Erläuterungen:

I. Allgemeiner Teil

1. Im Bereich des StGB dient der Entwurf zum einen der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (in der Folge: RL Terrorismus), ABl. Nr. L 88 vom 31.3.2017, S. 6. Gleichzeitig dienen einige der vorgeschlagenen Änderungen der Schaffung der Voraussetzungen für eine mögliche Ratifizierung Österreichs des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus (SEV Nr. 217) sowie der Umsetzung der VN-Sicherheitsratsresolution 2178 (2014) vom 24. September 2014.

Am 2. Dezember 2015 legte die Europäische Kommission den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung, ABl. Nr. L 164 vom 22.6.2002, S. 3, vor. Mit diesem Richtlinienvorschlag entsprach die Kommission dem Ersuchen des in Zusammenhang mit den Terroranschlägen in Paris vom 13. November 2015 einberufenen (Sonder-)Rates der Europäischen Union (Justiz und Inneres) vom 20. November 2015, noch bis Jahresende einen Entwurf einer Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung zu präsentieren. Der Vorschlag wurde am 15. März 2017 als Richtlinie (EU) 2017/541 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates angenommen. Die Richtlinie enthält Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen und die Festlegung von Sanktionen auf dem Gebiet von terroristischen Straftaten, Straftaten im Zusammenhang mit einer terroristischen Vereinigung und Straftaten im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten sowie Maßnahmen zum Schutz, zur Unterstützung und zur Hilfe der Opfer des Terrorismus. Die Richtlinie ist bis 8. September 2018 innerstaatlich umzusetzen. Im Hinblick darauf, dass aufgrund der Umsetzung zahlreicher internationaler Vorgaben, insbesondere des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI und des Internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus (BGBl. III Nr. 102/2002, in der Folge: „VN-Terrorismusfinanzierungs-Übereinkommen“) sowie des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus, BGBl. III Nr. 34/2010, im StGB bereits zahlreiche Bestimmungen im Zusammenhang mit terroristischen Straftaten oder terroristischen Aktivitäten vorhanden sind, beschränkt sich der Umsetzungsbedarf insbesondere auf den Ausbau einzelner Strafbestimmungen und die Einführung eines Tatbestands betreffend das Reisen zu terroristischen Zwecken.

1.1. In letzter Zeit wurde vermehrt über das Phänomen berichtet, dass Rettungs- und andere Einsatzkräfte, aber auch sonstige Menschen, die im Rahmen von Unfallgeschehen Hilfe leisten wollten, dabei durch sensationsgierige Schaulustige behindert wurden. Das österreichische Regierungsprogramm für die XXVI. Gesetzgebungsperiode sieht die Erweiterung des Straftatbestandes der Unterlassung der Hilfeleistung um den Tatbestand der Behinderung der Hilfeleistung vor. In Umsetzung dieses Punktes des Regierungsprogramms wird daher vorgeschlagen, den Tatbestand des § 95 StGB entsprechend zu ergänzen.

1.1. Im Übrigen reagiert der Entwurf im Bereich des StGB auf eine Judikaturkontroverse im Bereich der inländischen Gerichtsbarkeit bei Terrorismusstraftaten (§ 64 Abs. 1 Z 9 lit. b StGB).

2. Im Bereich der StPO beinhaltet der vorliegende Ministerialentwurf insbesondere Regelungen zur Umsetzung der RL Terrorismus durch Regelung der Rechte der Opfer terroristischer Straftaten (§ 278c StGB) in § 66 Abs. 2 StPO. Da Opfer terroristischer Straftaten (§ 278c StGB), denen nur aus § 65 Z 1 lit. c StPO – nicht aber aus § 65 Z 1 lit. a und b StPO – Opferstellung zukommt (also insbesondere Opfer, die „bloß“ einen wirtschaftlichen Verlust erlitten haben) derzeit keinen Anspruch auf Prozessbegleitung nach § 66 Abs. 2 StPO haben, wird eine entsprechende Erweiterung der anspruchsberechtigen Personen auf diesen Opferkreis vorgeschlagen. Das in § 70 Abs. 1 StPO verankerte Opferrecht, spätestens vor ihrer ersten Befragung über die Voraussetzungen der Prozessbegleitung informiert zu werden, ist konsequenterweise auf diese Opfer auszuweiten.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Strafrechtswesen).

II. Besonderer Teil

Zu Artikel I (Änderungen des StGB)

Zu Z 1 und 3 (§ 64 Abs. 1 Z 9 und 10 StGB):

Gemäß Art. 19 Abs. 1 der RL Terrorismus hat sich die inländische Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaates auf strafbare Handlungen nach den Artikeln 3 bis 12 und 14 der Richtlinie zu erstrecken, sofern

a)     die Straftat ganz oder teilweise in seinem Hoheitsgebiet begangen wurde,

b)     die Straftat an Bord eines Schiffes, das die Flagge des Mitgliedstaats führt, oder eines Flugzeugs, das in dem Mitgliedstaat eingetragen ist, begangen wurde,

c)     der Täter Staatsangehöriger oder Gebietsansässiger des Mitgliedstaats ist,

d)     die Straftat zugunsten einer juristischen Person mit Sitz in seinem Hoheitsgebiet begangen wurde oder

e)     die Straftat gegen seine Institutionen oder seine Bevölkerung oder gegen ein Organ, eine Einrichtung oder sonstige Stelle der Union mit Sitz in dem Mitgliedstaat begangen wurde.

Nach Art. 19 Abs. 4 der Richtlinie trifft jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, um seine Gerichtsbarkeit für die Straftaten nach den Artikeln 3 bis 12 und 14 auch in den Fällen zu begründen, in denen er die Übergabe oder Auslieferung einer Person, die der Begehung einer solchen Straftat verdächtigt wird oder wegen einer solchen Straftat verurteilt worden ist, an einen anderen Mitgliedstaat oder einen Drittstaat ablehnt. Ähnlich verlangt Art. 14 Abs. 3 des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus, BGBl. III Nr. 34/2010, dass jede Vertragspartei die erforderlichen Maßnahmen trifft, um ihre Gerichtsbarkeit über die in diesem Übereinkommen genannten Straftaten für den Fall zu begründen, dass der Verdächtige sich in ihrem Hoheitsgebiet befindet und sie ihn nicht an eine Vertragspartei ausliefert.

Gerichtsbarkeit nach Art. 19 Abs. 1 lit. a und b der Richtlinie ist durch die §§ 62 und 63 StGB abgedeckt.

Bei strafbaren Handlungen im Ausland (Art. 19 Abs. 1 lit. c bis e sowie Abs. 4 der RL Terrorismus; Art. 14 Abs. 3 des Europaratsübereinkommens) gelten die österreichischen Strafgesetze unabhängig von den Strafgesetzen des Tatorts nach § 64 Abs. 1 Z 9 StGB bisher hinsichtlich terroristischer Vereinigung (§ 278b StGB) und terroristischer Straftaten (§ 278c StGB) sowie damit im Zusammenhang begangener strafbarer Handlungen des Diebstahls nach den §§ 128 bis 131 StGB, der Erpressung nach den §§ 144 und 145 StGB sowie der Urkundenfälschung (§ 223 StGB) und der Fälschung besonders geschützter Urkunden (§ 224 StGB) sowie darüber hinaus der Ausbildung für terroristische Zwecke (§ 278e StGB) und der Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat (§ 278f StGB), wenn

a)     der Täter zur Zeit der Tat Österreicher war oder wenn er die österreichische Staatsbürgerschaft später erworben hat und zur Zeit der Einleitung des Strafverfahrens noch besitzt,,

b)     der Täter seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat,

c)     die Tat zugunsten einer juristischen Person mit Sitz in Österreich begangen wurde,

d)     die Tat gegen den Nationalrat, den Bundesrat, die Bundesversammlung, die Bundesregierung, einen Landtag, eine Landesregierung, den Verfassungsgerichtshof, den Verwaltungsgerichtshof, den Obersten Gerichtshof, sonst ein Gericht oder eine Behörde oder gegen die Bevölkerung der Republik Österreich begangen wurde,

e)     die Tat gegen ein Organ der Europäischen Union oder eine gemäß den Verträgen zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften oder dem Vertrag über die Europäische Union geschaffene Einrichtung mit Sitz in der Republik Österreich begangen wurde oder

f)      der Täter zur Zeit der Tat Ausländer war, sich in Österreich aufhält und nicht ausgeliefert werden kann.

In § 64 Abs. 1 Z 9 StGB decken sohin für die dort genannten Delikte die lit. a und b die Vorgaben von Art. 19 Abs. 1 lit. c derRl Terrorismus ab, die lit. c die Vorgaben des Art. 19 Abs. 1 lit. d der Richtlinie, die lit d die Vorgaben von Art. 19 Abs. 1 lit e der Richtlinie und die lit. f die Vorgaben von Art. 19 Abs. 4 der Richtlinie (bzw. Art. 14 Abs. 3 des Europaratsübereinkommens).

Hinsichtlich einer im Ausland begangenen strafbaren Handlung der Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) sieht § 64 Abs. 1 Z 10 StGB aus entstehungsgeschichtlichen Gründen weniger Anknüpfungspunkte für die inländische Gerichtsbarkeit als § 64 Abs. 1 Z 9 StGB für die dort genannten Delikte vor, und zwar liegt diese (nur) dann vor, wenn

a)     der Täter zur Zeit der Tat Österreicher war oder wenn er die österreichische Staatsbürgerschaft später erworben hat und zur Zeit der Einleitung des Strafverfahrens noch besitzt oder

b)     der Täter zur Zeit der Tat Ausländer war, sich in Österreich aufhält und nicht ausgeliefert werden kann.

Da Art. 19 Abs. 1 (und 4) der RL Terrorismus (auch) für die strafbare Handlung der Terrorismusfinanzierung (Art. 11 der RL) sämtliche in § 64 Abs. 1 Z 9 StGB enthaltenen Anknüpfungspunkte fordert, soll § 278d StGB in § 64 Abs. 1 Z 9 StGB aufgenommen werden und als Konsequenz § 64 Abs. 1 Z 10 StGB entfallen.

Überdies sollen zur Umsetzung des Art. 19 Abs. 1 (und 4) der RL Terroismus der Katalog der strafbaren Handlungen des § 64 Abs. 1 Z 9 StGB um § 282a StGB (Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten), welcher Art. 5 der RL Terrorismus umsetzt, sowie um § 278g StGB (Reisen für terroristische Zwecke), dessen Einführung mit diesem Entwurf im Hinblick auf die Umsetzung des Art. 9 der RL Terrorismus vorgeschlagen wird, ergänzt werden.

Zu Z 2 (§ 64 Abs. 1 Z 9 lit. b StGB):

Der Vorschlag zu § 64 Z 9 lit. b StGB soll der Klarstellung des Zeitpunkts dienen, in dem der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Täters im Inland als Anknüpfungspunkt für die inländische Gerichtsbarkeit vorliegen muss. Hierzu gibt es keine einhellige Rechtsprechung. So entschied der OGH zu 11 Os 137/16f, dass es für die Begründung der inländischen Gerichtsbarkeit nach § 64 Abs. 1 Z 9 lit. b StGB ausschließlich auf den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Täters zum Tatzeitpunkt ankomme. Er stützte sich dabei u.a. auf seine zu § 64 Abs. 1 Z 4a lit. a StGB ergangene Entscheidung zu 13 Os 147/15i. In seinen nachfolgenden Entscheidungen zu 12 Os 15/17y und 15 Os 3/17f entschied der OGH – unter ausdrücklicher Ablehnung der Entscheidung zu 11 Os 137/16f – jedoch, dass es für die Begründung der inländischen Gerichtsbarkeit nach § 64 Abs. 1 Z 9 StGB ausreiche, wenn der Täter seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nach dem Tatzeitpunkt in Österreich begründe und aktuell (das heißt zumindest im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens) ein inländischer Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt des Angeklagten bestehe.

Der Vorschlag folgt dieser rezenten Rechtsprechung und steht mit Art. 19 Abs. 1 lit. c der RL Terrorismus in Einklang. Nicht zuletzt kann die vorgeschlagene Klarstellung auch als Beitrag zu einer wirksamen Verfolgung der in der Richtlinie festgelegten Straftaten angesehen werden (vgl. Erw 20 der RL Terrorismus). Auch der OGH argumentierte zu 15 Os 3/17f u.a. mit den verstärkten internationalen Bestrebungen zur Bekämpfung des Terrorismus.

Zu Z 4 und 5 (Überschrift des § 95; § 95 Abs. 1 StGB):

In letzter Zeit wurde vermehrt über das Phänomen berichtet, dass Rettungs- und andere Einsatzkräfte, aber auch sonstige Menschen, die im Rahmen von Unfallgeschehen Hilfe leisten wollten, dabei durch sensationsgierige Schaulustige behindert wurden. Das Verhalten der Schaulustigen reicht von der Weigerung, den Weg zu den Opfern frei zu geben, über Fotografieren der Opfer bis hin zu Beschimpfungen und Beleidigung der hilfeleistenden Personen. Das rücksichtslose Behindern von Rettungs- und anderen Einsatzkräften sowie sonstigen hilfeleistenden Personen kann im schlimmsten Falle sogar den Tod eines Opfers zur Folge haben. Jedenfalls erschwert ein solches unsoziales Verhalten die Arbeit der Rettungs- und Einsatzkräfte beträchtlich.

Derartige Vorkommnisse haben auch in Deutschland den Gesetzgeber erst jüngst dazu veranlasst, einen Tatbestand zu schaffen, mit dem die Behinderung der Hilfeleistung – neben der in Deutschland wie in Österreich schon bisher erfassten Unterlassung der Hilfeleistung – gerichtlich strafbar wurde (§ 323c Abs. 2 dStGB).

Das österreichische Regierungsprogramm für die XXVI. Gesetzgebungsperiode sieht gleichfalls die Erweiterung des Straftatbestandes der Unterlassung der Hilfeleistung um den Tatbestand der Behinderung der Hilfeleistung vor.

In Umsetzung dieses Punktes des Regierungsprogramms wird daher vorgeschlagen, den Tatbestand des § 95 StGB entsprechend zu ergänzen. Der bisherige Inhalt des Abs. 1 soll unverändert als neuer Abs. 1 Z 1 übernommen werden. Als neue Z 2 soll der vorgeschlagene Tatbestand der Behinderung der Hilfeleistung eingefügt werden.

Während bei der aktiven Hilfeleistung die Anforderungen an potentiell Hilfeleistungspflichtige (wie etwa Unfallszeugen) weiterhin nicht überspannt werden sollen und die Strafbarkeit der Unterlassung der Hilfeleistung weiterhin erst dann einsetzen soll, wenn bei Gefahr des Todes oder einer beträchtlichen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung die offensichtlich erforderliche und dem Täter auch zumutbare Hilfe unterlassen wird, scheinen diese Einschränkungen bei der Behinderung der Hilfeleistung nicht erforderlich zu sein.

Das Tatbestandsmerkmal des Behinderns im Sinne der vorgeschlagenen Z 2 setzt eine spürbare, nicht unerhebliche Störung der Rettungstätigkeit voraus. Daher müssen die Hilfsmaßnahmen der hilfeleistenden Person mindestens erschwert werden, wie zum Beispiel durch Beschädigung von technischem Gerät, durch Versperren eines Wegs, durch Nichtbeiseitetreten, durch Blockieren von Notfallgassen oder durch Beeinträchtigung der Tätigkeit von Ärzten und Krankenhauspersonal in der Notaufnahme.

Da die Strafbarkeit grundsätzlich allein an das Behindern einer hilfeleistenden Person anknüpft, kommt es nicht darauf an, ob sich dieses Verhalten konkret negativ für die Person auswirkt, der die Hilfeleistung zugutekommen soll. Die Strafbarkeit tritt also beispielsweise auch dann ein, wenn das Opfer trotz der Behinderung von anderen Personen gerettet werden konnte oder eine Rettung des Opfers gar nicht mehr möglich war, weil es zum Zeitpunkt der Behinderung einer hilfeleistenden Person bereits verstorben war.

Die Strafdrohung soll unverändert bleiben. Die Grundstrafdrohung beträgt Freiheitsstrafe bis zu sechs Monate oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätze; hat die Tat den Tod eines Menschen zur Folge (§ 7 Abs. 2 StGB), so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

Tritt beim Opfer durch die Behinderung der Hilfeleistung eine (Verschlimmerung der) Verletzung ein, die durch die Behinderung fahrlässig herbeigeführt wurde, so konkurriert § 95 Abs. 1 Z 2 StGB echt mit dem entsprechenden Fahrlässigkeitsdelikt. Bei Todesfolge konkurriert § 95 Abs. 1 Z 2 StGB echt mit § 81 StGB. Hinsichtlich § 80 StGB geht § 95 Abs. 1 Z 2 StGB jedoch als speziellere Norm vor (vgl. hiezu auch Jerabek in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 95 Rz 39).

Zu Z 6 und 7 (§§ 177a Abs. 1 und 177b Abs. 3 StGB):

Nach Art. 3 Abs. 1 der RL Terrorismus sind bestimmte vorsätzliche Handlungen entsprechend ihrer Definition als Straftaten nach den nationalen Rechtsvorschriften, die durch die Art ihrer Begehung oder den jeweiligen Kontext ein Land oder eine internationale Organisation ernsthaft schädigen können, als terroristische Straftaten einzustufen, wenn sie mit einem der in Abs. 2 aufgeführten Ziele begangen werden. Hierzu zählen gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. f der RL Terrorismus:

f) Herstellung, Besitz, Erwerb, Beförderung, Bereitstellung oder Verwendung von Sprengstoffen oder Waffen, einschließlich chemischen, biologischen, radiologischen oder atomaren Waffen sowie die Forschung und Entwicklung im Zusammenhang mit chemischen, biologischen, radiologischen oder atomaren Waffen.

Im Unterschied zur Vorgängerbestimmung des Art. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI führt Art. 3 Abs. 1 lit. f RL Terrorismus somit auch radiologische Waffen an. Hierzu ist festzuhalten, dass der Begriff „atomar“ (das gesamte Atom betreffend) bzw. „nuklear“ (den Nukleus, den Atomkern betreffend) auf jene Waffen und Kampfmittel angewandt wird, deren Wirkung auf einer Kernreaktion (Kernspaltung oder Kernverschmelzung) beruht. Der Begriff „radiologisch“ bezeichnet im Zusammenhang mit Waffen und Kampfmittel die Verwendung jeglichen radioaktiven Materials, welches ohne Zustandekommen einer Kettenreaktion zur Wirkung (Verstrahlung) gebracht werden kann (z.B. sogenannte „schmutzige Bombe“). Die englische Fassung der Richtlinie spricht in Art. 3 Abs. 1 lit. f von „chemical, biological, radiological or nuclear weapons“ und die französische von „armes chimiques, biologiques, radiologiques ou nucléaires“, d.h. sogenannte CBRN-Waffen. Der Ausdruck CBRN ersetzt dabei die früher verwendete Formulierung „ABC“ (atomar, biologisch, chemisch).

Vorsätzliche Gemeingefährdungsdelikte (§§ 169, 171, 173, 175, 176, 177a, 177b, 178 StGB) und die vorsätzliche Beeinträchtigung der Umwelt (§ 180 StGB) sind vom Katalog der terroristischen Straftaten gemäß § 278c Abs. 1 Z 1 StGB umfasst. § 177a Abs. 1 StGB stellt die Herstellung und Verbreitung von zur Massenvernichtung bestimmten und geeigneten atomaren, biologischen oder chemischen Kampfmitteln unter Strafe. Da radiologische Waffen keine Kernwaffen sind und somit nicht unter den Begriff „atomar“ zu subsumieren sind, ist § 177a Abs. 1 StGB enger als Art. 3 Abs. 1 lit. f der RL Terrorismus. Daher soll in § 177a Abs. 1 StGB das Wort „atomare“ durch die Wendung „nukleare, radiologische“ ersetzt werden. Angesichts einer Änderung der Wendung „atomare Kampfmittel“ in § 177a Abs. 1 StGB ist konsequenterweise dieser Begriff auch in § 177b Abs. 3 StGB anzupassen.

Zu Z 8 (§ 278c Abs. 1 Z 6 StGB):

Nach Art. 3 Abs. 1 lit. i der RL Terrorismus gelten rechtswidrige Systemeingriffe im Sinne des Artikels 4 der Richtlinie 2013/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. August 2013 über Angriffe auf Informationssysteme und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2005/222/JI des Rates (ABl. L 218 vom 14.8.2013, S. 8; in der Folge: „RL Cybercrime“) in den Fällen, in denen Art. 9 Abs. 3 oder Art. 9 Abs. 4 lit. b oder c der RL Cybercrime Anwendung findet, sowie rechtswidrige Eingriffe in Daten im Sinne des Art. 5 RL Cybercrime in den Fällen, in denen Art. 9 Abs. 4 lit. c RL Cybercrime Anwendung findet, als terroristische Straftaten.

Die Vorgaben in Art. 4 (Rechtswidriger Systemeingriff) und Art. 5 (Rechtswidriger Eingriff in Daten) der RL Cybercrime sind durch § 126a StGB (Datenbeschädigung) und § 126b StGB (Störung der Funktionsfähigkeit eines Computersystems) umgesetzt. Art. 9 Abs. 3 der RL Cybercrime erfasst Fälle vorsätzlicher Tatbegehung, in denen eine beträchtliche Anzahl von Informationssystemen unter Verwendung eines Computerprogrammes, -passwortes oder Zugangscodes oder ähnlicher Daten, die den Zugang zu einem Informationssystem als Ganzem oder zu einem Teil davon ermöglichen, welche in erster Linie dafür ausgerichtet oder hergerichtet wurden, beeinträchtigt wird. Diese Qualifikation ist durch §§ 126a Abs. 3 und 126b Abs. 3 StGB umgesetzt, wobei statt der Diktion „beträchtliche Anzahl“ in Art. 9 Abs. 3 der RL Cybercrime auf „viele“ Informationssysteme abgestellt wird. Darunter ist eine Zahl von ca. 30 zu verstehen (EBRV 689 BlgNr XXV. GP 22).

Nach Art. 9 Abs. 4 lit. b der RL Cybercrime sind Taten qualifiziert, die einen schweren Schaden verursachen, nach lit. c solche, die gegen ein Informationssystem einer kritischen Infrastruktur verübt wurden. Diese Qualifikationen sind durch §§ 126a und 126b StGB, jeweils Abs. 4 Z 1 (Herbeiführung eines 300.000 Euro übersteigenden Schadens) und Z 2 (Beeinträchtigung wesentlicher Bestandteile der kritischen Infrastruktur) StGB umgesetzt.

§ 278c Abs. 1 Z 6 StGB erfasst strafbare Handlungen nach den §§ 126 und 126a StGB, soweit durch die Tat eine Gefahr für das Leben eines anderen oder für fremdes Eigentum in großem Ausmaß entstehen kann. Ein „großes Ausmaß“ wird mit der zweiten Wertgrenze der Vermögensdelikte des StGB angenommen, somit seit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015 (BGBl. I Nr. 112/2015) mit 300.000 Euro (Fabrizy, StGB12 § 169 Rz 8; Murschetz in Höpfel/Ratz WK² StGB § 169 Rz 9; 176 Rz 4; 14 Os 14/17s; RIS Justiz RS0094935 [T4, T5]; zu § 176 StGB vgl auch 14 Os 116/11g, 14 Os 127/11z).

In Umsetzung der RL Terrorismus sollen nunmehr auch strafbare Handlungen nach den §§ 126a Abs. 3 und 4 Z 2 StGB sowie 126b Abs. 3 und Abs. 4 Z 1 und 2 StGB als terroristische Straftaten iSd § 278c Abs. 1 StGB eingestuft werden. Angesichts der Formulierung „wenn dadurch eine Gefahr für […] fremdes Eigentum in großem Ausmaß entstehen kann“ bedarf es keiner expliziten Auflistung von § 126a Abs. 4 Z 1 StGB und § 126b Abs. 4 Z 1 StGB in § 278c Abs. 1 Z 6 StGB.

Zu Z 9 (§ 278c Abs. 3 StGB):

Nach § 278c Abs. 3 StGB gilt eine Tat nicht als terroristische Straftat, wenn sie auf die Herstellung oder Wiederherstellung demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse oder die Ausübung oder Wahrung von Menschenrechten ausgerichtet ist. Diese Negativdefinition beruht auf den Vorgaben des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI, und zwar den Erwägungsgründen, der Bestimmung des Art. 1 Abs. 2 und dem Text der sich auf den Rahmenbeschluss beziehenden Erklärung des Rates. Der Tatbestandsauschluss soll – im Sinne der Erklärung des Rates – insbesondere bei Tathandlungen Anwendung finden, die in nicht demokratischen Gesellschaften außerhalb der Europäischen Union begangen werden und gegebenenfalls in Österreich abzuurteilen sind (1166 EBRV BlgNR 21. GP 39 f.).

In der RL Terrorismus könnte lediglich Art. 23 Abs. 1, welcher dem Art. 1 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI entspricht, für die EU-Rechtskonformität des § 278c Abs. 3 StGB in Betracht gezogen werden. Art. 23 Abs. 1 RL Terrorismus hält fest, dass die Richtlinie nicht die Pflicht berührt, die Grundrechte und die allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie sie in Artikel 6 EUV niedergelegt sind, zu achten. Der Inhalt der Erklärung des Rates zum des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI wurde hingegen (bewusst) nicht übernommen. Art. 23 Abs. 1 RL Terrorismus ist jedoch zu allgemein, um darauf eine Ausnahme sogenannter Freiheitskämpfer vom Tatbestand des § 278c StGB zu gründen. In Umsetzung der RL Terrorismus wird folglich der Entfall der Negativdefinition nach § 278c Abs. 3 StGB vorgeschlagen.

Zu Z 10 (§ 278d Abs. 1 StGB):

1. Nach Art. 11 Abs. 1 RL Terrorismus haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die direkte oder indirekte, mit beliebigen Mitteln erfolgende Bereitstellung oder Sammlung von Geldern, mit der Absicht oder in Kenntnis dessen, dass sie ganz oder teilweise dazu verwendet werden, eine Straftat im Sinne der Art. 3 bis 10 RL Terrorismus zu begehen oder zu deren Begehung beizutragen, bei Vorliegen von Vorsatz als Straftat geahndet werden kann.

2. Die Finanzierung von Straftaten nach den Art. 3 bis 10 der RL Terrorismus kann zwar grundsätzlich eine Beteiligung als Beitragstäter gemäß § 12 dritter Fall StGB zum jeweiligen Delikt darstellen. Gemäß Art. 11 Abs. 2 der RL Terrorismus darf jedoch bei der Finanzierung von Straftaten nach den Art. 3 (Terroristische Straftaten), Art. 4 (Straftaten im Zusammenhang mit einer terroristischen Vereinigung) und Art. 9 (Reisen für terroristische Zwecke) die Strafbarkeit weder von der tatsächlichen Verwendung der finanziellen Mittel zur Begehung einer der genannten Straftaten noch vom Wissen des Täters, für welche konkrete Straftat oder Straftaten die Gelder verwendet werden sollen, abhängig gemacht werden. Überdies legt Art. 14 Abs. 3 der RL Terrorismus fest, dass auch der Versuch der Begehung einer Straftat nach Art. 11 der RL Terrorismus zu kriminalisieren ist. Angesichts der allgemeinen Regel in § 15 Abs. 2 StGB wären jedoch jene Fälle nicht erfasst, in denen ein solcher Tatbeitrag zu einer konkreten Tat erfolglos versucht würde oder der Beitrag zwar erbracht, die zu fördernde Tat vom Ausführungstäter jedoch nicht einmal versucht würde (vgl. schon EBRV 1166 BlgNR 21. GP 42).

Daraus folgt, dass hinsichtlich der Finanzierung von Straftaten nach den Art. 3 bis 9 RL Terrorismus eine Umsetzung allein im Wege der Beitragstäterschaft nach § 12 dritter Fall StGB nicht in Betracht kommt, sondern die jeweiligen Tatbestände direkt in § 278d StGB (Terrorismusfinanzierung) aufgenommen werden müssen, sofern sie nicht schon dort enthalten sind (zu Art. 10 RL Terrorismus siehe weiter unten).

3. Ein eigener Straftatbestand zur Terrorismusfinanzierung war in den Rahmenbeschlüssen 2002/475/JI und 2008/919/JI (Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28. November 2008 zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung, ABl. Nr. L 330 vom 9.12.2008, S. 21) nicht enthalten; § 278d StGB diente vielmehr der Umsetzung des VN-Terrorismusfinanzierungs-Übereinkommens (und seither vor allem der Umsetzung der Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF) bei der OECD). § 278d StGB entspricht derzeit – soweit überblickbar – allen internationalen Vorgaben. Die Liste jener Delikte in § 278d Abs. 1 StGB, deren Finanzierung Terrorismusfinanzierung darstellt, deckt allerdings nur zum Teil die in Art. 3 bis 10 der RL normierten Straftatbestände ab.

4. Art. 3 RL Terrorismus ist durch § 278c StGB umgesetzt, welcher aufgrund des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI eingeführt wurde. Angesichts der aus unterschiedlichen internationalen Foren stammenden rechtlichen Vorgaben überschneiden sich die Kataloge der terroristischen Straftaten iSd § 278c Abs. 1 StGB (EU) und der in § 278d Abs. 1 aufgezählten Straftaten, bei deren Finanzierung Terrorismusfinanzierung nach dieser Bestimmung vorliegt (VN), nur zum Teil. So umfasst § 278d Abs. 1 StGB einige Tatbestände, die keine terroristischen Straftaten iSd § 278c StGB darstellen, wie in Z 3 hinsichtlich des gewaltsamen Angriffs auf eine Wohnung, einen Dienstraum oder ein Beförderungsmittel einer völkerrechtlich geschützten Person, in Z 5 im Hinblick auf die Unterbrechung der Dienste des Flughafens oder die Tatbestände der Z 6. Umgekehrt beinhaltet § 278c Abs. 1 StGB Tatbestände, die kein Pendant in § 278d Abs. 1 StGb haben, wie etwa § 278c Abs. 1 Z 9a und 10. Die meisten Straftaten (§ 278c Abs. 1 Z 1, 2, 4 bis 7 StGB bzw. § 278d Z 3 bis 5 und 7 StGB) decken sich im Wesentlichen.

Doch auch bei den Tatbeständen, die in beiden Katalogen grundsätzlich ident enthalten sind, wie erpresserische Entführung (§ 102 StGB), Luftpiraterie (§ 185 StGB) und vorsätzliche Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt (§ 186 StGB), ist zu bedenken, dass § 278c Abs. 1 StGB auf der äußeren Tatseite die Eignung, eine schwere oder längere Zeit anhaltende Störung des öffentlichen Lebens oder eine schwere Schädigung des Wirtschaftslebens herbeizuführen, und auf der subjektiven Tatseite den erweiterten Vorsatz, die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern, öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu erschüttern oder zu zerstören, verlangt. Partiell vergleichbare Voraussetzungen finden sich nur in § 278d Abs. 1 Z 5, 7 und 8 StGB.

Zusammenfassend geht § 278d Abs. 1 StGB zum Teil über die Erfordernisse der RL Terrorismus hinaus; insofern ist der Rechtsbestand aber den nicht weniger zwingenden Vorgaben der VN-Terrorismusfinanzierungs-Konvention geschuldet. Zum Teil bleibt § 278d Abs. 1 StGB aber hinter den nunmehrigen Vorgaben der RL Terrorismus zurück. Als am legistisch-technisch sinnvollster Weg wird daher zur Umsetzung der RL Terrorismus insoweit eine Ergänzung des Katalogs der „finanzierungstauglichen“ Straftaten des § 278d Abs. 1 StGB um die in § 278c Abs. 1 StGB genannten strafbaren Handlungen vorgeschlagen, soweit sie nicht bereits in § 278d Abs. 1 StGB enthalten sind.

5. Die Finanzierung einer terroristischen Vereinigung iSd Art. 4 der RL Terrorismus ist im Rahmen der Strafbarkeit der Beteiligung als Mitglied einer solchen Vereinigung iSd § 278b Abs. 2 iVm § 278 Abs. 3 StGB umgesetzt. Darüber hinaus pönalisiert § 278d Abs. 1a Z 2 StGB das Sammeln oder Bereitstellen von Vermögenswerten für ein Mitglied einer terroristischen Vereinigung, von der der Täter weiß, dass sie darauf ausgerichtet ist, Handlungen nach Abs. 1 zu begehen.

6. Art. 5 der RL Terrorismus (Öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat) ist durch § 282a StGB (Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten) umgesetzt. § 282a StGB stellt – bei Vorliegen der Voraussetzungen – gemäß § 278c Abs. 1 Z 9a StGB eine terroristische Straftat dar. Eine finanzierungstaugliche Straftat iSd § 278d Abs. 1 StGB ist § 282a StGB nach geltender Rechtslage nicht. Durch den vorgeschlagenen allgemeinen Verweis in § 278d Abs. 1 Z 9 StGB auf die sonstigen strafbaren Handlungen nach § 278c Abs. 1 StGB wäre § 282a StGB auch eine „finanzierungstaugliche“ Straftat.

7. Art. 6 der RL Terrorismus (Anwerbung für terroristische Zwecke) entspricht Art. 3 Abs. 1 lit. b des Rahmenbeschlusses 2008/919/JI. Die Bestimmung zur Begehung einer in Art. 4 der RL Terrorismus aufgezählten Straftat ist durch § 278b StGB umgesetzt, weil die Werbung von Mitgliedern für die terroristische Vereinigung eine Form der Beteiligung als Mitglied an einer solchen Vereinigung iSd § 278b Abs. 2 iVm § 278 Abs. 3 StGB darstellt. Auch die Bestimmung zum Anführen einer terroristischen Vereinigung ist möglich (Plöchl in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 278b Rz 15). Die Bestimmung einer anderen Person dazu, eine in Art. 3 RL Terrorismus genannte strafbare Handlung zu begehen, ist – soweit nicht ohnehin der Tatbestand des § 278b StGB erfüllt ist – grundsätzlich durch § 12 zweiter Fall iVm § 278c StGB abgedeckt.

Zu beachten ist hierbei Art. 13 zweiter Halbsatz der RL Terrorismus, wonach es für die Strafbarkeit einer Straftat nach Art. 5 bis 12 weder erforderlich ist, dass tatsächlich eine terroristische Straftat begangen wird, noch – soweit es um die in den Artikeln 5 bis 10 und 12 genannten Straftaten geht – dass eine Verbindung zu einer anderen konkreten in der Richtlinie festgelegten Straftat hergestellt wird. Im Erläuternden Bericht der Europäischen Kommission zum Richtlinienvorschlag wird zum Begriff „Verbindung zu einer konkreten Straftat“ Folgendes ausgeführt: „Beispielsweise soll es für die Strafbarkeit der Anwerbung für terroristische Zwecke nicht erforderlich sein, dass die angeworbene Person zur Begehung einer bestimmten terroristischen Straftat verleitet wird oder dass die Person, die eine Ausbildung für terroristische Zwecke durchführt, einer konkreten Person Anleitungen für eine bestimmte terroristische Straftat gibt“ (COM(2015) 625 final, 2.12.2015, 22 f.).

Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB ist, wer vorsätzlich einen anderen zur Ausführung einer strafbaren Handlung veranlasst, also den Anstoß zur Tatausführung durch einen anderen gibt. Der unmittelbare Täter muss dabei zu einer individuell bestimmten strafbedrohten Handlung verleitet werden, die zwar nicht in allen ihren Einzelheiten feststeht, aber ihrer Art nach und in groben Umrissen in der Vorstellung des Bestimmenden vorhanden, das heißt so ausreichend umschrieben sein muss, dass sie nach Unrechtsgehalt und Angriffsrichtung individualisiert ist (RIS-Justiz RS0089717, zuletzt insbesondere 13 Os 78/15t; s auch s Fabrizy in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 12 Rz 58; Kienapfel/Höpfel/Kert, AT15 E 4 Rz 12; L/St StGB4 § 12 Rz 33; SSt 47/30 = EvBl 1977/34; 11 Os 41/79 = EvBl 1979/230 ua). Daher stellen nach der Rsp etwa auch nicht näher präzisierte Aufforderungen, Heiligenfiguren (EvBl 1972/151) oder Autos (SSt 47/34) zu stehlen, dem § 12 zweiter Fall, StGB entsprechende Bestimmungshandlungen zu hinreichend individualisierten Diebstahlstaten dar (11 Os 72/88). Entscheidend für die Anstiftung ist nur der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Anstifters und demjenigen des Haupttäters. Daraus folgt zwingend, dass auch bloß allgemeine Aufforderungen zur Verübung eines lediglich der Art nach umschriebenen Deliktes als Anstiftung strafbar sind (RIS-Justiz RS0089809). Der Anstifter oder Beitragstäter muss die Tat des unmittelbaren Täters, auf die sich sein Handeln bezieht, nicht in allen Einzelheiten, also vollständig individualisiert, bedacht oder beschlossen haben. Es genügt vielmehr, dass der Anstifter den unmittelbaren Täter vorsätzlich zu einer der Gattung nach bestimmten Übeltat veranlasst. Auch für den Beitragstäter genügt es, wenn er die Übeltat des unmittelbaren Täters, die er durch sein Verhalten begünstigt, der Gattung nach in seinem Vorsatz aufgenommen hat (RIS-Justiz RS0089860). Da somit die Strafbarkeit des Bestimmungstäters lediglich eine nach Unrechtsgehalt und Angriffsrichtung individualisierte Tat erfordert, wird den Anforderungen des Art. 13 RL Terrorismus durch Umsetzung des Art. 6 RL Terrorismus im Wege der Bestimmungstäterschaft iSd § 12 zweiter Fall StGB iVm dem jeweiligen Delikt entsprochen.

Im Hinblick auf Art. 11 der RL Terrorismus und Art. 14 Abs. 3 der RL Terrorismus, wonach die Finanzierung einer Straftat nach Art. 6 der RL Terrorismus sowie der Versuch einer Straftat nach Art. 11 der RL Terrorismus unter Strafe zu stellen sind, ist festzuhalten, dass die die Finanzierung einer Straftat nach Art. 6 der RL Terrorismus einen Beitrag im Sinne der Täterschaftsform nach § 12 dritter Fall StGB darstellen kann. Angesichts der allgemeinen Regel in § 15 Abs. 2 StGB wären jedoch jene Fälle nicht erfasst, in denen ein solcher Tatbeitrag zu einer konkreten Tat erfolglos versucht wurde oder der Beitrag zwar erbracht, die zu fördernde Tat vom Ausführungstäter jedoch nicht einmal versucht wurde (vgl. schon EBRV 1166 BlgNR XXI. GP 42). Straflosigkeit wäre z.B. dann gegeben, wenn A den B bezahlt, damit dieser IS-Kämpfer rekrutiert, B das Angebot jedoch ablehnt. Um den Vorgaben der Richtlinie zu entsprechen, soll daher der Katalog des § 278d Abs. 1 StGB um die Anwerbung eines anderen zur Begehung einer terroristischen Straftat nach § 278c Abs. 1 Z 1 bis 9 oder 10 StGB als eigene finanzierungstaugliche Straftat ergänzt werden. Unter dem Begriff Anwerbung ist dabei iSd Art. 6 der RL Terrorismus die Bestimmung einer anderen Person, eine solche Straftat zu begehen oder zu deren Begehung beizutragen, zu verstehen.

8. Die Art. 7 (Durchführung einer Ausbildung für terroristische Zwecke) und 8 (Absolvieren einer Ausbildung für terroristische Zwecke) der RL Terrorismus sind durch § 278e StGB (Ausbildung für terroristische Zwecke) und § 278f StGB (Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat) umgesetzt.

9. Zur Umsetzung von Art. 9 der RL Terrorismus wird die Einführung des § 278g StGB (Reisen für terroristische Zwecke) vorgeschlagen. Um den Vorgaben der Richtlinie gerecht zu werden, sollen die §§ 278e, 278f und 278g StGB in die Liste der „finanzierungstauglichen“ Straftagen des § 278d Abs. 1 StGB aufgenommen werden.

10. Art. 10 der RL Terrorismus (Organisation oder sonstige Erleichterung von Reisen für terroristische Zwecke) wäre im Wege der Beitragstäterschaft nach § 12 dritter Fall StGB iVm der Umsetzungsgesetzgebung zu Art. 9 RL Terrorismus (§ 278g StGB) umgesetzt. Der Versuch des Art. 10 RL Terrorismus muss nicht strafbar sein (Art. 14 Abs. 3 RL Terrorismus e contrario) und wäre dieser in Österreich als versuchter Beitrag auch nicht strafbar. Art. 11 der RL Terrorismus verlangt zwar auch die Strafbarkeit der Finanzierung einer Straftat nach Art. 10 der RL Terrorismus, allerdings darf die Strafbarkeit gemäß Art. 11 Abs. 2 der RL Terrorismus von der tatsächlichen Verwendung der Gelder abhängig gemacht werden. Konsequenterweise muss dann auch der Versuch der Finanzierung von dieser Voraussetzung abhängig gemacht werden können. Da es sich jedoch bei einer tatsächlichen Verwendung der Gelder wohl um keinen Versuch der Finanzierung zur Organisation und Erleichterung von Reisen für terroristische Zwecke mehr handeln würde, ist die Aufnahme der Organisation und Erleichterung von Reisen für terroristische Zwecke aus dem bloßen Grund einer Pönalisierung des Versuchs der Finanzierung einer solchen strafbaren Handlung in den Katalog des § 278d Abs. 1 StGB entbehrlich. Im Hinblick auf Art. 13 zweiter Halbsatz der RL Terrorismus, wonach es bei den in den Artikeln 5 bis 10 und 12 der RL Terrorismus genannten Straftaten nicht erforderlich sein darf, dass eine Verbindung zu einer anderen konkreten in der Richtlinie festgelegten Straftat hergestellt wird, darf auf die Ausführungen zu Art. 6 der RL Terrorismus in diesem Zusammenhang verwiesen werden.

Zu Z 11 (§ 278g StGB):

Nach Art. 9 Abs. 1 der RL Terrorismus hat jeder Mitgliedstaat sicherzustellen, dass das Reisen in ein anderes Land als diesen Mitgliedstaat mit dem Ziel, eine in Art. 3 der RL Terrorismus genannte terroristische Straftat zu begehen oder zu deren Begehung beizutragen, mit dem Ziel, sich in Kenntnis der Tatsache, dass dies zu den strafbaren Handlungen dieser Vereinigung gemäß Art. 4 der RL Terrorismus beiträgt, an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung zu beteiligen, oder mit dem Ziel, nach Maßgabe der Art. 7 und 8 der RL Terrorismus eine Ausbildung für terroristische Zwecke durchzuführen oder zu absolvieren, bei Vorliegen von Vorsatz als Straftat geahndet werden kann.

Darüber hinaus hat jeder Mitgliedstaat gemäß Art. 9 Abs. 2 der RL Terrorismus sicherzustellen, dass eine der folgenden Verhaltensweisen eine Straftat darstellt, wenn sie vorsätzlich begangen wurde:

a) Reisen in diesen Mitgliedstaat mit dem Ziel, eine in Art. 3 der RL Terrorismus aufgezählte terroristische Straftat zu begehen oder zu deren Begehung beizutragen, mit dem Ziel, sich in Kenntnis der Tatsache, dass dies zu den strafbaren Handlungen dieser Vereinigung gemäß Art. 4 der RL Terrorismus beiträgt, an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung zu beteiligen, oder mit dem Ziel, nach Maßgabe der Art. 7 und 8 der RL Terrorismus eine Ausbildung für terroristische Zwecke durchzuführen oder zu absolvieren, oder

b) Vorbereitungshandlungen einer Person, die in diesen Mitgliedstaat mit dem Ziel einreist, eine in Art. 3 der RL Terrorismus aufgezählte terroristische Straftat zu begehen oder zu deren Begehung beizutragen.

Wie bereits die VN-Sicherheitsratsresolution 2178 (2014) und das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus (SEV Nr. 217) bezweckt sohin Art. 9 Abs. 1 der RL Terrorismus die Bekämpfung der Ausreise in Kampfgebiete für terroristische Zwecke. Im Unterschied zu diesen beiden Dokumenten beschäftigt sich die RL Terrorismus in Art. 9 Abs. 2 explizit auch mit der Problematik der Rückkehrer aus solchen Gebieten, sohin der Einreise. Außerdem nimmt Art. 9 der RL Terrorismus Reisen in den Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Reisende hat, nicht von der Strafbarkeit aus. Nach Art. 9 Abs. 2 der RL Terrorismus kann die Strafbarkeit entweder direkt an die Reise in den eigenen Mitgliedstaat (lit. a) oder an Vorbereitungshandlungen (lit. b) angeknüpft werden.

Das Reisen für terroristische Zwecke wird in der Praxis zumeist als Beteiligung als Mitglied einer terroristischen Vereinigung nach den § 278b Abs. 2 iVm § 278 Abs. 3 StGB strafbar sein (vgl. 12 Os 143/14t; RIS-Justiz RS0129800). Allerdings kommt eine Strafbarkeit nach dieser Bestimmung insbesondere dann nicht in Betracht, wenn der Reisende ein Einzeltäter ist.

Soweit es um die Ausreise aus Österreich geht, stellen sich im Hinblick auf Art. 2 Abs. 3 des 4. ZP-EMRK, welcher Einschränkungen der Ausreisefreiheit im Interesse der nationalen oder der öffentlichen Sicherheit zulässt, keine Probleme. Zu prüfen war jedoch im Hinblick auf die durch Art. 3 Abs. 2 4. ZP-EMRK vorbehaltslos gewährte Einreisefreiheit, ob ein Art. 9 der Richtlinie umsetzender Straftatbestand im StGB auch Reisen eines Österreichers nach Österreich umfassen darf.

Da die Einreisefreiheit gemäß Art. 3 Abs. 2 4. ZP-EMRK vorbehaltlos gewährt ist, steht sie einem „Entzug“ des Einreiserechts eines Staatsbürgers in seinen Heimatstaat entgegen. Daraus ergibt sich, dass Maßnahmen, die lediglich geeignet sind, den Wunsch eines Staatsbürgers, in seinen Heimatstaat einzureisen, zu beeinträchtigen (wie etwa eine drohende Inhaftierung wegen zuvor begangener Straftaten nach der Einreise) nicht in den Schutzbereich der Einreisefreiheit fallen (vgl. EKMR [Unzulässigkeitsentscheidung] 11.1.1994, C.B. gg. Deutschland, Appl. 22012/93). Auch vorübergehende Maßnahmen der Einreiseverhinderung sind vom Schutzbereich nicht erfasst, weil damit lediglich die Einreise verzögert, nicht aber entzogen wird (zulässig ist daher etwa die Anordnung von Quarantäne, vgl. Travaux préparatoire du Protocole No 4, 1976, 504; EBRV 1202 BlgNR 11. GP 16). In der Literatur wird im Übrigen die Auffassung vertreten, dass einem Staatsbürger dann kein unbedingtes Einreiserecht zustehen kann, wenn der Staat mit der Aufnahme des Staatsbürgers gegen internationale Verpflichtungen verstoßen würde (vgl. Grabenwarter/Pabel, EMRK6 § 21 Rz 73; aA in Bezug auf die von Grabenwarter/Pabel in diesem Zusammenhang angesprochene Fallkonstellation Hoppe in Karpenstein/Mayer, EMRK2 Art. 3 4. ZP-EMRK Rz 5; Schokkenbroeck in van Dijk/van Hoof/van Rijn/Zwaak, ECHR4 949).

Hierzu ist festzuhalten, dass eine Verweigerung der Einreise oder ein Entzug des Einreiserechts keinesfalls Gegenstand des Art. 9 Abs. 2 lit. b der RL Terrorismus und sohin von § 278g StGB ist. Die Einreise führt in einem solchen Fall lediglich dazu, dass im Inland ein Strafverfahren gegen die betreffende Person geführt wird, allenfalls verbunden mit der Festnahme zur Sicherung der Durchführung des Verfahrens. Die Untersuchungshaft würde aber klarerweise in Österreich vollzogen werden. Hinzu kommt, dass § 278g StGB nicht die Einreise per se unter Strafe stellen soll, sondern nur, wenn diese mit erweitertem Vorsatz in der Form der Absicht iSd § 5 Abs. 2 StGB („um eine strafbare Handlung nach den §§ 278b, 278c, 278e oder 278f [StGB] zu begehen“) erfolgt. Erst dieser „terroristische“ Vorsatz konstituiert das Unrecht und muss im konkreten Fall durch entsprechende Beweisergebnisse untermauert werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuerweisen, dass auch die bereits bestehende Strafbarkeit der Einfuhr von Suchtgift eines Österreichers nach Österreich nicht als Entzug des nach Art. 3 Abs. 2 4. ZP-EMRK vorbehaltlos gewährten Einreiserechts gewertet wird. Folglich handelt es sich der Strafbarkeit von Reisen eines Österreichers nach Österreich für terroristische Zwecke zwar um eine Beeinträchtigung des Wunsches des Betroffenen, in seinen Heimatstaat einzureisen, jedoch nicht um einen Entzug seines Einreiserechts. Der vorgeschlagene § 278g StGB steht daher mit Art. 3 Abs. 2 4. ZP-EMRK nicht im Widerspruch.

Im Hinblick auf die Strafdrohung verlangt Art. 15 Abs. 1 der RL Terrorismus eine „wirksame, angemessene und abschreckende“ Strafdrohung, „die zu einer Übergabe oder Auslieferung führen [kann]“. Voraussetzung für die Übergabe nach § 4 Abs. 1 EU-JZG ist eine Strafdrohung mit einer Freiheitsstrafe, deren Obergrenze mindestens ein Jahr beträgt. Demgegenüber verlangt § 11 Abs. 1 ARHG für den Bereich der Auslieferung eine mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohte strafbare Handlung. Ausgehend von diesen Vorgaben soll § 278g StGB mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bedroht sein. Dadurch soll eine dem Unrechtswertgehalt entsprechende, abschreckende und auch im Verhältnis zu den anderen Strafdrohungen des StGB angemessene Strafe gewährleistet sein. Die Strafdrohung würde jener von § 278e Abs. StGB ([Erhalt einer] Ausbildung für terroristische Zwecke) entsprechen. Diese Bestimmung pönalisiert ein mit dem Reisen für terroristische Zwecke vom Unrechtswertgehalt vergleichbares Verhalten im Vorfeld der Begehung terroristischer Straftaten (Unterweisung, um eine terroristische Straftat unter Einsatz der erworbenen Fähigkeiten zu begehen).

Zu Artikel II (Änderungen der StPO)

Zu Z 1, 3 und 4 (Inhaltsverzeichnis, § 66 Abs. 2, § 70 Abs. 1 StPO):

Die vorgeschlagenen Änderungen dienen der Umsetzung des Art. 24 Abs. 2, 3 und 6 der RL Terrorismus. Demnach haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Unterstützungsdienste gemäß der Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI, ABl. Nr. L 315 vom 14.11.2012 S. 57 (im Folgenden „RL Opferschutz“) vorhanden sind, die den besonderen Bedürfnissen von Opfern des Terrorismus gerecht werden, und dass diese Dienste den Opfern des Terrorismus unverzüglich nach einem Terroranschlag und so lange wie notwendig zur Verfügung stehen. Diese Dienste sind neben den allgemeinen Opferunterstützungsdiensten — oder als zu diesen gehörig — bereitzustellen, die auf bestehende Einrichtungen zurückgreifen können, die eine spezialisierte Unterstützung anbieten (Art. 24 Abs. 2). Die Unterstützungsdienste haben dabei in der Lage zu sein, den Opfern des Terrorismus je nach ihren besonderen Bedürfnissen Hilfe und Unterstützung zu bieten. Die Dienste müssen dem Grundsatz der Vertraulichkeit verpflichtet und für alle Opfer des Terrorismus kostenfrei und leicht zugänglich sein. Sie müssen insbesondere folgende Leistungen bieten (Art. 24 Abs. 3):

a)     emotionale und psychologische Unterstützung, wie Hilfe und Beratung bei der Verarbeitung traumatischer Erlebnisse;

b)     Beratung und Information über alle relevanten rechtlichen, praktischen oder finanziellen Angelegenheiten einschließlich einer erleichterten Ausübung des Rechts der Opfer des Terrorismus auf Informationen nach Maßgabe des Art. 26;

c)     Unterstützung bei Ansprüchen auf Entschädigungsleistungen für Opfer des Terrorismus, die nach dem nationalen Recht des betroffenen Mitgliedstaats verfügbar sind.

Darüber hinaus haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Opfer des Terrorismus Prozesskostenhilfe gemäß Art. 13 der RL Opferschutz erhalten, wenn sie als Parteien in Strafverfahren auftreten. Dabei sind in den Bestimmungen und Verfahrensvorschriften die Schwere und die Umstände der Straftat, nach denen die Opfer des Terrorismus Zugang zur Prozesskostenhilfe haben, gebührend zu berücksichtigen (Art. 24 Abs. 6).

Gemäß Erw 27 der RL Terrorismus ist ein Opfer des Terrorismus ein Opfer im Sinne des Art. 2 der RL Opferschutz, sohin eine natürliche Person, die eine körperliche, geistige oder seelische Schädigung oder einen wirtschaftlichen Verlust erlitten hat, soweit dies direkte Folge einer terroristischen Straftat war, oder ein Familienangehöriger einer Person, deren Tod eine direkte Folge einer terroristischen Straftat ist, und der durch den Tod dieser Person eine Schädigung erlitten hat. Terroristische Straftaten sind in Art. 3 der RL Terrorismus definiert, welcher innerstaatlich durch § 278c StGB (Terroristische Straftaten) umgesetzt ist.

Angesichts des ohnedies bereits hohen Niveaus des Opferschutzes im Strafverfahren erforderte die vollständige Umsetzung der RL Opferschutz lediglich den Ausbau und die Einführung einzelner Opferrechte, die im Rahmen des Strafprozessrechtsänderungsgesetzes I 2016, BGBl. I Nr. 26/2016, erfolgt ist. So sind Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht verpflichtet, alle Opfer über ihre wesentlichen Rechte im Verfahren sowie über die Möglichkeit zu informieren, Entschädigungs- oder Hilfeleistungen zu erhalten (§ 10 Abs. 2 und § 70 Abs. 1 StPO). Opfern iSd § 65 Z 1 lit. a oder b StPO ist auf ihr Verlangen psychosoziale und juristische Prozessbegleitung zu gewähren (§ 66 Abs. 2 StPO). Psychosoziale Prozessbegleitung umfasst dabei die Vorbereitung der Betroffenen auf das Verfahren und die mit ihm verbundenen emotionalen Belastungen sowie die Begleitung zu Vernehmungen im Ermittlungs- und Hauptverfahren, juristische Prozessbegleitung die rechtliche Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt. Opfer iSd § 65 Z 1 lit. a StPO ist jede Person, die durch eine vorsätzlich begangene Straftat Gewalt oder gefährlicher Drohung ausgesetzt, in ihrer sexuellen Integrität und Selbstbestimmung beeinträchtigt oder deren persönliche Abhängigkeit durch eine solche Straftat ausgenützt worden sein könnte. Opfer iSd § 65 Z 1 lit. b StPO ist der Ehegatte, der eingetragene Partner, der Lebensgefährte, die Verwandten in gerader Linie, der Bruder oder die Schwester und sonstige Unterhaltsberechtigte einer Person, deren Tod durch eine Straftat herbeigeführt worden sein könnte, oder andere Angehörige, die Zeugen der Tat waren.

Einem Großteil der Opfer terroristischer Straftaten (§ 278c StGB), insbesondere allen, die durch diese Gewalt oder gefährlicher Drohung ausgesetzt gewesen sein könnten, steht sohin als Opfer iSd § 65 Z 1 lit. a StPO bereits nach geltender Rechtslage das Recht auf Prozessbegleitung zu. Gleiches gilt für die in § 65 Z 1 lit. b StPO genannten Angehörigen einer Person, deren Tod durch eine terroristische Straftat herbeigeführt worden sein könnte, oder andere Angehörige, die Zeugen der Tat waren. Demgegenüber hat ein Opfer terroristischer Straftaten (§ 278c StGB) iSd § 65 Z 1 lit. c StPO derzeit keinen Anspruch auf Prozessbegleitung. Sofern solche Opfer den Ersatz des durch die Straftat erlittenen Schadens oder eine Entschädigung für die Beeinträchtigung ihrer strafrechtlich geschützten Rechtsgüter im Rahmen des Strafverfahrens begehren, kommt hier bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen allerdings die Gewährung von Verfahrenshilfe nach § 67 Abs. 7 StPO in Betracht. Nach dieser Bestimmung ist Privatbeteiligten – soweit ihnen nicht juristische Prozessbegleitung zu gewähren ist (§ 66 Abs. 2 StPO) – Verfahrenshilfe durch unentgeltliche Beigebung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, soweit die Vertretung durch einen Rechtsanwalt im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Durchsetzung ihrer Ansprüche zur Vermeidung eines nachfolgenden Zivilverfahrens erforderlich ist, und sie außerstande sind, die Kosten ihrer anwaltlichen Vertretung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten. Darüber hinaus ist gemäß § 66a Abs. 1 StPO die besondere Schutzbedürftigkeit von Opfern nach Maßgabe ihres Alters, ihres seelischen und gesundheitlichen Zustands sowie der Art und konkreten Umstände der Straftat ehestmöglich zu beurteilen und festzustellen. § 66a Abs. 1 Z 1 bis 3 StPO stellt klar, welche Opfer in jedem Fall als besonders schutzbedürftig gelten. Der gesundheitliche Zustand kann dabei sowohl in physischer als auch in psychischer Form (z.B. bei Vorliegen einer Angststörung, Schizophrenie etc.) eine besondere Schutzbedürftigkeit bedingen. Bei der Art der Straftat ist besonderes Augenmerk auf das verletzte Rechtsgut sowie das mit der Schwere der Straftat korrelierende Ausmaß der Schädigung des Opfers zu legen (EBRV 1058 BlgNR 25. GP 12). Auf dieser Grundlage kann sohin davon ausgegangen werden, dass – unvorgreiflich der jedenfalls vorzunehmenden individuellen Beurteilung – ein Großteil der Opfer terroristischer Straftaten (§ 278c StGB) besonders schutzbedürftige Opfer sind (vgl. auch den Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 30. Mai 2016 zum Strafprozessrechtsänderungsgesetz I 2016, GZ BMJ-S578.029/0006-IV 3/2016, S. 11). Als solche kommen ihnen erweiterte Informations- und Opferrechte nach § 66a Abs. 3 StPO zu. Hierzu zählen u.a das Recht zu verlangen, im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung auf schonende Weise vernommen zu werden (Z 3), die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung auszuschließen (Z 4) und einer Vernehmung eine Person ihres Vertrauens beizuziehen (Z 6).

Durch Art. 24 Abs. 7 der RL Terrorismus wird ausdrücklich klargestellt, dass diese in der RL Terrorismus vorgesehenen Bestimmungen zusätzlich zu den und unbeschadet der Bestimmungen der RL Opferschutz gelten. Erw 27 führt näher aus, dass die RL Terrorismus die RL Opferschutz weiter in Bezug auf Schutz-, Unterstützungs- und Hilfemaßnahmen präzisiert, die den besonderen Bedürfnissen der Opfer des Terrorismus gerecht werden.

Der Entwurf anerkennt in Entsprechung der RL Terrorismus die besonderen Bedürfnisse von Opfern des Terrorismus, die es rechtfertigen, sie als besondere Kategorie von Opfern mit besonderen Rechten einzuordnen. Es wird daher eine Erweiterung des § 66 Abs. 2 StPO vorgeschlagen, wodurch allen Opfern (§ 65 Z 1 StPO) terroristischer Straftaten (§ 278c StGB), sohin auch solchen, die „bloß“ einen wirtschaftlichen Verlust erlitten haben (Opfer iSd § 65 Z 1 lit. c StPO), Anspruch auf Prozessbegleitung zu gewährleistet werden soll. Psychosoziale und juristische Prozessbegleitung ist gemäß § 66 Abs. 2 erster Satz StPO zu gewähren, soweit dies zur Wahrung der prozessualen Rechte der Opfer unter größtmöglicher Bedachtnahme auf ihre persönliche Betroffenheit erforderlich ist. Eine solche persönliche Betroffenheit kann im Allgemeinen, und sohin auch bei Opfern (§ 65 Z 1 StPO) terroristischer Straftaten (§ 278c StGB), nur bei natürlichen Personen vorliegen, nicht jedoch bei juristischen Personen. Gleichsam wird die Gewährung psychosozialer und/oder juristischer Prozessbegleitung bei Opfern terroristischer Straftaten (§ 278c StGB), denen nur aus § 65 Abs. 1 Z 1 lit. c StPO (nicht aber aus § 65 Abs. 1 Z 1 lit. a oder b StPO) Opferstellung zukommt, in der Regel nur dann iSd § 66 Abs. 2 erster Satz StPO zur Wahrung ihrer prozessualen Rechte erforderlich sein, wenn diese durch die Straftat einen unmittelbaren Schaden erlitten haben könnten. Dies entspricht auch den Vorgaben der RL Terrorismus, wonach außerhalb jenes Personenkreises, dem nach der StPO ohnedies bereits unter den Opferkategorien des § 65 Abs. 1 Z 1 lit. a und b StPO Opferstatus zukommt, (nur) jene Personen Opfer des Terrorismus sind, die einen wirtschaftlichen Verlust, soweit dies direkte Folge einer terroristischen Straftat war, erlitten haben (vgl. wiederum Erw 27 der RL Terrorismus). Da die Gewährung psychosozialer und juristischer Prozessbegleitung auch in Ansehung der Opfer (§ 65 Z 1 StPO) terroristischer Straftaten (§ 278c StGB) durch die vertraglich beauftragten, bewährten geeigneten Einrichtungen iSd § 66 Abs. 2 letzter Satz StPO erfolgen soll, ist auch diese Bestimmung entsprechend zu ergänzen.

Das in § 70 Abs. 1 StPO festgelegte Opferrecht, spätestens vor ihrer ersten Befragung über die Voraussetzungen der Prozessbegleitung informiert zu werden, soll konsequenterweise auf die Opfer terroristischer Straftaten (§ 278c StGB) erweitert werden.

Zu Z 2 (§ 56 Abs. 3 StPO):

Der EuGH hat in einem, auf Grundlage eines Vorabentscheidungsersuchens eines deutschen Gerichts ergangenen Vorabentscheidungsverfahren (EuGH vom 12.10.2017, C‑278/16, „Sleutjes") erkannt, dass Art. 3 der Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren, ABl. Nr. L 280 vom 26.10.2010 S. 1 (in Folge „RL Dolmetschleistungen“) dahin auszulegen ist, dass ein Rechtsakt wie ein im nationalen Recht vorgesehener Strafbefehl zur Sanktionierung von minder schweren Straftaten, der von einem Richter nach einem vereinfachten, nicht kontradiktorischen Verfahren erlassen wird, eine „wesentliche Unterlage“ im Sinne des Abs. 1 dieses Artikels darstellt, von der verdächtige oder beschuldigte Personen, die die Sprache des betreffenden Verfahrens nicht verstehen, gemäß den von dieser Bestimmung aufgestellten Formerfordernissen eine schriftliche Übersetzung erhalten müssen, um zu gewährleisten, dass sie imstande sind, ihre Verteidigungsrechte wahrzunehmen, und um so ein faires Verfahren zu gewährleisten. Art. 3 Abs. 1 der RL Dolmetschleistungen ist im österreichischen Recht durch § 56 Abs. 3 StPO umgesetzt. Unter den wesentlichen Aktenstücken, die jedenfalls zu übersetzen sind, ist u.a. die Ausfertigung des nicht rechtskräftigen Urteils angeführt. Für die im Rahmen eines Mandatsverfahrens zu erlassende Strafverfügung (vgl. § 491 StPO) besteht derzeit keine ausdrückliche Regelung, ob diese zu den wesentlichen Aktenstücken nach § 56 Abs. 3 StPO zählt (vgl. jedoch § 66 Abs. 3 StPO, in dem die Strafverfügung explizit unter den wesentlichen Aktenstücken, die für ein Opfer zu übersetzen sind, angeführt ist). Schon aufgrund ihrer bei Rechtskraft urteilsgleichen Wirkung (vgl. § 491 Abs. 9 StPO) zählt die (nicht rechtskräftige) Strafverfügungen bei richtlinienkonformen Auslegung (gemäß Art. 3 Abs. 2 der RL Dolmetschleistungen gehören zu den zu übersetzenden Aktenstücken „jegliche Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßnahme, jegliche Anklageschrift und jegliches Urteil“) zu den gemäß § 56 Abs. 3 StPO zu übersetzenden Aktenstücken. In Anbetracht des aktuellen Urteils des EuGH in der Rs Sleutjes soll die nicht rechtskräftige Strafverfügung zur Vermeidung von Missverständnisse nunmehr ausdrücklich in § 56 Abs. 3 StPO angeführt werden.

Zu Z 5 (§ 115 Abs. 1 Z 3 StPO):

Mit dem Strafprozessreformgesetz (BGBl I Nr. 19/2004) wurde die Beschlagnahme von Vermögenswerten nach § 115 Abs. 1 Z 3 StPO dem damaligen Anwendungsbereich der einstweiligen Verfügung nach § 144a StPO, idF BGBl Nr. 631/1975 (in Kraft von 1.10.2002 bis 31.12.2007) unterworfen. Die Beschlagnahme nach § 115 Abs. 1 Z 3 StPO ist demnach zulässig, wenn die sichergestellten Gegenstände voraussichtlich dazu dienen werden, eine gerichtliche Entscheidung auf Konfiskation (§ 19a StGB), auf Verfall (§ 20 StGB), auf erweiterten Verfall (§ 20b StGB), auf Einziehung (§ 26 StGB) oder eine andere gesetzlich vorgesehene vermögensrechtliche Anordnung zu sichern, deren Vollstreckung andernfalls gefährdet oder wesentlich erschwert würde.

Diese im letzten Halbsatz von § 115 Abs. 1 Z 3 StPO statuierte Voraussetzung der Gefährdung oder Erschwernis der Vollstreckung führte auf Grund einer unterschiedlichen Auslegungs- und Abgrenzungspraxis zu divergierenden gerichtlichen Entscheidungen. Für die Zulässigkeit der Beschlagnahme gemäß § 115 Abs. 1 Z 3 StPO wurde abgeleitet, dass eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Vollstreckung der vermögensrechtlichen Anordnung konkret begründet werden müsse. Für das Vorliegen einer solchen Gefahr müssen Tatsachen gegeben sein, aus denen sich die konkrete Gefährdung vertretbar ableiten lässt. Die bloße Möglichkeit des Betroffenen, die sicherzustellenden Werte verschwinden zu lassen oder eine bloße Vermutung, genüge nicht („Sicherungsbedarf“, Tipold/Zerbes WK § 110 Rz 17f, vgl. Leitfaden Vermögensrechtliche Anordnungen (Stand 1.9.2014), herausgegeben vom Bundesministerium für Justiz, S. 113f). Anträge der Staatsanwaltschaften gemäß § 115 Abs. 1 Z 3 StPO auf Beschlagnahme führten dabei zum Teil in weitgehend vergleichbaren Konstellationen zu unterschiedlichen Ergebnissen (z.B. konkrete Gefährdung bejaht: OLG Wien 18 Bs 331/16g, 20 Bs 67/17z, 131 Bs 52/17k, konkrete Gefährdung verneint in OLG Wien 17 Bs 400/14v, 17 Bs 305/14y, 18 Bs 221/14b; hinsichtlich Beschlagnahme von Liegenschaften: Bewilligung der Beschlagnahme vgl. OLG Wien 131 Bs 52/17k, Abweisung des Antrags auf Beschlagnahme vgl. OLG Wien 22 Bs 358/12a, 22 Bs 374/12d, 21 Bs 350/10i, 21 Bs 351/10m, 17 Bs 305/14y). Eine andere Judikaturlinie hat sich demgegenüber zur Beschlagnahme nach § 207a FinStrG entwickelt. Soweit keine Sonderregelungen bestehen, gelten dort für das Verfahren wegen gerichtlich strafbarer Finanzvergehen die Bestimmungen der StPO (§ 195 FinStrG). § 207a FinStrG verweist hinsichtlich der Beschlagnahme auf die Bestimmung des § 115 Abs. 1 Z 3 StPO (und erweitert die Anwendung auf die Sicherung der Geldstrafe und des Ausspruchs der Haftung gemäß § 28 FinStrG, wenngleich für diese Fälle ohne Bezugnahme auf die Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 Z 3 StPO). Für diese Sicherungsmaßnahme reicht eine objektive Gefährdung oder Erschwerung aus, ein auf Gefährdung oder Erschwerung gerichtetes Verhalten des Beschuldigten wird hingegen nicht gefordert (vgl. OGH 15 Os 141/98, in weiterer Folge OLG Wien 19 Bs 351/14b, 18 Bs 204/15d, 22 Bs 199/15y, 19 Bs 308/15f).

Im österreichischen Länderbericht der vierten Evaluierungsrunde der Financial Action Task Force (FATF) aus 2016 wurde kritisiert, dass die Anforderungen der Judikatur des OLG Wien an die Zulässigkeit von Beschlagnahmen in § 115 Abs. 1 Z 3 StPO zu streng seien, weil danach der Nachweis der Vollstreckungsgefährdung bzw. Vollstreckungserschwernis nur in den seltensten Fällen möglich sei. Vor dem Hintergrund dieser restriktiven Judikatur seien die Staatsanwaltschaften nur sehr eingeschränkt dazu bereit, Vermögenswerte nach Z 3 in größerem Umfang beschlagnahmen zu lassen. Die FATF hat daher die Steigerung der Effizienz durch legislative Maßnahmen in Form der Senkung der Voraussetzungen an die Beschlagnahme als prioritäre Empfehlung an Österreich ausgesprochen.

Die vormalige Bundesregierung bekannte sich daher im Herbst 2016 mit Beschluss des Ministerrates vom 4.10.2016, MP 25. GP BlgNR 15/13 dazu, dass der Kritik an der Schwierigkeit des bei der Beschlagnahme von Vermögenswerten erforderlichen Nachweises der Gefährdung oder wesentlichen Erschwernis der Vollstreckung durch die Beseitigung des Vollstreckungselements in § 115 StPO Rechnung getragen werden soll.

Durch den Entfall des letzten Halbsatzes des § 115 Abs. 1 Z 3 StPO soll eine effektive Vermögenssicherung gegenüber der als zu restriktiv kritisierten Rechtspraxis erreicht und der internationalen Kritik beispielsweise der Financial Action Task Force an der bisherigen Regelung bzw. deren Auslegung durch die Judikatur Rechnung getragen werden. Dadurch würde überdies ein Gleichklang mit den Voraussetzungen der Beschlagnahme für Beweiszwecke (§ 115 Abs. 1 Z 1 StPO) und privatrechtliche Ansprüche (§ 115 Abs. 1 Z 2 StPO) erreicht werden, die gleichfalls kein Vollstreckungselement enthalten. Schließlich würden auch die Vorrausetzungen der Beschlagnahme zur Sicherung vermögensrechtlicher Anordnungen nach § 115 Abs. 1 Z 3 StPO an die für diese Zwecke vorgelagerte Sicherstellung angeglichen werden (§ 110 Abs. 1 Z 3 StPO).

Eine Beschlagnahme zur Sicherung einer gerichtlichen Entscheidung nach § 115 Abs. 1 Z 3 StPO hat selbstverständlich auch weiterhin unter dem Grundsatz der Gesetz- und Verhältnismäßigkeit (§ 5 StPO) zu erfolgen. Sie ist nur zulässig, wenn sich sachlich nachvollziehbar begründen lässt, dass sie für den zu erreichenden gesetzlich vorgesehenen Zweck ex ante erforderlich, geeignet und ieS verhältnismäßig erscheint (vgl. § 102 Abs. 2 Z 3 StPO). Ebenso wie die Sicherstellung ist daher auch die Beschlagnahme gegenüber gelinderen Mitteln weiterhin subsidiär (Tipold/Zerbes in Fuchs/Ratz, WK StPO § 115 Rz 11, 12).

Zu Z 6 (§ 514 Abs. 37 StPO):

Diese Regelung regelt das Inkrafttreten.

Zu Z 7 (§ 516a Abs. 7 StPO):

Durch die genannten Änderungen wird die RL Terrorismus im nationalen Recht umgesetzt.