Sehr geehrte Bundesregierung

Sehr geehrte Nationalratsabgeordnete

 

Die bestmögliche Sicherheit im Straßenverkehr ist ein hohes Gut unserer Gesellschaft und sollte unser aller Ziel sein.

Das dieser Sicherheit dienende Instrument der Straßenverkehrsordnung ist zu wichtig, um für das Verfolgungsinteresse an ausgewählten KonsumentInnen missbraucht zu werden.

 

Es spricht überhaupt nichts dagegen, durch Alkohol oder Suchmittel fahruntaugliche LenkerInnen aus dem Verkehr zu ziehen.

Besorgniserregend ist aber, wenn mit vorliegendem Entwurf die Absicht ausgedrückt wird, sich nur noch auf diese LenkerInnen zu konzentrieren.

 

Eine vom Kuratorium für Verkehrssicherheit durchgeführte Dunkelzifferstudie  [1] zeigt, dass rund 521.000 Personen in den letzten 12 Monaten ein Kfz gelenkt haben, obwohl sie aufgrund von Medikamentenkonsum nicht sicher waren, ob sie verkehrstüchtig sind.

Laut dieser Studie gehen Expertenschätzungen davon aus, dass 20 bis 30 Prozent aller in Österreich zugelassenen Medikamente Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit haben. Darunter befinden sich sowohl rezeptpflichtige als auch rezeptfreie Präparate.

Laut dieser Studie schätzen Experten, dass zwischen 8 und 25 Prozent aller Verkehrsunfälle direkt oder indirekt auf Medikamenteneinnahme zurückzuführen sind.

„Dies würde bedeuten, dass durchschnittlich pro Jahr etwas 3.000 bis 9.000 aller Verkehrsunfälle auf Österreichs Straßen auf direkten oder indirekten Medikamentenkonsum zurückzuführen sind.“

 

Durch diese Masse an Medikamenten und deren mögliche Kombinationswirkungen kann man diesem Sicherheitsproblem auch nicht mit Bluttests oder Grenzwerten gerecht werden.

Der bisher angewandte und einzig sinnvolle Weg, die Fahrtauglichkeit durch gemäß Ärztepoolverordnung geschulte ÄrztInnen beurteilen zu lassen, soll mit vorliegendem Entwurf größtmöglich  umgangen werden und an Objektivität verlieren.

Die weisungsgebundenen Exekutivkräfte haben sicher ihre eigenen Qualitäten, für objektive ärztliche Aufgaben benötigt man aber ein Medizinstudium.

Wenn an der Schulung zur Fahrtauglichkeitsfeststellung gemäß Arztepoolverordnung zu wenige ÄrztInnen teilnehmen, sollte man besser den Anreiz dafür erhöhen, statt sich nur noch auf den Nachweis illegaler Substanzen zu konzentrieren.

 

Für die Sicherheit auf unseren Straßen sollte es keine Relevanz haben, ob die VerursacherInnen der Unfälle durch eine legale oder illegale Substanz beeinträchtigt sind, oder ob sie für die Medikamente ein Rezept haben oder nicht. Das BMVIT-Argument der sicheren Gewöhnung an Medikamente geht laut KFV-Studie ins Leere.

 

Als nüchterner Verkehrsteilnehmer appelliere ich daher an Sie:

 

die ideologische Intention des vorliegenden Entwurfs zu durchschauen

ein strafrechtliches Verfolgungsinteresse nur im Strafrecht auszuleben

die Straßenverkehrsordnung nicht dafür zu missbrauchen

die allgemeine Sicherheit im Verkehr höher zu bewerten

den vorliegenden Entwurf entsprechend kritisch zu begutachten

die Parameter für Fahrtauglichkeit (Reaktion usw..) aktuell definieren zu lassen

objektive Messverfahren für diese Parameter entwickeln zu lassen

den Anreiz zur Teilnahme an der Ärztepoolverordnung zu erhöhen

die Fahruntauglichkeit bei allen LenkerInnen gleichwertig zu sanktionieren

 

 

 

 

Hochachtungsvoll

Martin Bauer

 

[1] https://www.kfv.at/wp-content/uploads/2018/07/PA_KFV_Medikamente_am_Steuer2018.pdf