1011/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 17.11.2020
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Finaler Status für Bergkarabach

 

Zu Sowjetzeiten wurden Abwägungen ethnischer Sensitivitäten ignoriert, um den sowjetischen Einheitsmenschen zu erschaffen. Als Folge brachen ethnische Territorialkonflikte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion mit voller Gewalt auf. Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um das seit Langem armenisch bewohnte, aber von Stalin an Aserbaidschan angeschlossene Bergkarabach wurde 1994 von Armenien gewonnen. Armenien etablierte sich als Schutzmacht in Bergkarabach, nachdem ethnische Armenier in Aserbaidschan zahlreichen Verfolgungen ausgesetzt waren. Andererseits wurden auch aserbaidschanische Distrikte an der Grenze Bergkarabachs erobert und Aseri aus ihrer Heimat vertrieben. 

Seit 1994 herrscht ein "eingefrorener Konflikt." Die Waffenruhe wird durch sporadische Scharmützel unterbrochen. Der Grund für das Aufflammen des Krieges am 27. September 2020 wird von beiden Seiten unterschiedlich dargestellt. Fakten sind ein armenischer Raketenangriff auf einen Konvoi aserbaidschanischer Militärs im Juli, der einen General und mehrere Offiziere tötete, sowie massive Unterstützung Aserbaidschans durch die türkische Armee. Besonders problematisch für die Sicherheitssituation in der Region und längerfristig möglicherweise auch darüber hinaus wäre die mehrfach kolportierte, aber von Aserbaidschan bestrittene Entsendung von in Syrien kampferprobten islamistischen Söldnern durch die Türkei. Es bestünde das Risiko, dass eine religiöse Komponente in diesen bislang politischen Konflikt eingebracht würde.

Der von Russland am 9. November 2020 vermittelte und überwachte Waffenstillstand ist ein positiver Schritt, nach über 1000 Toten auf armenischer Seite, plus einer unbekannten Opferzahl auf aserbaidschanischer Seite (die Regierung in Baku hat keine Opferzahlen veröffentlicht). Nun ist es aber unabdingbar, dass dieser Waffenstillstand den Konflikt nicht nur wieder einfriert, sondern einer Lösung zuführt. Die gegenwärtig gezogenen Grenzlinien befriedigen keine Seite und stellen daher ein Risiko dar, dass der Konflikt wieder aufflammt, sobald eine Seite eine Möglichkeit zur Revision der Grenzen sieht.

Es besteht seit langer Zeit eine internationale Bemühung zur Vermittlung. Die "Minsker Gruppe" hat die Madrider Prinzipien erarbeitet, auf deren Basis dieser Konflikt beigelegt werden soll. Diese Prinzipien umfassen die folgenden sechs Punkte:

·         Interimstatus für Bergkarabach, der Selbstbestimmung und Sicherheit garantiert.

·         Rückgabe der im Krieg in den 1990er Jahren von Armenien besetzten Gebiete rund um Bergkarabach an Aserbaidschan.

·         Ein Landkorridor, der Armenien mit Bergkarabach verbindet.

·         Entscheid über den rechtlichen Status Bergkarabachs durch eine zukünftige, politisch verbindliche Willenserklärung.

·         Rückkehrrecht für alle Binnenvertriebenen und Flüchtlinge an ihre ursprünglichen Wohnorte.

·         Internationale Sicherheitsgarantien inklusive einer UN Friedensoperation.

Diese sechs Prinzipien bleiben auch nach den letzten Kampfhandlungen und dem jetzigen Waffenstillstand der von allen Seiten zumindest theoretisch anerkannte Weg zu einem finalen Status für die Region Bergkarabach, damit die dort ansässige armenische Bevölkerung in Frieden leben kann.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die österreichische Bundesregierung, und insbesondere das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, möge die Dienste und Erfahrungen Österreichs als Vermittler und Wien als diplomatischen Standort zur Verfügung stellen, um auf Basis der Madrider Prinzipien einen finalen Status für die Beziehungen zwischen Armenien und Aserbaidschan sowie der Region Bergkarabach zu erarbeiten.

Das Außenministerium möge sich in der Europäischen Union dafür einsetzen, dass die EU eine Friedenskonferenz zwischen den Konfliktparteien einberuft und europäische Handelsvorteile und politische Anreize mit einer finalen Statusentscheidung verbindet. 

Die EU möge Sanktionen gegen diejenigen Regierungsmitglieder und Militärs sowie deren Familien verhängen, die

·         die Waffenstillstandsbedingungen verletzen;

·         sich weiteren Verhandlungen im Rahmen der Madrider Prinzipien entgegenstellen;

·         Maßnahmen setzen, die die Umsetzung der Madrider Prinzipien in Zukunft erschweren oder verunmöglichen.

Diese Sanktionen sollen Reiseverbote und das Einfrieren der Vermögen dieser Personen beinhalten. Ebenso eingefroren werden sollen die Vermögen von Unternehmen, die mit vorgenannten Personen assoziiert sind. Das Management dieser Unternehmen möge ebenso mit Reiseverboten belegt werden.

 

Weiters möge die Bundesregierung in der EU anregen, sowohl Sanktionen wie auch Wirtschaftsanreize mit anderen Staaten, wie den USA, zu akkordieren."  

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss vorgeschlagen.