V-9 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten

der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Montag, 28. Jänner 2019

 


Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXVI. Gesetzgebungsperiode     Dienstag, 28. Jänner 2019

 

 

 

Tagesordnung

 

 

1.    14079/18

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur

Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung

der [Verordnung über das Europäische Solidaritätskorps] und der Verordnung (EU)

Nr. 375/2014 – Partielle allgemeine Ausrichtung

(43666/EU XXVI.GP)

 

2.    13943/18

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur

Einrichtung von Erasmus, dem Programm der Union für allgemeine und berufliche

Bildung, Jugend und Sport, und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 -

Partielle allgemeine Ausrichtung

(43778/EU XXVI.GP)

 

COM(2018) 269 final

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen

Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen/Beteiligung,

Begegnung und Befähigung: eine neue EU-Strategie für junge Menschen

(22169/EU XXVI.GP)

 

3.    COM(2012) 614 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur

Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den

nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften

und über damit zusammenhängende Maßnahmen

(97955/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Europäisches Solidaritätskorps

 

Mehr Solidarität in ganz Europa." Das ist das übergeordnete Ziel, das sich die EU mit dem "Europäischen Solidaritätskorps" setzt, geht aus den Schlussfolgerungen des Rats zum entsprechenden Verordnungsvorschlag der Kommission hervor. Angesprochen werden sollen von der Initiative, die für Freiwilligenarbeit im Dienst der Gesellschaft steht, junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren. Dementsprechend präsentierte Juliane Bogner-Strauß, Bundesministerin für Frauen, Familie und Jugend, im EU-Unterausschuss des Nationalrats die im Rat unter österreichischem Vorsitz erzielte Einigung zur künftigen Ausgestaltung des Solidaritätskorps, das von sämtlichen RednerInnen im Ausschuss als bedeutendes Zeichen für den Zusammenhalt in Europa hochgelobt wurde.

 

Bogner-Strauß bewarb das Programm als "Einstieg für Jugendliche in die EU", wodurch diese sich stärker mit der Union identifizieren würden. Damit noch mehr junge Menschen erreicht werden, habe man über ein Online-Portal einen niederschwelligen Zugang geschaffen, die Mittel für das Solidaritätskorps sollten mit dem kommenden mehrjährigen Finanzrahmen der EU erhöht werden.

 

Für die Finanzierung des Europäischen Solidaritätskorps von 2021 bis 2027 hat die Kommission ein Budget von 1,26 Mrd. € vorgeschlagen. Bis zu 35.000 junge Menschen sollen in der Neuauflage des Programms für eine Teilnahme gewonnen werden. Ein Teil der Mittel für das Solidaritätskorps - 20% - steht für Tätigkeiten im Inland zur Verfügung, erläuterte Jugendministerin Bogner Strauß die angedachte Verteilung der Gelder. Die damit finanzierten Projekte böten vor allem Jugendlichen, die keine Unterstützung für einen Auslandsaufenthalt aus ihrem Elternhaus erhalten können, die Gelegenheit, solidarisch zu arbeiten, etwa im Katastrophenschutz oder bei Sozialdiensten. 6% des Korpsbudgets sind nach derzeitigem Plan für humanitäre Hilfe veranschlagt, 86% für übrige Freiwilligentätigkeiten und rund 8% für Jobs sowie Praktika. Maximilian Unterrainer (SPÖ) merkte dazu an, arbeitsrechtliche Standards müssten auch bei Tätigkeiten im Rahmen des Solidaritätskorps eingehalten werden.

 

Ins Leben gerufen wurde das Europäische Solidaritätskorps Ende 2016, um jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, in Projekten außerhalb ihres Herkunftslands einen sinnvollen Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der EU zu leisten. Die Initiative strebe danach, die Europäische Union "solidarisch erlebbar" zu machen, wie Wolfgang Gerstl (ÖVP) formulierte. Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) und Stephanie Cox (JETZT) verdeutlichten ebenfalls ihre Wertschätzung für das Programm, wobei Letztere meinte, dem Solidaritätskorps mangle es noch an Bekanntheit. Während das Mobilitätsprogramm "Erasmus" in aller Munde sei, wüssten weit weniger über das Korps Bescheid. Jugendministerin Bogner-Strauß setzt für die Wissensvermittlung über die EU-Jugendinitiative vor allem auf "Multiplikatoren" (TeilnehmerInnen und mitwirkende Organisationen), die anderen jungen Menschen darüber berichten. "Die beste Werbung ist das Erzählen über das Europäische Solidaritätskorps."

 

Mithilfe von EU-Programmen wie Erasmus+ wurden schon in der Anfangsphase des Korps Jobs und Praktika sowie Freiwilligendienste und Solidaritätsprojekte in der gesamten Union angeboten. Die Kohärenz mit bestehenden EU-Mobilitätsprogrammen will man auch in Zukunft sicherstellen, schreibt die Kommission in ihrem vom Rat gebilligten Verordnungsentwurf. Diesem Entwurf zufolge sollen sich Personen im Alter von 17 bis 30 Jahren auf dem Portal des Europäischen Solidaritätskorps anmelden können und angeben, für welchen Bereich – Freiwilligentätigkeit, Jobs/Praktika, Solidaritätsprojekte – sie sich interessieren. Von registrierten Organisationen erhalten sie dann ab ihrem 18. Geburtstag eine Einladung zur Teilnahme an Projekten. Offene Stellen für ehrenamtliche Tätigkeiten sind ebenfalls auf dem Portal zu finden. Für das zweite Halbjahr 2019 wird der Start der Trilogverhandlungen von EU-Kommission, Rat und Europäischem Parlament über das Programm erwartet.

 

Betätigungsfelder des Solidaritätskorps sind beispielsweise der Umwelt- und Katastrophenschutz und Bereiche im Sozial-, Kultur- und Bildungswesen. Von Andreas Schieder (SPÖ) nach Tätigkeitsbereichen in Österreich gefragt, nannte Ministerin Bogner-Strauß unter anderem die Unterstützung von AsylwerberInnen, die Arbeit mit Menschen mit Behinderung und die Elementarpädagogik. In der nunmehr geplanten dritten Phase des Programms soll dessen Geltungsbereich auch Drittstaaten, besonders Nachbarländer der EU, umfassen. Die zuvor eigenständige EU-Freiwilligeninitiative für humanitäre Hilfe wurde dabei in das Solidaritätskorps integriert, erfuhr David Lasar (FPÖ) von Ministerin Bogner-Strauß, um organisatorische Synergien zu schaffen und Kosten zu sparen. Selma Yildirims (SPÖ) Bedenken, TeilnehmerInnen würden bei Auslandseinsätzen ihren Anspruch auf Familienbeihilfe verlieren, räumte die Jugendministerin mit dem Hinweis aus, der Hauptwohnsitz der Jugendlichen bleibe ja auch während der Dauer eines Projekts in Österreich. Folglich komme auch die Indexierung nicht zum Tragen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Erasmus +

 

Verdoppelt werden soll das Budget des EU-Bildungsprogramms Erasmus+. Im aktuellen Entwurf für Erasmus+ sind 30 Mrd. € von 2021 bis 2027 vorgesehen, davon 3,1 Mrd. € für den Jugendbereich, für den in Österreich Bundesministerin Juliane Bogner-Strauß zuständig ist, und der die non-formelle und informelle Bildung umfasst. Der Erhalt des eigenen Kapitels "Jugend" im neuen Erasmusprogramm war Bogner-Strauß zufolge keine Selbstverständlichkeit. Dank des geschlossenen Auftretens aller JugendministerInnen der Mitgliedstaaten habe man es dennoch erreicht. "Wir wollen, dass Jugendliche eine laute Stimme haben", so die Ministerin im EU-Unterausschuss des Nationalrats . Die Anmeldung zum Programm solle einfacher werden, sodass auch "benachteiligte Jugendliche" erreicht werden.

 

Othmar Karas, ÖVP-Abgeordneter des Europaparlaments, hob im Ausschuss die Bedeutung von Erasmus+ für die EU hervor, indem er auf den direkten Zusammenhang zwischen Beschäftigungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Auslandserfahrungen hinwies. Letzten November haben sich die zuständigen MinisterInnen der EU-Mitgliedsländer im Rat der Europäischen Union auf eine Ausweitung von Erasmus, dem transnationalen Mobilitätsprogramm in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport, für den Zeitraum 2021-2027 geeinigt. So soll durch eine neue Verordnung das Angebot an Lernmöglichkeiten in Europa vergrößert werden, wobei man besonders für sozioökonomisch benachteiligte junge Menschen den Zugang erleichtern und sämtliche Bildungsbereiche erreichen will. Lehrlinge und SchülerInnen möchte man verstärkt ansprechen, was Norbert Sieber (ÖVP) sehr begrüßt. Wie Lehrlinge in ihren Betrieben ausreichend Informationen über Erasmus+ erhalten, liege allerdings in der Verantwortung des Wirtschaftsministeriums, richtete Jugendministerin Bogner-Strauß der SPÖ-Abgeordneten Doris Margreiter aus. Markus Tschank (FPÖ) regte grundsätzlich an, auf "Zielgruppen abseits EU-affiner Schichten" den Fokus zu legen.

 

Als Beispiele für Maßnahmen, das Programm inklusiver zu machen, nennt das Jugendministerium "Small Scale Partnerships", für die auch auf nationaler Ebene und bei Grass-Root-Organisationen in kleineren Projekten gerade benachteiligte Gruppen gewonnen werden sollen. Überdies plane man im Jugendbereich von Erasmus+, den Gedankenaustausch über die EU-Jugendpolitik, "EU YOUTH Dialogue", niederschwelliger fortzusetzen, informierte Ministerin Bogner-Strauß. Mit "Discover-EU", bei dem 18-jährige UnionsbürgerInnen Interrail-Tickets erhalten, laufe ein neues Programmformat an, das sich derzeit in der Pilotphase befinde. "Discover EU wird noch heftig diskutiert, wird von den Jugendlichen aber heiß geliebt", berichtete sie über die Bewerbung der neuen Initiative durch die jungen TeilnehmerInnen selbst und zitierte einen Blog-Eintrag: "Wir sind ins Ausland gefahren und in Europa angekommen".

 

Festgehalten wird in dem neuen Entwurf für Erasmus+ am Grundsatz, dass Lernen nicht durch Grenzen behindert werden darf. Für Margreiter (SPÖ) stellt sich jedoch genauso wie für Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) und Stephanie Cox (JETZT) die Frage, inwiefern das Vereinigte Königreich (UK) nach seinem für heuer geplanten EU-Austritt noch am Erasmusprogramm beteiligt ist. Die Bundesregierung solle hier weiterhin für eine enge Zusammenarbeit mit dem UK eintreten, appellierte Hoyos-Trauttmansdorff, Cox sprach den möglichen Wegfall der Beiträge Londons für das Mobilitätsprogramm an. Die konkreten Mittelzuweisungen für das Erasmus-Programm und seine Bestandteile können erst beschlossen werden, wenn Einvernehmen über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen besteht, erinnerte Bogner-Strauß. Inwieweit sich das UK als Drittstaat an Erasmus beteiligen will, müsse die britische Regierung entscheiden.

 

Im aktuellen Verordnungsentwurf für Erasmus+ wird unterstrichen, durch den Kompetenzerwerb in Ausland soll das Bewusstsein, Bürgerin oder Bürger Europas zu sein, wachsen. Mit der Ausweitung der Bildungsangebote - auch in informellen Bereichen - streben EU-Kommission und Rat eine noch höhere Beteiligungsquote an. Beide Gremien sehen das Programm als bedeutendes Mittel zur Stärkung der "Innovationskapazität der Union". Angesprochen werden dabei Herausforderungen wie der Klimawandel, die nur mit entsprechendem Wissen zu bewältigen seien. Seit Einrichtung des Erasmus-Programms vor 30 Jahren wurden Angaben des Rats zufolge über 9 Millionen Menschen dabei unterstützt, im Ausland zu studieren, zu arbeiten oder eine Freiwilligentätigkeit zu leisten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU-Jugendpolitik

 

Den hohen Wert der allgemeinen und beruflichen Bildung junger Europäerinnen und Europäer für die Zukunft der Union unterstreicht die EU-Kommission auch in ihrer Mitteilung "Beteiligung, Begegnung und Befähigung: eine neue EU-Strategie für junge Menschen". Bei der Ausschussdebatte darüber waren alle Fraktionen einig, angesichts von Globalisierung und rapider technischer Entwicklung seien Investitionen in Bildung entscheidend für den Wohlstand in Europa. Für die Neuausrichtung der österreichischen Jugendstrategie ab 2019 bilde die EU-Jugendstrategie einen bedeutenden Bezugspunkt, erläuterte Bogner-Strauß, die einen Ministerratsvortrag dazu bis zum Sommer ankündigte.

 

Enger verknüpft mit Programmen wie Erasmus+ soll nach Ansicht der EU-Kommission die Jugendpolitik der Europäischen Union werden. In ihrer Mitteilung über eine neue Jugendstrategie, die der Rat letzten November einstimmig annahm, ruft die Kommission die Mitgliedstaaten dazu auf, junge Menschen bei der Beteiligung an grenzüberschreitenden Programmen noch mehr zu unterstützen, etwa durch die Beseitigung administrativer Hindernisse bei Auslandsaufenthalten im Rahmen von Freiwilligentätigkeiten und Solidaritätsaktionen. Begegnungen mit jungen Menschen in anderen Ländern Europas würden dazu beitragen, die europäische Identität und Solidarität mit Leben zu erfüllen. Junge Menschen können sich in weiterer Folge eher mit den Werten der EU identifizieren. Das sei nicht zuletzt im Hinblick auf die Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2019 wichtig, betonte Stephanie Cox (JETZT).

 

Damit die Stimme der Jugend in der EU-Politik mehr Gehör findet, wird ein/e "EU-Jugendkoordinator/in", verortet bei der Europäischen Kommission, angeregt sowie eine Verbesserung des "Jugenddialogs" der Union auf nationaler wie europäischer Ebene. Dadurch erhofft Brüssel ein gesteigertes Interesse an demokratiepolitischer Mitwirkung. Der Schwerpunkt solle hier auf benachteiligten jungen Menschen liegen. Sozioökonomische und demokratische Ausgrenzung gingen nämlich Hand in Hand, schreibt die Kommission, was oft mit Misstrauen in staatliche Institutionen und weniger Beteiligung am gesellschaftlichen Leben bzw. an Mobilitätsprogrammen einhergehe. Als positives Zeichen wertet Ministerin Bogner-Strauß die rege Beteiligung Jugendlicher an der Ausarbeitung der neuen Jugendstrategie. Demnach haben über ein Online-Portal 50.000 junge Menschen partizipiert, bestätigte sie Nico Marchetti (ÖVP) und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) in ihrem Einsatz für mehr politische Teilhabe Jugendlicher. "Jugendliche wissen am besten, was sie wollen, was sie brauchen und wie man das erreicht", so Bogner-Strauß.

 

Verankert ist in der Jugendstrategie auch die Umsetzung einer Jugendarbeitsagenda zur Förderung von Qualität, Innovation und Anerkennung von Jugendarbeit, besonders im non-formalen Bereich. Die Zahl an Jugendlichen, die sich weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befinden (NEETs), gelte es, weiter zu reduzieren, mahnt Brüssel. Wirtschaftlicher Aufschwung und eine relativ niedrige Arbeitslosenquote dürften nicht darüber hinwegtäuschen, dass 29% der 16- bis 29-Jährigen in Europa von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind. Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg bestehe die Gefahr einer Verschlechterung der Lebensverhältnisse im Vergleich zur Elterngeneration. Als Ziel hat sich die EU daher gesetzt, die heutige Jugend zur "am besten ausgebildete[n] Generation, die es je gab", zu machen, heißt es in der Mitteilung, die dabei auch den Umgang mit digitalen Medien anspricht. Weitere Neuerungen in der aktuellen EU-Jugendstrategie sind die Anerkennung der elf Europäischen Jugendziele, die laut Bogner-Strauß von den Jugendlichen eigenständig definiert wurden, sowie eine stärkere Berücksichtigung der Anliegen von Jugendlichen und die Nachverfolgung der EU-Ausgaben für die Jugend in den wichtigsten Finanzierungsprogrammen. Petra Steger (FPÖ) hob in diesem Zusammenhang den "sektorenübergreifenden Ansatz" als bedeutend in der Querschnittsmaterie Jugendpolitik hervor.

 

 

Frauenquote in Aufsichtsräten

 

Mit der Möglichkeit der Anhebung der Frauenquote für Führungspositionen in börsennotierten Unternehmen beschäftigte sich der EU-Unterausschuss . Ein dementsprechender Vorschlag der Europäischen Kommission mit einer Zielvorgabe von 40% stammt bereits aus dem Jahr 2012. In Österreich gilt durch das "Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat" (GFMA-G) seit 1. Jänner 2018 eine Quote von 30%.

 

Dadurch sei der Frauenanteil in Aufsichtsräten börsennotierter Gesellschaften in Österreich bereits von 18 auf 23% gestiegen, erläuterte Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß. Österreich erfülle bereits die vorgesehene Flexibilitätsklausel und müsse daher keine weiteren gesetzlichen EU-Vorgaben umsetzen.

 

Da der Richtlinienvorschlag auf Klein- und Mittelunternehmen (KMU = weniger als 250 MitarbeiterInnen, Jahresumsatz maximal 50 Mio. €, Jahresbilanzsumme höchstens 43 Mio. €) keine Anwendung finden soll, wären von der Anhebung der Quote in Österreich nur etwa 80 Unternehmen betroffen. Ausgenommen im Kommissionsvorschlag sind auch jene börsennotierten Gesellschaften, in denen Frauen weniger als 10% der Belegschaft ausmachen. Da es sich im Wesentlichen um ein "Comply or Explain"-Verfahren handelt, würden Unternehmen für das Nichterreichen der Zielvorgabe nicht bestraft, sie müssten lediglich Bericht erstatten.

 

Obwohl die EU-Verhandlungen in der Zuständigkeit von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein liegen, so habe sie sich auch als Frauenministerin stark für die Umsetzung des Richtlinienvorschlags eingesetzt und insbesondere während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft eine Vielzahl an bilateralen Gesprächen zu dem Thema geführt, betonte Juliane Bogner-Strauß. Da die Frauenquote bei einigen Ländern in der nationalen Gesetzgebung bereits verankert ist, würden teils große EU-Mitgliedstaaten auf EU-Ebene blockieren, bedauerte sie. Auf Nachfrage von SPÖ-Mandatarin Doris Magreiter informierte die Ministerin insbesondere über das Bemühen, Deutschland von der Quotenregelung zu überzeugen, was bislang nicht geglückt sei. Spanien hingegen habe mittlerweile eingelenkt und stehe dem Vorschlag nun positiv gegenüber.

 

SPÖ-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek konnte nicht nachvollziehen, warum das Gesetz nur für Aufsichtsräte, nicht aber für Vorstände in der Privatwirtschaft gilt. Auch im öffentlichen Dienst gebe es eine Frauenquote von 30%, hob sie hervor. Darauf entgegnete Bogner-Strauß, dass sie eine "starre Quote" von 50% über alle Führungsebenen hinweg nicht als sinnvoll erachte. Als Beispiel nannte sie Unternehmen, wo Frauen unterrepräsentiert sind - etwa in der Automobilindustrie – oder dort, wo der Anteil an Frauen in der Ausbildung noch nicht hoch genug sei. Bei größeren privatwirtschaftlichen Unternehmen könnte sie sich aber eine 25%-Quote vorstellen. Selma Yildirim (SPÖ) bedauerte den "zögerlichen Umgang mit Gleichberechtigungsinstrumenten" durch die Frauenministerin. Stephanie Cox (JETZT) sagte daraufhin, dass gerade dort, wo Frauen unterrepräsentiert sind – etwa in den Technologiebereichen – eine Quotenregelung als Vorbildwirkung wichtig wäre.

 

Dass sich seine Fraktion mit Quotenregelungen allgemein "schwer tue" betonte NEOS-Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, indem er die Frage nach der Festlegung von sowohl Quotenhöhe als auch Unternehmensgröße in den Raum stellte. Petra Wagner (FPÖ) informierte sich über die Rechtsgrundlage des Richtlinienvorschlags, Martin Engelberg (ÖVP) zeigte Interesse für das Vorhaben, ebenso wie ÖVP-Fraktionskollegin Carmen Jeitler-Cincelli, die darin eine Möglichkeit sieht, junge Frauen für berufliche Karrieren abseits der Teilzeitarbeit zu motivieren und "Empowerment zu schaffen".

 

Seit 2015 wurde der Richtlinienvorschlag auf EU-Ebene nicht mehr behandelt. Unter dem rumänischen Vorsitz im Rat der Europäischen Union wird nun eine allgemeine Ausrichtung angestrebt.