Begutachtung zur Patientenverfügungsgesetz-Novelle 2018
erstellt im Auftrag des Rektorats (Prof. Dr. Wolfgang Fleischhacker) für die Medizinische Universität Innsbruck
von Ao. Univ.-Prof. Dr. med. Barbara Friesenecker, Universitätsklinik für Allgemeine und Chirurgische Intensivmedizin, OberärztIn
Vorsitzende der ARGE Ethik, ÖGARI (österr. Gesellschaft für Anästhesie, Reanimation und Intensivmedizin)
Zusammenstellung der Neuerungen:
1. Verlängerung der Gültigkeit einer PatientInnenverfügung (PV) von 5 auf 8 Jahre
o PatientIn kann kürzere Frist bestimmen
o PV kann nach entsprechender ärztlicher Aufklärung gemäß § 5 erneuert werden à Frist von 8 Jahren oder von PatientIn kürzer bestimmte Frist beginnt neu zu laufen
o aktualisierte Versionen: PV’s dürfen nicht nur Aktualisierungen enthalten sondern es muss immer die aktualisierte Gesamtfassung der jeweiligen PV vorliegen.
2. Der Begriff der „Verbindlichkeit“ bleibt
3. Der Begriff der „Beachtlichkeit“ fällt weg
4. Es gibt nur mehr „verbindliche“ und „nichtverbindliche“ PV’s
5. Es soll eine zentrale Abfragemöglichkeit für erstellte PV‘s geben:
Die PV’s werden im ELGA zentral erfasst und abgelegt
o verbindliche / nichtverbindliche PV kann von PatientIn direkt abgeben oder postalisch an ELGA-Ombudsstelle übermittelt werden
o ELGA speichert die erstellten PV‘s entweder selbst in einem Register, oder kann auf ein anderes Speicher-Register zugreifen
o Pat kann eine Registrierung in ELGA verweigern
o Altersgrenze 14 Jahre
o Ärzte müssen sich nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten vor einer medizinischen Behandlung einer PatientIn, die zum Zeitpunkt der Behandlung nicht entscheidungs- bzw. äußerungsfähig ist, über das Vorliegen einer PV in ELGA vergewissern
o Entsprechend der Implementierung von ELGA ist eine generelle Rückerfassung bestehender PV‘s nicht vorgesehen
o 2023 ist zu überprüfen, wie sich die Verwendung der in ELGA zur Verfügung gestellten PV’s entwickelt hat
o Finanzielle Entlastung für Errichtung von verbindlichen PV’s à Kostenlose Errichtung von PV’S durch Einbindung der Patientenanwaltschaften
o Alle ELGA-Gesundheitsdaten haben vorgeschriebene Speicherdauer von 10 Jahren, dies gilt NICHT für in ELGA gespeicherte PV’s; diese werden erst 10 Jahre nach dem Sterbedatum des ELGA-Teilnehmers automatisch gelöscht.
6. Umgang mit ausländischen PV‘s:
o Sie sind nach Maßgabe der österreichischen Rechtslage als Willensäußerung bei der Beurteilung medizinischer Behandlungen von Relevanz
o Es gibt keine Verpflichtung, PV‘s, die nicht in deutscher Sprache verfasst sind, zu übersetzen.
o Ausländische PV‘s sind Behandlungsentscheidungen zu Grunde zu legen, sofern sich daraus ein Patientenwille erschließen lässt (z.B. DNR-Order).
Beurteilung:
Diese Novelle ist aus Sicht der Medizinischen Universität Innsbruck prinzipiell zu begrüßen und stellt einen Fortschritt aus medizin-ethischer Sicht dar:
1. Eine Verlängerung der Gültigkeit von 5 auf 8 Jahre erscheint sinnvoll und zielführend
a. Abänderungen/Aktualisierungen sind weiterhin möglich
b. Das aktuell gesprochene Wort überwiegt auch weiterhin immer das Geschriebene.
2. Da man sich offensichtlich leider nicht dazu entschließen konnte, auf die „Verbindlichkeit“ als Kriterium überhaupt zu verzichten um dafür jegliche Wunschäußerung als Willen von PatientIn zu akzeptieren, erscheint zumindest das Weglassen des Begriffes „beachtlich“ für die AnwenderInnen mehr Klarheit zu bringen und damit die Akzeptanz zu fördern.
3. Dass es eine offizielle Registrierung der PV‘s mit Abfragemöglichkeit geben soll, ist sehr sinnvoll. Eine einheitliche Lösung für den Speicherort/Abfrageort dieser Daten ist aus Gründen der Klarheit unbedingt notwendig. Die Regeln für den Umgang mit ELGA sind nachvollziehbar definiert.