dass eine solche Anhörung nach den Umständen des Falles nicht erforderlich erscheint. Beantragt der Strafgefangene zum Zwecke einer bedingten Entlassung zum ersten Mal selbst seine Anhörung, so darf diese nur unterbleiben, wenn das Gericht die Entlassung bewilligt. Im Verfahren über die bedingte Entlassung gilt gemäß § 17 Abs. 1 Z 3 die StPO sinngemäß, wobei dem Verurteilten die Rechte des Beschuldigten zukommen.

Gemäß § 153 Abs. 4 StPO ist im Ermittlungsverfahren die unmittelbare Vernehmung am Sitz der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts, in deren oder dessen Sprengel sich der Zeuge oder der Beschuldigte befindet, unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung durchzuführen, wenn der Aufenthaltsort eines Zeugen oder Beschuldigten außerhalb des Sprengels der zuständigen Staatsanwaltschaft oder des zuständigen Gerichts gelegen ist, es sei denn, dass es unter Berücksichtigung der Verfahrensökonomie zweckmäßiger oder sonst aus besonderen Gründen erforderlich ist, den Zeugen oder Beschuldigten vor die zuständige Staatsanwaltschaft oder vor das zuständige Gericht zu laden. Bei einer Festnahme ist nach § 172 Abs. 1 StPO in jenen Fällen, in denen die Einlieferung des Beschuldigten in die zuständige Justizanstalt einen unverhältnismäßigen Aufwand darstellen würde, dieser in die Justizanstalt des nächstgelegenen Gerichts einzuliefern. Die Vernehmung des Beschuldigten und die Verhängung der Untersuchungshaft können in diesen Fällen im Wege der Videokonferenz erfolgen. Die Einführung der erweiterten Möglichkeit des Einsatzes von Videokonferenzen durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, bezweckte nebst verfahrensökonomischen Erwägungen auch die Reduktion des durch Vorführungen entstehenden Aufwands. Eine solche Reduktion sieht beispielsweise § 176 Abs. 3 StPO vor. Soweit der Beschuldigte nicht in der Justizanstalt des zuständigen Gerichts angehalten wird, soll auch bei Haftverhandlungen die Möglichkeit einer Beteiligung des Beschuldigten im Wege einer Videokonferenz eröffnet werden (ErläutRV zu BGBl I Nr. 111/2010; 981 BlgNR 24. GP 93). Dies wurde in weiterer Folge mit BGBl. I Nr. 29/2012 um die Außenstelle der Justizanstalt des zuständigen Gerichts erweitert. In den Erläuterungen wurde dazu Folgendes festgehalten: „Durch die Zuordnung bestehender Justizanstalten als Außenstelle zu räumlich weiter entfernten Justizanstalten (so ist etwa die Justizanstalt Gerasdorf als Außenstelle der Justizanstalt Josefstadt zugeordnet) ergibt sich die gesetzliche Unzulässigkeit des Einsatzes von Videokonferenzen bei Haftverhandlungen, da die Beschuldigten trotz der räumlich großen Entfernung dennoch in der Justizanstalt des zuständigen Gerichts angehalten werden. Die Bestimmung dient daher der Wahrung der Verfahrensökonomie sowie der Verminderung des Vorführungsaufwands.“ (ErläutRVBGBl. I Nr. 29/2012; 527 BlgNR 24. GP 12). In § 176 Abs. 3 StPO wird auf § 153 Abs. 4 StPO verwiesen, wodurch der Regelungsgegenstand klargestellt wird. Wie aus den Erläuterungen ersichtlich, geht der Gesetzgeber – entsprechend dem Wortlaut des § 153 Abs. 4 StPO – davon aus, dass die Bestimmung nur heranzuziehen ist, wenn eine funktionale Unzuständigkeit gegeben ist, weshalb (zuständige) Außenstellen ausdrücklich in § 176 Abs. 3 StPO aufzunehmen waren. Dieser Grundsatz wird auch bei der Verhängung der Untersuchungshaft konsequent verfolgt. § 172 Abs. 1 StPO sieht eine Videokonferenz nur dann vor, wenn der Beschuldigte insb. wegen der Entfernung des Ortes der Festnahme in eine Justizanstalt eines unzuständigen Gerichts eingeliefert wurde. In diesen Fällen kann das zuständige Gericht den Beschuldigten unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung vernehmen und ihm den Beschluss über die Untersuchungshaft auf gleiche Weise verkünden (§ 174 StPO).

Nach der derzeitigen Rechtslage ist somit die Durchführung einer Anhörung im Verfahren wegen einer bedingten Entlassung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung nicht generell möglich. Um die oben angeführte Problemlage zu entschärfen, wird vorgeschlagen vorzusehen, dass die Anhörung generell unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung durchzuführen ist, soweit keine besonderen Gründe vorliegen, die die Vorführung vor das zuständige Gericht erforderlich machen. Das Recht auf Anhörung wird dadurch nicht geschmälert, zumal der EGMR in seiner Entscheidung Sakhnovskiy gegen Russland (EGMR 2.11.2010, 21272/03) festhielt, dass selbst in einem Rechtsmittelverfahren in Strafsachen die Teilnahme am Verfahren mittels Videokonferenz nicht von vornherein unvereinbar mit Art. 6 EMRK ist, „sofern der Beschwerdeführer der Verhandlung folgen, ohne technische Hindernisse gehört werden kann und eine effektive und vertrauliche Verständigung mit seinem Anwalt sichergestellt ist.“ Die Durchführung der Videokonferenz ist naturgemäß nur dann zulässig, wenn auch entsprechende technische Möglichkeiten vorhanden sind.

Zu Z 70 (§ 152b StVG):

In letzter Zeit traten vermehrt Fälle von Flucht oder Nichtrückkehr nach einem Ausgang oder einer Unterbrechung nach Bewilligung der bedingten Entlassung durch das Vollzugsgericht auf. Die §§ 99 Abs. 4, 99a Abs. 2 und 147 Abs. 2 StVG sehen zwar vor, dass Zeiten, die außerhalb der Haft verbracht wurden, nicht in die Strafzeit einzurechnen sind, allerdings liegt in diesen Fällen bereits ein rechtskräftiger Beschluss über die bedingte Entlassung unter Festsetzung eines entsprechenden Stichtages vor. Dies führte in der Praxis zum unbefriedigenden Ergebnis, dass die in solchen Fällen nicht in Haft verbrachten Zeiten nicht berücksichtigt werden konnten und die Strafgefangenen trotz der im StVG vorgesehenen Nichtanrechnung, die auf Flucht oder bei Nichtrückkehr verbrachten Zeiten nicht mehr verbüßen mussten. Mit der Schaffung dieser Bestimmung soll die Nichteinrechnung dieser Zeiten unter Abänderung des Stichtages der bedingten Entlassung ermöglicht werden.

Zu Z 71 (§ 153 StVG):

Nach geltendem Recht ist ein Strafgefangener gemäß § 152a Abs. 1 StVG vor der Entscheidung über die bedingte Entlassung bei Vollzug einer Freiheitsstrafe über 18 Monaten zu hören, wenn er zum ersten Mal seine Anhörung beantragt. Die Anhörung kann nur unterbleiben, wenn das Gericht die Entlassung bewilligt. Bei den Vorschriften in Bezug auf den Vollzug von Freiheitsstrafen, die 18 Monte nicht übersteigen, fehlte bislang der Verweis auf § 152a StVG. Es wird daher vorgeschlagen, die Aufzählung in § 153 StVG um § 152a StVG zu erweitern, zumal auch bei der Entscheidung hinsichtlich der bedingten Entlassung aus kürzeren Freiheitsstrafen die schriftliche Äußerung den persönlichen Eindruck nicht ersetzen kann und durch die Anhörung die Chance auf eine bedingte Entlassung erhöht werden soll.

Zu Z 72 (§ 154 StVG):

§ 154 Abs. 1 StVG untersagt derzeit Zugangsuntersuchungen bei Insassen, die Strafen von nicht mehr als zweiwöchiger Dauer zu verbüßen haben. Im Interesse der Gesundheitsprävention sollen Zugangsuntersuchungen jedoch grundsätzlich auch bei derart kurzen Strafen erfolgen.

Zu Z 74 und 75 (§ 156b Abs. 4 StVG):

Derzeit sind aufgrund der Aufzählung in § 156b Abs. 4 StVG im elektronisch überwachten Hausarrest der Verweis, die Geldbuße und der Hausarrest als Ordnungsstrafen zulässig. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass lediglich der Verweis in seltenen Fällen zur Anwendung gelangt. Die Geldbuße wäre vom Hausgeld einzubehalten, über welches der Strafgefangene im eüH jedoch nicht verfügt. Da der Hausarrest nur bei Überwiegen erschwerender Umstände zu verhängen ist, kommt diese Ordnungsstrafe in der Praxis nicht zur Anwendung. In solchen Fällen wird der elektronisch überwachte Hausarrest widerrufen. Der Verweis in Abs. 4 auf § 109 Z 4 und 5 kann daher entfallen.

Die Bestimmung des § 43 StVG (Bewegung im Freien) ist derzeit mangels Aufzählung in Abs. 4 nicht anwendbar. Um gerade im Hinblick auf die Erweiterung der Möglichkeit des eüH auf 24 Monate die Abdeckung sozialer Bedürfnisse besser zu ermöglichen, wird vorgeschlagen, die Aufzählung in § 156b Abs. 4 StVG um § 43 erster Satz StVG (Strafgefangene, die nicht im Freien arbeiten haben täglich, andere Strafgefangene an arbeitsfreien Tagen das Recht, sich unter Rücksichtnahme auf ihren Gesundheitszustand eine Stunde im Freien aufzuhalten, wenn es die Witterung nicht ausschließt) zu erweitern. Dabei sollen jedoch die im ersten Satz enthaltenen Einschränkungen nicht gelten, d.h. alle Strafgefangenen im eüH sollen ein Recht auf eine Stunde Bewegung im Freien, unabhängig davon haben, ob sie beispielsweise einer Arbeit im Freien nachgehen oder nicht. Die Arbeit ist für den Anwendungsbereich des § 156b Abs. 4 StVG mit einer geeigneten Beschäftigung iSd § 156c Abs. 1 Z 2 lit b StVG gleichzusetzen. Der Haftsituation im eüH entsprechend ist die Aktivität während dem Aufenthalt im Freien im Vorhinein festzulegen, in das Aufsichtsprofil einzutragen und darf den Zwecken des § 20 Abs. 1 StVG nicht widersprechen. Denkbar sind in diesem Zusammenhang beispielsweise sportliche Aktivitäten aber auch Freizeitaktivitäten im Rahmen der Kinderbetreuung. Nach Maßgabe der Voraussetzungen des § 43 erster Satz StVG handelt es sich hierbei um ein subjektives Recht des Strafgefangenen. Darüber hinaus soll es möglich sein, eine weitere Stunde an Samstagen, Sonn- und Feiertagen zu gewähren, worauf allerdings kein subjektives Recht besteht.

Da sich die letzten beiden Sätze des § 43 StVG ausschließlich auf die Gegebenheiten in einer Justizanstalt beziehen, bleiben sie für den eüH außer Betracht, weshalb der Verweis auch nur den ersten Satz dieser Bestimmung umfasst. Eine über die in § 156b Abs. 4 letzter Satz StVG hinausgehende Gewährung von Zeiten für den Aufenthalt im Freien ist nicht zulässig.

Schließlich soll die Änderung des § 154 StVG durch eine entsprechende Zitatanpassung nachvollzogen werden.

Zu Z 76 (§ 156c Abs. 1 Z 1 StVG):

Mit 1. September 2010 wurde in Österreich der elektronisch überwachte Hausarrest („eüH“) als eine weitere Form des Vollzugs von unbedingten Freiheitsstrafen eingeführt. Mit Stichtag 1.11.2018 haben nunmehr 5925 Personen ihre Freiheitsstrafe im Ausmaß von insgesamt 764.366 Hafttagen im elektronisch überwachten Hausarrest verbüßt. Die Tatsache, dass verurteilte Straftäter –trotz Einschränkung der persönlichen Freiheit – in ihrem Umfeld bleiben können, insbesondere weiter ihrer Arbeit nachgehen können, sowie kontinuierlich betreut werden, trägt entscheidend zur Rückfallvermeidung bei. Aufgrund des großen Erfolges und der positiven Entwicklung dieser Vollzugsform wird vorgeschlagen, den Anwendungsbereich dahingehend zu erweitern, dass der eüH nunmehr auch dann zulässig sein soll, wenn die zu verbüßende Strafzeit oder der noch zu verbüßende Strafrest 24 Monate nicht übersteigt. Ausgenommen davon sollen Strafen wegen schwerer Gewalt- oder Sexualdelikte (§§ 75, 76, 87, 107b Abs. 4 erster Satz zweiter Fall, 143 Abs. 2, 201, 202, 205, 206, 207, 207a oder 207b StGB) sein.

Zu Z 77 (§ 156c Abs. 1 Z 2 lit. d StVG):

Derzeit ist für die Gewährung des Vollzuges einer Freiheitsstrafe in der Form des elektronisch überwachten Hausarrestes u.a. ein aufrechter Kranken- und Unfallversicherungsschutz erforderlich. In der Praxis ist jedoch insbesondere bei Personen, die sich bereits in Pension befinden und eine ehrenamtliche Tätigkeit ausüben, der Eintritt eines Versicherungsfalles hinsichtlich eines Arbeitsunfalles nicht möglich, weshalb diese Personen auch keine Beiträge zur gesetzlichen (Arbeits)Unfallversicherung mehr zu leisten haben und daher auch einen derartigen Versicherungsschutz nicht genießen. Um zu vermeiden, dass in solchen Fällen der eüH nicht gewährt wird, wird vorgeschlagen, einen Unfallversicherungsschutz nur dann als unbedingte Voraussetzung zu normieren, wenn die gesetzliche Pflichtversicherung auch eine derartige (Arbeits)Unfallversicherungspflicht zwingend vorsieht.

Zu Z 78 (§ 156c Abs. 1a StVG):

Da im Hinblick auf den Unrechtsgehalt die Tathandlungen in den §§ 201, 202, 205, 206, 207, 207a und 207b StGB vergleichbar mit jener in § 107b Abs. 4 zweiter Fall StGB sind, wird vorgeschlagen, § 107b Abs. 4 zweiter Fall StGB in die Aufzählung des Abs. 1a aufzunehmen und damit die Zulässigkeit der Verbüßung der Freiheitsstrafe im elektronisch überwachten Hausarrest vor Erreichung der zeitlichen Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 StGB von vorne herein auszuschließen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Bewährungshilfegesetzes):

Zu Z 1 bis 3 (§ 29c BewHG):

Zur Erhebung der Voraussetzungen des elektronisch überwachten Hausarrests (§ 156c Abs. 1 StVG), insbesondere zur Einschätzung der Missbrauchsgefahr und zur Festlegung der erforderlichen Bedingungen (§ 156d Abs. 2 StVG) wirken auf Ersuchen des Anstaltsleiters oder der Anstaltsleiterin SozialarbeiterInnen des Vereins Neustart im Bewilligungsverfahren mit. Für diese Tätigkeit, die bereits bestehende Praxis ist und die vor Aufnahme des Verurteilten in den Strafvollzug stattfinden kann (front door Anträge), soll in § 29c BewHG nunmehr eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage geschaffen werden.