Parlament Österreich

 

 

 

V-8 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

 

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Beratungen des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten

der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 14. November 2018

 


Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXVI. Gesetzgebungsperiode     Mittwoch, 14. November 2018

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

 

1.    14415/15

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Umsetzung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer – Sachstand

(86549/EU XXV.GP)

 

2.    COM(2018) 147 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Vorschriften für die Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz

(15707/EU XXVI.GP)

 

3.    COM(2018) 148 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum gemeinsamen System einer Digitalsteuer auf Erträge aus der Erbringung bestimmter digitaler Dienstleistungen

(15857/EU XXVI.GP)

 

 

 

Die Tagesordnungspunkte 2 und 3 wurden unter einem verhandelt.

 

Alle Tagesordnungspunkte wurden nach ausführlicher Diskussion mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ vertagt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Finanztransaktionssteuer

 

 

Was bleibt vom ursprünglichen Vorstoß für eine Finanztransaktionssteuer übrig, die auf eine Besteuerung des Handels und der Derivate von Aktien und Anleihen abzielte? Dieser Frage widmete sich der EU-Unterausschuss des Nationalrats, der auf Verlangen der SPÖ zusammentrat.

 

Finanzminister Hartwig Löger bekräftigte einmal mehr, dass er auch weiterhin für eine möglichst breite Bemessungsgrundlage eintritt und dafür auch engagiert werbe. Im Laufe der jahrelangen Diskussion sei diese ursprüngliche Basis aber erodiert, Österreich befürworte daher den aktuellen Stand nicht, machte der Finanzminister unmissverständlich klar. Die Bemessungsgrundlage müsse breit bleiben. Der Vorschlag von Deutschland und Frankreich, der auf eine reine Aktiensteuer hinausläuft, ist für ihn keine Alternative zur Finanztransaktionssteuer. Er müsse aber diesen Vorschlag in der Gruppe der 10 Mitgliedstaaten diskutieren, sonst würden in der Gruppe nur mehr 8 Staaten verbleiben, womit auch die verstärkte Zusammenarbeit in dieser Frage europarechtlich nicht mehr möglich wäre. Er widersprach damit auch SPÖ und Liste Pilz, die Löger vorgeworfen hatten, er wolle die Finanztransaktionssteuer begraben. Vielmehr, so Löger, blockierten der deutsche sozialdemokratische Finanzminister Olaf Scholz und sein französischer Kollege Bruno Le Maire eine Finanztransaktionssteuer mit breiter Bemessungsgrundlage.

 

Der Tagesordnungspunkt wurde schließlich im Hinblick auf die kommende Sitzung der 10er-Runde am 4. Dezember 2018 mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ vertagt. Das gilt auch für den Antrag auf Stellungnahme, den seitens der SPÖ Andreas Schieder eingebracht hat. Darin wird die Bundesregierung und insbesondere der Finanzminister aufgefordert, sich weiterhin für die Einführung einer breit bemessenen Finanztransaktionssteuer einzusetzen, die über eine reine Aktiensteuer hinausgeht und sowohl Wertpapier- als auch Derivatgeschäfte erfasst. Die Frage stand auch auf der Tagesordnung der Sitzung im Mai dieses Jahres.

 

 

Bereits im September 2011 hat die EU-Kommission einen Richtlinienvorschlag zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer vorgelegt, "damit auch der Finanzsektor einen fairen Beitrag leistet". Sie sollte einen Lenkungseffekt gegen Spekulationen haben. Der Steuersatz sollte 0,1% auf den Handel von Aktien und Anleihen und 0,01% für Derivate von Aktien und Anleihen betragen. Dadurch sollten Finanzdienstleister angemessen an den Kosten der Finanzkrise beteiligt und geeignete Negativanreize für Transaktionen geschaffen werden, die die Stabilität der Finanzmärkte gefährden.

 

Innerhalb der EU konnte darüber jedoch keine Einigung erzielt werden. Deshalb einigten sich 2012 insgesamt elf EU-Länder, darunter auch Österreich, die Finanztransaktionssteuer in Rahmen einer "verstärkten Zusammenarbeit" einzuführen, was der Rat im Jahr 2013 auch genehmigte. Seither ziehen sich die Verhandlungen ohne Ergebnis dahin. Nunmehr sind nur noch 10 Länder – neben Österreich und Deutschland auch Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal, Slowakei, Slowenien und Spanien - an einer Einführung interessiert. Außerdem sieht der aktuelle Kommissionsvorschlag eine Vielzahl von Befreiungen und Ausnahmen vor, wodurch die Bemessungsgrundlage sehr stark eingeschränkt würde.

 

Beim Treffen der Finanzminister der zehn Länder im Juni 2018 wurde laut Information des Finanzministeriums wegen der offensichtlichen Aussichtslosigkeit einer Einigung von Deutschland und Frankreich der Vorschlag einer reinen Aktienbesteuerung nach dem Emissionsprinzip (die Steuer würde somit nur Aktien betreffen, die in einem teilnehmenden Mitgliedstaat emittiert wurden) nach französischem Modell eingebracht. Das Aufkommen der Steuer soll demnach als Eigenmittelquelle für den mehrjährigen Finanzrahmen dienen.

 

 

Durch die ständige Verkleinerung der Bemessungsgrundlage wären beim aktuellen Stand der Debatte um die Finanztransaktionssteuer für Österreich Einnahmen von 30 Mio. € zu erwarten, bemerkte Finanzminister Löger gegenüber SPÖ-Abgeordnetem Andreas Schieder, der auf eine WIFO-Studie aus dem Jahr 2008 hingewiesen hatte, wonach Österreich beim ursprünglichen Modell 500 Mio. € an Einnahmen erzielt hätte. Eine reine Aktiensteuer würde Österreich kaum mehr als 25 Mio. € bringen. Er, Löger, habe daher immer wieder klargestellt, dass eine breitere Bemessungsgrundlage notwendig sei und die Aktienbesteuerung kein Ersatz für die Finanztransaktionssteuer sein könne.

 

Er könne aber nicht voraussagen, ob Deutschland und Frankreich auf ihrem Vorschlag beharren. Würde er diesen nicht zur Diskussion stellen, dann würden beide Länder die 10er Runde verlassen und 8 Länder wären für das Instrument der verstärkten Zusammenarbeit zu wenig, stellte der Finanzminister gegenüber den Vorwürfen von Andreas Schieder (SPÖ), Kai Jan Krainer (SPÖ) und Bruno Rossmann (PILZ) fest. Die drei Oppositionspolitiker hatten ihm im Vorfeld vorgeworfen, gerade unter dem österreichischen Ratsvorsitz die Finanztransaktionssteuer ad acta legen zu wollen. Er habe nicht den Eindruck, dass Löger für den Kommissionsvorschlag zur Finanztransaktionssteuer engagiert eintrete, sagte Rossmann. Schieder wies auf ein Interview im Handelsblatt hin, das den Eindruck vermittelt, dass Löger die Steuer bereits begraben habe. Er erinnerte auch an den im Jahr 2008 erfolgten einstimmigen Beschluss des Nationalrats zur Finanztransaktionssteuer und regte an, diesen zu wiederholen.

 

Unterstützung fand Löger seitens der Abgeordneten Peter Weidinger (ÖVP) und Wendelin Mölzer (FPÖ). Weidinger bedauerte die Entwicklung der Diskussion in der 10er Gruppe und auch Mölzer unterstrich, dass man sich in puncto Finanztransaktionssteuer in Österreich einig sei. Man könne aber nichts dagegen tun, wenn die Partner abhandenkommen.

 

Was die Frage in Bezug auf den Brexit betrifft, so meinte Löger in Beantwortung einer Frage von Abgeordneter Claudia Gamon (NEOS), dass die Einführung der Finanztransaktionssteuer durchaus eine zusätzliche Stimulation für den Londoner Finanzplatz bringen könnte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Besteuerung digitaler Unternehmen

 

 

Ein erster Schritt zur Einführung einer Digitalsteuer könnte bereits am 4. Dezember beim ECOFIN erfolgen, berichtete Finanzminister Hartwig Löger im EU-Unterausschuss des Nationalrats. Bei der informellen ECOFIN-Tagung in Wien sei es gelungen, einen Meilenstein für weitere Diskussionen auf technischer Ebene zu setzen und Blockaden zu lösen. Die Ergebnisse der dafür eingesetzten Arbeitsgruppe seien auf breiter Basis diskutiert und bewertet worden, sodass die Möglichkeit gegeben sei, den Vorschlag für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft zu einem Beschlussantrag zu bringen, sagte der Finanzminister, wobei er gleichzeitig darauf hinwies, dass es von Seiten des deutschen Finanzministers noch Skepsis gebe.

 

Bei dieser Digitalsteuer handelt es sich aber nur um eine Übergangslösung, denn eine faire Besteuerung von traditionellen und digitalen Unternehmen könne nur global gelöst werden, sagte Löger. Diese kurzfristige Maßnahme könne durchaus auch Dynamik auf der größeren Ebene auslösen, bemerkte er und informierte, dass die OECD bis 2020 einen Vorschlag für eine globale Lösung vorlegen wolle. Anzustreben sei langfristig eine echte Gewinnbesteuerung, es seien sich alle einig, dass das Gesamtmodell keineswegs in Richtung Umsatzbesteuerung gedreht werden soll. Einen nationalen Alleingang für das Modell der digitalen Betriebsstätte hält der Finanzminister im Hinblick auf die bestehenden rund 90 Doppelbesteuerungsabkommen für nicht praktikabel.

 

 

Die EU-Kommission hat zwei Gesetzesinitiativen vorgelegt – einerseits für eine Digitalsteuer als Übergangslösung und andererseits eine langfristige Lösung, in der der Betriebsstättenbegriff neu definiert und die Körperschaftssteuer neu gestaltet wird. Sie bildeten die Basis für die Debatte. Der EU-Unterausschuss hatte sich bereits im Mai dieses Jahres damit befasst, die zwei diesbezüglichen europäischen Initiativen wurden auf Verlangen der SPÖ abermals auf die Tagesordnung gesetzt.

 

Diese zielen auf Steuerfairness zwischen Digitalunternehmen und traditionellen Unternehmen ab. Firmen, die – wie Google, Facebook und Amazon - in erster Linie digitale Dienstleistungen erbringen, ohne in einem Land auch wirklich physisch präsent zu sein, werden von den derzeit geltenden internationalen Steuervorschriften nur unzureichend erfasst, da diese für traditionelle Unternehmen konzipiert sind, begründet die Kommission ihren Vorstoß. Eine Gewinnbesteuerung eines nicht ansässigen Unternehmens ist aktuell nur bei einer physischen Präsenz möglich.

 

Zu den beiden Punkten brachte die SPÖ einen Antrag auf Stellungnahme ein, worin die Bundesregierung, insbesondere aber der Finanzminister, aufgefordert wird, Verhandlungslösungen voranzubringen, die die wichtigen Elemente für mehr Steuergerechtigkeit beinhalten. Dazu zähle die Verankerung einer Dauerregelung für die digitale Betriebsstätte im Rahmen der gemeinsamen Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage, die schnellstmögliche Beschlussfassung zur Digitalsteuer als Übergangslösung, die Einführung von EU-weiten Mindestkörperschaftssteuersätzen und Regelungen für die transparente länderspezifische Berichterstattung (public Country-by-Country-Reporting).

 

Die Debatte, in denen sich Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP), Kai Jan Krainer (SPÖ), Doris Margreiter (SPÖ), Robert Lugar (FPÖ), Claudia Gamon (NEOS) und Bruno Rossmann (PILZ) zu Wort meldeten, wurde schließlich mit den Stimmen der beiden Koalitionsparteien ÖVP und FPÖ vertagt. Man wolle die kommende ECOFIN-Tagung abwarten, begründeten sie ihren Antrag.

 

 

 

Mit ihren Legislativvorschlägen schlägt die EU-Kommission Maßnahmen vor, die sicherstellen sollen, dass digitale Großunternehmen einen gerechten Steueranteil tragen. Kleinere Unternehmen sind davon ausgenommen, denn nur Großunternehmen mit einer signifikanten digitalen Präsenz sollen betroffen sein. So würden davon Unternehmen erfasst, deren Gesamterträge aus digitalen Dienstleistungen 7 Mio. € übersteigen oder die Nutzerzahl größer als 100.000 ist oder die Zahl der Geschäftsverträge 3.000 übersteigt. Im Zentrum steht die Ausdehnung des Betriebsstättenbegriffs auf digitale Plattformen und somit eine Neudefinition. Dort, wo durch die Nutzung digitaler Dienste Gewinne erwirtschaftet werden, würde die Steuer schlagend und käme dem jeweiligen Staat zugute.

 

Mittels der als Übergangslösung konzipierten Digitalsteuer, will die Kommission möglichst bald die wichtigsten nicht besteuerten digitalen Tätigkeiten in einem einheitlichen Regelwerk erfassen, um einen Wildwuchs nationaler Maßnahmen im Binnenmarkt zu verhindern. Diese kurzfristige Lösung ist auf große Konzerne zugeschnitten. Es handelt sich dabei in erster Linie um eine Werbeabgabe, die eine Gleichstellung digitaler Unternehmen mit traditionellen Unternehmen bringen und damit gleiche Wettbewerbsbedingungen sicherstellen soll. Besteuert würde nicht der Gewinn, sondern die Bruttoeinnahmen.

 

Konkret ist vorgesehen, dass Umsätze aus der Internetwerbung, wie zum Beispiel die Zurverfügungstellung von online-Werbeflächen für NutzerInnen, dort besteuert werden, wo der Computer steht, wenn das Geschäft getätigt wird. Auch digitale Interaktionen zum Verkauf von Gegenständen und Dienstleistungen würden besteuert, nicht allerdings klassische Internetleistungen wie Streaming-Dienste. Die Mitgliedstaaten würden zudem aus Geschäften wie dem Verkauf von Daten, die Rückschlüsse auf das Nutzerverhalten zulassen, direkte Steuereinnahmen erhalten. Als Digitalsteuersatz sind im Kommissionsentwurf 3% der steuerbaren Erträge festgelegt. Voraussetzung ist in allen Bereichen, dass ein Online-Unternehmen jährlich weltweit einen Gesamtumsatz von mindestens 750 Mio. € generiert, beziehungsweise EU-weit mindestens 50 Mio. €. Kleinere Start-up-Unternehmen würden somit nicht belastet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgende Anträge der SPÖ auf Stellungnahme wurde mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ vertagt:

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

des Abgeordneten Mag. Schieder,

Genossinnen und Genossen,

 

eingebracht in der Sitzung des Ständigen Ausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union, am 14. November 2018

 

zu TOP 1: RAT: 14415/15: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Umsetzung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer – Sachstand (86549/EU XXV.GP)

 

 

 

Ein Aspekt der Steuergerechtigkeit betrifft den finanziellen Beitrag des Finanzsektors zur Behebung der Kosten der zurückliegenden Finanzkrise.

Die Europäische Kommission hat mit Vorschlägen zur Finanztransaktionssteuer und zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft Maßnahmen erarbeitet, die durch die steuerliche Erfassung der Gewinne von Unternehmen der digitalen Wirtschaft und Transaktionen von Finanzmarktakteuren, den Steuerbeitrag dieser Branchen auf ein faireres Niveau anheben würden und die Gelegenheit bieten, die Besteuerung von Arbeitsaufkommen zu senken. Es ist daher von dringender Notwendigkeit mithilfe der Finanztransaktionssteuer und der Digitalsteuer neue Einnahmen für den Unionshaushalt zu lukrieren.

 

Die Finanztransaktionssteuer hat bereits eine lange Vorlaufzeit und die österreichischen Bundesregierungen der letzten Jahre sind immer ein Vorreiter auf diesem Gebiet gewesen. Während die Europäische Kommission erstmals im Jahr 2011 einen Vorschlag für eine eben solche Finanztransaktionssteuer machte, liefen in Österreich schon im Jahr 2008 die Vorarbeiten und Vorbereitungen für eine europäische Finanztransaktionssteuer.

 

Schon im Jahr 2008 wurde aus diesem Grund das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung mit einer Studie zum Thema Finanztransaktionssteuer beauftragt.

Bereits in einem Entschließungsantrag zur „Einführung einer Finanztransaktionssteuer“ (50/UEA) hatten sich alle Fraktionen (SVFBG) am 10.12.2008 dafür ausgesprochen, dass sich die Bundesregierung für eine allgemeine FTT auf EU- und internationaler Ebene einsetzen soll. Unter den ehemaligen ÖVP-Finanzministern Pröll, Fekter, Spindelegger und Schelling wurde zuerst eine EU-weite Finanztransaktionssteuer weiterverfolgt und auch, als diese aussichtslos erschien, im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit eines Teils der Mitgliedstaaten weiterhin an einer Finanztransaktionssteuer gearbeitet.

 

Die zwischenzeitigen Verhandlungsergebnisse des Rates und die bisherige Bilanz des österreichischen Ratsvorsitzes zu diesen beiden erwähnten Vorhaben machen generell skeptisch, was die so dringend notwendige Steuergerechtigkeit innerhalb der EU betrifft.

 

Insbesondere bei der FTT ist in den letzten Monaten kein Verhandlungsfortschritt erkennbar. Schlimmer, es ist unter Finanzminister Löger sogar von einer Abkehr der FTT hin zu einer Aktiensteuer die Rede. Es sieht so aus, als würde trotz jahrelanger wichtiger Vorarbeiten, gerade unter dem österreichischen Ratsvorsitz die Finanztransaktionssteuer ad acta gelegt werden. Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

 

 

 

Antrag auf Stellungnahme gemäß Art 23e Abs. 3 B-VG

 

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, soll sich im Rahmen des österreichischen Ratsvorsitzes und darüber hinaus weiterhin für die Einführung einer breit bemessenen Finanztransaktionssteuer einsetzen, die über eine reine Aktiensteuer hinausgeht und sowohl Wertpapier- als auch Derivatgeschäfte erfasst, und diese durch eine Einigung zum Abschluss bringen.“

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

des Abgeordneten Krainer,

Genossinnen und Genossen,

 

eingebracht in der Sitzung des Ständigen Ausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union, am 14. November 2018

 

zu TOP 2: COM (2018) 147 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Vorschriften für die Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz

 

 

 

In den vergangenen Jahren hat die Europäische Kommission, der Rat und das Parlament nachhaltige Maßnahmen gesetzt, um Besteuerungslücken durch unerwünschte Gewinnverschiebungen bzw. Steuervermeidungsmodelle im Anwendungsbereich des internationalen Steuerrechts zu schließen. International knüpfen die Steuersysteme die Erhebung der Gewinnsteuern an die physische Präsenz eines Unternehmens im Besteuerungsstaat. Durch die digitalen Geschäftsmodelle werden diese unterlaufen und es entsteht eine große Gerechtigkeitslücke innerhalb der Unternehmensbesteuerung zwischen national und international agierenden Unternehmen.

 

Der Vorschlag zur gemeinsamen Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage ermöglicht eine harmonisierte EU weite Unternehmensbesteuerung. In den Kommissionsvorschlag müssen allerdings noch wesentliche Elemente für eine faire Unternehmensbesteuerung eingearbeitet werden. Zum einen ist das der Vorschlag der Kommission für eine signifikante digitale Präsenz (digitale Betriebsstätte) und andererseits die Notwendigkeit Mindeststeuersätze in der gemeinsamen Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage zu verankern, um einen schädlichen Steuerwettbewerb der Mitgliedstaaten untereinander zu vermeiden. Durch den schädlichen Steuerwettbewerb nach unten ist eine Erosion des Steueraufkommens im Unternehmensbereich und damit verbundenen Einnahmenausfällen der einzelnen Staaten verbunden, der die Finanzierbarkeit der Sozialsysteme und wichtiger staatlicher Leistungen gefährdet.

 

Mittelfristig soll das Konzept der digitalen Betriebstätte ermöglichen, dass Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen ihre Steuerleistungen nicht in ein Land mit niedriger Unternehmensbesteuerung verschieben können, sondern die Besteuerung am Ort der Wertschöpfung, in dem jeweiligen Mitgliedstaat, in dem die Leistung erbracht wird, erfolgen kann. Das Konzept der digitalen Betriebsstätte soll in den rechtlichen Rahmen der gemeinsamen Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage ergänzt werden. Für die kurzfristige Erfassung der digital erwirtschafteten Gewinne schlägt die Kommission eine Digitalsteuer auf bestimmte Dienstleistungen (z.B. Online-Werbeflächen) vor. Derzeit wird medial immer nur über diese Interimslösung berichtet, nicht aber über die eigentliche Lösung – die Verankerung der digitalen Betriebsstätte im nationalen und internationalen Steuerrecht.

 

Der länderbezogene Bericht (Country-by-Country-Reporting; CbCR) enthält Informationen zur weltweiten Entstehung und Verteilung der Erträge, der Steuern und der Geschäftstätigkeit von multinationalen Konzernen. Aus Transparenzgründen sollte dieser veröffentlicht werden, um unerwünschte Gewinnverschiebungen sichtbar zu machen.

 

Die Bundesregierung hat im Programm des österreichischen Ratsvorsitzes festgeschrieben, dass die öffentlichen Haushalte vor schädlichem Steuerwettbewerb und Steuervermeidung geschützt werden müssen, und die begonnenen Arbeiten der EU zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft unter österreichischem Ratsvorsitz vorangetrieben werden sollen, um Gewinne dort zu besteuern, wo sie anfallen. Die aktuellen Ergebnisse der Ecofin-Ministertreffen lassen allerdings erkennen, dass der österreichische Ratsvorsitz nicht dazu genutzt wird, diese für die Steuergerechtigkeit wichtigen Vorhaben in diesem Jahr wesentlich voranzubringen oder abzuschließen. Selbst die Zwischenlösung der Digitalsteuer wird nicht konsequent genug vorangetrieben, sondern mit einer Sun-Set-Clause versehen. Alle anderen Vorschläge werden mit dem Argument, eine globale Lösung zu benötigen, weiter aufgeschoben.

 

 

 

Antrag auf Stellungnahme gemäß Art 23e Abs. 3 B-VG

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, soll sich insbesondere im Rahmen des österreichischen Ratsvorsitzes dafür einsetzen und Verhandlungslösungen voranbringen, die die wichtigen Elemente für mehr Steuergerechtigkeit beinhalten. Dazu zählt die Verankerung einer Dauerregelung für die digitale Betriebsstätte im Rahmen der gemeinsamen Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage, die schnellstmögliche Beschlussfassung zur Übergangslösung (Digitalsteuer), die Einführung von EU-weiten Mindestkörperschaftsteuersätzen und Regelungen für die transparente (veröffentlichte) länderspezifische Berichterstattung (public Country-by-Country-Reporting).“

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.