Grüne Frauen  Österreich

 

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Betreff: Stellungnahme der Grünen Frauen Österreichs zur Bürgerinitiative „#fairändern“

Die Grünen Frauen Österreich wollen an dieser Stelle auf das Vehementeste für das unumstößliche Recht einer jeden schwangeren Person auf körperliche Selbstbestimmung eintreten. Es ist unsere feste Überzeugung, dass jede schwangere Person selbstständig entscheiden kann und können muss, ob, wann und wie sie eine Schwangerschaft austragen möchte. Im Folgenden wollen wir uns genauer mit den Forderungen der Initiative auseinandersetzen und darlegen, weshalb diese für uns untragbar und dringend abzulehnen sind.

Offizielle Statistik und anonyme Motivforschung zu Schwangerschaftsabbrüchen in Österreich.

Aufgrund des gesellschaftlichen Stigmas, mit dem Schwangerschaftsabbrüche in Österreich behaftet sind – nicht zuletzt aufgrund von Bürgerinitiativen wie #fairändern, die suggerieren, schwangere Personen würden leichtfertig und unüberlegt einen Schwangerschaftsabbruch durchführen, ohne sich der Konsequenzen bewusst zu sein – ist die Wahrung der Anonymität ungewollt schwangerer Personen von großer Bedeutung. Eine verpflichtende statistische Befragung nach einem Schwangerschaftsabbruch würde dem entgegenstehen. Wenn Abbrüche wie von uns gefordert in Spitälern angeboten werden würden, gäbe es zudem diese Dokumentation.

Hinweispflicht des Arztes auf Unterstützungs- und Beratungsangebote für schwangere Frauen

Ärzt*innen leisten bereits heute wichtige Unterstützungs- und Beratungsleistungen und sind gut in der Lage, ungewollte schwangere Personen auf Unterstützung außerhalb der Klinik hinzuweisen, wenn diese das möchten. Wir stellen uns gegen jede Form der Zwangsberatung. Jede ungewollt schwangere Person weiß am besten, ob und welche Beratung und Unterstützung sie braucht. Eine Hinweispflicht auf ein genau definiertes Beratungsangebot, wie von der Initiative gefordert, würde sicher nicht die freie Wahl der betroffenen Person unterstützen, sondern lediglich dem Versuch dienen, einen Schwangerschaftsabbruch um jeden Preis zu verhindern. Wir sind der Meinung, dass die eigene freie Entscheidungsfähigkeit der Schwangeren keinesfalls behindert werden darf.

Breitgefächertes Beratungs- und Unterstützungsangebot für Eltern

Diese Forderung bezieht sich besonders auf schwangere Personen an deren Fötus eine Behinderung festgestellt wurde. Wir sind der Meinung, dass es nicht genug Unterstützungsangebote für Familien mit Kindern mit Behinderung geben kann. Diese Familien müssen dringend in allen Lebenslagen jede Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Leider scheint die momentane Österreichische Regierung alles daran zu setzen, Familien und Kindern mit Behinderung das Leben so schwer wie möglich zu machen. Die Neugestaltung der Mindestsicherung ist ein Schlag ins Gesicht vieler Kinder und ihrer Eltern, ganz besonders aber jener mit Behinderung. Anstatt ungewollt schwangere Personen zu terrorisieren, sollte sich der Staat darauf konzentrieren, jene Familien zu unterstützen, die bereits jetzt unsere Hilfe brauchen.

Bedenkzeit zwischen Anmeldung und Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches

Wie bereits mehrmals betont, ist es unsere feste Überzeugung, dass jede schwangere Person selbst über ihren Körper bestimmen kann und selbst am besten weiß, ob und wie lange sie über ihre Entscheidung reflektieren muss.

Informationskampagne über Adoption/Pflege als Alternative zum Schwangerschaftsabbruch

Ungewollt schwangere Personen sind keine Brutkästen. Adoption als veritable Alternative zum Schwangerschaftsabbruch darzustellen ist an Zynismus kaum zu überbieten. Dabei wird völlig außer Acht gelassen, dass sich die betroffene Person all den physischen und psychischen Beschwerden einer Schwangerschaft stellen muss, inklusive der Geburt, die immer noch eine möglicherweise tödliche Gefahr für jede schwangere Person darstellt. Eine freie Entscheidung für die Adoption ist mit allen Mitteln zu unterstützen. Keinesfalls darf diese Entscheidung der schwangeren Person aber von außen durch Schuldzuweisung und Propagandakampagnen aufgezwungen werden. Anstatt einer Werbeoffensive für die Möglichkeit der Adoption, plädieren wir für eine Werbeoffensive für Verhütungsmittel und deren Übernahme durch die Krankenkasse. Verhütungsmittel sind nach wie vor der sicherste Weg, eine ungewollte Schwangerschaft zu verhindern.

Abschaffung der eugenischen [sic!] Indikation

Ein Schwangerschaftsabbruch aufgrund von MEDIZINISCHER Indikation ist für keine schwangere Person eine leichte Entscheidung und darf keinesfalls erschwert werden. Schwangerschaftsabbrüche nach der 12. Woche sind in Österreich erlaubt, wenn das Leben der Schwangeren gefährdet ist, bei dem Kind eine schwere Behinderung festgestellt wurde oder die betroffene Person noch vor ihrem 14. Lebensjahr schwanger wurde. All dies sind wichtige und gute Gründe, eine Schwangerschaft abzubrechen, wenn das der Wunsch der schwangeren Person ist. Die schwere Behinderung des Fötus wird von der hier vorliegenden Bürgerinitiative fälschlicherweise als eugenische Maßnahme bezeichnet. Viele Behinderungen, die den Tod des Fötus noch im Mutterleib, während der Geburt oder kurz danach bedeuten würden, können erst durch ein Organscreening frühestens in der 20. Schwangerschaftswoche und damit weit nach den 3 Toleranzmonaten durchgeführt werden. Kein Mensch sollte gezwungen werden, ein totes oder nicht lebensfähiges Kind auszutragen und zu gebären. Hier geht es nicht um Eugenik, sondern um die Abwendung von physischem und psychischem Schaden von einer Person in einer traumatischen Lage.

Abschließend möchten wir noch einmal auf das Recht einer jeden Schwangeren über körperliche Selbstbestimmung hinweisen. Der Abbruch von ungewollten Schwangerschaften ist ein Grundrecht, das keinesfalls eingeschränkt werden darf und kann. Ungewollt Schwangere werden immer eine Möglichkeit finden, ihr Selbstbestimmungsrecht auszuüben. Die Frage ist lediglich, ob sie das in einer sicheren und sterilen Umgebung tun oder auf dem Hinterhof. Wir weichen deshalb „Keinen Millimeter“ und unterstützen die aktuelle Kampagne dazu.

 

 

Für die Grünen Frauen Österreich

Dr. Ewa Dziedzic