1008/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 17.11.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Längst überfällige Anhebung der Gebührensätze für Dolmetscher_innen und Valorisierung der Gebührensätze des GebAG

 

Dolmetscher_innen leisten in unserem Rechtsstaat einen essenziellen Beitrag. Indem sie den Gerichten ihre Sprachkenntnisse zur Verfügung stellen und mit ihren Übersetzungsleistungen sonst unüberwindbare Sprachbarrieren überbrücken, ermöglichen sie es der Justiz, Verfahren zu führen und Entscheidungen zu treffen.

Diese verantwortungsvolle und überaus wichtige Funktion innerhalb des Justizsystems wird von den qualifizierten, allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscher_innen erfüllt. Doch wer Qualität will, muss auch dafür Sorge tragen, dass qualifizierte Arbeit auch angemessen entgolten wird. Nur so ist sichergestellt, dass sich auch in Zukunft ausreichend qualifizierte Sachverständige und Dolmetscher_innen finden, um ihre Fähigkeiten in den Dienst der Rechtspflege der Republik zu stellen.

Die Gebührensätze des Gebührenanspruchsgesetzes, das Grundlage für die Entlohnung von Dolmetscher_innen in vielen behördlichen Verfahren ist, wurden seit dem Jahr 2007 nicht mehr erhöht. Im Jahr 2014 wurden diese sogar noch herabgesetzt. In Kombination mit der Inflation bedeutete dies in den vergangenen Jahren einen beträchtlichen Reallohnverlust. Auch aufgrund dieser Umstände sieht sich die Branche der Sachverständigen und Dolmetscher_innen mit einem erheblichen Überalterungsproblem, sowie einem imminenten Nachwuchsproblem konfrontiert.

Derzeit erhalten Dolmetscher_innen etwa für eine Stunde Arbeit im Rahmen einer gerichtlichen Verhandlung gem. § 54 GebAG eine Gebühr von rund 24 € brutto. In Deutschland erhalten Dolmetscher_innen für dieselbe Arbeit das dreifache Entgelt.

Der niedrige Verdienst und die langen Zahlungsfristen (im Regelfall mehrere Monate bis mehrere Jahre) führen dazu, dass sich immer weniger Dolmetscherinnen und Dolmetscher in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscher eintragen lassen. Das Durchschnittsalter der eingetragenen Dolmetscher und Dolmetscherinnen liegt bereits über 60 Jahre.

Im Jahr 2006 waren noch etwa 1.400 Dolmetscherinnen und Dolmetscher eingetragen, Ende 2020 waren es nur noch 738 (abgefragt am 28.10.2020, https://sdgliste.justiz.gv.at/edikte/sv/svliste.nsf/welcoma?Openform=).

Der Österreichische Gerichtsdolmetscherverband hat das Justizministerium wiederholt auf die prekäre Lage der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscher und Dolmetscherinnen aufmerksam gemacht. Bisher ohne konkretes Ergebnis.

Jüngst wies Bundesminister Dr. Clemens Jabloner in seinem 2019 vorgestellten "Wahrnehmungsbericht" auf die dramatische Situation hin:

"Die Zahl der in die Gerichtsdolmetscherliste eingetragenen Personen ist im vergangenen Jahrzehnt massiv zurückgegangen. Das hat mit den hohen Anforderungen an die Prüfung, aber auch mit der Gebührensituation zu tun. Es steht zu befürchten, dass sich dieser „Trend aus der Liste“ bei Ausbleiben von Maßnahmen im Gebührenbereich drastisch fortsetzt, sodass den Gerichten und Staatsanwaltschaften kaum mehr entsprechend qualifizierte Dolmetscher für die immer öfter notwendig werdenden Übersetzungsleistungen zur Verfügung stehen."

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, dem Nationalrat unverzüglich einen Gesetzesvorschlag zuzuleiten, mit dem

1.    die Gebührensätze für Dolmetscher_innen im Gebührenanspruchsgesetz (GebAG) endlich angemessen angehoben werden, sowie

2.    eine Valorisierungsklausel im GebAG eingefügt wird, die eine automatische Inflationsanpassung der Gebührenansätze vorsieht,

mit dem Ziel einer fairen Entlohnung die ausreichende Versorgung des Justizsystems mit qualifizierten Dolmetscher_innen und Sachverständigen sicherzustellen."

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.