Entwurf

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

1.      Hauptgesichtspunkte:

Derzeit regelt das Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998, die notärztliche Qualifikation durch Absolvierung eines notärztlichen Lehrgangs im Umfang von 60 Einheiten abschließend.

Die Notwendigkeit einer qualitativen Verbesserung der notärztlichen Qualifikation bedingt eine Neukonzeption, die sich aus einem erweiterten Lehrgang mit 80 Einheiten, einem definierten notärztlichen klinischen Kompetenzerwerb sowie einer Abschlussprüfung zusammensetzen soll.

Das Erlernen der spezifischen notfallmedizinischen Fertigkeiten soll durch bestmögliche Nutzung der durch die neue Ärzteausbildung geschaffenen Ressourcen (beginnend mit der Basisausbildung, die bereits notfallmedizinische Kenntnisse vermittelt) im Rahmen des allgemeinärztlichen und fachärztlichen Turnus an anerkannten Ausbildungsstätten erfolgen.

Der Österreichischen Ärztekammer sollen im Rahmen des übertragenen Wirkungsbereichs die Erlassung einer entsprechenden Verordnung sowie die Vollziehung der mit der notärztlichen Qualifikation verbundenen behördlichen Aufgaben obliegen.

Darüber hinaus sollen einzelne berufsrechtliche Neuerungen vorgenommen werden:

-       Anstellungsmöglichkeit für Ärztinnen/Ärzte in Ordinationsstätten und Gruppenpraxen,

-       Neuregelung der Titelführung Primaria/Primarius,

-       Adaptierung der Verwaltungsstrafbestimmung, insbesondere im Hinblick auf höchstgerichtliche Judikatur.

Schließlich soll eine Regelung über den ärztlichen Beistand für Sterbende geschaffen werden.

Über diese berufsrechtlichen Regelungen hinaus ist in einem weiteren legistischen Schritt die Attraktivierung der Ärztinnen/Ärzte für Allgemeinmedizin sowie die Novellierung des Kammerorganisationsrechts in Aussicht genommen.

Im Bereich der Sozialversicherung soll folgende Maßnahme getroffen werden:

-       Ausnahme der nach § 47a Abs. 3 und 4 des ÄrzteG 1998 freiberuflich tätigen Ärztinnen/Ärzte, die vorübergehend als Vertreterinnen/Vertreter von Ordinationsstätteninhaberinnen/Ordinationsstätteninhabern (von Gruppenpraxis-Gesellschafterinnen/-Gesellschaftern) oder in Not- und Bereitschaftsdiensten tätig sind, von der Vollversicherung nach dem ASVG und Einbeziehung dieses Personenkreises in die Teilversicherung in der Unfall- und Pensionsversicherung nach dem FSVG.

2.      Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich Artikel 1 des Entwurfes auf Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG („Einrichtungen beruflicher Vertretungen, sofern sie sich auf das ganze Bundesgebiet erstrecken“) sowie auf Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG („Gesundheitswesen“).

Die Artikel 2 und 3 des Entwurfes gründen sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG („Sozialversicherungswesen“).

Besonderer Teil

§§ ohne nähere Bezeichnung beziehen sich auf den Entwurf.

Zu Artikel 1 (Änderung des ÄrzteG 1998):

Zu Z 1 und 17 (§ 2 Abs. 2 und § 199 Abs. 1):

Die Neuregelung des Einleitungssatzes des § 2 Abs. 2 trägt dem dringlichen gesundheitspolitischen Handlungsbedarf im Sinne des Patientinnen- und Patientenschutzes aufgrund der aktuellen höchstgerichtlichen Judikatur zur Abgrenzung des ärztlichen Vorbehaltsbereichs Rechnung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit dem Erkenntnis Ro 2017/11/0018 vom 26.04.2018 Folgendes judiziert:

„Die Abgrenzung des ärztlichen Vorbehaltsbereichs ist grundsätzlich nur nach objektiven Kriterien vorzunehmen. Maßgebend für die Zugehörigkeit einer Tätigkeit zum ärztlichen Vorbehaltsbereich ist demnach, ob die angewendete Methode ein gewisses Mindestmaß an Rationalität aufweist und für die Durchführung das typischerweise durch ein Medizinstudium vermittelte umfassende Wissen erforderlich ist. Die in der älteren strafgerichtlichen Judikatur zu § 184 StGB vertretene Auffassung, die schon dem ÄrzteG 1949 eigentümliche und (nunmehr) in § 2 Abs. 2 ÄrzteG 1998 enthaltene Wendung ‚auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete‘ sei für die Abgrenzung des ärztlichen Vorbehaltsbereichs irrelevant, weil sie nur eine Standespflicht normiere, ist mit dem Wortlaut schlicht unvereinbar. Auch die Gesetzesmaterialien zum ÄrzteG 1949 (insbesondere zur Novelle BGBl. 50/1964) sowie zum ÄrzteG 1998 bieten keinen Hinweis darauf, dass die genannte Wendung für die Legaldefinition der ärztlichen Tätigkeit - und damit für den sich aus der Summe der ärztlichen Tätigkeiten ergebenden ärztlichen Vorbehaltsbereich - ohne Belang wäre.“

Mit diesem Erkenntnis setzt der Verwaltungsgerichtshof einen Schlussstein zur Vereinheitlichung der verwaltungs-, straf- und wettbewerbsrechtlichen höchstgerichtlichen Judikaturlinie zum Arztvorbehalt.

Allerdings wird die Regelung des § 2 Abs. 2 ÄrzteG 1998 der Schutzfunktion des ärztlichen Tätigkeitsvorbehalts, nämlich der Abwehr von Gefahren für den Gesundheitszustand der Bevölkerung, unter Zugrundelegung dieser juristisch einwandfreien höchstgerichtlichen Interpretation in keiner Weise mehr gerecht. Je unwissenschaftlicher eine Tätigkeit ist, desto weniger greift der gerade zu diesem Zweck normierte Arztvorbehalt.

Denn nur jene Behandlungstätigkeiten, die ein Mindestmaß an Rationalität aufweisen, können unter den Arztvorbehalt fallen.

Der Schutzzweck der Norm erreicht Tätigkeiten, die diese Rationalität nicht aufweisen, nicht (mehr).

Folglich entziehen sich unprofessionelle heilkundliche Angebote, die regelmäßig auch gesundheitsgefährdend sein können, einer behördlichen Steuerung durch Verhängung von Verwaltungsstrafen. Auch dem strafrechtlichen Delikt der Kurpfuscherei wird ein erheblicher Anwendungsbereich entzogen. Für kranke Menschen unter hohem Leidensdruck können solche Angebote gravierende nachteilige gesundheitliche und finanzielle Folgen haben.

Aufgrund dieser Erwägungen ergibt sich folgender Novellierungsbedarf:

Der Tatbildumfang der Verwaltungsübertretung gemäß § 199 Abs. 1 soll um Tätigkeiten ergänzt werden, die nicht auf medizinisch-wissenschaftlich Erkenntnissen begründete sind, aber in § 2 Abs. 1 Z 1 bis 8 explizit genannt sind.

Mit dieser Änderung kann die in der Ärztinnen-/Ärzteschaft geschätzte Wortwendung „auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründet“ in § 2 Abs. 2 beibehalten werden. Zusätzlich sollen in den § 2 Abs. 2 nach dem Vorbild des § 4 Abs. 2 Zahnärztegesetz (ZÄG), BGB. I Nr. 126/2005, komplementär- und alternativmedizinische Heilverfahren aufgenommen werden, damit ausdrücklich ausgewiesen wird, dass diese dem ärztlichen Berufsbild zugehörig sind.

Zu Z 2 und 12 (§ 2 Abs. 2 Z 6a und § 49a):

Hintergrund und Anlassfall:

Der demografischen Wandel gibt seit einiger Zeit vermehrt Anlass zu Überlegungen zum Thema Lebensende und den damit verbundenen Fragen der Würde des Menschen und entsprechenden Entwicklungen in der Medizin. Der Bedarf an qualitätsgesicherter Palliativmedizin zeigt sich an der Aufnahme der Palliativmedizin als Spezialisierung in die Spezialisierungsverordnung 2017 (SpezV 2017) der Österreichischen Ärztekammer. Das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG), BGBl. I Nr. 108/1997, regelt die Spezialisierung Hospiz- und Palliativversorgung.

Dass hier ein ethischer Grenzbereich und große Unsicherheit bei Ärztinnen/Ärzten, die auch zum Nachteil der Patientinnen/Patienten gereichen kann, gegeben ist, hat sich zuletzt im Fall eines Arztes in Salzburg gezeigt. Dem Arzt wurde zur Last gelegt, einer 79-jährigen Patientin so viel Morphin verabreicht zu haben, dass sie daran starb. Wenngleich nach dem zunächst erhobenen Mordvorwurf schlussendlich auch ein Freispruch vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung erfolgte, blieben gerade auf dem Gebiet der Palliativmedizin Unbehagen und große Verunsicherung zurück.

Klarheit besteht dann, wenn in Ausübung seines Selbstbestimmungsrechts die Patientin/der Patient eine oder auch mehrere medizinische Maßnahmen ablehnt. Neben dem strafrechtlichen Verbot der „eigenmächtigen Heilbehandlung“ (siehe § 110 StGB und überdies auch § 8 Abs. 3 KAKuG) ist in diesem Zusammenhang auch auf Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und dem damit garantierten Recht jedes Menschen auf Selbstbestimmung zu verweisen, sodass Verletzungen des Körpers, die nicht vom Willen der/des Betroffenen getragen sind, sich als Verstoß gegen die genannte Grundrechtsnorm erweisen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) wird die von Art. 8 EMRK geschützte physische Integrität durch Eingriffe in den Körper ohne Rücksicht darauf berührt, ob es sich um therapeutische oder diagnostische, invasive oder nicht invasive Eingriffe handelt. Dies ist kein Widerspruch zu Art. 2 EMRK und dem dort statuierten Recht auf Leben, da aus diesem eine grundrechtliche Lebenspflicht nicht abzuleiten ist. Ebenso sollten Klarheit und damit Rechtssicherheit auch beim Vorliegen einer Patientenverfügung, durch die noch im Zustand von Willensbildungs- und Handlungsfähigkeit die Patientin/der Patient für den Fall des Verlusts dieser Fähigkeiten einen derart ablehnenden Willen zum Ausdruck gebracht hat, bestehen (siehe Patientenverfügungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2006). Gleiches gilt bei entsprechenden Erklärungen der Patientin/des Patienten in einer Vorsorgevollmacht (§ 240ff ABGB) oder einer Dokumentation im Rahmen eines sogenannten Vorsorgedialogs (§ 239 ABGB). Mangels Vorliegen jeglicher Äußerung der Patientin/des Patienten, auch bei Fehlen einer für medizinische Entscheidungen bestellten Erwachsenenvertretung, ist schließlich der mutmaßliche Wille der Patientin/des Patienten zu ermitteln.

Diese Regelungen erfassen jedoch – wenn überhaupt – nur einen Teil des gestellten Themas, zielen sie doch auf einen von der Patientin/vom Patienten ausdrücklich bzw. nach dem ermittelten (auch mutmaßlichen) Willen gewünschten Therapierückzug ab (Ablehnung einer Behandlung), wobei freilich die Entscheidung für palliative Maßnahmen kurative Maßnahmen nicht ausschließt. Willensbildungs- und Handlungsfähigkeit der Patientin/des Patienten vorausgesetzt, ist mit deren/dessen Einwilligung in Maßnahmen der Palliativmedizin als Alternative zur bisherigen Behandlung oder zu dieser hinzutretend auch die gebotene Rechtssicherheit für die Behandlerinnen/Behandler gegeben.

Nicht angesprochen sind mit diesem Regime hingegen jene Fallgruppen, in denen eine Entscheidungsfähigkeit der Patientin/des Patienten nicht mehr gegeben ist, auch ein (mutmaßlicher) Wille sich nicht ermitteln lässt und bei einer Therapiezieländerung eine Lebensverkürzung nicht auszuschließen ist. Dem soll nun auf dem Boden des einschlägigen Strafrechts und der berufsrechtlichen Vorgaben für Ärztinnen/Ärzte weiter nachgegangen werden.

Aktive Sterbehilfe ist in Österreich jedenfalls strafbar und fällt entweder unter den Tatbestand des Mordes (§ 75 StGB), der Tötung auf Verlangen (§ 77 StGB) oder der Mitwirkung am Selbstmord (§ 78 StGB). Im Hinblick auf den bereits erwähnten Tatbestand der eigenmächtigen Heilbehandlung kommen die §§ 75, 77 und 78 StGB bei einem Therapieabbruch bzw. Therapierückzug hingegen nicht zum Tragen, wenn das Absetzen von Behandlungsmaßnahmen dem Willen der Patientin/des Patienten entspricht, mit anderen Worten ihre Fortsetzung als eigenmächtige Heilbehandlung zu werten wäre. Auch ist die einverständliche Unterlassung von Maßnahmen, die den Sterbevorgang erschweren, zulässig, wenn dabei nicht in erster Linie eine Verkürzung des Lebens bezweckt, sondern diese lediglich als Nebenwirkung zum primär verfolgten Zweck einer Leidensmilderung in Kauf genommen wird. Für das gebotene Vorgehen bei den zuletzt angesprochenen Fallgruppen eines nicht vorliegenden bzw. auch nicht ermittelbaren Willens der Patientin/des Patienten bietet es sich an, auf das ärztliche Berufsrecht zu greifen.

Es sollte Konsens zwischen Medizin und Rechtswissenschaft bestehen, dass Maßnahmen, die allein den Sterbeprozess verlängern, weder den Vorgaben einer gewissenhaften Betreuung noch der Wahrung des Wohls der Patientin/des Patienten entsprechen. So hat zum Beispiel auch Kopetzki schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass eine Behandlung dann nicht begonnen oder fortgesetzt werden muss, wenn sie aus medizinischer Sicht nicht indiziert oder – was auf dasselbe hinausläuft – mangels Wirksamkeit nicht mehr erfolgversprechend oder sogar aussichtslos ist. Dazu zählen gerade auch Konstellationen eines bereits unaufhaltsam eingetretenen Sterbeprozesses, der durch weitere medizinische Interventionen nur in die Länge gezogen werden würde (Kopetzki, Einleitung und Abbruch der medizinischen Behandlung beim einwilligungsunfähigen Patienten, iFamZ 2007, 197 (201), mit weiteren Nachweisen).

Ganz in diesem Sinne stellt auch die österreichische Bioethikkommission in ihren Empfehlungen zum Sterben in Würde fest, dass medizinische Interventionen, die keinen Nutzen für die Patientin/den Patienten erbringen oder deren Belastung für die Patientin/den Patienten größer ist als ein eventueller Nutzen und die am Lebensende zu einer Verlängerung des Sterbeprozesses führen können, im Hinblick auf die Unverhältnismäßigkeit weder aus ethischer noch aus medizinischer Sicht zu rechtfertigen sind. Bei einem möglichen hypothetischen, zukünftigen Nutzen wird das Kriterium der Verhältnismäßigkeit anzuwenden sein, das heißt, es ist die aktuelle Belastung gegen den hypothetischen, wahrscheinlich zukünftigen Nutzen abzuwägen. Diese Abwägung ist Aufgabe der Ärztin/des Arztes (Stellungnahme der Bioethikkommission, 9.2.2015, Sterben in Würde, Empfehlungen zur Begleitung und Betreuung von Menschen am Lebensende und damit verbundene Fragestellungen, S 30).

Nach den vorstehenden Ausführungen könnte der Schluss zu ziehen sein, dass Grundrechte, Strafrecht und ärztliches Berufsrecht ohnehin eine eindeutige Antwort geben und für eine ausreichende Rechtssicherheit bei ärztlichen Entscheidungen am Lebensende einer Patientin/eines Patienten sorgen. Vor dem Hintergrund des eingangs geschilderten Strafverfahrens und der daraus resultierenden Verunsicherung palliativmedizinisch tätiger Ärztinnen/Ärzte stellt sich freilich doch die Frage nach einem allfälligen Handlungsbedarf des Gesetzgebers dahin, nicht erst durch juristische Interpretation, sondern bereits durch den Wortlaut des Gesetzes selbst für Klarheit zu sorgen. Dies insbesondere dann, wenn sich Patientinnen/Patienten in einem nicht mehr aufhaltbaren Sterbeprozess befinden und aus diesem Grund ärztliche Maßnahmen zur Reduzierung von Schmerzen und Qualen in den Mittelpunkt rücken. Auch der Bericht der parlamentarischen Enquete-Kommission, 491 BlgNR 25. GP, betont die Bedeutung der Palliativversorgung (siehe insbesondere die Empfehlungen 23 und 50).

Regelungsgegenstand:

Mit der neuen Regelung des § 49a soll in Anlehnung an die (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä 1997) eine Beistandspflicht der Ärztin/des Arztes für Sterbende normiert werden.

Die Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung besagen, dass die Ärztin/der Arzt verpflichtet ist, Sterbenden, das heißt Kranken oder Verletzten mit irreversiblem Versagen einer oder mehrerer vitaler Funktionen, bei denen der Eintritt des Todes in kurzer Zeit zu erwarten ist, so zu helfen, dass sie menschenwürdig sterben können. Die Hilfe besteht in palliativmedizinischer Versorgung und damit auch in Beistand und Sorge für die Basisbetreuung. Dazu gehören nicht immer Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr, da sie für Sterbende eine schwere Belastung darstellen können. Jedoch müssen Hunger und Durst als subjektive Empfindungen gestillt werden. Maßnahmen, die den Todeseintritt nur verzögern, sollen unterlassen oder beendet werden. Bei Sterbenden kann die Linderung des Leidens so im Vordergrund stehen, dass eine möglicherweise dadurch bedingte unvermeidbare Lebensverkürzung hingenommen werden darf.

So regelt § 49a Abs. 1, dass die Ärztin/der Arzt Sterbenden, die von ihr/ihm in Behandlung übernommen wurden, unter Wahrung ihrer Würde beizustehen hat.

Für diesbezügliche Behandlungsverträge gelten die allgemeinen Rahmenbedingungen.

Bereits § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998 verpflichtet die Ärztin/den Arzt unter anderem dazu, jeden von ihr/ihm in ärztliche Beratung oder Behandlung übernommenen Gesunden und Kranken ohne Unterschied der Person gewissenhaft zu betreuen [……] und nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften und der fachspezifischen Qualitätsstandards [……] das Wohl der Kranken [……] zu wahren.

§ 49a Abs. 2 sieht im Kontext der ärztlichen Beistandspflicht gemäß Abs. 1 und zugleich der Verpflichtung zur Wahrung des Patientenwohls gemäß § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998 eine ergänzende Präzisierung vor, wonach es bei Sterbenden insbesondere auch zulässig ist, im Rahmen qualitätsgesicherter palliativmedizinischer Indikationen Maßnahmen zu setzen, deren Nutzen zur Linderung schwerster Schmerzen und Qualen im Verhältnis zum Risiko überwiegt, dass dadurch eine Beschleunigung des Verlusts vitaler Lebensfunktionen bewirkt werden kann.

Mit dem in § 49a Abs. 2 verwendete Begriff „Qualen“ sind Leiden oder Angstzustände gemeint, die wegen ihrer beträchtlichen Intensität oder weil sie einen gewissen Zeitraum andauern oder sich wiederholen, mit einer erheblichen Beeinträchtigung des psychischen oder physischen Wohlbefindens des Betroffenen verbunden sind (vgl. z. B. OGH 16.06.2016, 12 Os 40/16y).

Durch die Worte „Beschleunigung des Verlusts vitaler Lebensfunktionen“ in § 49a Abs. 2 soll klargestellt sein, dass keinesfalls eine Rechtsgrundlage für Euthanasie geschaffen wird, es sich vielmehr um eine indizierte ärztliche Maßnahme bei einem laufenden Sterbeprozess handelt. Die Beurteilung schwerster Schmerzen und Qualen ist, da es um das Wohl der Patientin/des Patienten geht, immer im konkreten Einzelfall zu tätigen, es erfolgt somit keine Durchschnittsbetrachtung, sondern das Empfinden der konkreten Patientin/des konkreten Patienten ist ausschlaggebend.

Überdies ist auf die Bedeutung von Leitlinien und Empfehlungen zu verweisen, denen zwar formal nicht der Stellenwert einer rechtlichen Norm zukommt, die jedoch den Stand der medizinischen Wissenschaft wiedergeben und damit rechtlich von sehr erheblichem Wert sind (siehe z. B. die Leitlinie „Erstversorgung von Frühgeborenen an der Grenze der Lebensfähigkeit“, Monatsschrift Kinderheilkunde, Published online 16.8.2016; Leitlinie zur Palliativen Sedierungstherapie, Wiener Medizinische Wochenschrift (2017), 167:31-48; Stellungnahme der Bioethikkommission, 2011, Empfehlungen zur Terminologie medizinischer Entscheidungen am Lebensende; Stellungnahme der Bioethikkommission, 9.2.2015, Sterben in Würde, Empfehlungen zur Begleitung und Betreuung von Menschen am Lebensende und damit verbundene Fragestellungen; Europarat, Mai 2014, Leitfaden zum Prozess der Entscheidungsfindung zur medizinischen Behandlung am Lebensende).

Der Bedeutung der Schmerztherapie und Palliativmedizin Rechnung tragend, sollen diese auch in die Umschreibung des ärztlichen Berufsbildes (§ 2 Abs. 2 Z 6a) aufgenommen werden.

Zu Z 3 (§ 3 Abs. 3):

Da der notärztliche Qualifikationserwerb gemäß § 40 einen Kompetenzerwerb sui generis darstellt, ist im ersten Satz eine entsprechende Ergänzung der Erlaubnisnorm des § 3 Abs. 3 für die unselbständige ärztliche Berufsausübung notwendig. Konkret handelt sich um die Erlaubnis zur unselbständigen Tätigkeit im Rahmen jener Organisationseinheiten an Krankenanstalten, an die organisierte Notarztdienste angebunden sind (§ 40 Abs. 4).

Darüber hinaus ist im Rahmen des § 3 Abs. 3 die Berechtigung, an notärztlichen Einsätzen unter den strengen Voraussetzungen des § 40 Abs. 5 auch ohne Anleitung und Aufsicht einer/eines ausbildenden Ärztin/Arztes teilzunehmen (vgl. Z 4), entsprechend abzubilden.

Der übrige § 3 Abs. 3 bleibt, abgesehen von der sprachlichen Berücksichtigung der weiblichen Form, völlig unverändert.

Zu Z 4 und 15 (§ 13b Z 3 und § 117c Abs. 1 Z 1):

Für die zukünftigen behördlichen Aufgaben der Österreichischen Ärztekammer soll diese die Möglichkeit erhalten, kostendeckende Bearbeitungsgebühren einzuheben.

Dies betrifft die Anerkennung von notärztlichen Lehrgängen (§ 40 Abs. 2 Z 2), die Anerkennung von Fortbildungsveranstaltungen (§ 40a Abs. 4), die Anerkennung von Weiterbildungslehrgängen (§ 40a Abs. 1), die Ausstellung und Einziehung von notärztlichen Diplomen (§ 40 Abs. 6 und § 40a Abs. 2, jeweils in Verbindung mit § 15 Abs. 1 und 5) sowie die Anrechnung auf die notärztlichen Qualifikationen und Fortbildungen (§ 40 Abs. 9 sowie § 40a Abs. 5).

Zu Z 5, 6, 8 und 9 (§ 15 Abs. 1 und 5, § 40 Abs. 6 und § 40a Abs. 2):

Die Änderungen beinhalten die Berücksichtigung der notärztlichen Diplome (§ 40 Abs. 6 und § 40a Abs. 2) im Rahmen der allgemeinen Diplomregelung des § 15, die insbesondere die Ausstellung und Einziehung (im Wege einer Übermittlungspflicht der Diplominhabenden) durch die Österreichische Ärztekammer beinhaltet.

In Ergänzung zu den Fällen der Untersagung der Berufsausübung und des Erlöschens der Berufsberechtigung soll die Erlaubnis der Österreichischen Ärztekammer verankert werden, die notärztlichen Diplome einzuziehen, wenn die Einstellung der notärztlichen Tätigkeit in Verfahren gemäß § 59 ÄrzteG 1998 (Erlöschen der Berufsberechtigung) im Sinne des Patientenschutzes bescheidmäßig durch eine Auflage, Bedingung oder Befristung, auferlegt wird. Als Anwendungsfall kommen insbesondere Sachverhalte in Frage, die eine auf die notärztliche Tätigkeit bezogene und beschränkte mangelnde gesundheitliche Eignung zeigen, die die Notärztin/der Notarzt nicht eigenverantwortlich im Sinne eines Verzichts auf die notärztliche Tätigkeit wahrnimmt und eine „Gesamtuntersagung“ der ärztlichen Berufsausübung überschießend wäre.

Im Übrigen werden im Abs. 1 sprachliche Anpassungen hinsichtlich der weiblichen Form vorgenommen.

Zu Z 7 (§ 31Abs. 3 Z 3):

Die Ausnahme von der Sonderfachbeschränkung für Fachärztinnen/Fachärzte bestimmter Sonderfächer, die auf Grund krankenanstaltenrechtlicher Organisationsvorschriften im Rahmen sofortiger notfallmedizinischer Versorgung tätig werden und eine notärztliche Qualifikation gemäß § 40 absolviert haben, soll an die aktuelle ausbildungsrechtliche Terminologie angepasst werden.

Zu Z 8 (§ 40):

Abs. 1 enthält im Vergleich zur geltenden Rechtslage eine erweiterte Definition des Begriffs Notärztin/Notarzt.

Abs. 2 beschreibt die notärztliche Qualifikation (Erwerb klinischer notärztlicher Kompetenzen im Rahmen einer zumindest dreijährigen selbständigen oder unselbständigen ärztlichen Berufsausübung, Absolvierung eines von der Österreichischen Ärztekammer anerkannten notärztlichen Lehrgangs mit theoretischen und praktischen Inhalten von zumindest 80 Lehreinheiten zu je mindestens 45 Minuten für die Tätigkeit im Rahmen organisierter Notarztdienste, Teilnahme an zumindest 20 supervidierten und dokumentierten notärztlichen Einsätzen im Rahmen krankenanstaltenangebundener organisierter Notarztdienste, Absolvierung einer notärztlichen theoretischen und praktischen Abschlussprüfung).

Als Qualitätsvorgabe gemäß Abs. 4 sind die klinischen notärztlichen Kompetenzen an den gemäß §§ 9 und 10 anerkannten Ausbildungsstätten unter der Verantwortung der Leiterinnen/Leiter oder der diese vertretenden Ärztinnen/Ärzte, sowie an Organisationseinheiten an Krankenanstalten, an die organisierte Notarztdienste angebunden sind, unter der Verantwortung der Leiterinnen/Leiter oder der diese vertretenden Ärztinnen/Ärzte, die jeweils Notärzte/Notärztinnen sein müssen, zu erwerben.

In der Verordnung der Österreichischen Ärztekammer gemäß § 40b sind die näheren Ausführungsbestimmungen zum klinischen Kompetenzerwerb festzulegen.

Abs. 3 definiert die Zugangsvoraussetzungen zum Erwerb der notärztlichen Qualifikation: Dies sind Turnusärztinnen/Turnusärzte in Ausbildung zu Ärztinnen/Ärzten für Allgemeinmedizin oder zu Fachärztinnen/Fachärzten eines klinischen Sonderfaches mit Ausnahme der klinischen Sonderfächer gemäß § 15 Abs. 1 Z 14 bis 16 Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2015 (ÄAO 2015), BGBl. II Nr. 147/2015.

Zusätzlich sind selbständig berufsberechtigte Ärztinnen/Ärzte der genannten Fachrichtungen zur Absolvierung der notärztlichen Qualifikation berechtigt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch die isolierte Absolvierung des notärztlichen Lehrgangs zur Sicherung der notfallmedizinischen Kompetenz, z. B. für die Tätigkeit in der Ordination oder Gruppenpraxis, rechtlich zulässig ist.

Der Begriff „klinische Sonderfächer“ findet sich bereits in § 31 Abs. 3 ÄrzteG 1998 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 25/2017. Entsprechend den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV 1357 BlgNR XXV. GP) sind darunter „klinisch tätige Fachärzte“ zu verstehen. Da jedoch der sachliche Anwendungsbereich dieses Begriffs im Zusammenhang mit den Zugangsmöglichkeiten für den notärztlichen Qualifikationserwerb enger zu sehen ist als im Kontext des § 31 Abs. 3 Z 5 ÄrzteG 1998 (Ausnahme von der Sonderfachbeschränkung für impfende Fachärztinnen/Fachärzte bei epidemiologischen Situationen) werden die Klinisch-Immunologischen Sonderfächer, die Klinisch-Pathologischen Sonderfächer und die Klinisch-Mikrobiologischen Sonderfächer gemäß § 15 Abs. 1 Z 14 bis 16 Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2015 (ÄAO 2015), BGBl. II Nr. 147/2015, explizit ausgenommen. Sonderfächer, die aus fachlicher Sicht nicht als klinische Sonderfächer anzusehen sind und somit keinen Zugang zum notärztlichen Qualifikationserwerb bieten sollen, sind gemäß § 15 Abs. 1 ÄAO 2015 die Sonderfächer Anatomie (Z 2), Gerichtsmedizin (Z 7), Histologie, Embryologie und Zellbiologie (Z 10), Medizinische Genetik (Z 17), Medizinische und Chemische Labordiagnostik (Z 18), Nuklearmedizin (Z 21), Pharmakologie und Toxikologie (Z 23), Physiologie und Pathophysiologie (Z 25), Public Health (Z 27), Radiologie (Z 28), Strahlentherapie-Radioonkologie (Z 29), Transfusionsmedizin (Z 30).

Abs. 5 enthält in Form einer ausdrücklichen Berechtigung eine besondere Erlaubnisnorm für Turnusärztinnen/Turnusärzte, deren Ausbildung weitgehend abgeschlossen ist, an Einsätzen im Rahmen krankenanstaltenangebundener organisierter Notarztdienste auch ohne Anleitung und Aufsicht einer Notärztin/eines Notarztes teilzunehmen. Daraus ergibt sich in den gezogenen Grenzen eine Eigenverantwortlichkeit.

Voraussetzung dafür ist, dass alle Ausbildungsteile (Erwerb der klinischen Fertigkeiten im Rahmen einer zumindest 36monatigen ärztlichen Berufsausübung, Absolvierung des notärztlichen Lehrgangs, von zumindest 20 supervidierten und dokumentierten notärztlichen Einsätze sowie der notärztlichen Abschlussprüfung), sowie die Prüfung zur Ärztin/zum Arzt für Allgemeinmedizin oder die Fachärztinprüfung/Facharztprüfung erfolgreich absolviert worden sind und zusätzlich eine individuelle Freigabe durch die verantwortliche Leiterin/den verantwortlichen Leiter der Organisationseinheit in der Krankenanstalt, an die der organisierte Notarztdienst angebunden ist, vorliegt. Das Einleitungswort „soweit“ in Abs. 5 Z 3 soll zum Ausdruck bringen, dass diese Freigabe relativer Natur ist, sodass auch eine Rücknahme zulässig ist. Die Handhabung liegt in der fachlichen Verantwortung der Leiterin/des Leiters. Das Schriftlichkeitsgebot dient der zusätzlichen Absicherung.

Letztere Vorgabe stützt sich auf die Ärztegesetznovelle zu BGBl. Nr. 314/1987, Artikel VI (Übergangsbestimmungen zu Art. I Z 15 und 17), mit der eine vergleichbare Vorgangsweise geregelt wurde. „(2) Bis 31. Dezember 1993 können auch Turnusärzte, die in Ausbildung zum Facharzt für Anästhesiologie, Chirurgie, Innere Medizin und Unfallchirurgie stehen, in organisierten Notarztdiensten tätig werden, wenn sie bereits das letzte Jahr der Facharztausbildung im Hauptfach absolvieren und darüber hinaus der Leiter der Abteilung, in deren Bereich die Ausbildung erfolgt, bestätigt, dass der Turnusarzt über die zur Ausübung notfallmedizinischer Tätigkeiten erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt.“

Abs. 6 legt insbesondere fest, dass die formale notärztliche Berechtigung die Berechtigung zur selbständigen Berufsausübung, den Erwerb der notärztlichen Qualifikation sowie die Ausstellung eines notärztlichen Diploms durch die Österreichische Ärztekammer voraussetzt.

Die Abs. 7 bis 9 regeln die notärztliche Fortbildung.

Zu Z 9 (§ 40a und § 40b):

§ 40a regelt die Qualifikation und Fortbildung für Leitende Notärztinnen/Leitende Notärzte, die im Wesentlichen der geltenden Rechtslage entsprechen.

§ 40b sieht einen detaillierten Verordnungsauftrag an die Österreichische Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich vor. Für eine geeignete notärztliche Ausbildung zu sorgen, ist eine staatliche Aufgabe mit höchster Schutzfunktion, sodass im Hinblick auf diese überwiegenden Interessen der Allgemeinheit eine Verankerung im eigenen Wirkungsbereich ausscheidet. Dies gilt ebenso für den Vollzug der behördlichen Aufgaben.

In der „Notärztinnen/Notärzte-Verordnung der Österreichischen Ärztekammer“ sollen insbesondere nähere Bestimmungen erlassen werden über die notärztliche Qualifikation gemäß § 40 Abs. 2. Im Bereich der klinischen notärztlichen Kompetenzen kommt der Festlegung der einzelnen notärztlichen Fertigkeiten ein besonders hoher Stellenwert vor. Ein Rasterzeugnis soll die strukturierte Vermittlung der Fertigkeiten absichern. Ebenso können erforderliche Begleitmaßnahmen zur Sicherung der Qualität des klinischen Kompetenzerwerbs, insbesondere die Festlegung einer nicht zu überschreitenden Verhältniszahl von in einer Ausbildungsstätte oder Organisationseinheit gemäß § 40 Abs. 4 im notärztlichen Qualifikationserwerb stehenden Turnusärztinnen/Turnusärzten zu den dortigen für den notärztlichen Qualifikationserwerb relevanten Fachärztinnen/Fachärzten, geregelt werden.

Darüber hinaus werden die zahlreichen behördlichen Aufgaben der Österreichischen Ärztekammer benannt.

Zu Z 10 und 18 (§ 43 Abs. 7, § 199 Abs. 3):

Durch die Bestimmung des § 43 Abs. 7 erhalten Personen, die zumindest fünf Jahre lang ohne Unterbrechung berechtigt waren, die Berufsbezeichnung „Primarärztin“/„Primararzt“ oder „Primaria“/„Primarius“ zu führen, nach Beendigung der primarärztlichen Tätigkeit, die Berechtigung die Bezeichnung „Primarärztin in Ruhe“/„Primararzt in Ruhe“ oder „Primaria in Ruhe“/„Primarius in Ruhe“ zu führen. Zu beachten ist, dass jede Bezeichnung oder Titelführung im allgemeinen Verkehr, die geeignet ist, die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes oder einzelner Zweige dieses Berufes vorzutäuschen, verboten ist.

§ 43 Abs. 7 wird in die Strafbestimmung des § 199 Abs. 3 aufgenommen. Des Weiteren erfolgt die Behebung eines Redaktionsversehens, der Verweis auf § 27 Abs. 7 zweiter Satz ist obsolet, da Abs. 7 durch eine vorige Novelle ersatzlos gestrichen wurde.

Zu Z 11 und 13 (§ 47a und § 52 Abs. 3 Z 7 lit. a):

§ 47a dient der Umsetzung der im Regierungsprogramm 2017 bis 2022 der Österreichischen Bundesregierung vorgesehenen Maßnahme „Möglichkeit einer Anstellung von Ärzten bei Ärzten“ (vgl. Kapitel Gesundheit, Maßnahme 2 „Kundenorientierung im Gesundheitssystem“, Seite 113).

Durch die Bereitstellung eines klaren berufsrechtlichen Rahmens für die ärztliche Leistungserbringung im Wege der Anstellung von Ärztinnen/Ärzten in einer Ordinationsstätte oder Gruppenpraxis soll diesem breiten gesundheitspolitischen Anliegen, das unter anderem auch von der Landesgesundheitsreferentlnnenkonferenz mitgetragen wird, entsprochen werden.

Diese Regelung lässt auch positive Synergieeffekte im Hinblick auf weitere Maßnahmen des Regierungsprogramm (vgl. Kapitel Gesundheit, Maßnahme 2 „Kundenorientierung im Gesundheitssystem“, Seite 113) erwarten:

Im Besonderen soll die geregelte Anstellungsmöglichkeit eine Attraktivierung der ärztlichen Berufsausübung, auch im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, bewirken. Durch die Einbindung von zusätzlichen Ärztinnen/Ärzten in Ordinationsstäten und Gruppenpraxen, einschließlich Primärversorgungseinheiten gemäß Primärversorgungsgesetz (PrimVG), BGBl. I Nr. 131/2017, werden breitere Gestaltungsräume für die Leistungserbringung geschaffen, sodass jedenfalls indirekt die Rolle der Hausärztinnen/Hausärzte und die Gesundheitsversorgung vor Ort gestärkt werden. Dabei wird die geplante Flexibilisierung der Kassenvertragsstrukturen, vor allem im ländlichen Raum, von maßgeblicher Bedeutung sein. Gleichzeitig kann mit der neuen Regelung auch ein Beitrag zur Etablierung der Primärversorgung durch Primärversorgungseinheiten erblickt wirken.

In juristischer Hinsicht soll den Beteiligten Rechtssicherheit, insbesondere vor dem Hintergrund der notwendigen krankenanstaltenrechtlichen Abgrenzung, geboten werden. Ordinationsstätten und Gruppenpraxen dürfen durch die Anstellung von zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Ärztinnen/Ärzten keine Organisationsdichte und -struktur einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums gemäß § 2 Abs. 1 Z 5 Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG), BGBl. Nr. 1/1957 aufweisen.

§ 47a zielt auf die deutliche Unterscheidung zwischen vorübergehender ärztlicher Leistungserbringung zum Zweck der Vertretung (Abs. 3) und der nicht nur vorübergehender Leistungserbringung (Abs. 1) ab. Während durch Vertretung keine nennenswerte Steigerung des Leistungsvolumens bewirkt wird, kann mit der Einbindung zusätzlicher Ärztinnen/Ärzte für eine nicht nur vorübergehende Leistungserbringung auch eine deutliche Ausweitung des Leistungvolumens einer Ordinationsstätte bzw. Gruppepraxis verbunden sein. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die notwendige Abgrenzung zu einem selbständigen Ambulatorium notwendig.

So sollen gemäß Abs. 1 zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Ärztinnen/Ärzte zum Zweck einer nicht nur vorübergehenden Erbringung ärztlicher Leistungen in Ordinationsstätten einschließlich Lehrpaxen (§ 11) höchstens im Umfang eines einzigen Vollzeitäquivalents oder in Gruppenpraxen einschließlich Lehrgruppenpraxen (§ 11a) im Umfang der Anzahl der Gesellschafter-Vollzeitäquivalente, höchstens aber von insgesamt zwei Vollzeitäquivalenten, angestellt werden dürfen. Einem Vollzeitäquivalent entsprechen 40 Wochenstunden. In diesem Zusammenhang wird davon ausgegangen, dass die anstellende Kassenvertragsärztin/der anstellende Kassenvertragsarzt überwiegend selbst in der Ordination anwesend ist. Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, Turnusärztinnen/Turnusärzte im Rahmen der Lehrpraxis-Ausbildung anzustellen, da diese noch nicht zur selbständigen Berufsausübung berechtigt sind.

Abs. 2 regelt, dass eine Anstellung gemäß Abs. 1 nur im jeweiligen Fachgebiet der Ordinationsstätteninhaberin/des Ordiantionsstätteninhabers oder der Gesellschafterinnen/Gesellschafter der Gruppenpraxis erfolgen darf. Dabei ist nach dem Vorbild für Gruppenpraxen (§ 52a Abs. 3 Z 11 ÄrzteG 1998) für die Patientinnen/Patienten die freie Arztwahl zu gewährleisten.

Abs. 3 enthält eine Regelung, wonach jegliche Form der Vertretung eine freiberufliche Tätigkeit darstellen soll, auch wenn sie regelmäßig erfolgt. Unter Vertretung versteht man die ordnungsgemäße Fortführung einer Ordination durch eine andere Ärztin/einen anderen Arzt, im Falle einer persönlichen Verhinderung der Ordinationsstätteninhaberin/des Ordinationsstätteninhabers oder der Gesellschafterinnen/Gesellschafter der Gruppenpraxis. In der Abwesenheit der Ordinationsinhaberin/des Ordinationsinhabers oder der Gesellschafterinnen/Gesellschafter der Gruppenpraxis ist die bestellte Vertreterin/der bestellte Vertreter Behandlerin/Behandler der Patientin/des Patienten. Diese Vertretung wird erst dann zum Anstellungsverhältnis, wenn die Vertreterin/der Vertreter zusätzlich zur Vertretung auch gleichzeitig mit der Ärztin/dem Arzt, die/den sie/er vertritt in der Ordination tätig ist und diese Tätigkeit im Umfang zur Vertretungstätigkeit zeitlich überwiegt.

Abs. 4 stellt klar, dass die Tätigkeit einer vertretenden Ärztin/eines vertretenden Arztes in von den Ärztekammern in den Bundesländern eingerichteten ärztlichen Not- und Bereitschaftsdienste im Sinne des § 84 Abs. 4 Z 7 ÄrzteG 1998 nur freiberuflich erfolgen kann.

Not- und Bereitschaftsdienste im Sinne des § 84 Abs. 4 Z 7 ÄrzteG 1998 stellen die Versorgung der Bevölkerung in der Nacht, an Tagesrandzeiten, am Wochenende oder an Feiertagen sicher. Neben dem klassischen Bereitschaftsdienst der Kassenärztinnen/Kassenärzte, haben sich neben Spitalsstrukturen zentrale erste Anlaufstellen und Versorgungsstrukturen, wie Notdienstordinationen, beispielsweise im Bereich der Kinder- und Jugendheilkunde sowie der Allgemeinmedizin in Spitälern etabliert. Sie dienen der Spitalsambulanzentlastung und sind in einigen Bundesländern bereits fix eingerichtet. Zudem sind in einigen Regionen Bereitschaftsdienste in denen nicht nur Vertragsärztinnen/Vertragsärzte tätig sind, eingerichtet. Beide sind gleichermaßen integrale Bestandteile der medizinischen Versorgung und daher notwendige Strukturen, weil nur so die professionelle, bedarfsgerechte Versorgung für die Bevölkerung gewährleistet werden kann. Die dort tätigen Ärztinnen/Ärzte sind freiberuflich und eventuell auch nebenberuflich neben einer Spitalstätigkeit tätig und keine Angestellten der Organisation, die diese Dienste anbietet. Diese Dienste werden regelmäßig nicht von Spitalserhaltern angeboten, sondern von Dritten Organisationen außerhalb des Spitals. Nicht von Abs. 2 umfasst sind Notarztsysteme, die im Zusammenhang mit Krankenanstalten und von dort agierenden Ärztinnen und Ärzten organisiert sind (siehe z. B. Notarztsysteme gemäß § 49 Abs. 3 Z 26a ASVG).

Dabei sei nicht unerwähnt, dass etwa im Rahmen der nachfolgenden Ausschussberatungen eine Übereinkünft erzielt werden kann, wonach der zeitliche Wirkungsbereich der Regelung des § 49 Abs. 3 Z 26a ASVG auch auf bisher noch nicht rechtskräftig entschiedene Sachverhalte rückwirkend erstreckt werden soll.

Weiterhin von einer freiberuflichen Tätigkeit ausgenommen sind im Sinne des Schutzzweckes für Ausbildungsverhältnisse die Lehrpraktikantin/der Lehrpraktikant, welche/welcher weiterhin ausschließlich im Rahmen einer Anstellung beschäftigt werden darf.

Die Tätigkeit im Rahmen von Apparate- und Ordinationsgemeinschaften gemäß § 52 ist vom Regelungsgenstand des § 47a nicht umfasst.

Im Hinblick auf die Regelung des § 47a dient die Änderung des § 52a Abs. 3 Z 7 lit. a dem Entfall des ärztlichen Anstellungsverbots in Gruppenpraxen.

Es ist zu prüfen, ob im Bereich von Kassenvertragsordinationen und –gruppenpraxen eine Zustimmung der Vertragspartner auch ausdrücklich im Sozialversicherungsrecht zu verankern ist.

Zu Z 15 (§ 117c Abs. 1):

Der Aufgabenkatalog der Österreichischen Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich ist um die notärztlichen behördlichen Aufgaben entsprechend zu erweitern.

Die Organisation und die Durchführung von notärztlichen Lehrgängen, Fortbildungsveranstaltungen und Weiterbildungslehrgängen selbst sind nicht als behördliche Tätigkeiten zu qualifizieren, sodass diese nicht in den Katalog der behördlichen Tätigkeiten im übertragenen Wirkungsbereich aufzunehmen sind, sondern weiterhin in bewährter Weise von den Ärztekammern in den Bundesländern im eigenen Wirkungsbereich angesiedelt bleiben können. Darüber hinaus können auch sonstige Organisationen, die ebenso die Bedingungen der Notärztinnen/Notärzte-Verordnung erfüllen, entsprechende Lehrgänge und Fortbildungsveranstaltungen anbieten.

Zu Z 16 (§ 117c Abs. 2):

Die Notärztinnen/Notärzte-Verordnung gemäß § 40b ist ebenso in den Katalog der Verordnungen im übertragenen Wirkungsbereich aufzunehmen.

Zu Z 19 (§ 241):

§ 241 enthält die notwendigen Schluss- und Inkrafttretensbestimmungen.

§ 3 Abs. 3, § 40 und § 40a sollen mit 1. Juli 2019 in Kraft treten (Abs. 4).

Vorgesehen werden soll eine dreijährige Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2022, in der notärztliche Lehrgänge nach geltendem Recht besucht und abgeschlossen werden dürfen (Abs. 1), weiters sollen bestehende notärztliche Berechtigungen durch die neue Rechtslage unberührt bleiben (Abs. 2).

Zur zeitlichen Gewährleistung der Vorbereitungsarbeiten soll die Österreichische Ärztekammer ihren Verordnungsauftrag bereits mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag erfüllen können (Abs. 3).

Zu Artikel 2 und 3 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes und des Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetzes):

Zu § 5 Abs. 1 Z 17 ASVG und § 2 Abs. 2 FSVG:

Durch die vorgeschlagene Neuregelung soll klargestellt werden, dass eine Vertretungstätigkeit nach § 47a Abs. 3 des ÄrzteG 1998 eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 FSVG ist und damit keine Pflichtversicherung nach dem ASVG, sondern eine Pflichtversicherung in der Unfall- und Pensionsversicherung nach dem FSVG begründet. Dasselbe gilt für die ärztlichen Tätigkeiten in ärztlichen Not- und Bereitschaftsdiensten nach § 84 Abs. 4 Z 7 des ÄrzteG 1998.