DRINGEND

       Bundesministerium
für Landesverteidigung

Abteilung Fremdlegislative und internationales Recht

 

Sachbearbeiterin:

Sandra MAYER

1090 Wien, Roßauer Lände 1

Tel: 050201 – 1021020

Fax: 050201 – 1017206

e-mail: fleg@bmlv.gv.at

GZ S91033/4-FLeg/2018 (1)

 

 

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über die Verarbeitung von Fluggastdaten zur Vorbeugung, Verhinderung und Aufklärung von terroristischen und bestimmten anderen Straftaten (PNR-Gesetz – PNR-G) erlassen und das Bundeskriminalamt-Gesetz geändert wird;

Stellungnahme

 

 

An das

Bundesministerium für Inneres

BMI-III-1@bmi.gv.at

z.Hd. Abteilung III/1

Herrengasse 7

1010 Wien

 

 

Zu dem mit do. elektronischer Note vom 24. Jänner 2018, GZ BMI-LR1340/0002-III/1/2018, übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über die Verarbeitung von Fluggastdaten zur Vorbeugung, Verhinderung und Aufklärung von terroristischen und bestimmten anderen Straftaten (PNR-Gesetz – PNR-G) erlassen und das Bundeskriminalamt-Gesetz geändert wird, nimmt das Bundesministerium für Landesverteidigung wie folgt Stellung:

 

 

Gegen den vorliegenden Gesetzentwurf bestehen aus ho. Sicht keine Einwände.

 

Aus gegebenem Anlass wird jedoch um Berücksichtigung eines militärisch bedeutsamen Ressortanliegens ersucht, das in den §§ 4 und 15 PNR-G („Verarbeitung von Fluggastdaten“ bzw. „Vollziehung“) derzeit noch nicht abgebildet ist.

 

§ 4 Abs. 2 PNR-G sieht in seiner momentanen Entwurffassung vor, dass die Fluggastdatenzentralstelle über begründetes Ersuchen einer in § 2 Abs. 4 genannten Behörde, einer Staatsanwaltschaft oder eines Gerichts sowie von Europol im Wege der nationalen Europol-Stelle (§ 4 Abs. 1 BKA-G) ermächtigt ist, die in der PNR-Datenbank gespeicherten Daten für die Zwecke des § 1 Abs. 1 zu verarbeiten.

 

Diese Normierung hat zur Folge, dass im PNR-G derzeit kein Zugriff auf PNR-Daten für die beiden militärischen Nachrichtendienste (Heeres-Nachrichtenamt und Abwehramt) vorgesehen ist.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 MBG ist es aber vor allem die Aufgabe der nachrichtendienstlichen Abwehr, die militärische Sicherheit präventiv (vor potentiellen Bedrohungen, wie etwa auch vor schwerer Kriminalität und Terrorismus) zu gewähren, und dabei Angriffe auf militärische Rechtsgüter rechtzeitig zu erkennen sowie in weiterer Folge entsprechend zu verhindern.

 

Zur Aufrechterhaltung der militärischen Sicherheit, insbesondere zur effektiven Erfüllung der nachrichtendienstlich operativen Aufgaben nach den §§ 20 ff MBG (vor allem in den Bereichen der Spionageabwehr und der Abwehr extremistischer Bestrebungen), ist nach dem ho. Dafürhalten für das Abwehramt eine Berechtigung zur Abfrage von PNR-Daten bei der Fluggastdatenzentralstelle im Sinne des § 2 Abs. 4 PNR-G geboten. Durch einen solchen Zugriff auf PNR-Daten hätte das Abwehramt dann nämlich eine weitere rechtstaatlich legitimierte Möglichkeit, gerichtlich strafbare Handlungen gegen militärische Rechtsgüter (wie Spionage und Sabotage, die eine umfassende Gefahr für die militärische Sicherheit darstellen) präventiv abzuwehren.

 

Aus ho. Sicht ist  -  wegen des thematischen Auslandsbezuges und der wehr- bzw. militärbefugnisrechtlichen Affinität  -  dieselbe materiengesetzliche Ermächtigung ebenso für das Heeres-Nachrichtenamt vorzusehen.

 

Zusätzliche Argumente, die für dieses einsatzbezogene Sachbegehren sprechen, lassen sich auch noch aus dem Regierungsprogramm 2017 – 2022 „Zusammen. Für unser Österreich.“ gewinnen. Unter dem Kapitel Ordnung und Sicherheit/Innere Sicherheit findet sich auf der Seite 31 als eine der dafür in Betracht kommenden Maßnahmen nämlich beispielsweise die „Bekämpfung von staatsfeindlichem Extremismus und staatsfeindlicher Radikalisierung, um insbesondere terroristischen Aktivitäten vorzubeugen“  -  dabei soll es ua. zu einer „Verbesserung der Prozesse der Zusammenarbeit zwischen BVT, Bundeskriminalamt und Heeresdiensten“ kommen. Im Kapitel Ordnung und Sicherheit/Landesverteidigung wird auf der Seite 51 wörtlich ua. ausgeführt: „… Das EU-Mitgliedsland Österreich liegt Krisenregionen an den Rändern Europas geografisch näher als andere EU-Mitgliedstaaten. Die Auswirkungen von Konflikten wurden nicht zuletzt durch die Migrationskrise seit 2015 sichtbar. Das erfordert, das österreichische Staatsgebiet und seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen und zu verteidigen sowie gegen alle Formen der Bedrohung zu rüsten. Darüber hinaus gewinnen nicht-konventionelle Formen organisierter Gewaltanwendung durch staatliche und nicht-staatliche Akteure auch für Österreich an Bedeutung. Dieses Risikospektrum umfasst somit den Einsatz zerstörerisch-disruptiver Technologien wie Energie- und Biowaffen, Cyber-Angriffe sowie die Weitergabe von Technologien und Gütern zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen. Auch transnationaler Terrorismus und Extremismus können zur Destabilisierung von Staaten beitragen. Zum Beispiel haben Cyberangriffe das Potenzial, durch nachhaltige Beeinträchtigung nationaler Infrastruktur Gesellschaften zu destabilisieren. Auch moderne militärische Strukturen und Einsätze stützen sich, wie vitale staatliche Grundfunktionen, auf funktionierende IKTInfrastruktur und stellen somit lohnende Ziele für Angriffe dar. … Das ÖBH muss weiterhin auch über den Bereich der militärischen Landesverteidigung hinaus zur Bewältigung von Assistenz-Aufgaben, zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie der demokratischen Freiheiten der Einwohner, zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren überhaupt sowie zur Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs befähigt sein. Das kann z.B. Beitragsleistungen zum Schutz kritischer Infrastrukturen, im Bereich Cyber-Abwehr oder für mögliche Herausforderungen im Bereich Grenzüberwachung umfassen.

 

Aus obigen Überlegungen wird ersucht, § 4 Abs. 2 PNR-G folgendermaßen zu fassen (Anm.: dieser Formulierungsvorschlag ist legistisch an einer vergleichbaren militärischen Sonderbestimmung in der geltenden Rechtsordnung orientiert, nämlich an § 55 Abs. 4 WaffG):

 

„(2) Darüber hinaus ist die Fluggastdatenzentralstelle über begründetes Ersuchen einer in § 2 Abs. 4 genannten Behörde, den mit Aufgaben der wehr- oder militärbefugnisgesetzlichen Vollziehung betrauten Organen und Behörden der militärischen Nachrichtendienste, einer Staatsanwaltschaft oder eines Gerichts sowie von Europol im Wege der nationalen Europol-Stelle (§ 4 Abs. 1 BKA-G) ermächtigt, die in der PNR-Datenbank gespeicherten Daten für die Zwecke des § 1 Abs. 1 zu verarbeiten. § 6 bleibt unberührt.“

 

Damit im Zusammenhang stehend wäre dem Bundesminister für Landesverteidigung im § 15 PNR-G eine Vollzugszuständigkeit einzuräumen, sodass dieser Tatbestand wie folgt zu lauten hätte:

 

§ 15. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind der Bundesminister für Inneres, der Bundesminister für Landesverteidigung, der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Delegierung und Justiz sowie der Bundesminister für Finanzen, je nach ihrem Wirkungskreis, betraut.“

 

Für weiterführende Gespräche auf der Beamtenebene, bei denen die in Rede stehende Ressortnotwendigkeit noch detaillierter erläutert werden könnte, sind die Fachleute des BMLV gerne bereit.

 

 

Dem Präsidium des Nationalrates wurde diese Stellungnahme gleichfalls per e-mail zu gestellt.

 

 

22.02.2018

Für den Bundesminister:
i.V. MOSER

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